Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie

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Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie
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Übersichtsarbeit
Ultraschalldiagnostik in der
Phlebologie*
Korrekte Verwendung der Begriffe
E. Mendoza1; J. Schimmelpfennig2; L. Schimmelpfennig2
1Venenpraxis, Wunstorf; 2MVZ
Gefäßmedizin, Burgebrach
Schlüsselwörter
Keywords
Duplexsonographie, Doppler, FKDS, PW-Duplex, B-Flow, Varikose
Duplex ultrasound, Doppler, CDU, PW duplex,
B-mode flow, varicosis
Zusammenfassung
Summary
Seit der Doppler-Effekt für die Diagnostik von
Gefäß- und Herzerkrankungen in der Klinik
eingesetzt wurde, hat sich die Technik stark
weiter entwickelt. Von der Stiftsonde (CWDoppler) zum Schwarzweiß-Duplex, dem PWDoppler, der in ein B-Bild eingearbeitet wurde, bis hin zur farbkodierten Duplex-Sonographie (FKDS) und darüber hinaus zu neueren
Entwicklungen wie dem Power-Duplex und
dem B-Flow. Immer wieder werden diese Begriffe verwechselt und die FKDS in Arztbriefen als „Venendoppler“ bezeichnet oder als
Ultraschall der Beinvenen. Dieser kurze Überblick versucht, in knappen Worten und Bildern Klarheit zu jedem Begriff zu schaffen.
Since the introduction of the Doppler effect
into clinical practice for the diagnosis of vascular and cardiac diseases, the technology
has developed considerably. From the pencil
probe (CW Doppler) to black and white duplex, PW Doppler, which was incorporated
into a B-mode image, to colour duplex ultrasound (CDU) and beyond to more recent developments, such as power duplex and
B-mode flow imaging. These terms are frequently confused with each other and medical reports refer to CDU as “venous Doppler”
or “ultrasound of the leg veins”. This short
outline attempts to clarify each term briefly
in words and images.
Korrespondenzadresse
Dr. Erika Mendoza
Venenpraxis
Speckenstr. 10, 31515 Wunstorf
E-Mail: [email protected]
Zitierweise des Beitrages/Cite as:
* Dieser Artikel enthält Textteile aus Mendoza E,
„Duplexsonographie der oberflächlichen Beinvenen“ in: „Phlebologischer Bildatlas“ Rabe E, Stücker M, Viavital Verlag, 2015, mit freundlicher Genehmigung vom Viavital Verlag, Köln
Ultrasound diagsnostics in phlebology
Correct use of terms
Phlebologie 2015; 44: 270–274
http://dx.doi.org/10.12687/phleb-5-2015
Eingereicht: 2. August 2015
Angenommen: 14. August 2015
English version available at:
www.phlebologieonline.de
Ultraschall B-Bild
CW-Doppler
Mittels Ultraschall wird eine Gewebescheibe
in Graustufen dargestellt. Der Doppler-Effekt ist dafür nicht notwendig (▶ Abb. 1).
Continuous Wave Doppler: Erste Anwendung des Dopplereffekts zur Diagnostik
von Strömungsgeschwindigkeiten im
menschlichen Körper, wird noch heute als
Stiftsonde oder Pocket-Doppler verwendet
(▶ Abb. 2). Permanentes Aussenden und
Empfangen eines Dopplersignals. Alle
Flusssignale entlang der Eindringtiefe des
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Doppler-Strahls werden registriert und simultan wieder gegeben. Es ist nicht möglich, eine Aussage zur Tiefe im Gewebe des
registrierten Flusses zu geben, bzw. ob in einem oder mehreren Gefäßen gemessen
wurde. In der Venenheilkunde stehen heute
deutlich exaktere Messgeräte zur Verfügung
(Bildgebung und Flusskurve als simultane
Ableitung), soddass der CW-Doppler eher
keinen Stellenwert mehr hat. Wichtig ist die
CW-Doppler-Sonde jedoch zur Ableitung
der Verschlussdrucke am Knöchel und zur
Ermittlung des Knöchel-Arm-Index beim
Ausschluss einer arteriellen Verschlusskrankheit, die ggf. eine Kontraindikation
zur Kompression darstellen könnte.
