Studies on Urum

Transcrição

Studies on Urum
MA Lingustics, Bielefeld University
Stavros Skopeteas (ed.)
Studies on Urum
volume 1
MA-course Proceedings
2011
Bielefeld University
Preface
The articles in this volume report the results of empirical studies on Urum, a
Turkic language spoken on the Caucasus and very close to Anatolian
Turkish. These studies were carried out within an MA-seminar on
Comparative Grammar, held at the University of Bielefeld, summer term
2011. The empirical basis was the data collected by the Urum
documentation project (see http://urum.lili.uni-bielefeld.de).
All studies present genuine insights on a language that is substantially
understudied. Bittricher, Franke, Mende, and Schulz report their findings on
the use of number inflection with quantifiers, which reveal very interesting
aspects of variation depending on the quantifier at issue. Böhm and Hilger
examine the conditions of the realization of the accusative suffix on objects
and create a set of diagnostics for the interpretation of observational data.
Finally, Keuch and Yakimovich examine the realization of the vowel [e] in
words of Russian and Turkish origin and find a phonetic difference
determined by the lexical environment.
This course was inspired by the current discussion on the establishment of a
teaching-research nexus in Higher Education. Beyond the genuine scientific
contribution of these studies, the major aim was to implement an
educational practice that brings methods of scientific inquiry into the class.
Stavros Skopeteas
Contents
Bittricher, Meike, Jobst Franke, Eva Mende and Martina Schulz
1
Der Einfluss von Numeralia auf den Numerus der
kaukasischen Sprache Urum
Böhm, Stefanie and Marianne Hilger
5
Die Realisierung und Verwendung des Akkusativs im Urum
Keuch, Sarah and Tatyana Yakimovich
Phonetic alternations of [e] in words of Russian and
Turkish origins in Caucasian Urum
11
UNIVERSITY OF BIELEFELD · M.A. LINGUISTICS · SS 2011 · COURSE: COMPARATIVE GRAMMAR
Der Einfluss von Numeralia auf den Numerus der kaukasischen Sprache Urum
Meike Bittricher, Jobst Franke, Eva Mende, Martina Schulz
University of Bielefeld, Bielefeld, Germany
[email protected], [email protected],
[email protected], [email protected]
Abstract
Numerals have a direct impact on the usage of the plural form
of the accompanying noun. The following article addresses
this issue for the language Urum. First, general aspects of plural formation in Urum are introduced and its numerals are defined and categorized. Then, the influence of numerals on the
number of nouns is exemplarily described for some selected
languages. In the following empirical part, the hypothesis that
in the context of numerals Urum nouns tend to be used in singular, is tested by presenting and analyzing selected examples
from the corpus.
Index terms: numerals, numerus, cardinal, plural, singular
1. Einleitung
Das Paper beginnt mit einer Vorstellung der Sprache Urum
und deren Pluralmarkierung. Anschließend werden eine allgemeine Erläuterung von Numeralia und ihr Einfluss auf die
Verwendung des Numerus in ausgewählten Beispielsprachen
gegeben.
Die Minderheitensprache Urum wird von einer griechischen
Population im Bereich des kleinen Kaukasus gesprochen, die
ursprünglich in der östlichen Türkei (Kars) lebte. Die kaukasische Region zeichnet sich besonders durch eine starke
sprachliche Vielfalt aus. Es handelt sich dabei um eine bedrohte Sprache, denn im Jahr 2006 wurden nur noch 1500 Sprecher
verzeichnet. In den letzten Jahren haben viele Muttersprachler
die traditionellen Dörfer verlassen und sind vor allem nach
Griechenland emigriert. Urum wurde vor allem durch die türkische, die russische und die georgische Sprache beeinflusst.
Gleichzeitig konnten die angestammten Sprachen aber in einer
annähernd ursprünglichen Form weiterhin bestehen, da die
Sprecher aufgrund der erschwerten geografischen Situation in
den verschiedenen Gemeinschaften isoliert blieben.
In diesem Artikel wird die Markierung des Numerus an den
Nomina untersucht, wobei besonders der Sonderfall im Zusammenhang mit Numeralia betrachtet werden soll. Ebenso
wie im Türkischen wird der Plural im Urum mit Hilfe des
Suffixes –lAr am Nomen markiert. Entsprechend der kleinen
Vokalharmonie des Türkischen passt sich das Pluralsuffix
harmonisch an den Vokal des Stammes an. Demnach ergibt
sich für einen vorderen Vokal im Stamm die Silbe –ler und für
einen hinteren Vokal die Silbe –lar [1]. Es gibt kein Singularsuffix. Um ein einzelnes Objekt zu beschreiben, wird der
unveränderte Stamm des Wortes verwendet. Um die Verständlichkeit zu erleichtern, wird im Folgenden, wenn von der unmarkierten Form des Numerus die Rede ist, der Terminus
„Singular“ gebraucht.
Wort
dog
horse
road
Tabelle 1. Pluralbildung in Urum.
Singular
Plural
it
it-ler
at
at-lar
yol
yol-lar
2. Numeralia und Numerus
Numeralia dienen der Umschreibung von Zahlen und Relationen bezüglich Anzahl, Abfolge, Häufigkeit und Teilbarkeit.
In [2] findet man folgende Unterscheidung der Arten von
Numeralia:
(1) Kardinalia (Grundzahlwörter):
drei Meter, vier Mädchen
(2) Ordinalia (Ordnungszahlwörter):
der fünfte Läufer
(3) Multiplikativa
a. Wiederholungszahlwörter: fünfmal
b. Vervielfältigungszahlwörter: zweifach
(4) Distributiva (Verteilungszahlwörter): Deutsch kennt
diese Wortform nicht, stattdessen Umschreibung mit
„je“ Æ je drei Bücher
(5) Partitiva (Bruchzahlen): ein Drittel, ein Sechstel
Bezüglich der Klassifizierung von Numeralia ist sich die linguistische Wissenschaft nicht einig. So werten manche Linguisten die Numeralia als eigene Wortart. Viele rechnen sie aber,
je nach Verwendung, den Pronomen, Adjektiven oder Nomen
zu. So besitzen Ordinalia laut [3] eine große Übereinstimmung
mit superlativisch markierten Adjektiven („the third Japanese
runner in this race“ vs. „the youngest runner in this race“).
Unbestimmte Numeralia (Quantifier) gehören zu den Determinierern (auch Determinative oder Artikelwörter). Für
dieses Projekt sind insbesondere die Indefinitpronomina interessant, welche auf etwas hinweisen, das hinsichtlich seiner
Zahl unbestimmt ist. Hierzu gehören zum Beispiel die Wörter
einige, viel(e) oder alle. Laut [3], teilen besonders Ordinalia
und Quantifier bestimmte Eigenschaften und gehören somit
zur gleichen Klasse.
Neben den Indefinitpronomina liegt der Fokus dieser Studie
auf den Kardinalia, wobei die Kardinalzahl eins ausgelassen
wird, da sie keinen Plural beschreibt.
In den folgenden Abschnitten werden die Numeralia von fünf
ausgewählten Sprachen (Deutsch, Englisch, Russisch, Türkisch, Georgisch) und deren Besonderheiten vorgestellt. Sie
dienen als Hilfe, um die Einflüsse der Numeralia auf den Numerus in Urum zu erläutern. In verschiedenen Sprachen ist die
Pluralisierung des Nomens im Kontext von Numeralia, die auf
2
Meike Bittricher, Jobst Franke, Eva Mende, and Martina Schulz
eine Menge referieren, obligatorisch. Im Deutschen und Englischen ist dieser Fall zu beobachten, wie die Beispiele (6) und
(7) zeigen.
Beispiel:
(6) Deutsch: Apfel – drei Äpfel
(7) Englisch: baby – two babies
Für Urum sind die Sprachen Russisch, Türkisch und Georgisch relevant, da sie einen erheblichen Einfluss auf die untersuchte Sprache aufweisen. Die wesentlichen und interessanten
Unterschiede werden im Folgenden vorgestellt.
Bis auf wenige Ausnahmen, gibt es für die meisten russischen
Wörter eine Singular- und eine Pluralform. Die Grundzahlen
werden im Russischen dekliniert. Diese Deklination ist aber
nicht einheitlich. Die Zahl один (eins) hat drei Formen:
männlich, weiblich, sächlich. Die Zahlen zwei bis vier bilden
wiederum eine eigene Deklinationsgruppe und unterscheiden
nur zwischen zwei Formen: männlich/sächlich und weiblich.
