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Patric Looser
Ein Leben für
den Voltigiersport
Im Februar 2012 beendete Voltigierstar Patric Looser (29), der bei den Weltreiterspielen
in Kentucky sensationell Gold holte, im Alter von nur 27 Jahren in Bordeaux seine herausragende Karriere mit dem zweiten Gesamtsieg im Weltcup. 20 Monate später steht der
Ausnahmekönner erneut im Zirkel der Winter-Serie – diesmal allerdings an der Longe.
Unterdessen leitet der Rotschopf aus St. Gallen, der seinen Lebensmittelpunkt auf unbestimmte Zeit nach Deutschland in die Rheinmetropole Köln verlagert hat, eine 18 Mann
starke Industriemontagefirma im Chempark Leverkusen sowie den eigens gegründeten
Votigier-Verein Köln-Dünnwald.
Text: Daniel Kaiser | Fotos: Daniel Kaiser, Julia Rau, Sascha P. Dubach, Privat
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Persönlich
27. November 2013 | PFERDEWOCHE
O
ft wird Looser
gefragt, weshalb
er die Voltigierschuhe so früh an
den Nagel hing.
In einem Alter, in dem der
charismatische und sympathische Pferdeakrobat am
Zenit seines Könnens angelangt schien und auf der
Welle des Erfolgs die grossen Arenen des Weltcups,
Richter, Fachpublikum und
sogar die Profi-Reiter mit
seinem Können begeisterte,
zog der Schweizer mit nur
27 Jahren einen konsequenten Schlussstrich. «Ich war
topfit, mein Pferd ebenso,
genau so hatte ich mir unseren Abgang immer vorgestellt», sagt Patric Looser.
Natürlich hätte er wahrscheinlich noch ein bis zwei
Jahre alle Titel abräumen
können. «Aber es musste
nicht sein.» Genügsam, bescheiden, zufrieden – dieses
Gemüt machte den Schweizer Zeit seiner aktiven
Laufbahn aus und bei seinen Kollegen und Konkurrenten aus aller Welt beliebt. Am Ende seiner Karriere gewann Looser, wo
auch immer er auftrat. «Die
letzten anderthalb Jahre
waren super und haben extrem Spass gemacht. Aber
die Zeit war gekommen,
dass andere nach vorn preschen», sagt Looser und
Loosers grösster Triumph: Einzelgold an der WM 2010 in
Lexington gemeinsam mit Longenführerin Alexandra Knauf.
fügt mit einem Schmunzeln
hinzu: «Ich wollte niemandem auf den Sack gehen.»
Der Weltcup – eine
Mission für den Sport
Der Austritt aus dem grossen Voltigierzirkus kam ohnehin mit Verspätung. Eigentlich wollte sich Looser
schon 2010, unmittelbar
Patric mit Exponaten aus seinem Leben.
nach den Weltreiterspielen
in Kentucky, verabschieden.
Doch dann kam, was kaum
jemand erwartet hatte – und
am wenigsten er selbst:
Gold. «Das war der Grund,
weshalb es für mich überhaupt weiterging. Ich habe
mir gesagt: Das willst du
jetzt noch geniessen.»
Hinzu kam der Weltcup, der
im Winter 2010/11 erstmals
ausgetragen wurde. Für
Looser war dies in erster Linie eine Mission für den
Sport. «Ich wusste, dass wir
unsere Disziplin am besten
im Rahmen von grossen
Spring- und Dressurturnieren aufwerten können.»
Und weil der deutsche Vorzeige-Athlet Kai Vorberg
an einem Bandscheibenvorfall laborierte, wurde Looser zum Zugpferd und
schliesslich in Leipzig zum
ersten Weltcup-Gesamtsieger in der Geschichte des
Voltigiersports. Daraufhin
hing er eine weitere Saison
an, in der er sich mit dem
EM-Titel krönte. Den Weltcup-Titel verteidigte er
schliesslich im Februar 2012
in Bordeaux. «Da die Herren in diesem Jahr in der
Breite nicht allzu stark waren, habe ich gespürt, dass
ich noch einmal antreten
muss und ich glaube, das hat
der Sportart nicht geschadet. Es hat einfach alles gepasst.»