PW-Doppler
Pulsed Wave Doppler: Messung der Fließgeschwindigkeit an einem konkreten Punkt (Im
Gegensatz zur continuous wave, bei der die
Dopplermessung alle Blutflüsse auf ihrem
Strahl erfasst) (▶ Abb. 3). Das Echo wird
vom Schallkopf gepulst abgegeben und auf
das Antwortsignal gewartet. Somit können
wir festlegen, aus welcher Tiefe im Gewebe
die Antwort gesendet wird und die Fließgeschwindigkeiten einem genauen Punkt zuordnen. Dieses erlaubt die Messung des Blutflusses an einem vorher gewählten Punkt im
B-Bild. Die heutigen Schallgeräte bieten zwar
die Option einer isolierten PW-Doppler-Kurve noch an, wegen der deutlich praktischeren
PW-Duplex-Anwendung (s.u.), wird die isolierte Kurve ohne B-Bild jedoch nur noch selten zur Anwendung kommen.
PW-Duplex
PW-Duplex ist eine Kombination von
B-Bild und PW-Doppler und wird auch
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E. Mendoza; J. Schimmelpfennig; L. Schimmelpfennig: Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie
Schwarz-Weiß-Duplex genannt als Abgrenzung zur farbkodierten Duplexsonographie. Im B-Bild wird ein Areal gewählt,
in dem der Fluss gemessen wird (in ▶ Abb.
4 mit rotem Kreis gekennzeichnet). Somit
ist eine exakte Zuordnung der Flusskurve
zu einem anatomischen Bereich möglich.
Der Anwender kann auswählen, ob das
B-Bild in der linken oder oberen Hälfte des
Bildschirms erscheint und die abgeleitete
Flusskurve demzufolge auf der rechten
Bildhälfte (dann mit kürzerem Verlauf,
▶ Abb. 4a) oder auf der unteren Bildhälfte
(dann mit längerem Kurvenverlauf, ▶ Abb.
4b) abgebildet ist.
Farbkodierte
Duplexsonographie (FKDS)
Umrechnen der Informationen der PWDoppler-Aufnahme aller in einem Fenster abgebildeten Punkte zu Farbdarstel-
Tab. 1
Abb. 1
Querschnitt durch die
Oberschenkelinnenseite mit Darstellung der
V. saphena magna als
schwarzen Punkt in
der Faszienloge. Die
VSM wird im Bild vermessen.
lungen. Bewegungen auf den Schallkopf
zu werden rot kodiert, vom Schallkopf
weg in blau (▶ Abb. 5). Diese Kodierung
ermöglicht ein deutlich schnelleres Zuordnen von Blutflüssen, besonders bei
Zusammenfließen von mehreren Gefäßen. Es erfordert jedoch eine höhere
Rechnerkapazität, da die PW-DopplerDaten von einem relativ großen Areal erarbeitet und in Farbe übersetzt werden
Übersicht der Begrifflichkeiten in der Ultraschalldiagnostik
Abkürzung
Bild Nr.
Voller Name
Anwendung in der Phlebologie
Vorteile
Nachteile
CW-Doppler
2
Continuous Wave Doppler,
Stiftsonde
In der Venendiagnostik vom Günstig in der Anschaffung, Keine exakte ZuordnungsDuplex abgelöst, Optimal
kleines Format
möglichkeit des gemessenen
zur Messung des KnöchelFlusses zu einem Gefäß
Arm-Index
PW-Doppler
3
Pulsed Wave Doppler
Messung von Flusskurven in Exakte Ortung des zu mesvorher im B-Bild festgeleg- senden Flusses
ten Gefäßen
Schwarz-Weiß
Duplex oder
PW-Duplex
4
Pulsed Wave Doppler mit si- Messung von Flusskurven in Exakte Darstellung des Ge- Zeitaufwändiger als die
multanem B-Bild
definierten Gefäßen
fäßes und des Flusses, einzi- Farbkodierte Duplex-Sonoges zur Dokumentation ei- graphie
nes Refluxes vorhandenes
Instrument
FKDS
5
Farbkodierte Duplex-Sonographie
Triplex
Ohne simultane Darstellung
(Duplex) Verwacklungsgefahr.
