9 Beschaffungswesen
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9 Beschaffungswesen
9 BESCHAFFUNGSWESEN 9 203 Beschaffungswesen Jährlich werden $ 200 Milliarden für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen auf Bundesebene ausgegeben, anders ausgedrückt sind dies etwa $ 800 für jeden Amerikaner pro Jahr. Vom Bundesbudget werden 15 % nur für Käufe vom Privatsektor ausgegeben.785 Und 1993 befassten sich 142 000 Personen mit der Beschaffung allein in der Bundesverwaltung. Kontrolliert wird dies durch die Federal Acquisition Regulation (FAR), einem Regelwerk mit über 1 600 Seiten und über 2 900 Seiten mit behördenspezifischen Ergänzungen.786 Diese beeindruckenden Zahlen weisen auf den enormen Umfang und die Wichtigkeit der Beschaffung hin.787 Ihre Bedeutung wächst zusätzlich mit der zunehmenden Aufmerksamkeit auf Contracting Out“ all jener Funktionen, die nicht zu den Kernaufgaben der Verwaltung ” gehören, denn diese Auslagerungen stellen im Grunde Beschaffungsakte dar. Daher hängt die Effektivität des Contracting Out wesentlich von der Güte des Beschaffungssystems ab.788 Darüber hinaus spielt die Bundesbeschaffung historisch betrachtet eine wichtige Rolle in der Unterstützung und im Vorantreiben von Innovationen bei Informationstechnologien, beispielsweise für das DOD oder die NASA.789 Obwohl das gesamte Beschaffungswesen zwar mit den besten Absichten geschaffen wurde, weist es dennoch viele Problembereiche auf, die NPM auf den Plan rufen und die Vizepräsident Gore in seinem Bericht angesprochen hat. 9.1 Ausgangssituation und Problembereiche Den Zustand vor den Reformen kann folgendermaßen beschrieben werden: Das Beschaffungswesen ist dominiert von bürokratischen Regelungen790 , wie die oben genannten FAR. Die bisherigen Vorschriften des FAR sind zu umfangreich, wurden zu oft geändert und sind derartig prozessorientiert, dass sie den Ermessenspielraum minimieren und Innovationen im Keim ersticken.791 Weitere Grundlagen für Beschaffungsvorgänge sind die FIRMR (Federal Information Resources Management Regulation) und die FPMR (Federal Property Management Regulation), sowie Angebotsverzeichnisse792 des Federal Supply Service (FSS) der 785 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 2. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 26. 787 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 1. 788 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 2. 789 Vgl. OECD, http://www.oecd.org/pdf/M00007000/M00007029.pdf. 790 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 4. 791 Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 28. 792 Über eine Million einzelne Gegenstände werden aufgrund eines sog. Multiple Award Systems“ eingekauft. ” Dabei verhandelt die GSA mit mehreren Lieferanten und teilt ihnen Verträge für vergleichbare Güter und Dienstleistungen zu. Die GSA erstellt dann ein Angebotsverzeichnis, das die Verkäufer samt der von ihnen gewonnen“ Verträge sowie die ausverhandelten Preise anführt. Aus diesen Listen konnten die ” Behörden auswählen, allerdings nur, wenn gewisse Betragsgrenzen unterschritten blieben. 786 9 BESCHAFFUNGSWESEN 204 General Services Administration (GSA)793 . Strenge Vorschriften sollten Eigennutz und Betrug verhindern. All diese Regelungen und Vorschriften verlängern und verteuern jedoch den zentralisierten Beschaffungsprozess. Die derzeitige zentralisierte Einkaufspraxis beruht auf dem Brooks Act von 1965794 , der aus einer Zeit stammt, in der noch kein flächendeckender Einzelhandel das Bild in den Vereinigten Staaten prägte. Außerdem wollte man sich durch Großeinkäufe einer Zentrale die besten Preise sichern, was heute ebenfalls nicht mehr unbedingt der Fall ist. Aus diesen Gründen entspricht dieses Gesetz nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Diese starke Zentralisierung führt häufig dazu, dass niedrige Qualität viel zu spät, jene Stellen erreicht, wo die Materialien oder Dienstleistungen nötig sind. So dauert z. B. der Kauf eines IT-Systems in der Verwaltung über vier Jahre, in der Privatwirtschaft hingegen nur 13 Monate.795 Das bedeutet, dass die Verwaltung häufig veraltete und überteuerte Systeme anschafft. Oftmals kann nicht der am besten geeignetste Lieferant ausgewählt werden. Diese Tatsache ruht auf mehreren Gründen. Erstens, weil die frühere Leistung nicht miteinbezogen wird und der Verwaltung die Möglichkeit fehlt, gute Lieferanten zu belohnen und schlechte zu bestrafen. Folglich spielen Verkäufer Verträge zu ihren Gunsten aus, indem sie Schlupflöcher ausnützen, die sie später besser stellen.796 Zweitens wird dem Preis die größte Bedeutung bei Kaufentscheidungen beigemessen. Und schließlich können die Linienmanager – aufgrund der Zentralisierung – nicht selbst entscheiden. Letzteres ist insbesondere durch ein Klima von Misstrauen, Favoritismus- bzw. Korruptionsverdächtigungen geprägt, sodass die Beschaffung auf die GSA ausgelagert wurde. Dadurch sollte eine Subjektivität verhindert werden, die den Behörden als Endverbraucher unterstellt wird.797 Ein weiteres Hindernis in der Beschaffung ist der bürokratische Begriff von Fairness.798 Viele regierungsspezifische Produkte (besonders im DOD), mit äußerst detaillierten aber in vielen Fällen ungerechtfertigten Spezialisierungen, machen es den meisten Unternehmen in der 793 Diese Einrichtung ist für zahlreiche unterstützende Dienstleistungen zuständig, wie z. B. Ankauf und Verwaltung von Immobilien, Einrichtungsgegenständen und Fuhrpark. In seiner Monopolstellung kann es jegliche Kosten auf die Kunden bzw. Mieter überwälzen. Vgl. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 56 oder siehe auch General Services Administration, http://www.gsa.gov/Portal/content/orgs content.jsp?contentOID= 22892contentType=1005. Für nähere Informationen bzgl. GSA empfiehlt der Autor den Besuch der Homepage, die unter der Adresse http://www.gsa.gov zu finden ist. 794 Er gilt insbesondere für den IT-Bereich, gibt aber sinnbildlich auch für andere Gegenstände und Ausstattungsgüter die Zentralisierungsproblematik wieder. 795 Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 29 und siehe dazu auch den Bericht des GAO über die Beschaffungszeiten für IT General Accounting Office, Information Technology – A Statistical Study of Acquisition Time; GAO/AIMD-95-65 796 Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 26. 797 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 2. 798 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 4. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 205 Privatwirtschaft unmöglich, an die Verwaltung zu liefern. Sie können mit den verlangten Sonderbestimmungen nicht mithalten, ohne extra zu produzieren, müssen daher höhere Preise verlangen und zusätzlich unterliegen sie intensiveren Kontrollen.799 Dies fördert in gewissem Sinne eine Monopolstellung für Unternehmen, die sich auf die Verwaltung als Kunden spezialisiert haben. Diese Ausführungen zeigen, dass Gore 1993 ein System vorfand, das auf strikten Regeln und Prozeduren, extensiver Schreibarbeit, detaillierten Designspezifikationen und vielfältigen Inspektionen und Kontrollen beruhte und marktwirtschaftlichen Prinzipien abgeneigt gegenüber stand. Dabei bestätigten mehrere Studien (U.S. MSPB sowie Center for Strategic and International Studies)800 , dass eine Umgestaltung des Beschaffungswesens nötig sei. Trotz dieser Einsicht standen der Umsetzung von Reformen selbst einige Hindernisse im Weg. Es galt daher die Kooperation dreier skeptischer Beteiligter zu gewinnen: 801 erstens den Kongress – insbesondere das sog. Governmental Affairs Committee“ im Senat und ” das sog. Government Operations Committee“ im Repräsentantenhaus, welche für die Be” schaffung verantwortlich sind – denn konservative Kräfte beharrten auf dem Status Quo. Die Ministerialbeamten, die für die Beschaffung zuständig waren und schließlich das Weiße Haus, von dem kein Druck ausging. Eine der Herausforderungen für ein Gelingen einer Reform des Beschaffungswesen lag daher darin, Anknüpfungspunkte (sog. leverage points) in diesem komplexen und verzweigten System zu suchen und zu finden und entsprechende Handlungsempfehlungen zu entwickeln. 9.2 Handlungsempfehlungen als Lösungsansätze Die Probleme des Beschaffungswesens decken sich mit den allgemeinen Themen der NPR und folglich auch die offerierten Lösungen, wobei alle Veränderungen den zugrunde liegenden Prinzipien wie Integrität, Verantwortlichkeit, Professionalität, Offenheit, Wettbewerb und Wertschöpfung gerecht werden müssen.802 Die Anknüpfungspunkte für Reinvention können bei allen Beteiligten des Beschaffungswesens gefunden werden: Linienmanager, Beamte, die mit Gütern und Dienstleistungen versorgt werden müssen oder die GSA selbst. Natürlich beinhalten auch die Prozesse und Vorschriften Verbesserungspotenzial. So muss die Verantwortung über die Beschaffung an die Linienmanager weitergegeben werden, damit sie exakt das kaufen können, was sie benötigen. Die Kunden des Systems (= An799 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 4 f. Vgl. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 28. 801 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 5 f. 802 Vgl. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 28. 800 9 BESCHAFFUNGSWESEN 206 gestellte der Verwaltung) müssen ermächtigt werden,803 indem die Monopole der Servicebereitstellung durch Verwaltungseinrichtungen, inklusive das der GSA, abgeschafft werden. Ein wettbewerbsfähiges System soll angestrebt werden. Wichtig ist auch die radikale Vereinfachung von Prozessen und Vorschriften.804 In der folgenden Darstellung wird näher auf die Vorschläge der NPR Publikationen eingegangen.805 Deregulierung und Vereinfachung Die Bundesbeschaffungsgesetze müssen auf die aktuelle Situation angepasst werden. Betroffen davon sind der Davis-Bacon Act von 1931, der Copeland Anti-Kickback Act von 1934, der Service Contract Act von 1965 sowie der Walsh-Healey Act. Die Verantwortung für die entsprechenden Adaptierungen liegt beim Kongress. Weitere Regelungen (FAR, FIRMR, FPMR) müssen vereinfacht werden und sich von strikten Regeln zu Leitprinzipien wandeln. Unnötige Vorschriften sollen abgeschafft werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Praktiken zu fördern. Einkäufe unter $ 100 000 sollten vereinfachten Beschaffungsprozedere unterliegen. Bisher können Behörden bis zu $ 25 000 selbständig aufgrund einfacher Beschaffungsprozesse durchgeführt werden. Eine Anhebung durch den Kongress würde über 45 550 Beschaffungsakte mit einem Wert von $ 2,5 Milliarden vereinfachen. Der Kongress sollte dadurch aber nicht den Zugang zu Informationen über Beschaffungen über $ 25 000 verlieren. Aufrecht bleiben sollte auch die Bevorzugung von kleinen Geschäften für Beschaffungsakte mit geringen Summen. Um dies sicherzustellen, sollte das OMB ein elektronisches Nachrichtensystem einrichten. Dezentralisierung Die Kaufentscheidung soll auf der niedrigst möglichen Ebene getroffen werden. Das bedeutet, dass die GSA ihre Vollmacht zunehmend auf die Bundesbehörden verlagern sollte. Dies gilt insbesondere für den Kauf von Informationstechnologie. Neben der Dezentralisierung wird auch eine Erhöhung der behördeneigenen Beschaffungsrahmen gefordert. Entsprechend der Größe der Behörde, ihres IT-Budgets und der Managementaufzeichnungen soll der Rahmen für IT-Equipment von $ 2,5 Millionen auf $ 50, $ 20 bzw. $ 5 Millionen erhöht werden. IT-Investitionen unter $ 500 000 sollen vor der GSA in Zukunft nicht mehr gerechtfertigt 803 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 7. Dezentralisierung und Ermächtigung sind bedeutende Themen, die auch hier eine zentrale Rolle einnehmen. Hintergrund und Umsetzung dieser Bereiche wurden bereits im Kapitel 7 dargestellt. 804 Vgl. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 28. 805 Vgl. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 28 - 31. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 207 werden müssen, solange es sich um Massenware des freien Marktes (im Gegensatz zu Spezialanfertigungen) handelt. Der Beschaffungsrahmen für IT-Verbrauchsgegenstände (items) sollte von $ 300 000 auf mindestens $ 500 000 angehoben werden.806 E-Purchasing Behörden sollen künftig selbst entscheiden, wo sie kaufen und dabei auch die Möglichkeiten des elektronischen Marktes“ testen können. Die Angebotsverzeichnisse der GSA sollen daher ” nur mehr dann verpflichtend sein, wenn eine Standardisierung gesichert werden sollte oder, wenn Behörden freiwillig Pools bilden, um in großen Mengen zu niedrigeren Preisen zu kaufen. Pilotprojekte mit der webbasierten Beschaffung ohne einer Vorverhandlung durch die GSA sollen Klarheit bringen, ob sichtbarer Preiswettbewerb zu Preissenkungen führt und den Linienmanagern einen einfacheren Zugang zu sich schnell ändernden Produkten ermöglicht.807 Marktorientierung Eine verstärkte Hinwendung zu den kommerziellen Marktplätzen soll forciert werden. Anstatt speziell für die Verwaltung gefertigte Produkte zu kaufen, sollten gleichwertige Güter am freien Markt beschafft werden. Dazu müssen die Behörden ihre internen Beschaffungsprozesse untersuchen und überprüfen. Dort wo es möglich und praktikabel ist von den Marktbedingungen zu profitieren, sind daher die entsprechenden Befugnisse zu schaffen. OMB muss dafür einen neuen Entwurf über einen sog. Federal Commercial Code“ mit marktähnlichen ” Prozeduren ausarbeiten, der Hindernisse für geldsparende Ansätze beseitigt. Dieser braucht die Zustimmung durch den Kongress. Weiters soll in der Beschaffung Best-Value Produkten Vorrang gegeben werden, Contracting-Ansätze verstärkt zum Einsatz kommen und der oft sehr kurze technische Lebenszyklus berücksichtigt werden. Während in den 80er Jahren das Beschaffungssystem zu einem Symbol wurde, was in der öffentlichen Verwaltung alles schief läuft, können positive Veränderungen in diesem Bereich ein Symbol für die Verbesserungen des Managements des öffentlichen Sektors sein.808 Daher wird von der erfolgreichen Umsetzung der genannten Handlungsempfehlungen erwartet, dass neben anderen positiven Auswirkungen wie Einsparungen, Prozessoptimierungen, Ermächtigung oder Motivation der Mitarbeiter usw., auch das Vertrauen809 in die Verwaltung wächst. 806 Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 29. Gore, Creating a Government that Works Better and Costs Less, S. 29 f. 808 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 2. 809 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 1. 807 9 BESCHAFFUNGSWESEN 9.3 208 Implementierung und erfolgreiche Beispiele Gerade im Beschaffungswesen wurden in der Amtszeit Clintons einschneidende Fortschritte gemacht, wobei im DOD810 , in der GSA und in der NASA die meisten Reformen umgesetzt wurden.811 Federführend seitens NPR waren Steve Kelman, ein Professor an der Harvard University, und Colleen Preston, der die Reformen im DOD leitete.812 Die wichtigsten Veränderungen sind in der Tabelle 17 zusammengefasst und werden im Anschluss näher erläutert. Trotz der befürchteten Verhinderungstaktik des Kongresses, konnten zwei wesentliche gesetzliche Veränderungen bereits in der ersten Amtszeit Clintons durchgesetzt werden, die den Beschaffungsprozess für kommerzielle Produkte vereinfachen sollten. Darüber hinaus sollten sie die Behörden zu wirtschaftlicheren Praktiken anhalten und den Verhandlungsprozess zur Verleihung von Kontrakten (besonders bei kommerziellen Produkten) straffen. 