Looser/Record –
die perfekte Symbiose
In erster Linie stimmte die
Harmonie mit dem damals
schon 20-jährigen Erfolgspferd Record. Looser hatte
den Galopprhythmus des
einstigen Dressurpferdes
aus Ungarn (war sogar bei
einem Junioren-Championat) aufgesogen wie kein
anderer Athlet. Er erinnert
sich an das allererste Training im Jahr 2006 in Köln:
«Ich konnte meine komplette damalige Kür durchturnen, mit allen Handständen und Bodensprüngen.»
Er kam sogar besser auf Record klar als Kai Vorberg.
Schnell war klar: Wenn der
Deutsche den Vierbeiner
nicht
als
Ersatzpferd
braucht, steht er Looser zur
Karriereende mit
27 – ich wollte
niemandem auf
den Sack gehen.
Verfügung. Die Symbiose
Record/Looser – die von
Longenführerin Alexandra
Knauf komplettiert wurde –
entwickelte sich im Laufe
der Jahre zum unbezwingbaren Bollwerk der Voltigierkunst. Ein intensives
voltigierspezifisches Training war am Ende nicht
mehr nötig. Looser schonte
den dunkelbraunen Hengst,
so gut es ging. In den Zeiten
des Winter-Weltcups lief
das Tier nur einmal
wöchentlich fünf Minuten
Voltigieren. «Pädi» turnte
sich ein und daraufhin einmal seine Kür. «Das war nur
noch fürs Gefühl», blickt er
zurück. Während sich andere Voltigierer auf dem
Ablongierzirkel teils mit
fünf kompletten Kürdurchgängen warmturnen («Das
hat mich immer extrem verwundert»), setzte sich Looser locker aufs Pferd,
machte einen Bodensprung, ein Stehen – und
klopfte seinen Kollegen ansonsten lediglich an Hals
und Kruppe, um Vertrauen
aufzubauen. Es war ein
Konzept, das er von Kai
Vorberg
übernommen
hatte.
«Wenn ich dann beim Weltcup einlief, wusste ich, dass
nichts schiefgehen kann.»
Herausragende Noten, mit
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denen der Schweizer die internationale Konkurrenz
regelmässig mit einem
ganzen Punkt Differenz deklassierte, waren quasi vorprogrammiert. «Ich habe
bei jeder Übung und jedem
Bodensprung genau gemerkt: Hier musst du ein
bisschen Schwung holen, da
ein bisschen Schwung hinzugeben. Es war fantastisch.» Und endete nicht selten mit 9,2 und mehr Punkten.
Die Mentoren
aus Deutschland
Kai Vorberg – ohne ihn
wäre Looser wahrscheinlich nie dort gelandet, wo er
jetzt steht. Nach der Matura
2004 und einem halben Jahr
Militärdienst hatte der Voltigierer aus dem Erfolgsverein St. Gallen, der beim FC
Gossau viele Jahre zusätzlich Vereinsfussball spielte,
seine aktive Laufbahn eigentlich schon beendet.
Doch dann schlug der
Deutsche Gero Meyer
(dreifacher Vize-Weltmeister und zum damaligen
Zeitpunkt Erzrivale von
Vorberg) das Projekt eines
gemeinsamen
«Männerteams» vor, das es bis dato
in der Voltigierwelt nicht
gegeben hatte. Looser willigte ein – und fortan traf
sich ein bunter Haufen an
Pferdeakrobaten, unter anderem aus Hannover und
Mainz, in Kassel. Auf Loosers Einwand, dass die langen Zugfahrten aus der
Schweiz auf Dauer keine
Lösung seien, schlug Meyer
seinem Freund ein Sportstudium in Köln vor, welches dieser alsbald antrat.
