Jean Sibelius Lemminkäinen Suite (1896/97) - Schulmusik

Transcrição

Jean Sibelius Lemminkäinen Suite (1896/97) - Schulmusik
 Jean Sibelius
Lemminkäinen Suite
(1896/97)
Montag, 10. März 2014 11 Uhr - Freiburg, Konzerthaus, Rolf-Böhme-Saal
Dienstag, 11. März 2014
20 Uhr - Freiburg, Konzerthaus, Rolf-Böhme-Saal
Samstag, 15. März 2014
19.30 Uhr - Heidelberg, Stadthalle, Großer Saal
Donnerstag, 10. April 2014
Freitag, 11. April 2014
20 Uhr - Stuttgart, Liederhalle, Beethovensaal
Einführung: 19.00 Uhr
Autoren: Mechtild Fuchs und Studierende der
Pädagogischen Hochschule Freiburg
Handreichungen zu SWR-Konzerten / Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung
von Mechtild Fuchs und
Studierenden der Pädagogischen Hochschule Freiburg
Jean Sibelius: Lemminkäinen Suite (1896/97)
Inhalt:
Vorbemerkung
S. 2
Informationen:
S. 3
Jean Sibelius, Notizen zu Leben und Werk
S. 3
Kalevala, der finnische Nationalmythos
S. 6
Die Lemminkäinen Suite
S. 7
Lemminkäinen und das Schema der Heldenreise
S. 8
Unterrichtshinweise:
S. 9
Vorbereitung
S. 9
Einfühlung in die Personen
S. 9
Vorschläge zu den einzelnen Sätzen
S. 10
Ausfühlung
S. 12
Abschlussreflexion
S. 12
Materialien:
S. 13
Musikbeispiele (MB)
S. 13
Materialien (Mat)
S. 14
IV.
Literatur
S. 26
V.
Autoren/Autorinnen der Handreichung
S. 26
I.
II.
III.
2
Vorbemerkung
Die Handreichung richtet sich in erster Linie an Lehrkräfte und Schüler/Schülerinnen der Sek
I und II. Doch manche Vorschläge wie etwa die Fantasiegeschichte, einige Anregungen zum
szenischen Spiel sowie das Arrangement zum Klassenmusizieren lassen sich auch gut in der
Grundschule, etwa ab dem 3. Schuljahr, realisieren. Der Zugang zu dem wenig bekannten,
nicht ganz einfach zu überschauenden Werk wurde vor allem über die Methoden der
Szenischen Interpretation gesucht. Diese Methodenkonzeption bot sich vor allem deshalb
an, weil dem Werk ein interessanter und hierzulande kaum bekannter Mythos zugrunde liegt
– die Kalevala, das finnische Nationalepos mit der Teilerzählung über den jungen Abenteurer
Lemmingkäinen. Durch eine Einfühlung in die beteiligten Figuren können die SuS einen
emotionalen Bezug zum Werk entwickeln, und die Konstruktion von semantischer
Bedeutung einzelner Musikpassagen erleichtert die Orientierung innerhalb der teilweise sehr
langen und schwer zu gliedernden Sätze.
Mit den Informationen zu Sibelius, zur Kalevala und zu den „Inhalten“ der einzelnen Sätze
können sich Lehrperson und SuS einen Rahmen für die Auseinandersetzung mit der Musik
schaffen. Ein Vorschlag zur Analyse für erfahrenere SuS findet sich in den Materialien zum 2.
Satz, ein Arrangement zum Klassenmusizieren in denjenigen zum 3. Satz.
Abschließend bietet sich eine fächerübergreifende Betrachtung der Lemminkäinen-Sage
zusammen mit den Fächern Deutsch, Ethik/Religion an. Mit der Einordnung der
Lemminkäinen Suite in das Schema der so genannten „Heldenreise“ (J. Campbell, 1978)
können die SuS das Werk über die musikalische Erarbeitung hinaus in einen größeren
mythen- und kulturgeschichtlichen Zusammenhang stellen. „Heldenreisen“ sind Kindern und
Jugendlichen aus zahlreichen Narrationen, seien es Märchen, Comics oder Fantasyfilme,
vertraut, und sie „kennen“ das Schema schon ohne es zu „wissen“. Die Unterschiede
zwischen Harry Potters Abenteuern und denjenigen von Lemminkäinen erscheinen auf
diesem Hintergrund nicht sehr bedeutend, und es wäre einen Versuch wert, einprägsame
Filmsequenzen – kämpferischer, mysteriöser oder unheimlicher Art - mit passenden
Musikpassagen aus der Lemminkäinen Suite zu unterlegen.
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I. Informationen
Jean Sibelius, Notizen zu Leben und Werk
Jean Sibelius, * 8. Dezember1865 in Hämeenlinna;
† 20. September 1957 in Järvenpää bei Helsinki
Kindheit
Jean Sibelius wurde 1865 in Hämeenlinna als Sohn von Christian Gustaf Sibelius und dessen
Frau Maria Charlotte geboren. Die Familie und auch Sibelius selbst sprach schwedisch. Die
finnische Sprache erlernte er erst in der Volksschule (Tanzberger S. 14). Sein eigentlicher
Name war Johan Julius Christian Sibelius. Seine Familie nannte ihn Janne. Später wurde
daraus sein Rufname „Jean“.
Schon als Kind lernte Sibelius das Klavierspiel. Dennoch: Dem Klavierspiel konnte er, soweit
es die technische Seite betraf, keinen Geschmack abgewinnen; wohl aber erging er sich gerne
am Klavier in Fantasien und Träumereien (Tanzberger 1600, S. 14). Mit fünfzehn Jahren
bekam er Violinunterricht bei Gustav Levander. Im Alter von zehn Jahren komponierte
Sibelius ein erstes Stück für Violine und Violoncello (Wassertropfen) (ebd. S, 15).
Schon als Kind wurde Ihm eine starke Naturverbundenheit nachgesagt, die sich später in
seinen Werken wiederfinden wird. So berichtete Walter von Konow: Er hatte eine lebhafte
Fantasie, die aus seiner inbrünstigen Liebe zur Natur reiche Nahrung erhielt. (ebd. S. 15).
Nach dem Abitur schrieb sich Sibelius auf Wunsch der Familie an der Universität in Helsinki
als Jurastudent ein. Da er selbst aber Violine studieren wollte, besuchte er gleichzeitig das
Musikinstitut (ebd. S.16). Jedoch musste er feststellen, dass er seine Ausbildung für den
mühseligen Weg eines Virtuosen zu spät begonnen hatte (ebd. S. 16).
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1889 – 1891 Studien in Berlin und Wien
Ende des Jahres 1889 reiste Sibelius nach Berlin, um von Albert Becker unterrichtet zu
werden. Jedoch missfielen ihm die Übungen, die er im strengen kontrapunktischen Stil
schreiben musste (ebd. S. 19). Sehr beeindruckt war er von Hans von Bülow. So äußerte sich
Sibelius: Das Unvergeßlichste von allem ist seine Wiedergabe der Sonaten von Beethoven. Als
Dirigent […] war er ebenso überragend wie am Klavier. (ebd. S.19). Im gleichen Konzert
wurde auch die Sinfonische Dichtung Don Juan von Richard Strauss gespielt (vgl. ebd. S.19).
1890 kehrte er nach Finnland zurück. In seiner Berliner Zeit entstand lediglich ein
kammermusikalisches Stück. Bevor er 1890 nach Wien reiste, heiratete er Aino Järnefelt. In
Wien wurde er von Robert Fuchs unterrichtet, wohl nicht ohne Erfolg. Diese Zeit war
wesentlich produktiver (vgl. ebd. S. 21f).
Nach 1892
Wie auch in Deutschland oder Frankreich, so gab es auch in Finnland das Streben nach einer
nationalen Kunst. Komponisten wie F. von Schantz oder F. Pacius (er schrieb die finnische
Nationalhymne) versuchten schon vor Sibelius einer nationale Schule den Weg zu bereiten.
Dabei diente das finnische Epos Kalevala immer wieder als Inspirationsquelle. Dahinter stand
mit der Wunsch, sich von dem politischen Druck Russlands zu lösen. Die Sinfonische
Dichtung Kullervo über einen Abschnitt aus der Kalevala wurde 1892 von Sibelius vollendet.
Diese Komposition bedeutete einen ersten „Markstein“, wie Tanzberger es nennt (ebd.
S.23). Sibelius war zu diesem Zeitpunkt 27 Jahre alt. Furuhjelm beschrieb das Werk als
bahnbrechend und revolutionär, mit gigantischen und faszinierenden Proportionen (ebd.
S.24).
Am 13. April 1896 wurde die Lemminkäinen Suite uraufgeführt.
Das „typisch finnische“ Idiom in seiner Musik fand im nordeuropäischen Raum mehr
Begeisterung als im Süden. Man kann nur vermuten, dass der Grund dafür war, dass die
Menschen im Norden mit dem volkstümlichen Ton, den Volksweisen mehr vertraut waren.
Dennoch wurde Sibelius in Europa berühmt. Besonders in England, wo er mehrmals
hinreiste, begeisterte man sich für seine Musik.
Schon 27 Jahre vor seinem Tod beendete Sibelius sein kompositorisches Schaffen. Zumindest
sind aus der Zeit nach 1929 keine nummerierten Werke mehr erschienen.
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Zeit seines Lebens rang Sibelius immer wieder mit seinen Kompositionen. In seinen Sinfonien
stellte er sich jedes Mal einer neuen Herausforderung. Es wird berichtet, dass Sibelius selbst
seine eigenen Kompositionen zu Teilen verbrannt haben soll (vgl. ebd. S. 57).
In Deutschland fand die Verbreitung seiner Musik unter anderem durch die Aufführungen
von Herbert von Karajan statt. Er machte die Sinfonien zudem außerhalb Europas in New
York, Chicago, und anderen Städten bekannt (ebd. S. 61). Karajan äußerte sich über den
finnischen Komponisten: Einer von denen, die noch nicht zu der gebührenden Würdigung
gekommen sind- ich glaube daran mit dem stärksten Ausdruck- , ist Jean Sibelius. Und für ihn
habe ich mich auch immer eingesetzt. Er ist der für mich zeitloseste Komponist, den es gibt.
Seine Musik läßt sich in kein Schema und keinen überkommenden Stil fassen; sie ist etwas
wirklich Zeitloses… (ebd. S. 61).
Die Musik Sibelius lässt sich nicht in bestimmte epochale Stile einordnen. In seinen Werken
finden sich sowohl spätromantische Elemente, Elemente finnischer Volksmusik als auch
Anklänge an Impressionismus und Moderne.
Werke (Auswahl)

