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Loading “Alter Hamlet rostet nicht - Märkische Allgemeine - Zeitung für das Land Brandenburg” 17/08/2008 16:44 21ºC Sie befinden sich hier: » Märkische Allgemeine » Lokales » Potsdam » Regionale Nachrichten 16.08.2008 BÜHNE: Alter Hamlet rostet nicht Das Wandertheater „Ton und Kirschen“ präsentiert am Pfingstberg-Belvedere einen erfrischend frechen Shakespeare POTSDAM / NAUENER VORSTADT - Das Bühnenbild der Hamlet-Inszenierung des Wandertheaters „Ton und Kirschen“ zeigt als Kulissenbegrenzung Rückwände aus verrosteten Stahlblechen. Doch als sich am Donnerstagabend überglückliche Schauspieler vor den mehr als 200 begeistert klatschenden Zuschauern beim Schlussapplaus verbeugten, war klar, dass Hamlet jedenfalls nicht rostet. Selbstverständlich ist das nicht, denn wer der Wahrheit die Ehre gibt, wird einräumen, dass bei unzähligen Klassikeraufführungen von Moliére bis Shakespeare etlichen die Lebendigkeit abhanden gekommen ist. Insofern war dieser glücklich unverregnete Theaterabend im Schutz des mächtigen Belvedereschlosses auf dem Pfingstberg von Anbeginn reichlich, nicht nur mit mildem Mondlicht, sondern vor allem einer verwegenen, rotzfrechen Stückinterpretation gesegnet. Das begann schon mit der Besetzung der Rollen, die in Ermangelung flüssig deutsch sprechender Ensemblemitglieder sowohl eine iberische, wie auch britische Komponente zu bieten hatte. Trotz des starken Akzents der halben Bühnenbesatzung wurde die Geschichte vom nach Rache sinnenden Königssohn Hamlet (Richard Henschel) bis zum mörderischen Finale stets flüssig und, wie man beobachten konnte, selbst für Kinder verständlich erzählt. Des Dänenprinzen Zorn und dessen sich bis zum gespielten Wahnsinn steigernde Bockigkeit quittierten besonders die jüngeren Theaterfans mit verständnisvoller Zustimmung. Natürlich haben die regieführenden Schauspieler Margarete Biereye und David Johnston Hamlet nicht neu erfunden. Trotzdem wirken ihre Figuren erfrischend ungewohnt, und das nicht nur bei den mit englischer Klangfärbung sprechende Figuren. David Garlick, der den ermordeten Vater Hamlets und dessen ihm auf den Thron folgenden, mörderisch fiesen Bruder spielt, nutzt seine Statur und baut seine Könige als grobe, mannhafte Wikinger auf. Umso erstaunlicher wirkt dann die Szene, in der er mit David Johnston das urkomische Duett zweier Friedhofgräber gibt. Allein diese im brummelnden Englisch zelebrierte stoische Alberei bot mehr Spaß als der komplette Jahresspielplan mancher Kabarettbühnen. Überhaupt Johnston. Sein Polonius zeigt schlagend, weshalb Shakespeare schon zu Lebzeiten so überaus erfolgreich war. Jede seiner Rollen, bietet das Potenzial, wichtig wie eine Hauptrolle gespielt zu werden. Der Zwischenapplaus für Johnston zeigte aber auch an, dass den meisten klar war, wie lange sie auf der Bühne wie im Leben auf einen ähnlich sympathisch verknoteten Minister werden warten müssen. Die Frauenrollen hatten dagegen jede Menge Realitätsnähe und somit auch Tragik im Gepäck. Hamlets Mutter Gertrud (Margarete Biereye) wird mit dem neuen Liebhaber auf dem Thron nicht wirklich froh, und Ophelias (Julia Brömsel) Wahnsinn und Tod war die logische Folge ihres mangelnden Selbstbewusstseins. Glücklicherweise erhoben sich nach dem Schlussbild alle Hinweggerafften noch schneller als sie gefallen waren. Das passte zu diesem überaus lebendigen Shakespeare. (Von Lothar Krone) Ihre Meinung ist gefragt! © Märkische Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH Potsdam • Realisiert mit icomedias Enterprise|CMS http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11284254/60709/Das_…theater_Ton_und_Kirschen_praesentiert_am_Pfingstberg.html?print=J Page 1 of 1