Brisant: Auch Vorberg hatte
zu diesem Zeitpunkt schon
angefragt, ob Looser nicht
nach Köln kommen wolle,
was dieser jedoch wiederholt abgelehnt hatte. «Bei
Gero war es einfach der
richtige Moment», sagt
Looser
zurückblickend.
Doch das Männer-Team
scheiterte schliesslich am internationalen Reglement.
«Ich durfte als Schweizer
keine internationalen Turniere (CVIs) für ein deutsches Team starten», erklärt
Looser. Er
wechselte
Punkt wich vom Ziel ab, allerdings erneut im positiven
Sinn: Gold in Kentucky, mit
dem Looser seinen Meister
Vorberg erstmals auf grosser internationaler Bühne
hauchdünn schlug, war für
beide eine Überraschung.
Die ersten Erfolge feierte Looser mit der Gruppe
des RC St. Gallen.
Und wirkte sich auch auf
die Freundschaft aus. Looser macht keinen Hehl aus
der Tatsache: «Wir hatten
nach Kentucky ein strapaziertes Verhältnis.» Die Situation habe schliesslich
auch ein wenig Zeit gebraucht. «Dafür ist es jetzt
wieder umso besser.»
schliesslich in den Stall der
Jugendreitergruppe Köln
zu Kai Vorberg, der ihn
trotz der zuvor mehrfachen
Absagen mit offenen Armen empfing.
Das Duo trainierte fortan
gemeinsam, insbesondere
am Holzpferd. Auch die
Krafteinheiten schrubbten
die Pferdeakrobaten zum
grossen Teil gemeinsam.
«Kai hat immer viel mehr
gemacht als ich und ich hab
mich ein wenig drangehangen», erinnert sich Looser.
Vorberg sorgte dann für einen klar strukturierten
Looser-Championats-Plan:
2006 Top Ten, 2007 Top Five,
Früh übt sich, wer einst ein Weltmeister auf dem Pferd
werden will.
2009 erste Medaille, 2010
Medaille in Kentucky. Die
(Bronze-)Medaille
kam
schliesslich bei der Euro-
pameisterschaft in Kaposvár in Ungarn im Jahr 2007
ein wenig eher als erhofft.
Und auch ein weiterer
Looser – mehr Pferdesportler als Turner
«Ihm fällt alles deutlich
leichter als mir», hatte Kai
Vorberg einst über seinen
Kumpel Looser zu Protokoll gegeben. Und auch der
Schweizer selbst weiss:
«Dass ich viel mehr hätte
machen können.» Ob er damit jedoch (noch) mehr erreicht hätte, wagt er zu bezweifeln. «Viele akrobatischen Dinge waren mir
nicht so wichtig», sagt Looser, der darauf verweist,
dass sein Vater Marius der
bessere Turner war als er
selbst. Das Körpergefühl sei
da gewesen, aber vielmehr
das Pferdegefühl. «Ich habe
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Macht auch als Businessman eine gute Figur.
mich immer mehr als Pferdesportler angesehen, weniger als Turner.» Wichtig war
Looser, der aus einer Reiterfamilie stammt und
schon als Baby auf dem
Pferd sass, dass es beim Voltigieren mit dem galoppierenden Pferd harmonisiert.
«Das Pferdegefühl war das,
worauf ich mich am meisten
verlassen konnte.» Hinzu
kam schliesslich die mentale Stärke, die sich mit zunehmendem Erfolg festigte.
«Ich bin zum Schluss alles
nur noch im Kopf durchgegangen und wusste, dass es
funktioniert.» Auf einige
Krafttrainingseinheiten
verzichtete er 2011 bewusst.
Sein Motto: «Das habe ich
ja schon im letzten Jahr gemacht, davon kann ich auch
jetzt noch profitieren.» «Es
hört sich zwar idiotisch an,
aber damit habe ich selbst
ganz gut mit mir spielen
können.»