Zusätzlich muss beachtet werden, dass nach der Zahl eins das
Substantiv im Nominativ Singular folgt. Nach den Zahlen
zwei bis vier steht das folgende Substantiv im Genitiv Singular
und nach allen Zahlen ab fünf der Genitiv Plural. Die Zahlen
sechs bis 20 sowie 30 werden wie die Zahl fünf dekliniert.
Wie 50 werden die Zahlwörter 60, 70 und 80 dekliniert [4].
Diese Beispiele dienen der Übersicht und dürfen nicht als vollständig angesehen werden.
Beispiele aus [5]:
(8) ein Haus
один дом
(9) sieben Häuser
семь домов
(10) einundzwanzig Häuser
двадцать один дом
(11) zweiunddreißig Häuser
тридцать два дoма
ein Buch
одиá книга
drei Bücher
три книги
einundzwanzig Bücher
двадцать однa книгa
vierundvierzig Bücher
сорок четыре книги
Bei zusammengesetzten Zahlen entscheidet das letzte Wort
über das Nomen. Vgl. Beispiel (8) und (10) mit Beispiel (11).
Im Deutschen ist es vergleichbar mit „1001 Nacht“ und nicht
„1001 Nächte“ [6]. Daher heißt es bei (10) wörtlich „zwanzig
und ein Haus“, während es bei (11) „dreißig und zwei Häuser“
heißt.
Tabelle 3. Beispiel des Türkischen. [6]
Türkisch
Deutsch
ev
Haus/das Haus/Häuser
bir ev
ein Haus
evler
die Häuser
üç ev
drei Häuser (drei Haus)
çok sayıda ev
viele Häuser (viele Haus)
bazı evler
einige Häuser
tüm evler
alle Häuser
Nach unbestimmten Zahlwörtern wird im Türkischen bei viel/e
der Singular verwendet. Dagegen wird bei einige/alle der
Plural verwendet.
Es gibt auch Ausnahmen wie die beiden folgenden Beispiele
(14) und (15) zeigen, wenn es sich auf allgemeingültige Festlegungen bezieht:
(14) Ali Baba ve kırk haramiler = Ali Baba und die
vierzig Räuber
(15) üç silahşorlar = Die drei Musketiere [7]
Im Georgischen sind die Zahlen von 20 bis 99 nach dem Vigesimalsystem aufgebaut. Die Zahlen lauten beispielsweise
„zwanzig-und-zehn“ (30), „zwanzig-und-elf“ (31), „zweimalzwanzig-und-fünfzehn“ (55), „dreimal-zwanzig (60), etc. Für
den Numerus gilt aber eine ähnliche Regel wie für das Türkische.
Nach Zahlwörtern (auch unbestimmten, z.B. viele, zahlreiche,
einige, etc.) folgt das Nomen im Singular (z.B.: „Vier Haus“).
Handelt es sich um ein Subjekt, steht das Prädikat auch im
Singular (z.B.: „Es kam viel Gast“). Auch bei Lebensmitteln
folgt das Wort im Singular, wenn mehrere Teile gemeint sind.
Wenn es sich um ein unbelebtes Subjekt handelt, benutzt man
das Prädikat im Singular (vgl. [8]).
(16) Wo sind die Bücher? (wörtl.: Wo ist die Bücher?)
სად არის წიგნები? (sad aris ts'ignebi?)
(17) Wo sind die Nachbarn?
სად არიან მეზობლები? (sad arian mezoblebi?)
Das folgende Nomen steht aber im Singular, wenn zuvor ein
Zahlwort steht (vgl. [8]).
Beispiele:
Nach unbestimmten Zahlwörtern (viele, einige) im Nominativ
oder Akkusativ, steht das Substantiv im Genitiv Plural [4].
(18) 1 Student
ერთი სტუდენტი (erti st'udent'i)
Beispiele:
(19) 11 Studenten (wörtl.: 11 Student)
თერთმეტი სტუდენტი (tertmet'i st'udent'i)
(12) Einige Monate
несколько месяцев
(13) Wenige Zuschauer
мало зрителей
(wörtl.: wenig Zuschauer)
Ein Monat
один месяц
Ein Zuschauer
один зритель
Im Türkischen gibt es Zählnomina und Pronomina, die mit
dem Deutschen Gemeinsamkeiten aufweisen. Das türkische
Nomen hat kein grammatikalisches Geschlecht und keinen bestimmten Artikel. In der Grundform fungiert das Wort als Nominativ, Singular bzw. Plural. Der unbestimmte Artikel wird
durch bir (eins) ausgedrückt. Der Plural wird durch das Suffix
–ler bzw. –lar (unter Beachtung der Vokalharmonie) ausgedrückt und wird bei der Mehrzahl verwendet. Bei einer
Nomen-Zahlwort-Kombination wird hingegen auf das Pluralmorphem verzichtet (siehe Tabelle 3) [6].
2
(20) 23 Studenten (wörtl.: 23 Student)
ოცდასამი სტუდენტი (otsdasami st'udent'i)
3. Empirischer Teil
Im nachstehenden Teil wird die Bildung des Numerus im Zusammenhang mit Numeralia in Urum genau untersucht. Zunächst erfolgt die Vorstellung der Hypothese, die anschließend
durch Beispiele belegt wird. Die Ergebnisse werden im darauf
folgenden Teil zusammengetragen.
Für die Fragestellung wurden sämtliche Plural-Items aus dem
Satz- und Textkorpus des Urum Documentation Projekts betrachtet, die in Zusammenhang mit einem Numeral standen.
Die Analyse bezieht sich auf folgende Numeralia: many,
some/several, all, few und die Kardinalzahlen 2-100.
Der Einfluss von Numeralia auf den Numerus der kaukasischen Sprache Urum
3
Hypothese: Im Urum gibt es eine starke Tendenz, den Numerus im Zusammenhang mit Numeralia im Singular zu bilden.
Menge referiert. Im Gegensatz zum Russischen, wird in Urum
nicht ab der Zahl fünf der Plural verwendet.
Die nachfolgenden tabellarisch dargestellten Beispiele für die
Bildung des Numerus bei Numeralia dienen der Veranschaulichung und zeigen lediglich einen Ausschnitt der analysierten
Items.
Das unbestimmte Numeral „all“ kann sowohl vor als auch
nach dem Nomen stehen. Es konnte eine Tendenz für die Pluralbildung ermittelt werden, allerdings ergab der vorliegende
Datensatz hierfür nur wenige Beispiele, sodass eine Generalisierung in diesem Punkt nicht möglich ist. Sinngemäß
wurden aber auch häufig für „all“ die Determinierer „each“
und „every“ genutzt, die sich jedoch nur auf ein einzelnen Objekt beziehen, sodass die Verwendung von „all“ in diesem
Kontext den Singular nach sich zog. Die Aussage, dass das
Numeral „all“ ein Pluralsuffix erfordert bezieht sich demnach
nur auf den Determinierer, der dem deutschen Wort „alle“
entspricht. Die Vermutung liegt nahe, dass gemäß des Allquantors der Plural notwendig ist, um auszudrücken, dass der
beschriebene Sachverhalt universell für alle Objekte gilt.
Numeral
many
some/
several
all
few
Kardinalia
Tabelle 4. Beispiele des Numerus.
Übersetzung
Urum
Singular
Plural
many things
choɣ ish
many blankets
choɣ yorɣan
many ate chiles
choɣ edi
bibyar
many these
choɣi
children_of
ushaxlardan
many bad things
choɣ qyoti
ishlyar
several hours
birɣach saat
several days
birɣach
gyun
some families
birɣach
semyalar
all children
ap ushaxlar
all urum (people)
ap urumlar
few blankets
az yorɣan
few hair
az sach
children few
ushaxlar az
deer few
marallar az
two boys
iqi oɣlan
two girls
iqi ɣɯz
five
or
six besh alti
neighbours
gonshi
three baskets
uch
karzinkasi
Die Bildung des Numerus im Zusammenhang mit den Numeralia „many“, sowie „several/some“ (hierfür wird in Urum das
selbe Wort verwendet) und „few“ weist einige Variationen,
aber eine Tendenz zur Singularnutzung auf. „All“ erfordert
immer die Pluralbildung. Die Kardinalzahlen ziehen immer
den Singular nach sich.
Bei einem untersuchten Korpus von 64 Beispielitems ließen
sich für die zuvor erwähnten Numeralia die folgenden Ergebnisse feststellen:
Singular
Plural
Total
Tabelle 5. Ergebnisse des Numerus.
