14.07.31 Mietminderung

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14.07.31 Mietminderung
ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 31.07.2014
THEMA:
MIETMINDERUNG
Autor:
Heinz Pohl
EXPERTE IM STUDIO:
WOLFGANG BÜSER
Funktion:
MoMa-Rechtsexperte
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Der Deutsche Mieterbund schätzt, dass Millionen Mietwohnungen in der Bundesrepublik
mehr oder weniger schwerwiegende Mängel haben. Zwischenzeitlich dreht sich jede
fünfte Rechtsberatung der örtlichen Mietervereine um Wohnungsmängel und Mietminderung. Gleichzeitig unternehmen aber viele Mieter nichts, zahlen trotz Schäden, Mängeln
und Beeinträchtigungen weiter voll, weil sie ihre Rechte nicht kennen - und verschenken
so mehr als 100 Millionen Euro im Jahr.
Mängel
Ein Mangel liegt vor, wenn der Mieter die Wohnung nicht nutzen kann, wie er will und wie er es
nach dem Vertrag erwarten darf. Danach müssen sich alle Räume der Wohnung, Treppen,
Flure, Speicher, Keller und Zugänge in einem vertragsgemäßen Zustand befinden. Technische
Anlagen, wie zum Beispiel Heizung, Fahrstuhl oder Durchlauferhitzer, müssen funktionieren.
Auch Lärmbeeinträchtigungen aus dem eigenen oder benachbarten Häusern können Mängel
sein. Nach dem Gesetz spielt es keine Rolle, ob den Vermieter ein Verschulden an den Fehlern
der Mietsache trifft oder nicht. Wichtig ist allein, dass ein Mangel vorliegt. Ausnahme: Der Mieter hat den Mangel selbst verschuldet. Dann ist die Mietminderung ausgeschlossen.
Die fünf häufigsten Wohnungsmängel
- Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilz in der Wohnung.
- Lärm infolge von Baumaßnahmen im Haus, in der näheren Umgebung beziehungsweise
Nachbarschaftslärm.
- Wohnung kleiner als im Mietvertrag angegeben.
- Ausfall oder Defekt technischer Geräte, wie Aufzug, Heizung, Warmwasserboiler o.ä.
- Schäden am Haus oder in der Wohnung, z.B. morsche Fenster, undichtes Dach etc.
Information
Treten während der Mietzeit Mängel in der Wohnung oder am Haus auf, muss der Vermieter
sofort benachrichtigt werden, am besten schriftlich. Er muss sich um die Beseitigung des Mangels kümmern, zum Beispiel die notwendigen Reparaturen veranlassen.
1 bis 100 Prozent
Solange ein Mangel oder Schaden vorliegt und der Vermieter ihn nicht beseitigt hat, kann der
Mieter die Miete kürzen. Je nach Umfang der Beeinträchtigung kann er zwischen 1 und 100
Prozent (das bei vollständiger Unbewohnbarkeit der Wohnung) von der Miete abziehen. Das
Recht zur Mietminderung besteht nicht, wenn es sich bei dem Mangel um eine völlig unerhebliche Beeinträchtigung handelt, z.B. einen Haarriss an der Wand oder eine defekte Glühbirne.
Richtig mindern
Grundlage der Mietminderung ist die Bruttomiete, das heißt die Miete inklusive Vorauszahlungen für kalte und warme Betriebskosten. Die Mietminderung muss nicht beantragt werden. Der
Mieter kann nach dem Gesetz bei Mängeln weniger Miete zahlen. Treten im Laufe des Monats
Januar Mängel auf, ist die Januarmiete aber bereits am Monatsanfang gezahlt worden, kann
der Mieter im Februar entsprechend weniger zahlen. Die Miete darf aber nur für den Zeitraum
gekürzt werden, in dem der Mangel tatsächlich vorlag. Beispiel: Kann die Miete wegen Baulärm
und Schmutz um 30 Prozent gemindert werden, war die Baustelle aber nur vom 1. bis 15. des
Monats eingerichtet, kann auch nur für den halben Monat die Miete gekürzt werden, also insgesamt 15 Prozent.
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Beweispflicht
Der Mieter muss beweisen, dass Wohnungsmängel vorliegen und er die Mängel angezeigt hat.
Sache des Vermieters ist es, nachzuweisen, dass der Mieter den Mangel zu vertreten hat, dass
der Mangel nur eine unerhebliche Beeinträchtigung der Mietsache ist oder dass der Mieter den
Mangel von Anfang an kannte.
Weitere Mieterrechte
Reagiert der Vermieter nicht oder weigert er sich, die Mängel zu beseitigen, kann der Mieter
neben der Mietminderung zusätzlich einen Teil der Miete zurückbehalten. Er kann den Vermieter auch auf Mängelbeseitigung verklagen oder, wenn sich dieser trotz Mahnung nicht rührt,
den Mangel selbst beseitigen lassen. Kommt es auf Grund der Mängel zu Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters, kann er unter Umständen Schadensersatz fordern. Bei
schwersten Mängeln, wenn die Wohnung praktisch unbewohnbar ist oder Gesundheitsgefahren
drohen, kann der Mieter fristlos kündigen.
Weitere Informationen:
Der Deutsche Mieterbund hat in der Broschüre „Wohnungsmängel und Mietminderung“ die
wichtigsten Rechte und Pflichten bei Mängeln rund um die Wohnung aufgelistet und nennt anhand von mehr als 500 Gerichtsurteilen Beispiele, wann und in welchem Umfang die Miete gemindert werden darf. Die Broschüre kann für 6,00 Euro unter www.mieterbund.de bestellt werden.
