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P R I V A T K L I N I K E N
ATOSnews
:: Schulter:
Neuer Schulterscore
bei Luxation
:: Sprunggelenk:
Verletzungen des
vorderen Syndesmosenbandes –
wie behandeln?
:: Knie:
Patella-Instabilität:
operative Behandlung
:: Hüfte:
Hüftgelenksarthroskopie beim Leistenschmerz des Sportlers
ATOSnews | Ausgabe 16 | Oktober 2010
Arthrex ACP
Doppelspritzen
System
™
ACP - Autologous Conditioned Plasma
Heilung optimiert | Die Wachstumsfaktoren
des patienteneigenen Plasmas fördern die
Zellproliferation, die Vaskularisierung und
die Entstehung neuer Matrices. Unterstützen
Sie dadurch die Genesung Ihrer Patienten!
Vorteile
‡ 3ODVPDDXIEHUHLWXQJLQQXU
10 Minuten
‡ *HVFKORVVHQHV6\VWHP]XU
$XIEHUHLWXQJXQG$SSOLNDWLRQ
‡ (LQVHW]EDUDPEXODQWXQG
intraoperativ
2
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Vielfältiger Einsatz
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Helping Surgeons Treat Their Patients Better
3
1. Blutabnahme aus der Armvene
2. Trennverfahren zur Gewinnung der
körpereigenen Wachstumsfaktoren
3. Injektion der körpereigenen Wirkstoffe in
die betroffene Region
http://acp.arthrex.com
:: Editorial
ATOSnews
Chapeau Hans Pässler!
Liebe Leserinnen und Leser,
Hans Pässler
Am 14. Juli feierte Hans Pässler seinen 70sten
Geburtstag – Grund genug, diese Ausgabe der
ATOS News ihm zu widmen.
Die Älteren von Ihnen, liebe Leserinnen und
­Leser, kennen ihn noch aus Bopfinger Zeiten, als
die junge Avantgarde der Arthroskopeure nach
Bopfingen pilgerten, um seine Kreuzbandtechnik
zu lernen. Sie wunderten sich nicht schlecht, als
Sie sahen, dass die Patienten damals schon aus
der ganzen Welt angereist kamen, um sich von
ihm behandeln zu lassen.
Damals schon stand er im Austausch mit den
weltweit führenden Kniechirurgen und er war
mit seiner fröhlichen Ausstrahlung gern gesehener Gast bei vielen Meetings.
1991 bei der AAOS in Los Angeles hatten wir beide beschlossen, uns zusammen zu tun und gemeinsam unter einem Dach Knie- und Schulterchirurgie anzubieten. So wechselten wir beide
zusammen an die Sportklinik Stuttgart, von wo
aus Hans Pässlers Weg schon im darauffolgenden Jahr nach Heidelberg führte. Hans Pässler baute die damalige ATOS Praxisklinik in ein
rein orthopädisches Belegarztzentrum um. Er
sah die Zeichen der Zeit und setzte konsequent
das Prinzip der spezialisierten Orthopädie in
einem vernetzten ambulant/stationären Behandlungssetting um. Die „Fast-Track“ Chirurgie am
Bewegungsapparat wurde von ihm konsequent
durchgesetzt und auf allen organisatorischen
und pflegerischen Ebenen verwirklicht.
Als Chirurg war und ist Hans Pässler durchdrungen von einer Umsetzung von biologischen und
physiologischen Abläufen in der Kniegelenkschirurgie. Nicht umsonst war er der erste, der die
Ruhigstellung im Gipsverband wissenschaftlich
widerlegte. Auch seine Idee einer implantatfreien
Kreuzbandchirurgie basiert schließlich auf einem
möglichst physiologischen Heilungsmodell.
Sein Ruf begründet sich aber letztlich auf seiner
eleganten und gewebeschonenden Operationstechnik. Selten habe ich einen Chirurgen so ruhig und gelassen, nahezu spielerisch operieren
sehen. Das war und ist sein Erfolgsgeheimnis, die
Patienten haben es ihm gedankt. Noch geht Hans
Pässler nicht in den Ruhestand, er bleibt noch
zwei Jahre dem Haus erhalten, aber sein Feld ist
bestellt, seine Nachfolger stehen bereit.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sei von
Klinikseite herzlich für Ihre langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit gedankt.
Prof. Dr. Peter Habermeyer
Medizinischer Geschäftsführer ATOS Kliniken
Heidelberg und München
3|
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DKOU
2010
DKOU 2010
Besuchen Sie uns auf unserem
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Stand
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Mittelfoyer.
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::Inhalt
ATOSnews
::Editorial
3
::ATOS intern
Prof. Pässler: Runder Geburtstag und
Stabübergabe als Ärztlicher Direktor
::Kongress-Highlights
EFORT- Kongress Madrid Academy-Meeting der AAOS in New Orleans GOTS-Jahreskongress in München :: Fachbeiträge
Shoulder Instability Severity Score (SISS):
Eine Entscheidungshilfe bei der Therapie
der primär traumatischen vorderen
Schulter-Erstluxation
Verletzungen des vorderen Syndesmosenbandes:
Was, wann, wie behandeln?
Hüftgelenksarthroskopie als operative Therapie
beim Leistenschmerz des Sportlers
ATOS bildet aus: Linda Rademacher schließt
Ausbildung als Kauffrau ab
GOTS-Thementag am 20.11. – Ausrichter
Prof. Schmitt
29
Neu in der ATOS Klinik Heidelberg:
Prof. Holger Schmitt
29
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Munich Arthroplasty Convention
Neu in der ATOS Klinik Heidelberg:
Prof. Albertus Scheule
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Open MRT neu bei ATOS Heidelberg
Neu in der ATOS Klinik München: Dr. Erich Rembeck, Dr. Werber
Neu in der ATOS Klinik München: PD Dr. Mark Tauber,
Dr. med. Dr. med. dent. Gerald Heigis
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Neue Focus Liste mit 7 ATOS-Ärzten
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Venentag an der ATOS-Klinik Heidelberg
Hands on ATOS Termine Rest 2010 und 2011
Ankündigung ATOS live aus der Praxis
Neue Website der ATOS Kliniken
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Der interessante Fall
Von Hans-Werner Bouman, Stefan Polzer und Steffen Berlet
44
Unsere Frage an Sie
Die Auflösung
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68
Impressum
71
Von Katharina Meier und Stefan Schneider
Patientenbetreuung im Internet als Chance Von Steffen Oesser
32
Von Hans Pässler
Optimale Schulterdiagnostik mit der direkten
Arthrographie im MRT
Kollagen-Hydrolysat 30
Von Sven Lichtenberg
17
Von Ralph Medele und Marko Ständer
Das Femoropatellargelenk: Was gibt es Neues?
Teil 1: Klinische Untersuchung 4
9
ATOS beim DKOU in Berlin – Ankündigung
Schilddrüsentag in der Atos Klinik
Von Holger Schmitt
Das Facettengelenkssyndrom: Ursachen und minimalinvasive Behandlungsoptionen
14
24
Von Rainer Siebold
Von Robert Kilger
8
10
12
Von Hajo Thermann und Pieter Beks
Instabilität der Patella 6
Von Peter Habermeyer, Sven Lichtenberg,
Petra Magosch und Markus Loew
Arthroskopische Partialrekonstruktion der Rotatorenmanschette
::Notes & News
49
52
Asymmetrische Transpositionsplastik bei Pilonidalsinus
57
Von Peter G. Friedl und Eberhard M. Rappold
Die Sportlerhernie
Von René G. Holzheimer
Botulinumtoxin in der ästhetischen
Dermatologie
62
66
Von Claudia Jaeger
5|
::ATOS intern
Zum 70. Geburtstag
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Von Hajo Thermann
Hans Pässler wurde 1940 als Sohn des Chirurgen Prof. Dr.
med. Hans Pässler geboren. Da sein Vater schon durch eine
überragende Chirurgengeneration als Schüler von Prof. Sauerbruch und Prof. Kirschner geprägt war, wurde ihm das chirurgische Metier anscheinend schon in die Wiege gelegt.
|6
Den ersten Kontakt mit Heidelberg hatte
Hans Pässler mit seiner Familie aufgrund der
Flucht von Dresden nach Heidelberg kurz
vor der Bombardierung. Dass sein Weg ihn
noch einmal so entscheidend dorthin führen würde, war sicherlich nicht vorauszusehen. Er selber hatte dann, wohl auch durch
die Persönlichkeit seines Vaters beeinflusst,
das Medizinstudium gewählt und sowohl
in ­Lübeck als auch in Kiel studiert, um 1967
sein Staatsexamen abzulegen und seine Promotion durchzuführen.
Prof. Hans Pässler hatte immer die Nähe
von den „Besten“ gesucht, so fing er seinerzeit bei dem weltberühmten Internisten Prof.
Gotthard Schettler in der Medizinischen
Ludolf-Krehl-Klinik als junger Assistent an.
Wohl dem Wunsch des Vaters entsprechend,
der Gefäßchirurg war, begann er ein Fellow-
ATOSnews
ship bei Michael DeBakey, einem der „Alphatiere“ der Koronarchirurgie in den USA, an
dessen weltberühmten Zentrum in Houston.
Wahrscheinlich sollte anschließend in
Ulm die Ausbildung zum Gefäßchirurgen bei
dem damals sehr renommierten Prof. Vollmar
erfolgen, jedoch werden häufig die Bräute,
die der Vater den Söhnen aussucht, nicht akzeptiert. Hans Pässler sah eine ­attraktivere
„Braut“ bei Prof. Cajus Burri, in der unfall­
chirurgischen Abteilung der Universitätsklinik Ulm. Das Knie, jetzt im Mittelpunkt
seines wissenschaftlichen, aber auch operativen Schaffens, muss eine Liebe auf den
­ersten Blick gewesen sein.
Hans Pässler entwickelte hier als Erster die
funktionelle Behandlung nach Kreuz­band­
ope­rationen, was sicherlich als Meilenstein
in der Kreuzbandchirurgie angesehen werden kann. Die Ungeduld eines jungen Arztes
brachte ihn dann über eine Oberarztstelle
(zum Operieren!) im Kreiskrankenhaus Lindau
wieder zurück an die Universität Frankfurt,
um dann als Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bopfingen
gewählt zu werden.
Das Kreiskrankenhaus Bopfingen hat erstaunlicherweise unter seinem Direktorat
internationales Ansehen als Kreuzband-Spezialklinik erfahren, so dass es absolut Sinn
machte, dass sich Hans Pässler in eine wirkliche Sportklinik veränderte. Zusammen mit
Prof. Peter Habermeyer wurden beide Chefärzte an der Sportklinik in Stuttgart, um hier
die unteren Extremitäten und die Sporttraumatologie des Knies zu vertreten.
Eigenen Angaben zufolge fühlte er sich
jedoch in den Reglementierungen und geschäftlichen Rahmenbedingungen einer öffentlichen Klinik nicht so sehr aufgehoben,
so dass er 1993 in eine damals noch unscheinbare Privatklinik, die ATOS-Klinik, nach
Heidelberg wechselte, die mehr oder weniger neben einer herausragenden Immobilie
einen „Medizinischen Gemischtwarenladen“
darstellte.
Hans Pässler – nicht nur als Mediziner,
sondern auch als Entrepreneur – sah das
erstaunliche Potenzial dieser Klinik, und er
selber brachte sie mit seinem Eintritt deutlich voran. Der „Turn-Around“ dieser Klinik
als international angesehenes Zentrum für
Orthopädische Chirurgie kam mit dem Eintritt von Prof. Habermeyer und weiteren erfolgreichen Kollegen, so dass mit der Freiheit
und den Möglichkeiten einer Privatklinik ein
renommiertes internationales Top-Zentrum
geschaffen wurde.
Hans Pässler wurde neben seiner überragenden operativen Tätigkeit als herausragender Wissenschaftler mit spektakulären
Kongressveranstaltungen in Heidelberg und
in München bekannt und entwickelte freundschaftliche Verhältnisse zu allen namhaften
Kreuzbandchirurgen weltweit, besonders
auch zu den amerikanischen Kollegen wie
Richard Steadman, der ein alter Freund von
ihm ist.
Sein ganzes Anliegen hing an dem Fortschritt in der Kniebandchirurgie, auch im
Hinblick auf die rekonstruktive Weiterentwicklung der Meniskuschirurgie und die
­Weiterentwicklung der Transplantationschirurgie mit Meniskusersatz und Knorpel­
ersatz. Durch das Vorangehen mit seinem
Tempo hat er sich ohne Frage nicht nur
Freunde geschaffen, jedoch mit seinem Engagement hat er die Kreuzbandchirurgie in
Deutschland und auch international definitiv
weitergebracht.
Von seinen Ehrungen sei hervorgehoben,
dass er 2004 zum Ehrenmitglied des Royal
College of Surgeons in Edinburgh, der ältesten chirurgischen Gesellschaft der Welt
(gegründet 1505), firmierte. Diese Ehre wurde nur wenigen deutschen Kollegen zuteil.
Hans Pässler ist zwar 70 Jahre alt, aber
aufgrund seiner guten Gesundheit immer
noch aktiv und wird auch weiterhin der ATOSKlinik mit Rat und Tat erhalten bleiben.
Sein Leben möchte ich unter das Leit­
motiv aus Dantes göttlicher Komödie stellen,
wo Vergil sagt:
„Segui il tu corso e lascia dire il gentil“Geh deinen Weg und lass die Leute reden.“
Ad multos annos, Hans Pässler!
Hajo Thermann
7|
::Kongress-Highlights
EFORT-Kongress in Madrid
Von Hans Pässler
Bei der diesjährigen EFORT-Tagung in Madrid (2. bis 6. Juni) übertraf
die Anzahl der Teilnehmer, meist Orthopäden und Unfallchirurgen,
mit über 8.000 alle vorausgegangenen Kongresse der Europäischen
Federation Nationaler Orthopädisch-Traumatologischer Fachgesellschaften. Über 14.000 Abstracts waren angemeldet worden.
Als kleine Auswahl aus dem riesigen Angebot
hier einige Highlights:
Heiße Debatten gab es beim Thema „Komplikationen bei Kniegelenksersatz“, so dass
sich die offizielle Kongresszeitung „Orthopaedics Today“ veranlasst sah, über das Thema
eine Titelstory zu schreiben.
EFORT
Die European Federation of National
­­Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) ist die Dachorganisation der nationalen orthopädischen
Fachgesellschaften in Europa. Ziele
der EFORT sind die Förderung des Austauschs wissenschaftlicher Erkenntnisse
und klinischer Erfahrung zu allen muskuloskelettalen Erkrankungen sowie die
Förderung von Fort- und Weiterbildung.
Die EFORT wurde 1991 von Fachgesellschaften aus 20 Ländern gegründet und
hat heute über 40 nationale Mitglieder
aus 38 Ländern sowie sechs assoziierte
wissenschaftliche Mitglieder.
|8
Thromboseprophylaxe – womit und
wie lange?
Das größte Risiko einer tiefen Venenthrombose (DVT) tragen Patienten, die einem Gelenkersatz unterzogen werden. In jüngster
Zeit werden zur Prophylaxe tiefer Venenthrombosen neben den niedermolekularen
Heparinen auch orale Antikoagulantien wie
Arixtra® nach Hüft- oder Kniegelenksersatz eingesetzt. Noch besteht kein Konsensus unter den Experten, welche Form der
Antikoagulierung durchgeführt werden soll
und wie lange sie nach der Entlassung aus
stationärer Behandlung und nach Vollbelastung noch weitergeführt werden sollte. So
berichtete Dr. Lars Borris von der Universität
Aarhus in Dänemark, dass prinzipiell in den
skandinavischen Ländern DVT-Prophylaxe
wesentlich kürzer als in den übrigen Ländern Europas und in Großbritannien gegeben wird. Seine Patienten erhalten die DVTProphylaxe nur bis zum Entlassungstag. Die
Arbeitsgruppe um Borris fand in einer vergleichenden Studie ferner heraus, dass injizierbare Heparine effektiver waren als zum
Beispiel Lovenox®, da es dabei zu weniger
intraoperativen Blutungen kam. Der Grund
dürfte darin zu suchen sein, dass man die
Injektion erst während der Operation oder
beim Wundverschluss gibt.
Laut A. Turpie aus Ontario, Kanada, wird
in Nordamerika nach Hüft- oder Kniegelenksersatz häufig nur ASS als Thromboseprophylaxe gegeben, von dem er selbst allerdings abrät.