Frühe Kammermusikwerke

Kullervo, Symphonie für Sopran, Bariton, Chor und Orchester Op. 7 (1892)

En Saga, Symphonische Dichtung op. 9 (1892)

Karelia Suite, Suite für Orchester op. 11 (1893)

Lemminkäinen Suite op. 22 (1896)

Finlandia, Sinfonische Dichtung für Orchester op. 26 (1899)

Valse Triste aus Kuolema für Orchester op. 44 (1904)

Violinkonzert d-moll op. 47 (1903/1905), UA: 1905 Berlin, Dirigent: Richard Strauss

Außerdem viele Lieder und Klavierstücke

1. Sinfonie in e-Moll, op. 39 .

2. Sinfonie in D-Dur, op. 43.

3. Sinfonie in C-Dur, op. 52

4. Sinfonie in a-Moll, op. 63.

5. Sinfonie in Es-Dur, op. 82.

6. Sinfonie in d-Moll, op. 104

7. Sinfonie in C-Dur, op. 105
6

8. Sinfonie (angeblich 1929 vollendet und vernichtet)
Kurz notiert (vgl.1)

Die finnische Metal-Band Amorphis veröffentlichte mehrere erfolgreiche Alben,
deren Texte auf dem Kalevala beruhen: Tales from the Thousand Lakes (1994), Eclipse
(2006), worin der Kullervo-Zyklus vertont wird, Silent Waters (2007), das den ersten
Lemminkäinen-Zyklus erzählt, Skyforger (2009), sowie The Beginning of Times (2011).
Ebenfalls beschäftigen sich die finnischen Folk Metal-Bands Ensiferum und Turisas
mit diesem Thema.

