12. Maratona dell` Adriatico Martinsicuro Abruzzen (I) 2012

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12. Maratona dell` Adriatico Martinsicuro Abruzzen (I) 2012
12. Maratona dell’ Adriatico Martinsicuro Abruzzen (I) 2012
Sonntag, 25. März 2012 Start: 09:00 Uhr Die Adria ist zum Urlauben da, und nichts anderes mache ich bei der 12. Auflage des sehr kleinen Marathons hier auf der Strandstraße von Villa Rosa (Gemeinde Martinsicuro), dem Badeort am nörd‐
lichsten Zipfel der Region Abruzzen, etwas südlich von San Benedetto del Tronto gelegen. Kein Stress, Anreise mit der Bahn, werde in einem super Bed & Breakfast einquartiert, in dem es mir an nichts fehlt. Am Samstag drehe ich eine kleine Runde am recht einsamen Strand, morgen laufe ich hier 4 Runden und sehe noch genug von der Adria. So setze ich mich in ein Tretboot und lasse meine Gedanken übers ruhige Meer hinaustreiben, lasse diese 10 Jahre Marathonlaufen Revue passieren, die vielen Erlebnisse, die vielen Kontakte, die ich geknüpft habe, die vielen ungewöhnlichen Orte, wo ich ge‐
In Villa Rosa di Martinsicuro laufen oder gewandert bin, gekeucht und ge‐
sind Start und Ziel der Veranstaltung schwitzt habe. Heute habe ich Zeit, viel Zeit, bin ja auf Urlaub hier, wenn auch nur für zwei Tage, aber immerhin. Bei Start und Ziel treffe ich mir bereits bekannte und auch unbekannte Läufer. Es scheint mich fast jeder zu kennen. Ist es mein Akzent beim Italie‐
nisch sprechen? So kommt es schon wie aus der Pistole geschossen: „Du bist doch der, der jeden Marathon nur einmal läuft!“ Ein anderer erinnert sich: „Du hast doch ein Jahr lang fast wöchentlich in podisti.net von den unglaublichsten Läufen in Europa erzählt!“ Dann komme ich mit einem Läufer, Fabio, ins Ge‐
Es ist noch nichts los am Strand, spräch. Er fragt mich in fast perfektem Deutsch: keine Bagnini, keine Cocoverkäufer, „Wie heißt der Ort, wo du wohnst?“ Ich nenne den einfach nur Sand italienischen Namen, darauf er: „Ah, in Völs am Schlern!“ Mir fällt vor Staunen die Kinnlade herun‐
ter. Er schickt voraus, dass er mit morgen seit 40 Jahren läuft, und ich merke schnell, dass der Mann mehr als die üblichen Antworten auf dem Kasten hat. So frage ich ganz interessiert, wo er denn schon überall gelaufen sei. Als er mir mitteilt, dass er allein in Deutschland an mehr als 25 Marathons teilgenommen habe (das ist für einen Italiener sehr viel!) bitte ich ihn, einige für ihn originelle, deut‐
sche Läufe aufzuzählen. Er erzählt mir von Läufen, die es schon gar nicht mehr gibt, und von einigen, die schon 40 Jahre auf dem Buckel haben, und von Am Abend vor dem Lauf gibt es was für den Magen! Erlebnissen mit anderen Urgesteinen des Typs Vielläufer. Endlich kommen wir in das letzte Jahr‐
Pastaparty im Pfarrhaus gleich neben der Kirche Copyright 2012 Hartmann Stampfer
Start ist um 9 Uhr, bzw. eine Stunde früher ‐ wegen der Umstellung auf Sommerzeit ‐ oder Urlaubszeit? zehnt der Marathongeschichte, wo ich gut mitre‐
den könnte. Nein, das mache ich heute absichtlich nicht, ich bin ja im Urlaub und habe Zeit zum Zuhören. Ich frage ihn, wo es die am schlechtesten organisierten Marathons gibt. „In Sizilien!“, lautet seine Antwort, das kommt mir irgendwie bekannt vor, meine Gedanken. Später fallen Namen wie Swissalpin, Zermatt und er erzählt mir vom schönsten Bergmarathon Europas, dem Brixenmarathon. Ich kann mir kaum noch ein Schmunzeln verkneifen. „Ah, sieh mal einer an!“, denke ich mir. Später, bei der bestens vorbereiteten, familiären Pastaparty sitzt neben mir eine Läuferin, die vom UTMB, dem Ultra rund um den Montblanc und vom Wandern schwärmt, sie möchte den Jakobs‐
weg erleben. Einen Tisch weiter treffe ich Giorgio Calcaterra wieder, auch mit ihm ergibt sich ein Gespräch, nun treffen wir uns wieder in der Gegenwart und Zu‐
kunft. Wir laufen morgen den Marathon und sehen ihn beide als Vorbereitung für die Weltmeister‐
schaft über 100 km von Seregno. Giorgio will dabei seinen WM‐Titel verteidigen, ich hingegen einfach nur in der Altersklasse M50 teilnehmen. Hier am Strand unter Palmen laufen wir hin und her, bis der Urlaub vorbei ist Es war warm heute, aber so soll es doch sein im Urlaub an der Adria, oder? Es ist Sonntag und verspricht ein schöner Urlaubs‐
tag es zu werden, an dem wir so nebenbei ein paar Mal die Strandstraße rauf‐ und runterlaufen. Aber es ist nicht nur Laufen angesagt, sondern auch Ge‐
schichten erzählen. Gleich vorne weg, wem dies beim Marathon zu streng oder zu lästig ist, der sollte lieber schneller oder langsamer laufen. Fabio macht dort weiter, wo er gestern Abend auf‐
gehört hat: „Ich war in Luxemburg!“, und erzählt mir dabei alle Einzelheiten. Ich schmunzle, wenn ich nicht schon dort gewesen wäre, bräuchte ich erst gar nicht dort zu laufen, ich wüsste jetzt trotz‐
dem alles. Was ich sagen will, ein paar Km lang ein wenig fachsimpeln, gut, aber nach Km 22 habe ich mich nach vorne verabschiedet. Fabio, dein Verdienst, dass ich heute ein klein wenig schneller unterwegs war. Im Ziel gibt’s eine nette Medaille, ein T‐Shirt und eine Hose, (3 Nummern zu klein), 2 Flaschen vom guten DOC‐Wein aus den Abruzzen, 1 kg Spaghetti und Werbematerial. Alles schön und gut, aber deswegen bin ich ja nicht gekommen! Ich bin ja auf Urlaub hier und was macht man so im Urlaub? Ein wenig laufen und zuhören, bis es einem zu viel wird. Copyright 2012 Hartmann Stampfer