Blick in die Ausstellungshalle
G. Labek von der Universität Innsbruck berichtete über gute Erfahrungen mit dem von
Bayer Healthcare hergestellten oralen Antikoagulanz Xarelto®. Er habe damit nicht
mehr Blutungen als bei den niedermolkularen in­jizierbaren Antikoagulantien beobachtet. Auch sei die Compliance der Patienten
bei diesem Präparat sehr gut.
Interessant ist, dass die wenigsten Redner des Symposiums Kompressionsstrümpfe
oder Fußpumpen verwenden.
Kontrovers wurde auch die Diskussion
über die Frage geführt, wann man mit Antikoagulation beginnen soll. O. Dahl aus Elverum, Norwegen, empfiehlt die Prophylaxe
präoperativ zu starten, da die höchste Mortalität bei Gelenkersatzoperationen am Tag
der Operation liege, ausgelöst von thrombingetriggerten Ereignissen. Man sollte daher bereits antikoaguliert haben, bevor dieser Prozess der Thrombinbildung startet.
Turpie hingegen beginnt mit der Antikoagulation mittels oraler Gabe von Xarelto®
Der Kongressort Madrid
ATOSnews
Überlebensrate von Metall-Polyethylenhüftgelenkspfannen sinkt nach 7 Jahren
Prof. Wolfhart Puhl bei der Eröffnung
des Kongresses
Spanische Musik beim Festabend
im Palacio Negralejo
erst sechs bis acht Stunden postoperativ,
was sich als effektiv und praktikabel erwiesen hatte. Damit sei das Blutungsrisiko vermindert. So können diese Patienten auch
problemlos mit einem Periduralkatheter anästhesiert werden.
Noch kontroverser lief aber die Debatte,
wann der günstigste Ausstieg sei. Nach Turpie habe es sich in Studien gezeigt, dass man
besser 35 statt 14 Tage mit oralen Antikoagulantien wie Xarelto® nachbehandelt, zumal die orale Gabe so unproblematisch sei.
Hemiarthroplastik ist kosteneffektiver
als Osteosynthese
N O T E S
&
Gudrun Waaler (Norwegen) berichtete über
eine randomisierte und prospektive Studie,
in der insgesamt 166 Patienten mit Schenkelhalsfrakturen entweder mittels Osteosynthese oder mit einer Hemiarthroplastik behandelt wurden. Die Analyse ergab, dass die
Hemiarthroplastik hinsichtlich der Effektivität und der Kosten der Osteosynthese überlegen war.
G. Hallan und Mitarbeiter haben an Hand
des Norwegischen Arthroplasty Registers
9113 primäre nicht-zementierte Metall-Polyethylenhüftgelenkspfannen mit insgesamt
sieben verschiedenen Designs gepaart mit
Femurschäften aus Aluminium, Stahl oder
Kobaltchrom untersucht. Während die meisten Hüftpfannen während der ersten sieben Jahre nach der Implantation gut funktionierten, begannen danach die Probleme mit
hohen Abriebraten, Osteolysen, aseptischen
Lockerungen und Dislokationen. Hallen folgert daraus, dass kurze Nachbeobachtungszeiträume wenig Wert für die Beurteilung
von TEP-Designs haben.
::
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
N E W S
:: ATOS Kliniken bilden erfolgreich aus
An den ATOS Kliniken werden nicht nur medizinische Spitzenleistungen
erbracht. So hat aktuell Frau Linda Rademacher in der ATOS Klinik
München die Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen erfolgreich abgeschlossen - mit einem Notendurchschnitt von 1,16!
Frau Rademacher hat seit 1. Juli die Position der Sekretärin der Geschäftsleitung in der ATOS Klinik München übernommen.
Derzeit bieten die ATOS Kliniken Ausbildungsplätze für folgende
Berufe an:
Medizinische/r Fachangestellte/r, Kaufmann/Kauffrau im
Gesundheitswesen, OTA (Operations-Technischer Assistent),
Koch (ATOS Heidelberg).
Informationen über freie Ausbildungsplätze bei ATOS erhalten Sie
unter www.atos.de und www.atos-muenchen.de
Dipl.-Kfm. Alexander Zugsbradl (Kaufmännischer Geschäftsführer
der ATOS Kliniken) und Linda Rademacher freuen sich über Frau
­Rademachers ausgezeichnetes Zeugnis.
9|
::Kongress-Highlights
AAOS-Meeting in New Orleans
Von Hajo Thermann
Das Academy-Meeting AAOS (American Academy of Orthopaedic Surgeons),
das in diesem Jahr Mitte März in New Orleans stattfand, ist ein Forum der
Begegnung für orthopädische Chirurgen aus aller Welt und fasziniert darüber
hinaus durch seine riesige Industrieausstellung.
Im Vergleich zu früheren Meetings fällt insbesondere auf, dass die Symposien – die Instructional Courses – erheblich zugenommen
haben. Dieses muss man im Zusammenhang
mit der vermehrten Teilnahme von südamerikanischen, osteuropäischen und asiatischen
Kollegen an diesem Kongress bewerten, da
bei der Durchsicht der Kurse keine neuen
Konzepte oder neue Philosophien dargestellt
werden, sondern nur der State of the Art
auf einem seit Jahren unveränderten Niveau
dargeboten werden.
Die stark angewachsenen Teilnehmerzahlen von asiatischen, osteuropäischen und
vor allen Dingen südamerikanischen Kollegen zeigen, dass die Industrie in diesen Regionen ihre Märkte noch nicht besetzt und
aufgeteilt hat, so dass hier anscheinend mit
hohem finanziellen Aufwand und viel Sponsoring ein Wettbewerb um die Verteilung
dieser neuen Märkte stattfindet.
Die wissenschaftlichen Sitzungen boten vom Gesamtniveau her nicht mehr die
Speerspitze der Erkenntnis bzw. der wissenschaftlichen Leistungen in den Fachgebieten
Knieendoprothetik sowie Fuß- und Sprunggelenk.
Die Knieendoprothetik beschäftigt sich
jetzt vermehrt mit der Bestimmung des Aktivitätslevels sowie den Möglichkeiten sportlicher Betätigung mit endoprothetischer
Versorgung. Hier sind interessante Studien
präsentiert worden, wobei – wie zu erwarten
– bei sehr guter Funktion der Prothesen die
Patienten auch Impactsportarten ausüben
können. In einer Studie mit über sieben Jahre Follow-up konnten bei sehr gut liegenden
| 10
C. Salzman ( Präsident
der Amerikanischen
Fußgesellschaft) und
Prof. Thermann auf dem
AAOS in New Orleans
Prothesen kein vermehrtes Prothesenversagen oder andere Pathologien bei Impactsportarten festgestellt werden.
Die Überprüfung von neuen Design-Modellen im Sinne einer Gender-Modifikation
zeigte in sehr schönen prospektiven asiatischen Studien, dass der Gender-Effekt im
klinischen Alltag, wie auch zu erwarten, keinen Vorteil für die weiblichen Patienten darstellt. Hier gibt es in prospektiv randomisierten Studien überhaupt keine Vorteile. Das
gleiche gilt überraschenderweise auch bei einer prospektiv randomisierten Studie für den
Vergleich von Hyperflex- zu normal fixierten
oder mobilen Plattformen, so dass eine Hyperflex-Prothese in prospektiven Studien
keine bessere Beweglichkeit erreicht. Hierbei
zeigt sich vielleicht doch der Trugschluss des
Designs, dass bei nicht anatomischen Radien und Kinematiken nur durch die Veränderung der posterioren Kondylen und der Tibiaplateauform theoretisch sicherlich eine
Verbesserung möglich ist, jedoch auf Grund
der insgesamt nicht anatomischen Kinematik ­die­se nicht erreicht wird. Dieses wurde in
zwei Studien nachgewiesen.
Im Bereich der Fuss- und Sprunggelenkchirurgie zeigt sich in experimentellen Arbeiten wie auch in einer sehr schönen klinischen Arbeit, dass durch den Einfluss von
PRP (thrombozytenassoziierte Wachstumshormone) signifikante Verbesserungen der
Heilungstendenzen und der klinischen Resultate erreicht werden. Dies zum einen in
einer klinischen Studie bei AchillessehnenTendinopathie, zum anderen aber auch in
experimentellen Studien im Zusammenhang
mit der Knorpelheilung. Da wir diese in unserer Praxis schon seit fast drei Jahren benutzen, decken sich die Ergebnisse schon mit
denen von uns über einen längeren Zeitraum
gemachten Erfahrungen.
Prof. Hajo Thermann wurde zu einem
hochkarätigen Symposium über die Behandlung von Knorpelschäden am Sprunggelenk
eingeladen. Die Sitzung wurde moderiert
ATOSnews
durch Richard Ferkel, sicherlich der Pate der
amerikanischen Sprunggelenksarthroskopie.
In diesem Symposium stellten Nick van Diek,
Hajo Thermann und Laszlo Hangody die europäische Spitze der Symposiumsteilnehmer dar. Auf Grund der erheblichen Schwierigkeiten durch die restriktive Prüfung der
FDA (Food and Drug Association) liegen
die Amerikaner zum jetzigen Zeitpunkt in
der klinischen Anwendung von Knorpelzelltransplantationen und Amic-(Autologous
matrix induced Chondrogenesis)-Verfahren
als auch in der Anwendung von Miniprothesen (van Diek) weit zurück. Dies erklärt auch
die Zusammensetzung des Symposiums mit
dem Überwiegen der Europäer.
Eine sehr schöne Übersicht von Richard
Ferkel zeigte nochmals die experimentellen
Möglichkeiten zur Verbesserung der MatrixSituation im Amic-Verfahren unter Anwendung von Wachstumsfaktoren und anderen induktiven Faktoren, bis hin zu im Labor
CAD-geformten „Rekonstruktionsblöcken“,
was auf dem Symposium eine sehr große
Resonanz hatte. Es zeigte sich, dass gerade
die Rekonstruktion von Knorpelschäden am
Sprunggelenk einen sehr hohen industriellen
und wissenschaftlichen Input hat, so dass
sich die Situation in den nächsten Jahren,
aufbauend auf dem momentan bereits erreichten sehr guten Niveau, weiter kontinuierlich verbessern wird.
Insgesamt muss man sagen, dass das
Academy-Meeting für Spezialisten sicherlich den Aufwand einer jährlichen Teilnahme
nicht wert ist, da der „Turnover“ doch immer
langsamer wird. Spezial-Sitzungen haben jedoch noch eine hohe Brisanz und es ist immer wieder sehr beeindruckend, die „Master“
der orthopädischen Chirurgie zu sehen und
mit ihnen zu diskutieren. Das nächste AAOSMeeting findet Mitte Februar 2011 in San
­Diego/Kalifornien statt.
::
Prof. Dr. Hajo Thermann
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
11 |
::Kongress-Highlights
Übertragung des Fußball-Länderspieles Deutschland
gegen Serbien im Hörsaal
Dr. Sabine Krüger, „Sportärztin des
Jahres“ 2010
Ehrengast Prof. Dr. Christian
Gerber aus Bern
GOTS-Kongress 2010
in München
Von Holger Schmitt
GOTS-Präsident Prof. Dr. Holger Schmitt (links) bei der Verleihung
des Young Investigator Award an Alice Paßberger
Vizepräsident Prof. Dr. C.H. Siebert (rechts) und
Herr Berkowitsch (Fa. Sporlastic, links) bei der Verleihung des
ersten Posterpreises an Dr. V. Schöffl
| 12
Die Gesellschaft für OrthopädischTraumatologische Sportmedizin (GOTS)
hielt im Juni in München ihren 25.
Jahres­kongress ab. Mehr als 50 Vorträge, 76 Posterpräsentationen, Instruktionskurse und Workshops sowie eine
große ­Industrieausstellung boten den
zahlreichen Teilnehmern viele Möglichkeiten, um sich über aktuelle Trends
und Entwicklungen im Bereich der
Sport­orthopädie und -traumatologie zu
informieren.
Kongresspräsident Prof. Dr. Victor Valderrabano aus Basel konnte 546 Teilnehmer zum
Jubiläumskongress im Klinikum Großhadern
begrüßen. Gemeinsam mit dem Präsidenten
der Gesellschaft, Prof. Dr. Holger Schmitt
aus Heidelberg, eröffnete er einen Tag nach
dem überraschenden Sieg der Schweizer
Fußballnationalmannschaft über den späteren Weltmeister Spanien wohl gelaunt die
ATOSnews
Tagung. Themenschwerpunkte waren Arthrose und Sport, neue Bildgebung, Verletzungen des Kniegelenkes, Revisionschirurgie
und Navigation, Schweizer Nationalsportarten (z. B. Schwingen und Hornussen), Innovationen und experimentelle Studien sowie
Verletzungen an Fuß und Sprunggelenk. In
Kooperation mit den Verbandsärzten wurde auch ein Symposium Wettkampfmedizin mit dem Thema Diagnostik und Therapie
von Muskelverletzungen angeboten – zur
Liveübertragung des Fußball-Länderspieles
Deutschland gegen Serbien wurde folgerichtig das wissenschaftliche Programm kurz
unterbrochen.
Einer der Höhepunkte des Kongressprogramms war das Referat des Ehrengastes
Prof. Dr. Christian Gerber aus Bern zum
­Thema „Partielle Rotatorenmanschettenrupturen“. Als ein weiterer Höhepunkt der Jubiläumstagung wurde mit Dr. Sabine ­Krüger
erstmals eine Frau als Sportarzt/-ärztin
des Jahres geehrt. Dr. Krüger ist die Mann-
schaftsärztin der erfolgreichen deutschen
Wasserspringer und der erste Sportarzt aus
den neuen Bundesländern, der die renommierte Auszeichnung erhält. Den Young Investigator Award 2010 für die beste Präsentation eines jungen Nachwuchsforschers
überreichte GOTS-Präsident Prof. Dr. Holger
Schmitt an Alice Paßberger für ihre Arbeit
„Effektive elektromagnetische Stimulation
bei der chondrogenen Differenzierung humaner mesenchymaler Stammzellen“. Den
Sporlastic Posterpreis für die beste Posterpräsentation beim GOTS-Jahreskongress
2010 erhielt die Arbeitsgruppe V. Schöffl, D.
Popp, J. Dickschas, I. Schöffl und T. Küpper
(Bamberg) für das Poster „SLAP-Läsionen
beim Leistungssportler im Klettersport: Orthotope Refixation oder primäre Tenodese?“.
Die mit 20.000 Euro dotierte GOTS-Forschungsförderung, für die sich sieben Projektgruppen beworben hatten, erhielt die Arbeitsgruppe von Dr. Patrick Orth (Homburg)
für die Untersuchungen zum „Einfluss von
Osteokonduktiv
Hohe
mechanische
Stabilität
Keine bindegewebige
Einkapselung
Vollständige
Knochenneubildung
Homogener
biologischer
Abbau
Die exzellente
Lösung!
Dichte und Durchmesser subchondraler Pridie-Bohrlöcher auf die Reparatur von fokalen Knorpeldefekten im Schafmodell“.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung
wurde Prof. Dr. Holger Schmitt, seit 01.10.2010
in der ATOS Klinik Heidelberg ­tätig, als Präsident der Gesellschaft für weitere zwei Jahre in seinem Amt bestätigt, ebenso wurden
einstimmig das Präsidium und der Beirat wiedergewählt. Mit aktuell mehr als 1.000 Mitgliedern ist die GOTS als deutschsprachige
Gesellschaft die zweitgrößte sportorthopädische Fachgesellschaft der Welt (www.gots.
org). Der nächste Jahres­kongress findet vom
17.–19. Juni 2011 wiederum in München statt.
Kongresspräsident ist Prof. Dr. C.H. ­Siebert
aus Hannover.
::
Prof. Dr. Holger Schmitt
Zentrum für Sporttraumatologische Chirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
spirit of excellence
RICHARD
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BELGIEN / NIEDERLANDE
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[email protected] · www.richard-wolf.com
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DEUTSCHLAND
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Tel.:
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ÖSTERREICH
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UK
Fax:
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+49 70 43 35-300
USA
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Info / Service-Nr. 130.08
Bioaktive und bioresorbierbare Interferenz-Schrauben
zur ACL- und PCL-Rekonstruktion
:: Fachbeiträge
Shoulder Instability Severity Score (SISS)
Eine Entscheidungshilfe bei der Therapie der primär traumatischen
vorderen Schulter-Erstluxation
Von Peter Habermeyer, Sven Lichtenberg,
Petra Magosch, Markus Loew
Keywords: Schulterinstabilität, Schulterscore, Erstluxation
der Schulter
Der von den Autoren neu erarbeitete Shoulder Instability
Severity Score (SISS) dient dazu, für die traumatische vordere Schulter-Erstluxation eine sichere Entscheidungshilfe
zwischen konservativen und operativen Therapieverfahren
zu bieten.