Anzahl (n)
Prozent (%)
51
79,69
13
20,31
64
100
Es zeigt sich insgesamt eine starke Tendenz zur Verwendung
des Singulars in Verbindung mit Numeralia.
4. Diskussion
Im folgenden Teil werden die ermittelten Ergebnisse interpretiert.
Die Position des Numerals „few“ ist ebenfalls variabel. Steht
es vor dem Zielnomen, wird tendenziell der Singular verwendet, steht es dahinter, der Plural.
(21) Marallar az
gyoryunierlyar bu meshyada.
Deer
few
seen_are
this bush_in.
„Von den Rehen, wenig wurde gesehen.“
Im Beispiel (21) steht das Numeral nach dem Nomen,das im
Plural ausgedrückt wird. Eine mögliche Erklärung für die Verwendung des Plurals und die Nachstellung des Numerals wäre,
dass das Numeral „few“ zwar semantisch auf das Nomen
„deer“ referiert, es aber syntaktisch losgelöst zu sein scheint.
Das Numeral ist hier keine Subkonstituente der Nominalphrase „deer few“, sondern eine selbstständige Konstituente,
die ko-referent mit der Konstituente „deer“ ist. „Few“ bezieht
sich somit nicht direkt auf das Nomen.
Weiterhin fällt auf, dass, sobald Wörter zwischen Numeral
und Nomen stehen, das Nomen häufig mit dem Pluralsuffix
markiert wird (siehe Beispiel (22)). Eventuell handelt es sich
um ein Kongruenz-Phänomen. Dieses kann wegen der geringen Datengrundlage nicht bestätigt werden.
(22) “choɣ qyoti ishlyar”
“many bad things”
Es zeigt sich insgesamt im Urum eine Tendenz für die eindeutige Präferenz des Singulars bei konkreten Numeralia und
die der Pluralverwendung für unbestimmte Numeralia. Corbett
[9] weist darauf hin, dass die Pluralmarkierung in einer Phrase
mit einem Numeral in vielen Sprachen nicht erforderlich ist.
Er nennt beispielsweise die ungarische Sprache. Corbett erwähnt allerdings auch Sprachen, in denen sowohl der Singular
als auch der Plural in Zusammenhang mit einem Numeral verwendet wird, abhängig vom sprachlichen Kontext und einigen
komplexen Regeln. Dies sei vor allem in den slawischen
Sprachen zu beobachten. Im Urum scheint eine ähnliche Optionalität zu bestehen. Die geringe Datenmenge lässt an dieser
Stelle aber kein definitives Urteil und keine klare Begründung
zu. Für künftige Studien, die sich mit dem Numerus im Urum
befassen, ist es ratsam, diesem Phänomen weiter nachzugehen.
Am eindeutigsten zeigt sich die Verwendung des Singulars in
Verbindung mit vorangestellten Kardinalzahlen. Hier konnten
keine Ausnahmen gefunden werden. Es zeigen sich diesbezüglich Ähnlichkeiten zur türkischen Ursprungssprache und
auch zum Georgischen. Ein zusätzliches Pluralsuffix am
Nomen scheint redundant, da das Zahlwort eindeutig auf eine
3
4
Meike Bittricher, Jobst Franke, Eva Mende, and Martina Schulz
5. Schlussfolgerung
Die Hypothese, dass der Numerus im Zusammenhang mit
Numeralia in Urum tendenziell im Singular verwendet wird,
wurde belegt. Hierfür gab es speziell für die Kardinalzahlen
eine deutliche Evidenz. Dies lässt die Vermutung zu, dass in
Urum die vorherige Nennung einer Kardinalzahl ausreicht, um
den Plural auszudrücken. Eine weitere Pluralmarkierung am
Nomen scheint hiermit redundant. Da aber in Verbindung mit
unbestimmten Numeralia auch die Verwendung von Pluralformen beobachtet werden konnte, kann geschlussfolgert
werden, dass die Pluralmarkierung am Nomen fakultativ ist
und unter Umständen nur dann gebraucht wird, wenn diese
Information für deren Übermittlung dringend erforderlich ist.
Die Ausnahmen sollten für deutlichere Ergebnisse genauer
analysiert werden, um die Verwendung des Plurals und die
Gründe hierfür aufdecken zu können.
6. Referenzen
[1] Verhoeven, E. (2011): Vowel harmony and noun inflection in
Caucasian Urum. Manuscript. University of Bremen.
[2] Wiese, Heike (1997): Zahl und Numerale: Eine Untersuchung zur
Korrelation konzeptueller und sprachlicher Strukturen. Berlin,
Akademie Verlag.
[3] Wiese, Heike (2003): Numbers, Language and the Human Mind.
Cambridge UP.
[4] Denisova, E. (2005): Russisch Grammatik, München, Compact
Verlag.
[5] Lektorenkollektiv der Karl – Marx – Universität Leipzig (1977):
Leitfaden der russischen Grammatik, 11. Auflage, Leipzig, VEB
Verlag Enzyklopädie Leipzig.
[6] Jansky, H. (1986): Lehrbuch der türkischen Sprache, 11. Auflage,
Wiesbaden, Harrassowitz Verlag
[7] Lewis, G. L. (2000): Turkish Grammar, 2. Ed., New York, Oxford
University Press.
[8] Abuladze, L., Ludden, A. (2006): Lehrbuch der georgischen
Sprache, Hamburg, Helmut Buske Verlag GmbH.
[9] Corbett, G. G. (2004): Number, Cambridge University Press.
4
UNIVERSITY OF BIELEFELD · M.A. LINGUISTICS · SS 2011 · COURSE: COMPARATIVE GRAMMAR
Die Realisierung und Verwendung des Akkusativs im Urum
Stefanie Böhm, Marianne Hilger
University of Bielefeld, Bielefeld, Germany
[email protected], [email protected]
Abstract
This paper investigates the realisation and application of the
accusative in Urum. On the basis of the Turkish grammar we
have constructed several hypotheses about the accusative
marking in Urum which will be examined on a corpus of
naturalistic texts. We will find out that the accusative marking
of direct objects which precede the verb directly is optional,
whereas the marking of direct objects which are modified by a
demonstrative determiner, of those which do not precede the
verb directly and of pronouns is obligatory. Taking everything
into consideration our results corroborate the assumption that
the accusative marking in Urum is determined by the
definiteness of an object.
Index Terms: application of the accusative marker, the role of
definiteness, pronouns, possessive noun phrase, preverbal
direct object, contextual definiteness
1. Einleitung
Türkisch und Urum gehören zur Familie der Turksprachen und
sind sogenannte agglutinierende Sprachen. Das heißt, sowohl
im Türkischen als auch im Urum wird jede Bedeutungseinheit
durch ein einzelnes Affix ausgedrückt. Der Akkusativ wird
folglich in beiden Sprachen jeweils durch ein bestimmtes
Morphem realisiert. Eine weitere Gemeinsamkeit beider
Sprachen ist die Nichtexistenz eines definiten Artikels. Die
Definit- bzw. Indefinitheit eines Substantivs muss somit aus
dem Kontext erschlossen werden.
Dieser Artikel untersucht die Realisierung und
Verwendung des Akkusativs im Urum mit Hilfe der türkischen
Grammatik. Im Anschluss an die Einleitung befasst sich
Abschnitt 2 zunächst mit der morphologischen Realisierung
des Akkusativs in den beiden Sprachen Türkisch und Urum.
Die Verwendung des Akkusativs, die den Hauptteil der
empirischen Arbeit beinhaltet, wird in Abschnitt 3 behandelt.
Hier werden zunächst die wichtigsten Regeln, die der
Verwendung des Akkusativs im Türkischen zu Grunde liegen,
anhand von Beispielen anschaulich erläutert. Auf Grundlage
der türkischen Grammatik werden Hypothesen über die
Verwendung des Akkusativs im Urum formuliert, die im
weiteren Verlauf des Artikels in einem Korpus von
naturalistischen Texten überprüft werden. Die Ergebnisse der
Untersuchung werden im Anschluss an die Korpusanalyse
hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Forschungsfrage diskutiert
und interpretiert.
2. Die Realisierung des Akkusativs
In diesem Teil der Arbeit wird zunächst die morphologische
Realisierung des Akkusativs im Türkischen und im Anschluss
daran die Realisierung des Akkusativs im Urum vorgestellt.
2.1. Türkisch
Grammatische Funktionen werden im Türkischen durch
Suffixe ausgedrückt. Das Türkische unterscheidet dabei zwei
Grundformen: Suffixe mit dem Vokal –e und Suffixe mit dem
Vokal –i, siehe [1]. Der Akkusativ wird im Türkischen durch
das Morphem –i realisiert und gehört somit zur zweiten
Gruppe türkischer Suffixe, siehe [1].
