Personen mit autistischen Verhaltensweisen im Heim
Transcrição
Personen mit autistischen Verhaltensweisen im Heim
264 gen Bedürfnisse und Interessen mit, die mit denen der Jugendlichen abgestimmt w erden müssen. (Pädagogen) D ie Finanzen spielen eine w ichtige Rolle. D a Jugendarbeit eine ,Bezuschussungsinstitu tio n “ ist, ist sie auch von ihrem G eldgeber abhängig. (Finanzen) Zusam m enfassung O bw ohl dieser V ersuch einer operationalen D efinition von Jugendarbeit nach den acht K riterien bereits recht um fangreich ausgefallen ist, m uß trotzdem noch angem erkt w er den, daß sie nicht vollständig ist und weitere M erkm ale unberücksichtigt geblieben sind. D och scheinen die wichtigsten Elemente genannt w orden zu sein, so daß w ir mit dieser U m schreibung das Sozialisationsfeld Jugendarbeit einigerm aßen abgegrenzt und inhaltlich beschrieben haben. Soll hier eine A ntw ort auf die Frage gegeben w erden: „W as ist Jugendarbeit?“, so können w ir aus der Sicht der D efinitionselem ente sagen: Es gibt eine V ielzahl von Definitionen. Jede für sich hebt einen o der auch m ehrere spezifische Aspekte heraus. V ersucht man die wesentlichsten Elem ente verschiedener D efinitionen herauszuarbeiten und zu klassifizie ren, gelangt man zu folgenden acht w ichtigen Elem enten einer D efiniton von Ju g en d arbeit: 1. A bgrenzung und Festlegung des Erziehungsfeldes 2. sozialpsychologische Bedingungen 3. individualpsychologische Bedingungen 4. didaktische Prinzipien 5. pädagogische und politische Inhalte, A ufgaben und Ziele 6. methodische Prinzipien 7. sozialpädagogische G rundregeln 8. mitbestimmende Faktoren. W ir können also Jugendarbeit definieren als ein E rziehungsfeld, das durch die genannten acht Kriterien charakterisiert ist. aus: Jugendwohl Zeitschrift für Kinder Heft 7, Jg. 62 (Juli 1981) und Jugendhilfe Personen mit autistischen Verhaltensweisen im Heim für geistig Behinderte Ergebnisse einer Umfrage W infried Mall V orstellung des St. Josefshauses D as St. Josefshaus H erten ist ein H eim der katholischen Behindertenhilfe. Es besteht seit g u t 100 Jahren. H eu te bietet es einen Lebensraum für ca. 650 Behinderte. V on ihnen ist der G roßteil geistig behindert, viele davon mit M ehrfachbehinderungen, ein kleinerer Teil ist lernbehindert bzw. an der G renze zwischen Lern- und geistiger Behinderung. Das Alter reicht von 4 bis über 80 Jahre. 265 D ie H eim bew ohner leben in ca. 60 G ruppen, die zwischen 8 und 12 Personen umfassen. D ie G ruppen w erden im D urchschnitt von 5 M itarbeitern betreut. Zum H eim gehören neben dem G ruppenbereich und der V erw altung eine Sonderschule mit einem Zweig für geistig Behinderte und einem für Lernbehinderte, eine W erkstatt für Behinderte, sowie diverse V ersorgungsbetriebe, die ebenfalls H eim bew ohner beschäftigen. D azu kom m en ein ärztlicher und ein psychologisch-heilpädagogischer Fachdienst. Ziel der U m frage D ie U m frageaktion bezüglich Personen mit autistischen V erhaltensw eisen w urde mit dem Ziel durchgeführt, eine V orstellung zu gew innen, w elchen U m fang dieser Personenkreis hat und wie er sich zusam m ensetzt. Im H intergru n d stand auch die Absicht, D aten als G rundlage für eine langfristige Planung von F