Abb. 1: Der SIS-Score
| 14
Bei einer Meta-Analyse von fünf Studien mit
239 jungen Männern im Durchschnittsalter
von 22 Jahren benötigten nur 52 % der konservativ behandelten Patienten später eine
Operation (Handoll 2004). Da es sich aufgrund des niedrigen Durchschnittsalters um
Hochrisikopatienten handelte, konnte aus
diesen Arbeiten der Schluss gezogen werden,
dass die konservative Behandlung weiter die
erste Therapieoption darstellt (Handoll 2004,
Handoll 2006).
Der von Balg und Boileau (2007) publizierte „Instability Severity Index Score” (ISIS),
hat sich als Entscheidungshilfe für die arthroskopische oder offene Stabilisation bei der
chronischen Schulterinstabilität bewährt. Für
die traumatische vordere Schulter-Erstluxation gibt es bisher in der Literatur keine Leitlinie, die anhand eines Scores eine abgesicherte Therapieempfehlung darstellen könnte.
Wir haben mit dem Shoulder Instability
Severity Score (SISS) den Versuch unternommen, einen Index zu erarbeiten, der eine sichere Entscheidungshilfe zwischen konser-
vativen und operativen Verfahren darstellen
soll. Der SIS-Score basiert auf in der Literatur validierten Risikofaktoren für ein höheres
Rezidivrisiko.
Seit 2006 wurden in unserer Abteilung
sämtliche Patienten mit einer frischen vorderen Schultererstluxation in die Studie
aufgenommen. Ausschlusskriterien waren
rezidivierende Schulterluxationen oder Patienten mit Voroperationen. Das Alter stellte kein Ausschlusskriterium dar, um auch
die Patienten über 40 Jahre mit luxationsbedingten Rotatorenmanschettenrupturen
einzuschließen.
Der Shoulder Instability Severity Score
(SISS) vergibt maximal 15 Punkte, wobei
bis 10 Punkte konservativ und ab 11 Punkte
operativ arthroskopisch behandelt wurde.
Risikofaktoren
Der SIS-Score schließt neun Risikofaktoren
ein, die in der Literatur als validiert für eine
Rezidivluxation gelten (Abb. 1).
ATOSnews
Risikofaktor Alter : Basierend auf einer repräsentativen Literaturübersicht (Hovelius,
Henry, Hoelen, Lill, McLaughlin, Rowe, Slaa,
Vermeiren) haben Patienten unter 20 Jahre
ein Rezidivrisiko nach primär traumatischer
Schulter-Erstluxation zwischen 66 und 95 %,
zwischen 20 und 30 Jahren liegt das Risiko
bei 48 bis 79 %, über 30 Jahren bei 21 % und
über 40 Jahren bei 6 %. Demgemäß vergeben
wir für Patienten unter 20 Jahren 3 Punkte,
zwischen 20 und 25 Jahren 2 Punkte, unter
30 Jahren 1 Punkt und darüber keinen.
Die Traumaschwere hat einen Einfluss auf
das Luxationsrisiko. Je massiver die Gewalteinwirkung, desto höher die Gelenkbinnenverletzung und desto höher das Rezidivrisiko. Patienten mit einem eindeutigen Trauma
erhalten 1 Punkt, bei Bagatellverletzungen
oder atraumatischen Schultererstluxationen
wird kein Punkt vergeben.
Kann der Patient seine Schulter wieder
selbst reponieren, ergibt das keinen Punkt, ist
zur Reposition ein Helfer oder Arzt notwendig, so wird 1 Punkt angekreuzt. Entsprechend
den Empfehlungen von Ian Bailey gehören
Patienten mit einer angeborenen Hyperlaxizität in die Polargruppe II, deren Behandlung
am besten konservativ zu erfolgen hat. Somit
erhalten Patienten mit einer generellen Gelenklaxizität oder einer beidseitigen Schulterlaxizität keinen Punkt, während Patienten ohne
Hyperlaxizität bei kräftigem Muskelstatus
1 Punkt zugesprochen bekommen.
Die Integrität der Gelenkpfanne und des
Labrum glenoidale sind integraler Bestandteil der mechanischen Schulterstabilität. Lässt
sich bei der MRI oder CT-Untersuchung keinerlei Glenoidpathologie finden, muss man von
einer allgemeinen Gelenklaxizität ausgehen.
Aus diesem Grunde bekommen Patien­ten mit
fehlender Bankart-Läsion keinen Punkt. Eine
isolierte Bankart-Läsion wie sie nahezu regelmäßig bei der primär traumatischen Schultererstluxation vorkommt, wird mit 1 Punkt bewertet, kombinierte Bankart-/SLAP-Läsionen
haben einen höheren Instabilitätsgrad und
bekommen 2 Punkte. Eine Bankart-Fraktur
wird mit 3 Punkten eingestuft.
In seiner Langzeitstudie nach 25 Jahren
konnte Hovelius (2008) nachweisen, dass
eine Hill-Sachs-Läsion ein zusätzlicher Risi-
Abb. 2:
Altersverteilung der
konservativ und der
operativ behandelten
­Patienten
kofaktor auch bei Patienten über 25 Jahren
darstellt. Wenn der Hill-Sachs-Defekt bereits
auf der Röntgen-a.p.-Aufnahme darstellbar
ist, ist das mit einem höheren Rezidivluxationsrisiko vergesellschaftet (Boileau 2007).
Aus diesem Grund wird bei Vorliegen einer
Hill-Sachs-Läsion 1 Punkt, bei fehlendem
Hill-Sachs-Defekt kein Punkt vergeben.
Über 40 Jahre kommt dem luxationsassoziierten Rotatorenmanschettendefekt ein
erhöhtes Risiko einer Rezidivluxation zu (Gumina 1997, Walch, Neviaser 1993). Ein begleitender Rotatorenmanschettendefekt führt
somit zu einer Punkterhöhung.
Je höher die Sportaktivität des Patienten,
desto höher sein Rezidivrisiko: Profisportler
erhalten 3 Punkte, Amateursportler 2, Freizeitsportler 1 Punkt, unsportliche Personen
keinen Punkt.
Fehlt bei einem Patienten die Compliance,
so ist nicht zu erwarten, dass der Patient sich
an das postoperative Rehabilitationsprotokoll hält. Bei fehlender Compliance liegen die
Rezidivraten höher als bei kooperativen Patienten. Aus diesem Grund wird bei nicht vorhandener Compliance 1 Punkt angekreuzt.
Nachuntersuchungsergebnisse
Von den 153 Patienten mit einem mittleren Durchschnittsalter von 37 Jahren (16-78
Jahre) konnten bisher 80 Patienten ein Jahr
nach Erstluxation (Durchschnitt 13 Monate)
mittels standardisierten Fragebogen nachuntersucht werden. Bei 80 Patienten (20
weiblich, 60 männlich) lagen bei der Erst-
untersuchung nach traumatischer vorderer Schulter-Erstluxation eine vollständige
Röntgeninstabilitätsserie sowie eine Kernspinuntersuchung vor. Bei allen 80 Patienten
erfolgte die Einteilung nach dem SIS-Score.
34 Patienten (42,5 %) wurden einer arthroskopischen Stabilisierung unterzogen, der
intraaoperative Befund wurde standardisiert
dokumentiert. Bei 46 Patienten (57,5 %) erfolgte eine primär konservative Behandlung.
Unabhängig von der konservativen oder
operativen Therapie wurden alle Patienten
nach dem gleichen Rehabilitationsschema behandelt. Alle Patienten mussten für drei Wochen ein Abduktionskissen tragen, danach begann die Krankengymnastik, wobei bis zur 7.
Woche die Abduktion nur bis 90° und die Außenrotation nur bis 0° erlaubt wurde. Alle Patienten wurden in demselben Abduktionskissen ruhig gestellt. Nach sechs Wochen wurde
die volle Schulterbewegung freigegeben. Zwischen der 6. und 12. Woche erfolgte ein Muskelaufbautraining. Nach der 12. Woche verordneten wir Krankengymnastik am Gerät.
Der den Patienten zugeschickte Fragebogen beinhaltete die schriftliche Form des
Constant Scores, beurteilte die subjektive
Schulterstabilität analog einer VAS, die Möglichkeit über Kopf zu werfen, beinhaltete die
Sportaktivität sowie die Fähigkeit, den Beruf wieder auszuführen. Beurteilt wurden die
Muskelkraft sowie die Patientenzufriedenheit.
Signifikant unterschiedlich verteilt war die
Patientengruppe mit operativer oder konservativer Behandlung. Bis zum 30ten Lebensjahr überwogen die operativen Fälle, über ➔
15 |
::Fachbeiträge
Abb. 3:
Verteilung des
Sportaktivitäts­
niveaus der
­konservativ und
der operativ behandelten Patienten
Abb. 4:
Rezidivrate in
Abhängigkeit
des Alters
30 Jahren die konservativen Fälle (Abb. 2).
Ebenso signifikant war die Verteilung der Patienten hinsichtlich des Sportlevels. Je höher
das Sportniveau, desto häufiger die operative
Versorgung (Abb. 3). Bei der Beurteilung der
subjektiven Schulterfunktion zeigte die operative und konservative Therapie kein unterschiedliches Ergebnis. Auch die Fähigkeit,
wieder über Kopf zu werfen, war in beiden
Gruppen vergleichbar gut.
Die subjektive Schulterstabilität wurde
anhand einer visuellen Analogskala (VAS:
10 = maximale Instabilität) abgefragt. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied
zwischen der operativen und der nicht operativen Gruppe (3,2 versus 2,8). Die Reluxationsrate lag bei 2,9 % in der arthroskopisch
versorgten Gruppe (ein traumatisches Rezidiv). Bei den konservativ behandelten Patienten lag die Reluxationsrate bei 10,9 %,
wobei zwei Patienten eine traumatische Ursache, drei eine atraumatische Ursache an-
| 16
gaben. Die Rezidivrate lag höher je jünger
der Patient war (Abb. 4). Das mittlere Durchschnittsalter aller Patienten mit Rezidivluxation lag aber bei 32 Jahren.
75 % (Bottoni 2002, Kirkley 1999, Yanmis
2003, Jakobsen 2007). Aufgrund der durch
den SIS-Score vorgegebenen Therapieempfehlung hatte das von uns konservativ behandelte Patientengut nach einem Jahr nur
eine Rezidivquote von 10,9 % aufzuweisen.
Bei den von uns arthroskopisch versorgten
Patienten lag die Rezidivrate nach einem
Jahr bei 2,9 %, hatte jedoch nur eine Nachbeobachtungszeit von 13,5 Monaten.
Der SIS-Score (Habermeyer P, Lichtenberg S, Magosch P. The Shoulder Instability
Severitiy Score (SISS): A Guide for the Therapy Option for the First Traumatic Anterior
Shoulder Dislocation. International Congress
on Shoulder and Elbow Surgery, Edinburgh,
Scotland, 5.-8. September 2010) ermöglicht
bei der primär traumatischen Schulter-Erstluxation eine risikovalidierte Entscheidung in
ein konservatives oder operatives Vorgehen.
Unter Anwendung des Scores konnte bei sehr
niedriger Rezidivrate in der operativen Gruppe auch in der konservativen Gruppe das
Rezidivrisiko auf einen in der Literatur bisher
noch nicht erreichten niedrigen Prozentsatz
reduziert werden. Mit Hilfe des SIS-Scores
gelingt es, die Patienten zu identifizieren, die
ein niedriges Rezidivrisiko haben und somit
bei diesen eine Operation zu vermeiden.
Die Studie läuft nun seit vier Jahren und
wird gegenwärtig weiter evaluiert. Bei größerem Patientengut und längerem Nachuntersuchungszeitraum wird es möglich sein, den
SIS-Score besser beurteilen zu können. ::
Diskussion
Die kurze Nachbeobachtungszeit von nur 13
Monaten gehört zu den Schwächen dieser
Studie, ebenso die Tatsache, dass die Valenz
der einzelnen Subkategorien des SIS-Scores
bisher nicht evaluiert ist. Auch die Tatsache,
dass wir alle Altersgruppen eingeschlossen
haben, um den Einfluss der Rotatorenmanschettenruptur zu überprüfen, kann als Einschränkung der Studie festgestellt werden.
Vier prospektive randomisierte Studien, die die arthroskopische Versorgung von
traumatischen Schulter-Erstluxationen gegenüber der konservativen Behandlung verglichen, zeigten eine Rezidivrate bei der konservativen Behandlung zwischen 38 und
Prof. Dr. Peter Habermeyer
Dr. Sven Lichtenberg
Dr. Petra Magosch
Prof. Dr. Markus Loew
Zentrum für Schulter- und Ellbogenchirurgie/Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
www. schulter.de
[email protected]
ATOSnews
Verletzungen des vorderen
Syndesmosenbandes (AITFL):
Was, wann, wie behandeln?
Von Hajo Thermann und Pieter Beks
Keywords: Vordere Syndesmoseverletzung, Syndesmoseruptur,
Behandlungsalgorithmus, Stabilität Sprunggelenk
Vordere Syndesmosenverletzungen werden in der Literatur in Zusammenhang
mit Supinationstraumen zwischen 1 und 18 % beziffert (7). Im Vergleich zur
fibularen Bandruptur verursacht die Syndesmoseverletzung länger Beschwerden und kann bei Instabilitäten, mit nicht adäquater Behandlung, zu einer
Präformation eines arthrotischen Sprunggelenkes führen. Die Beachtung der
biomechanisch- anatomischen Grundlagen und eine angemessene Diagnostik
führen zu einem überlegten Therapieregime für AITFL-Verletzungen.
Die Diagnose der vorderen Syndesmosenruptur ist, aufgrund der Stabilitätsverhältnisse der Malleolengabel mit der Syndesmose, eher eine klinische Diagnose, da sie in der
Regel nicht zu Diastasen und Dislokationen
führt.
Um sich das Vorliegen einer vorderen Syndesmosenruptur vor Augen zu führen, müssen wir einen Blick auf die anatomischen Verhältnisse werfen. Die sehr straffe ligamentäre
Verbindung zwischen der Tibia und der Fibula
besteht aus drei wesentlichen Teilen:
1. die sehr starke proximale tibio-fibulare
Syndesmose aus dem Ligamentum capitis
fibulae anterius und posterius
2. die Aponeurose der interossären Membran
3. der distale tibio-fibulare syndesmotische
Komplex, welcher aus fünf einzelnen Anteilen besteht.
Anatomie
Das anteriore inferiore tibio-fibulare
­Ligament (AITFL) läuft vom anterioren fibularen Tubercule du Chaput der Tibia zu
dem anterioren Aspekt der distalen Fibula (Le Fort`s oder Wagstaffe`s Tuberkel). Die
Länge beträgt in etwa 16 mm und die Breite
ebenfalls 16 mm am tibialen Ursprung und
verengt sich auf 13 mm im Durchschnitt im
Bereich der fibularen Insertion. Die mittlere
Steifigkeit ist 5 kg/mm. Es besteht aus zwei
bis drei parallel verlaufenden Fasern, die
teilweise eine kleine Lücke von weniger als
2 mm aufweisen. Das AITFL wird maximal bei
Plantarflexion angespannt!
Das posteriore inferiore tibio-fibulare
Ligament (PITFL) ist der stärkste Anteil der
distalen Syndesmose. Es ist kompakter und
läuft horizontaler als das AITFL. Die Steifigkeit beträgt genauso wie beim vorderen
Syndesmosenband 5 kg/mm. In biomechanischen Tests wurde eine Reißfestigkeit von
120 kg bei Männern und 70 kg bei Frauen
ermittelt, welche deutlich höher ist als beim
vorderen Syndesmosenband (95 kg bei Männern und 60 kg bei Frauen).
Die durchschnittliche Länge beträgt etwa
20 mm, bei einer Breite von 18 mm im tibialen Ursprung, welche sich auf 12 mm im
Bereich der fibularen Insertion verjüngt. Das
PITFL ist maximal angespannt in der Dorsalflexion.
Das transverso-tibio-fibulare Ligament
liegt distal des posterioren tibio-fibularen
Ligamentes und hat eine fibrocartilaginäre
Struktur. Es läuft mehr horizontal zum posterioren Tuberkel der Fibula und lässt sich
teilweise sehr schwer vom PITFL unterschei-
den. Von daher wird es auch als tiefer Anteil
des PITFL beschrieben (11).
Das interosseo-tibio-fibulare Ligament
ist ein dynamisch wichtiges Band, welches
elastische Fasern aufweist und mehr als Stabilisator und als Puffer im distalen tibio-fibularen Gelenk agiert. Die kurzen und festen
Fasern füllen den Zwischenraum zwischen Fibula und Tibia im distalen Anteil nahezu aus.
In der sagittalen Ebene zeigt sich mehr eine
trianguläre Form, mit einer Basis von 1-1,5
cm oberhalb der Gelenklinie des Sprunggelenkes. Es liegt praktisch als elastischer Puffer in der Rotationsebene der distalen Fibula.
Der distale Anteil der Membrana interossea (IOM) besteht aus aponeurotischen
Fasern, die vom cranialen Ursprung des
anterioren/posterioren tibio-fibularen Gelenkes entstammen. Sie ist in direkter Verlängerung pyramidenförmig auf die Spitze
des interosseo-tibio-fibularen Ligamentes
gesetzt und beginnt etwa 4–5 cm oberhalb
des Gelenkniveaus. Die Fasern sind dünner
und länger als die des Interosseus-tib.-fib.
Ligamentes. Durch ihre größere Elongation
tragen sie zur tibio-fibularen Bewegung bei.
Betrachtet man die Bandstruktur von medial, so sieht man eine massive ausfüllende
trianguläre Vernetzung, entsprechend ihrer
Funktion von kurzen und langen Fasern. Im ➔
17 |
::Fachbeiträge
Abb. 1a:
Darstellung der
­einzelnen Strukturen
der Syndesmose von
medial gesehen
Abb. 1b:
Darstellung der
Syndesmose von
anterior
a
b
vorderen und hinteren Teil wird diese “Vernetzung” mit Ligamenten zur Stabilisation
umzogen.
Die Kontaktfläche der Fibula zur distalen
Tibia ist halbmondförmig und zeigt im distalen Fibulaanteil eine hohe Kongruenz zur
lateralen Talusschulter. Die Fissura fibularis
oder peroneale Grube zeigt unterschiedliche
anatomische Variationen in Kadaver-Studien:
In 75 % hat sie eine konkave Oberfläche
zum lateralen Aspektes der Tibia, in 16 %
eine konvexe Oberfläche. Die verbleibenden
9 % konnten nicht eindeutig klassifiziert
werden. Diese Ergebnisse wurden in neueren
Studien bestätigt. Die absolute Tiefe der Inzisura hat deutliche Variationen zwischen 1
-7,5 mm (10). (Abb. 1a und b).
anteriore Band (AITFL) wird das posteriore
Band (PITFL) etwas angespannt.
Im normalen Gangbild werden etwa 10 –
17 % des Körpergewichtes von der distalen
Fibula aufgenommen. Dieser Kraftfluss
funktioniert aber nur bei intakter Syndesmose und Membrana interossea.
Da das Sprunggelenk weit davon entfernt
ist, ein Scharniergelenk zu sein, ergibt sich
eine besondere Funktion in der Bewegung/
Beweglichkeit des Gelenkes in Dorsal- und
Plantarflexion. Aufgrund der Tatsache, dass
der Talus mehr nach lateral auslädt und sich
in der transversalen Aufsicht nach vorne ver-
breitert, führt die Dorsal- und Plantarflexion
zu Bewegungen zwischen Tibia und Fibula.
Für die laterale Stabilität des Talus sind
die kräftige, mediale, komplexe Struktur des
Ligamentum deltoideum und die medialen
Strukturen (Talo-naviculare Kapsel, Lig. talo-calcaneare) als fester Stabilitätskomplex,
eine Voraussetzung für eine normale Belastung im Bereich der Syndesmose.
Die Drehachse des Sprunggelenkes läuft
von der Spitze des lateralen Malleolus in
etwa 8 Grad ansteigend in der Frontalebene, 6 Grad in der transversalen Ebene zum
medialen Malleolus. Die laterale Neigung
Biomechanik
Beim normalen Stand wirken weder Drehung
noch Scherkräfte auf das Sprunggelenk und
aufgrund der hohen Kongruenz verteilen
sich die Drücke im Gelenk normal. Daher gibt
es beim normalen Stand fast keine Belastung
auf die Syndesmose. Erst mit zunehmender
Bewegung in die Plantar- oder Dorsalextension wird Druck ausgeübt, wobei in 10 Grad
Dorsalextension beide Bänder angespannt
(AITFL/PITFL) sind.
Durch die Weitung der Knöchelgabel und
durch das Einwärtsdrehen des breiteren anterioren Talus in die Knöchelgabel an das
| 18
Abb. 2:
Besonderheit der
Kinematik des
­Talus mit medialem
abgeschnittenen
Kegel (geringe Bewegung) und lateraler
­Schraubenbewegung
ATOSnews
a
d
b
e
c
f
Abb. 3a: Außenrotationstest
Abb. 3b: Squeeze-Test
Abb. 3c: Point-Test
Abb. 3d: Dorsalflexionmanoeuver
Abb. 3e: Lateraler Calcaneus-Stresstest : hierbei wird
der Calcaneus von lateral nach medial gegen die Fibula
gedrückt. Die distale Tibia wird von lateral fixiert mit
Daumen und Zeigefinger unter Aussparung der Fibula.
Das Aufweiten der Gabel kann auch sonografisch oder
radiologisch dokumentiert werden.
Abb. 3f: Crossleg -Test
der Talusschulter ist perpendikulär zu dieser
Achse, während die mediale Seite eine Inklination von 6 Grad hat, welches eher einer
“Pseudorotation” während der Bewegung
des Sprunggelenkes entspricht.
Die Besonderheit der Bewegung des Talus in der Malleolenachse ist nicht die eines
einfachen abgesägten Kegels, sondern die
Kombination zwischen einem abgesägten
Kegel im medialen Bereich und einer Schraubenbewegung im lateralen Bereich, so dass
der mediale Komplex mit dem Talus eine
festere, unbeweglichere Achse (auch aufgrund des sehr straffen Bandkomplexes) in
der Gesamtbewegung des Talus darstellt. Die
Hauptbeweglichkeit aufgrund der Schraubenbewegung und des größeren Radius zeigt
sich im Sinne eines lateralen Pivot im Bereich
des lateralen OSG (Abb. 2).
Die Kinematik des oberen Sprunggelenkes zeigt, dass es in der Dorsalflexion
zu einer intermalleolären Distanzvergrößerung von 1-1,25 mm kommt, wobei die Fibula hierbei um Platz zu schaffen 2 Grad nach
außen rotiert, während sich der breitere Teil
des Talus in die Malleolengabel schiebt.
Beim normalen Gehen bewegt sich die Fibula etwa 2,4 mm distal unter der Belastung
und hat eine antero-posteriore Bewegung
von der Dorsalextension in die Plantarflexion
von 0,2-0,4 mm. Unter normalen Gangbedingungen kommt es zu einer externen Rotation
der Fibula zwischen 2 und 5 Grad mit einer
medialen Translation von 0–2,5 mm und einer
posterioren Bewegung von 1–1,3 mm (2).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir einen komplexen, verwobenen
Bandapparat aus zentralen, sehr stabilen,
aber auch elastischen Strukturen haben,
die von posterior mit einem sehr straffen
und von anterior mit einem leichten Fesselungsband verbunden sind. Die normale Bewegung führt unter Belastung zur leichten
Außenrotation und zu einem Oszillieren der
Fibula zwischen 1 und 1,25 mm, entsprechend der Elastizität der Fasern im zentralen
Syndesmosebereich. Bei der Betrachtung der
Stabilität, unter der Berücksichtigung der biomechanischen Verhältnisse im Experiment,
zeigt sich beim anterioren inferioren fibulotibialen Band (AITFL) doch eher eine unter- ➔
19 |
::Fachbeiträge
MRT: Durch die geringe Signalintensität lassen
sich Ligamente gegenüber Fett grundsätzlich
gut darstellen. Entscheidend ist die Schichtdicke und dass die Darstellung parallel zur
Achse des Bandes erfolg. Unregel­mäßige
Strukturen, intratendineale Flüssigkeit, Fettprolaps und Kontrastmittelanreicherungen
sind Kriterien einer Ruptur (Abb. 4).
geordnete Bedeutung im Vergleich zu den
anderen Bandstrukturen!
Instabilität im Bereich der Syndesmose
im Experiment
In der experimentellen Untersuchung konnte bei allen Autoren festgestellt werden,
dass die alleinige Durchtrennung des AITFL
(wie bei Sportverletzungen einzige verletzte Struktur) zu keiner Instabilität der Syndesmosengabel führt.
Das interossäre tibio-fibulare Ligament
im distalen Bereich, die interossäre Membran
und das PITFL leisten den viel größeren Beitrag zur Stabilisierung der Syndesmose.
Erst nach Durchtrennung des interossären
Ligamentes konnte mit einem Spreizer eine
Dissektion der Fibula von der Tibia gelingen.
Dieses bezieht sich natürlich nur auf die singuläre Verletzung der syndesmotischen Bänder. Zusätzliche Instabilitäten im Bereich des
medialen Malleolus (Fraktur, bzw. Ruptur mit
Instabilität des Deltabandes), vor allem im
Hinblick auf die Stabilität des Talus, führen
natürlich zu anderen Stabilitätskriterien als
die singuläre Verletzung im Bereich der Syndesmose.
Bei den normalen biomechanischen Sequenzen mit Außenrotation, rupturierte in
der experimentellen Versuchsreihe das inter­
ossäre Ligament vor dem sehr starken posterioren, inferioren tibio-fibularen Ligament.
Dieses kann jedoch anders bei Pronations-/
Abduktionsfrakturen oder -Verletzungen erscheinen, so dass das interossäre Ligament
noch intakt bleiben kann, während Avulsionsfrakturen (Tubercule de Chaput etc.) im
Bereich des AITFL und PITFL eine Instabilität
erzeugen können (1,2,3,13).
Klinische Diagnostik der AITFL­Verletzung
Der Unfallmechanismus wird eher als Außenrotationstrauma (bei stehendem Fuß)
beschrieben. Der Verletzte entlastet den
Fuß eher in leichter Dorsalextension über
ein „Fersengehen“ als auf der Fußspitze. Typisch ist der Druckschmerz über dem AITFL mit Schwellung, die aber nicht spezifisch
| 20
Therapieregime für AITFLVerletzungen
Abb. 4: AITFL instabil mit Fettprolaps,
PITFL stabil
ist! Die aktive und passive Außenrotation ist
schmerzhaft.
Klinische Tests sind der Außenrotationsstresstest (Abb. 3a), der „Squeeze Test“
(Abb. 3b), der „Point-Test“ (3c), das Dorsalflexionsmanoeuver (3d), der laterale Calcaneusstresstest (3e) und der „CrosslegTest“ (3f).
Besonderer Beachtung bedarf die Untersuchung der Stabilität des Lig. Deltoideum.
Kombinierte Instabilitäten des Lig. Deltoideum mit relevanten Instabilitäten der Syndesmose führen zu nativ radiologisch nachweisbarer Aufweitung der Knöchelgabel mit
Lateralisation des Talus (8).
Apparative Diagnostik
Ultraschall (US): Im US ist die Hämatombildung gut darstellbar. Das AITFL zeigt sich als
schmales echoreiches Band. Im US-kontrollierten lateralen Calcaneusstresstest lässt
sich im Vergleich zur gesunden Seite ein Aufgehen der Syndesmose verifizieren. In der
Verlaufskontrolle gibt der US Sicherheit für
den Belastungsaufbau des Verletzten.
Was bedeuten diese biomechanisch-anatomischen Grundlagen nun für das Therapieregime in der Behandlung von Verletzungen
(Anriß/Ruptur) im Bereich der vorderen Syndesmose (AITFL)?
In neueren Zeiten werden von radiologischer Seite, aufgrund der sensiblen Diagnostik mit Kernspintomographie und Kontrastmittelgabe, Teilrupturen der vorderen
Syndesmose immer wieder postuliert. In der
klinischen Praxis muss jedoch festgestellt
werden, dass außer einer Schmerzhaftigkeit
im vorderen Verlauf des anterioren, inferioren fibulo-tibialen Ligamentes (AITFL) keine
Instabilitäten festgestellt werden. Führt man
sich vor Augen, welche Mechanismen bei
dieser Art der Verletzung in der Regel vorliegen, so sind es Supinations-Inversions-Verletzungen, die durch diese Supination und
das Einhaken des Vorfußes (beim Trauma
Fußball, Landung beim Volleyball oder Basketball), zu einer mechanischen Belastung
aufgrund der Plantarflexion auch im anterioren Anteil, führen (6,9,15).
Wie in allen Untersuchungen festgestellt,
zeigt sich das posteriore, inferiore tibio-fibulare Band als extrem widerstandsfähig,
analog zum posterioren fibulo-talaren Band
(FTP) am OSG.
Auch aufgrund des horizontalen Verlaufes
in der Belastungsebene zeigt sich ein sehr
guter Hebel, um mechanischen Kräften zu
widerstehen. Bei den Rupturen des fibularen
Bandapparates (FC/FTA) des OSG kommt es
zu einem leichten Vorwärtstilt des außendrehenden Talus mit entsprechender Außenrotation der Fibula, so dass hier ein kleiner
Einriss im Bereich des anterioren, inferioren
fibulo-tibialen Bandes stattfinden kann.
ATOSnews
a
Abb. 5a: Arthoskopische Darstellung der weiten
Syndesmose (AITFL und PITFL rupturiert)
Den gesamten Bandkomplex betrachtet und
unter Berücksichtigung der aktuellen biomechanischen Erkenntnisse, erscheint es in der
therapeutischen Einschätzung und Behandlung als nicht gerechtfertigt, diese Verletzung als instabil einzustufen!
Operative Behandlung bei AITFL-Ruptur?
Bei minimalem MRT-Befund und nicht nachweisbarer Instabilität muss eine fibulo-tibiale Verschraubung oder ein „Tight–rope“, vor
allem beim Leistungssportler, fast als Kunstfehler angesehen werden. Ein solches Vorgehen zeugt doch eher von einem vollständigen Missverständnis der anatomischen
und biomechanischen Fakten, die bei dieser
Verletzung zu Grunde liegen.
Zusätzlich begibt man sich durch den
Bohrvorgang, sowohl beim „Tight-rope“ als
auch bei Schrauben, auf das unsichere Terrain, dass eine Verknöcherung im Bereich der
syndesmotischen Strukturen auftreten kann.
Die Verknöcherung im Bereich der Syndesmose durch Bohrmehl kann zu einer völligen Aufhebung der natürlichen Kinematik
führen, verbunden mit erheblichen Schmerzzuständen, die für den Leistungssportler das
Karriereende bedeuten könnte.
Aufgrund der neurovaskulären Strukturen, die manchmal von der Ossifikation
eingeschlossen sind, ist die Resektion von
Verknöcherungen extrem schwierig und teilweise gefährlich. Des Weiteren besteht trotz
b
c
Abb. 5b: Tasthaken zeigt das
rupturierte AITFL
Abb. 5c: Tasthaken zeigt das
rupturierte PITFL
des operativen Eingriffes keinerlei Garantie,
dass es nicht zu einer erneuten Synostose
zwischen Fibula und Tibia kommen kann.
fibularen Bänder. Es erscheint sinnvoll, gerade vor dem biomechanischen Faktum, dass in
der Neutralstellung die Bandstrukturen auch
unter Belastung nicht gestresst werden, eine
Behandlung mit einer Orthese in Neutralstellung schmerzabhängig und schwellungsabhängig für ein bis zwei Wochen durchzuführen. Aus der Orthese können physikalische
Anwendungen (Ultraschall, Magnetfeld, etc.)
als auch abschwellende, schmerzreduzierende Maßnahmen sofort begonnen werden.
Trotz aktuell noch nicht vorliegender evidenzbasierter Fakten scheint jedoch in der
Frühphase nach der Verletzung, die Anwendung von thrombozytenassozierten Wachstumsfaktoren (PRP; Platelet rich Plasma),
gerade bei Hochleistungs- und Profisportlern, zur Beschleunigung der Heilvorgänge
indiziert (5).
Mit der Orthese können nach relativem
Abklingen der Schmerzen und der Schwellung Lymphdrainage, Kinesiotape, Bewegungsübungen des propriozeptiven System
als auch Ergometerfahren sofort begonnen
werden. Intensive Kraftübungen werden im
Sinne eines „Crossing over“ am nicht verletzten Bein durchgeführt.
Im Profibereich ist sicherlich Standstabilisation und Walking, Aquajogging oder Aquawalking nach dem Erreichen einer relativen
Schmerzfreiheit und Abschwellung eine der
ersten Mobilisationsmaßnahmen. Prinzipiell kann gerade beim Hochleistungssportler
das Rehabilitations-Programm einer fibularen ➔
Riss des AITFL mit (Teil)Ruptur
des PITFL
Die Frage der Stabilität ist klinisch und radiologisch schwer zu beantworten. Beim
Leistungssportler und „aktiven“ Menschen
besteht hier eine sehr gute Indikation zur
OSG-Arthroskopie. Intraoperativ kann man
optimal die Spannung der Bänder als auch
die Stabilität der Syndesmose mit dem Tasthaken testen (Abb. 5a-c).
Des weiteren kann man nach Stabilisierung (Tight-rope) die Syndesmose nochmals
einsehen und überprüfen (Abb. 6 a,b).
Konservativ-funktionelle Behandlung
Bezug nehmend auf das vorgestellte Verständnis dieser Verletzung ist eine Immobilisation mittels Gipsschiene mit den deletären
Folgen einer Muskelatrophie aufgrund der
Stabilität nicht gerechtfertigt.
De Boer et al. (4) und Seynnes et al. (12)
konnten bei 14-tägiger Entlastung eines Unterschenkels signifikante Veränderungen der
Muskelkontraktion (um 5-7 %), der Muskelvolumina (Gastroc-Soleuskomplex und EMG
Messungen) feststellen.
Letztendlich besteht ein internationaler
Konsens in der funktionellen Behandlung der
21 |
::Fachbeiträge
Bandruptur mit zusätzlicher Fokussierung auf
das AITFL durchgeführt werden.
Aus unserer Sicht kann bei stabilen Verhältnissen, guter Propriozeption (RombergTest etc.) und guter koordinativer Fähigkeit
mit dem Lauftraining, abhängig von dem
Verletzungsausmaß vor allem auch der fibularen Bänder, zwischen der 3. und 4. Woche
begonnen werden. Beim sportspezifischen
Training (bei Fußballern oder auch bei anderen Sportarten) können ein Laufen mit
Seitwärtsbewegungen ab der 6. Woche und
spielsportartspezifische Übungen ab der 6.
bis 8. Woche erfolgen.
Entsprechend der Persönlichkeitsstruktur
kann evtl. zur mentalen Unterstützung für
den Fußballer ein Spezialschuh, wie wir ihn
aus den 80er und 90er Jahren kennen mit
Einbeziehung des Knöchels und Schaft, zum
Trainingsaufbau angewandt werden.
a
Abduktions-Pronationsverletzungen
Ganz anders stellt sich die Situation bei klassischen Abduktions-Pronationsverletzungen,
wie z. B. Sprung auf das feststehende Sprunggelenk, mit massiver Überdehnung (oder auch
Ruptur) der medialen Bandstrukturen, dar.
Hier kann in der absoluten Akutphase, bei
massiver intraartikulärer Hämatombildung,
eine arthroskopische Hämatomausspülung
mit Evaluation sowohl der medialen Bandstrukturen als auch des transversen tibiofibularen Ligamentes und des interossären
tibio-fibularen Ligamentes durchgeführt
werden. Bei gravierenden Syndesmosenverletzungen sieht man hier gerissene Strukturen, die dem arthroskopischen Untersucher sehr gut zugänglich sind. Ferner lassen
sich Veränderungen im Bereich der medialen
Strukturen des Ligamentum deltoideum, insbesondere auch des schrägen, posterioren
Ligamentes feststellen. Ein arthroskopisches
Ausspülen eines Hämatoms als auch von
Geweberesten führt zu einer schnelleren Abschwellung und stellt eine sichere Diagnose
dar, welche zu einer entsprechenden Therapie führt. Eine (postoperative) Unterschenkelgipsbehandlung ist obligat!
Einrisse im Bereich des transversalen tibio-fibularen Ligamentes können bei nach-
| 22
b
Abb. 6a: Geschlossene Syndesmose nach
„Tight-rope“ Versorgung
Abb. 6b: Röntgenaufnahme a.p. mit
­anatomischer Wiederherstellung durch
„Tight-rope“
gewiesener Stabilität (Stress-Test) radiologisch mit zusätzlichen Einrissen im Bereich
des medialen Deltoid-Komplexes kurzfristig eingegipst werden, für etwa ein bis
zwei Wochen, um somit vor allem auch eine
schnellere Schmerzreduktion zu erreichen.
Danach kann in Neutralstellung ein Übungsprogramm und eine Behandlung der angerissenen Strukturen, in derselben Form wie
vorher beschrieben, stattfinden.
Der alleinige Riss oder Teilriss des vorderen Syndesmosenbandes ist eine stabile Verletzung und braucht nicht mit einer längeren
(3-6 Wochen) Gipsimmobilisierung oder
operativem Stabilisierungseingriff behandelt
werden. Den längeren schmerzhaften Verläufe, die im Vergleich zu fibularen Bandrupturen angegeben werden, liegt meist eine
nicht adäquate Diagnostik verbunden mit
einem nicht adäquaten Belastungsaufbau
zugrunde. In neutraler Stellung des Gelenkes
ist ein Belastungsstress auf die entsprechenden Strukturen nur in geringem Maße
und nicht heilungsverhindernd vorhanden.
Konzepte der grundsätzlichen Gipsanlage für einen Monat sowie „aus Sicherheitsgründen” Verschraubung oder Anlegen eines
fibulo-tibialen „Tight-ropes“ sollten grundsätzlich überdacht und kritisch gesehen
werden und nur nach arthroskopischer Evaluation und Stabilitätsprüfung durchgeführt
werden.
::
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Hajo Thermann
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
Dr. Pieter Beks
Zentrum für Gelenkchirurgie
und Sporttraumatologie
an der Klinik St. Elisabeth
Max Reger Straße 5-7
69121 Heidelberg
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::Fachbeiträge
Die Instabilität der Patella
Von Rainer Siebold
Keywords: Patella, Instabilität, MPFL, Dysplasie
Schätzungsweise 7-49 Personen pro 100 000 erleiden eine Luxation
der Patella. Meist sind junge und aktive Patienten betroffen, wobei
die Inzidenz beim weiblichen Geschlecht höher ist. Der Pathomechanismus ist komplex und multifaktoriell und erfordert eine genaue
klinische und radiologische Ursachenforschung und differenzierte
Therapie.
Anatomie und Biomechanik
Das Verständnis der funktionellen Anatomie
des patellofemoralen Gelenkes ist für das
Verständnis der Instabilität und die Einleitung der richtigen Therapie grundlegend. In
voller Extension ist die Patella nicht im knöchernen Gleitlager der Trochlea verankert,
sondern liegt proximal im Bereich des oberen
Recessus. Wird die Flexion eingeleitet, hat
nur der distale Patellapol Kontakt zum superioren Aspekt der Trochlea. Die knöcherne
Führung der Trochlea ist für die Stabilität des
patellofemoralen Gelenkes entscheidend.
Der dynamische Stabilisator der Patella
ist der Quadrizeps und der primäre statische
Weichteilstabilisator das mediale Retinaku-
lum mit dem medialen patellofemoralen Ligament (MPFL). Es inseriert im Bereich des
oberen Drittels des medialen Patellarandes
und hat seinen Urspung zwischen der knöchernen Insertion der Adduktor magnus
Sehne und des Epikondylus medialis. Das
MPFL hat eine Länge zwischen 5 - 6 cm und
garantiert mehr als 50 % der Zugfestigkeit
der medialen parapatellaren Weichteilstrukture (Desio et al).
Ätiologie
Klassifikation der Patellainstabilität
Die traditionelle Klassifikation der Patellainstabilität umfasst kongenitale, traumatische
und die habituelle Patellainstabilität sowie
Abb. 1: Mechanismus der lateralen
Patellaluxation (aus
Teitge et al.)
| 24
die Subluxation. Um eine gezielte Therapie
einzuleiten, hat David Dejour et al. 1998 eine
Klassifikation entwickelt, die auf klinischen
Symptomen basiert. Dabei unterscheidet er:
Patienten nach Patellaluxation (mit 3 Untergruppen), 2. Patienten mit patellofemoralen
Schmerzen und 3. Patienten mit patellofemoralen Schmerzen und anatomischen Anomalien.
Die Ätiologie der Patellainstabilität ist multifaktoriell (Patella alta, Trochleadysplasie,
Dysplasie der lateralen Femurkondyle, hypoplastischer lateraler Trochlearand, flache
Trochlearinne, Rotationsfehlstellungen, Insuffizienz des Vastus medialis obliquus, Gelenk­
laxität, zu enge laterale Weichteilstrukturen,
Trauma, vorausgegangene Operationen).
Ein strukturelles und funktionelles Ungleichgewicht im patellofemoralen Gelenk
führt zu chronischer Instabilität (Abb. 1).
Henry Dejour et al. (1994) hat vier wichtige
prädisponierende Faktoren definiert, von denen zumindest einer in 96 % der Fälle bei habitueller Patellaluxation zu finden ist: Patellofemorale Dysplasie (Abb. 2), pathologische
Distanz zwischen der Tuberositas tibia und
dem tiefsten Punkt der Trochlea (TTTG > 20
mm) (Abb. 3), Patella alta (Hochstand) und
eine pathologische laterale Verkippung der
Patella (Tilt > 20°). Durch diese Faktoren
ATOSnews
Abb. 2: Dysplasieformen der Trochlea (aus H. Dejour et al.)
wird die knöcherne Führung der Patella in
der Trochlea negativ beeinflusst und eine
Patellaluxation begünstigt.
Bei der Anamnese ist es wichtig nachzufragen, ob die Ursache für die Luxation traumatischer Natur war oder kein adäquates
Trauma vorlag. Auch die Häufigkeit der Luxationen und das Alter zum Zeitpunkt der Erstluxation sind für die Therapie von Interesse.
Abb. 3: Vermessung des TTTG zwischen
Tuberositas tibiae und Trochlea (aus Zaffagnini et al.)
An Begleitverletzungen ist insbesondere bei
traumatischer Ursache zu denken, und die
Frage nach Gelenkblockaden (durch abgescherte osteochondrale Flakes) zu klären.
Eine vordere Kreuzbandruptur als primäre
Ursache für die traumatische Patellaluxation
ist ebenfalls auszuschließen.
Klinische Untersuchung
Da die Ursache der Patellaluxation multifaktoriell ist, erfordert die Untersuchung eine
gründliche Überprüfung der gesamten unteren Extremität inklusive der Hüften und
Fußstatik. Dabei ist die Inspektion der Beinachse (Varus, Valgus, Rotation) grundlegend.
Auch eine Ganganalyse kann im Einzelfall
hilfreich sein.
In der sitzenden Position mit hängenden
Unterschenkeln kann die klinische Untersuchung begonnen werden. Schwellung, Erguss, Schmerzlokalisation etc. werden überprüft. Häufig beobachtet man eine Atrophie
des Vastus medialis obliquus. Dies kann Ursache oder Folge der patellofemoralen Patho-
logie sein. Muskelverkürzungen sind häufig
Ursache für ein patellofemorales Schmerzsyndrom. Auch der Q-Winkel kann klinisch in
90° Flexion überprüft werden. Er liegt normalerweise zwischen 8-10 Grad bei Männern und zwischen 15-20 Grad bei Frauen.
Die radiologische Überprüfung des TTTG ist
wesentlich genauer und ist deshalb bei der
Entscheidungsfindung dem Q-Winkel vorzuziehen. In Rücken- und Bauchlage werden
die Ante- und Retrotorsion des Femur und
Rotationsfehler der Tibia überprüft. Ein Genu
recurvatum wirkt sich in Extension negativ
auf die knöcherne Patellaführung aus.
Die klinische Überprüfung der Patella­
instabilität ist vielfältig. Mit dem „passiven
Patella-Tilt Test“ wird die Stabilität des lateralen Retinakulums überprüft. Dabei wird
der laterale Rand der Patella in Extension angehoben. Der Normalwert liegt bei 0°
Tilt (Patellaebene parallel zum Tisch). Mit
dem „passiven Patella Glide Test“ wird
das gleichmäßige Ausmaß der medialen und
­lateralen Translation überprüft. Exzessiver
Patella Glide begünstigt die Instabilität. Das
sog. Zohlen-Zeichen ist für den Patienten
häufig sehr schmerzhaft, hat wenig Aussagekraft und ist deshalb bei der Patellauntersuchung nicht mehr zu empfehlen. Liegt ein
patellofemoraler Crepitus vor ist eine Knorpelschädigung wahrscheinlich.
Das sog. „Engagement-Zeichen“ weist
auf Probleme im Bereich der proximalen
Trochlea hin. Eine dysplastische Trochlea
(z. B. Trochlea-Bumb), Patella alta oder ein
Genu recurvatum sind prädisponierende
Faktoren. Dabei wird der Lauf des unteren
Patellapols aus der Extension heraus bis zum
„Engagement“ in der Trochlea mit dem Daumen überprüft. Der wohl bekannteste Test
zur Überprüfung der Patellainstabilität ist
der „Apprehension-Test“. Der Patient wird
aufgefordert das Knie aus der 30° Position
heraus zu strecken während der Untersucher die Patella nach lateral drückt. Der Test
ist positiv wenn der Patient eine Instabilität
oder Subluxation befürchtet und dagegen
spannt.
➔
25 |
::Fachbeiträge
Weiteres zur klinischen Untersuchung
siehe auch Beiträg Pässler, Seite 39 ff.
Röntgen und Kernspintomographie
Röntgenaufnahmen (ap, lateral, 30° axial) und eine Kernspintomographie sind zur
genauen Evaluierung der Patellainstabilität
notwendig.
Der Grad der patellofemoralen Arthrose,
der Gesamtzustand des Kniegelenkes sowie
knöcherne Abnormalitäten werden damit erfasst. Auf den streng lateral angefertigten
Röntgenaufnahmen können außerdem die
wichtigen Dysplasiekriterien nach H. Dejour
überprüft werden.
Die Weichteil- und Knorpelverhältnisse,
Begleitverletzungen (z. B. osteochondrale Flakes) und die patellofemorale Dysplasie sind außerdem auf Kernspinaufnahmen
sichtbar. Eine Ruptur des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) ist auf sagittalen
und axialen T2-gewichteten Aufnahmen im
Akutstadium gut zu überprüfen. Auch erkennt man das Bone bruise an der medialen
Patellafacette und lateralen Femurkondyle als Zeichen der stattgehabten Kontusion
nach akuter Patellaluxation.
Das von H. Dejour beschriebene sog.
„crossing sign“ in der sagittalen Femur-
Abb. 4: „Crossing Sign“ (aus H. Dejour et al.)
| 26
ansicht definiert das Ausmaß der Trochleadysplasie. Auch der sog. „Supra-trochlear
spur“ und die „Doppelkontur“ tragen zur
Beurteilung der Trochlea bei. (Abb. 4) Weitere
wichtige Informationen sind die Patella­form
nach Wiberg, der Patella-Tilt nach Laurin
sowie die Patellahöhe. Letztere wird nach
Caton-Deschamps, Insall-Salvati oder Blackburne und Peel ermittelt und gibt Hinweise
auf eine Patella alta.
Die Computer-Tomographie (CT) stellt
die knöchernen Strukturen im patellofemoralen Gelenk am genausten dar und wird
deshalb für die Erfassung der knöchernen
Gegebenheiten und Vermessung der Dysplasie besonders in komplexen Situationen
ebenfalls häufig eingesetzt. Dabei ist die
Strahlenbelastung am Knie mit 600 mGy/cm
geringer als bei einer Ganzbeinaufnahme.
Erstluxation der Patella
Die Erstluxation der Patella kann durchaus
erfolgreich konservativ behandelt werden.
Es empfiehlt sich eine vorübergehende 2–3
wöchige Ruhigstellung in einer Knieorthese
gefolgt von funktioneller Rehabilitation zur
Kräftigung des Quadrizepsmuskels mit Vastus medialis obliquus sowie Stretching des
lateralen Retinakulums, der Hamstrings, des
Quadrizeps und der Achillessehne mit iliotibalem Band. Auch rumpfstabilisierende
Maßnahmen sowie das Erzielen eines funktionellen Aligments der unteren Extremität
sind wichtig. Desweiteren wurde das Tragen
einer Patellabandage und Patellataping als
hilfreich beschrieben.
Unter der konservativen Therapie kommt
es ca. in 17 % zu einer erneuten 2. Luxation.
Das Risiko dafür ist bei jungen Patienten mit
hohem Aktivitägrad und mit ausgeprägter
patellofemoraler Dysplasie und bei Patella
alta erhöht. Kommt es zur 2. Luxation steigt
die Wahrscheinlichkeit für weitere Ereignisse
auf 50 % an. Deshalb empfehlen wir nach
Zweitluxation einen operativen Eingriff mit
MPFL-Repair im Bereich der medialen Kapsel
und ggf. knöchernem Begleiteingriff. Auch
Abb. 5: Prinzip der MPFL-Rekonstruktion
(aus Gent et al.)
nach Erstluxation kann eine initiale operative
Behandlung zur Naht des MPFL, besonders
bei o.g. Risikopatienten sinnvoll sein. Bei Begleitverletzungen (z. B. osteochondrales Flake)
ist die Operation klar indiziert.
Operatives Management
Bei rezidivierender symptomatischer Patella­
instabilität wird zumeist ein operatives und
differenziertes Vorgehen notwendig. Dabei
ist der Leidensdruck des Patienten, das Patientenalter, die Einschränkung des Aktivitätsgrads und der Zustand des Kniegelenkes zu
beachten. Es wird zwischen proximalen und
distalen Re-Alignement-Operationen unterschieden.
Proximale Alignement-Operationen
Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligamanets (MPFL): Folge der Patellaluxation ist eine Ruptur oder Insuffizienz
des medialen patellofemoralen Ligaments
ATOSnews
(MPFL). Deshalb ist aus Sicht der Spezialisten die operative Rekonstruktion des MPFL
Grundlage, um die Patellastabilität wieder
herzustellen (Fithian et al).
Bei der MPFL-Rekonstruktion wird entweder eine Naht oder ein Ersatz des MPFL
mittels Bandplastik durchgeführt. Eine Naht
macht nur bei exakter Lokalisation der Ruptur und bei qualitätiv guten Bandverhältnissen des MPFL Sinn. Bei habitueller Patellaluxation sind die Ergebnisse nach Naht nicht
befriedigend, so dass dann eine klare Indikation zum MPFL-Ersatz besteht (Abb. 5). Als
Transplantat für die MPFL-Rekonstruktion
bietet sich die Gracillissehne an, die eine höhere Reißfestigkeit hat als das MPFL (208 N)
hat. Auch die Semitendinosussehne wird
verwendet erscheint uns jedoch im Verhältnis zum natürlichen MPFL speziell bei jungen
Patienten zu kräftig und zu prominent. Die
Fixation des MPFL-Transplants erfolgt mittels Bohrkanälen, Fäden, bzw. resorbierbaren
Implantaten an Patellla und Femur. Eine genaue Kenntnis der Anatomie und eine intraoperative Röntgendarstellung der femoralen
Insertion des MPFL sind absolute Notwendigkeit, um ein Überspannen des MPFL mit
erhöhtem patellofemoralem Druck und den
damit verbundenen Folgen zu vermeiden.
Die Re-Luxationsrate nach MPFL Rekonstruktion ist gering und liegt laut Literatur
bei ca. 4 % (Christiansen et al. 2008, Watanabe et al. 2008). Kombinationsoperationen
sind bei ausgeprägter Dysplasie, Rotationsfehlstellungen, Patella alta und bei pathologischem Patellatilt (>20°) und TTTG >20°
notwendig. Eine Kontraindikation für die
MPFL-Rekonstruktion sind isolierte patellofemorale Schmerzen ohne Instabilität und
eine patellofemorale Arthrose. Weiteres zur
MPSL-Rekonstruktion siehe unser Beitrag in
AN 14
Auch eine offene mediale Kapselraffung unter Einbeziehung des MPFL, bzw.
ein arthroskopisches Reefing der medialen
Weichteilstrukturen werden in der Literatur
beschrieben (Ali und Bhatti et al.) von uns
jedoch nur noch selten angewandt.
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::Fachbeiträge
Laterale Retinakulumspaltung: Die Indikation zum lateralen Release sollte heute nur
noch sehr zurückhaltend gestellt werden.
Aus unserer Sicht besteht sie bei schmerzhaftem exzessivem lateralen Hyperkompressionssyndrom und schwerer lateraler
patellofemoraler Arthrose. Auch bei pathologischem Patella-Tilt (>20°) könnte ein laterales Release als Ergänzung im Rahmen einer
patellastabilisierenden Kombinationsoperation sinnvoll sein.
Der alleinige Einsatz der Operation bei
der Patellaluxation ist kontraindiziert. Auch
Hyperlaxität mit Hypermobilität der Patella
nach medial und lateral (erhöhter medialer
und lateraler Patella-Glide) sind ebenfalls
eine absolute Kontraindikation.
Distale Alignement-Operationen
Tuberositas tibia Medialisierung nach
Elmslie-Trillat: Die Medialisierung der Tuberositas tibiae nach Elmslie-Trillat ist eine der
am häufigsten durchgeführten Operationen
zur Behandlung einer patellofemoralen Instabilität. Sie wurde ursprünglich von Roux
1888 beschrieben. Die Indikation zur Operation ist ab einem pathologischen TTTG >20°
(CT-Messung) bei Patienten ohne schwere
mediale Knorpelschäden gegeben. Ursächliche Rotationsfehler des Femur oder der Tibia sollten ausgeschlossen werden. Bei der
Operation wird die Tuberositas tibia mit anhängender Patellasehne vorsichtig osteotomiert, medialisiert und mit Schrauben fixiert. Eine mediale Kapseldopplung oder eine
MPFL-Rekonstruktion kann bei ausgeprägter
Dysplasie notwendig sein, ebenso ein laterales Release unter Berücksichtigung o.g.
Kriterien.
| 28
Distalisierung der Tuberositas tibiae: Liegt
eine Patella alta vor, so kann zusätzlich zur
Medialisierung eine bildwandlergestützte
Distalisierung der Tuberositas tibiae angeschlossen werden, um die Führung der Patella in der proximalen Trochlea zu verbessern. Die Messung der Patellahöhe erfolgt
auf einer streng lateralen Röntgenaufnahme
und wird mit dem Caton-Deschamps Index
bestimmt, da hiermit ein Vergleich zu postoperativ möglicht ist.
Trochleaplastik und Osteotomie: Die sehr
aufwendige Trochleaplastik ist nur sehr selten indiziert. Man unterscheidet eine, die
laterale Trochlea anhebende Operation von
einem, den zentralen Trochleasulcus absenkenden Eingriff. Bei der häufigeren zweiten
Form wird der Knorpel der Trochlea mit einer subchondralen Knochenlamelle abgelöst
und die darunter liegende knöcherne Trochlea anatomisch geformt. Der invasive Eingriff wird bei den zumeist jungen Patienten
nur als Mittel der letzten Wahl eingesetzt.
Die Indikation dafür wird von D. Dejour bei
ausgeprägter Trochleadysplasie Grad B und
D (Abb. 2) und Patienten mit schwerer Patellainstabilität oder permanenter Patellaluxation gesehen. Langzeitergebnisse für
die Trochleaplastik stehen noch aus. Die Lebensqualität kann bei strenger Indikationsstellung im Einzelfall deutlich verbessert
werden. Eine hypoplastische laterale Trochleafacette kann außerdem durch eine lateral
aufklappende Trochleaosteotomie behandelt
werden. Bei diesen äußerst komplexen Instabilitäten sind Kombinationseingriffe mit
MPFL-Rekonstruktion, etc. häufig.
Rotationsosteotomie an Femur und Tibia:
Liegt ursächlich eine Rotationsfehlstellung
zugrunde ist eine Rotationsosteotomie zu
diskutieren. Auch dabei handelt es sich um
aufwendige Eingriffe, die im Einzelfall gut
bedacht werden müssen.
Schlussfolgerung
Zur Diagnostik und Therapie patellofemoraler
Beschwerden ist eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig. Man unterscheidet
Patienten mit klinischer Patellainstabilität
und stattgehabter Patellaluxation bei anatomischer Anomalie von Patienten mit patellofemoralem Schmerzsyndrom mit/ohne anatomische Anomalien. Neben der gründlichen
Anamnese und klinischen Untersuchung sind
radiologische Aufnahmen zur Diagnostik der
Patelladysplasie, Bestimmung der Patellahöhe und des TTTG notwendig.
::
Literatur beim Verfasser
PD Dr. med. Rainer Siebold
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie,
Sporttraumatologie
ATOS Klinik
Heidelberg
[email protected]
www.kreuzband.de
N O T E S
&
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik Heidelberg: Prof. Dr. Holger Schmitt
Prof. Dr. Holger Schmitt
Sportler finden jetzt eine weitere kompetente Anlaufstelle in der ATOS Klinik Heidelberg: Prof. Dr. Holger Schmitt, gerade
im Amt bestätigter Präsident der GOTS,
ist seit 1. Oktober 2010 an der ATOS Klinik
Heidelberg tätig.
Prof. Schmitt stammt aus dem Saarland
und begann auch dort sein Medizinstudium, das er später in Freiburg im Breisgau
abschloss. Parallel sammelte er Erfolge
in der Leichtathletik, wurde mehrfach
Saarlandmeister im Fünfkampf, Zehnkampf und in einigen Einzeldisziplinen.
Nach Assistententätigkeit in Karlsruhe
und Freiburg kam er 1993 an die Universitätsklinik Heidelberg. Seit 1996 begann
er u. a. die orthopädische Betreuung des
Olympiastützpunktes Rhein-Neckar und
der Volleyball-Nationalmannschaft der
Damen. Zuletzt war Schmitt als Leitender Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg tätig, wo er
seit mehr als zehn Jahren die Sportorthopädie leitete. Schmitt ist zudem Mitglied
des wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und
Prävention (DGSP).
An der ATOS Klinik wird Prof. Schmitt im
Zentrum für sporttraumatologische Chirurgie tätig sein; seine fachlichen Schwerpunkte setzt er in die operative Versorgung
des Hüft-, Knie- und Sprunggelenkes, daneben von Sehnen- und Muskelverletzungen. Generell werden alle sportorthopädischen Fragestellungen, auch bei
Kindern und Jugendlichen, behandelt.
Weiterhin werden von ihm Kaderathleten des Olympia-Stützpunktes RheinNeckar betreut. Ein Großteil der Patienten
kommt naturgemäß aus dem Bereich des
Leistungs- und Breitensports.
Seine Freizeit verbringt er gerne mit seiner Frau und seinen beiden ebenfalls
sportbegeisterten Söhnen. Entspannung
findet er bei Golf und Tennis sowie beim
Lesen eines guten Buches.
29 |
::Fachbeiträge
Die Hüftgelenksarthroskopie als operative
Therapie beim Leistenschmerz des Sportlers
Von Holger Schmitt
Keywords: Hüftarthroskopie, Leistenschmerz, Sportler
Leistenschmerzen beim aktiven Sportler sind ein häufig anzutreffendes Problem, dessen Ursache sehr vielfältig sein
kann. In vielen Fällen sind akute Verletzungsereignisse
nicht bekannt und die Athleten klagen über chronische belastungsabhängige Schmerzen. In der Diagnostik derartiger
Beschwerden ist in erster Linie zwischen intra- und extraartikulären Ursachen zu differenzieren.
Gerade bei sportlich aktiven Menschen
kann es zu Überlastungsreaktionen großer,
das Hüftgelenk umgreifender Sehnen kommen (Psoas-Sehne, Tractus iliotibialis). Auch
Überlastungsreaktionen knöcherner Strukturen (z. B. Schambein) treten gerade bei
Ausdauerathleten oder Fußballspielern gehäuft auf. Neben der körperlichen Untersuchung mit Beurteilung der druckdolenten
Areale werden auch Funktionstests (z. B. Impingementtests und Muskeltests) durchgeführt. Infiltrationen können dazu beitragen,
intra- von extraartikulären Ursachen abzugrenzen. Die erweiterte Bildgebung (Röntgenbilder und MRT mit intraartikulärem Kontrastmittel) kann in vielen Fällen geschädigte
a
Strukturen darstellen und die Indikation zum
konservativen oder operativen Procedere erleichtern.
Labrumschäden
Arthroskopische Eingriffe am Hüftgelenk
bieten sich insbesondere dann an, wenn intraartikuläre Veränderungen als Ursache für
die Leistenschmerzen wahrscheinlich sind. In
den meisten Fällen handelt es sich um Verletzungen des sog. Labrums des Hüftgelenkes,
das selten auf Grund einer akuten Verletzung,
häufiger als Folge degenerativer Veränderungen einreißt, dadurch instabil wird und
Schmerzen verursachen kann (Abb. 1). Ähn-
b
lich wie bei Meniskusläsionen am Kniegelenk
geht man davon aus, dass durch die pathologische Mobilität des Labrums Knorpelstrukturen des Hüftgelenkes vermehrt belastet
werden und somit die Wahrscheinlichkeit einer Hüftgelenkarthrose steigt (Abb. 2).
Bei degenerativen Veränderungen wird in
solchen Fällen eine partielle Resektion des Labrums durchgeführt, bei jungen Patienten und
gesunder Struktur des abgelösten Labrums
kann auch eine Refixation möglich sein.
Femoroacetabuläres Impingement
Neben Labrumschäden können auch Deformitäten der Kopf-Hals-Übergangsregion des
Hüftgelenkes zu Leistenschmerzen führen,
die häufig auch mit einer eingeschränkten
Innenrotationsfähigkeit einhergehen (Abb.
3). Derartige Veränderungen finden sich bei
jungen Erwachsenen, die im Jugendalter intensiv Sport getrieben haben. Insbesondere bei Fußballspielern und Handballspielern
sind diese Phänomene zu beobachten. Wahrscheinlich führen abrupte Richtungsänderungen, die für diese Sportarten typisch sind,
im Wachstumsalter bei noch offenen Wachstumsfugen zu geringen Veränderungen der
Epiphysenposition (Epiphysioloysis capitis
femoris lenta). Nach Abschluss der Wachstumsphase resultieren dann knöcherne Anbauten im Sinne eines sog. femoroacetabulären Impingements (FAI). Arthroskopische
Techniken können dazu beitragen, dass eine
„normale“ Gelenksituation wiederhergestellt
werden kann. Auch die Beweglichkeit der Gelenke kann sich dann verbessern.
Eigene Daten
Abb. 1a, 1b: Impingementtest des rechten Hüftgelenkes in Adduktion (1a) und Abduktion (1b)
| 30
Inwieweit arthroskopische Labrumresektionen
zu einer Beschwerdereduktion führen und
ATOSnews
Abb. 2: Arthroskopisches Bild
einer Labrumläsion am Hüftgelenk, instabile Areale werden
mit dem Tasthaken sondiert
a
Abb. 5: Arthroskopisches Bild
eines Knorpelschadens im
Hüftgelenk
Literatur
b
Abb. 3: Kernspintomographische
Darstellung einer Labrumläsion
am Hüftgelenk mit korrespondierendem Ödem und Deformierung
am Kopf-Halsübergang
welche Rolle hierbei das Ausmaß der vorbestehenden Knorpelschädigung spielt, war Gegenstand einer eigenen wissenschaftlichen
Untersuchung. Zwei Jahre nach arthroskopischer partieller Labrumresektion wurden
50 Patienten (mittleres Alter 34 Jahre) nachuntersucht. Die klinischen Scores zur Beurteilung der Funktion und Beschwerdehaftigkeit
der Hüftgelenke hatten sich signifikant verbessert (Larson Score 55,7 präoperativ – 68,2
postoperativ; MMHS 59,8 präoperativ – 72,2
postoperativ). Es zeigte sich jedoch auch, dass
diejenigen Patienten, bei denen intraoperativ
mindestens zweitgradige Knorpelschäden am
Hüftgelenk dokumentiert wurden, von der
operativen Prozedur weniger profitierten als
diejenigen, bei denen keine oder nur geringe
Knorpelschäden vorhanden waren (1). Auch
bei Hochleistungssportlern können arthroskopische Verfahren an der Hüfte eingesetzt
werden. Labrumschäden können repariert,
freie Gelenkkörper entfernt und lokalisierte
Abb. 4a, 4b: Röntgenologische Darstellung
eines sog. Bump-Phänomens (femoroacetabuläres Impingement mit Deformierung
des Kopf-Halsüberganges) präoperativ (4a)
und postoperativ (4b)
Knorpelschäden therapiert werden (2) (Abb.
4). Insbesondere bei Eishockeyspielern (3),
Footballspielern, Golfspielern und Tänzern
können arthroskopische Eingriffe indiziert
sein. 93 % der Athleten konnten postoperativ wieder professionell Sport betreiben, nach
knapp 2 Jahren noch 78 % (4).
Fazit
Führen Veränderungen des Hüftgelenkes bei
jungen Sportlern zu anhaltenden Beschwerden, ist die Hüftgelenksarthroskopie eine
sinnvolle und häufig auch erfolgreiche Therapieoption.
::
Prof. Dr. Holger Schmitt
Sporttraumatologische Chirurgie
ATOS-Klinik Heidelberg
1.Streich NA, Gotterbarm T, Barie
A, Schmitt H. Prognostic value of
chondral defects on the outcome
after arthroscopic treatment of
acetabular labral tears. Knee Surg
Sports Traumatol Arthrosc 17
(2009) 1257–1263.
2.Philippon MJ, Kuppersmith DA,
Wolff AB, Briggs KK. Arthroscopic findings following traumatic
hip dislocation in 14 professional
athletes. Arthroscopy 25 (2009)
169–174.
3.Philippon MJ, Weiss DR, Kuppersmith DA, Briggs KK, Hay CJ.
Arthroscopic labral repair and
treatment of femoroacteabular
impingement in professional hockey players. Am J Sports Med
38 (2010) 99–104.
4.Philippon M, Schenker M, Briggs
K, Kuppersmith D. Femoroacetabular impingement in 45 professional athletes: associated pathologies and return to sport following
arthroscopic decompression. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc
15 (2007) 908–914.
[email protected]
31 |
::Fachbeiträge
Das Facettengelenkssyndrom:
Ursachen und minimalinvasive
Behandlungsoptionen
Von Ralph Medele und Marko Ständer
Keywords: Wirbelsäule, Facettengelenk, minimalinvasive Therapie
Degenerative Veränderungen der Facettengelenke zählen zu den häufigsten
Ursachen für Rückenbeschwerden. Mit einem gestaffelten Konzept für Diagnostik und minimal invasive Therapie kann einem Großteil der Patienten
geholfen werden. Die CT-gesteuerten therapeutischen Interventionen reichen
dabei von der Injektion von Lokalanästhetika/Cortison bis zur Thermo­
koagulation der schmerzauslösenden Nervengeflechte.
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten
Beschwerden, mit denen Patienten beim Arzt
vorstellig werden. Die Volkskrankheit betrifft
ca. 2/3 der Bevölkerung und die Anzahl der
chronischen Beschwerden hat sich in den
letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Biomechanik und Neuroanatomie der Wirbelsäule
sind komplex und viele der Schmerzpatienten
weisen keine nachweisbare Nervenwurzelkompression auf. Man geht davon aus, dass
in bis zu 40 % der Fälle die Schmerzen durch
Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke
bedingt sind (1). Eine korrekte Diagnosestellung und anschließende konsequente Therapie der schmerzhaften kleinen Wirbelgelenke können daher einer großen Anzahl an
Patienten helfen. Betroffen sind bevorzugt
Patienten im Alter zwischen 50 und 80 Jahren (2). Die von den Facettengelenken ausgehenden Beschwerden können sich klinisch
sehr unterschiedlich darstellen und sind oft
schwer einzuordnen. Wir verfolgen daher ein
standardisiertes, gestaffeltes Konzept zur
Dia­gnostik und minimalinvasiven Behandlung des Facettengelenksyndroms.
Jedes Wirbelsäulensegment besteht aus
einem vorderen Anteil mit der im Zwischenwirbelraum liegenden Bandscheibe und den
hinten seitlich am Wirbelkanal gelegenen kleinen Wirbelgelenken, den Facettengelenken
(Abb. 1). Die Facettengelenksdegeneration
| 32
Abb. 1:
Die Facetten­gelenke
verbinden die Wirbel­
bögen von übereinander liegenden Wirbelsäulensegmenten.
Sie sind mit Nervengeflechten überzogen
und können bei Fehlbelastung oder Verschleißerscheinungen
Schmerzsymptome
verursachen.
ATOSnews
werden, wenn ein akuter Infekt vorliegt. Ferner sollte keine Blutgerinnungsstörung bestehen. Bei der Einnahme von Blut verdünnenden
Medikamenten muss im Einzelfall entschieden werden, ob diese für die Intervention abgesetzt werden können oder sollten.
Interventionelle Therapie
Abb. 2: In Bauchlage wird der Eingriff im CT zunächst geplant. Dann werden die
Injektionsnadeln bzw. Thermosonden unter Sichtkontrolle zielgenau platziert, und
es erfolgt die Behandlung.
ist eng mit dem Verschleiß der Bandscheiben
verbunden. Sowohl die Bandscheibe als auch
die Facettengelenke durchlaufen unterschiedliche Stadien von Verschleißerscheinungen
mit Mikro- und Makroinstabilitäten (3). Es
wird angenommen, dass die Bandscheibendegeneration im Allgemeinen der Facettengelenksarthrose voraus geht (4). Bei einer Facettengelenksdegeneration ohne begleitende
Bandscheibendegeneration sollte daher auch
an eine spezifische Arthropathie oder an eine
besondere Rotationsbelastung (z. B. bei Golfspielern) als Ursache gedacht werden (5).
Degenerative Veränderungen der kleinen
Wirbelgelenke können gut in der Computertomographie (CT) dargestellt werden, aber
bis heute fehlen zuverlässige diagnostische
klinische oder bildgebende Kriterien, welches
Gelenk symptomatisch werden wird und
welches nicht.
Die Kapsel der Facettengelenke ist sehr
gut innerviert. Es finden sich multiple Nervenendigungen mit Schmerzrezeptoren,
deren Aktivierungsschwelle und Aktivität
durch chronische Entzündungsreaktionen
im Rahmen von degenerativen Instabilitäten
beeinflusst wird (6). So können chronische
Schmerzsyndrome entstehen. Normalerweise handelt es sich um eine fokale lumbale
Schmerzsymptomatik. Im Regelfall sind die
Patienten bereits längere Zeit konservativ
mit antiphlogistischen Medikamenten behandelt worden. In vielen Fällen besteht eine
schmerzhafte
Bewegungseinschränkung.
Eine Schmerzausstrahlung ist möglich, entspricht jedoch meist nicht der üblichen radikulären Symptomatik einer Nervenwurzel
(pseudoradikuläre Symptomatik). Oft besteht auch ein lokaler Druckschmerz. Häufig
ist die Erkrankung multisegmental.
Bildgebende Diagnostik
Vor einer Behandlung ist eine bildgebende
Darstellung mittels MRT oder, falls nicht verfügbar, CT hilfreich. Hier können sowohl die
degenerativen Veränderungen der Facettengelenke nachgewiesen als auch nach anderen Schmerzursachen gefahndet werden. Allerdings gilt es zu beachten, dass das Fehlen
von höhergradigen Verschleißerscheinungen
des Facettengelenkes ein schmerzhaftes Facettengelenkssyndrom nicht ausschließt. In
neueren Studien konnte gezeigt werden, dass
eine diagnostische Blockierung der Nervengeflechte eine gute Hilfe bei der klinischen
Diagnostik einer Facettengelenkserkrankung
ist (7–9). Die akkurate Diagnosestellung ist
essentiell für die Erfolgsaussichten der anschließenden Behandlung.
Die interventionelle Behandlung eines Facettengelenkes sollte nicht vorgenommen
Die Intervention erfolgt unter bildgebender
Kontrolle, idealerweise in der Computertomographie (Abb. 2). Nur so kann sichergestellt werden, dass die Zielstruktur auch
sicher ereicht wurde. Die Medikamente werden direkt an die Gelenkkapsel und die dortigen Nervenendigungen gebracht, um lokal
sowohl Schmerz als auch Entzündungsreaktionen zu unterdrücken.
Bei der Intervention im CT liegt Patient auf
dem Bauch (Abbildung 3). Der Injektionsbereich am Rücken wird desinfiziert und ggf. die
Umgebung steril abgedeckt. Dann wird der
direkte Zugang zum Gelenk auf den axialen
Schnittbildern geplant und im Bild und auf
dem Patienten eingezeichnet. Anschließend
wird die Injektionsnadel unter CT Kontrolle
zur Gelenkkapsel vorgeführt. Es wird eine Mischung aus Corticoiden und Lokal­anästhetika
an die medialseitig gelegene Nervenversorgung injiziert. Der Rest der Medikamentenlösung kann im Rückzug periartikulär eingebracht werden. Bei diesem gezielten Vorgehen
kann eine hohe lokale Wirksamkeit erreicht
werden, ohne dass systemisch Medikamente
appliziert werden müssen. Entsprechend entfallen deren unerwünschte Nebenwirkungen,
z. B. von Cortison.
Typischerweise verspürt der Patient sofort
nach dem Eingriff eine weitgehende bis komplette Schmerzrückbildung. Der unmittelbare
Effekt wird v.a. durch die Lokalanästhetika erzielt, während der Effekt der Steroide ca. drei
bis fünf Tage bis zur vollen Entfaltung benötigt. Die Dauer des Therapieffektes ist individuell unterschiedlich und kann zwischen ein bis
zwei Monaten und ein bis drei Jahren liegen.
Häufig werden auch zwei bis drei Injektionen
im Abstand von ­wenigen Tagen für den maximalen Effekt benötigt. Je besser die Schmerzsymptomatik nach der Injektion verschwindet, umso länger hält meist auch die Wirkung ➔
33 |
::Fachbeiträge
Abb. 3: In örtlicher Betäubung werden unter CT-Kontrolle Medikamente direkt an die
versorgenden Nerven gebracht. Reicht die dadurch erzielte Beschwerdelinderung nicht
aus, können die Nervenfasern mittels Thermokoagulation endgültig verödet werden.
an (2). Das Ausmaß der Schmerzreduktion
nach der Intervention beeinflusst erheblich
die diagnostische Sicherheit für ein Facettengelenkssyndrom (10).
Um den oft nur vorübergehenden Effekt
der lokalen interventionellen Therapie in eine
langfristige Schmerzfreiheit zu überführen,
wurden in den letzten Jahren verschiedene
Verfahren entwickelt, um die lokalen Nervengeflechte permanent auszuschalten.
Patienten mit anderweitig nur kurzfristig
behandelbaren Facettengelenksbeschwerden
können daher gute Kandidaten für eine permanente Denervierung sein. Bei diesen Patienten bleibt typischerweise der andauernde
Effekt der Steroide aus, während kurzfristig
eine Erleichterung durch die Lokalanästhetika
erreicht werden kann. Eine diagnostische Evaluation mit mindestens zwei aufeinander folgenden Injektionen von Lokalanästhetika vor
der Indikationsstellung wird empfohlen (11).
Diese Testinjektionen werden ebenfalls am
medialen Teil des hinteren Nervenastes appliziert. Anschließend ist der Patient angehalten,
über mehrere Stunden den Effekt zu beobachten. Verläuft der Test positiv, d.h. der Schmerz
kann unterdrückt werden, kann eine interventionelle Denervierung geplant werden.
| 34
Diese ist entweder mit einem Kälteverfahren
(Kryotherapie) (12), oder mittels Hitzeeinwirkung über Thermosonden möglich (13). Aktuell hat sich die Thermokoagulation in der
Praxis durchgesetzt.
Thermokaogulation
Wie bei der diagnostischen Intervention wird
der Patient bequem auf den Bauch gelagert.
Auf den Schnittbildern wird der genaue Zielort der Sonden bestimmt und eingezeichnet.
Anschließend wird das Interventionsfeld am
Rücken des Patienten steril vorbereitet und die
Umgebung abgedeckt. Die Durchführung des
Eingriffes ist aufgrund der minimalen Invasivität meist in örtlicher Betäubung möglich.
Die Radiofrequenznadel wird an den Zielpunkt medial des Facettengelenkes gebracht.
Es folgt eine Teststimulation mit 50 bzw. 2
Hz, um eine Schädigung des Spinalnerven
auszuschließen. Eine exakte Positionierung
der Nadel ist unerlässlich. Sollten sensorische
oder motorische Stimulationen auftreten,
muss die Nadel ggf. repositioniert werden.
Anschließend werden die Nervenäste in
unmittelbarer Nachbarschaft zur Nadelspitze verödet. Jedes Zielvolumen wird nur 60
Sekunden lang mit einer Temperaturerhöhung auf ca. 80° C behandelt. Die Nadelposition wird von der initialen tiefen Position
dann zu den oberflächlicheren Anteilen des
Nervengeflechtes zurückgezogen und der
Vorgang wiederholt.
Im Anschluss werden die Patienten für
ca. ein bis zwei Stunden überwacht, können
aber meist dann bereits mit einem Fahrer
entlassen werden. Es erfolgt eine klinische
Nachkontrolle, um den Effekt zu überprüfen
und einen Infektion an der Punktionsstelle
auszuschließen. Eine medikamentöse Nachbehandlung wird normalerweise noch für ca.
zwei Wochen fortgeführt.
In neueren wissenschaftlichen Arbeiten
konnte gezeigt werden, das die Radiofrequenzdenervation die Beschwerden von über
der Hälfte der Patienten erheblich bessern
kann, wenn bereits die diagnostische Intervention eine Schmerzreduktion von über
50 % erbracht hat (14). So konnten in einer
Studie aus den USA bei Baseball Pitchern
mit Facettengelenksyndrom über 80 % der
Sportler nach der Thermokoagulation ihren
Sport wieder professionell ausüben (15).
Zu beachten bleibt, dass die richtige Auswahl der Patienten ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg der Behandlung ist.
Werden die diagnostischen Schritte konsequent eingehalten und weisen auf ein Facettengelenkssyndrom als Schmerzursache hin,
ist eine interventionelle Therapie sehr Erfolg
versprechend. Dem Patienten kann mit diesem minimal invasiven Eingriff langfristig Erleichterung verschafft werden. Zudem kann
auf eine sonst langfristige orale bzw. systemische medikamentöse Therapie mit ihren
Nebenwirkungen verzichtet werden.
::
Literatur beim Verfasser
Dr. Ralph Medele
Dr. Marko Ständer
Wirbelsäulenzentrum am Stiglmaierplatz/
ATOS Klinik München
Nymphenburger Str. 1
80335 München
[email protected]
[email protected]
ATOSnews
Stellenwert der arthroskopischen PartialRekonstruktion der Rotatorenmanschette
Von Sven Lichtenberg
Keywords: Rotatorenmanschettendefekt, Partial­
rekonstruktion, Schulterarthroskopie
Die Rekonstruktion von Rotatorenmanschetten­Defekten wird heute zunehmend arthroskopisch
vorgenommen. Durch die arthroskopische Evaluation der Defekte und hier vor allem durch die Erkenntnis, dass die retrahierten Sehnen eine ­höhere
Mobilität in kaudo-kranialer Richtung als in
medio-­lateraler Richtung haben, haben Burkhart et
al. (1,2) bereits zu Beginn des Jahrtausends begonnen, RM-Defekte arthroskopisch zu behandeln.
Sie entwickelten Techniken, nach denen nahezu alle Sehnendefekte verschließbar waren.
Anstatt mit Gewalt zu versuchen, die retrahierte Sehne nach lateral auf das Tuberculum
majus zu reponieren, gelang es ihnen durch
einen sukzessiven, kranialen Verschluss des
Defekts die Sehnenrisse zu verkleinern bzw.
zu verschließen. Da die Ränder des Defekts
einander genähert wurden, nannten sie ­diese
Technik „Margin convergence“. Ziel ist es, das
sog. Rotatorenkabel, das für die Kraftübertragung der RM-Muskeln auf den Humerus
wichtig ist, zu rekonstruieren. Nach Annäherung der Defektränder erfolgte dann die Verankerung am Knochen durch Nahtanker.