„Jade-Krieger“ ist eine 2008 erschienene Produktion, die auf der Mythologie des
Kalevala aufbaut.

Der amerikanische Comiczeichner Don Rosa veröffentlichte 1999 den Donald-DuckComic The Quest for Kalevala (Die Jagd nach der Goldmühle), in dem Dagobert Duck
versucht, den Sampo zu finden und dabei zahlreichen Figuren des Kalevala (u.a.
Väinämöinen und Louhi) begegnet.
Kalevala, das finnische Nationalepos
Die Kalevala ist ein Symbol der nationalen Identität Finnlands. Der Titel ist abgeleitet von
Kaleva, dem Namen des Urvaters des besungenen Helden, und bedeutet so viel wie „das Land
Kalevas“. Der Standardtext des Kalevala besteht aus 22.795 Versen, die in fünfzig Gesängen (Runos)
vorgestellt werden. Sie geht zurück auf alte Mythen und Sagen, die mündlich überliefert
wurden und bereits vor 2500 bis 3000 Jahren entstand. Die Verse wurden nach bestimmten, recht
einfachen Melodien gesungen, teilweise begleitet von einer Kantele. Im Jahr 1835 wurden die
Gesänge der Kalevala durch Elias Lönnrot gesammelt und in einen erzählerischen
Gesamtzusammenhang gebracht.
Mit der Kalevala traf Lönnrot auf das Bedürfnis vieler Finnen nach einer eigenständigen
nationalen Identität gegenüber der vor allem in den Städten vorherrschenden schwedischen
Sprache und Kultur. Es entstand die Bewegung des Karelianismus (Karelien ist eine Region in
Nordfinnland, in der die Geschichten der Kalevala ihren Ursprung haben), und die Kalevala
wurde im Literaturunterricht der finnischen Gymnasien neben Homer und Strindberg
unterrichtet. Die Helden der Kalevala entstammen zumeist dem einfachen Volk: der alte
Sänger Väinämöinen, der Schmied Ilmarinen, der Hirte Joukahainen und der Abenteurer
Lemminkäinen, die Herrscherin des Nordlandes Louhi.
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Die Lemminkäinen Suite op. 22
UA: 13. April 1896 in Helsinki
Besetzung: 2 Picc. Bzw. Fl., 2 Ob., 2 Kl., 2 Fg., 4 Hr., 3 Tr., 3 Pos., Schl., Str.
Nach einem nicht zu Ende geführten Versuch, die Geschichten der Kalevala in einer Oper Die
Erschaffung des Bootes zu gestalten, ließ sich Sibelius ab 1893 zu einer Suite um die
Abenteuer des Lemminkäinen anregen. Es handelt sich bei diesen vier Tondichtungen nicht
um Programmmusik, sondern eher um eine Darstellung der allgemeinen Stimmungen der
Erzählung. Die Uraufführung der Suite fand 1896 in Helsinki statt. Einzelne Sätze wurden
später mehrfach umgearbeitet; in seiner endgültigen Fassung kam das Werk 1942 bei
Breitkopf & Härtel, Leipzig heraus.
Im 1. Satz Lemmingkäinen und die Mädchen auf Saari wird der Abenteurer und Frauenheld
Lemmingkäinen beschrieben, der mit seinem Boot zu der Insel Saari segelt, wo alle Männer
fort sind. Er erlebt einige amouröse Abenteuer mit verschiedenen Mädchen und wirbt
besonders um die schöne Kyllikki, bevor er vor den zurückkehrenden, rachsüchtigen
Männern zur Flucht gezwungen wird. Kyllikki wird von Lemminkäinen entführt.
Der stimmungsvolle 2. Satz ist dem Schwan von Tuonela gewidmet. Tuonela ist in der
finnischen Mythologie das Land der Toten, das vom Gotte der Toten, Tuoni, beherrscht wird.
Das Totenreich wird begrenzt von einem breiten Fluss mit schwarzem Wasser, auf dem ein
Schwan seine Kreise zieht. Mit seinem Gesang lockt er die Seelen der Verstorbenen an. Der
sonore Klang des Englischhorns charakterisiert den Gesang des Schwans.
Im 3. Satz Lemminkäinen in Tuonela wird die schauerliche Atmosphäre der Unterwelt
geschildert. Lemminkäinen, der Kyllikki verstoßen hat, nachdem sie gegen seinen Willen zum
Tanz gegangen war, hat um die schöne Tochter der Nordlandherrscherin Louhi geworben.
Luohi will sie ihm geben, wenn er drei Prüfungen besteht. Es gelingt Lemminkäinen, das
Rentier und das feuerschnaubende Ross des Teufels Hiisi zu zähmen. Doch die dritte
Prüfung, die Tötung des Schwanes von Tuonela, gelingt ihm nicht. Lemminkäinen wird aus
dem Hinterhalt durch einen Hirten ermordet. Seine Leiche wird in Stücke geschlagen und in
den Fluss geworfen. Lemminkäinens zauberkundige Mutter erfährt vom Tod ihres Sohnes
dadurch, dass aus seinem Kamm Blut fließt. Mit einem großen eisernen Rechen fischt sie die
Leichenteile aus dem Fluss und erweckt ihren Sohn wieder zum Leben.
Den Abschluss des Zyklus bildet der 4. Satz Lemminkäinen zieht heimwärts. Im Gegensatz zu
8
den beiden Mittelsätzen ist die Musik dieses Satzes lebhaft und feurig. Lemminkäinen ist des
Kämpfens müde. Aus seinen Sorgen konstruiert er schwarze Pferde, aus schweren Tagen
gestaltet er die Zügel, aus geheimem Kummer die Sättel. So reitet er in atemlosem Galopp
heim zu seiner alten Mutter. Mit einer fast durchgehenden Sechzehntelbewegung wird die
Ruhelosigkeit des Helden symbolisiert, der schließlich in einem triumphalen Finale die