Urteile zum Thema:
Holztrennwand - Ein Mieter in Berlin staunte nicht schlecht, als er bemerkte, dass die Außenwand zwischen seiner und der Nachbarwohnung nicht „durchgehend gemauert“, sondern nur durch eine Wand aus
einer dünnen Span-/Holzplatte getrennt war. Als er das bei seinem Vermieter zur Sprache brachte, argumentierte der, dass es sich schließlich um ein um das Jahr 1900 herum gebautes Haus handele, in dem
1950 nachträglich anstelle der Mauer die Trennwand eingebaut worden sei. Der Mieter habe das bei Vertragsschluss nicht bemängelt. Das Landgericht Berlin sah das anders. Die Wand wurde vor Vertragsschluss eingesetzt und möge da vielleicht noch den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen haben.
Maßgebend sei jedoch der Zeitpunkt des Einzugs der jetzigen Mieter – „geschuldet“ seien die aktuellen
Regelungen. Die Miete dürfe gemindert werden – bis die Wand aktuellen Standard habe.
(AZ: 67 S 490/11)
Kleine Fenster - In einem anderen Fall vor dem Berliner Landgericht missglückte eine Modernisierungsmaßnahme, deren Ziel es eigentlich war, den Wohnwert zu erhöhen und die Miete zu steigern. Hier aber
verschlechterte sich die Wohnung. Was war passiert? Das Gericht hatte in einem Fall zu entscheiden, in
dem ein Vermieter die alten Holzdoppelkastenfenster gegen moderne Isolierglasfenster austauschen ließ.
Dadurch verringerte sich die Glasfläche pro Fenster allerdings um jeweils fast 30 Prozent. Der Mieter
minderte – und bekam Recht. Begründung: Durch eine Modernisierung verändere sich der vertragsgemäße Zustand einer Mietsache. Regelmäßig ergebe sich daraus eine höhere Miete. Verschlechtere sich
aber der Zustand, so könne eine Minderung gerechtfertigt sein. Das gelte insbesondere dann, wenn das wie hier - vermeidbar gewesen wäre. Der Vermieter musste eine Minderung in Höhe von drei Prozent pro
Fenster hinnehmen, was (bei 8 Fenstern) einen Minderungssatz von insgesamt 24 Prozent brachte. (AZ:
67 S 502/11)
Rasenpflege - Aller guten Dinge sind drei – also nochmal das Landgericht in der Bundeshauptstadt, das
sich in folgendem Fall auf gärtnerisches Terrain begeben musste: Die Richter teilten mit, dass es in der
Natur der Sache liege, dass ein Rasen in den späten Herbst- und Wintermonaten selten satt grün aussehe sowie wegen Nässe und Frost nicht mehr den schönsten Anblick biete. Mit diesen Gründen wiesen sie
Mieter ab, die wegen des unschönen Anblicks des Rasens die Miete gemindert hatten. Eine Kürzung wäre
nur gerechtfertigt gewesen, wenn eine „erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung“ vorgelegen hätte. In dem
betreffenden Zeitraum würden Gärten allgemein - sowohl witterungs- als auch temperaturbedingt - „ohnehin nicht zum längeren Aufenthalt genutzt“. (AZ: 65 S 422/10)
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Uringeruch - Auch wer in einer Kneipengegend wohnt, müsse es nicht hinnehmen, wenn es im Hausflur
häufig „beißend“ nach Urin rieche. Das hat das Amtsgericht Berlin-Mitte klar gestellt und Mietern, die derartigen Geruchsbelästigungen regelmäßig ausgesetzt seien, das Recht auf Mietminderung zuerkannt; sie
hätten einen Anspruch auf einen „sauberen“ Hauseingang. Zu „umkurvende“ Urinpfützen stellten einen
Mietmangel dar, weil der „Gebrauch der Mietsache durch eine solche Verschmutzung“ beeinträchtigt werde. Die von den Mietern um sieben Prozent gekürzte Miete wurde vom Gericht bestätigt. Das Urinieren im
Hauseingang gehöre auch in einem Kneipenviertel einer Großstadt nicht zum normalen Erscheinungsbild.
(AZ: 7 C 90/12)
Efeu - Haben es sich Vögel im Efeu eines Mietshaus gemütlich gemacht, so ist das für Mieter kein Grund,
die Miete wegen der damit (auch) verbundenen Unannehmlichkeiten zu mindern. Dies insbesondere dann
nicht, wenn der Bewuchs bereits beim Einzug der Mieter vorhanden war. Das Amtsgericht Berlin-Köpenick
stellte fest, dass Vögel zur Natur gehören wie Ameisen und Spinnen; ihr Gezwitscher und die Hinterlassenschaften müssten hingenommen werden. (AZ: 12 C 384/12)
Spülkasten, Fliesen & Klo - Das Amtsgericht Köln hat entschieden, dass ein fehlender Spülkasten, kaputte Fliesen und eine ungünstig platzierte Toilette Wohnungsmängel seien, die zur Mietminderung berechtigen. Denn durch die Defizite könne das Badezimmer nur eingeschränkt genutzt werden. Das Gericht legte die Höhe der Minderung auf 14 Prozent fest. In dem Fall wurden in der Wohnung neue Rohre
verlegt, wobei die Toilette in diesem Zusammenhang direkt vor das Handwaschbecken versetzt, der Spülkasten abmontiert und Fliesen an der Wand beschädigt wurden. Die Minderung sei angemessen. Bei den
Arbeiten handele es sich außerdem um reine Instandsetzungsarbeiten. So falle auch eine Kostenbeteiligung der Mieterin aus (die Vermieterin hatte - als sie von den vorgenommenen Mietminderungen erfahren
hatte - versucht, die Arbeiten als Modernisierungsmaßnahme zu deklarieren.) (AZ: 211 C 19/10)