Absorption von CO2 in wässriger Aminlösung in einem Gas/Flüssig

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Absorption von CO2 in wässriger Aminlösung in einem Gas/Flüssig
RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik
Prof. Dr.-Ing. M. Grünewald
Absorption von CO2 in wässriger Aminlösung
in einem Gas/Flüssig-Batchreaktor
Fachlabor UTRM
SS 2009
Betreuer:
Dipl.-Ing. Jasmin Kemper
Raum:
IB 5/47
Telefon:
32-25908
E-Mail:
[email protected]
Ort:
ICFW 02/300
Zeit:
Mi. bzw. Fr. um 09:00 Uhr
Die Gruppen mit den Terminen 29.05.09 und 03.07.09 werden gebeten, sich
zwecks Terminabsprache/Verschiebung zu melden!
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1
Einleitung
4
2
Aufbau der Anlage
5
3
Messmethodik
7
4
Theoretische Grundlagen und Auswertung
8
4.1 Allgemeine Modellvorstellungen zum Stoffübergang nach Baerns
8
4.2 Versuchsauswertung im Fall Chemisorption
13
5
19
Literatur
2
Symbolverzeichnis
Symbolverzeichnis
Symbol
SI-Einheit
physikalische Größe
A
[m²]
Phasengrenzfläche
c1
[kmol/m³]
CO2-Konzentration in der Flüssigkeit
c2
[kmol/m³]
Aminkonzentration in der Flüssigkeit
D
[m²/s]
Diffusionskoeffizient
dpr
[m]
Durchmesser des Propellers
dR
[m]
Durchmesser des Reaktors
E
[-]
Verstärkungsfaktor
He
[Pa m³/mol]
Henry-Konstante
Ha
[-]
Hatta- Zahl
J
[mol/m² s]
Stromdichte
k
[s-1]
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
-1
n
[s ]
Umdrehungszahl
R
[J/mol K]
allgemeine Gaskonstante
Re
[-]
Reynolds-Zahl
Sc
[-]
Schmidt-Zahl
T
[K]
Temperatur der Lösung
[K]
Gastemperatur
[m³]
Gasvolumen
[m³]
Flüssigkeitsvolumen
Tg
V
g
Vl
Griechische Buchstaben
ßch
[m/s]
Stoffübergangskoeffizient bei chemischer
Absorption
ßph
[m/s]
Stoffübergangskoeffizient bei physikalischer
Absorption
η
[Pa s]
dynamische Viskosität der Lösung
ρ
[kg/m³]
Dichte der Lösung
3
Einleitung
1 Einleitung
In der Industrie ist die Absorption ein bekannter und wichtiger Prozess für die
Trennung von Gaskomponenten und für die Reinigung von Abgasen bzw.
verschiedener Prozessgasströme. Zur Auslegung entsprechender Absorptionsanlagen braucht man Informationen sowohl über die Reaktionskinetik der Prozesse
als auch zu den Stoffaustauschprozessen bzw. Transportwiderständen. Ziel des
Versuches im Fachlabor sind grundlegende Untersuchungen der chemischen
Absorption von reinem CO2 in Abhängigkeit von betrieblichen Parametern, wie
Temperatur, Konzentration des Amins, CO2-Partialdruck, Art der Lösung u.a.m.
einschließlich der Messwerterfassung und Auswertung.
Die Ermittlung kinetischer Zielgrößen zum Stoffaustausch, wie beispielweise der
effektiven Reaktionsgeschwindigkeit, des Stoffübergangskoeffizienten und des
Verstärkungsfaktors sind wichtige integrierte Aufgabenstellungen.
Der Gas-Flüssig-Reaktor mit einem Inhalt von ca. 6 l (Mini-Plant) dient diesbezüglich
zur
Realisierung
erster
Untersuchungen
zum
Stoffaustausch
und
zur
Reaktionskinetik zwischen der Gasphase (CO2) und dem Lösungsmittel (z.B.
Monoethanolamin, kurz MEA) unter zunächst konstanten Temperaturbedingungen.
Experimentell werden hierbei die Temperatur und der Druck messtechnisch erfasst
und über die Anwendung mathematischer Modelle entsprechend ausgewertet.
4
Aufbau der Anlage
2 Aufbau der Anlage
Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die zur Absorptionsgeschwindigkeitsmessung
