In-Wert-Setzung der Eselrassen in Europa - Agrobiodiversity-Net
Transcrição
In-Wert-Setzung der Eselrassen in Europa - Agrobiodiversity-Net
SAVE f o u n d a t i o n SAVE Project-Office: Safeguard for Agricultural Varieties in Europe Sicherung der landwirtschaftlichen ArtenVielfalt in Europa Sauvegarde pour l'Agriculture des Variétés d'Europe Schneebergstrasse 17, CH-9000 St. Gallen Website: http://www.save-foundation.net Tel.: +41-71/ 222 74 10 eMail: [email protected] In-Wert-Setzung der Eselrassen in Europa Projektbericht Januar 2013 Einführung Die Eselhaltung in Europa hat einen grundlegenden Wandel erfahren. In Süd- und Südost Europa werden Esel als „Traktor des kleinen Mannes“ nicht sehr geschätzt. Die Bestandeszahlen in den südeuropäischen Ländern sinken bedrohlich. So fallen die Bestandeszahlen in Griechenland kontinuierlich trotz der Einfuhr von Eseln zur Milchnutzung in neuester Zeit. In Nord- und Mitteleuropa nimmt die Hobbyhaltung zu: Der Esel wird mancherorts zu einem Statussymbol. Dies hält den Rückgang der Bestandeszahlen in Europa aber kaum auf, denn der Zuwachs ist geringer als der Verlust im Süden. Ferner werden ausser einiger weniger besonderer Rassen wie der Poitou Esel kaum mehr Rassen gezüchtet. Besonders im Norden wird wenig Wert auf Selektion gelegt. Das Nutztier Esel, seine Besonderheiten und Ansprüche sind uns heute kaum mehr vertraut. Missverständnisse und Vorurteile begleiten dieses intelligente, langlebige und vielseitige Nutztier. Selbst unter den veterinären ist das Wissen um die Behandlung von Eseln abnehmend. So gibt es z.B. kaum Veterinärbücher zur Behandlung von Eseln, die eben nicht nur Pferde mit langen Ohren sind, sondern wichtige Unterschiede aufweisen. So haben Esel einen Lendenwirbel weniger als Pferde, ihre Blutkörperchen sind grösser, aber geringer als bei Pferden. Esel sind insgesamt bisher noch zu wenig erforscht. Es könnten noch viele Überraschungen hinter den Langohren schlummern. Projektverlauf 2012 wurde eine Umfrage zur Nutzung der Eselrassen in Europa durchgeführt. Ein bewusst kurz gehaltener Fragebogen (siehe Anhang) wurde an die Ansprechpartner der 2008 veröffentlichten Studie „Donkey Breeds in Europe“ (www.savefoundation.net/pdf/donkey.pdf) zur Situation der Eselrassen in Europa verschickt. Zusätzlich wurden weitere Ansprechpartner aus dem Arca-Net (www.arca-net.info/), die Esel halten angesprochen. Um die Antworten vergleichbar und den Fragebogen möglichst übersichtlich zu gestalten, wurden folgende Nutzungen vorgegeben: Harness Pack Stable Companion Herd Protection Breeding Mule production Milk Meat Sausage Cosmetics Therapy Pet Trekking Riding Zugtier Lasttier Stallgefährte Herdenschutz Zucht Maultierproduktion Milch Fleisch Wurst Kosmetika Therapie Haustier Trekking / Wandern Reiten Internet Datenbank 2012 Parallel zur Umfrage wurde auf der Website http://www.agrobiodiversity.net/regional/ unter „Topic Networks“ die Seite „Donkeys“ eingerichtet. Hier wurden alle Angaben aus der oben erwähnten Studie erfasst und die Angaben entsprechend der Umfrageergebnisse ergänzt. Neben dieser Erfassung wurde unter „Institutions“ auf dem Datenblatt für das jeweilige Land die Institution(en), für die jeweilige Eselrasse aufgeführt. Hierzu gehören Haustierparks, Farmen und private Halter mit der jeweiligen Nutzung. Ferner wurde die Möglichkeit geschaffen, Bilder einzupflegen. Einige „Best Practice“ Dokumente runden den Auftritt ab. Auswertung Wie bei vielen Umfragen, war der Rücklauf zunächst gering. Dennoch wuchs in Laufe des Jahres das Interesse an dieser Untersuchung zunehmend. Europa- und sogar weltweit wurde bisher noch nie eine solche Anstrengung unternommen, um gesicherte Angaben zur Nutzung der Esel zu erhalten. Wertvolle Kontakte und Diskussionen förderten das Interesse an möglichen und tatsächlichen neuen Nutzungsformen für Esel. Es