Flussmessungen in allen Ge- Komfortabler Überblick über
fäßen in dem gewählten
ein Gefäßsegment oder
Bildausschnitt, in Farbe ko- Bündel
dierte PW Messung
Dient nicht der Dokumentation einer Flusskurve, Blooming mit Überzeichnen des
Gefäßes
6
Flussmessung in Farbe und
mit Anzeige der Flusskurve
Bessere Orientierung
Verlangsamung der Darstellung durch hohe Rechnerleistung
Power Duplex
7
Suche von Flusssignalen in
Gefäßen ohne Flussanzeige
in FKDS
Erfassen auch sehr langsa- Keine Angabe der Flussrichmer Blutflüsse, regulär in al- tung, Blooming
len modernen FKDS-fähigen
Geräten vorhanden.
B-Flow
8
Diagnostik kleinster Thromben oder sehr diskreter
Klappeninsuffizienzen
Erfassen auch langsamer
Blutflüsse ohne Überzeichnen des Gefäßes
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Teuer in der Anschaffung
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E. Mendoza; J. Schimmelpfennig; L. Schimmelpfennig: Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie
Abb. 2 Mit CW-Doppler abgeleitete Flusskurve,
die Flussrichtung auf den Schallkopf zu ist definitionsgemäß positiv und wird von der Nulllinie nach
oben in der Kurve dargestellt, der Fluss vom
Schallkopf weg.
Abb. 4
a. PW-Duplex mit vertikaler Aufteilung: B-Bild
links mit Ansicht der V.
saphena magna am
Oberschenkel innen, in
deren Inneren das
Messfenster des PWDopplers liegt (roter
Kreis). Abbildung der
Flusskurve rechts im
Bild. b. PW-Duplex mit
horizontaler Aufteilung:
B-Bild oben, Flusskurve
unten. In beiden Bildern:
Gelber Pfeil: Zehe heben, orthograder Fluss,
Ausschlag nach unten
im Bild, blauer Pfeil: Zehe senken, Reflux, der
länger als 0,5 Sekunden
anhält, Ausschlag nach
oben. Diese V. saphena
magna ist nicht kompetent, die Klappen schließen nicht. Dies Verfahren (PW-Duplex) ist das
einzige, das zur sicheren
Dokumentation eines
Refluxes geeignet ist,
z.B. präoperativ, da es
den Fluss entlang der
Zeitachse und die Zuordnung der Flusskurve
im Bild ermöglicht.
a
b
Abb. 3 Abgeleitete Kurve im PW Doppler. Zunächst wurde in einem B-Bild die V. saphena magna dargestellt, dann wurde die PW-Doppler-Messung vorbereitet, indem das Messfenster des PWDoppler-Modus in die VSM gelegt wurde. Danach
wurde auf PW-Doppler umgeschaltet: Das erzeugte Bild zeigt den Fluss in der V. saphena magna
nach einem Provokationsmanöver (Zehe heben:
orthograder Fluss, Ausschlag nach unten, Flussrichtung herzwärts, dann Zehe senken: kurzer retrograder Fluss, Ausschlag nach oben bis zum
Klappenschluss, suffiziente VSM).
müssen. Daher kann es bei älteren Geräten zu Informationsverlust bei langsamen
Refluxen kommen. Zur Dokumentation
ist es als Bildaufnahme nicht geeignet,
nur ein Film würde den Verlauf des Flusses über die Zeitachse dokumentieren
und damit die Anwesenheit eines Refluxes. Nachteil der FKDS ist das Blooming
– das Übermalen der Ränder des Gefäßes
mit Farbe bei schnellen Blutflüssen. Daher ist die FKDS-Darstellung nicht geeignet, um Gefäßdurchmesser auszurechnen.
Triplex
Kombination von FKDS und PW-Ableitung
in einem Bild (▶ Abb. 6). Erfordert noch
mehr Rechenleistung vom Schallgerät, sodass meist die Kurve nicht so exakt darge-
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stellt ist und die Farbe auch nicht so eindeutig dargestellt ist. Da die Information der
PW Kurve deutlich weit reichender ist als
die der Farbe, ist in Augen der Autoren die
Verwendung des Triplex-Modus eher verzichtbar. Man sollte entweder die Vorzüge
des FKDS oder des PW-Duplex ausnutzen.