Heimat erreicht.
Die Lemminkäinen-Sage und das Schema der Heldenreise
Im Jahr 1953 veröffentlichte der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell ein Werk
mit dem Titel „Der Heros in tausend Gestalten“. Er untersuchte darin Mythen, Märchen und
Sagen aus aller Welt, auch die Bibel und den Koran, und stellte fest, dass alle diese
Erzählungen einem gewissen Grundmuster folgen: Ein Held, männlich oder weiblich, begibt
sich auf die Reise, und – so verschieden die Helden und Heldinnen sind, sie erleben im
Grunde die gleiche Geschichte:
Der Heros verlässt die Welt des gemeinen Tages und sucht einen Bereich übernatürlicher
Wunder auf, besteht dort gegen fabelartige Mächte und erringt einen entscheidenden Sieg,
dann kehrt er mit der Kraft, seine Mitmenschen mit Segnungen zu versehen, von seiner
geheimnisvollen Fahrt zurück. (Campbell 1978, S. 36)
Campbell gliedert die Fahrt des Helden in drei Phasen:
Der Weg, den die mythische Abenteuerfahrt des Helden normalerweise beschreibt, folgt, in
vergrößertem Maßstab, der Formel (…) Trennung – Initiation – Rückkehr, eine Formel, die der
einheitliche Kern des Monomythos genannt werden kann. (Campbell 1978, S. 36)
Es liegt auf der Hand, dass die Lemminkäinen-Sage - Aufbruch, Abenteuer auf der Insel Saari,
Abstieg in das Totenreich, drei Prüfungen, gewaltsamer Tod, Wiedererweckung zum Leben,
Rückkehr und Ankunft in der Heimat – dem Schema der Heldenreise in wesentlichen
Aspekten entspricht. Mit dem Abstieg des Lemminkäinen in die Unterwelt und seinem
gewaltsamen Tod weist sie überdies Ähnlichkeiten mit einigen großen mythologischen
Erzählungen, etwa mit dem ägyptischen Osiris-, dem griechischen Orpheus- Mythos und
nicht zuletzt mit der Jesusgeschichte auf.
Einzelheiten zu den Erlebnissen Lemminkäinens können in der deutschen Ausgabe der
Kalevala, Gesänge 8 (S. 89ff) und 9 (S. 97ff.) nachgelesen werden.
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II. Unterrichtshinweise
Vorbereitung
Fantasiereise (Mat 1, geeignet für Kinder vom 1. bis 7. Schj., MB 1, MB 2)
Die SuS nehmen eine entspannte Sitzhaltung ein und schließen die Augen. Die Lehrperson
führt sie mit einer Fantasie in den Norden Finnlands, in das Land der großen Wälder, in die
Mythen Kareliens.
Bewegung im Raum zu Musikausschnitten „Oberwelt – Unterwelt“ (MB 3):
Die Klasse wird in zwei Gruppen geteilt; alle SuS verteilen sich im Raum.
Gruppe 1 bewegt sich zur Musik des 1. Teils, während Gruppe 2 in Ausgangsposition bleibt;
beim Wechsel zur Musik des 2. Teils frieren SuS von Gruppe 1 ein, während SuS von Gruppe
2 sich im Raum bewegen.
Reflexion: Welche Gefühle wurden durch Musik ausgelöst? Wie sahen die Bewegungen aus?
Welche Eigenschaften der Musik haben zu den unterschiedlichen Bewegungen geführt?
Standbilder
Die SuS bilden Dreiergruppen (Modell, Modellierer, Regisseur)und formen
Standbilder zu den Begriffen „Held“, „Liebeswerben“, „Kampf“, „Niederlage“, „Heimkehr“
Sie führen ihre Standbilder vor und lassen sie in einer Reihe stehen. Die SuS verbalisieren
ihre Eindrücke und sammeln bekannte Heldenmythen, Märchen, Filme, in denen diese
prototypischen Situationen auftauchen.
Einfühlung in die Personen
Arbeit mit Rollenkarten (Mat 2)
Die Rollenkarten zum Lemminkäinen-Mythos werden in der Anzahl der SuS mehrfach
ausgedruckt und verteilt. Die SuS lesen die Rollenkarte jeweils halblaut durch und bewegen
sich dabei im Raum; sie verwandeln das „Du“ in ein „Ich“; sie entwickeln eine zur Rolle
passende Geh- bzw. Stehhaltung.
Anschließend finden sich die SuS mit gleichen Rollen in Kleingruppen zusammen; sie stellen
jeweils ihre Gehhaltung und Stehhaltung vor und überlegen dann gemeinsam, welche
Haltung als besonders passend empfunden wurde. Die Kleingruppen führen sich gegenseitig
ihre Rollen vor.
Soziogramm
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Der/die Spielleiter/in ruft Lemminkäinen und nacheinander die weiteren Personen auf die
zuvor abgegrenzte Spielfläche, die sich zu einem Soziogramm um Lemminkäinen aufstellen.
Anschließend befragt er/sie die Personen nach ihren Beziehungen und Handlungsmotiven,
z.B:
„Lemminkäinen, warum suchst du dauernd neue erotische Abenteuer?“
„Kyllikki, wie würdest du dich selbst charakterisieren?“
„Hirte, warum willst du Lemmingkäinen umbringen?“
„Louhi, warum verlangst du so schwierige Prüfungen von den Bewerbern deiner Tochter?“
Vorschläge zu den einzelnen Sätzen
1. Satz: Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari

Szenisches Spiel: Flirtsituationen (MB 4)
Stehkreis, Person 1 geht zur Musik im Kreis, bleibt bei Person 2 stehen, Person
1 macht eine Flirtgeste, die von Person 2 imitiert wird; Pers 2 geht im Kreis,
bleibt bei Person 3 stehen und macht eine Flirtgeste… usw.