örderungs- und Behandlungsangeboten zu gew innen, die speziell auf diesen Personenkreis abgestimmt sind. Zum Begriff „Autismus“ D er Begriff „Autismus“ bzw. „autistische V erhaltensw eisen“ w urde bew ußt in dieser U m frage relativ unspezifisch gebraucht. Auf eine genaue D efinition w urde verzichtet, da es ei ne solche, allgemein anerkannte D efinition noch nicht gibt. A nhaltspunkt für die Bezeichnung einer Person als „autistisch“ w ar zum einen die D iag n o se durch einen A rzt, Psychologen oder eine andere Fachkraft, wobei nicht die jeweilige D efinition dieser F achkraft für „Autismus“ erhoben w erden konnte. Zum anderen diente als G rundlage die „M erkmalsliste zur E rkennung autistischer K inder (60 P u n k te)“, die vom Bundesverband „H ilfe für das autistische Kind e. V .“ in H am burg herausgegeben w urde. Die Beurteilung vom H eim bew ohnern nach dieser M erkmalsliste w urde von den G ruppenerziehern vorgenom m en. Bei offensichtlich unrichtiger Beurteilung w urde dies bei der A usw ertung korrigiert. Es w urde von einem G renzw ert von ca. 12 zutreffenden der 60 P unkte ausgegangen, wobei zur E inschätzung auch die übrigen A ngaben im Frage bogen beigezogen w urden. Es ist offensichtlich, daß zahlreiche der in der U m frage erfaßten H eim bew ohner bei einer näheren U ntersuchung nach einer enger abgegrenzten Definition (z. B. nach I. Prekop) nicht als autistisch diagnostiziert w erden könnten. H äufig dürften scheinbar autistische Züge als sekundäre Folge einer prim ären geistigen u n d /o d e r körperlichen Behinderung e r klärt w erden können, häufig dürfte auch eine genauere D iagnostik ergeben, daß eine an dere, dem Autismus jedoch verw andte Entw icklungsstörung vorliegt (z. B. S törung des serialen D enkens). Ebenso offen muß die Frage bleiben, welche Rolle ein eventueller frü h kindlicher H irnschaden bei der E ntstehung „autistischer V erhaltensw eisen“ spielte. T ro tz all dieser E inschränkungen und trotz der sicher relativ hohen Fehlerquote vor allem in der G ruppe der „vermuteten A utisten“, d. h. die von den G ruppenerziehern anhand der M erkmalsliste als solche eingeschätzt w urden, bleibt das Ergebnis der U m frage aussage kräftig. Es gibt H inw eis auf eine im St. Josefshaus bestehende Problem gruppe, egal mit w elcher Bezeichnung, die durch das bestehende A ngebot an Förderung und Beschäftigung nicht ausreichend erfaßt w ird, wie in der A usw ertung deutlich wird. D er Fragebogen Zu der U m frage w urde ein Fragebogen benutzt, der 11 Fragen um faßte. M it den ersten beiden Fragen w urden die Personen erfaßt, die entw eder als autistisch diagnostiziert w u r den oder nach der M erkmalsliste autistische V erhaltensw eisen zeigen. D ie w eiteren F ra gen richteten sich auf das V orkom m en zusätzlicher Behinderungen, auf die A rt der F örde 266 rung bzw. Betreuung, auf die lebenspraktische Selbständigkeit, auf die Fähigkeit, sich zu beschäftigen bzw. Beschäftigungsangebote anzunehm en. Sodann w urde nach dem V o r kom m en von A utoaggressionen, nach besonderen Problem en im G ruppenleben, sowie nach sonstigen Besonderheiten gefragt. Die letzte Frage hatte die Fähigkeit zu r sprachli chen Ä ußerung zum Inhalt. Zusam m enfassung der Ergebnisse