Power-Duplex
Verstärkung des Ergebnisses der FKDS
durch andere Rechenverfahren. Das Ergebnis konzentriert sich nur auf das Vorhandensein eines Flusses, nicht auf die Richtung. Daher gibt es nur eine Farbe, die als
Gelbton festgelegt wurde (▶ Abb. 7). Dieser Modus ist in den neuen Schallgeräten
hinterlegt als Option nach Einschalten des
FKDS.
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E. Mendoza; J. Schimmelpfennig; L. Schimmelpfennig: Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie
Abb. 5
Längsschnitt an der
Oberschenkelinnenseite
über einer refluxiven
Perforansvene: Die V.
saphena magna verläuft parallel zur Oberkante des Bildes. Im
Messfenster (weißer
Kasten im Bild) wird
der Fluss gemessen:
Hier zeigt sich ein roter
Fluss mit gelben/blauen
Anteilen auf grund von
Turbulenzen im Perforansbereich und ein roter Fluss in der VSM.
a
b
Abb. 8 B-Flow (Genehmigung vom SpringerVerlag). Längsschnitt durch die Fossa poplitea mit
Darstellung eines kleinen Thrombus an einem
Klappensegel in der V. poplitea (Pfeil). Abbildung
mit freundlicher Genehmigung des Springer Verlages aus: Weskott HP, Mendoza E; Das Ultraschallgerät; in: Mendoza E; Duplexsonographie der
oberflächlichen Beinvenen. Berlin: Springer Verlag
2013)
Abb. 6
Triplexdarstellung der
Reflux-Kurve in einer
VSM am Oberschenkel
innen.
a
den oder stagnierenden Blut, die für den
Schallkopf sichtbar werden und in ihrer
Bewegung wie eine graue Wolke in der
Vene darstellbar wird. Es handelt sich um
eine Option, die im Gerät implementiert
sein muss – und die leider noch sehr teuer ist. Durch diese Option kann ohne
Überzeichnen der Gefäßwände wie bei
FKDS eine exakte Darstellung von sich
bewegenden Flüssigkeiten dargestellt
werden.
b
Abb. 7 Bei Z.n. Thrombose zeigt sich an diesem Bein venös kaum ein Fluss in der Fossa poplitea
(Querschnitt durch die Fossa poplitea). a. unter Provokationsmanövern mit FKDS, b. unter Provokationsmanövern mit Power-Duplex.
B-Flow
Eine weitere technische Aufwertung der
Duplex-Sonographie ist der B-Flow. Es
handelt sich dabei nicht um den sichtbaPhlebologie 5/2015
ren Fluss im so genannten Erythrozytensludge im B-Bild (▶ Abb. 8). Dieser entsteht nach längerem unbewegten Stehen,
möglicherweise durch Bildung von Erythrozytenaggregaten im langsam fließen-
Kompressionssonographie
Zum Ausschluss einer Thrombose wird das
Lumen der Vene in der linken Bildhälfte
ohne Kompression dargestellt, in der rechten Bildhälfte komprimiert (▶ Abb. 9).
Orthograder Fluss
Gesunder Fluss in den Venen: Aus den
oberflächlichen Venen Richtung tiefe Bein© Schattauer 2015
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E. Mendoza; J. Schimmelpfennig; L. Schimmelpfennig: Ultraschalldiagnostik in der Phlebologie
Abb. 9
Querschnitt im B-Bild
an der Oberschenkelinnenseite mit Darstellung der V. saphena
magna in der linken
Bildhälfte unter normalem Andruck der
Schallsonde. In der
rechten BIldhälfte Andruck auf das Gewebe
mit dem Schallkopf,
die V. saphena magna
ist komprimiert und
nicht mehr darstellbar,
dadurch ist der Beweis
erbracht, dass dort
kein Gerinnsel vorhanden ist.
Anzeige
venen und insgesamt zum Herzen hin.
Wird im FKDS blau kodiert und bei üblicher Schallkopfhaltung ergibt sich im PWDoppler ein Fluss nach unten (▶ Abb. 3,
▶ Abb. 4 und ▶ Abb. 6).
Reflux
Pathologischer Fluss durch fehlenden
Klappenschluss. Er fließt von tiefen Venen
Richtung oberflächliche Venen und fusswärts, wird im FKDS rot dargestellt bei üblicher Schallkopfführung und ergibt einen
Fluss im PW oberhalb der Nulllinie, der
länger als 0,5 bis 1 Sekunde anhält (▶ Abb.
4 und ▶ Abb. 6).