Szenisches Spiel: Rempelei Lemminkäinen und Männer von Saari (MB 5)
Je 2 Personen tun sich zum „Schattenboxen“ zusammen: Sie „kämpfen“ mit
verlangsamten Bewegungen, jeweils abwechselnd, ohne Berührung, immer
im Wechsel Aktion – Reaktion, Steigerung der Intensität, bis einer von beiden
aufgibt
2. Satz: Der Schwan von Tuonela

Einfühlung: Am schwarzen Fluss von Tuonela
(MB 6)
Impuls des Spielleiters: Stellt euch vor, Ihr befindet euch an einem breiten schwarzen
Fluss, der die Welt der Lebenden von der Welt der Toten trennt. Auf dem Wasser
schwimmt ein Schwan, der die Geister der Verstorbenen anzieht und in das Reich der
Toten führt.
Gruppe 1: Setzt euch längs im Raum verteilt auf den Boden und bewegt langsam mit
dunklen Tüchern das Wasser des Flusses.
Schwan: Du siehst die Geister der Verstorbenen und führst sie über den Fluss in das
Totenreich.
Gruppe 2: Ihr seid die Geister der Menschen, die gestorben sind. Ihr befindet euch
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auf der diesseitigen Seite des Flusses und folgt dem Schwan einer nach dem anderen
über den Fluss. Er führt euch in das Totenreich.

Bildbetrachtung (Mat 3) und Musikhören (MB 6)
Arnold Böcklin: Toteninsel, Urfassung von 1880
SuS sprechen über die Eindrücke, die das Bild bei ihnen hervorruft.
Anhören des Satzanfangs
Die Lehrperson erzählt über den singenden Schwan von Tuonela.
Anschließend wird der 2. Satz ganz angehört.

Analyse: Der Schwan von Tuonela (Mat 4 und Musik des 2. Satzes)
geeignet für notenkundige SuS etwa ab Kl. 9
3. Satz: Lemminkäinen in Tuonela

Einfühlung: Im Schattenreich (MB 7, Anfang 3. Satz)
Zwei Gruppen, G1 Blindgänger, G 2 Geister mit Tüchern: Alle stellen sich im
Raum auf, die Personen der G 1 schließen die Augen und bewegen sich
langsam tastend durch den Raum; die Personen der G 2 bewegen ihre Tücher,
so dass ihre Anwesenheit spürbar bzw. ertastbar ist. Anschließend
Rollentausch.

Musizieren: „Blutzauber“ (Mat 5, MB 8, 3. Satz ab T 186)
Magie durch Wiederholung: vereinfachtes Arrangement zum
Klassenmusizieren; wenn die Stimmen erarbeitet sind, kann der Teil zwischen
den Wiederholungszeichen beliebig oft wiederholt werden, dazu können
weitere Stimmen mit dem Tonmaterial von A-Moll improvisiert werden. Das
Arrangement kann nach Absprache ähnlich ausklingen wie es aufgebaut
wurde.

Szenisches Spiel: Lemminkäinen erwacht zum Leben (MB 9, 3. Satz ab T
277ff)
Personen im Raum in der Hocke kauernd, werden durch die Musik (magischer
Rechen der Mutter) in Bewegung gebracht, erst langsam, dann schneller,
immer mehr auf gemeinsames Zentrum zubewegen, bis alle auf kleinsten
Raum beeinander stehen; gegenseitig an Händen oder Schultern fassen und
ganz allmählich eine gemeinsame Bewegung finden.
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4. Satz: Lemminkäinens Heimkehr
Musikhören und ein Filmdrehbuch skizzieren (MB 10 und MB 11)
Anhören der beiden Musikausschnitte; dabei notieren die SuS ihre Assoziationen als
Grundlage für ein fiktives Filmdrehbuch. Nach zweimaligem Hören vergleichen sie
ihre Aufzeichnungen und überlegen, welche musikalischen Gestaltungsmittel Anlass
zu welchen Assoziationen gegeben haben könnten. Abschließend Hören des ganzen
Satzes.
Ausfühlung
Die SuS legen ihre Rollenkarten in die Mitte, räumen die Requisiten fort und bauen
die Spielfläche zurück als Klassenraum.
Abschlussreflexion

Blitzlicht
In einem Blitzlicht äußern sich die SuS zu den Erfahrungen, die sie in der
Unterrichtsreihe mit sich selbst, den anderen SuS und der Lemminkäinen Suite
gemacht haben.

Musikhistorische Zusammenhänge herstellen
Die Lerngruppe stellt die Lemminkäinen Suite in den musikhistorischen
Zusammenhang der Sinfonischen Dichtung, der Bestrebungen zur Ausbildung
nationaler Musikidiome im 19. Jahrhundert.