konzipierte Versuchsanlage mit ihren Hauptkomponenten.
Im thermostatisierbaren Mini-Plant-Reaktor mit einem Volumen von ca. 6 l werden 1 l
Flüssigkeit vorgelegt. Sowohl die Flüssigkeit als auch die darüber befindliche
Gasphase
können
jeweils
mit
zwei
Propellerrührern
mit
konstanter
Rührgeschwindigkeit bewegt werden. Die Thermoelemente Tl und Tg dienen zur
Bestimmung der Flüssigkeits- und der Gastemperatur. Ein integrierter Drucksensor P
registriert den Druck im Reaktor. Sowohl die Schlauchpumpe als auch die
Vakuumpumpe,
eine
Wärmeisolierung,
ein
Gasvorwärmer
Messwerterfassung komplettieren die Chemisorptionsanlage.
Technische Daten der Anlage:
Kenngröße
Wert
Einheit
Reaktordurchmesser dR
0.15
[m]
Propellerdurchmesser dPr
0.10
[m]
Flüssigkeitsvolumen Vl
0.001
[m³]
Gasvolumen Vg
0.005
[m³]
Rührerdrehzahl Rz
100
[1/min]
-2
Phasengrenzfläche A
1.766·10
[m²]
Werkstoff
Borsilikatglas
[-]
Betriebsdruck P
0 – 1.5
[bar]
Betriebstemperatur T
0 – 60
[°C]
5
und
eine
Aufbau der Anlage
Rz
P
Cg
Tg
T
l
Austritt
Kühlwasser
Vakuumpumpe
Gasvorwärmer
TA
Eintritt
Kühlwasser
TE
CO2
Isolierung
Schlauchpumpe
P (t), Tl (t), Tg(t), TA (t), TE (t), Rz (t), Cg
Vorlagebehälter
Arbeitsstation
Abb. 1: Aufbau der Chemisorptionsanlage
6
N2
Messmethodik
3 Messmethodik
Prinzipiell
werden
bei
diesem
Versuch
die
Physi-
oder
Chemisorptions-
geschwindigkeiten einer Übergangskomponente aus der Gas- in die Flüssigphase
über die zeitliche Druckänderung unter ansonsten konstanten Bedingungen im
geschlossenen System ermittelt.
Zu Beginn der Untersuchung wird 1 l der gewählten Lösung mit der Schlauchpumpe
in den Reaktor eingefüllt. Diese Lösung wird anschließend mittels der Vakuumpumpe
einige Minuten evakuiert, um den Gasraum zu leeren und die Entfernung gelöster
Luftanteile aus der Flüssigphase zu gewährleisten. Nach der Entgasung beträgt der
Reaktorinnendruck ca. 50 – 80 mbar. Danach wird das gewählte Gas (CO2) bis zu
einem Anfangsdruck von etwa 1 bar in den Reaktor eingefüllt. Die aufgrund der
Gas/Flüssig-Reaktion resultierende Druckverringerung wird in Abhängigkeit von der
Zeit registriert und dient als Grundlage für die Bestimmung der Reaktionskinetik des
jeweiligen chemisorptiven Stoffsystems. Die einzelnen Messwerte P, Tl, Tg, TA, TE
und Rz werden mit dem Messdatenprogramm LabView erfasst, visualisiert und
danach einer entsprechenden Auswertung zugeführt.
7
Theoretische Grundlagen und Auswertung
4 Theoretische Grundlagen und Auswertung
4.1
Allgemeine Modellvorstellungen zum Stoffübergang nach Baerns [9]
In bewegten fluiden Medien erfolgt der Konzentrationsausgleich durch erzwungene
Konvektion, die beispielweise durch turbulente Strömung oder durch Rühren
verursacht sein kann. Liegen zwei Phasen vor, so kann unter diesen Umständen
meist davon
ausgegangen
Konzentrationsgradienten
Stoffaustausch,
dann
werden,
vorliegen.
stellen
sich
dass
im
Inneren
Erfolgt
zwischen
jedoch
in
den
jeder
Phase
den
Phasen
keine
ein
Phasengrenzschichten
Konzentrationsgradienten ein, die die Stoffaustauschgeschwindigkeit bestimmen. Für
die Erfassung der Geschwindigkeit des Stoffaustausches zwischen zwei fluiden
Medien bestehen verschiedene Modellvorstellungen. Besonders interessant ist die
Theorie, die den Stoffübergang mit chemischer Reaktion beschreibt.
Bei der quantitativen Behandlung dieses Problems, das wiederum beispielhaft am
System
Gas/Flüssigkeit
erläutert
wird,
kann
zwischen
zwei
Grenzfällen
unterschieden werden.
a) Die chemische Reaktion läuft überwiegend im Inneren der Flüssigkeit ab, so
dass die Umsetzung in der Grenzschicht vernachlässigt werden kann. Diese
Situation kann vereinfachend so betrachtet werden, als ob dem Ablauf der
chemischen Reaktion in der Kernflüssigkeit ein Stoffübergangswiderstand in der
flüssigkeitsseitigen Grenzschicht vorgelagert ist.
b) Die aus der Gasphase absorbierte Komponente reagiert praktisch vollständig in
der Grenzschicht ab.
Die beiden Fälle a) und b) werden im Folgenden am Beispiel der Reaktion
ν1A1 + ν 2 A 2 → ν 3 A 3
die hinsichtlich A1 und A2 nach erster Ordnung verlaufen soll, erläutert. Hierbei ist A1
die Komponente, die zunächst aus der Gasphase in die flüssige Phase übergehen
muss, um dort mit A2 zu dem gleichfalls in der flüssigen Phase gelösten Produkt A3
abreagieren zu können. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die
Absolutwerte der stöchiometrischen Koeffizienten νi gleich 1 sind, dass kein
Transportwiderstand auf der Gasseite liegt und dass die Partialdrücke an A2 und A3
vernachlässigbar klein sind.
8
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Fall (a)
Der auf die Volumeneinheit der Flüssigkeit bezogene Stoffmengenstrom
J 1 ⋅ a = β1,l ⋅ a ⋅ (c1* − c1,l )
(1)
ist im stationären Zustand gleich der Geschwindigkeit der Abreaktion in der
Flüssigkeit, die durch folgende Kinetik beschreibbar sein soll
r = k ' ⋅ c1,l ⋅ c 2,l
(2)
Liegt die Komponente A2 in großem Überschuss vor, kann c2,l vereinfachend als
konstant angesehen werden ( k = k ' ⋅ c 2,l ); es wird dann erhalten
r = k ⋅ c1,l
Durch
(3)
Gleichsetzen
der
beiden
Beziehungen
lässt
sich
die
unbekannte
Konzentration c1,l eliminieren, so dass sich ergibt
J 1 ⋅ a = reff =
1
1
1
+
β1,l ⋅ a k
c1*
(4)
Die Konzentration c1* ist durch den Partialdruck der Komponente A1 in der Gasphase
gegeben.
Fall (b)
Um die Abreaktion der Komponenten A1 und A2 in der Grenzschicht zu erfassen,
müssen für ein differentielles Element dieser Schicht für A1 und A2 die Stoffbilanzen
aufgestellt werden (siehe Abb. 2); diese lauten im stationären Zustand
D1,l
d 2 c1
− k ' c1 c 2 = 0
2
dy
(5)
D 2,l
d 2c2
− k ' c1 c 2 = 0
2
dy
(6)
Die durch diese beiden Differentialgleichungen beschriebene Situation ist dem
Problem der Wechselwirkung zwischen Porendiffusion und chemischer Reaktion in
der heterogenen Katalyse völlig analog.
9
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Abb. 2: Veranschaulichung eines differentiellen Volumenelements in der flüssigkeitsseitigen
Grenzschicht für die Aufstellung der Stoffbilanz entsprechend Gleichungen (5) und (6)
Durch
Integration
dieser
Konzentrationsprofile für
beiden
A1 und
Differentialgleichungen
lassen
sich
die
A2 in der flüssigkeitsseitigen Grenzschicht
ermitteln. Die hierfür erforderlichen Randbedingungen sind
y = 0 : c1 = c1* , c 2 = c 2,l
y = δ1 : c1 = c1,l , c 2 = c 2,l
Bei Anwendung der gleichen Vereinfachungen wie im Fall (a) ist, da c2 unabhängig
von y ist, nur die erste Differentialgleichung zu lösen, die dann wie folgt lautet
d 2 c1
D1,l
− kc1 = 0
dy 2
(7 )
Die Integration zwischen y = 0 und y = δl führt zu