Tabelle 1. Grundformen der türkischen Suffixe
Suffixe mit -e
-ler
-mek
-de
Suffixe mit -i
-li
-di
-i
Eine Besonderheit der türkischen Sprache ist das Prinzip der
Vokalharmonie, siehe [1]. Die acht türkischen Vokale (i, e, ü,
ö, ı, a, u, o) werden in helle (i, e, ü, ö) und dunkle Vokale (ı, a,
u, o) klassifiziert. Türkischstämmige Wörter enthalten immer
nur Vokale einer Gruppe, d. h. entweder ausschließlich helle
oder ausschließlich dunkle Vokale. Sobald ein Suffix an ein
Wort angehängt wird, muss dessen Vokal daher, nach den
Regeln der Vokalharmonie, dem Vokal der letzten Silbe des
Grundwortes angeglichen werden, siehe [1]. Man
unterscheidet im Türkischen zwischen der kleinen
(zweiförmigen) Vokalharmonie, welche beispielsweise bei der
Bildung von Pluralsuffixen berücksichtigt werden muss und
für die Fragestellung in diesem Artikel daher weniger
interessant ist, und der großen (vierförmigen) Vokalharmonie,
siehe [2]. Letzterer unterliegen sowohl die Personal- und
Possessivsuffixe als auch die Kasussuffixe des Genitivs und
Akkusativs. Die Anpassung des Akkusativmorphems –i erfolgt
somit nach den Regeln der großen Vokalharmonie, siehe [2].
Bei Wörtern, deren Stamm auf einem Vokal enden (z. B. su
‚Wasser‘), muss vor dem Akkusativsuffix zusätzlich der
Halbvokal -y- eingefügt werden um den Hiatus zu vermeiden,
siehe [2].
Tabelle 2. Vokalharmonie des türk. Akkusativsuffixes
Vokal
Vorsilbe
e
i
ö
ü
a
ı
o
u
Vokal
Endung
i
ü
ı
u
Beispiele
Glossierung
ev-i
küçüğ-ü
saray-ı
su-y-u
Haus-AKK
klein-AKK
Palast-AKK
Wasser-ø-AKK
2.2. Urum
Im Urum wird der Kasus Akkusativ ebenfalls durch das
Morphem –i realisiert. Im Unterschied zum Türkischen bedarf
es bei der Verwendung des Akkusativsuffixes allerdings
6
Stefanie Böhm und Marianne Hilger
keiner Anpassung an eine Vokalharmonie, sodass der
Akkusativ im Urum unabhängig von dem Vokal der Vorsilbe
ausschließlich durch –i realisiert wird, siehe [3].
3. Die Verwendung des Akkusativs
In diesem Abschnitts werden zunächst die grundlegenden
Regeln der Verwendung des Akkusativs im Türkischen
vorgestellt. Auf Grundlage dieser werden anschließend
Hypothesen über die Verwendung des Akkusativs im Urum
formuliert, welche anhand eines Korpus von naturalistischen
Texten überprüft werden.
3.1. Grundlagen
Der Akkusativ im Türkischen kennzeichnet das direkte Objekt
eines Satzes, siehe [1]. Im Gegensatz zum Deutschen ist die
Markierung eines Akkusativobjektes in der türkischen Sprache
allerdings nicht in jedem Fall verpflichtend, siehe [4]. Im
Türkischen kann das direkte Objekt eines Satzes unmarkiert
bleiben, wenn es unmittelbar vor dem Verb, d. h. in direkter
präverbaler Satzposition, steht. Das Setzen bzw. Weglassen
des Akkusativsuffixes ist unter diesen Umständen optional und
dient zur Signalisierung von Definit- bzw. Indefinitheit, siehe
(1) bzw. (2). Der Akkusativ wird nachfolgend in allen
Beispielen durch Fettdruck hervorgehoben.
(1) Kedi
fare-yi yer.
Katze
Maus
frisst
‚Die Katze frisst die Maus.’ (definit), [4]
(2) Kedi
fare
yer.
Katze
Maus
frisst
‚Die Katze frisst eine Maus.’ (indefinit),
‚Katzen fressen Mäuse.’ (generisch), [4]
Indefinite Akkusativobjekte dürfen allerdings nur in
präverbaler Satzposition unmarkiert bleiben. Sobald sich die
Position des Objektes im Satz verändert, d. h. der Akkusativ
postverbal bzw. nicht mehr unmittelbar präverbal verwendet
wird, wird die Markierung obligatorisch, siehe (3), (4):
(3) Fare-yi kedi
Maus
Katze
yer.
frisst, [4]
(4) Kedi
Katze
fare-yi.
Maus, [4]
yer
frisst
Definite Akkusativobjekte werden im Türkischen, unabhängig
von ihrer Position im Satz, immer markiert, siehe [4]. Da es im
Türkischen keinen definiten Artikel muss die Definitheit eines
Akkusativobjektes entweder aus dem Kontext erschlossen
werden oder auf andere Weise, beispielsweise durch die
Verwendung von Demonstrativa, kenntlich gemacht werden,
siehe (5).
(5) bu gazete-yi çikarmak zor bir iş
‘to publish this newspaper is a hard job‘, [5]
Steht eine Genetivkonstruktion in der Position eines direkten
Objektes, schließt sich eine Akkusativmarkierung an das
zweite Element der Konstruktion an, siehe [4].
Genitivkonstruktionen bestehen im Türkischen aus der
Reihenfolge eines Besitzers und eines von ihm Besessenen.
Die Genitivmarkierung erhält der Besitzer, während der
Besessene mit einer Possessivendung markiert wird. An
letztere kann sich bei Bedarf eine Akkusativmarkierung
anfügen, siehe (6).
(6) [Hasan-ın
kitab-ın] –ı
oku -du
Hasan-Gen.
book-3.sg. -ACC read-Past
‘I read Hasan’s book‘, [5]
-m
-1.sg.
In den indogermanischen Sprachen wird die Verwendung des
Akkusativs des Weiteren von bestimmten Präpositionen
regiert. Im Türkischen wird die Funktion von Präpositionen
durch Kasus-Suffixe, bzw. durch Postpositionen, die einen
bestimmten Kasus verlangen, übernommen, siehe [6].
Interessanterweise gibt es im Türkischen nur wenige
Postpositionen, die den Akkusativ bedingen, siehe [7]. Laut
[6] sind takiben bzw. seltener müteakip (‚im Anschluss an‘)
und aşkın (‚über‘) die einzigen türkischen Postpositionen, die
einen Akkusativ fordern, siehe (7), (8).
(7) akşam yemeğin-i takiben
‚im Anschluss an das Abendessen‘, [7]
(8) elli-yi aşkın bir hanım
‚eine Dame über fünfzig‘, [7]
3.2. Hypothesen
Das Ziel dieses Artikels ist, die Forschungsfrage, ob die
Verwendung des Akkusativs im Urum gemäß den
Gesetzmäßigkeiten des Türkischen erfolgt, zu überprüfen.
Basierend auf den Regeln der türkischen Grammatik lassen
sich bezüglich der Markierung der Akkusativobjekte im Urum
folgende Hypothesen formulieren:
Wenn die Verwendung des Akkusativs gemäß den Regeln des
Türkischen erfolgt, dann…
a) …müssen definite Akkusativobjekte markiert werden.
b) …ist die Markierung bei Akkusativobjekten in präverbaler
Satzposition fakultativ.
c) …müssen Akkusativobjekte, die nicht direkt vor dem Verb
stehen, markiert werden.
d) …ist die Markierung von Pronomen obligatorisch, da sie
auf bereits eingeführte Personen/Objekte referieren.
e) …wird der Akkusativmarker im Verlauf eines Textes
häufiger verwendet als am Anfang, da einmal eingeführte
Objekte im Textverlauf als bekannt vorausgesetzt werden
können.
f) …muss das Besessene in Genitivkonstruktionen, die als
direktes Objekt fungieren, als Akkusativ markiert werden.
3.3. Methode
Die oben genannten Hypothesen werden im Folgenden in
einem Korpus von verschiedenen Erzählungen einheimischer
Sprecher des Urums zum Thema „Traditional activity“, die
von einer Muttersprachlerin orthografisch transkribiert und in
die englische Sprache übersetzt wurden, untersucht, siehe [8].