Das Schema der Heldenreise (Mat 6)
Das Schema der Heldenreise nach J. Campbell mit der Grafik von M. Krützen
wird vorgestellt und zur Lemminkäinen Suite in Beziehung gesetzt.
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III. Unterrichtsmaterialien (MB und Mat)
Musikbeispiele (MB)
Jean Sibelius: Ausschnitte aus der Lemminkäinen Suite (Länge insgesamt 16‘5‘‘;
die Überschriften stammen nicht von Sibelius; sie sind frei nach der LemminkäinenSage assoziiert; M. F.)
Die Weite Finnlands
Lemminkäinen
Flirt
Liebeswerben
Rempelei
Schwan von Tuonela
Unterwelt
Kampf und Tod
Totenklage und Blutzauber
Lemminkäinen erwacht zum Leben
Lemminkäinen reitet heimwärts
Ankunft und Jubel
MB 1: Die Weite Finnlands
MB 2: Der Schwan von Tuonela
MB 3: Oberwelt (Lemminkäinen) - Unterwelt
MB 4: Flirt
MB 5: Rempelei
MB 6: Der Schwan von Tuonela = MB 2
MB 7: Unterwelt
MB 8: Totenklage und Blutzauber
MB 9: Lemminkäinen erwacht zum Leben
MB 10: Lemminkäinen reitet heimwärts
MB 11: Ankunft und Jubel
1. Satz
2. Satz
3. Satz
4. Satz
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Materialien (Mat)
Mat 1: Phantasiereise ins Land der tausend Seen
Nehmt eine bequeme Stellung ein und schließt die Augen.
Nehmen wir einmal an, ihr wüsstet so rein gar nichts über Finnland und wüsstet
vielleicht nicht einmal, dass dieses Land ganz oben im Norden Europas läge, gleich rechts
neben Schweden, im Norden nur durch einen schmalen Streifen Norwegen vom Meer
getrennt, im Süden erst die Ostsee, dahinter dann den kleinen Nachbarn Estland hat und
rechts vom großen Brüderchen Russland beobachtet wird. Und jetzt nehmen wir an, ihr
würdet da hinfahren, weil euer großer Bruder dort heiraten wird und alle Familienmitglieder zu
einer riesigen Hochzeit eingeladen sind.
Ihr macht euch also auf den Weg, deine Eltern, deine jüngere Schwester und du. Ihr fahrt,
und fahrt, und fahrt, und dann – du warst irgendwann eingeschlafen und weißt gar nicht so
recht wie das passiert ist – seid ihr in Rostock an der Ostsee angekommen. Ihr steht ihr vor eurer
Fähre, die euch nach Helsinki bringen soll – einem Ozeanriesen, einem solch großen Schiff, wie
du es noch nie zuvor gesehen hast. Mit einem Schlag bist du hellwach, und als ihr schließlich
drankommt und in den riesigen Bauch des Schiffes fahren dürft, bist du vor Aufregung kaum
noch zu bremsen. Es kann gar nicht schnell genug gehen, bis du endlich aufs Oberdeck zu
kommen, um aufs offene Meer hinauszuschauen wenn ihr losfahrt. Finnland, wir kommen!!
Wenig später bist du auf offener See, du spürst, wie dir die frische salzige Luft eisig
um die Ohren pfeift, spürst, wie die Sonne dein Gesicht ein wenig wärmt, hörst den Möwen
zu, wie sie um euch herumsausen und dabei kreischen, siehst dem Farben- und Formenspiel
der tanzenden Wellen zu und stellst dir vor, wie gleich ein Buckelwal oder ein Delphin aus
der rauschenden weißen Gischt herausspringen müsste. So stehst du da, lässt die anderen
schon mal zurück in die Kabine gehen und blickst weiter aufs Meer hinaus, immer weiter auf
der Suche nach etwas, was sich bewegt.
Immer wieder kehrst du aufs das Aussichtsdeck zurück, angezogen von der Schönheit
und Wildheit der Natur, von der Anziehungskraft dieser Wüste aus Wasser. Der Leute
werden am Abend immer weniger – die meisten sitzen drinnen im Warmen und langweilen
sich. Neben dir sitzt jetzt nur noch eine alte Frau, der es ebenso viel Spaß zu machen scheint,
einfach dazusitzen und dem Meer zuzuschauen. Sie bietet dir Schokolade aus Finnland an
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und du merkst gleich, dass sie ein richtiges finnisches Großmütterchen sein muss. Sie spricht
deutsch und erzählt dir, dass sie lange Zeit in Hamburg gelebt hat, um dort zu arbeiten. Jetzt
aber wohnt sie wieder in Kemijärvi, ganz oben in Finnland, was dann eigentlich schon
Lappland sei. Du sagst, von Lappland wüsstest du eigentlich nur, dass dort in Kinofilmen der
Weihnachtsmann wohne, dass es dort kalt sei und viele Rentiere gebe. Weil nun das
Großmütterchen merkt, dass du überhaupt keine Ahnung von Finnland hast, fängt sie an,
von ihrer Heimat zu erzählen.
Sie erzählt dir erst einmal davon, wie die Häuser dort aussehen, nämlich ganz anders
als in Deutschland. Fast alle sind aus Holz gebaut – denn Holz gibt es wirklich genug in
Finnland. Selbst die großen Häuser, die Wohnblocks sind hier aus Holz. Oft seien sie auch
bunt angemalt, was viel schöner sei als die deutschen Wohnblocks. Dann erzählt sie dir von den
vielen Seen, denn Finnland hat so viele Seen, dass es eher Wasserland oder Seenland heißen
sollte. Sie erzählt von den Mooren und den Sümpfen um die Seen herum, und dass man si ch
dort ganz schön verirren könne, wenn man nicht aufpasse. Auch davon, wie man sich in den
riesigen Wäldern verirren könne, besonders, wenn Nebel von den Seen langsam in den Wald
hineinkriecht und man nicht mehr weiß, wo oben und unten, und links und rechts ist. Sie
erzählt von ihrer Heimat weiter im Norden, den Fjells, was so viel wie Gebirge bedeutet,
karges Gebirge mit vielen Felsen und wenig Bäumen. Sie berichtet von den vielen Tierarten,
die es vor allem in den nördlicheren Gebieten noch gebe, weil dort nur wenige Menschen
wohnen. Da gibt es immer noch Bären, Polarfüchse und Wölfe, es gibt Robben, Elche und
klar, natürlich auch Rentiere. Es gibt Steinadler, Seeadler, Moorschneehühner und
Singschwäne. Sie erzählt von den langen, schwarzen Winternächten und davon, dass die