y
y
c1 = K 1cosh Ha  + K 2 sinh  Ha 
δ1 
δ1 


(8)
10
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Hierin ist Ha die dimensionslose Hatta-Zahl:
Ha ≡ δ1
δ
k
= 1
D1,l D1,l
kD1,l =
1
β1,l
kD1,l
(9)
Mit Hilfe der angegebenen Randbedingungen lassen sich die Integrationskonstanten
K1 und K2 bestimmen, so dass sich schließlich ergibt:
c1 =
c1* sinh[Ha (1 − y δ1 )] + c1,l sinh[Ha y δ1 ]
Die
(10)
sinh Ha
effektive,
auf
das
Gesamtflüssigkeitsvolumen
bezogene
Reaktions-
geschwindigkeit reff ist gleich dem ebenfalls auf das gesamte Flüssigkeitsvolumen
bezogenen Diffusionsstrom unmittelbar an der Phasengrenzfläche.
 dc 
reff = (J 1 ⋅ a )y =0 = −D1,l ⋅ a  1 
 dy  y =0
(11)
Nach Einführung des aus der vorigen Gleichung hergeleiteten Wertes für den
Differentialquotienten wird erhalten
reff = J 1 ⋅ a =
D1,l
δ1
⋅ a ⋅ Ha
c1* ⋅ cosh Ha − c1,l
sinh Ha
(12)
bzw. nach Umformen mit dem Stoffübergangskoeffizienten β1l
reff =