Vom Pferdeakrobaten
zum Geschäftsmann
Nicht nur die Erfolge auf
sportlicher Ebene, sagt
Looser, verdanke er der
Pferdeakrobatik. «Meine
Gelassenheit, das strukturierte Planen, der Umgang
mit Druck, meine ganze Lebenserfahrung und die Interaktion mit Menschen –
das habe ich alles durch
meinen Sport gelernt.»
Auch seine berufliche Laufbahn sei vom Voltigieren
geprägt. In seinem Sportstudium in Köln, dass ihm in
erster Linie das Voltigieren
ermöglichen sollte, besuchte er im ersten Semester nur eine einzige Vorlesung, «dann nie wieder».
Die Prüfungen bestand er
allesamt, schloss die Diplomarbeit zwei Wochen
vor den Weltreiterspielen in
Kentucky mit 1,3 ab. Schon
während des Studiums arbeitete er im Büro eines
Kölner Containerdienstes.
Die Verbindung kam über
Reinhold Strang, Deutschlands bekanntesten Voltigier-Sponsor und Mäzen
von Kai Vorberg und später
auch von Looser, zustande,
dessen Sohn die Firma leitete. Ohne klassische Ausbildung, aber mit Köpfchen
und Ehrgeiz, wurde der
Schweizer zur tragenden
Säule des Unternehmens.
Vor einem Jahr kaufte er
schliesslich – gemeinsam
mit Strangs Sohn – eine Industriemontage- und Instandhaltungsfirma
im
Chempark Leverkusen auf,
die kurz vor dem Ruin
stand. Mit vier Mitarbeitern
startete das Projekt. Mittlerweile hat Looser 18 Angestellte unter sich.
Sein Leben ist strukturiert
und zentriert. Acht Minuten
benötigt er von der Wohnung aus zur Arbeit, vier
Minuten sind es bis zum
Stall. Als sich Vorberg in
Richtung
Bundesleistungszentrum Warendorf
orientierte, übernahm Looser die Kölner Voltigiermannschaft. Der marode
Reitverein ging in die Insolvenz. Für Looser kein
Grund zum Rückzug. Am 1.
Mai gründete er auf einem
Teil des ehemaligen Geländes den neuen Club «Voltigier-Verein
Köln-Dünnwald», der einzige reine Voltigierverein in Köln, in dem
zwölf Mannschaften aller
Leistungsklassen und zahlreiche Einzel- und Doppelvoltigierer trainieren, unter
anderem die amtierende
Deutsche Meisterin Corinna Knauf. Doch die Doppelbelastung als Trainer und
erster Vorsitzender forderte
Opfer. «Immer für alle da zu
sein, war einfach zu viel. Es
ging nicht zu vereinbaren,
das Training kam zu kurz»,
sagt Looser. Er gab den Posten des Coaches an seinen
erfahrensten Turner, Bamdad Memarian ab und kümmert sich derzeit hauptsächlich um Einzel- und Doppelvoltigierer. All seinen Athleten gibt er dabei seine Philosophie des Sports mit auf
den Weg: Alles ist möglich,
aber ohne Druck. «Das versuche ich jedem, mit dem ich
arbeite,
klarzumachen.
Diese Mentalität sollen sie
übernehmen. Ziele sind gut,
aber bitte ohne Zwang. Man
ist nur dann erfolgreich,
wenn man den Moment
nimmt und das tut, was zur
Situation passt.»
Weltcup – Appell
an die Voltigierwelt
Die Entwicklung seines
Sports betrachtet Patric
Patric mit seiner Freundin Vera.
Looser aktuell mit gemischten Gefühlen. Den
positiven Aufwind der vergangenen Jahre sieht der
Weltmeister derzeit ausgebremst – und kritisiert dabei auch seine Kollegen,
die den Weltcup auslassen.
«Es ist schade, dass der
Weltcup um ein attraktives
Starterfeld kämpfen muss.
Es ist die einzige Plattform, die unseren Sport
wirklich nach vorn bringen
kann.» Dass die Amateure,
die oftmals nur ein TopPferd zur Verfügung haben, nicht die komplette
Sommer- und Wintersaison abdecken können,
sieht Looser ein. Aber:
«Dann muss man die Prioritäten anders setzen. Man
sollte bedenken, wo man
den Sport puschen kann
und wo er schlichtweg
mehr in den Medien ist.