stellte sich heraus, dass die Eigenschaften der Esel in jüngster Zeit (wieder) vermehrt dort eingesetzt werden, wo es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, mit Maschinen zu arbeiten: Beweidung: Das selektive Fressverhalten der Esel wird z.B. im Wallis erfolgreich zur Offenhaltung von Trockenwiesen genutzt. Es hat sich gezeigt, dass gefährdete Pflanzenarten, aber auch Insekten durch diese Beweidung gefördert werden. Beispiele für erfolgreiche Beweidungsprojekte auf Trockenwiesen und - weiden belegen den Nutzen von Eseln zur Offenhaltung von verbuschten Wiesen und Weiden, die für die Landwirtschaft nicht (mehr) nutzbar sind. In vielen Ländern Mitteleuropas wird diese Art der Nutzung derzeit geprüft oder auch erfolgreich angewendet. Beispiele hierzu sind z. B. Trockenwiesen im Wallis (Gemeinde Chalais, Bavois), der alte Flughafen Karlsruhe in Deutschland oder die Trockenwiesen der Region Besançon in Frankreich. Herdenschutz: Ein weiteres Einsatzgebiet ist der Herdenschutz. Esel, die möglichst von klein auf in der Schafherde gehalten werden, verteidigen diese z.B. vor Wölfen. Sie schreien, zeigen ihre Zähne und attackieren die Angreifer mit ihren Hufen. Erfolgreiche Versuche zum Herdenschutz werden derzeit auf alpinen Weiden durchgeführt. Dabei werden Esel meist ergänzend zu Herdenschutzhunden eingesetzt. Therapie: Hippotherapie: Manche Eselrassen haben einen sogenannten Töltgang, der im Gegensatz zu Trab und Galopp keine Schwebephase hat, sondern eine gelaufene Gangart ist. Der Reiter sitzt fast erschütterungslos auf einem locker schwingenden Rücken. Das war besonders bei den Maultieren (Pferdestute x Eselhengst = Maultier, Eselstute x Pferdehengst = Maulesel) der Fall. Therapeutische Vermittler: zur Entwicklungsförderung, in pädagogischen oder therapeutischen Prozessen z.B. bei grobmotorische Defiziten oder mangelnder Impuls- und Affektkontrolle. Ergebnisse der Umfrage Die Ergebnisse bezogen auf die Hauptkriterie n Landwirtschaft (agriculture), Produkte (products) und Sozial (social) stellen sich wie folgt dar: Landwirtschaft (agriculture) Für die landwirtschaftliche Nutzung spielt die Zucht immer noch eine Rolle. Allerdings ist hierunter häufig eher die Vermehrung als Zucht im eigentlichen Sinne gemeint. Dies gilt auch für die Maultierproduktion. Neben der Nutzung als Zugtier (Harness) und Lasttier (Pack) spielen neue Nutzungen wie Herdenschutz oder Stallgefährte (Stable Companion) mit anderen Tierarten eine eher untergeordnete Rolle. In der Kategorie „Other“ sind Agrotourismus und Landschaftspflege erfasst. Produkte (Products) Wie zu erwarten war, ist bei den Produkten die Milchproduktion im Vordergrund. Diese ist derzeit in Griechenland „en vogue“. Allerdings werden die Tiere ohne weiteres Grundlagenwissen importiert und in der Hoffnung auf reichen Milchertrag gedeckt. Das Fehlen von Verarbeitungsbetrieben setzt diesem Wirtschaftszweig derzeit enge Grenzen. Die Umfrage hat ferner gezeigt, dass die Gesamtzahlen in Griechenland weiter kontinuierlich sinken: gab die Universität Thessaloniki 2007 noch einen Gesamtbestand von 15483 Eseln an so ist die Gesamtzahl heute bei 14580. In Italien, Kroatien und Serbien besteht seit Langem ein grösseres Know-how. Hier wird die Milch entweder direkt vermarktet oder über Dritte exportiert. Die Produktpalette reicht von Milch, Trockenmilch und sogar Käse (übrigens dem teuersten Käse der Welt) bis zu Kosmetikprodukten wie Seife oder Creme. Da neben der Milch Jungtiere anfallen, wird auch mit Fleisch bzw. Fleischprodukten gehandelt. Meistens sprechen die Halter von Milchstuten aber nicht gerne darüber oder sie geben an, die Jungtiere zu verkaufen. Dazu müsste es aber entsprechend steigende Bestandeszahlen geben. Soziale Nutzung (Social) Die soziale Nutzung im Sinne von Therapie, Haustier, Reit- und Wandertier und andere ist besonders in