Alle Hypothesen werden hinsichtlich ihrer Richtigkeit
geprüft und mit exemplarischen Beispielen aus dem Korpus
belegt bzw. gegebenenfalls widerlegt. Die ausgewählten
Beispiele stehen stellvertretend für die Gesamtergebnisse der
Untersuchung, die im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht
vollständig präsentiert werden können.
3.4. Ergebnisse
Hypothese (a): Definite Akkusativobjekte müssen markiert
werden.
Da es im Urum keinen definiten Artikel gibt, der die
Definitheit eines Objektes indiziert, wurde zur Überprüfung
der Hypothese (a) im Korpus gezielt nach Akkusativobjekten,
denen das Demonstrativpronomen o (engl. ‚that‘) vorangestellt
ist, gesucht. Die Beispiele (9) und (10) zeigen, dass die
Die Realisierung und Verwendung des Akkusativs im Urum
Akkusativmarkierung von Demonstrativphrasen, unabhängig
von der Position des Objektes im Satz (präverbal in (9) und
postverbal in (10)) obligatorisch ist. Die Hypothese, dass
definite Akkusativobjekte in der urumischen Sprache markiert
werden müssen, kann durch die Untersuchung der
Demonstrativphrasen im Urum insgesamt bestätigt werden.
Beispiele:
(9)
sora o syudi chɯɣardierɯx ichyari gyotyurierɯx then
that milk take_we inside take_we
‘Then we take that milk and take it inside the house.’
(10) syuzierɯx o syudi
percolate_we that milk
‘We percolate that milk.’
Hypothese (b): Die Markierung bei Akkusativobjekten, die in
der präverbalen Satzposition stehen, ist fakultativ.
Für die Untersuchung der zweiten Hypothese wurde im
Textkorpus nach Sätzen gesucht, in denen das
Akkusativobjekt vor dem Verb steht. Bei der Analyse wurden
sowohl Beispiele gefunden, in denen das Akkusativobjekt
gekennzeichnet wurde (siehe (11), (12), (13)), als auch
Beispiele, in denen das Akkusativobjekt nicht spezifisch
markiert wurde (siehe (14), (15), (16)), wodurch die
Optionalität des Akkusativsuffixes bei Objekten in präverbaler
Position belegt wird. Das Verb wird in allen Beispielsätzen
durch Unterstreichung kenntlich gemacht.
Beispiele: unmarkierter Akkusativ
(11) nu tsalkada iqityavyur peinɯr edierdɯlyar iqi
well tsalka_in two_way cheese make_they two
‘Well in Tsalka they make cheese in two ways.‘
(12) srazu peinɯr etmyax olur.
immediately cheese make can
‘You can immediately make cheese.‘
(13) soram maya tyoqierɯm
then whey pour_i
‘Then I put the whey into it.‘
Beispiele: markierter Akkusativ
(14) torbai ɣoier ustyunya
sack put_she above
‘She puts the sack up.’
(15) peinɯri ɣoierɯx onun ichɯnya
cheese put_we its inside
‘We put the cheese in it.‘
7
Hypothese (c): Akkusativobjekte, die nicht unmittelbar vor
dem Verb stehen, müssen markiert werden.
Nachdem sich die zweite Hypothese als wahr herausgestellt
hat, soll anschließend überprüft werden, wie sich
Akkusativobjekte verhalten, die nicht in der präverbalen
Satzposition stehen. Bei der Untersuchung des Korpus wurde
nach Sätzen gesucht, in denen das direkte Objekt nicht
unmittelbar vor dem Verb steht. Die Ergebnisse zeigen, dass
Akkusativobjekte sowohl in postverbaler (siehe (17)) als auch
in nicht unmittelbar präverbaler Satzposition (siehe (18))
immer mit dem Akkusativmorphem markiert werden.
Beispiele:
(17) gidien qoma, alien sui
go_you cowshed, take water
‘You go to the cowshed, take the water.’
(18) syujyugyuni biryaz chyaqien, soradan tyoqien shein
ichɯnya torbanɯn ichɯnya
serum little take_you then pour_you this inside sack_’s
inside
‘You take the serum a bit then you pour it into a sack or
something.’
Hypothese (d): Die Markierung von Pronomen ist
obligatorisch, da sie auf bereits eingeführte Personen/Objekte
referieren.
Pronomen stehen, wie es der Name sagt, für ein Nomen.
Besteht zwischen dem Referenten und dem Pronomen eine
anaphorische Beziehung, steht das Pronomen zwangsläufig für
ein definites Objekt. Die Akkusativmarkierung am Pronomen
wird somit obligatorisch. Dies kann in den Daten ausnahmslos
bestätigt werden. Die für diese Annahme relevanten Wörter
sind in den Beispielen fett gedruckt.
Beispiel: Einführung des Objektes
(19) sora bir yarɯm saat yox, igirmi minuttan sora, ottuz
minuttan sora ,uje peinir, syud mayalanier
then one half_an hour no, twenty minutes after, 30
minutes after, already cheese, milk thickens
‘Then half an hour no, in twenty minutes, in thirteen
minutes, cheese already, milk thickens.’
Beispiel: Erneutes Referieren auf das Objekt mittels Pronomen
(20) sora oni qyasier ɣarɯm, ambelya papalam, ishtem,
yarier ɣazanɯn ichɯnda
then it cuts wife_my, so asunder, well, divides pot in
‘Then my wife cuts it, so asunder, well, divides it in the
pot.’
(16) syudi tyoqierɯx ɣazanɯn ichɯnya
milk pour_we pot in
‘Then we pour the milk into a pot.’
Hypothese (e): Der Akkusativmarker wird im Verlauf eines
Textes häufiger verwendet als am Anfang, da einmal
eingeführte Objekte im Textverlauf als bekannt vorausgesetzt
werden können.
Es ist auffällig, dass vor allem Akkusativobjekte, die am
Anfang eines Satzes stehen, von den urumischen
Muttersprachlern markiert werden. Diese Erkenntnis legt die
Vermutung nahe, dass der Kontrast zwischen Akkusativ- und
Nullmarkierung mit der Definitheit eines Objektes zu tun
haben könnte. Diese Annahme lässt sich anhand von
Beobachtungsdaten jedoch nicht endgültig klären.
Die untersuchten Daten bestehen aus Erläuterungen über die
Produktionsweise von Käse. Dieses Erzählthema hat zum
Charakter, dass sich der Sprecher im Laufe der Erzählung
immer wieder auf schon eingeführte Objekte bezieht um den
Handlungsstrang zu flechten. Da definite Objekte im
Akkusativ einen Marker erhalten und die Objekte nach ihrer
Einführung als definit verstanden werden, erhöht sich die
Häufigkeit des Auftretens des Akkusativmarkers, je weiter die
Erzählung fortschreitet. Dies kann an den Daten beobachtet
8
Stefanie Böhm und Marianne Hilger
werden. Nach der oben beschriebenen Logik, lassen sich
einige Sätze finden, wie folgt:
Beispiel:
(21) bir yarɯm saattan soram syud azɯrlanier, qyasien oni
sheinyan, qyasien qyasqiinyan, soramda doldurien o
syudi formanɯn ichɯnya
one half hour after milk preparing, cut_you it it_with,
cut_you knife_with, then fill that milk shape into
‘After about half an hour of milk preparing, you cut it
with, you cut it with the a knife, then fill that milk into
shape.’
Dies ist nicht mit dem Phänomen zu verwechseln, dass der
Sprecher mal über den Käse in seiner Erzählung, mal über
Käse im Allgemeinen spricht und dadurch den Begriff ‚Käse‘
auch nach definit wieder indefinit nutzt. Die folgenden zwei
Sätze sind zusammen als ein Beispiel zu lesen. Sie stammen
von dem gleichen Sprecher und folgen in seiner Erzählung
aufeinander. In dem ersten Satz versieht er das Wort ‚Käse‘
mit einem Akkusativmarker, da es sich um den Käse handelt,
der in seiner Geschichte zu Erklärungszwecken fiktiv
produziert wird, und dadurch bestimmt ist, siehe (22). Im
darauf folgenden Satz spricht er nicht mehr über diesen
bestimmten Käse, sondern über Käse im Allgemeinen, mit
dessen Produktion er Geld verdient, und nutzt den Begriff
ohne Akkusativmarkierung, siehe (23). Obwohl der Verlauf
des Textes im zweiten Satz weiter fortgeschritten ist, entfällt
der Akkusativmarker an dem Wort ‚Käse‘, da sich dieses nicht
auf das Objekt aus dem ersten Satz bezieht. Solche Beispiele
widersprechen somit nicht der Hypothese, dass die
Akkusativmarkierungen im Verlauf des Textes durch das
Wiederaufgreifen von schon eingeführten Objekten zunehmen.