813 Diese Gesetze gehen auf die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen zurück und verbinden Deregulierung, Dezentralisierung, E-Purchasing und Marktorientierung. Deregulierung, Dezentralisierung, Vereinfachung Der Federal Acquisition and Streamlining Act (FASA)814 von 1994 enthält vereinfachte Prozeduren für Einkäufe über kleine Beträge (die Grenze wurde von $ 25 000 auf $ 100 000 erhöht,815 wobei diese Anhebung an gewisse Einrichtungen für E-Commerce (z. B. 810 Der Anteil der Beschaffung für das DOD sank zwar seit 1985 kontinuierlich, es blieb aber mit zwei Drittel der Vertragssummen aller Einkäufe dennoch der wichtigste Einkäufer der Verwaltung (FJ 1999: gesamte Beschaffungen $ 198,8 Millarden, davon $ 133,3 Millarden alleine für das DOD), was auch die Veränderungsdichte trotz dramatischeren finanziellen Einbußen im Vergleich zu den zivilen Behörden erklärt. Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG00-7, S. 3 f. Allerdings hinken die Reformen den Budgetkürzungen einige Jahre hinterher. Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 15 811 Vgl. Kettl et al., http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kettl.pdf, S. 8. Diese Hervorhebung soll nicht übersehen, dass jedes Ministerium Anstrengungen zur Veränderung der Beschaffung unternahm. Eine empfehlenswerte Zusammenfassung der wichtigsten Internetseiten über Beschaffung bietet das DOI unter U.S. Department of the Interior , http://www.doi.gov/pam/pamarin.html. 812 Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 13. 813 Vgl. OECD, http://www.oecd.org/puma/gvrnance/surveys/report97/us.htm oder siehe auch Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf S. 11. oder Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 157. 814 Kelman weist darauf hin, dass dieses Gesetz nichts aufweist, das exklusiv der NPR zugeschrieben werden kann, obwohl das Büro des Vizepräsidenten damit einen frühen legislativen Erfolg zu erzielen versuchte. Vgl. dazu Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 11 f. Obwohl der Autor diese Position in der Literatur nicht bestätigt fand, soll sie erwähnt sein, weil Kelman selbst maßgeblich an den Reformen im Beschaffungswesen von 1993 bis 1997 als Administrator im OFPP des OMB beteiligt war. 815 Vgl. General Accounting Office, Acquisition Reform: Purchase Card Use Cuts Procurement Costs, Improves Efficiency; GAO/NSIAD-96-138, S. 3. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 209 Jahr Reformen im Beschaffungswesen 1990 Section 800 Panel“ – Study Commission auf Initiative des Armed Service ” Committees im Senat zur Überprüfung regierungsspezifischer Gesetze für Firmen, die an das DOD liefern. 1993 Streamlining Procurement Through Electronic Commerce“ (Präs. Me” mo, 26. Okt. 1993): Ausweitung des E-Commerce auf die Bundesbeschaffung. 1994 Federal Acquisition Streamlining Act“ (P.L. 103-355): ersetzt die $ 25 000 ” Grenze mit der neuen Simplified Acqusition Threshold“ (SAT) von $ 100 000. ” Federal Procurement Reform“ (E.O. 12931, 13. Oktober 1994):erweiterte ” Wahlmöglichkeiten und Kooperation bei Anwendung der FSS. 1995 Elektronische Bestell- und Einkaufsplattform GSA Advantage!“ wird einge” richtet. 1996 Federal Acquisition Reform Act“ (P.L. 104-106) (Clinger-Cohen Act): Ver” besserung der Methoden der IT-Beschaffung. Information Technology Management Reform Act“ (P.L. 104-106): ” schafft neue Programme und Pläne in der exekutiven Beschaffung. 1997 Teile der Federal Acquisition Regulation“ werden im Sinne der Marktori” entierung neu geschrieben. Tabelle 17: Überblick der wichtigsten Reformen im Beschaffungswesen“ ” Quelle: Zusammengestellt durch den Autor FACNET) geknüpft ist,816 ) die forcierte Anschaffung standardisierter kommerzieller Produkte und die Abschaffung von verwaltungsspezifischen Registrierungs- und Berichtsvorschriften. Darüber hinaus legt FASA den Schwerpunkt auf die bisherige Leistung der Vertragspartner und fördert die Verwendung von E-Commerce (EC), um die Beschaffung zu rationalisieren. 817 Dass EC diese Entwicklung unterstützen kann, ist leicht verständlich, denn es umfasst alle Aspekte des elektronischen Kaufens und Verkaufens, inkl. Marketing, End-to-End Transaktionen mit Konsumenten und Online Auktionen. Dabei spielen Technologien wie EDI (Electronic Data Interchange), elektronische Malls, Electronic Funds Transfer (EFT) 818 usw. eine 816 Vgl. Chief Information Officers Council , http://www.cio.gov/Documents/federal%5Fasa%5F1994%5Fsat %5Fact%2Ehtml. 817 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-007, S. 9 oder siehe auch OECD, http://www.oecd.org/puma/gvrnance/surveys/report97/us.htm. 818 General Accounting Office, Electronic Government – Federal Initiatives Are Evolving Rapidly But They Face Significant Challenges; GAO/T-AIMD/GGD-00-179, S. 3. Siehe dazu die Ausführungen im Kapitel 11 E-Government. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 210 entscheidende Rolle. Der Federal Acquisition Reform Act (FARA) von 1996 (auch bekannt unter dem Namen Clinger-Cohen Act) und der Information Technology Management Reform Act (ITMRA, dieser ist Division E des Federal Acquisition and Reform Acts, das auch unter der Bezeichung National Defense Authorization Act for FY 1996“ bekannt ist) haben ebenfalls ” das Beschaffungswesen beeinflusst, insbesondere die Art und Weise, wie die Verwaltung mit Anschaffungen über $ 100 000 und mit dem Erwerb von Informationstechnologie umgeht.819 Der Clinger-Cohen Act hat die Autorität der IT-Beschaffung von GSA auf die einzelnen Behörden übertragen, was mit einer stärkeren Betonung von Verantwortlichkeit, Leistung und Ergebnisorientierng im IT-Management einher ging.820 Dieses Gesetz erlaubt den Beamten die im Wettbewerb stehenden Vertragspartner effizienter auszuwählen, weil mit weniger Lieferanten verhandelt werden muss. Ein weiterer wichtiger Punkt befasst sich mit der Leistungsfähigkeit der Bediensteten im Beschaffungswesen ziviler Behörden.821 1997 wurde die FAR seitens der Behörden überarbeitet, vereinfacht und den veränderten Bedingungen der Verwaltung angepasst, insbesondere unter Berücksichtigung einer verstärkten Marktorientierung. Andere legislative Maßnahmen des Kongresses betrafen z. B. die FAA, welche ihr eigenes Beschaffungssystem außerhalb der üblichen Statuten festlegen konnte,822 oder die Verwendung alternativer Ansätze,823 Verträge abzuschließen. Dadurch sollten kommerzielle Unternehmen zu Anbietern für die Verwaltung werden, denen die vielen Vorschriften ansonsten zu mühsam sind.824 Dies wiederum bringt eine größere Vielfalt, mehr Wettbewerb unter den Vertragspartnern und kann somit Monopolstellungen brechen. Im DOD wurde beispielsweise diese Marktöffnung mit weniger Vorschriften und weniger Spezifizierungen Anfang der 90er Jahre begonnen. So trug das Section 800 Panel“ 825 dazu bei, ” verwaltungsspezifische Vorschriften für Firmen, die an das DOD liefern, zu überarbeiten. Der daraus folgende Report im Jahr 1993 schlug die Beseitigung viele dieser Regelungen vor. 826 1994 veröffentliche der Verteidigungsminister ein Memo, in dem er angab, dass zukünftig 819 Vgl. Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 157. Vgl. Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 157 f. 821 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-007, S. 9. Letzeres hängt stark mit Training und Ausbildung der Bediensteten im Beschaffungswesen zusammen, worauf später noch eingegangen wird. 822 Siehe dazu die Homepage Federal Aviation Administration, http://fast.faa.gov/index.htm. 823 Das heißt, sie unterliegen weder Bundesgesetzen noch -vorschriften für standardisierte Beschaffungsverträge. 824 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 9. 825 Dabei handelte es sich um eine Studienkommission auf Initiative des Armed Service Committees“ im ” Senat. 826 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 8. 820 9 BESCHAFFUNGSWESEN 211 Militärspezifika nur mehr mit der Zustimmung höherer Ebenen nötig sind. Dies ist eine Veränderung gegenüber der früheren Politik, die höhere Zustimmung für die Beseitigung der Militärspezifika erforderte.827 So wurden bespielsweise die speziellen Vorschriften für Socken eliminiert. Sie sind jetzt mit Gummibändchen ausgestattet, farbecht und gleichzeitig konnte der Preis um $ 0,50 gesenkt werden. Ähnliches gilt für T-Shirts, Cookies, Flugzeuge, Munition usw.828 Bedeutend für das Beschaffungswesen war auch die Motivation zur Überarbeitung und Neuverhandlung bestehender Verträge, was zu beachtlichen Ergebnissen führte. So zahlt die Verwaltung seit Anfang 1996 für ein drei Pfund Paket nur mehr $ 3,62 anstelle der $ 27 des Einzelhandels (Vertrag mit FedEx). Langstrecken-Telefonate kosten ab Oktober 1996 nur mehr 5 Cent und zwischen Verwaltungseinrichtungen bloß 2 Cent. Im Vergleich dazu werden etwa 16 Cent pro Minute in der Geschäftszeit verlangt.829 Dies ermöglicht enorme Einsparungen, was der Forderung nach einer billigeren Verwaltung nachkommt. Neben den gesetzlichen Veränderungen gab es eine Reihe von weiteren Aktionen seitens der Administration wie die flexiblere und innovativere Vorgangsweise bei Vertragsverhandlungen oder die zunehmend webbasierte Beschaffung mit der Verwendung sog. Purchase Cards“.830 ” Elektronischer Markt Hand in Hand mit der Forderung nach intensiverer Nutzung der Möglichkeiten des elektronischen Marktes wurden von der GSA sog. E-Catalogs und E-Malls für die Bundesbeschaffung eingerichtet,831 wie z. B. die Online Einkaufs- und Bestellplattform der Bundesverwaltung GSA Advantage!“ 832 des FSS. GSA beabsichtigte, dass vier Millionen Posten ” mittels GSA Advantage! beschafft werden. Die wesentlichsten Vorteile dieser Einrichtung für die Beamten sind, dass sie sicher sein können, alle FAR Vorschriften einzuhalten und gleichzeitig effizient einzukaufen ohne extra Kosten, im Sinne der Steuerzahler.833 OnlineBeschaffung praktizierte v. a. das DOD, die NASA, das GSA und andere Behörden. Das 827 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 10 f. Vgl. Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 14. 829 Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 13. 830 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 9. 831 Vgl. OECD, http://www.oecd.org/pdf/M00007000/M00007029.pdf. 832 Sie wurde 1995 eingerichtet und kann nur von Bundesbediensteten mit der GSA SmartPay Purchase ” Card“ oder einem GSA Activity Address Code (AAC) genutzt werden. Vgl. OECD, http://www.oecd.org/pdf/M00007000/M00007029.pdf. Für nähere Informationen empfiehlt der Autor den Besuch der Homepage unter General Services Administration, http://www.gsaadvantage.gov. 833 General Services Administration, https://www.gsaadvantage.gov/advgsa/information/advantage tips. jsp?BV SessionID=@@@@1107821093.1032995629@@@@BV EngineID=cccladcgfkflgmjcflgcefmdgfhdfgk.0. 