den nördlichen Ländern verbreitet. Interessant ist die Nutzung als therapeutischer Vermittler insbesondere zur Impuls- und Affektkontrolle, wie dies z.B. in der Strafanstalt Saxerriet in Salez, Kanton St. Gallen im Sinne von „Eselsbrücken für Straftäter“ stattfindet. Eine tiergestützte Therapeutin bereitet dort Insassen auf ein Leben nach dem Gefängnis vor. Inzwischen bietet das Institut für angewandte Ethologie und Tierpsychologie in Zürich eine zweijährige Weiterbildung zur tiergestützten Therapiefachperson an. In Zoos und Tiergärten dienen Esel als Touristenattraktion, Vorführung der (früheren) Nutzung als Last- und Reittier. Weitere Ergebnisse und Ausblick Durch die Umfrage konnten neue Kontakte zu Esel-Interessierten und -Experten geknüpft werden. Bei einer Pressekonferenz im Kinderzoo Rapperswil zur Vorstellung des Filmes „Kluge Esel“ von Annette Frei-Berthoud konnte das Projekt und die generelle Problematik um die Esel einem breiteren Publikum erläutert werden (siehe „Donkeys“ bei http://www.agrobiodiversity.net/regional/index.htm). Inzwischen wurde von Spanien aus der Versuch unternommen, Eselexperten weltweit zu vernetzen. Die zuständigen jungen Wissenschaftler versuchen ihrem „Worldwide Donkey Project“ via Facebook und Twitter eine Stimme zu geben. Ferner ist ein Buch mit diversen Aspekten zur Species Esel in Vorbereitung. SAVE Foundation wird sich voraussichtlich an diesem Projekt mit einem Kapitel zur Eselnutzung in Europa beteiligen und ist bereits in der Liste der Experten aufgeführt. Damit wird die Situation in Europa zumindest in wissenschaftlichen Kreisen bewusster gemacht werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Initiative entwickeln wird. Die Internet Datenbank konnte im Rahmen des Projektes noch nicht gänzlich abgeschlossen werden. Dennoch sind die enthaltenen Informationen für Engagierte Personen sehr interessant. Es wurde seitens der Angesprochenen Halter und Organisationen grosses Interesse an einer Vernetzung und Informationsaustausch signalisiert. Einige wenige Eselvarietäten wurden auch in das Projekt „Feral Populations in Europe“ (integriert, wie z.B. der Asino Amiata aus Italien, der Burro Majorero aus Spanien und der Karpaz Esel aus Nordzypern). Zugang zur Datenbank: www.agrobiodiversity.net/regional/index.htm (unter „Topic-Networks“, => Donkeys). Mit dem vorliegenden Projekt wurde ein wichtiger Stein ins Rollen gebracht. Damit Esel als Begleiter des Menschen wieder einen Wert erhalten, sind weiterführende Schritte notwendig: Aufbau strukturierter Erhaltungsprogramme Vernetzung der Experten – Förderung der Forschung Sensibilisierung der Öffentlichkeit Höfe und Stationen, Halter müssen vernetzt und Interessierten - z. B. durch das Arche Netzwerk (www.arca-net.info) - zugänglich gemacht werden. Monitoring, Problematik und Erhaltung der wildlebenden Eselpopulationen Januar 2013 Waltraud Kugler Das Projekt wurde mit freundlicher Unterstützung der STAB Stiftung für Abendländische Ethik und Kultur durchgeführt Anhang: Donkey Use Survey Donkey Use in Europe Survey 2012 Please fill in for each population a separate questionnaire and send it to: SAVE Foundation Project Office, e‐mail: office@save‐foundation.net; fax: +41‐71/222 74 40. Please send a picture incl. the source to be used to illustrate the publication. Thank you very much! Contact Details Donkey Population Country: Location: Breed: Synonyms (if any): Population size: Total: Females: Males: Is this an estimate? Name of Organisation: Contact person: Country: Address: Telephone: Fax: Email: Website: Donkey Use Agriculture: Traction Pack Stable Companion Herd Protection Breeding Mule production Other (please specify) Remarks / Comments: Products: Milk Meat Sausage Cosmetics Other (please specify) Remarks / Comments: Social: Therapy Pet Trekking Riding Other (please specify) Remarks / Comments: