Materialmappe zur Inszenierung Macbeth
Transcrição
Materialmappe zur Inszenierung Macbeth
0 Materialmappe zur Inszenierung Macbeth von Giuseppe Verdi Premiere: 22.11.2007, GROSSES HAUS Musikalische Leitung: GMD James Allen Gähres Inszenierung: Matthias Kaiser Bühne: Marianne Hollenstein Kostüme: Angela C. Schuett Choreografie: Andris Plucis Tod oder Ruhm! (Macbeth) Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 1 Inhalt Einleitung S. 1 Der Komponist S. 2 Der Librettist S. 3 Entstehungsgeschichte des Shakespeare-Stückes MACBETH S. 3 Die Entstehungsgeschichte der Oper MACBETH (Fassung 1 & 2) S. 4 Das Politische in Verdis MACBETH S. 5 Inhalt der Oper MACBETH S. 9 Premierenkritik: Eingeborener Hass S. 10 Theaterpädagogisches Material S. 12 Anhang: Rollentexte, Libretto, Literaturhinweise S. 15 Liebe Lehrerinnen und Lehrer, wir glauben, dass das Erlebnis Theater erst dann richtig beginnt, wenn man begreift. Schüler sollten auf den Theaterbesuch vorbereitet werden, damit sie ihn genießen können. Die kleinen Materialsammlungen zu den Inszenierungen am Theater Ulm sollen Ihnen zur Vorbereitung des Theaterbesuchs mit Ihrer Klasse dienen. Neben Hintergrundinformationen zu Autor und Werk enthalten sie Materialien, die für den Zugriff des jeweiligen Regisseurs von Bedeutung sind. Außerdem am Ende einige theaterpädagogische Anregungen, mit denen Sie bestimmte Themenkomplexe der Inszenierung mit ihren Schülern praktisch „anSPIELEN“ können. Sie können sich aus diesen Materialien einzelne Dinge herausgreifen, sie abwandeln oder das gesamte Material verwenden. Viel Freude beim Ausprobieren und dem Theaterbesuch wünscht Nele Neitzke Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 2 Macbeth ist eine Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Das Libretto wurde nach dem Drama Macbeth von William Shakespeare geschrieben. Die Uraufführung fand am 14. März 1847 in Florenz statt. Eine revidierte Fassung wurde 1865 im Théatre Lyrique in Paris uraufgeführt. Das Theater Ulm spielt die revidierte Fassung von 1865 mit „La morte di Macbeth“ (1847) in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln. Der Komponist 9. oder 10. Oktober 1813: Giuseppe Fortunino Francesco Verdi wird in Le Roncole bei Parma, Italien geboren. Ob Verdi am 9. oder am 10. Oktober geboren wurde, ist nicht ganz klar. Ins Taufregister wurde am 11. Oktober eingetragen, er sei am vorigen Abend geboren. Verdi selbst sah aber den 9. Oktober als seinen Geburtstag an. Verdis Eltern lebten in einfachen Verhältnissen: Der Vater war Gastwirt und Kleinbauer. Verdis außergewöhnliches Talent fällt früh auf und er erhält von einem Organisten musikalischen Unterricht. 1823: Verdi wird mit Unterstützung eines musikverständigen Mäzens ins Gymnasium aufgenommen. Bald vertritt er den Dorforganisten in der Kirche. 1832: Das Konservatorium in Mailand lehnt ihn ab. 1834: Verdi wird Organist in Busseto 1836: Verdi wird Musikdirektor in Busseto und heiratet (die beiden Kinder aus dieser Ehe starben jeweils kurz nach der Geburt). 1836-1838: Verdi studiert intensiv nicht nur die Grundlagen der Operngestaltung, sondern beschäftigt sich auch mit Politik und Literatur. 1838: Verdi geht nach Mailand. 1839: Verdis Oper "Oberto, conte di San Bonifacio" wird mit Erfolg an der Mailänder Scala aufgeführt. 1840: Verdis komische Oper Un giorno di regno wird ausgepfiffen. Verdi, der neben dem Tod seiner Kinder auch den seiner jungen Frau betrauert, beschließt, das Komponieren aufzugeben. 1842: Verdi komponiert doch wieder, Nabucodonosor (später Nabucco genannt), erscheint – ein Sensationserfolg. 1842-1848: Verdi schreibt für seinen Lebensunterhalt zunächst in rascher Folge Opern: I Lombardi alla prima crociata (1843) und Ernani (1844), stellten sich als große Erfolge heraus; von den nächsten schafften es jedoch nur Macbeth (1847) und Luisa Miller (1849) in das Standardrepertoire der großen Opernhäuser. 1851-1853: Die Opern Rigoletto (1851), Il Trovatore (1853) und La Traviata (1853) (die sog. "trilogia popolare") gelten als ein Höhepunkt in Verdis Schaffen und markieren den Durchbruch einer musikästhetischen Konzeption, die sich erstmalig im Realismus des Macbeth angekündigt hatte. Sie festigten seinen internationalem Ruhm und gehören noch heute weltweit zu den beliebtesten Opern. 1859: Verdi heiratet erneut, diesmal eine Sängerin. 1861: Verdi kandidiert für die Abgeordnetenkammer, tritt jedoch bald wieder zurück. Verdi war nun zur internationalen Berühmtheit geworden und Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 3 arbeitete für die Pariser Oper, das Mariinski-Theater in St. Petersburg und die Weltausstellung in London. ab 1871: Verdi ist enttäuscht vom Ausbleiben eines durchgreifenden sozialen Fortschritts in Italien. Er betrachtet sich als Rentier und errichtet die „Casa di Riposo per Musicisti“, ein Altenheim für ehemalige Musiker in Mailand 1872: Verdi wird zum Senator des Königreichs Italien ernannt. Ab 1885: Verdi arbeitet auf Drängen seines Verlegers mit dem Schriftsteller Arrigo Boito an neuen Opern. 1897: Verdis zweite Frau stirbt nach langer Krankheit. 21. Januar 1901: Verdi erleidet einen Schlaganfall, sechs Tage später stirbt er. Der Librettist 18. Mai 1810: Francesco Maria Piave wird in Murano geboren 1844-1860: Regisseur und auch Librettist am Teatro La Fenice in Venedig 1861: Piave wechselt auf Empfehlung von Giuseppe Verdi an das Teatro alla Scala nach Mailand. 1867: Piave erleidet einen Schlaganfall und bleibt bis an sein Lebensende gelähmt. 1869: Verdi plant eine Serie von 6 Romanzen herauszugeben, um Piave und dessen Frau zu unterstützen. Dazu ist es wohl nicht gekommen. 5. März 1876: Piave stirbt in Mailand Piave lieferte Verdi mindestens 9 Libretti. Die Zusammenarbeit von Verdi und Piave bestimmte wohl in erster Linie Verdi. Piave war künstlerisch nicht selbständig genug, um eigene Werke zu schaffen. Er griff häufig romantische Stoffe von Lord Byron, Victor Hugo und anderen auf, die zumeist von dem ihm und Verdi gemeinsamen Freund Andrea Maffei erstmals in Italienische übersetzt worden waren. Entstehungsgeschichte des Shakespeare-Stückes MACBETH Die Tragödie Macbeth (auch: The Scottish Play) wurde um 1606 von William Shakespeare geschrieben. Sie beschreibt den Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König, seine Veränderung zum Tyrannen und seinen Fall. Der historisch verbürgte Macbeth war Heerführer des schottischen Königs Duncan I. und tötete diesen am 14. August 1040 in einer Schlacht. Im Gegensatz zu der Darstellung in Shakespeares Macbeth führte dieser Machtwechsel zu einer Verbesserung der LageSchottlands. Seine Regierungszeit war gekennzeichnet von relativem Wohlstand, von Ruhe und Frieden im Inneren sowie nach außen. Er vereinigte die streitbaren schottischen Landesteile und sicherte Gesetz und Ordnung. Die Tragödie basiert also nicht vollständig auf den geschichtlichen Tatsachen, sondern auf der Darstellung durch einen Chronisten aus dem 16. Jahrhundert. Shakespeare verwob in diesem Drama die geschichtlichen Fakten geschickt mit Aberglaube, Mythologie und Fiktion. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 4 Das Drama Shakespeares wurde von vielen Schauspielern lieber als The Scottish Play bezeichnet. Den wirklichen Namen innerhalb eines Theaters auszusprechen sollte die Aufführung des Stückes zum Scheitern verurteilen oder allgemein Unglück bringen. Die Entstehungsgeschichte der Oper MACBETH (Fassung 1 & 2) Uwe Schweikert: Giuseppe Verdi: Macbeth - I. Entstehung (...) Verdi war für Florenz auf der Suche nach einer Oper im »phantastischen Genre« (Brief Verdis an Alessandro Lanari vom 17. Mai 1846): »Das Sujet der Oper ist weder politisch noch religiös: Es ist phantastisch.« (Brief Verdis an Alessandro Lanari vom 19. August 1846; Copialettere, 1913, S.26) Im Fahrwasser von Webers Der Freischütz und Meyerbeers Robert le diable, die beide – 1843 und 1840 – ihre italienische Premiere in Florenz erlebt hatten, feierte mit der Gestaltung des Einbruchs des Numinosen, des Übernatürlichen in die Wirklichkeit auch in Italien ein an der Schauerromantik orientiertes Genre Triumphe. Insbesondere der Einfluss von Meyerbeers ebenso spektakulärer wie erfolgreicher Schaueroper lässt sich bis in die Details der musikalischen Gestaltung und szenischen Präsentation von Macbeth verfolgen. Verdi war sich des Wagnisses bewusst, das er mit der Wahl von Shakespeares damals in Italien so gut wie unbekanntem Stück einging. Die Herausforderung lag zum einen im an sich schon gewagten Verzicht auf die übliche Liebesgeschichte - und damit auf die tragende Tenorrolle -, zum andern in der Düsternis einer Handlung, die der Nachtseite der Natur wie den Abgründen der menschlichen Seele zugewandt ist. Auf der Grundlage von Rusconis Übersetzung erstellte Verdi nicht nur, wie stets, das Szenarium, sondern schrieb einen vollständigen Prosaentwurf, bei dessen Übersendung er seinem Librettisten Francesco Maria Piave einschärfte: »Diese Tragödie ist eine der großartigsten menschlichen Schöpfungen!. . . Wenn wir schon keine große Sache daraus machen können, lass uns wenigstens versuchen, eine Sache jenseits des Gewöhnlichen zu machen. Der Entwurf ist unmissverständlich formuliert: ohne Konvention, ohne Umstände und kurz. Ich lege Dir die Verse ans Herz; auch sie müssen kurz sein; je kürzer sie sind, desto mehr Wirkung wirst Du erzielen. [...] Für die Verse denke stets daran, dass es dort kein überflüssiges Wort geben darf: Alles muss etwas ausdrücken, und man muss sich einer erhabenen Sprache befleißigen, mit Ausnahme der Hexenchöre: Jene müssen ordinär, aber doch extravagant und originell sein. [...]. Kürze und Erhabenheit!« (Brief vom 4. September 1846) Verdi war schließlich mit Piaves Libretto so wenig zufrieden, dass er seinen Freund, den Dichter und SchillerÜbersetzer Andrea Maffei um Mitarbeit bat, die sich vor allem auf Teile des 3. und 4. Aktes erstreckte. Schließlich erschien das Libretto ohne Nennung eines Verfassers. Das Particell – wie üblich die Gesangsstimmen und den Bass umfassend – schließt Verdi Ende Januar 1847 ab; vier Nummern, darunter die cabaletta der triumphierenden Lady im 2. Akt (»Trionfai!..securi alfine«), entstehen Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 5 allerdings erst im März in Florenz. Bei der Komposition bedient er zwar nicht mehr die Sänger, aber er berücksichtigt doch ihre stimmlichen Möglichkeiten. Ab Anfang Januar übersendet er Varesi und Barbieri-Nini [Besetzung der Hauptrollen, Anm. N.] nach und nach ihre Nummern. Die dabei geschriebenen Briefe erlauben nicht nur unschätzbare Rückschlüsse auf Verdis Kompositionsweise, sondern auch auf seine dramatischen Intentionen. Am 16. Februar trifft er, zusammen mit seinem Famulus Emanuele Muzio, in Florenz ein, wo er die Instrumentation der Partitur abschließt und gleichzeitig mit der – in musikalischer wie szenischer Hinsicht – überaus sorgfaltigen Einstudierung beginnt. Die Premiere findet am 14. März 1847 statt. Verdi widmet das Werk, das er höher einstuft als seine anderen Opern, seinem langjährigen Gönner und Schwiegervater Antonio Barezzi. Als Leon Carvalho, der Intendant des Pariser Theatre Lyrique, Macbeth im Winter 1864 in einer französischen Bearbeitung herausbringen will, bittet er Verdi um die Nachkomposition der in Paris obligatorischen Ballettmusik sowie um einen das Werk abrundenden Schlusschor. Verdi nimmt sich die Partitur vor und entschließt sich zur Überarbeitung beziehungsweise Ersetzung von Nummern, »die entweder schwach sind oder denen es an Charakter fehlt, was noch schlimmer ist« (Brief an Léon Escudier vom 22. Oktober 1864) Er retuschiert das Duett Lady/ Macbeth im 1. Akt sowie die Szene mit der Erscheinung Bancos im 2. Akt, fasst die Geisterphantasmagorie im 3. Akt weitgehend neu, ersetzt die Soloszene der Lady im ersten Bild des 2. Aktes durch eine neue Arie, Macbeths cabaletta am Ende des 3. Aktes durch ein Duett Lady/Macbeth sowie den Chor der schottischen Flüchtlinge zu Beginn des 4. Aktes durch eine Neukomposition und gibt nicht zuletzt dem Schluss eine vollkommen neue Gestalt. Hinzu kommt das große Ballett im 3. Akt, das auf den Hekate-Szenen von Shakespeares Drama beruht. Am 9. Februar 1865 schließt Verdi die Arbeit ab. Die Textergänzungen stammen teils von Piave, teils von Verdi selbst. In der französischen Übersetzung von Charles Nuitter und Alexandre Beaumont erlebt die zweite Fassung von Macbeth ihre Premiere am 21. April 1865. Das Politische in Verdis Macbeth Udo Bermbach: Über Leichen geht der Weg zur Macht. Zur Pathologie politischen Handelns in Verdis Macbeth von Udo Bermbach I. Mitten in der Arbeit an seinem Macbeth, am 16. August 1846, schreibt Verdi in einem Brief an Alessandro Lanari, Impressario und langjähriger Intendant des Florentiner Teatro alla Pergola, der zugleich der Auftraggeber für sein neues Werk ist: „Das Thema der Oper ist weder politisch noch religiös; es ist phantastisch.“ Ein verblüffender Satz, eine jener überraschenden Aussagen, mit denen Verdi gelegentlich die eigene Opernproduktion gegenüber Freunden und Geschäftspartnern zu begleiten pflegt, überraschend, weil diese Charakterisierung der eigenen Intention in schroffem Gegensatz zu dem zu stehen scheint, was im Libretto formuliert wird und sich später auf der Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 6 Bühne ereignet. Wenn Verdi dennoch den Akzent so setzt, dann erklärt sich dies aus dem Kontext seiner Überlegungen: Im zitierten Brief geht es um den Wunsch nach Sängern und Sängerinnen, deren stimmliche Ausdrucksmöglichkeiten genau jenem düsteren Gesamtbild entsprechen sollen, das atmosphärisch die Szene prägt, und diese Szene soll eben phantastisch sein, geheimnisvoll und grauenerregend, gespenstisch und irreal. Das Sujet der Oper ist allerdings von direktem und massivem Realitätsbezug, ein durch und durch politisches Stück, beherrscht von jenem Thema, das seit der Antike im Zentrum allen Nachdenkens über Politik steht: wie politische Macht gewonnen, gehalten und verloren werden kann; von welcher legitimen oder illegitimen Beschaffenheit sie ist; schließlich auch: welchen Preis jene zu zahlen haben, die sich am Spiel um die Macht beteiligen, die ihre private wie öffentliche Existenz darauf gründen und sich am Ende seinen Folgen vorbehaltlos ausliefern. Gewiss spielt in vielen Opern Verdis die Politik keine geringe Rolle, aber zumeist gibt sie den Rahmen dafür ab, innerhalb dessen Geschichten erzählt werden können, die privat sind. Aber im Macbeth steht die Politik selbst im Zentrum des Geschehens, ist sie nicht nur Rahmen, sondern treibende Kraft für die Akteure, hier gibt das Motiv zu herrschen den Ausschlag für alles, was geschieht. Wohl in keiner anderen Oper Verdis bestimmt der politische Machttrieb so eindeutig den Ablauf der Ereignisse, und dies gründet nicht nur in Shakespeares dramatischer Vorlage, sondern wesentlich auch in den Vorstellungen und Absichten Verdis und seines Librettisten Francesco Maria Piave. Der Vergleich der beiden Texte macht dies deutlich: Verdi und Piave kürzen die Vorlage Shakespeares radikal zusammen, verzichten auf die in italienischen Opern obligatorische Liebeshandlung, verändern den Charakter der Hauptfiguren entscheidend und konzentrieren sich dadurch ganz auf den Hauptstrang des Geschehens, um auf diese Weise herausstellen zu können, worauf es ihnen ankommt: auf die Folgen einer durch Mord illegitim erworbenen Herrschaft, auf die Destruktivität eines moralisch ungebundenen Willens zur Macht, dem alles Leben zum bloßen Instrument narzisstischer Selbstübersteigerung wird. II. Dass es Verdi in der Tat darum geht zu zeigen, mit welchen Konsequenzen ein ethisch frei vagabundierendes Machtstreben verbunden sein kann, macht schon die Exposition der Oper zweifelsfrei deutlich. Sie ist von einer überraschenden Kürze und Prägnanz: Wenn der Vorhang aufgeht, weissagen die Hexen dem siegreich aus der Schlacht zurückkehrenden Helden Macbeth zu dessen eigener Verblüffung den königlichen Thron. Und obgleich diese Voraussage Macbeth gänzlich unvorbereitet trifft, weckt sie doch sogleich dessen politische Begehrlichkeit, wird sie wenig später von Lady Macbeth auf ihre Realisierung hin durchdacht. Alles wird in diesen ersten, knappen Szenen bereits vorgestellt, was für den weiteren Verlauf der Oper von entscheidender Bedeutung ist: die Perspektive der vergleichsweise problemlosen Erringung politischer Macht und Herrschaft; der situationsabhängige Charakter von Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 7 Macbeth; die strategisch kalkulierende Klugheit seiner Frau. Es sind jene Elemente, auf die Machtpolitik sich zu allen Zeiten gründet, und zugleich jene Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit die zerstörenden Potenzen der Macht sich entfalten und ihre Wirkung tun können. Von allem Anfang erscheint Macbeth als ein zwiespältiger Charakter. Dem siegreichen Helden hat der Krieg ganz offensichtlich moralisch zugesetzt, hat ihn verroht und brutalisiert, empfänglich gemacht für die Aussicht auf Macht, die – wie er weiß – legal und damit legitim nicht gewonnen werden kann, weil zu viele noch zwischen ihm und dem ersehnten Thron stehen: der König, aber auch Banco, wie Macbeth selbst militärischer Führer des schottischen Heeres, im Anspruch auf den Thron jedoch vor ihm platziert. Doch was die Hexen – szenische Personifikationen seines eigenen moralischen Destruktionstriebs – ihm voraussagen, was er selbst sich wünscht, lässt ihm keine Ruhe. Auch wenn er weiß, dass der Griff nach der Macht sich nur mit Mitteln umsetzen lässt, die er, der doch das Morden im Krieg ausgiebig geübt hat, im Frieden noch scheut – der Gedanke, einmal eingepflanzt, lässt ihn nicht mehr los, er fasziniert ihn und schreckt ihn zugleich. Er schwankt zwischen Tat und Verzicht, er stellt sich die Tat vor und schreckt zugleich zurück, schreibt seinen Brief an Lady Macbeth, um von ihr, von außen also, jene Bekräftigung seiner Wünsche zu erfahren, die er sich im Stillen wohl erhofft. Ein Mensch zwischen Labilität und latenter Aggressionsbereitschaft, zwischen subjektiver Unsicherheit und nach außen gezeigtem Dominanzverhalten – klassische Illustration für jene menschliche Destruktivität, von der Erich Fromm