Beispiel:
(22) soram o postyunyun ichɯnya ɣoierdɯlyar o peinɯri
duzlierdɯlyar ɣoerlyar dya baɣlierlyar
then that skin_’s inside_to put_they that cheese
salt_added_they put_they and tie_they
‘Then they put the cheese into that skin and they added
salt and tied it.’
(23) shindi biz biryaz o ishi utyurdyux etmierɯx byaierɯx
ɣolailɯɣya, onuchyun qi biz shindi peinɯr edierɯx
biryaz choɣ, satierɯx i etim onnan ɣazanierɯx biryaz
pul
now we little that thing lost_we make_don’t_we
look_we easiness_to because that we now cheese
make_we little more sell_we and that_with that_with
earn_we little money
‘Now we don’t do it anymore, we make it easily,
because we make more cheese now, we sell it and earn
money.’
Hypothese (f): Das Besessene muss in Genitivkonstruktionen,
die als direktes Objekt fungieren, als Akkusativ markiert
werden.
Im Türkischen drückt der Genitiv Besitzverhältnisse oder
Zugehörigkeiten
zu
einem
Bezugswort
aus.
Grammatikschreiber sind sich uneinig, ob der Genitiv als Fall
einzuordnen sei, was aber für die weitere Analyse nicht von
Wichtigkeit sein dürfte. Genitivkonstruktionen bilden sich
nach der Reihenfolge “Besitzer – Besessenes”. Das Besessene
wird dadurch zum Kopf der Konstruktion und erhält eine
Possessivendung, die nach Person- und Numeruseigenschaften
des Besitzers variiert. Der Besitzer wird mit einer
Genitivendung versehen. Im Urum verhält es sich weitgehend
genauso. Das Genitiv- und das Possessivsuffix sind fett
gedruckt.
Beispiel:
(24) o syudyun otravasi gyaler adama
that milk_’s poison goes man_to
‘A man can be poisoned.’
Das Suffix -si darf nicht mit einer Akkusativendung
verwechselt werden. Es handelt sich hierbei um die
Possessivendung in der 3. Person Singular. Wenn die
Genitivkonstruktion die Funktion eines direkten Objektes
erhält, schließt sich eine Akkusativmarkierung an das
Besessene an. Die Genitiv-, Possessiv- und Akkusativsuffixe
sind fett gedruckt.
Beispiele:
(25) inyagɯn myamyalyarɯni yaxierɯx
cow_’s udders_its wash_we
‘We wash cow’s udders.’
(26) formanɯn ichɯndya o syuzyulier, alier gyandi forma,
formanɯn, peinɯr alier formanɯn formasɯni
shape inside it comes_out, takes own shape, shape’s,
cheese takes shape’s shape
‘In the shape it comes out, the cheese takes on the
shape’s shape.’
Der Fall, dass die Akkusativmarkierung nicht overt sei,
obwohl die Genitivkonstruktion als direktes Objekt fungiert,
ist in den untersuchten Daten nie der Fall gewesen.
Möglicherweise wird eine solche Genitivkonstruktion häufiger
als bestimmt verstanden, da man das Besessene in der
Konstruktion durch den Verweis auf den Besitzer spezifiziert.
4. Diskussion
Trotz des nur geringen Datensatzes, der im Rahmen dieses
Artikels untersucht werden konnte, ließen sich durch die
Formulierung gezielter Hypothesen und der Hinzuziehung
aufschlussreicher, grammatischer Konstruktionen sowie der
Kontexte verschiedene Feststellungen über die Verwendung
der Akkusativmarkierung machen. Untersuchungen ergaben,
dass die Definitheit beim Auftreten eines Akkusativsuffixes
scheinbar eine Rolle spielt. Diese Vermutung haben wir an
verschiedenen Phrasentypen überprüft und festgestellt, dass
das Setzen des Akkusativsuffixes bei präverbalen
Objektphrasen fakultativ ist, die Markierung des Akkusativs
bei Pronomen und Demonstrativa, so wie bei direkten
Objekten, die postverbal bzw. nicht unmittelbar präverbal
positioniert sind, ist hingegen verbindlich. Einen weiteren
Hinweis auf die Rolle der Definitheit lieferte die steigende
Anzahl der Markierungen im Verlauf einer Erzählung.
Auffällig war außerdem, dass Genitivkonstruktionen eine
starke Tendenz aufweisen, einen Marker zu erhalten. In
wiefern dieser obligatorisch ist, müsste mittels eines größeren
Korpus und Befragungen von urumischen Muttersprachlern
bezüglich der Grammatikalität von Genitivkonstruktionen
ohne Akkusativmarkierung analysiert werden.
5. Fazit
Das Ziel dieses Artikels war es die Realisierung und
Verwendung des Akkusativs im Urum mit Hilfe geeigneter
Hypothesen, die auf Grundlage der türkischen Grammatik
Die Realisierung und Verwendung des Akkusativs im Urum
formuliert wurden, in einem Korpus von naturalistischen
Texten zu überprüfen.
Die empirische Untersuchung des Korpus hat gezeigt, dass
sich alle Hypothesen hinsichtlich der Verwendung des
Akkusativs im Urum bestätigt haben. Die Ergebnisse der
Analyse legen ferner die Vermutung nahe, dass das
Vorkommen der Akkusativmarkierung im Urum mit der
Definitheit bzw. Spezifizität eines direkten Objektes zu tun
hat. Diese Frage lässt sich anhand von Beobachtungsdaten
jedoch nicht endgültig klären. Da im Rahmen dieser Arbeit
zudem nur ein kleiner Teil des urumischen Korpus untersucht
werden konnte, sollten daher vor allem Aspekte, wie die
Notwendigkeit
eines
Akkusativmarkers
bei
Genitivkonstruktionen und insbesondere die Frage, inwiefern
die Rolle der Definit-/ bzw. Indefinitheit eines Objektes sich
auf die Markierung des Akkusativs aufwirkt, anhand größerer
Korpora und mit der Hilfe von urumischen Muttersprachlern,
weiter untersucht werden, um eindeutige Evidenz für die
gewonnen Ergebnisse zu haben.
6. Danksagung
Bei der Erstellung dieses Papers sind wir Herrn Prof. Dr.
Stavros Skopeteas zu großem Dank verpflichtet, denn ohne
seine wertvollen Ratschläge, Ideen und Anmerkungen hätten
wir die für die erfolgreiche Analyse erforderliche Präzision in
der Erarbeitung unserer Hypothesen nicht erreicht. Weiterhin
danken wir all unseren Kommilitonen, insbesondere Emrah
Turan und Kristin Nahrmann, die uns mit ihrer Kritik auf das
türkische Genitivsuffix aufmerksam machten und nicht zuletzt
Thi Diem Kieu Vu und Isabelle Vonberg, die uns weitere
Anregungen zur besseren Darstellung unserer Ergebnisse
gaben.
7. Referenzen
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Narrative Collection. Online verfügbar unter:
http://urum.lili.uni-bielefeld.de/download/docs/uum-text.pdf,
zuletzt geprüft am 28.06.2011.
9
UNIVERSITY OF BIELEFELD · M.SC. LINGUISTICS · SS 2011 · COURSE: COMPARATIVE GRAMMAR
Phonetic alternations of [e] in words of Russian and Turkish origins
in Caucasian Urum
Sarah Keuch, Tatyana Yakimovich
University of Bielefeld, Bielefeld, Germany
[email protected], [email protected]
Abstract
The article covers the subject of phonetic alterations in the
realizations of vowel [e] in the words of Russian and Turkish
origin in Caucasian Urum. The research is based on vowel
formant measurements. It is shown that differentiations in
stress and type of syllable do not produce an impact on the
realization of [e] in Urum. However, the realization of [e] in
words of Turkish and Russian origin does vary in the
characteristic of frontness and backness. Vowels in words of
Turkish origin are pronounced more front than in words of
Russian origin.
Index Terms: phonetic alteration, vowel realization, contact
languages, Urum, formant.
1. Introduction
The present study is dedicated to phonetic alterations in the
realizations of vowel [e] in Caucasian Urum. The goal of the
study is to discover the factors that affect the realization of the
front vowel, examine the impact of stress and the type of
syllable. Another question the study addresses is whether
different realizations of [e] in Urum vary in the words of
Russian and Turkish origin. The research is based on the
measurements of formant values for each occurrence of the
phoneme within the selected items of Urum lexicon, see [1].
Audio files and other Urum data used for this study are taken
from the Urum documentation project [2].