Es w urden insgesam t 87 Personen genannt. D avon w urden 37 Personen von verschiede nen Fachkräften als „autistisch“ diagnostiziert, bei 50 Personen ergab sich anhand der M erkmalsliste die V erm utung, es könne sich um Personen mit autistischen V erhaltensw ei sen handeln. Im folgenden soll die erste G ruppe mit „diagnostizierte A utisten“, die zweite G ruppe mit „vermutete A utisten“ um schreiben w erden. D abei sind die obigen A usführungen über den Begriff „Autismus“ und seine V erw endung in dieser U m frage zu berücksichtigen. D ie meisten der „diagnostizierten A utisten“ w urden von Ä rzten so bezeichnet (12 P erso nen), sowie von Psychologen (11 Personen). H eilpädagogen diagnostizierten 3 Personen als „autistisch“, 1 Person w urde neben einem A rzt auch von einem Sozialarbeiter diagno stiziert. Bei 11 Personen w urde nicht angegeben, von wem die D iagnose stammt. V on den „verm uteten A utisten“ erhielten die meisten (30 Personen) zwischen 15 und 25 Punkte der M erkmalsliste zugeteilt. 8 Personen erhielten m ehr als 25 Punkte, 12 Personen weniger. Tabelle 1: W er diagnostizierte „Autismus “? A rzt Psychologe H eilpädagoge 12 Personen 11 Personen 3 Personen Sozialarbeiter 1 Person keine Angabe bei 11 Personen (eine doppelte N ennung) Schaubild 1: W ieviele P erso n en erhielten wieviele P u n k te der M erkm alsliste? N . i Zahl der - ■ P ersonen 1) 1) 2) 1) -t— I— I— H H— I— h- 5 10 15 20 1): v erm u tlich m eh r P u n k te zu treffen d ; 2): A ngabe: „ fa st alle“ 25 30 35 P u n k te der M erkm alsliste Alters- und Geschlechtsverteilung Das Alter der erfaßten Personen erstreckt sich von 8 bis 49 Jahren. Bei der G ruppe der „diagnostizierten A utisten“ sind 40,5 % zwischen 8 und 15 Jahre alt, ebensoviele zwischen 16 und 25 Jahren. Ü ber 25 Jahre sind 18,9 %. Bei der G ruppe d er „verm uteten A utisten“ ist der Anteil jüngerer Personen geringer. N u r 22 % sind zwischen 8 und 15 Jahren alt. Zw i schen 16 und 25 Jahren alt sind 42 %, älter als 25 Jahre immer noch 36 %. 267 Insgesam t sind die erfaßten Personen beinahe gleich auf beide G eschlechter verteilt. Bei den „diagnostizierten A utisten“ sind 48,6 % m ännlich, 51,4 % weiblich, bei den „verm ute ten A utisten“ ist es jeweils genau die H älfte. Schaiibild 2: A ltersverteilung „d iag n o stiz ie rte A u tiste n “ - N = 3 7 N Zahl der P ersonen gesam t □ m ännlich weiblich M 8-10 11-15 16-20 21-25 26-30 31-35 36-40 üb er 40 Jahre Schaubild 3: A ltersverteilung „v e rm u te te A u tiste n “ - N = 5 0 Tabelle 2: Altersverteilung (prozentual) „diagnostizierte A u tisten “ - N = 37 8 -1 0 1 1 -1 5 1 6 -2 0 2 1 -2 5 Jahre Jahre Jahre Jahre 13,5% 27 % 21,6% 18,9% 2 6 - 30 3 1 -3 5 36 - 40 über 40 Jahre Jahre Jahre Jahre 8,1% 0 % 5,4% 5,4% 268 Tabelle 3: Altersverteilung (prozentual) „vermutete A u tisten “ - N = 50 8 —10 Jahre 11 - 15 Jahre 16 - 20 Jahre 21 - 25 Jahre 6% 16% 24 % 18 % 26 - 30 Jahre 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre über 40 Jahre 20 % 10% 4% 2% Mehrfachbehinderung Geistige Behinderung als eigene Behinderungsform w urde nicht abgefragt, da sie bei den H eim bew ohnern als faktisch gegeben vorausgesetzt w erden kann. D avon abgesehen w urden bei den „diagnostizierten A utisten“ für 4 Personen ( = 10,8 %) zusätzliche B ehinderungen angegeben, davon 2mal K örperbehinderung, in einem Fall zu sammen mit einer Sehbehinderung, sowie 2mal Epilepsie. In der G ruppe der „verm uteten A utisten“ w urden für 31 Personen Z usatzbehinderugen ge nannt ( = 6 2 %), dabei für 3 Personen 3 B ehinderungsform en, für 5 Personen 2 und für 23 Personen 1 Behinderungsform . 13mal w urde K örperbehinderung angegeben ( = 26% ), lOmal Sehbehinderung ( = 20% ), 7mal H örbehinderung ( = 14% ), lOmal Epilepsie ( — 20 %), lm al M ongolism us und lm al G leichgew ichtsstörungen (jeweils 2 %). Tabelle 4: Mehrfachbehinderung - „diagnostizierte A u tisten“ N = 37 zwei zusätzliche B ehinderungen eine zusätzliche Behinderung keine zusätzliche Behinderung 2,7 % 8,1 % 89,2 % Tabelle 5: Mehrfachbehinderung - „vermutete A u tisten “ N = 50 drei zusätzliche B ehinderungen zwei zusätzliche B ehinderungen eine zusätzliche Behinderung keine zusätzliche Behinderung 6 10 46 38 % % % % Betreuung V on den 37 Personen, die als „diagnostizierte A utisten“ erfaßt w urden, sind 11 den g an zen T ag in ihrer W ohngruppe, d. h. gehen w eder zu r Schule noch zu r WfB ( = 29,7 %). V on diesen sind 4 Personen noch im Schulalter (unter 22 Jahren), dies sind 10,8 % der 37 Personen dieser G ruppe, bzw. 16,7 % der bis 21 Jahre alten. 7 Personen ( = 18,9 %) gehen ganztags zu r Schule, 3 Personen ( = 8,1 %) halbtags. 10 Personen erhalten bis zu 2 S tun den täglich E inzelbetreuung in der Sonderschule ( = 2 7 %). D en ganzen T ag in der W fB sind 4 Personen ( = 10,8 %), halbtags 2 ( = 5,4 %). Tabelle 6: Wo fin d e t eine Betreuung statt? - „diagnostizierte A u tisten “ N = 37 ganztags in der G ruppe (10,8 % im Schulalter) V ollzeitschule Teilzeitschule 29,7 % 18,9% 8,1 % 1-2 S td./tgl. Schule V ollzeit-W fB Teilzeit-W fB 27% 10,8% 5,4% V on den 50 Personen der G ruppe „vermutete A utisten“ sind 26 den ganzen T ag in ihrer W ohngruppe ( = 5 2 %), davon sind 9 Personen noch im Schulalter ( = 18 % d er G esam t 269 gruppe, 36 % der bis 21 Jahre alten). G anztags in die Schule gehen 3 Personen ( = 6 %), halbtags 7 Personen ( = 14 %). 6 Personen erhalten bis zu 2 Stunden täglich E inzelbetreu ung in der Sonderschule ( = 1 2 %). 8 Personen sind ganztags in der WfB ( = 16 %), halb tags niemand. Tabelle 7: W o fin d e t eine Betreuung statt? - „vermutete A u tisten “ N = 50 ganztags in der G ruppe (18 % im Schulalter) V ollzeit-Schule Teilzeit-Schule 52% 1-2 S td./tgl. Schule Vollzeit-W fB 6% 14% 12 % 16 % Lebenspraktische Selbständigkeit D ie lebenspraktische Selbständigkeit w urde abgefragt in Bezug auf N ahrungsaufnahm e, An- und A usziehen, Sauberkeit bzgl. Stuhl und U rin. In der G ruppe der „diagnostizierten A utisten“ sind in diesen Bereichen 16 Personen völlig selbständig ( = 43,2 %), ebensoviele sind in einem o der m ehreren Bereichen mit etwas H il fe selbständig. 5 Personen ( = 13,5 %) sind w eitgehend unselbständig. Tabelle 8: Lebenspraktische Selbständigkeit - „diagnostizierte A utisten“ N = 37 ganz unselbständig mit H ilfe selbständig ganz selbständig 13,5% 43,2 % 43,2 % Bei den „verm uteten A utisten“ sind 10 Personen ganz selbständig ( = 20 %), 28 Personen sind mit etwas H ilfe selbständig ( = 5 6 %). 12 Personen ( = 24 %) sind w eitgehend unselb ständig. Tabelle 9: Lebenspraktische Selbständigkeit - „vermutete A u tisten “ N — 50 ganz unselbständig 24 % mit H ilfe selbständig 56 % ganz selbständig 20 % Vorkommen von Autoaggressionen Keine A utoaggressionen w urden bei 9 Personen der „diagnostizierten A utisten“ genannt ( = 24,3 %). Bei den übrigen 28 Personen ( = 75,7 %) kom m t es zu A utoaggressionen, w o bei an den K opf schlagen, den K opf an G egenstände schlagen, in die H an d o d er den Arm beißen, sich kratzen am häufigsten genannt w urden. Relativ oft tritt das autoaggressive V erhalten nur bei E rregung, W ut und dergleichen auf. Tabelle 10: Vorkommen von Autoaggressionen - „diagnostizierte A u tisten “ N — 37 ohne A utoaggressionen mit A utoagressionen 24,3 % 75,7% Bei den „verm uteten A utisten“ zeigen 18 Personen ( = 36 %) keine A utoaggressionen, w ährend sie bei 32 Personen ( = 64 %) auftreten. Es w erden ähnliche Form en autoaggres siven V erhaltens beschrieben wie oben genannt. 270 Tabelle 11: Vorkommen von Autoaggressionen - „vermutete A utisten" N = 50 ohne A utoaggressionen mit A utoaggressionen 36% 64 % Besondere Probleme An besonderen Problem en, die die erfaßten Personen im G ruppenleben machen, w urde ei ne große V ielzahl genannt. A ggressionen gegen andere, V eränderungsängste, zw anghafte Verhaltensw eisen, Stereotypien, Problem e mit dem Essen, Kotschm ieren und -essen, A b sonderungstendenzen, übergroße Passivität, starkes Zuw endungsbedürfnis, provokative Verhaltensw eisen, Schreien, M otivationsm angel usw. w erden angegeben. Bei den „diagnostizierten A utisten“ sind es 28 Personen ( = 75,7 %), die besondere P roble me machen, w ährend es bei den „verm uteten A utisten“ 37 Personen sind ( = 74 %). Tabelle 12: Besondere Probleme durch die Personen m it autistischem Verhalten - „diagnosti zierte A utisten“ N = 37 keine besonderen Problem e besondere Problem e 24,3 % 75,7% Tabelle 13: Besondere Probleme durch die Personen m it autistischem Verhalten - „vermutete A u tisten “ N = 50 keine besonderen Problem e besondere Problem e 26 % 74 % Besonderheiten Zu der Frage nach Besonderheiten bezüglich der erfaßten Personen w urden häufig V er haltensweisen genannt, die auch in der Frage nach besonderen Problem en erfaßt w urden. Es w urden aber auch oft andere Auffälligkeiten der Personen geschildert, die nicht negativ bew ertet w erden müssen, so z. B. vorhandene Leistungsinseln, V orlieben oder A bneigun gen. Entwicklung sprachlicher Äußerungen 21 Personen der „diagnostizierten A utisten“ ( = 56,8 %) haben keinerlei sprachliche Ä uße rungen entwickelt, bei den „verm uteten A utisten“ sind es 28 Personen ( = 5 6 %). 16 „diag nostizierte A utisten“ und 22 „verm utete A utisten“ äußern Sprache in irgendw elcher Form ( = 43,2 % bzw. 44 %). D ie sprachlichen Ä ußerungen reichen von reiner Echolalie, von ei nem W ortschatz von „M am a“ und „ada“ und bloßen E inw ortsätzen über Z w eiw ortsätze und stereotype Satzform eln bis hin - bei einigen w enigen Personen - zu relativ komplexen Sprachform en. Tabelle 14: E ntw icklung sprachlicher Äußerungen - „diagnostizierte A u tisten “ N = 37 keine Sprache Sprache vorhanden 56,8 % 43,2 % Tabelle 15: Entwicklung sprachlicher Äußerungen - „vermutete A u tisten “ N = 50 keine Sprache Sprache vorhanden 56 % 44 % 271 Selbstbeschäftigung A uf die Frage, wie sich die erfaßten Personen selbst beschäftigen, w urden meist wenige, stereotype T ätigkeiten genannt, wobei eine große Vielfalt solcher T ätigkeiten beschrieben wird. Im allgem einen beziehen sich diese T ätigkeiten lediglich auf die Person selbst o der auf w enige, gleichbleibende G egenstände, sehr selten nur auf andere Personen. K om m t dies doch vor, w erden die anderen wie G egenstände behandelt. H äufig haben die T ätig keiten deutlich selbststimulierenden C harakter. Beschäftigung durch Erzieher In den A ntw orten auf die Frage, wie die erfaßten Personen durch E rzieher beschäftigt w erden können, w urden die unterschiedlichsten T ätigkeiten genannt. D eutlich w ird, daß bei vielen Personen die möglichen A rten der Beschäftigung stark eingeschränkt sind o der sich auf ein sehr niedriges Entwicklungsniveau beschränken. H ausw irtschaftliche T ätig k ei ten und H ilfeleistungen w urden häufig genannt. N ich t deutlich w erden konnte aus den A ntw orten, wie groß das M aß an direkter A nleitung, Hilfe und individueller Z uw endung sein m uß, um die genannten Beschäftigungen durchführen zu können. Ebenso w enig er gab sich, wie häufig und wie intensiv die genannten Beschäftigungen angeboten w erden können. Verteilung a u f die Wohngruppen D ie in der U m frage erfaßten Personen sind recht unterschiedlich auf die G ruppen des St. Josefshauses verteilt. In 23 G ruppen ( = 38,3 % der erfaßten 60 G ruppen) ist kein A utist angegeben. In 12 G ruppen ( = 20 %) ist ein Autist, in 10 G ruppen ( = 16,7 %) sind 2 A uti sten, in 8 G ruppen ( = 13,3 %) sind 3 A utisten, in 5 G ruppen ( = 8,3 %) sind 4 Autisten. Jeweils eine G ruppe ( = je 1,7 %) hat 5 bzw. 6 A utisten angegeben. Tabelle 16: Verteilung der Autisten a u f die Wohngruppen ( N = 60 Gruppen) „diagnostizierte A u tisten “ + „vermutete A utisten“ 6 Autisten 5 A utisten 4 A utisten 3 Autisten 1,7 % 1,7% 8,3 % 13,3 % 2 Autisten ein Autist kein Autist 16,7 % 20 % 38,3 % Folgerungen W ichtiges Ergebnis der U m frage ist die Erkenntnis, wie groß tatsächlich die G ruppe der Personen mit autistischen V erhaltensw eisen in einem H eim für geistig Behinderte ist. Es sind imm erhin 13,3 % der H eim bew ohner, die in der U m frage erfaßt w urden. R und zwei D rittel aller W ohngruppen haben eine solche Person zu „verkraften“, ein D rittel der W ohngruppen sogar 3 bis 6 von ihnen. Beachtet man, daß rund drei Viertel dieser H eim bew ohner spürbare Problem e im G ruppenleben bereiten, w ird das A usm aß dieses P ro blemkomplexes deutlich. A uf der anderen Seite geht aus der U m frage hervor, daß die bestehenden F örder- und Be treuungsangebote an dieser Personengruppe w eitgehend Vorbeigehen. N u r 25,3 % können ganztags in Schule oder WfB gefördert und betreut w erden, 42,5 % sind den ganzen T ag auf ihrer W ohngruppe; 15 % erhalten keinerlei schulische Förderung, obw ohl sie noch im schulberechtigten Alter sind, 18 % erhalten lediglich 1-2 Stunden E inzelbetreuung täglich. 272 Es spricht nichts dafür, daß diese Zahlen nur für das St. Josefshaus gelten sollten. In an d e ren H eim en für geistig Behinderte dürften die V erhältnisse w eitgehend ähnlich sein. D er G rund ist wohl darin zu sehen, daß die H eil- und S onderpädagogik bisher hilflos vor die ser Problem gruppe stand und keine K onzepte für eine mögliche Förderung anzubieten hatte. D azu kom m t, daß die A rt der Störung w enn überhaupt - 57 % der erfaßten P erso nen w urde noch nie entsprechend diagnostiziert - dann erst sehr spät erkannt w urde und dam it die C hancen einer erfolgreichen Förderung schon minimal waren. M it dem Ausbau von F rüherkennung und Frühförderung und spätestens mit der Entw ick lung des w ahrnehm ungspsychologischer Erklärungsm odells für autistisches V erhalten (Delacato, Affolter, Prekop, u. a.) können ( iese Entschuldigungen nicht m ehr gelten. D aher muß aus der Bestandsaufnahm e dieser U m frage die Forderung abgeleitet w erden, diffe renzierte Angebote zu schaffen, die den Bedürfnissen von Personen mit autistischen V er haltensweisen entgegenkom m en, auch in Heim en für geistig Behinderte. H ier ist nicht der Platz, und die bisherigen E rfahrungen reichen dazu noch lange nicht aus, um ein ausgefeiltes, umfassendes Förderungs- und Betreuungskonzept für diese P er sonengruppe vorzulegen. Einige G esichtspunkte, die ein solches K onzept sicher aufweisen m uß, sollen jedoch zusam m engestellt werden. Für den W ohnbereich: kleinere G ruppengrößen (4 bis 6 Personen) stark strukturiertes R eizangebot lückenlose Führung kontinuierliche psychologisch/pädagogische Beratung. Für die schulische Förderung: intensive Einzelbetreuung Beziehungsaufbau w ahrnehm ungspsychologischer Ansatz evtl. integriert in tagesstättenartige K leingruppen mit Lehrer-Schüler-V erhältnis von m axi mal 1:1,5. Für die WfB: besondere K leingruppen mit intensiver Betreuung qualifizierte M itarbeiter, kontinuierliche Beratung m ehr förderungsorientiertes A rbeitskonzept. Schon diese A ndeutungen genügen, um zu zeigen, daß es erheblicher U m strukturierungen in W ohnbereich, Schule und W erkstatt bedarf, will ein H eim für geistig Behinderte seine Bewohner mit autistischem V erhalten angemessen fördern und betreuen. Es scheint daran auf D auer kein W eg vorbeizuführen, betrachtet man den hohen Anteil dieser Personen am G esam t der H eim bew ohner. Die Alternative besteht in einer fortgesetzten V ernachlässi gung eines großen Teils dieser G ruppe, mit der Folge, daß viele von ihnen infolge au to aggressiven oder aggressiven V erhaltens für das H eim u n tragbar w erden. An dieser E in schätzung kann auch die T atsache nichts ändern, daß solchen personal- und finanzintensi ven M aßnahm en derzeit der sozialpolitische W ind voll ins G esicht bläst. Ansätze im St. Josefshaus H erten Gleichwohl darf dies nicht dazu führen, daß resignierend das Problem der Personen mit autistischem V erhalten im H eim für geistig Behinderte zu den A kten gelegt wird. Erste Ansätze, das M ögliche innerhalb des vorgegebenen Rahm ens zu tun, seien hier aufge führt: 273 In Einzelfällen ist es möglich, die Lebensbedingungen für einen solchen H eim bew ohner zu erleichtern und dam it die Problem e mit ihm zu verringern. M aßnahm en dazu können sein: Einrichtung eines Einzelraum es als R ückzugsm öglichkeit vor