behauptet hat, dass sie durch die Kombination von Grausamkeit und Unterwerfungsbereitschaft, von bösartigem Vernichtungswahn und irrealer Selbstüberhöhung jenen autoritären Charakter aus sich hervortreibe, dessen Selbstachtung und Selbstvertrauen entscheidend davon abhängt, was andere über ihn denken. Solche Ambivalenzen des Selbstbewusstseins liefern Macbeth seiner Frau vollkommen aus. Sie ist ihm Herrin, ist seine „fatal donna“ (verhängnisvolles Weib), ist ihm die „voce nel petto“ (Stimme in der Brust), wie er selbst sagt, und dass sie ihn treibt zu tun, was er eigentlich will, aber aus eigener Kraft nicht wirklich vermag, macht ihn am Ende vollständig von ihr abhängig. Immer wieder wirft sie ihm vor, er sei schwach und unentschlossen, nicht brutal genug und ohne den notwendigen Willen zu konsequentem Handeln, und immer wieder zwingt sie ihn damit zu dem, was seiner geheimen Absicht entspricht. Durch sie wird er zu dem, der er eigentlich ist. Im großen Monolog mit seinem Dolch, unmittelbar vor dem Mord am König, offenbart sich das Dilemma eines Menschen, der getrieben wird von Kräften, die er selbst nicht zu kontrollieren vermag, denen er sich aber bereitwillig ausliefert. Der Dolch mutiert hier zum Partner, er verselbständigt sich und gewinnt eine quasisubstantielle Eigenständigkeit gegenüber Macbeth, beseitigt bei diesem letzte Reste eines moralischen Zweifels, weil er in dessen beginnendem Wahn den gleichsam durchs Schicksal vorgegebenen Weg in die Zukunft zu weisen scheint. „A me precorri sul confuso cammin che nella mente di seguir disegnava!“ (Du eilst mir voraus auf verworrenem Weg, der in meinem Geist vorgezeichnet ist!), singt Macbeth, und diese Verobjektivierung des todbringenden Messers verobjektiviert zugleich auch die Tat und entlastet Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 8 den Mörder. Der ist in seiner Selbstwahrnehmung nur Instrument dessen, was geschehen muss, führt aus, was die Hexen – als Außenprojektionen seiner obsessiven und nicht kontrollierbaren Herrschsucht – beschlossen haben, ist Spuk in der Nacht, der sich verflüchtigt am Tag, wenn die Tat offenbar wird. In einer grandiosen Szene entwirft Verdi hier – jenseits der Vorlage von Shakespeare – das Bild eines Menschen, den bereits die Vorstellung von seiner Tat in eine schizophrene Position hineintreibt, aus der er bis zu seinem eigenen Ende dann nicht mehr herausfindet. Gleichsam den Widerpol von Macbeth stellt die Lady dar, die eigentliche Hauptfigur dieser Oper. Schon mit ihrem ersten Auftritt, bei dem sie den Brief von Macbeth liest und kalt kommentiert, ist klar, was sie will: die ganze, die ungeteilte Macht, im Grunde ausschließlich für sich, und Macbeth soll ihr dabei nur helfen. In ihrer großen Arie, zweiter Akt, zweite Szene, spricht sie von der „voluttà del soglio“ (Wonne des Thrones), vom „scettro, alfino sei mio“ (Szepter, endlich bist du mein). Sie ist die Inkarnation des Bösen, die andere, destruktive Seite ihres Mannes, die weiß, um ein Wort Jakob Burckhardts zu zitieren, „dass Macht an sich böse ist“, auch, wie Lord Acton formuliert hat: dass „Macht korrumpiert, absolute Macht absolut korrumpiert“, und die deshalb bereit ist, um der ganzen und ungeteilten Macht Willen sich hinsichtlich der Mittel des Machterwerbs nicht eben zimperlich zu zeigen. Entsprechend verhält sie sich: „Pien di misfatti è il calle della potenza, e mal per lui che il piede dubitioso vi pone, e retrocede!” (Voll von Missetaten ist der Weg zur Macht, und wehe dem, der den Fuß zweifelnd aufsetzt und zurückweicht!) – das ist für sie ebenso selbstverständlich wie die Folgen, die sich daraus ergeben. Ein „freddo core“ (kaltes Herz), die Kraft zur kühnen Tat, der Wille, aufzusteigen und zu herrschen – die Innenseite einer entmoralisierten Aggressionsbereitschaft kehrt sich nach außen, um im immer erneuten Anlauf das einmal definierte Ziel zu realisieren. Erst am Ende der Oper, in der großen Szene des nächtlichen Schlafwandelns, nach den Morden am König und an Banco, nach dem peinigenden Auftritt des eigenen Gewissens als Erscheinung des Gemeuchelten, wird offenbar, dass auch die Lady von allem, was sie angerichtet hat, psychisch nicht unbeschädigt geblieben ist. Die Schuld meldet sich, wird sichtbar als Blut an ihren Händen, will nicht vergehen und lastet schwer, verstärkt den Druck so, dass die Lady vollständig darunter zusammenbricht. [...] Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 9 Inhalt der Oper MACBETH Figuren Macbeth – Kwang-Keun Lee Lady Macbeth – Merav Barnea Banco – Rúni Brattaberg/Kakhaber Tetvadze Macduff – Hans-Günther Dotzauer/Marc Haffner Malcolm – Gerd Jaburek Kammerfrau – Anita Hartinger Arzt – Joachim Pieczyk Diener/Mörder – Michael Burow-Geier Erste Erscheinung – Jaques Ewals Zweite Erscheinung – Evelyn Manja Dritte Erscheinung – Miriam Raiber/Sebastian Vanselow (Ulmer Spatzen) Ballettensemble, Opernchor, Extrachor und Statisterie des Theaters Ulm Handlung Erster Akt Die Feldherren Macbeth und Banquo kehren von einer siegreichen Schlacht zurück. Hexen weissagen, dass Macbeth Herrn von Cawdor und König, Banquo aber Vater von Königen sein werde. Boten verkünden, der König habe Macbeth zum Herrn von Cawdor erhoben. Beide Feldherren ergreift ein Schauder. Lady Macbeth liest einen Brief ihres Gatten, in dem dieser die Ereignisse und die Ankunft des Königs mitteilt. Macbeth selbst trifft ein, er ist dem König, der heute bei ihm übernachten will, vorausgeeilt. Die machthungrige Lady kann ihren Mann überreden, den König, der gerade mit seinem Gefolge das Schloss betritt, in der Nacht zu ermorden, um die Weissagung der Hexen zu befördern. Nachdem Macbeth die Tat vollbracht hat, färbt Lady Macbeth die Kleider der Wachen mit Blut, um den Verdacht auf sie zu lenken. Als der Mord entdeckt wird, sind alle entsetzt und verfluchen den Täter. Zweiter Akt Macbeth ist König geworden, doch die Prophezeiung, dass sein Thron Banquos Erben zufallen wird, lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Er beschliesst, Banquo und dessen Sohn Fleance ermorden zu lassen. Der Anschlag gelingt nur unvollständig. Während die Mörder Banquo töten, kann Fleance in der Dunkelheit entkommen. Banquos Tod wird durch einen Mörder dem König gemeldet, der an demselben Abend ein glänzendes Fest gibt. Heuchlerisch bedauert Macbeth Banquos Fehlen. Als er sich an dessen Platz begeben möchte, erscheint ihm der Geist des Toten. Der entsetzte König ist fassungslos und muss durch seine Gattin beruhigt werden. Schaudernd entfernen sich die Gäste. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 10 Dritter Akt Macbeth befragt noch einmal die Hexen nach der Zukunft und seinem Schicksal. Diese warnen ihn vor Macduff, doch der König beruhigt sich schnell, als er erfährt, dass ihn niemand überwinde, den ein Weib geboren hat und seine Herrschaft erst dann wanke, wenn der Wald von Birnam gegen ihn vorrücke. Lady Macbeth kann den König leicht dazu überreden, Macduff, seine Familie und andere Feinde zu vernichten. Vierter Akt Macduff ist entkommen und hat sich an der Grenze von Schottland mit Malcolms Truppen vereinigt. Er schwört Macbeth, der seine Kinder und seine Frau töten ließ, bittere Rache. Malcolm befiehlt, dass jeder seiner Soldaten beim Angriff auf Macbeth einen Ast aus dem Wald von Birnam als Tarnung vor sich hertragen solle. Arzt und Kammerfrau warten spät in der Nacht auf die Königin, die ihr böses Gewissen wahnsinnig werden ließ. Auch an diesem Abend erscheint sie nachtwandelnd und irre redend, gesteht den entsetzten Lauschern ihre Taten und stirbt. Macbeth lässt der Tod seiner Frau gleichgültig, gerät aber außer sich, als gemeldet wird, dass der Wald von Birnam gegen ihn anrücke. Auf dem Schlachtfeld begegnet der König Macduff und erfährt, dass dieser nicht geboren, sondern aus dem Mutterleib geschnitten wurde. Macbeths Schicksal erfüllt sich, er fällt im Zweikampf. Macduff und die Krieger grüssen Malcolm, den neuen König. Premierenkritik: Eingeborener Hass Giuseppe Verdis "Macbeth" am Theater Ulm Matthias Kaiser zeigt ein archaisches Musikdrama. Dieser düster-leidenschaftlichen Musik kann sich keiner entziehen. Giuseppe Verdis "Macbeth" ist allemal ein packendes Seelendrama. Das Theater Ulm zeigt unter der Regie von Matthias Kaiser archaische, bilderkräftige Oper mit Ballett und aufwendiger Bühnenmaschinerie. ULM. Mord um Mord, es riecht nach Blut im Staate Schottland. Ein Geruch, der die Lady Macbeth in den Wahnsinn treibt. Blind hatte sie gewütet, jetzt will sie sich reinwaschen. Unmöglich. Alles verflucht. "Es zahlt sich teuer, zur Macht zu kommen: die Macht verdummt", sagte Friedrich Nietzsche. Aber das ist für Verdis Oper "Macbeth" ein viel zu harmloses Wort - und die UImer Inszenierung hat der Philosoph naturgemäß auch nicht gesehen. Denn für den Regisseur Matthias Kaiser ist die Lady von Anfang an ein klinischer Fall: Ein Kinderbett schiebt sie vor sich her, in dem nur eine Stoffpuppe liegt. Grelles Lachen. Diese Frau kompensiert ihr fehlendes Mutterglück mit gnadenloser Machtgier. Diese von Merav Barnea faszinierend gespielte, aber mit tremolierender Mühe gesungene