FISCHEN - Weidwerk

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FISCHEN - Weidwerk
FISCHEN
März
Eingeschlepp­
te Fischarten
können die
heimische
Fischfauna
durcheinan­
derbringen.
Besatz mit Neobiota 
Gut gemeint, falsch gemacht! – Es gibt heute eine Vielzahl von nega­
tiven Einflüssen, die unsere Fisch­bestände dezimieren. Dabei sind
nicht alle Faktoren so offensichtlich wie die Zerstörung natürlicher
Lebensräume durch Gewässerverbauungen, die große Zahl an
Prädatoren oder die fortschreitende Klima­erwärmung. – Teil 1.
Wolfgang Hauer
Fischereimeister
Text & Fotos Wolfgang Hauer
I
n einer vernünftigen Bewirtschaf­
tung liegt unsere Chance, nicht
noch zusätzliche Probleme durch
unüberlegten Besatz zu schaffen.
Einmal eingeschleppt, können un­
erwünschte Fischarten fatale Folgen
für die heimische Fischfauna in Frei­
gewässern nach sich ziehen.
Nicht immer lässt sich das ver­
hindern. Ein Beispiel sind die verschie­
denen Grundelarten, die vermutlich
durch die Schifffahrt donauaufwärts
verbreitet wurden und sich seitdem
invasionsartig ausbreiten. Aber auch
in abgeschlossenen Systemen, wie etwa
Teichen oder Baggerseen, können ein­
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geschleppte Fischarten zu erheblichen
Problemen führen. So kann es zur
Verdrängung bzw. Nahrungskon­
kurrenz gegenüber Nutzfischarten
kommen. Zudem können bestimmte
Fischarten – etwa der Zwergwels –
fischerei erheblich
auch die Angel­
erschweren oder eine vernünftige Be­
wirtschaftung gar unmöglich machen.
Besonders groß ist dieses Risiko in
Gewässern, die nicht abgelassen bzw.
trockengelegt werden können. Ein
großes Gefährdungspotenzial haben
solche Fisch­
arten auch in Kleinst­
gewässern, in denen sie ganze Po­­pu
­ lationen von heimischen Kleinfisch­
arten und Amphibien vernichten
können. Verantwortungsbewusste Be­
wirtschafter kümmern sich heute
auch um bedrohte, fischereilich nicht
relevante, heimische Kleinfischarten,
wie etwa Moderlieschen oder Bitter­
ling. Oft stellt sich auch die Frage
nach „Futterfischen“. In diesem Zu­
sammenhang werden auch sogenannte
„Misch­
besätze“ unklarer Herkunft
und Artenzusammensetzung angebo­
ten. Mit solchen Besätzen werden nicht
selten auch Fischarten mit hohem
Risiko­
potenzial, wie etwa Blauband­
bärbling, Sonnenbarsch, Giebel oder
Zwergwels, eingeschleppt. Meist ist es
BLAUBANDBÄRBLING.
LAUBE.
Vom Kopf bis zum Schwanz­
stiel zieht sich ein dunkler
Längsstreifen.
Im Gegensatz zum Moder­
lieschen hat die Laube eine
durchgehende Seitenlinie.
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selbst für versierte Bewirtschafter
warte nicht einfach,
oder Gewässer­
die einzelnen hektisch herumhüpfen­
den Kleinfische sicher zu bestimmen.
Am einfachsten lässt sich dies in
einem kleinen Aquarium bewerk­
stelligen, dort kann man eine
Stichprobe in Ruhe beobachten
be­ziehungsweise bestimmen. Bei der
Gelegenheit kann man auch den
Allgemeinzustand der Besatzfische be­
urteilen.
Die als Zanderfutter in Teichen
beliebten Blaubandbärblinge werden
nicht selten als Moderlieschen verkauft
und auf diesem Wege selbst in ab­
gelegene Gewässer verschleppt.
Als Hilfestellung für verantwor­
tungsbewusste Bewirtschafter sollen
hier einige Fischarten zur sicheren
Unterscheidung gegenübergestellt wer­
den (weitere folgen im 2. Teil):
Blaubandbärbling
Ursprüngliches Vorkommen:
€€
Ostasien.
Einstufung Landesfischereigesetze:
€€
landesfremd oder gebietsfremd;
Besatz dezidiert verboten oder nur
mit ausdrücklicher Bewilligung.
Rote Liste der Fische Österreichs
€€
(Georg Wolfram und Ernst Mikschi):
Neobiota (Alien);
Risiko: massenhafte Vermehrung
€€
in kleinen Gewässern, vor allem
Teichen; in größeren Seen und
Flüssen wurden bisher keine
nennenswerten Populationen fest­
gestellt; Vermehrung als Portions­
laicher mehrmals pro Jahr möglich;
invasiv, starke Ausbreitungstendenz;
bei Massenauftreten ernsthafter
Nahrungskonkurrent gegenüber
anderen Fischarten, zum Beispiel
Karpfen; frisst Laich und Fisch­
larven anderer Arten; betreibt
selbst Brutpflege; extrem robust,
überlebt auch bei Sauerstoffmangel,
während andere Fischarten längst
verenden; Verdrängung von
heimischen Kleinfischarten und
Amphibienpopulationen.
Aussehen: Durchschnittsgröße
€€
4–8 cm, kleines, deutlich oberstän­
diges Maul, festsitzende Schuppen,
oft dunkel gesäumt; entlang der
durchgehenden Seitenlinie zieht
sich ein dunkles, oft bläuliches
Längsband vom Maul über die
Augen bis zur Schwanzwurzel; die
Milchner tragen während der Laich­
zeit ein dunkelgraues, manchmal
fast schwarzes Laichkleid, Wangen
und Kiemendeckeln schimmern oft
blauviolett, im Maulbereich starker
dornenartiger Laichausschlag.
Verwechslungsarten: vor allem Laube
€€
und Moderlieschen,
Unterscheidungsmerkmale:
€€
– Blaubandbärbling
(Pseudorasbora parva,
Temminck & Schlegel, 1842)
33–38 Schuppen entlang der
Seitenlinie; Afterflosse 2–3
Hartstrahlen, 5–6 gefiederte
Weichstrahlen.
– Laube
(Alburnus alburnus,
Linnaeus, 1758)
42–55 Schuppen entlang der
Seitenlinie; Afterflosse
3 Hartstrahlen, 17–21 gefiederte
Weichstrahlen.
– Moderlieschen
(Leucaspius delineatus,
Heckel, 1843)
40–50 Schuppen entlang der
Seitenlinie (unvollständig);
Afterflosse 3–4 Hartstrahlen,
10–13 gefiederte Weichstrahlen.
MODERLIESCHEN.
Die Seitenlinie beim Moderlieschen
ist unvollständig – sie ist nur auf der
vorderen Körperhälfte ausgeprägt.
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