Sonne 51 Tage lang nicht aufgeht. Dann geht man nur noch vor die Haustüre, wenn es
unbedingt sein muss.
Musik Ausschnitt 1: Die Weite Finnlands (1. Satz Anfang)
Das ist die dann die beste Zeit für Geschichten, am liebsten Märchen aus der ganz
alten Zeit, Erzählungen aus der „Kalevala“. Sie handeln von Louhi, der mächtigen und
dunklen Herrscherin des Nordlandes Pohjola; manche sagen von ihr, sie sei eine grausame
Hexe und der dunklen Magie mächtig. Auch hat sie Tochter, deren Schönheit und Anmut in
allen Nordländern bekannt ist. Sie erzählt vom Schamanen und Magier Väinämöinen, der
730 Jahre lang im Bauch seiner Mutter war, bevor er geboren wurde und dann von Beginn an
weise und schlau. Der große und mächtige Väinämöinen hatte langes, wehendes weißes
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Haar und eine magische Stimme, mit welcher er singend zaubern konnte.
Die Frau erzählt auch vom jungen Krieger Lemminkäinen, einem strahlenden Kämpfer
mit Zauberkräften, einem, der so schön und mutig war, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen –
wovon er Gebrauch zu machen wusste: Hals über Kopf stürzte er sich von einem
Liebesabenteuer ins nächste. Das brachte ihn in manche Schwierigkeiten, und mehr als einmal war
er in Schlägereien mit seinen Konkurrenten verwickelt. Es geht die Sage, dass er einmal sogar im
Kampf getötet und, in Einzelteile zerstückelt, in einen Fluss geworfen wurde. Doch seine Mutter
konnte die Teile mit einem magischen Rechen wieder herausfischen und durch einen Zauberspruch
wieder zum Leben erwecken.
Es gab auch den Schmied Ilmarinen, der im Auftrag Gottes die Sterne und den Mond
schmiedete, um damit die Nacht zu erhellen. Er schmiedete auch den magischen Sampo,
einen Schatz, der seinen Eigentümer unendlich reich und mächtig machen soll – und so
stritten sich natürlich alle möglichen Krieger, Magier und Zauberinnen erbittert darum.
Die alte Frau erzählt, dass früher Magie überhaupt nichts Außergewöhnliches war,
und davon, wie beinahe jeder Jäger und Waldläufer einige Zaubersprüche kannte, wie auch
Tiere sprechen konnten und gute Freunde der Menschen waren.
So erzählt die alte Frau, und die Stunden vergehen bis du merkst, dass es langsam
Zeit wird, in die Koje zu gehen. Das leichte Schaukeln der Fähre schickt dich leise in den
Schlaf. In deinen Träumen fühlst du dich selbst in das magische Reich der Kalevala zurückversetzt.
Du wanderst durch Wälder mit riesigen knorrigen Bäumen, deren Äste bis auf den Boden reichen.
Der Nebel hüllt die Wälder in ein weiß-graues Kleid. Zwischen den Bäumen huschen Schatten
durch das schwache, fahle Licht. Du hörst Vogelstimmen und das Knurren von Wölfen. Das
Knacken im Unterholz, wenn die Rentiere ihr Futter suchen. Die Tiere sprechen alle eine
eigene Sprache, du kannst sie trotzdem verstehen. Von ihnen erfährst du die Geheimnisse
des Waldes. Du siehst dich um und erblickst einen Fluss mit dunklem, fast schwarzem
Wasser.
Musik Ausschnitt 6: Der Schwan von Tuonela (2. Satz Anfang)
Du erblickst ein Boot, das von einem großen, weißen Schwan gezogen wird. Er singt
fremde, wundersame Melodien, die von den Felsen am Fluss widerhallen. Der Schwan nimmt dich
mit auf seinen Weg, vorbei an hohen moosbewachsenen Felsen, in denen Fledermäuse
hausen. Ihr gleitet um einen Felsvorsprung und alles ist in ein mystisches grünes Licht
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getaucht. Du schaust in den Himmel und erblickst die Polarlichter, die wie eine große Straße
am Himmel liegen und sich im schwarzen Wasser spiegeln.
Als du aufwachst hörst schon die Möwen die um das Schiff fliegen und die Küste
Finnlands ankündigen. Du öffnest langsam die Augen, gähnst und streckst dich und du freust
dich auf die Abenteuer, die in diesem magischen Land vor dir liegen.
MAT 2: Rollenkarten
Lemminkäinen
Dein Name ist Lemminkäinen, du kommst aus dem Norden Finnland. Du bist ein junger, stolzer
Mann, und du bist mit Zauberkräften begabt. Deine Abenteuerlust führt dich an viele Orte. Deine
Mutter hat dich alleine aufgezogen und liebt dich sehr. Auch sie besitzt magische Kräfte. Bei den
Frauen bist du sehr beliebt und du hast immer wieder neue Liebschaften. Für die Frau deiner
Träume würdest du dich in jedes Abenteuer stürzen. Dass es dabei oft Konflikte mit anderen
Männern gibt, stört dich nicht – im Gegenteil, denn meistens bist du der Gewinner.
Kyllikki
Du bist Kyllikki, eine junge und attraktive Frau. Auf der Insel Saari, auf der du lebst, sind alle Frauen
neidisch auf dich. Du träumst davon, bald die große Liebe zu finden. In Lemminkäinen siehst du den
Mann deines Lebens. Darum lässt du es zu, dass er dich einfach in sein Boot zieht, als er plötzlich
von der Insel fliehen muss. Du hast einen starken Charakter und meistens tust du das, worauf du
Lust hast. Auch von Lemminkäinen lässt du dir nicht verbieten, zum Dorftanz zu gehen, selbst wenn
es Streit gibt.
Hirte
Du bist ein junger Mann; du bist auf einem Bauernhof aufgewachsen und lebst mit deinen Schafen
im Nordland. Sie folgen dir blind, weil du ihre Sprache beherrschst. Menschen sind dir im Vergleich
zu deinen Schafen nicht so wichtig und du fühlst dich in feiner Gesellschaft oft unbehaglich. Dein
Leben ist von harter Arbeit geprägt. Auch Lemminkäinen verbrachte kurze Zeit bei dir und deiner
Familie und brach deiner Schwester das Herz. Deshalb möchtest du Rache an ihm nehmen und
verfolgst ihn.