Ha  c1,l
1
1 − *
β1,l ⋅ a ⋅ c1*
tanh Ha 
c1 cosh Ha 
(13)
Für den allgemeinen Fall, dass auch ein Konzentrationsgradient auf der Gasseite
vorliegt, lässt sich anstelle von obiger Gleichung folgende Beziehung ableiten
reff = a
p1,g −
He1 ⋅ c1,l
Ha
coshHa
tanhHa RT H 1 tanhHa
+
.
β1,g β1,l
Ha
(14)
Geht die Geschwindigkeitskonstante der chemischen Reaktion gegen null und damit
auch Ha gegen null, liegt der Fall der physikalischen Absorption vor. Ist hingegen die
chemische Reaktionsgeschwindigkeitskonstante sehr groß, so dass die Hatta-Zahl
gleichfalls groß wird, ergibt die obere Gleichung für Ha ≥ 3 folgende Beziehung
reff ≈ a ⋅ Ha
p1,g
H1
RT
+
β1,g β1,l Ha
(15)
Dieser Ansatz zeigt, dass die treibende Kraft durch p1, g gegeben ist. Dies ist
gleichbedeutend mit der Aussage, dass die Konzentration an A1 im Kern der
11
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Flüssigkeit auf null abgesunken ist. Formal erhöht sich darüber hinaus der
flüssigkeitsseitige Stoffübergang um einen Faktor, der gleich Ha ist ( β1e,l = β1,l Ha );
hierauf wird weiter unten noch näher eingegangen.
Verstärkung des flüssigkeitsseitigen Stoffübergangs
Es soll die Stoffaustauschgeschwindigkeit zwischen den beiden Phasen bei Ablauf
einer chemischen Reaktion mit derjenigen für rein physikalische Absorption
verglichen werden. Das Verhältnis der beiden Geschwindigkeiten wird als
Verstärkungs- oder Enhancementfaktor E für den Stoffübergang durch chemische
Reaktion auf der Flüssigkeitsseite bezeichnet.
E=
J 1 (mit Reaktion )
=
J 1 (ohne Reaktion )
Ha  c1,l
1 
*
1 − *
β1,l c1
tanh Ha  c1 cosh Ha 
(
β1,l c1* − c1,l
)
(16)
Vereinfachend kann bei einer schnell verlaufenden Reaktion davon ausgegangen
werden, dass c1,l ≈ 0 ist (diese Annahme bedeutet, dass die Umsetzung lediglich in
der Grenzschicht erfolgt). Für die Stoffaustauschgeschwindigkeit mit Reaktion gilt in
diesem Fall:
J 1 = E ⋅ β1,l c1*
(17)
und der Verstärkungsfaktor ergibt sich zu
E=
Ha
tanh Ha
bzw.
E=
β chemisch
β physikalisch
(18)
Bei der Betrachtung von Fluid/Fluid-Systemen werden zweckmäßigerweise drei
durch unterschiedliche Größen der Hatta-Zahl charakterisierte Bereiche der
Reaktionsgeschwindigkeit unterschieden:
1. Langsame Reaktion mit Ha < 0.3
Die Stoffaustauschgeschwindigkeit wird praktisch nicht durch die chemische
Reaktion erhöht; d.h. E ≈ 1
2. Reaktion mittlerer Geschwindigkeit mit 0.3 < Ha < 3
Unter diesen Bedingungen wird E größer als 1; d.h. die chemische Reaktion führt
zu einer Zunahme der Stoffaustauschgeschwindigkeit.
3. Schnelle Reaktion mit Ha > 3
Für diesen Fall wird E = Ha; die Reaktion läuft nur in der Grenzschicht ab.
12
Theoretische Grundlagen und Auswertung
4.2 Versuchsauswertung im Fall Chemisorption
Die Auswertung der experimentellen Daten erfolgt mit Hilfe der im Kapitel 4.1
beschriebenen Theorie. Dieses Kapitel präsentiert in Kürze den Weg zur
Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit als auch des Verstärkungsfaktors E. Es
wird die folgende Reaktion betrachtet, wobei sich CO2 in beiden Phasen (Gas und
Flüssigkeit) befindet:
→ HOCH 2 CH 2 NHCOO − + HOCH 2 CH 2 NH 3+
CO 2 + 2HOCH 2 CH 2 NH 2 ←
(1)
MEA (2)
Carbamat
protoniertes Amin
Abb. 3: Chemische Reaktion an der Gas-Flüssigkeitsgrenze.
Die Randbedingungen lauten (y = 0 ist die Phasengrenze, y = δl ist die Dicke der
Grenzschicht):
c1 (0) = c1* ⋅ c1 (δ1 ) = c1,0
Die Gleichung, die einen stationären Prozess beschreibt, ist:
d 2 c1
D1
− k' c 2 c1 = 0
dy 2
k = k' c 2
oder
(19)
(20)
d 2 c1 (y ) k
−
c1 (y ) = 0
D1
dy 2
An dieser Stelle wird die Vereinfachung gemacht, dass die Konzentration c2 eine
Konstante ist.
13
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Die Lösung der Gleichung (19) ergibt:
c1 (y ) = A ⋅ e
k
y
D
+ B⋅e
−
k
y
D
c1 (0 ) = c1* = A + B
c1 (δ l ) = c1, 0 = A ⋅ e
k
δl
D
+ B⋅e
−
k
δl
D
Schließlich wird erhalten:
c1 (y ) =
c1, 0 − c1* e − Ha
e Ha − e − Ha
e
k
y
D
+
c1* e Ha − c1, 0
e Ha − e − Ha
−
e
k
y
D
hierbei ist Ha die so genannte Hatta-Zahl:
Ha = δ l
k
D
Die Stromdichte von CO2 ist proportional zum Gradienten an der Phasengrenze:
J1 =
dc (y )
1 dn 1
k  2c 1, 0
*
 Ha