Reizüberflutung, auch als Beruhigungsm öglichkeit bei U bererregung. V erkleinerung der G ruppe, soweit möglich, oder V erbesserung der G ruppenbesetzung. Intensivierte Beratung und Anleitung der Bezugspersonen zu r Verbesserung des V erstän d nisses und des U m gangs mit dem Bewohner. D arüber hinaus läßt sich durch Fortbildungsangebote eine gewisse Breitenw irkung erzeu gen, w obei gezielt die M itarbeitergruppen angesprochen w erden, die direkt mit den H eim bew ohnern mit autistischem V erhalten zu tun haben. Im St. Josefshaus w urden folgende Kurse bisher durchgeführt bzw. sind für die nahe Z ukunft geplant: H ilfen zu r E inzelförderung von schwer behinderten K indern; für Erzieherinnen, die in der Sonderschule Einzelbetreuung m achen, unter anderem auch mit autistischen K indern. Ein breit angelegter Kurs über das Problem feld A utism us/autistisches V erhalten, mit Schw erpunkt auf dem w ahrnehm ungspsychologischen A nsatz; für alle interessierten M it arbeiter. In allen Einführungskursen für neue M itarbeiter o d er Einarbeitungskursen für P rak tik an ten, ZD Ls, E rziehungshelfer kann das Problem feld A utism us/autistisches V erhalten g e zielt angesprochen werden. Im U nterricht in der Schule für H eilerziehungspflege läßt sich dieses G ebiet in m ehreren Fächern ausführlich behandeln. N icht zuletzt ist die Chance zu nennen, durch intensive und langfristige E inzelbehandlung bei einzelnen K indern und Jugendlichen kleine Entw icklungsschritte aufzubauen o d er z u mindest ihr V erhalten so zu stabilisieren, daß sie w eiter getragen w erden können. Diese Behandlungen w erden in der Regel von H eilpädagogen durchgeführt. Sie sind meist auf Beziehungsaufbau und W ahrnehm ungsförderung ausgerichtet. G egenüber einem umfassenden K onzept, das echte U m strukturierungen im H eim zuw ege bringt, müssen alle diese M aßnahm en jedoch Stückw erk und auf Einzelfälle bzw. auf all gem eine Inform ation beschränkt bleiben und können dem Ausmaß des Problem feldes in keiner W eise gerecht w erden. In einem H eim für geistig Behinderte wie dem St. Josefshaus H erten ist auch jeder psychologisch/heilpädagogische Fachdienst, wie er hier mit 5 Diplom -Psychologen und 4 H eilpädagogen besteht, w eit überfordert, soll er neben allen son stigen A ufgaben das Problem der Personen mit autistischem V erhalten in den G riff be kommen. Literatur D e la c a to , C a rl H .: D e r u n h eim lich e F re m d lin g - d as au tistisch e K in d , E in n e u e r W e g z u r B e h a n d lu n g ; F re ib u rg 1975 A ffo lter, F.: W a h rn e h m u n g sg e stö rte K in d e r: A sp ek te d e r E rfassu n g u n d T h e ra p ie ; Z e itsc h rift „ P ä d ia trie u n d P ä d o lo g ie “ 12, 2 0 5 -2 1 3 (1977) P re k o p , Irin a : F ö rd e ru n g d e r W a h rn e h m u n g bei en tw ic k lu n g sg e stö rte n K in d e rn ; Z e its c h rift „L eb en s h ilfe“ 2 /8 0 u n d „G eistig e B e h in d e ru n g “ 3 /8 0 u n d 4 /8 0 T in b e rg e n , E. A ., T in b e rg e n , N .: E arly C h ild h o o d A utism - A n E th o lo g ical A p p ro a c h ; F o rts c h ritte d e r V e rh a lte n sfo rsc h u n g , B eihefte z u r Z e itsc h rift f ü r T ie rp sy c h o lo g ie , H e f t 10; B e rlin /H a m b u rg 1972