Lady Macbeth ist kein Monster, sondern tief verstört. Am Ende fährt ein Arzt die Umnachtete im Kinderbett davon. Gleichzeitig geht eine Prophezeiung der Hexen auf: Keiner, den eine Frau geboren habe, könne Macbeth gefährlich werden - stimmt, aber Malcolm (brüllend: Gerd Jaburek) Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 11 war aus dem Mutterleib geschnitten worden. Jetzt triumphiert Malcolm als Karikatur von einem König auf einem Thron, der allen zu groß ist. Eine hässliche Hymne. Nein, keiner atmet auf. Und die unheilvollen Hexen mahnen in dieser Inszenierung als Witwen, die ihr Schwarz ablegten, um zu spuken in den Albträumen der Mörder ihrer Männer und Söhne. Zu jenen gehört Macbeth: erst ein Waschlappen, dann ein angstzerfressener Täter, später ein hasserfüllt aufs Schicksal wütender Verlierer: Kwang-Keun Lee singt alle Gefühlsstufen durch, mit ausdrucksstark-vibrierendem Bariton. Und er hat einen starken Abgang mit der Sterbeszene aus der Uraufführungsfassung des “Macbeth" von 1847. Das weiß der Zuschauer vom Ulmer Operndirektor Kaiser mittlerweile, dass er verlässlich Menschenschicksale zeigt, die Kämpfe des Seeleninneren ausspielt, nichts Politisches übers Werk stülpt, nichts verdreht, verfremdet. Und auch sein “Macbeth" ist zunächst mal: große Oper, also sehr theatralisch. Marianne Hollenstein spielt effektvoll mit der Bühnenmaschinerie, ein Riesenquader schwebt drohend überm Geschehen, fährt herunter zur Wand, zum Gerüstbau für Boten des Wahns. Andererseits tauchen Hexen, Krieger und Volk (eine starke Chorleistung) aus dem Unterbewusstsein auf - aus dem Boden. Einfach dekorativ wie eindringlich: Wenn in der Bankettszene der Chor ein riesiges rotes Tuch zur Festtafel straffzieht und Banco (der knorrigbelcantische, beeindruckende Bass Runi Brattaberg) als böser Geist erscheint. Große Oper also: mit dem zu ausführlichen, von Andris Plucis choreografierten Ballett der Pariser “Macbeth"-Fassung von 1865, mit einem Orchesterklang, der diesen Verdi ins große Format stellt. James Allen Gähres dirigiert zupackend. auch mal schroff, aufwühlend. Dann hat er aber auch ein Ohr fürs herzerwärmend Kantable. das hüpfend Volkstümliche, das Schmissige, den martialischen Ton, um jedoch mit den Philharmonikern keineswegs nur Paradenummern zu zelebrieren. Der Trauerchor der Flüchtlinge ist ein ganz leiser Klagegesang. Ein menschliches Innehalten in brutaler Welt. von: Jürgen Kanold, in: Südwest Presse, 24.11.2007 Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 12 Theaterpädagogisches Material Gesprächsanlässe: Zur Inszenierung am Theater Ulm: Was sagt ihr zur Geschichte, die erzählt wurde? Wie hat euch das Bühnenbild gefallen? Wie haben euch die Kostüme gefallen? Welche Figur hat euch am besten gefallen? Und warum? Welche Figur hat euch nicht so gut gefallen? Und warum? Welche Szene hat Euch am besten gefallen und warum? Hat euch eine Szene nicht gefallen und warum? Spielanlässe Warm-up Spaß am Spiel: Der 32-Sekunden Macbeth Benötigt werden 8 Kopien des 32-Sekunden-Macbeth-Textes (s. Anhang), jeweils eine für Macbeth und für die sechs anderen Rollen. a) 8 Freiwillige nehmen vor der Klasse Platz. Sie bekommen jeweils 1 Rolle zugewiesen und lesen einmal mit verteilten Rollen zur Probe ihren Text. Danach bekommen sie die Aufgabe die Szene zu spielen und dabei den 32Sekunden-Rekord zu halten oder zu brechen (Stoppuhr). Jedes Mal, wenn im Text gesagt wird, dass eine Figur stirbt, muss der entsprechende Spieler zu Boden gehen. b) Danach werden wieder 8 Freiwillige ausgesucht, die den Rekord der ersten Gruppe brechen sollen. Auch diese Gruppe bekommt Zeit für einen Probedurchlauf. Die Gewinner werden natürlich entsprechend bejubelt. Variante: In Kleingruppen erarbeiten die Schüler ihre eigenen 32-Sekunden-Versionen aus Macbeth. Dafür müssen sie 1. aus dem Text jene Sätze heraussuchen, die die Handlung besonders deutlich voran treiben und 2. sich für die Figuren entscheiden, die in ihrer Fassung vorkommen sollen. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 13 Figurenfindung Arbeit mit Rollentexten Wer bin ich? Für diese Übung können die Rollentexte aus dem Anhang verwendet werden oder die Schüler schreiben selbst Rollentexte oder -biographien. Der Lehrer gibt jedem Schüler einen Rollentext, dabei sollte darauf geachtet werden, dass bei der Verteilung alle Figuren gleichmäßig vergeben werden. Bei 24 Schülern wären es z.B. 3 komplette Ensembles. Die Schüler bewegen sich durch den Raum und lesen die Rollentexte laut und für sich. Auf Anweisung des Lehrers probieren die Schüler für ihre Figur verschiedene Möglichkeiten des Sprechens, der Bewegung aus, bis sie meinen, eine angemessene gefunden zu haben. So kann Schritt für Schritt eine Figur entwickelt werden. - Welche Körperhaltung hat die Figur (aufrecht, gebückt, angespannt, entspannt...)? - Wie würde die Figur sich hinsetzen? - Welche Bewegungen macht die Figur? - Hat die Figur einen Tick (z.B. immer Haare zurückstreichen, Nägel kauen...)? - Wie setzt die Figur ihre Füße auf? - Wie ist der Gang der Figur? - Welche Sprache benutzt die Figur (Akzent, Lautstärke...)? Beziehungsgeflecht/Soziogramm – Was wollen denn die von mir? a) Wenn alle Schüler eine Figur entwickelt haben, teilen sich die Schüler in Kleingruppen in Ensemblestärke: In jeder Gruppe sind ein Macbeth, eine Lady Macbeth, ein Macduff, ein Banco, ein Malcolm, eine Hexe. Wenn die Gruppe nicht durch sechs glatt teilbar ist, kann man auch Figuren in den Ensembles weglassen. Macbeth und Lady Macbeth sollten jedoch in jedem Fall vorkommen. Bei 26 Schülern wären es z.B. 4 komplette Ensembles und diese zwei Figuren als ein weiteres Ensemble. Oder man stockt bei den Hexen auf: Das können durchaus bis zu 6 sein. Zuerst erzählen sie sich gegenseitig, wer die jeweiligen Figuren sind und zeigen, wie sie sich ihrer Meinung nach bewegen, wie sie gehen und sprechen. In den Kleingruppen entsteht so ein erstes Verständnis für die Struktur der Verhältnisse im Stück. Die Gesprächsphase sollte nicht lange dauern, lieber schnell mit dem Ausprobieren anfangen. b) Die Figuren gehen nacheinander auf eine von der Gruppe festgelegte „Bühne“ und ordnen sich zu einem Standbild. Die erste Figur, die die Bühne betritt und „einfriert“, sollte in diesem Fall Macbeth sein. Die folgenden Figuren ordnen sich den schon stehenden Figuren zu und frieren auch ein. Dabei achtet jeder auf die (Körper-) Haltung seiner Figur und auf die Position zu den anderen Figuren. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 14 Dann soll jeder überlegen, welcher Figur im Standbild (Soziogramm) er welches der Zitate, die unter den Rollentexten stehen, sagt und wie, in welcher Stimmung. c) Eine Bühne und ein Zuschauerraum für alle werden festgelegt. Eine Gruppe beginnt damit, ihr Standbild vor der anderen Gruppe aufzubauen, wieder werden die Bewegungshaltungen eingenommen, das Zitat wird gesprochen und die Figuren frieren zum Standbild ein. Die andere Gruppe sieht zu. Wenn alle Figuren eines Ensembles auf der Bühne stehen, sollte Raum für „Korrekturen“ sein: Was sehen die Zuschauer? Meinen sie, das noch etwas verändert werden sollte? Wenn ja: Was? Und Wie? Wie geht es den einzelnen Figuren im Standbild? Was wollte die Gruppe damit zeigen? Dieses Prozedere wird mit allen Ensembles durchgespielt. Zum Ende der Übung haben die Schüler mehrere Standbilder gebaut, in denen sowohl die Beziehungen der Figuren untereinander deutlich wurden, als auch jede Rolle kurz eingeführt wurde. Durch die verschiedenen Ensembles wurden im besten Falle Charakterzüge und Beziehungen der einzelnen Figuren unterschiedlich beleuchtet. Das geht dann in Richtung eines Inszenierungszugriffs. Wie ein Regisseur haben die Schüler für ihre Figur einen Fokus entwickelt, indem sie sich in einer bestimmten Art den anderen Figuren zuordnen und ihr Zitat auf eine bestimmte Art einsetzen. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 15 ANHANG - Materialien 1. Rollentexte Macbeth Macbeth ist ein schottischer Feldherr, der gerade siegreich gewesen ist. Er trifft eine Gruppe Hexen, die ihm prophezeien, dass er der Herr von Cawdor werde und dann König von Schottland. Macbeth glaubt ihnen nicht sofort. Als er aber zum Herrn von Cawdor ernannt wird, scheint der Königstitel nicht mehr weit. Er berichtet der Lady in einem Brief von der Prophezeiung, weil er selbst unsicher ist. Als die Lady ihn daraufhin drängt, den König zu töten, tut er es. Aber auch Banco und sein Sohn müssen noch aus dem Weg geräumt werden. Und Macbeth heuert Mörder an. Macbeth schwankt zwischen Moral und Unmoral. Er macht sich auf Zureden der Lady ein erstes Mal schuldig. Nach diesem Grenzübertritt sind alle Hemmungen gefallen und er mordet weiter. Mit der steigenden Anzahl an Mordopfern wird Macbeth auch zunehmend abgestumpfter gegenüber Gewalt und dadurch auch zunehmend brutaler. Seinen Tiefpunkt erreicht er mit dem Massaker an Macduffs schutzloser Familie, die für ihn nicht einmal eine Gefahr darstellt. Am Ende stirbt Macbeth im Zweikampf mit Macduff. Zitate: 1. Warum nur spüre ich, wie sich die Haare sträuben? 