−
= − D1 1
= −D1
c
1
A dt
dy y = 0
D 1  e − e − Ha

[mol/m2s]
Im System CO2/MEA/H2O wird die Konzentration c1,0 als null angenommen, so dass
gilt:
J 1 = k ⋅ D1 ⋅ c1*
Die Abhängigkeit zwischen c1* und p wird durch die Beziehung: c* = p/He
beschrieben, hierin ist He die Henry-Konstante in [Pa m3/mol]. Die oben genannten
Gleichungen implizieren, dass die Änderung der CO2-Gesamtmolmenge (in der
Flüssigphase) beschrieben werden kann durch:
dn 1
p
= A kD1
,
dt
He
dn 1
steht in Verbindung mit der Änderung des CO2-Partialdruckes.
dt
dn 1
V g dp
,
=−
dt
RT dt
die Ableitung
dp
dp
ist negativ. Als Ausdruck für
wird erhalten
dt
dt
dp
RT
p
= −A g kD1
dt
He
V
(21)
14
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Mit Hilfe dieser Gleichung und experimentellen Daten für p(t) kann sowohl die
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
durch
Daten-Regression
als
auch
der
Verstärkungsfaktor E bestimmt werden.
Die Lösung der Gleichung (21) ist eine exponentielle Funktion des Druckes in
Abhängigkeit von der Zeit:
p(t ) = p(0 ) ⋅ e
Es wird
−
ART g
V g He
kD ⋅t
(22)
ART g
kD = b zusammengefasst,
V g He
p( t ) = p(0) ⋅ e − bt
(23)
Hierin sind A die Phasengrenzfläche, R die allgemeine Gaskonstante, Tg die
Gastemperatur in [K], Vg das Gasvolumen, He die Henry-Konstante, k die
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
pseudo-erster
Ordnung
und
D
der
Diffusionskoeffizient von CO2 in der Flüssigkeit.
Für die Versuchsanlage ergeben sich folgende Werte:
A = 1.766 ⋅ 10 −2 m 2
R = 8.314 J/molK
V g = 5.0 ⋅ 10 −3 m 3
Der Diffusionskoeffizient von CO2 in wässrigen Lösungen von Monoethanolamin
(MEA) kann nach Jiun-Jie Ko [1] wie folgt bestimmt werden:

MEA
MEA  D CO 2
=
D CO
D

N 2O 
2
D
N 2 O  in Wasser

[m 2 / s]
(24)
Hierin ist DN2O der Diffusionskoeffizient von N2O in der Aminlösung. Er ergibt sich als
eine Funktion von Temperatur und Konzentration des Amins nach folgender
Gleichung:
2
D MEA
N 2 O = (b 0 + b 1 c MEA + b 2 c MEA ) ⋅ exp[(b 3 + b 4 c MEA )/T]
Für das Gemisch MEA +H2O sind folgende Werte gegeben:
b 0 = 5.07 ⋅ 10 −6
b1 = 8.65 ⋅ 10 −7
b 2 = 2.78 ⋅ 10 −7
b 3 = −2371
b 4 = −9.34 ⋅ 101
15
(25)
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Der Diffusionskoeffizient von CO2 bzw. N2O in Wasser ist nach folgenden
Gleichungen zu bestimmen:
D CO 2 = 2.35 ⋅ 10 −6 ⋅ exp(−2119/T)
(26)
(27)
D N 2O = 5.07 ⋅ 10 −6 ⋅ exp(−2371/T)
Die Henry-Konstante ergibt sich aus folgenden Gleichungen, die nach Tung-Chien
Tsai [2] bestimmt werden:

MEA
MEA  He CO 2
=
He CO
He

N 2O 
2
He
N 2 O  in Wasser

[Pam 3 /mol]
(28)
Hierin ist HeMEA
N2O die Henry-Konstante von N2O in der Aminlösung. Sie wird nach
folgenden Gleichungen bestimmt:
Für cMEA = 1 mol/l:
 − 1810 
6
He MEA

N 2 O = 1.835 ⋅ 10 exp
 T 
(29)
Für cMEA = 2 mol/l:
 − 1870 
6
He MEA

N 2 O = 2.261 ⋅ 10 exp
 T 
(30)
Für cMEA = 3 mol/l:
 − 1745 
6
He MEA

N 2 O = 1.513 ⋅ 10 exp
 T 
(31)
Die Henry-Konstante von CO2 bzw. N2O in Wasser ist nach folgenden Gleichungen
zu bestimmen:
 − 2044 
He CO 2 = 2.8249 ⋅ 10 6 exp