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Lemminkäinens Mutter
Du bist die Mutter von Lemminkäinen. Da dein Mann gestorben ist, kurz nachdem dein Sohn
geboren wurde, hast du ihn alleine aufgezogen. Du liebst Lemminkäinen sehr und hast versucht, ihn
zu einem tüchtigen Mann zu erziehen. Du weißt, dass er ein Abenteurer und Frauenheld geworden
ist, aber du vertraust darauf, dass er den rechten Weg noch finden wird. Mit geheimen Fäden bist
du mit ihm verbunden, auch wenn er weit weg von dir ist. Durch einen blutigen Kamm erfährst du
von seiner Ermordung. Dank deiner Zauberkräfte kannst du ihn wieder zum Leben erwecken.
Schwan:
Du bist der Schwan von Tuonela und lebst auf dem schwarzen Fluss. Du bist die Verbindung
zwischen dem Diesseits und der Unterwelt. Deine Aufgabe ist es, die Seelen der Toten anzulocken
und sie in die Unterwelt zu führen. Besonders stolz bist du auf dein strahlend weißes Gefieder, weil
es auf dem Schwarzen Fluss besonders gut zur Geltung kommt. Du bist freundlich zu den Menschen
und den Geistern der Verstorbenen, doch wenn dir jemand schaden will, kannst du dich mit deinen
starken Flügeln gut zur Wehr setzen.
Tochter der Nordlandherrscherin
Du bist 19 Jahre alt und die Tochter der Nordlandherrscherin. Du siehst wunderschön aus und hast
viele Verehrer. Deine Mutter ist mächtig und gilt als Zauberin, sogar als Hexe. Ein junger Mann
namens Lemminkäinen hat um deine Hand angehalten, daraufhin hat deine Mutter ihm drei
Prüfungen gestellt. Der junge Mann scheint richtig mutig zu sein und vor nichts zurückzuschrecken.
Louhi - Herrscherin über das Nordland
Du bist eine mächtige Frau und beherrschst das Nordland. Wegen deiner magischen Kräfte halten
viele dich für eine Hexe. Du kannst dich in andere Gestalten verwandeln, zum Beispiel in einen
gewaltigen Riesenadler. Schon viele Männer haben um deine schöne Tochter geworben, jedoch
vergeblich. Denn du stellst ihnen fast unlösbare Aufgaben. Auch der Draufgänger Lemminkäinen
möchte deine Tochter zur Frau haben. Du wirst ihm besonders schwierige Prüfungen auferlegen.
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Mat 3: Arnold Böcklin, Die Toteninsel
Mat 4: Analyse - Der Schwan von Tuonela
Der Gedanke an den Tod beschäftigte Jean Sibelius immer wieder in seinem Leben. Bereits am 29.
Oktober 1891 fragte er seinen Arzt, wie lange er wohl noch zu leben habe, worauf dieser ihm ohne
Zögern die Zahl „sechzig“ nannte. Die Eltern von Sibelius waren schon recht früh verstorben, seine
Mutter mit sechsundfünfzig, sein Vater mit siebenundvierzig Jahren; auch die Großeltern und
Geschwister hatten kein langes Leben. Sibelius ahnte damals nicht, dass er einer der ältesten
Komponisten seiner Zeit werden sollte: Er starb am 20. September 1957 im Alter von 92 Jahren.
Todesmotive ziehen sich durch das kompositorische Werk von Sibelius, so etwa in Valse triste (1904),
Finlandia(1899/1900) und Tapiola(1926). In der Lemminkäinen Suite nimmt die Darstellung der
Todesatmosphäre etwa die Hälfte des Werkes ein mit den beiden mittleren Sätzen Der Schwan von
Tuonela und Lemminkäinen in Tuonela.
Der Schwan von Tuonela entstand in seiner heutigen Fassung im Jahr 1900. Der folgende Auszug aus
Tomi Mäkeläs Monografie“ Jean Sibelius und seine Zeit“ (S. 249 und 251) kann als Basis für eine
Analyse verwendet werden:
20
21
22
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M
M
M at
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Mat 5: Arrangement zum Klassenmusizieren: „Blutzauber“ (3. Satz)
Arrangement: Mechtild Fuchs
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Mat 6: Das Schema der Heldenreise
Die Filmforscherin Michaela Krützen konnte in zahlreichen Analysen von Spielfilmen feststellen, dass
sich das Schema der Heldenreise auch auf die Plots moderner Hollywoodfilme anwenden lässt. Dies
zeigt sie ausführlich anhand des Films „Das Schweigen der Lämmer“ und anderer Filme (Krützen
2006). Dabei greift sie die drei bei Campell beschriebenen Phasen auf und differenziert sie, wie das
nachfolgende Schema zeigt:
In: Michaela Krützen, 2004, S. 270.
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IV. Literatur
Brinkmann, Rainer, o. / Kosuch, Markus / Stroh, Wolfgang Martin (2001): Methodenkatalog
der szenischen Interpretation von Musiktheater. Oldershausen: Lugert.
Campbell, Joseph (1978): Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt am Main (zuerst 1948)
Kalevala. Das Nationalepos der Finnen (1998): neu bearb. von Wolfgang Steinitz, unter
Mitwirkung von Christine Niemi, Wera & Klaus Küchenmeister. Rostock: Hinstorff.
Kloiber, Rudolf (1967): Handbuch der Sinfonischen Dichtung. Wiesbaden: Breitkopf & Härtel,
S. 199ff.
Krützen, Michaela (2004): Dramaturgie des Films. Wie Hollywood erzählt. Frankfurt am Main: Fischer
Mäkelä, Tomi (2013): Jean Sibelius und seine Zeit. Laaber: Laaber Verlag.
Tanzberger, Ernst (1992): Jean Sibelius. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden.
www.wikipedia.org/kalevala
Informationen zur Vertiefung sowie interessante Bilder finden sich unter:
http://www.sibelius.fi/deutsch/tekijat.htm
V. Autoren, Autorinnen der Handreichung
Prof. Dr. Mechtild Fuchs und Studierende der PH Freiburg: Urban Dreher, Lena Feser, Sascha Guthier,
Alisa Hengst, Katharina Hoffmann, Anna Sommer, Florian Waibel, Elisabeth Wind, Katrin Zaruba
Pädagogische Hochschule Freiburg, Januar 2014

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