Und das ist nunmal im
Weltcup. Hier sollte man
mehr Zeit opfern und dann
dafür vielleicht lieber das
eine oder andere Turnier
im Sommer streichen.»
Den Traum von Olympia,
sprich, die Aufnahme der
Sportart in das olympische
Programm, sieht Looser
momentan in weiter Ferne.
«Die Leistungsdichte bei
den Herren ist am
schwächeln. In diesem Jahr
waren nur neun Männer
auf der Europameisterschaft, das ist einfach viel
zu wenig.»
Asien-Botschafter
Looser selbst ist auch nach
seinem Karriereende global
für den Voltigiersport unterwegs – und nimmt derzeit so
etwas wie die offizielle Position des Asien-Botschafters
ein. Zweimal schon bereiste
der Eidgenosse die chinesische Hauptstadt Peking,
einmal über die Turnierveranstaltungsfirma EnGarde,
einmal mit dem Team des
CHIO Aachen. Die Idee
kam von EnGarde-Chef
Volker Wulff. Der Turnierorganisator (u.a. Partner
Pferd Leipzig, Munich Indoors, Hamburger Derby)
zählte eins und eins zusammen: «Die Chinesen können turnen und wollen unbedingt eine Medaille im
Pferdesport.» Für ihn war
das Voltigieren in dieser
Kombination die logische
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Konsequenz. «Ehe sich die
Chinesen jahrzehntelang
erfolglos im Springsport
versuchen, sah Volker Wulff
die Chance im Voltigieren»,
erläutert Looser, der auf
EnGarde-Einladung gen
Osten reiste und vor Ort ein
Pferd innerhalb von nur wenigen Tagen anvoltigierte.
Die anschliessenden Auftritte in der Olympia-Halle
und im monumentalen Nationalstadion «Bird’s Nest»
stiessen auf riesige Begeisterung. Looser eroberte die
Herzen der Chinesen im
Sturm und avancierte zum
umjubelten Star. «Das Interesse am Pferdesport und
an meiner Person war der
Wahnsinn», sagt Looser, der
im kommenden Jahr eventuell wieder nach Peking
reisen wird. Ob das Voltigieren dort jedoch wirklich
Fuss fassen kann, bezweifelt
er. Das Angebot und die damit verbundene Mammutaufgabe, den Sport dort persönlich aufzubauen, lehnte
er ab. Denn: «Ein guter Turner ist eben noch lange kein
guter Voltigierer.»
Vera – die
ungarische Eroberung
Looser bleibt lieber in seiner neuen Heimat, der
«weltoffenen» Stadt Köln,
die «wunderschöne Ecken
hat, wenn man sie kennt».
Auch seine Mutter MarieRose hat sich mittlerweile
damit abgefunden, dass der
Sohn wohl so schnell nicht
wieder in die Schweiz
zurückkehren wird. Die
Wurzeln liegen der Voltigier-Ikone dennoch am
Herzen: «Alle Freunde in
Köln wissen, woher ich
komme. Das ist mir wichtig.» Lediglich sein Dialekt
stösst auf Verwunderung.
«Für die Schweiz zu wenig,
für Köln zu viel», analysiert
Looser. Zumindest sein
Sportlerherz schlägt primär
für die Heimat. «Ich freue
mich über jede Medaille für
die Schweiz, egal ob im
Pferdesport oder im Sport
allgemein.»
Looser fühlt sich noch immer mehr als Schweizer und
geht immer wieder gern zu
Besuch zurück in die Heimat (derzeit etwa viermal
jährlich). Nach Deutschland kam er einst, «weil es
das weltweit pferdesportbegeistertste Land ist». Geblieben ist er vor allem wegen seiner Freundin Vera.