 T 
 − 2284 
He N 2O = 8.5470 ⋅ 10 6 exp

 T 
(32)
(33)
Die dynamische Viskosität der Lösung kann als eine Funktion der AminKonzentration bei einer Temperatur von 20 C berechnen werden:
η = 2.048 ⋅ 10 −4 ⋅ c MEA + 8.829 ⋅ 10 −4
[Pas]
Die Dichte der Lösung bei 20°C beträgt näherungsweise 1000 kg/m3.
Das Molekulargewicht von MEA ist: MMEA = 61.08 g/mol.
16
(34)
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Der Stoffübergangskoeffizient bei chemischer Absorption βch ergibt sich nach
folgender Gleichung:
MEA
V g ⋅ He CO
⋅b
2
β ch =
[m/s]
ART g
(35)
Der Stoffübergangskoeffizient bei rein physikalischer Absorption βph in einem
Rührkesselreaktor ergibt sich nach folgender Gleichung:
β ph =
Re =
Sc =
0.0193D ⋅ Re 0.845Sc 0.5
dR
[m/s]
(36)
ρ ⋅ n ⋅ d 2pr
(37)
η
η
D⋅ρ
(38)
Hierin ist D der Diffusionskoeffizient, Re die Reynolds Zahl, Sc die Schmidt Zahl, dR
der innere Durchmesser des Reaktors, dPr der Durchmesser des Propellers, ρ die
Dichte der Lösung, n die Umdrehungszahl des Propellers und η die dynamische
Viskosität der Lösung.
Der Verstärkungsfaktor E wird nach folgender Definitionsgleichung bestimmt:
E=
β ch
β ph
(39)
Druck [Pa]
Ein typischer Versuch sieht so aus:
120000
MEA 1mol/l,20°C,100rpm
100000
Expon. (MEA
1mol/l,20°C,100rpm)
80000
p(t) = 101216e-0.0006x
R2 = 0.996
60000
40000
20000
0
500
1000
Zeit [s]
Abb. 4: Druckänderung in der Zeit bei der CO2-Absorption in MEA-Lösung
17
1500
Theoretische Grundlagen und Auswertung
Um einen Versuch auszuwerten sind folgende Schritte zu befolgen:
1. Öffnen Sie die Excel-Vorlage für die Auswertung und importieren sie die mit
LabView gespeicherte Textdatei in ein leeres Tabellenblatt.
2. Rechnen Sie nun bitte den Partialdruck von CO2 in [Pa] aus.
3. Erzeugen Sie eine Kurve: der Partialdruck als Funktion von der Zeit, und
fügen Sie eine exponentielle Trendlinie hinzu. So kann man die effektive
Reaktionsgeschwindigkeit des Prozesses bestimmen, wichtige Prozessgrößen
befinden sich dabei im Faktor „b“, den Sie aus der Gleichung für die Trendlinie
erhalten.
4. Berechnen Sie den Stoffübergangskoeffizienten der Chemisorption βch nach
Gleichung (35). He bestimmen Sie anhand der im Skript angegebenen
Korrelationen, falls erforderlich interpolieren Sie bitte.
5. Bestimmen Sie auch den Stoffübergangskoeffizienten der physikalischen
Absorption βph nach Gleichung (36) – (38). D, Re, Sc und η berechnen Sie mit
den entsprechenden Gleichungen aus dem Skript.
6. Am Ende bestimmen Sie den Verstärkungsfaktor E als Verhältnis βch/βph.
7. Bereiten Sie eine Tabelle mit allen Prozessgrößen – Aminkonzentration,
Umdrehungszahl, Temperatur, βch, βph und Verstärkungsfaktor E vor. Wovon
hängt der Verstärkungsfaktor E ab? Vergleichen Sie hierzu Ihre gemessene
Druckkurve mit der Referenzkurve im Skript und diskutieren Sie bitte über die
Ursachen für eventuelle Abweichungen.
18
Literatur
5 Literatur
[1] Ko, J.-J.; Tsai, T.-Ch.; Lin, Ch.-Y.; Wang, Hs.-M.; Li, M.-H., Diffusivity of
Nitrous Oxide in Aqueous Alkanolamine Solutions, J. Chem. Eng. Data 2001,
46, 160-165
[2] Tsai, T.-Ch.; Ko, J.-J.; Wang, Hs.-M.; Lin, Ch.-Y; Li, M.-H., Solubility of Nitrous
Oxide in Alkanolamine Aqueous Solutions, J. Chem. Eng. Data 2000, 45, 341347
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