828 9 BESCHAFFUNGSWESEN 212 IRS, das Department of Education und die SSA haben EC-Techniken verwendet, um den Kundenservice zu verbessern.834 Neben dem Online Einkauf sind die Kreditkarten für die Verwaltung eine wesentliche Erleichterung in der Bundesbeschaffung. Mit Hilfe der sog. purchase cards“ 835 kann die ” elektronische Beschaffung stärker genutzt werden. Im Laufe der Zeit entwickelten sie sich zu SmartCards mit mehreren Funktionen. Mit GSA SmartPay“ wurde den Bundesbehörden ” eine neue Möglichkeit geboten für kommerzielle Güter und Dienstleistungen, sowie Ausgaben für Reisen und Fuhrpark zu bezahlen. Das heißt, dass es neben der Purchase Card eine Travel und eine Fleet Card gibt. Vorteilhaft sind die erhöhte Flexibilität, Verbesserungen im Zahlungsprozess, rationalisierte Beschaffungsprozesse, leistungsorientierte Rückerstattungen, die Wahlmöglichkeiten der SmartPay Kontaktoren sowie vereinfachte finanzbuchhaltärische Aktionen durch standardmäßige Buchhaltungscodes für jeden Karteninhaber, die die verwendeten Konten bzw. Projekte identifizieren, die für die Verbuchung der Aufwendungen verwendet werden. Weiters erleichtern Schnittstellen den Download von Buchhaltungsdaten auf die Verwaltungssysteme.836 Laurent fasst die Vorteile der Karten folgendermaßen zusammen: The cards save money by moving purchasing into the hands of the users of the ” items and services. Instead of relying on contracting officials to meet their needs, program staffers use their cards to buy directly, saving time and often money by 834 Vgl. General Accounting Office, Electronic Government – Federal Initiatives Are Evolving Rapidly But They Face Significant Challenges; GAO/T-AIMD/GGD-00-179, S. 4. 835 Diese Kreditkarten für die Verwaltung sind zwar keine Idee der NPR, dennoch hat erst die NPR ihre Verbreitung wesentlich gefördert. Schon im Jahre 1982 liebäugelte die Verwaltung mit Kreditkarten als Möglichkeit zur Kostensenkung bei der Beschaffung und erließ eine E.O. Ab 1986 wurden die ersten Pilotversuche damit gemacht. Damals wie heute war das wesentlichste Ziel die Kostensenkung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung. 1989 wurden diese Purchase Cards in der gesamten Verwaltung in Verbindung mit dem Rocky Mountain BankCard System (RMBCS) und der GSA verfügbar gemacht. 1994 wurde ihr Vertrag verlängert. Ab November 1998 wurden die Kontrakte für eine erweiterte Version der sog. GSA ” SmartPay Purchase Card“ an fünf Banken vergeben, nämlich Bank of America, Bank One, Citibank, Mellon Bank and U.S. Bank. Sie sind bis 29. November 2003 gültig und enthalten eine Erneuerungsoption. Vgl. General Accounting Office, Acquisition Reform: Purchase Card Use Cuts Procurement Costs, Improves Efficiency; GAO/NSIAD-96-138, S. 2 f. und siehe auch Laurent, http://govexec.com/features/0997s3.htm oder General Services Administration, http://www.gsa.gov/Portal/content/offerings content.jsp?contentOID =119096contentType=1004. Festzuhalten ist noch, dass es die Verwaltung ist, die die Verwendung von Kreditkarten auch in der Privatwirtschaft angekurbelte. Vgl. Laurent, http://govexec.com/features/0997s3.htm. Detaillierte Anweisungen, wie diese kommerziellen Kreditkarten zu verwenden sind, bietet beispielsweise das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. Vgl. dazu Jet Propulsion Laboratory, http://acquisition.jpl.nasa.gov/pcard/pcardprocedures.htm. 836 General Services Administration, http://www.gsa.gov/Portal/content/offerings content.jsp?contentOID =119096contentType=1004. 213 9 BESCHAFFUNGSWESEN avoiding lengthy procurement procedures.“ 837 Anzumerken ist, dass die Einkäufe mit geringen Beträgen Schreibarbeit im Wert von $ 50 verursachten. Mit diesen Karten fällt der Papierkram weg. Die Verwaltung zahlt für Kreditkarten weder Zinsen noch jährliche Gebühren und erhält dabei für die pünktliche Bezahlung noch Rabatte.838 Die Vorteile überzeugten dermaßen, dass die Kreditkarten eine rasante Verbreitung in der Bundesverwaltung erfuhren, wie aus Abbildung 15 ersichtlich ist. in Millionen Dollar Purchase Card Transaktionsvolumen in Millionen Dollar 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Finanzjahr Abbildung 15: Entwicklung des Transaktionsvolumen der Purchase Card“ ” Quelle: General Services Administration, http://www.gsa.gov/attachments/GSA PUBLICATIONS/ pubFY00ann.pdf Das Transaktionsvolumen stieg im Finanzjahr 2000 auf $ 12,3 Milliarden, was einen Zuwachs von 20 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet. 2001 wuchs das Volumen um 12 %, auf nahezu 14 Milliarden Dollar. Im Finanzjahr 2000 wurden knapp 23,5 Millionen Transaktionen mit GSA SmartPay durchgeführt und bereits ein Jahr später wurde die 24 Millionen Marke überschritten.839 Die Attraktivität dieser Purchase Card war enorm, sodass mit Februar 2002 bereits über 350 000840 Karten ausgegeben wurden, wobei das DOD mit 205 000 Karten den Löwenateil ausmacht. Auch die hier nicht besprochenen Travel Cards (sie funktionieren ähnlich wie die Purchase Cards und verfolgen dieselben Ziele) erreichten die beachtliche 837 Laurent, http://govexec.com/features/0997s3.htm. Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 13. 839 Vgl. General Services Administration, http://www.gsa.gov/attachments/GSA PUBLICATIONS/ pubFY00ann.pdf, S. 36. 840 Diese Zahlen stimmen nicht mit den Angaben überein, die sich bei Daniels Jr., http://www.acqnet.gov/Notes/purchasememo.doc wieder finden. Schon im Finanzjahr 2000 waren es bei ihm über 600 000 Inhaber. Unstimmigkeiten mit veröffentlichten Zahlenmaterial kommen auch in anderen Bereichen vor. 838 9 BESCHAFFUNGSWESEN 214 Zahl von knapp 2 Millionen ausgegebenen Karten.841 Pro Transaktion werden $ 53,77 an administrativen Kosten durch Zahlung mittels Purchase Card eingespart, was jährlich über $ 1,3 Milliarden ergibt.842 Kommunikation und Training Da es für alle Beteiligten wichtig war voneinander zu lernen, wurde 1996 ein Front-Line ” Procurement Professionals Forum“, bestehend aus 30 Nominierten aus allen Ministerien, gegründet. Alle zwei Monate trafen sie sich im Weißen Haus, um die Kommunikation über die Beschaffungsaktivitäten zu fördern, Reaktionen über geplante Inititativen zu erhalten und eine institutionalisierte Stimme für die Angestellten zu installieren.843 Dieses Forum bezog somit auch das Weiße Haus stark in die laufenden Veränderungen ein, was den Druck erhöhte und einen positiven Beitrag zum Gelingen der Reformen leistete. Um das Engagement des Senior Managements weiter zu verstärken, wurde ein Procurement Committee des PMC (situiert im OMB) eingerichtet, welche die Kommunikation zwischen Deputy Secretaries und den Topmanagern im Beschaffungsbereich verbessern und Veränderungen erleichtern sollte.844 Um die Erfahrungen bezüglich veränderter Beschaffungsprozesse in der gesamten Verwaltung zu verbreiten, wurde verstärkt das Internet als Plattform genützt. Neben Homepages der einzelnen Ministerien bildet die Acquisition Reform Net“ Website845 die umfangreichste ” und wichtigste. Sie enthält neben Ausbildungsunterlagen und einem interaktiven Chatroom, Best Practice Beispiele, eine Sammlung diverser Instrumente (sog. Toolkit)und verschiedene nützliche Links.846 Das DOD richtete ein Acquisition Deskbook“ 847 im Internet ein, mit ” Vorschlägen, Ideen und Best Practice Beispielen.848 Die FAA zeichnet sich ebenfalls durch eine umfassende Homepage849 aus. Ein weiterer wichtiger Schritt war Training des Beschaffungspersonals. Auch hier wurde das Internet intensiv genützt. Beispielsweise für die Anwendung der Purchase Card wurde von GSA eine detaillierte Anweisung über das Internet geboten.850 841 Vgl. Daniels Jr., http://www.acqnet.gov/Notes/purchasememo.doc. General Services Administration, http://fss.gsa.gov/services/gsa-smartpay/SmartPayExecSummary.pdf. 843 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 13. 844 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 14. 845 Acquisition Reform Net, http://www.arnet.gov/. 846 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 14 oder siehe auch Gore, The Best Kept Secrects in Government, S. 157. 847 U.S. Department of Defense, http://www.deskbook.osd.mil/default.htm oder U.S. Department of Defense, http://www.acq.osd.mil/ar für eine aktuelle Ansammlung der Acquisition Initiativen des DOD. 848 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 14. 849 Federal Aviation Administration, http://fast.faa.gov/index.htm. 850 Vgl. General Services Administration, http://www.fss.gsa.gov/webtraining/trainingdocs/smartpaytraining. 842 9 BESCHAFFUNGSWESEN 215 Die Veränderungen des Beschaffungswesens waren sehr umfangreich und tiefgreifend, auch wenn es trotzdem noch immer verbesserungswürdige Bereiche gibt. 9.4 Beurteilung Die Beurteilung der Reformen des Beschaffungswesens sind in der Literatur durchwegs äußerst positiv, wenn ihre Auswirkungen auch noch nicht vollständig evaluiert werden können, weil ihre Einführung noch läuft bzw. zuverlässige Daten fehlen.851 Kettl vergab nach fünf Jahren Reinventing Government“ den Reformen im Beschaffungswe” sen ein amerikanisches A“, was einem Sehr Gut gleicht. Begründet wurde diese Beurteilung ” mit der fundamentalen Veränderung, die die Effizienz steigerte, wenngleich es auch zu einigen Beschwerden kam.852 Gemäß der Bewertung nach Thompson, wie aus Tabelle 11 ersichtlich, kann das Beschaffungswesen mit erfreulichen Beiträgen bei Rationalisierung, Reduktion der Verwaltungskosten und Ermächtigung punkten. Das Beschaffungswesen erlebte aber auch Dezentralisierung und realisierte Effizienz, was die Meinung Kettls bestätigt. Kelman sieht die positiven Reformen in diesem Bereich als ein Produkt aus der gemeinsamen Unterstützung von oben durch den Kongress und der NPR, als auch von unten durch die Beamten, die die Reformen unterstützten und eine Schlüsselrolle für die Implementierung der Politik spielten. Wobei gerade das langanhaltende Interesse des Weißen Hauses in diesen operationalen Managementbereich der Exekutive erstaunlich ist, denn üblicherweise wird nur die strategische Richtung und Vision festgelegt. Außerdem handelt es sich bei der Beschaffung um einen traditionellen Bereich der politischen Interessen des Kongresses.853 Die regulativen Veränderungen alleine waren nach Meinung von Kelman nicht ausreichend für die breite Einführung der Reformen in vielen Organisationen. Erst die größere Sichtbarkeit der Erfolge (z. B. via Internet), Meetings mit Beamten zum Brainstorming über neue Ideen, die ohne gesetzliche Änderungen durchgeführt werden konnten, das Heranziehen der früheren Leistungen der Lieferanten für zukünftige Vergaben etc. erwiesen sich als wichtige Multiplikatoren.854 Obwohl der FASA kritisch beurteilt wurde, weil es trotz vielerlei Krititk z. B. seitens des DOD, dem das Gesetz nicht weit genug ging,in nur wenigen Wochen durch den Kongress gebracht wurde,855 können Verbesserungen festgestellt werden. So wurde durch die verwal851 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 9. 