2. Noch andere müssen bluten, Frau! 3. Tod oder Ruhm! Lady Macbeth Lady Macbeth ist die Frau von Macbeth. Sie liest in einem Brief von Macbeth, dass ihm prophezeit wurde, er werde König. Genau das will sie: Dass ihr Mann König und sie Königin ist. Sie glaubt, dass er nicht den Mut hat, die Macht mit aller Konsequenz an sich zu reißen. Als sie hört, dass Duncan, der aktuelle König, über Nacht bei ihnen sein wird, ist ihr sofort klar, dass er sterben muss, um Platz für Macbeth zu machen. Lady Macbeth ist viel unbedingter in ihrem Handeln als Macbeth selbst. Sie verkündet, dass ein Mord ihr Gewissen nicht belasten wird. Sie freut sich, als Macbeth nach dem ersten Mord bereit ist, weitere Morde zu begehen. Am Ende der Mordserie wird die Lady wahnsinnig über ihre Taten. Sie meint, das Blut an ihren Händen nicht mehr entfernen zu können. Sie stirbt. Zitate: 1. Ehrgeizig bist du, Macbeth ... du begehrst Größe, aber bist du böse? 2. Auch ich habe schmutzige Hände; ein Wasserspritzer, und sie sind sauber. Und so wird die Tat vergessen. 3. Tod und Verderben der bösen Brut! Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 16 Macduff Macduff ist wie Macbeth ein schottischer Feldherr. Er ist königstreu und entsetzt, als der König tot ist. Er ahnt, dass Macbeth der Schuldige ist und verlässt das Land, um Rettungspläne zu schmieden. In dieser Zeit erfährt er, dass Macbeth seine Frau und seine Kinder hat töten lassen. Er schließt sich mit seinem Heer dem von Malcolm an und stürmt die Burg von Macbeth. Im Kampf fordert er Macbeth heraus und tötet ihn. Er ruft den neuen König Malcolm aus. Zitate 1. Man muß dieses Land verlassen: jetzt, da eine verdammte Hand regiert 2. Ach, meine Kinder, vom Tyrannen ermordet und mit euch die arme Mutter! 3. Mörder meiner Kinder, hab ich dich! Banco Banco ist Macbeths Begleiter und Freund. Wie auch Macbeth ist er ein hochrangiger Kommandeur der schottischen Armee und auch er erhält eine Prophezeiung der Hexen. Er werde nicht König, aber Vater von Königen. Banco aber sieht die Hexenprophezeiung kritisch. Er befindet Macbeth als aufgeblasen, weil der auf den Königsthron hofft. Banco ist königstreu und entsetzt, als er von Duncans Tod erfährt. Von nun an sorgt er sich um sein Leben und das seines Sohnes. Zu Recht, den Banco wird in Macbeth´ Auftrag ermordet. Zitate 1. Oh, welch schreckliche Nacht! Durch die Finsternis stöhnte es, es klang wie Todesstimmen. 2. Wir sind verloren! 3. Gib acht auf deine Schritte, mein Sohn... Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 17 Die Hexen Die Hexen sind übernatürliche Gestalten, die Macbeth zu seinen Taten treiben. Sie prophezeien Macbeth als erstes, dass er König werde. Das ist der Auslöser für den Mord an König Duncan. Mit weiteren Prophezeiungen verschleiern sie den Tod Macbeths: Er könne nur von einem Mann getötet werden, der nicht von einer Muter geboren sei und erst dann, wenn der Wald von Birnam auf ihn vorrücke. Beides geschieht: Macduff ist „aus dem Schoß seiner Mutter herausgerissen worden“ und das Heer von Malcolm und Macduff tarnt sich mit Zweigen aus dem Wald von Birnam, als es vorrückt. Zitate 1. Macbeth wird kommen, wir sehen ihn dort, und unser Schicksalsspruch wird ihm gemacht. 2. Macbeth und Banco sollen leben! 3. Schweig und höre. Malcolm Malcolm ist einer der Söhne Duncans und sollte dessen Nachfolger als König werden. Nach dem Mord an Duncan flieht er nach England und stellt mit Macduff eine Armee gegen Macbeth auf mit der er diesen später angreift. Malcolm siegt mit seinem Heer gegen Macbeth und wird am Ende neuer König. Zitate: 1. Dich tröste die Rache. 2. Wer seine Heimat nicht hasst, greife zur Waffe und folge mir. 3. Vertraue mir, Schottland; Ausgelöscht ist der Tyrann! Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 18 2. Text für „Der 32-Sekunden-Macbeth“ Spieler 3 Was habt ihr gemacht? Spieler 1 Eine Trommel! Was ist das? Spieler 2 Macbeth kommt. Hier ist er! Macbeth Sah keinen Tag so wild und schön! Spieler 1, 2, 3 Heil dir, Macbeth, König von Schottland! Macbeth Zur Krone, die mir das Schicksal bietet, werde ich die raubgierige Hand nicht erheben. Spieler 4 Entzünden will ich dir das kalte Herz! Macbeth Ich war betäubt von dem Gehörten. Spieler 4 Es wird nicht scheitern ... wenn du nicht zitterst. Macbeth Mir zeigt sich ein Dolch?! Spieler 4 Ein Wasserspritzer, und sie sind sauber. Und so wird die Tat vergessen Spieler 5 Weh mir! Flieh, mein Sohn! (stirbt) Macbeth Noch andere müssen bluten, Frau! Spieler 1,2,3 Ein namenloses Werk. Macbeth Tod und Verderben der bösen Brut! Spieler 6 Das verratene Vaterland fordert uns weinend auf! Spieler 4 Hier ist noch ein Fleck ... Weg, sag ich dir, verdammter!. (stirbt) Macbeth Mitleid, Achtung, Liebe ... Spieler 7 Mörder meiner Kinder, hab ich dich! Macbeth Weiche! Himmel! (stirbt) Spieler 7 Heil, König! Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 19 3. Libretto Personen Duncan, König von Schottland Macbeth General des königlichen Heeres Banquo General des königlichen Heeres Lady Macbeth, Macbeths Frau Kammerfrau der Lady Macbeth Macduff, schottischer Edler, Herr von Fife Malcolm, Duncans Sohn Fleance, Banquos Sohn Diener Macbeths Arzt Mörder Bote Hekate, Göttin der Nacht Hexen, Königliche Boten, schottische Edle und Flüchtlinge, Mörder, englische Soldaten, Barden, Geister, Erscheinungen Schauplatz ist Schottland, vorwiegend Macbeths Burg, zu Anfang des vierten Akts Grenze zwischen England und Schottland. ERSTER AKT Nr. 1 Vorspiel und Introduktion Erste Szene Wald. Drei Gruppen von Hexen erscheinen nacheinander unter Blitz und Donner. DIE HEXEN I. Was habt ihr gemacht? Sagt schon! II. Hab einen Eber gestochen. I. Und du? III. Mir schwirrt die Frau eines Steuermanns durch den Sinn: sie jagte mich zum Teufel... doch ihren Mann, der ausgefahren ist, werde ich samt seinem Schiff ersäufen. I. Einen Nordwind werde ich dir geben ... II. Die Wellen werde ich heben ... II. In Untiefen werde Ich ihn tragen. Man hört eine Trommel. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 20 ALLE Eine Trommel! Was ist das? Macbeth kommt. Hier ist er! Sie vermischen sich und bilden einen Kreis. Die streunenden Schwestern fahren durch die Luft, fahren auf den Wellen, sie können einen Reigen tanzen, der Erde und Meer umfaßt. Nr. 2 Szene und Duett Macbeth und Banquo. Die Vorigen. MACBETH Sah keinen Tag so wild und schön! BANQUO Und nicht so ruhmreich! MACBETH sieht die Hexen Ah, wer sind die? BANQUO Wer seid ihr? Aus dieser Welt oder einer anderen? Ich würd euch Weiber nennen, wär nicht dieser scheußliche Bart. MACBETH Los, sprecht! DIE HEXEN in prophetischem Ton I. Heil dir, Macbeth, Herr von Glamis! II. Heil dir, Macbeth, Herr von Cawdor! II. Heil dir, Macbeth, König von Schottland Macbeth zittert. BANQUO zu Macbeth, leise Was schrecken Euch die frohen Zeichen? zu den Hexen Mir aber sagt, wie meine Zukunft ist, ihr wunderlichen Wesen, wenn ihr sie wißt. DIE HEXEN I. Heil dir! II. Heil dir! III. Heil dir! I. Weniger als Macbeth wirst du sein und mehr! II. Nicht so im Glück wie er, aber glücklicher! III. Nicht König, aber Vater von Königen! ALLE Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 21 Macbeth und Banquo sollen leben! Banquo und Macbeth sollen leben! Sie verschwinden. MACBETH Sie schwanden! ... gedankenvoll Deine Kinder werden Könige. BANQUO Und du König vor Ihnen. BANOUO und MACBETH Geheimnisvolle Worte! Dritte Szene Boten des Königs. Die Vorigen. DIE BOTEN Hoch Macbeth! Dein König machte dich zum Herrn von Cawdor. MACBETH Aber das hat einen Herrn DIE BOTEN Nein, das Gesetz stieß ihn unters Beil. BANQUO für sich, mit Grauen Ah, die Hölle sprach die Wahrheit! MACBETH für sich, leise, fast mit Schrecken Zwei Weissagungen sind schon erfüllt... Die dritte verspricht mir einen Thron ... Warum nur spüre ich, wie sich die Haare sträuben? Blutgedanke, wie wurdest du geboren? ... Zur Krone, die mir das Schicksal bietet, werde ich die raubgierige Hand nicht erheben. BANQUO für sich Oh, wie bläht er sich voll Stolz und hofft auf einen Königsthron! Doch oft täuscht uns der falsche Höllengeist mit Wahrem und dann verläßt er uns verflucht am Rand des Abgrunds, den er grub. DIE BOTEN Warum blieb Macbeth so kalt? Warum hellte seine Miene sich nicht auf? Alle gehen ab. Nr. 3 Chor Vierte Szene Die Hexen kommen zurück. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 22 DIE HEXEN Sie sind weg! Wir werden uns versammeln, wenn Blitz und Donner krachen. Sie sind weg. Fort, fort! ... Gebt acht, das Schicksal erfüllt sich in der Hexennacht. Macbeth wird kommen, wir sehen ihn dort, und unser Schicksalsspruch wird ihm gemacht. Fort, fort! Sie gehen ab. Nr. 4 Szene und Cavatina Fünfte Szene Vorhalle in der Burg Macbeths, die in andere Zimmer führt. Lady Macbeth liest einen Brief. LADY »Am Tag des Sieges stieß ich auf sie ... Ich war betäubt von dem Gehörten; als die Boten des Königs mich als Herrn von Cawdor grüßten, hatte ich die Botschaft von den Seherinnen schon empfangen, die mir auch eine Krone verhießen. Schließ das Geheimnis in dein Herz. Auf bald.« Ehrgeizig bist du, Macbeth ... du begehrst Größe, aber bist du böse? Über Verbrechen geht der Weg zur Macht, und wehe dem, dessen Fuß ihn unsicher betritt und zurückschreckt! Komm! Eile! Entzünden will ich dir das kalte Herz! Die kühne Tat zu vollenden, werde ich dir Kraft verleihen; Schottlands Thron verheißen dir die Prophetinnen ... Was säumst du? Empfange das Geschenk, steige hinauf und herrsche. Sechste Szene Ein Diener und die Vorige. DIENER Der König trifft vor Abend ein. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 23 LADY Was sagst du? Macbeth ist bei ihm? DIENER Er begleitet ihn. Die Nachricht, Herrin, ist sicher. LADY Er werde königlich empfangen. Der Diener geht ab. Siebte Szene Lady Macbeth allein. LADY Duncan wird hier sein? ... hier? hier diese Nacht? ... Erhebt euch nun alle, ihr höllischen Geister, die ihr die Sterblichen zum Blutvergießen kühn macht und spornt! Du, Nacht, umhülle uns mit reglosem Dunkel; der Dolch sehe nicht, in wessen Brust er stößt. Nr. 5 Szene und Marsch Achte Szene Macbeth und die Vorige. MACBETH Oh, meine Frau! LADY Herr von Cawdor! MACBETH Gleich wird der König kommen. LADY Und wann gehen? MACBETH Morgen. LADY Nie geh uns die Sonne zu diesem Morgen auf. MACBETH Was sagst du? LADY Du verstehst nicht? ... Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 24 MACBETH Verstehe, verstehe! LADY Also? ... MACBETH Und wenn der Anschlag scheitert? LADY Er wird nicht scheitern ... wenn du nicht zitterst. Man hört frohe Klänge, die sich langsam nähern. Der König! Sei heiter jetzt, wir wollen ihn empfangen. Sie gehen ab. Neunte Szene Ländliche Musik, die, sich nähernd, die Ankunft des Königs anzeigt. Er schreitet über die Bühne, begleitet von Banqua, Macduff, Malcolm, Macbeth, Lady Macbeth und Gefolge. Nr. 6 Große Szene und Duett Zehnte Szene Nacht. Macbeth und ein Diener. MACBETH Deiner Herrin sage: ist mein Nachttrunk fertig, soll sie die Glocke ziehen. Der Diener geht ab. Elfte Szene Macbeth allein. MACBETH Mir zeigt sich ein Dolch?! Der Griff mir zugewandt? Daß ich dich zücke, wenn du kein Trugbild bist... Du entschlüpfst mir ... und doch, ich sehe dich! Du eilst mir auf dem verworrenen Weg, der in meinem Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 25 Kopf vorgezeichnet ist, voran! ... Schreckliches Bild! Deine Klinge zieht eine blutige Furche! Doch noch ist nichts. Einzig und allein mein blutiger Gedanke bringt es hervor, stellt mir als wahr ein Trugbild vor das Auge. Auf der halben Erde ist alles Leben erloschen; jetzt schleicht der Mörder wie ein Spuk sich durch die Nacht, jetzt begehen die Hexen ihren Zauber. Reglose Erde! Unter meinen Schritten bleibe stumm ... Man hört eine Glocke. Es ist soweit ... die Glocke da meint mich! Hör sie nicht, Duncan! Das ist die Sterbeglocke, sie ruft dich in den Himmel oder in die Hölle. Er betritt die Zimmer des Königs. Zwölfte Szene Lady Macbeth. LADY Der Schlaf herrscht über alle ... Oh, welche Klage! Der Uhu antwortet seinem traurigen Abschied! MACBETH von drinnen Wer ist da? LADY Ist er aus dem Schlaf erwacht vor dem Todesstoß? Dreizehnte Szene Die Vorige. Macbeth, verstört, einen Dolch in der Hand. MACBETH Es ist getan! nähert sich der Lady und flüstert Mein schicksalhaftes Weib! Ein Flüstern, hast du es nicht, wie ich, gehört? LADY Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 26 Ich hörte das Kreischen des Uhus ... Aber was sagtest du soeben? MACBETH Ich? LADY Ich glaubte dich eben gehört zu haben. MACBETH Als ich herunterkam? LADY Ja, ja. MACBETH Sag! Wer schläft im Nebenzimmer? LADY Der Sohn des Königs ... MACBETH sieht auf seine Hände Welch Anblick, welch schrecklicher Anblick! LADY Schau nicht hin ... MACBETH Im Schlaf hörte ich die Kämmerer beten, und: »Gott steh uns bei in Ewigkeit«, sagten sie, »Amen«, wollt ich sagen, aber das widerspenstige Wort gefror mir auf den Lippen. LADY Tollheit. MACBETH Warum konnte Ich nicht das »Amen« sprechen? LADY Tollheit, Tollheit, mit dem ersten Tageslicht zerstreut MACBETH Dann hörte ich diese Stimme in meiner Brust: Du wirst Dornen als Kissen haben, Macbeth! Du hast den Schlaf für immer getötet, Glamis! Du wirst deine Nächte durchwachen, Cawdor! LADY Doch sag mir, hörtest du nicht eine andere Stimme? Willst hoch hinaus, Macbeth, bist aber ohne Kraft: mittendrin wirst du schwach, Glamis, traust dich nicht weiter, ein eitles Kind, Cawdor, bist du. MACBETH Rache! hör ich schon donnern, wie Zornesengel, die heiligen Tugenden Duncans. LADY für sich Er zittert, schlägt um sich, rast ... Wer würde den Unbesiegten noch erkennen? zu Macbeth Bringt den Dolch zurück ... Seine Wachen färbt mit Blut ... Der Verdacht wird Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 27 auf sie fallen. MACBETH Ich zurück? ... Ich kann da nicht hinein! LADY Gib mir den Dolch. Sie reißt Macbeth den Dolch aus der Hand und tritt in die Zimmer des Königs. Vierzehnte Szene Macbeth allein. Heftige Schläge ans Burgtor. MACBETH Jedes Geräusch erschreckt mich! sieht auf seine Hände Diese Hände! Nicht alle Wasser der Welt könnten diese Hände säubern! Fünfzehnte Szene Lady Macbeth und der Vorige. LADY zurückkommend Schau! Auch ich habe schmutzige Hände; ein Wasserspritzer, und sie sind sauber. Und so wird die Tat vergessen ... wieder Schläge MACBETH Hörst du? Immer lauter! LADY Komm weg von hier! Vom Mörder wenden wir jeden Verdacht; Faß dich, faß ein Herz, Macbeth! Laß dich nicht von feiger Furcht besiegen. MACBETH Ach, könnt ich mein Verbrechen aus dem Gedächtnis tilgen! Verstünde ich, erstochner König, dir den tiefen Schlaf zu brechen! Geht ab, von der Lady mitgerissen Nr. 7 Szene und Sextett - Finale I Sechzehnte Szene Macduff und Banquo. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 28 MACDUFF Ich soll früh den König wecken und es ist schon spät. Wartet hier auf mich, Banquo. Betritt das Zimmer des Königs. Siebzehnte Szene Banquo allein. BANQUO Oh, welch schreckliche Nacht! Durch die Finsternis stöhnte es, es klang wie Todesstimmen. Dumpf klagte der Unheil verkündende Vogel, und die Erde bebte ... Achtzehnte Szene Macduff und Banquo. MACDUFF wild hereinstürzend Grauen! Grauen! Grauen! BANQUO Was ist geschehen? MACDUFF keuchend Da drinnen, seht selbst ... Ich kann´s nicht sagen! ... Banquo stürzt in das Zimmer des Königs Herbei! ... Heda! ... Alle herbei! Alle! Oh, Verbrechen! oh, Verbrechen! oh, Verrat! Neunzehnte Szene Macbeth, Lady Macbeth, Malcolm, Macduff, Banquo, Kammerfrau der Lady, Diener. LADY Was für ein Aufruhr? BANQUO tritt auf, erschrocken Wir sind verloren! ALLE Was war? Sprecht! Was ist so sonderbar? BANQUO mit Grauen Es starb gemordet König Duncan! Alle erstarren ALLE Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 29 Öffne, Hölle, deinen Schlund und schling die ganze Schöpfung in deinen Schoß; Über den unbekannten, verdammten Mörder komme dein Feuer, Himmel. Großer Gott, der du in die Herzen siehst, steh uns bei, wir vertrauen uns nur dir. Bei dir suchen wir Licht und Rat, die den Schleier der Finsternis zerreißen. Dein Zorn. gewaltig und schnell, treffe den Frevler, Gott des Gerichts; und brandmarke seine Stirn mit dem Zeichen, mit dem du einst den ersten Mörder gebrandmarkt. Zweiter Akt Nr. 8 Szene und Arie Erste Szene Burggemach. Macbeth nachdenklich, gefolgt von Lady Macbeth. LADY Du meldest mich, stehst da und grübelst vor dich hin? Du änderst nichts! Die Zauberinnen sagten es voraus: du bist König. Des Duncan Sohn nennt man Vatermörder, weil er so schnell nach England floh; er hat dir den leeren Thron hinterlassen. MACBETH Aber die Geisterfrauen nannten Banquo Vater von Königen ... So sollen seine Kinder herrschen? Um ihretwillen mußte Duncan sterben? LADY Er und sein Sohn leben, jawohl ... MACBETH Doch sind sie nicht unsterblich ... LADY Unsterblich nicht! MACBETH Noch andere müssen bluten, Frau! LADY Wo? Wann? MACBETH Wenn es Nacht wird. LADY Du wirst es dir nicht anders überlegen? MACBETH Banquo! Dir öffnet sich das Reich der Ewigkeit ... Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 30 Stürzt davon. Zweite Szene Die Lady allein. LADY Der Tag erstirbt, das Leuchtfeuer erlischt, das ewig die weiten Himmel durchläuft! Ersehnte Nacht, verschleiere klug die schuldige Hand, die zustößt. Neues Verbrechen! Es muß sein! Das unheilvolle Werk muß sich vollenden. Was liegt den Toten am Regieren; ihnen ein Requiem und Ewigkeit. mit Begeisterung Wollust der Macht! Szepter, endlich mein! Jedes sterbliche Verlangen wird durch dich gestillt. Gleich wird der leblos fallen, dem die Krone verheißen war. Nr. 9 Chor Dritte Szene Park. In der Ferne Macbeths Burg. CHOR DER MÖRDER I Wer befahl euch, zu uns zu stoßen? II Macbeth I Mit welchem Auftrag? II Banquo zu töten I Wann? ... Wo? ... II Mit euch. Er kommt mit seinem Sohn. I In Ordnung. Bleibt. ALLE Die Sonne schwand .. jetzt herrsche die Nacht, verworfen und blutig. Blinde Nacht, schnell, lösch jedes L:icht am Himmel und auf Erden. Es ist soweit! ... Verstecken wir uns, wir wollen ihn in der Stille erwarten. Zittre, Banquo – auf deine Seite zielt die Messerklinge! Sie gehen ab. Nr. 10 Große Szene Vierte Szene Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 31 Banquo und Fleance. BANQUO Gib acht auf deine Schritte, mein Sohn ... wir wollen aus dieser Finsternis ... ein unbekanntes Gefühl gebiert meine Brust, voller trauriger Vorahnung und Verdacht. Wie der Schatten Immer schwärzer vom Himmel herabstürzt! In einer solchen Nacht haben sie Duncan, meinen Herrn, durchbohrt. Tausend quälende Bilder künden mir Unglück und bestürmen meinen Geist mit Phantomen und Schrecken. Sie verlieren sich im Park. Banquos Stimme von der Hinterbühne Weh mir! ... Flieh, mein Sohn! ... Verrat! Fleance läuft über die Bühne, von einem Mörder verfolgt. Nr. 11 Finale II Fünfte Szene Prunksaal. Gedeckte Tafel. Macbeth, Lady Macbeth, Macduff, Kammerfrau der Lady Macbeth, Damen und Kavaliere. CHOR Heil dir, König! MACBETH Heil euch, edle Herren! CHOR Heil dir, Herrin! LADY Empfangt meinen Dank für eure Huldigung. MACBETH Jeder nehme den Platz ein, der seinem Rang gebührt. Mir soll's eine Ehre sein, solche Gäste zu bewirten. Meine Frau setze sich auf den ihr zugefallenen Thron, doch zuvor bringe sie einen Trinkspruch auf euch aus. LADY Auf deine königliche Aufforderung stehe ich bereit, mein Herr. CHOR Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 32 Und unsere Antwort kommt von Herzen. LADY Füllet den Becher mit köstlichem Wein; es wachse die Lust, es schwinde die Pein. Von uns fliehe Haß und Aufruhr, scherzend führe die Liebe nur. Laßt uns den Balsam schmecken, der alle Wunden heilt, der neues Leben dem Herzen schenkt. Laßt uns die trüben Sorgen verjagen; es wachse die Lust, es schwinde die Pein. ALLE wiederholen Sechste Szene Die Vorigen. Ein Mörder tritt durch die Seitentür. Macbeth nähert sich ihm. MACBETH leise Dein Gesicht ist voll Blut. MÖRDER. Es ist Banquos. MACBETH Ist das die Wahrheit? MÖRDER Ja. MACBETH Und sein Sohn? MÖRDER Entkam uns. MACBETH O Himmel! ... und Banquo? MÖRDER Ist tot. Macbeth gibt ihm ein Zeichen zu verschwinden. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 33 Siebte Szene Die Vorigen, ohne den Mörder. LADY nähert sich Macbeth Was hält dich, König und Gemahl, von den Freuden des Festmahls fern? MACBETH Banquo fehlt! Der Tapfere schlösse den erlauchten Kreis der Würdigsten, die unser Reich je sah. LADY Er versprach zu kommen, aber er kam nicht. MACBETH Ich werde seinen Platz einnehmen. Macbeth will sich setzen. Banquos Geist, den nur er sieht, hat den Platz schon besetzt. Wer von euch tat das? ALLE Was sagst du? MACBETH zum Geist Sag nicht, sag nicht, daß ich es war ... Deine blutigen Locken schüttle nicht gegen mich ... ALLE erheben sich Macbeth ist nicht wohl! Gehen wir ... LADY Bleibt! ... Der Anfall geht schnell vorüber ... leise zu Macbeth Seid Ihr noch ein Mann? MACBETH Ja, und ein mutiger, wenn ich etwas anschaue was dem Teufel Angst einjagen würde ... da ... da '" siehst du ihn nicht? zum Geist Oh, wenn du deine Scheitel schütteln darfst, dann sprich auch! Gibt uns das Grab die Getöteten wieder? Der Geist verschwindet. LADY leise zu Macbeth Ihr seid verrückt! MACBETH Diese Augen sahen ihn ... LADY laut Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 34 Setzt euch, mein Gemahl! Eure Gäste sind verstimmt, erheitert sie wieder! MACBETH Verzeiht mir alle: das heitere Trinklied erklinge von neuem, und vergeßt Banquo nicht, der immer noch fern bleibt. LADY Füllet den Becher mit köstlichem Wein; es wachse die Lust, es schwinde die Pein. Von uns fliehe Haß und Aufruhr, scherzend führe die Liebe nur. Laßt uns den Balsam schmecken, der alle Wunden heilt, der neues Leben dem Herzen schenkt. Leeren wir auf den ruhmreichen Banquo das Glas! Die Blüte der Ritter und Schottlands Ruhm. ALLE wiederholen Der Geist erscheint wieder MACBETH erschrocken Hinweg, Geist der Hölle! ... Spalte dich, Erde, veschling ihn ... Die Knochen flammen, es dampft das Blut mir ins Gesicht! Dieser scharfe Blick schneidet mir ins Herz! ALLE Unglück! Schrecken! MACBETH Was andere wagen, wage auch ich! Werde zum Tiger, bedrohe mich als Löwe ... Pack mich ... Macbeth wird nicht zittern; du wirst sehen, ob ich mich fürchte ... Aber weg! Ha, weg, fürchterlicher Schatten! Der Geist entschwindet. Ich lebe Wieder! LADY leise zu Macbeth Schämt euch, Herr! MACBETH Dieser Schatten fordert Blut von mir, er soll es haben, Ich schwöre es! Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 35 Den Hexen zerreiße ich den Schleier der Zukunft. LADY zu Macbeth Feigling! Vor Angst siehst du Gespenster. Das Verbrechen ist begangen: Wer starb, kehrt nicht wieder. MACDUFF Üble Rätsel! ... Man muß dieses Land verlassen: jetzt, da eine verdammte Hand regiert, kann nur der Schuldige hier leben. ALLE Üble Rätsel! Bestürzt hat er von Gespenstern gesprochen! Eine Mördergrube ist dies Land geworden. Dritter Akt Nr. 12 Introduktion Erste Szene Dunkle Höhle. In ihrer Mitte ein Kessel, in dem es kocht. Blitz und Donner. HEXEN I. Dreimal miaut die brünstige Katze. ll. Dreimal klagt und heult der Wiedehopf. III. Dreimal quiekt das Stachelschwein im Wind. ALLE Es ist Zeit. Ans Werk! Rühren wir Im Topf geschwind, gehn wir im Kreis und mischen die kräftigen Tunken: Schwestern, ans Werk! Schon dampft das Wasser, brodelt und schäumt. indem sie etwas in den Kessel werfen l. Du, giftige Kröte, saugst den Eisenhut, du, Dorn, du, Wurzel, ausgerissen im Dämmerlicht, los, koch und brodle im höllischen Topf. ll. Du, Vipernzunge, Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 36 du, Eulenflaum, du, Affenblut, du, Hundezahn, los, wall und wälze dich im höllischen Sud. lll. Du, Finger eines Kindes, bei der Geburt erwürgt, du, Tatarenlippe, du, Ketzerherz, los hinein, und dicke den höllischen Brei. ALLE um den Kessel tanzend Und ihr, Geister, schwarz und weiß, rot und blau, rührt! Ihr, die ihr gut zu rühren versteht, rührt! Rührt! Nr. 13 Ballett Die Szene füllt sich mit Geistern, Teufeln und Hexen, die um den Kessel herumtanzen. Sie unterbrechen ihren Tanz und rufen Hekate an. Es erscheint Hekate, die Göttin der Nacht und der Zauberei. Alle stehen in andächtiger Haltung da und betrachten die Göttin fast zitternd. Hekate sagt zu den Hexen, sie kenne deren Vorhaben und wisse, weshalb sie gerufen worden sei. Hekate blickt sich aufmerksam prüfend um. Hekate kündigt an, daß Macbeth kommen werde, um die Hexen nach seinem Schicksal zu befragen, und daß die Hexen ihm Auskunft geben müßten. Wenn die Visionen seine Stimme zu sehr überwältigen sollten, so sollen die Hexen die Luftgeister herbeirufen, um ihn aufzuwecken und ihm neue Kraft zu verleihen. Aber das Verderben, das ihn erwartet, darf nicht weiter aufgeschoben werden. Alle nehmen ehrerbietig die Befehle der Göttin entgegen. Unter Blitz und Donner verschwindet Hekate. Alle umgeben den Kessel, fassen sich an den Händen und tanzen einen Reigen. Nr. 14 Große Szene Macbeth. Die Vorigen Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 37 MACBETH am Höhleneingang zu einem seiner Begleiter Verhaltet Euch ruhig hier, bis ich Euch rufe. Begibt sich zu den Hexen. Was treibt ihr, Zauberinnen? HEXEN feierlich Ein namenloses Werk. MACBETH Bei diesem Höllenwerk beschwör ich euch! Tut mir mein Schicksal kund, und wenn Himmel und Erde im alten Krieg entzweien. HEXEN Willst du es von den unbekannten Mächten hören, denen wir als Priesterinnen dienen, oder von uns? MACBETH Beschwört sie nur, wenn sie mir das dunkle Rätsel der Zukunft erhellen können. HEXEN Aus den tiefen und hohen Regionen, schweifende Geister, herauf und herab! Ein Donner knallt, und aus dem Boden steigt ein behelmtes Haupt. MACBETH Sag mir, Geist... HEXEN Er hat dir im Herzen gelesen; schweig, und lausche den geheimnisvollen Stimmen. ERSCHEINUNG Oh, Macbeth! Macbeth! Macbeth! Hüte dich klug vor Macduff. MACBETH Du bestärkst mich in meinem Verdacht! Nur ein Wort noch ... Die Erscheinung verschwindet. HEXEN Fragen mag er nicht. Doch hier ein anderer, mächtiger als er. Donner: ein blutiges Kind erscheint. Schweig und höre seine geheimen Worte. ERSCHEINUNG Oh, Macbeth, Macbeth, Macbeth! Darfst wild sein und im Blute baden, keiner, der von einem Weib geboren, kann dir schaden. verschwindet MACBETH O Macduff, ich schenke dir dein Leben ... wild Nein! ... Du stirbst! Meine Königsbrust wird dein Tod doppelt panzern! Blitz und Donner ... ein gekröntes Kind erscheint. Was bringen Blitz und Donner? ... ein Kind mit dem Königskranz! Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 38 HEXEN Schweig und höre. ERSCHEINUNG Habe nur Mut: Wirst ruhmreich und unbesiegbar sein, bis du den Wald von Birnam sich ordnen und auf dich zukommen siehst. verschwindet MACBETH O Segen! Noch keine Zaubermacht hat einen Wald bewegt. zu den Hexen Jetzt sagt mir: wird Banquos Geschlecht meinen Thron besteigen? HEXEN Frag nicht danach! MACBETH Ich will, ich will, oder euch trifft mein Schwert! Der Kessel versinkt. Der Kessel ist weg! Warum? unterirdische Dudelsackmusik Was für eine Musik! Sagt! Was ist? HEXEN I. Erscheint! II. Erscheint! lll. Erscheint! zusammen Dann entschwindet ihr wieder wie Nebel. Acht Könige ziehen vorüber, einer hinter dem anderen. Als letzter Banquo, einen Spiegel in der Hand. MACBETH zum ersten Hinweg, Geist eines Königs, bist Banquo zu ähnlich! Brennst mit dem Blitz deiner Krone mir die Augen! zum zweiten Weiche Angstbild, das Haar von Bändern umschlungen! zu den anderen Und noch andere schließen sich an? ... Ein dritter? ... ein vierter? ... Ein fünfer? O Schrecken! ... Dem letzten glänzt ein Spiegel in der Hand. Und neue Königen erscheinen im Innern des geheimnisvollen Glases ... Banquo ist es, ah, furchtbarer Anblick! Er deutet lachend auf sie? Stirb, verhängnisvolle Brut! zieht das Schwert und stürmt gegen die Geister, dann hält er inne Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 39 Ach, du hast ja kein Leben! zu den Hexen Werden diese leben? HEXEN Sie werden. MACBETH Ich bin verloren! wird ohnmächtig HEXEN Er Ist ohnmächtig! ... Luftgeister, erweckt den König wieder! Nr.15 Chor und Ballett Dritte Szene Die Geister steigen herab und tanzen um Macbeth, dabei singen die Hexen folgenden Chor. CHOR Undinen und Sylphiden, weißgeflügelt,, behauchet diese bleiche Stirn. Im Wirbel fügt euch um harmonischen Reigen. Sinn und Seele belebet ihm. Geister und Hexen verschwinden. Nr. 16 Szene und Duett - Finale III Vierte Szene Lady Macbeth, Macbeth und Herold. MACBETH Wo bin ich? ... Sie schwanden! ... Ach, für immer und ewig sei diese Stunde verflucht! HEROLD Die Königin. MACBETH für sich Was? LADY tritt ein Endlich find ich Euch! Was macht Ihr? Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 40 MACBETH Noch einmal fragte ich die Hexen. LADY Und sie sagten? MACBETH »Hüte dich vor Macduff.« LADY Weiter. MACBETH >Keiner, der von einem Weib geboren, kann dir schaden.< LADY Weiter. MACBETH >Wirst unbesiegt sein, bis der Wald von Birnam sich auf dich zu bewegt.< LADY Weiter. MACBETH Doch mir erschien auch Banquos Geschlecht... Und es wird herrschen! LADY Lüge! Tod und Verderben der bösen Brut! MACBETH Ja, Tod! Feuer an Macduffs Burg! Frau und Kinder sollen sterben! LADY Banquos Sohn wird aufgespürt, getötet! MACBETH Das uns feindlich Blut werde restlos versprengt! LADY Jetzt fühl ich wieder deinen alten Mut. BEIDE Stunde des Todes und der Rache, dröhne, halle durch die ganze Welt, wie der betäubende Mordgedanke alle Fibern des Herzens befällt. Todesstunde, eil nun heran, unerbittlich ist der SchicksaIsspruch: Ein Verbrechen muß vollenden, was mit Blut begonnen wurde. Vierter Akt Nr. 17 Chor Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 41 Erste Szene Öder Platz an der Grenze von Schottland und England. In der Ferne der Wald von Birnam. Schottische Flüchtlinge, Männer, Frauen, Kinder. Macduff beiseite, betrübt. CHOR Geknechtet Vaterland, der süße Name Mutter, nein, er geht dir ab, was bist du deinen Kindern nun geworden als ein Grab. Von Waisen und Weinenden - um den Gatten, um das Kind – erhebt am Morgen sich ein Schrei und schlägt am Himmel an. Dem gibt der Himmel Antwort, als wolle er voll Mitleid deinen Schmerz in die Unendlichkeit tragen, geknechtet Vaterland. Stets schlägt die Totenglocke, doch keiner wagt, zu klagen um die, die leiden und sterben. Nr. 18 Szene und Arie MACDUFF Ach, Kinder, meine Kinder, vom Tyrannen ermordet und mit euch die arme Mutter! Ach, in den Krallen des Tigers ließ ich Mutter und Kind? Ach, die Hand des Vaters war euch kein Schild, ihr Lieben, vor den feigen Mördern, die euch tödlich schlugen! Mich, den Flüchtling, der sich verbarg, rieft ihr vergeblich mit eurem letzten Seufzen, mit eurem letzten Seufzen, mit eurem letzten Atemzug. Führe mich vor des Tyrannen Stirn, o Herr, und wenn er meinem Streich entgeht, Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 42 dann öffne deine Arme und vergib ihm. Zweite Szene Unter Trommelwirbel tritt Malcolm auf, als Anführer einer englischen Streitmacht. MALCOLM Wo sind wir? Was ist das für ein Wald? CHOR Der Wald von Birnam! MALCOLM Jeder reiße einen Ast ab und trage Ihn als Deckung vor sich her. zu Macduff Dich tröste die Rache. MACDUFF Ich werde keine haben ... er hat keine Kinder! MALCOLM Wer seine Heimat nicht haßt, greife zur Waffe und folge mir. Malcolm und Macduff greifen zum Schwert. ALLE Das verratene Vaterland fordert uns weinend auf! Brüder, zur Eile, den Geknechteten zum Heile. Schon schlägt der göttliche Zorn den Ruchlosen; die schrecklichen Frevel erschöpften die Geduld des Herrn. Nr.19 Große Szene Dritte Szene Szene im Schloß Macbeths wie im ersten Akt. Arzt und Kammerfrau der Lady Macbeth. ARZT Zwei Nächte wachten wir vergebens. KAMMERFRAU In dieser wird sie kommen. ARZT Wovon sprach sie im Schlaf? KAMMERFRAU Ich sag es keinem Lebenden ... Da kommt siel... Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 43 Vierte Szene Lady Macbeth und die Vorigen. ARZT Sie trägt ein Licht? KAMMERFRAU Die Lampe, die sie immer neben ihr Bett stellt. ARZT Ah, wie sie die Augen aufsperrt! KAMMERFRAU Und trotzdem sieht sie nich. Die Lady stellt das Licht ab und reibt sich die Hände, als wolle sie sie waschen. ARZT Warum reibt sie die Hände? KAMMERFRAU Sie glaubt sie zu waschen! LADY Hier ist immer noch ein Fleck ... Weg, sag ich dir, verdammter! ... Eins ... zwei ... ihm schlägt die Stunde! Du zitterst? ... Traust dich nicht hinein? Ein Soldat und so feige? Oh, Schande! ... Auf denn, beeil dich! ... Wer konnte ahnen, daß noch so viel Blut In dem Alten war? ARZT Was sagte sie? ... LADY Der Herr von Fife, war er nicht eben noch Gemahl und Vater?... Was Ist aus ihm geworden? ... sieht auf ihre Hände Werd Ich diese Hände nie sauber kriegen? ... KAMMERFRAU und ARZT Oh, Schrecken! ... LADY Nach Menschenblut riecht es hier immer ... Alle Balsame Arabiens machen diese kleine Hand nicht wohlriechend. Weh mir! ... ARZT Sie seufzt? LADY Zieh dein Nachtkleid an ... Los, bring dich In Ordnung! Banquo ist tot, und aus der Grube hat noch keiner sich erhoben. ARZT Das auch noch? ... LADY Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 44 Zu Bett, zu Bett... Du kannst nicht ungeschehen machen, was geschah ... Es klopft! ... Gehen wir, Macbeth, daß dich deine Blässe nicht verrät! KAMMERFRAU und ARZT Ach, Herr, erbarme dich ihrer! Nr. 20 Szene und Arie Fünfte Szene Burgsaal. Macbeth. MACBETH Verräter! Mit dem Engländer verbündet ihr euch gegen mich! Die weissagenden Mächte prophezeiten: »Darfst wild sein und im Blute baden; keiner, der von einem Weib geboren, kann dir schaden.« Nein, euch fürchte ich nicht, und nicht das Kind, das euch führt! Der Anschlag soll den Thron mir sichern oder mich stürzen für immer ... Und doch fühl ich mein Leben im Innersten verdorrt. Mitleid, Achtung, Liebe, die Tröstungen des Alters, werden mit keiner Blume dein weißes Haar bestreuen. Auch hoffe nicht auf sanfte Worte an deiner Königsgruft; nur der Fluch, weh mir, wird deine Totenklage sein! Nr.21 Szene und Schlacht (Schrei von innen: Sie ist tot!) Was für ein Geschrei? Sechste Szene Kammerfrau und Macbeth KAMMERFRAU Die Königen ist tot! ... MACBETH gleichgültig, verächtlich Das Leben ... was heißt das schon? ... Es ist die Erzählung eines armen Irren, Schall und Rauch, der nichts bedeutet! Kammerfrau geht Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 45 Siebte Szene Kriegerchor und Macbeth CHOR Herr! Ach, Herr! MACBETH Was ist? ... Was schon wieder? CHOR Der Wald von Birnam bewegt sich! MACBETH bestürzt Hast mich getäuscht, höllische Weissagung! ... Her Panzer, Schwert, Dolch! Ihr Tapferen, zu den Waffenl Tod oder Ruhm! CHOR Auf, zu den Waffen! Ja, Tod oder Sieg. Trompetenschall von hinten. Inzwischen verwandelt sich die Szene, sie zeigt eine weite Ebene, von Höhen und Wäldern umgeben. Der Hintergrund ist von englischen Soldaten besetzt, die langsam nach vorn gehen, jeder mit einem Ast, den er vor sich her trägt. Achte Szene Malcolm, Macduff und Soldaten. MALCOLM Weg mit den Asten, greift zu den Waffen! Folgt mir! Malcolm, Macduff und Soldaten gehen ab. Zu den Waffen! Zu den Waffen! Von hinten hört mach Schlachtenlärm. Neunte Szene Macbeth, von Macduff verfolgt, dann Frauenchor. MACDUFF Mörder meiner Kinder, hab ich dich! MACBETH Weiche! Ein vom Weib Geborener kann mir nicht ans Leben. MACDUFF Ich wurde nicht geboren; herausgerissen wurd ich aus dem Schoß der Mutter. MACBETH Himmel! Sie kreuzen die Schwerter; wütend kämpfend gehen sie von der Bühne ab. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected] 46 CHOR auftretend Unseliger Tag! Beten wir für unsere Kinder! Der Lärm hört auf! Nr.22 Siegeshymne - Finale Letzte Szene Letzte Szene Die Vorigen. Malcolm, in seinem Gefolge englische Soldaten, die Gefangene aus dem Heer Macbeths mit sich führen. MALCOLM Sieg!... Wo hat sich der Usurpator verschanzt? MACDUFF Dort, von mir durchbohrt. kniet nieder Heil, König! CHOR Heil, König! Macbeth, Macbeth, wo Ist er? Wo ist der Usurpator? Es traf der Siegesgott ihn wie der Blitz. zu Macduff Er ist der tapfere Held, der den Verräter vernichtete! Gerettet hat er Heimat und König; ihm Ehre und Ruhm. CHOR DER FRAUEN Es steigt mein Dank zu dir, großer Gott der Rache; unserem Befreier singen wir zum Ruhm. MACDUFF Vertrauet dem König, den wir wieder lieben können! Mit der Morgenröte steigen Friede und Ruhm für uns empor! MALCOLM Vertraue mir, Schottland; Ausgelöscht ist der Tyrann! Unsere Freude über diesen Sieg will ich verewigen. Nele NeitzkeTheater UlmHerbert-von-Karajan-Platz 189073 Ulm Tel: 0731-1614411E-Mail: [email protected]