Die 28-Jährige begleitete
ihn 2007 als Pferdepflegerin
zum Championat nach Ungarn – zurück kam er mit
gleich zwei Eroberungen:
Bronze und Vera. Was Patric Looser von seiner Voltigier-Karriere für alle Zeiten
bleiben wird? Die Antwort
kommt prompt und eindeutig: «Die Frau.» Die Hobbyreiterin ist wohl der Hauptgrund, weshalb er eine
Heimkehr nicht in Erwägung gezogen hat – auch
wenn es der Schweizer Pferdesportverband, der ihm
nach dem WM-Titel ein
Jobangebot machte, gern
gesehen hätte.
Looser –
der Prinz aus Köln
Dass Patric Looser in der
Karnevalshochburg Köln
zweifelsohne Fuss gefasst
hat, zeigt sein aussergewöhnliches Hobby. Bedingt
durch den WM-Titel anno
2010 erfolgte die Anfrage
zum Eintritt in die Prinzengarde, der höchsten Karnevalsgarde der Stadt im
Rheinland, in der er mittlerweile festes Mitglied im
Reitercorps ist. In seiner
Auch in seinen neuen Jobs – Pferde bleiben stets
in Loosers Mittelpunkt.
neuen uniformierten Rolle,
in der er schon zweimal den
traditionsreichen Rosenmontagsumzug begleitete
und zu Hochzeiten der Session bis zu acht Aufführungen täglich meistert, fühlt
sich der Schweizer augenscheinlich richtig wohl. «Die
Begeisterung der Leute hier
ist einfach genial», beschreibt Looser.
Einfach genial sei auch sein
erstes eigenes Pferd, Danny
Boy. Der elfjährige Oldenburger, zu dem Looser über
einen Stall in Köln-Zülpich
kam und der seinen Schützling Lukas Klouda aus
Tschechien dank herausragender Pferdenoten beim
Weltcup-Auftakt in München zum Sieg trug, sei ein
Ausnahmetalent. Das hat
auch die deutsche FN regis-
triert und das Tier in den
Kreis ihrer Championatspferde auserkoren. «Bei
Danny brauchst du nicht
mal einen Longenführer.
Dem kannst du im Sitzen
und Stehen sagen, wie er
vorwärtsgehen soll. Er versteht wirklich alles.» Die
Leichtigkeit des Seins war
auch der Grund für die Anschaffung. Denn: «Eigentlich wollte ich nie ein eigenes Pferd, aber bei Danny
war mir schnell klar, dass ich
den nicht wieder hergebe.»
Comeback nein –
Doha ja
Eine Rückkehr auf den
Pferderücken schliesst Patric Looser kategorisch aus.
«Ein rein formelles Comeback wird es auf keinen Fall
geben.» Um den Sport wei-
ter voranzubringen, ist der
ehemalige WeltranglistenErste vereinzelten Auftritten – auch in Form von
Wettkämpfen – allerdings
nicht abgeneigt. Konkretes
Beispiel: Im März 2014 soll
im Rahmen des CHI in
Doha erstmalig ein Voltigierturnier auf DreisternEbene stattfinden. Die
Reise in die arabische Welt
nach Katar würde Looser
liebend gern antreten. Looser mit funkelnden Augen:
«Einem Spontanstart steht
nichts im Weg.» Das Pferdegefühl ginge ja ohnehin
nicht so schnell verloren –
zumal er derzeit mindestens
fünfmal wöchentlich als
Reiter im Sattel von Danny
Boy sitzt. Auch auf akrobatischer Ebene hat er noch
nicht allzu viel verlernt. Im
Zuge der Vorbereitung auf
die Deutschen Meisterschaften demonstrierte der
Altmeister den Kölner Vereinskollegen kürzlich das
Königselement «Schere» –
bei dem der Voltigierer aus
dem Sitz in den getreckten
Handstand schwingt. Bei
Looser habe die Übung «so
locker und lässig gewirkt
wie eh und je», berichtet
Klouda. Nicht nur für die
Kölner steht fest: Looser ist
und bleibt das, was sein
Name nicht verspricht; ein
echter Winner.