852 Vgl. Kettl , Reinventing Government: A Fifth-Year Report Card, CPM Report 98-1, S. ix. 853 Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 1 f. 854 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 6. 855 Vgl. Kelman, http://www.ksg.harvard.edu/innovations/occasional/kelman.pdf, S. 11 f. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 216 tungsweiten Beschaffungskontakte, Purchase Cards sowie E-Commerce der Beschaffungsprozess rationalisiert. Gerade die Purchase Cards wurden sehr positiv eingestuft, da sie die Effizienz erhöhen, die Kosten senken und sich Missbrauch nicht erhöhte, wie aus einer Untersuchung des GAO aus dem Jahr 1996 hervorgeht.856 Kritisiert wurde allerdings, dass die Richtlinien des FAR nicht ausreichend waren bzw. ein effektives System fehlte, das Innovationen und Erfahrungen teilte. Die Internetplattformen trugen zwar zur Verbesserung bei, konnten die Probleme aber nicht vollständig beseitigen.857 1999 veröffentlichte das GAO eine Untersuchung über ausgewählte best-value contracts“ 858 . ” In 37 Organisationen wurden über 250 Verträge und Regelungen diesbezüglich untersucht. Da die Stichprobe aber nicht willkürlich genommen wurde, ist ihre Verallgemeinerung eingeschränkt,859 dient aber allenfalls als Lernerfahrung für zukünftige Vertragsbeziehungen. 53 Verträge gaben nicht dem niedrigsten Angebot den Zuschlag. Technische Überlegenheit, außergewöhnliche Managementpraktiken oder besonders wertvolle Erfahrungswerte begründeten die höherpreisigen Angebote. Höhere Preise, sog. Premiums860 wurden daher insbesondere für hochkomplexe Produkte und Dienstleistungen bezahlt, wie beispielsweise die Reinigungsarbeiten bei früheren nuklearen Produktionsstätten oder der Bau von Abfalllager für chemische Waffen. Die Verwaltung ist gesetzlich verpflichtet, klare Evaluationsfaktoren zu definieren worauf sich ihre Entscheidungen gründen müssen. Alle untersuchten Kontrakte mit Premiums erfüllten diese Forderung und ebenso die Dokumentation der Kosten-NutzenRelation, die auf die Neuregelung der FAR (1997) zurückgeht, aber erst nach der Untersuchung in Kraft getreten ist.861 Trotz der Reformen sind die eingekauften Güter und Dienstleistungen oftmals teurer als erwartet, werden zu spät geliefert oder leisten nicht das, was man angenommen hat. Die Probleme sind besonders bei Waffensystemen und Informationstechnologie vorherrschend. Auch die Fähigkeiten der Einkäufer müssen speziell geschult werden. Die Bundesverwaltung hat trotz all ihrer Bemühungen während der 90er Jahre kein world-class purchasing system“, ” 856 Daniels weist allerdings auf die möglichen Gefahren der Purchase Cards hin. Vgl. Daniels Jr., http://www.acqnet.gov/Notes/purchasememo.doc. 857 Vgl. General Accounting Office, Acquisition Reform: Purchase Card Use Cuts Procurement Costs, Improves Efficiency; GAO/NSIAD-96-138, S. 9 ff. 858 Best-Value bezeichnet laut FAR den erwarteten Outcome einer Beschaffungsaktion, die den größten allgemeinen Nutzen in Bezug auf die Bedingungen der Verwaltung schafft. Wichtig ist, dass somit nicht nur der niedrigste Preis für den Zuschlag ausschlaggebend ist. 859 Vgl. General Accounting Office, Acquisition Reform: Review of Selected Best-Value Contracts; GAO/NSIAD-99-93R, S. 1. 860 Sie sind die Differenz zwischen tatsächlich bezahltem Preis und dem niedrigsten (noch akzeptablen) Angebot. 861 General Accounting Office, Acquisition Reform: Review of Selected Best-Value Contracts; GAO/NSIAD99-93R, S. 1 f. 9 BESCHAFFUNGSWESEN 217 wenn auch alle Fortschritte und positiven Veränderungen nicht vergessen werden sollten.862 Die Herausforderungen bestehen vor allem im DOD, in der Informationstechnologie und im Personalwesen.863 Insbesondere letzteres ist eine der größten Hürden, denn bei gleichzeitiger Dezentralisierung und Personalkürzungen, ist es schwierig entsprechend geschultes Personal zu bekommen. Ein verstärkter Fokus muss daher der Ausbildung gelten. Nichtsdestotrotz stellen die Einsparungen von mehr als $ 12 Milliarden in sieben Jahren (1993 - 2000)864 und die übrigen positiven Veränderungen einen beachtlichen Erfolg dar und sollen Motivation für weitere Anstrengungen bieten. 862 General Accounting Office, Management Reform: Continuing Attention Is Needed to Improve Government Performance; GAO/T-GGD-00-128, S. 9. 863 Vgl. General Accounting Office, Federal Acquisition: Trends, Reforms, and Challenges; GAO/T-OCG-00-7, S. 10. 864 National Partnership for Reinventing Government, http://govinfo.library.unt.edu/npr/library/announc/ 040700.html.