2. Preliminaries
2.1. Urum
Caucasian Urum, not to be confused with the Urum language
spoken in Ukraine (also known as Greek-Tatar) and the Urum
language spoken in Turkey, is a language spoken by a
minority Greek population in Georgia. Their population
decreased from 30.800 in 1979 to about only 1500 in 2006
because of numerous emigrations of mainly younger people to
bigger Georgian cities or to Greece. For that reason research
on this language is of a major importance as the cultural
heritage Caucasian Urum will extinct within the next few
decades.
The Urum people stem from a Greek population that was
originally situated in the east of Turkey. At the beginning of
the 19th century they moved to Caucasus and therefore their
language has been influenced by Russian, Georgian and
occasionally even Armenian and Pontic Greek [2].
The first formant, F1, defines the height of the tongue. The
higher the tongue is positioned, the lower F1 value will be.
Thus, open vowels (low vowels in the vowel quadrilateral)
have high F1 frequencies while closed vowels (high in the
vowel quadrilateral) have low F1 frequencies. The second
formant, F2, corresponds to vowel frontness/backness. Back
vowels have low F2 frequencies while front vowels have high
F2 frequencies. The terms low, high, front and back refer to
the articulatory description of vowels i.e. positions of the
tongue that are reflected in the vowel quadrilateral. The low
and high frequencies of the formants reflect acoustical
measures – that is why a low vowel can have a high formant
frequency [3].
2.3. Outline of the article
The relevant properties of the vowel system of the contact
languages at issue are presented in section 3. Section 4
explains the methodology of the study. The results are
presented in section 5 with a final conclusion being drawn in
chapter 6.
3. Contact languages at issue
In the following subsections we observe some aspects of
Russian and Turkish phonology to be able to trace the
influence or phonetic heritage of these languages back to
Urum due to them being contact languages.
3.1. Russian
Russian sound system has five basic vowel sounds in stressed
position: /i/, /e/, /a/, /o/, /u/. In unstressed position this
inventory is reduced to 3-2 vowel sounds depending on
palatalization of the preceding consonants. There are two
degrees of vowel reduction (further VR) occurring in
unstressed position. The first degree is associated with the first
pretonic syllable i.e. a syllable immediately preceding the
stressed syllable and is considered to be less severe than the
second degree. The second degree of reduction takes place in
all other unstressed syllables [6].
After non-palatalized consonants, in the first pretonic
syllable, vowels neutralize as in (1)a, and in other unstressed
syllables as in (1)b. See Figure 1 [6, 8].
2.2. Vowel formants
Formants are a peak of energy caused by the resonant
frequencies of the vocal tract. They vary according to the
positioning of the tongue in relation to the rest of the
articulators during the articulation of vowels. Vowels have
three distinct features, namely the height of the tongue, the
backness of articulation and rounding of the lips.
Figure 1: Stressed and unstressed vowel inventories of Russian
[6, 8].
After palatalized consonants, all vowels neutralize to [i]
except for /u/. See Figure 2 [8].
12
Sarah Keuch and Tatyana Yakimovich
/i/
/u/
/e/
/o/
/a/
Figure 2: Unstressed vowel inventory after palatalized
consonants in Russian.
Russian [e] is a half-close, front, unrounded vowel,
occurring in stressed position only, always followed by a soft
consonant. The vowel has two allophones, namely mid [ɛ̝] and
open-mid [ɛ]. Both allophones are found in stressed position
only and are never followed by a palatalized or soft consonant.
[ɛ̝] occurs only after palatalized consonants while [ɛ] takes the
initial position in a word or follows a hard or non-palatalized
consonant [9].
Being the object of the current study, the realization of
vowel [e] not surfacing in an unstressed position after both
palatalized and non-palatalized consonants in Russian is of a
particular interest. The question arises whether it is possible to
detect this phenomenon in Urum in the words of Russian
origin.
Taking into account F1 and F2 measurements of Russian
[e], according to V. Kouznetsov [5], after palatalized
consonants (prevailing in our study) F1 and F2 comprise
around 450 and 2200Hz, after non-palatalized consonants about 500 and 1700Hz respectively. As far as Russian [i] is
concerned, F1 and F2 values comprise 350 and 2300Hz
accordingly.
3.2. Turkish
Turkish has a total number of eight vowels that can occur at
the beginning or at the end of words and between consonants.
The vowel under consideration in this study [e] is a low,
front and unrounded one that in Turkish has two other
allophones beside [e], namely the lowered [ε] and [æ], which
is an open- mid, front vowel.
While [æ] occurs in front of /l/, /m/, /n/ and /r/, [ε] occurs
only at the end of words. [e] is used in every other instance. In
some words where /e/ appears in front of /l/, /m/ and /n/, /e/
can be pronounced as [e] or as well [æ].
Long vowels only occur in borrowed words from Persian
or Arabic. These long vowels derived either from long vowels
in the original language or from a glottal stop preceded by a
vowel. While the first variation is sometimes realized by a
circumflex (´), the latter is usually indicated as two vowels [4].
4. Methodology
Based on the data provided by the Urum documentation
project (see [1, 2]), we compiled a list of words of Russian and
Turkish origin containing vowel [e]. Further, the words were
grouped by speaker and condition i.e. the position of the vowel
in a word:
a) stressed, open syllable;
b) stressed, closed syllable;
c) unstressed, open syllable;
d) unstressed, closed syllable.
The two factors, stress and type of syllable, were chosen
for analysis as they are known to affect the quality of vowels.
For example in Russian, as discussed in section 3.1, it is stress
while in English, alongside with stress, it is also the type of
syllable.
Using Praat software, F1 and F2 values were extracted for
each sample of the vowel. F1 and F2 values were measured by
taking the mean values of an interval of the vowel, excluding
the edges that might be influenced by the preceding consonant.
Based on the fact that in Russian in an unstressed position
vowel [e] changes to [i] (as discussed in 3.1), it made sense to
provide additional F1 and F2 measurements for vowel [i] to be
compared with F1 and F2 of an unstressed [e] on the matter of
their similarity. Finally, the average F1 and F2 measurements
per condition for the words of Russian and Turkish origin
were calculated.
For the words of Turkish origin, a total number of 16
realizations were investigated. Half of these examples come
from stressed syllables and unstressed syllables. In each case,
one half is taken from open syllables, while the other half
stems from closed ones. For each of these four categories
(stressed/open, unstressed/open, stressed/closed, unstressed/
closed), each native speaker provided four examples.
For Urum words of Russian origin containing [e], 32
tokens in total were examined (2 words per vowel/condition *
4 conditions * 4 speakers). Additionally, for vowel [i], 16
tokens were examined (1 word per vowel/condition * 4
conditions * 4 speakers) .
5. Results
5.1. [e] in the words of Russian origin
As far as the peaks of the measurements among all four
speakers are concerned, the highest and lowest F1 make up
630 and 356 Hz respectively, demonstrating a significant
diversity of realizations, as well as the highest and lowest F2
measurements (2211Hz, 1374Hz).
It is also noticeable, that when immediately preceded by
consonant [r], in both stressed and unstressed positions, [e]
tends to become more open and back as compared to other
consonant environments, which means being closer to the
realization of [e] in Russian after non-palatalized consonants.
Table 1 presents the average measurements of formant
values in our sample (see the detailed list of measurements in
the Appendix, Table 3; this data is plotted in Figures 3 to 6 for
each speaker separately). Each mean value is the average of 8
measurements (2 different words, produced by 4 different
native speakers). A comparison of the values in Table 1
reveals that the vowel quality is not substantially influenced by
the examined factors. When comparing the average F1 and F2
measurements of unstressed [e] with that of [i], we may say
that neutralization of [e] in unstressed position does not take
place in Urum words of Russian origin (see Table 1a). This is
the general tendency of the data. However, we were able to
detect single cases in which the vowel quality differs in the
pretonic and posttonic positions, as predicted by the Russian
pattern, see section 3.1. Such examples are the realization of
the first mid front vowel of the word naseko’moe by speakers
2 and 3, as well as the realization of mid front vowel in the
third syllable of the word uve’renni by speaker 2. Apart from
these isolated exceptions, we generally observe that the
phonetic realization of the mid vowel [e] in Russian words by
Urum speakers is not substantially influenced by stress.
Table 1: Average formant values of [e] in the words of Russian
origin
Position
Stressed, open
Stressed, closed
Unstressed, open
Unstressed, closed
F1
431
473
439
432
F2
1831
1938
1908
1931
Phonetic alternations of [e] in words of Russian and Turkish origins
Table 1a: Average formant values of [i] in the words of
Russian origin
Position
Stressed, open
Stressed, closed
Unstressed, open
Unstressed, closed
F1
368
377
341
401
F2
2013
2013
2042
2195
5.2. Urum words of Turkish origin
The lowest values for both F1 and F2 were measured in
unstressed open syllables. This means that [e] in unstressed
open syllables is pronounced with relatively rounded lips and
the tongue held relatively high (looking at a vowel trapezoid it
is clear that the realization of the phoneme [e] here is closer to
[ɭ]).
The highest values for [e] in words of Turkish origin came
from unstressed closed syllables. The sound is produced
relatively at the front of the oral cavity and the lips are less
rounded.
The F1 and F2 average values for stressed open syllables
are only slightly higher than those for unstressed open
syllables. While the average F1 value for stressed closed
syllables is the second highest value in our research, the F2
value is the second lowest one, but only two points below the
value for stressed open syllables (see Table 3).
Table 2: Average formant values of [e] in the words of
Turkish origin.
Position
Stressed, open
Stressed, closed
Unstressed, open
Unstressed, closed
F1
410
427
406
458
F2
2113
2111
2084
2211
While the lowest F1 value that was measured was 341 Hz, the
highest F1 value reached the number of 488 Hz. This makes
the difference of 147 Hz. For the F2 value, the lowest value
was measured at 1634 Hz and the highest F2 appeared at 2437.
This makes the difference of 803 Hz.
In a study by Sila Ay, Ozgur Aydin and Iclal Ergenc [3],
the average F1 measured in Turkish words uttered by Turkish
native speakers was 580 Hz. Compared to the average F1 of
430 Hz in Urum words of Turkish origin, [e] in original
Turkish words is pronounced with the tongue held relatively
low. The results for the F2 value, however, were
comparatively similar as they differ in 30 points only (2100
Hz for originally Turkish words and 2130 Hz for Urum words
of Turkish origin).
5.3. Discussion
When comparing the obtained average formant measurements
of [e] in the words of Russian and Turkish origin, one can
recognize the deviation in F1 values as negligible (14 HZ) as
opposed to F2 values where the difference comprises 228 Hz.
When considering the highest and lowest F2 points, the lowest
F2 value (1374 Hz) comes from a word of Russian origin
while the highest (2437 Hz) – from a word of Turkish origin.
This leads us to the conclusion that [e] in the words of Turkish
origin tends to be more front than in Urum Russian origin
words while front vowels have high F2 frequencies. See
Figure 12 in the Appendix.
6. Conclusion
Returning to the questions posed at the beginning of this
article, we may conclude that stress and type of syllable
produce no significant impact on the realization of [e] in
13
Urum. What does affect the realization of [e] is the presence of
preceding [r], [e] becoming more open and back.
It is now also possible to state that realizations of [e] do
vary in the words of Russian and Turkish origin mainly on the
subject of frontness/backness of the vowel. It is vividly seen
that the vowel tends to be more front in the words of Turkish
origin, which also corresponds to the way it is pronounced in
Turkish. The measurements of [e] in the words of Russian
origin show the tendency of the vowel to acquire the qualities
of Russian [e] following non-palatalized consonants
(backness) which can possibly be explained by the absence of
consonant palatalization in Urum as compared to that of
Russian.
7. References
[1] Urum lexicon, Urum Documentation Project, online:
http://urum.lili.uni-bielefeld.de/download/docs/uum-lexicon.pdf
[2] Urum documentation project. Online: http://urum.dyndns.org,
accessed on August 3rd 2011.
[3] Lodge, K. A critical introduction to phonetics, London.
Continuum, 41- 228, 2009.
[4] Aslı Göksel, Celia Kerslake. Turkish: a comprehensive grammar.
Routledge, 10- 11. 2005
[5] Sila Ay, Ozgur Aydin, Iclal Ergenc, Essays on Turkish linguistics:
proceedings of the 14th International Conference on Turkish
Linguistics, August 6-8, 2008, Wiesbaden, Harrassowitz Verlag,
3- 9, 2009.
[6] Barnes, Jonathan 2004, Phonetics and Phonology in Russian
Unstressed Vowel Reduction: A Study in Hyperarticulation
Accessed online:
http://www.bu.edu/linguistics/UG/barnes/Barnes%20VR%20fina
l%20draft.pdf.
[7] V. Kouznetsov, Spectral dynamics and classification of Russian
vowels. Paper presented at the XI Session of the Russian
Acoustical Society, Moscow, November 19-23, 2001. Accessed
online: http://www.akin.ru/Docs/Rao/Ses11/s14.PDF
[8] Jaye Padgett, Russian vowel reduction and dispersion theory.
Phonological Studies 7, Kaitakusha, Tokyo, pp. 81-96. Accessed
online: http://people.ucsc.edu/~padgett/locker/kobepaper.pdf
[9] Jones, D. and Ward, D. The Phonetics of Russian. Cambridge
University Press, Cambridge, 1969
Appendix
Table 3: F1 and F2 measurements of [e] in the words of Russian origin
Speaker
Stress
Syllable
Word
Formant 1
Formant 2
1
stressed
open
uverenni
437
2035
krepost
501
1508
atvetchik
469
2054
leska
499
2149
samnenie
657
2032
podazrevaet
463
1908
closed
podazrevaet
484
2211
uverenni
486
1634
open
uverenni
pepel
frikadelki
393
396
411
2010
1959
2040
leska
411
2036
strela
nasekomoe
pepel
uverenni
380
356
390
387
1931
1970
1925
2118
uverenni
krepost
instrument
leska
strela
nasekomoe
veslo
uverenni
411
420
565
394
415
385
400
410
2091
1949
1770
1880
1816
2118
1975
2167
uverenni
krepost
instrument
leska
samnenie
podazrevaet
mechtatedier
uverenni
435
457
630
411
401
456
425
475
1374
1724
1920
1660
1941
1551
1800
1622
closed
unstressed
2
stressed
open
closed
unstressed
open
closed
3
stressed
open
closed
unstressed
open
closed
4
stressed
open
closed
unstressed
open
closed
Phonetic alternations of [e] in words of Russian and Turkish origins
Figure 3: F1 and F2 in a stressed, open syllable position (2 words per speaker)
Figure 4: F1 and F2 in a stressed, closed syllable position (2 words per speaker)
Figure 5: F1 and F2 in an unstressed, open syllable position (2 words per speaker)
Figure 6: F1 and F2 in an unstressed, closed syllable position (2 words per speaker)
15
16
Sarah Keuch and Tatyana Yakimovich
Table 5: F1 and F2 measurements of [i] in the words of Russian origin
Speaker
Stress
Syllable
Word
Formant 1
Formant 2
1
stressed
open
dalina
423
2230
closed
materik
468
2196
open
gusenitsa
398
2425
closed
atvetchik
476
2412
open
closed
open
maslina
materik
frikadelki
317
360
286
1821
2077
2155
closed
pestik
343
2093
open
closed
open
closed
dalina
materik
sinyak
instrument
380
336
381
405
2208
1931
2219
2344
open
closed
open
closed
dalina
materik
sinyak
instrument
353
347
301
382
1796
1848
2169
1933
unstressed
2
stressed
unstressed
3
stressed
unstressed
4
stressed
unstressed
Figure 7: Average F1, F2 values for [e] and [i]
Table 7: F1, F2 measurements of [e] in the words of Turkish origin
Speaker
Stress
Syllable
Word
Formant 1
Formant 2
1
stressed
open
gechi
488
2437
closed
uruset
461
2300
open
mechya
453
2265
closed
ater
584
2247
open
closed
open
gechi
sechqi
naxIledier
341
430
379
2407
2304
2175
closed
engIlmyax
430
2157
open
closed
open
closed
open
beli
sechqi
gerIqi
engIlmyax
beli
416
416
409
424
395
1975
2004
2002
2256
1634
closed
open
closed
peshkir
mechya
engIlmyax
403
386
396
1836
1896
2186
unstressed
2
stressed
unstressed
3
stressed
unstressed
4
stressed
unstressed
Phonetic alternations of [e] in words of Russian and Turkish origins
Figure 8: F1 and F2 in a stressed, closed syllable position
Figure 9: F1 and F2 in a stressed, open syllable position
Figure 10: F1 and F2 in an unstressed, open syllable position
Figure 11: F1 and F2 in an unstressed, closed syllable position
17
18
Sarah Keuch and Tatyana Yakimovich
Figure 12: Average F1 and F2 in comparison for words of Russian vs. words of Turkish origin.

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