In dem Fall, in dem eine solche zusätzliche Verankerung nicht möglich war oder
aber der Defekt nicht komplett verschlossen
werden konnte, spricht man von einer Partialrekonstruktion der Rotatorenmanschette.
Diese Arbeit stellt unsere Ergebnisse mit diesem Verfahren dar und zeigt die Indikation
dazu auf.
Indikation
Bei einer RM-Ruptur, die mindestens zwei
Sehnen umfasst und 5 cm im antero-posterioren Durchmesser misst, spricht man von
einer Massenruptur. Hierbei kommt es durch
die Zerstörung der sich balancierenden
Kraftpaare am Schultergelenk zu erheblichen
Funktionsdefiziten, die sich vor allem in der
Unfähigkeit, den Arm über die Horizontale
heben zu können, bemerkbar machen. Gelingt eine komplette Rekonstruktion nicht,
besteht die Möglichkeit, durch die Partialrekonstruktion diese dekompensierten Rupturen in funktionale Defekte zu verändern.
Ziel ist es also:
1.die coronaren und transversalen Kraftpaare wiederherzustellen,
2. ein stabiles Drehzentrum zu etablieren,
3.die „Hängebrücke“ des Rotatorenkabels
zu rekonstruieren,
4. den Restdefekt möglichst zu minimieren,
5.den Rand des Restdefekts zu stabilisieren.
Diese Art der Funktionswiederherstellung
bietet sich an bei:
1.Patienten, die über eine lange Anamnese
von Schulterbeschwerden verfügen und
bei denen es nun zu einem allmählichen
Funktionsverlust gekommen ist (chronisch).
2.Patienten, die eine bestehende RM-Ruptur
haben, gut kompensiert waren und durch
ein akutes Trauma eine deutliche Funktionsverschlechterung erfahren. Meist
kommt es bei dem Trauma zu einer aku-
ten Vergrößerung des Defekts, z. B. von einer gut kompensierten SSP-Ruptur zu einer kombinierten Ruptur von SSP und ISP
(akut auf chronisch).
3.Patienten, die durch ein einmaliges Trauma eine große, zwei Sehnen betreffende
RM-Läsion erleiden und nach konservativer Therapie nicht besser werden und
somit um die Chance gebracht wurden,
einen Komplettverschluss zeitnah realisiert zu bekommen. Hier ist dann der verspätete Versuch der Rekonstruktion meist
nur noch mit einer Partialrekonstruktion
möglich.
Radiologische Kriterien
Neben diesen klinischen Kriterien gibt es radiologische Kriterien, die darüber entscheiden, ob eine Partialrekonstruktion noch
möglich ist oder nicht.
Röntgen: Ist der Humeruskopf in der a.p.Aufnahme im Stehen noch zentriert, besteht
eine gute Chance, eine Partialrekonstruktion
vorzunehmen. Ist der akromio-humerale Abstand (AHA) jedoch auf unter 5 mm reduziert, wird auch dieses Verfahren keine Besserung erbringen. Kritisch und schwierig zu
entscheiden ist es, wenn der AHA zwischen
diesen Werten liegt. Hier hängt viel von der
Erfahrung des Operateurs und von der Kernspintomographie ab.
MRT: Die Atrophie des Muskels und seine fettige Degeneration können in der Kernspintomographie erkannt werden. Hierzu
braucht es gute parasagittale Schnittbilder
in einer nicht fettsaturierten T1-gewichteten Technik, die weit nach medial reichen, bis
man das typische Y, bestehend aus Processus coracoideus, Spina und Corpus scapulae,
darstellen kann.
➔
35 |
::Fachbeiträge
Goutallier et al. (3) unterscheiden:
Grad 0: normaler Muskel
Grad I:Muskel beinhaltet einzelne T1hyperintense (fettige) Streifen
Grad II:T1-hyperintenser Fettanteil
deutlich, jedoch < 50 % des
Muskelanteils
Grad III:T1-hyperintenser Fettanteil
gleich groß wie Muskelanteil
Grad IV:T1-hyperintenser Fettanteil
> 50 % des Muskelanteils
den. So gibt es also Fälle, bei denen eine SSPDegeneration Grad III besteht, der Infraspinatus jedoch Grad II aufweist, was wiederum
eine Indikation zur Partialrekonstruktion sein
kann.
Die Atrophie wird nach Zanetti (4) mit dem
Tangentenzeichen eingeteilt. Es ist positiv,
wenn der Muskelbauch des Supraspinatus
unterhalb einer Verbindungslinie liegt, die
von der oberen Grenze der Spina scapulae zur
oberen Grenze der Basis des Processus coracoideus verläuft. Thomazeau beurteilt die
Atrophie durch das Verhältnis der Flächendeckung im Querschnitt der Fossa supraspinata
und dem darin befindlichen Muskel:
Grad I: > 0,6
Grad II: > 0,4
Grad III: < 0,4.
Bei Degeneration Grad III-IV und Atrophie
Grad III ist auch meist eine Partialrekonstruktion nicht Erfolg versprechend. Es muss
jedoch jeder Muskel für sich evaluiert wer-
Abb. 2: Mit einer Fasszange wird
versucht, die Sehne zu reponieren.
Ein lateraler Verschluss ist nicht
möglich, weshalb eine Partialrekonstruktion indiziert ist.
| 36
Abb. 1: Große U-förmige Massenruptur
(Quelle: Alle Abbildungen [6])
Abb. 3: Vorlegen von Seit-zu-Seit-Nähten.
Unter Sicht vom lateralen Portal werden die
Perforationsinstrumente (SutureLasso® und
BirdBeak®, Fa. Arthrex, Karlsfeld) über ein
anteriores und ein posteriores Portal eingeführt und die Sehneanteile durchstochen.
Technik
Wie bereits oben erwähnt, werden die Rupturränder einander genähert und mit Seitzu-Seit-Nähten versorgt (Abb. 1–3). Gelingt
es, die Ränder der Ruptur anterior und posterior noch sicher am Knochen zu verankern,
erhält man eine hohe Randstabilität (edge
stability) (Abb. 4).
Alternativ kann es auch einmal nötig sein,
eine frisch hinzu getretene Läsion des Infraspinatus am posterioren Tub. majus zu refixieren, ohne den SSP auch nur ansatzweise
zu versorgen, um das Kraftpaar wieder herzustellen und es dem Patienten zu ermöglichen,
den Arm über die Horizontale zu heben.
All diese verschiedenen Ziele werden arthroskopisch erreicht. Inhalt dieses Vorgehens ist stets auch eine Tenotomie der langen
Bizepssehne und ein subacromiales Débridement mit einer Glättung der Acromionunterfläche. Auf eine klassische Acromioplastik
wird wegen der Gefahr einer Schwächung
des Fornix humeri verzichtet. Ein Abrunden
im Bereich des Tub. majus kann mitunter
vonnöten sein.
In der Nachbehandlung werden die Schultern drei Wochen immobilisiert und dann
zunächst für acht Wochen passiv mobilisiert, bevor danach ein aktiv-assistiertes Programm beginnt. Die Patienten müssen auf
Abb. 4: Nach Verknoten der vorgelegten
Fäden kommt es zu einer Annäherung der
Rupturränder (margin convergence). Man
kann dann noch die Ränder über Nahtanker
am Knochen sichern (edge stability).
ATOSnews
eine etwa sechs Monate dauernde Rehabilitation eingestellt werden.
Ergebnisse
38 Patienten im Alter zwischen 48 und 79
Jahren wurden nach o.g. Vorgehen operiert.
Bei 8 Patienten bestand eine antero-superiore
und bei 30 Patienten eine postero-superiore
RM-Massenruptur. Nach durchschnittlich 47
Monaten wurden die Patienten klinisch nachuntersucht. Die Rupturgröße wurde nach Bateman beschrieben und betrug im Mittel
Größe 3,6 (I: < 1cm, II: 1-3cm, III: 3-5cm, IV:
Abb. 5: ConstantScore prä – versus
postoperativ der
­betroffenen wie
auch im Vergleich
zur nicht betroffenen Seite.
> 5cm). Die Sehnenretraktion betrug Grad III
bis nahe an den Glenoidrand und die Atrophie im Mittel 1,2 nach Thomazeau.
Der subjektive Schulterwert (subjective
shoulder value) verbesserte sich auf 88 % einer
normalen Schulter. Der Constant-Score konnte von 56 auf 71 Punkte signifikant gehoben
werden und näherte sich damit dem Wert von
74 der nicht betroffenen Seite an (7). Die einzelnen Werte des Constant-Scores können den
Abbildungen 5 und 6 entnommen werden.
Die Bewegungsumfänge verbesserten
sich ebenfalls signifikant in anteriorer Elevation und Abduktion (Abb. 7). Die Kraft nahm
nicht signifikant zu. Der acromio-humerale
Abstand veränderte sich nicht signifikant.
Alle Patienten waren in der Lage, den Arm
wieder über der Horizontalen zu verwenden.
Die Fähigkeit, wieder schwere Dinge in diese
Region zu heben, konnte jedoch nicht wiederhergestellt werden.
Diskussion
Abb. 6: ConstantScore Subkategorien. Mit Ausnahme der Kraft
konnten alle Kategorien ­signifikant
verbessert werden
und sich dem Wert
der nicht betroffenen
Seite nähern.
Abb. 7: Bewegungsumfänge prä – versus postoperativ
der betroffenen und
postoperativ im Vergleich auch zur nicht
betroffenen Seite.
Unsere Ergebnisse gehen konform mit anderen Arbeiten (1,2), die über Partialrekonstruktionen berichten. Auch hier konnten
stets deutliche Verbesserungen der Bewegungsausmaße und eine Schmerzreduktion
erreicht werden. Bildgebende Verfahren zur
Kontrolle des OP-Ergebnisses sind in diesem
Patientengut zu vernachlässigen, da bei einer
Partialrekonstruktion ja ein Defekt verbleibt
und es schwierig ist, zwischen Primärdefekt
und Residualdefekt zu unterscheiden.
Zusammenfassend kann geschlussfolgert werden, dass die arthroskopische Partialrekonstruktion von RM-Massenrupturen
bei richtiger Indikationsstellung einen deutlichen Zugewinn an Bewegungsumfang und
Funktionalität erbringt, begleitet von einer
signifikanten Schmerzreduktion.
::
Literatur beim Verfasser
Dr. Sven Lichtenberg
Zentrum für Schulter- und Elllbogen­
chirurgie/Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
37 |
Munich Arthroplasty Convention 2011
Innovations in Shoulder Arthroplasty
vom 13. bis 15. Januar 2011 in München
Internationale, in der Endoprothetik
erfahrene Schulterchirurgen
berichten über Grundlagen,
Innovationen, Tipps und
Tricks sowie Kontroversen
aus dem gesamten Feld der
Schulterendoprothetik.
Live-Präparationen, durchgeführt
von Experten, demonstrieren die
Implantation unterschiedlicher
Prothesentypen zu verschiedenen
Indikationen. In Kadaver-Workshops und Dry-labs können die
Teilnehmer in kleinen Gruppen
die verschiedenen auf dem Markt
erhältlichen Schulterprothesentypen implantieren und mit in der
Schulterendoprothetik erfahrenen
Chirurgen diskutieren.
Weitere Informationen
finden Sie unter
www.shoulder-convention.org
ATOSnews
Das Femoropatellargelenk: Was gibt es Neues?
Teil 1: Klinische Untersuchungsverfahren
Von Hans H. Pässler
Keywords: Femoropatellargelenk, Knieschmerz, klinische Untersuchung,
Kaum ein anderer Gelenkabschnitt im menschlichen Körper plagt die Menschen so
sehr wie das Gelenk zwischen Kniescheibe und Oberschenkelrolle, das Femoropatellargelenk. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass der vordere Knieschmerz
das häufigste Krankheitsbild in einer sportmedizinischen Praxis ist.
Dennoch scheint gerade dieses Gelenk stiefmütterlich behandelt zu werden. Bei keinem anderen Gelenk werden so unterschiedliche Diagnosen und Therapievorschläge
gemacht. Wie kann man dieses Paradoxon erklären? Vielleicht ist es die mangelnde
Kenntnis der grundlegenden Ursachen dieser Krankheitsbilder, deren Diagnostik
und möglicher sinnvoller Therapiemaßnahmen.
Im Rahmen der ATOSnews möchten wir versuchen, etwas Licht in dieses offenbar wenig
beleuchtete Gebiet der Orthopädie zu bringen, indem wir in dieser und den nächsten
zwei Ausgaben zunächst die klinischen Untersuchungsverfahren, danach die bildgebenden
Verfahren und schließlich Algorithmen einer
sinnvollen Therapie aufzeigen möchten.
Folgende Ursachen von Problemen
im Femoropatellargelenk sind zu
unterscheiden:
-- instabile Patella mit rezidivierenden
Subluxationen oder Luxationen,
meist mit Dysplasien diese Gelenkabschnittes verbunden (Patella alta,
flache Trochlea)
-- Retropatellarer Knorpelschaden auf
Grund genetisch bedingter Minderqualität des Knorpels
-- Valgusfehlstellung
-- Vermehrte Außenrotation von
Femur oder Tibia ?
-- Posttraumatische Schäden (traumatische Luxation, Anpralltrauma)
Klinische Untersuchung
Im Stehen: Als erstes sollte der Patient im
ausgezogenen Zustand stehend untersucht
werden. Dabei gilt das Augenmerk
a) der Beinachse (Abb. 1), wobei die Füße
in normaler Position (15° Außenrotation)
stehen sollten,
b) der Muskulatur, insbesondere der Entwicklung des M. quadriceps und einer ev.
Schwäche des M. vastus medialis, wie dies
typischerweise bei der instabilen Patella der
Fall sein kann (Abb. 2a, b). Eine Schwäche in
diesem Muskel kann dazu führen, dass die
Patella lateral ausweicht und damit in den
lateralen (seitlichen) Anteil der femoralen
Kondylen verlagert wird.
c) Wie steht dabei die Patella, ist sie lateralisiert oder schielt sie nach innen? Letzteres ist spezifisch für eine um mindestens 20°
vermehrte interne Torsion des Femurs (Abb. 3).
Mehrere Studien haben nachgewiesen, dass
eine vermehrte interne Torsion des Femurs signifikant häufiger mit femoro-patellaren (FP)
Schmerzen bzw. der Entwicklung einer FPArthrose einher geht als die normale Torsion (Winkel des Schenkelhalses mit der Querachse der Femurkondylen, gemessen mit CT
(siehe ATOSnews 17). Hingegen scheint die
Torsion der Tibia (Winkel zwischen Querachse
Abb. 1: Untersuchung im Stehen.
Deutliches Genu valgum mit
erhöhtem Q-Winkel.
des Tibiaplateaus und der Knöchelquerachse)
keinen Einfluss auf die Entwicklung von PFSchmerzen zu haben, ebenso wenig Varusoder Valgusfehlstellung.
Als Q-Winkel wird der Winkel zwischen
einer Linie Spina iliaca anterior superior zum ➔
39 |
::Fachbeiträge
Patellazentrum und einer weiteren Linie vom
Zentrum der Tuberositas tibiae zum Patellazentrum bezeichnet. Normalerweise beträgt
der Winkel 10-15°. Je größer er ist, umso
mehr resultiert eine auf die Patella nach außen gerichtete Kraft (Abb. 4). Auch bei einer
exzessiven externen Tibiatorsion kommt es
zu einem Einwärtsschielen der Patella, wenn
der Fuß nach vorne zeigt.
Dieser Winkel kann sowohl bei Valgus- als
auch bei Varusfehlstellung vergrößert sein,
hängt aber erheblich von der Fußstellung ab.
In letzter Zeit wird allerdings die Bedeutung
des Q-Winkels für die Pathologie des FP-Gelenkes erheblich angezweifelt.
a
Prüfung einer vermehrten Außentorsion
der Tibia: Eine vermehrte Außentorsion der
Tibia, damit eine Lateralisation der Tuberositas tibiae und eine erhöhte Subluxationstendenz der Patella lässt sich mit dem Test
nach Bernageau nachweisen (Abb. 5): Bei
90° Kniebeugung sollten normalerweise die
Längsachse der Patellarsehne und die Achse der Tibiavorderkante eine gerade Linie
bilden. Bei vermehrter Außentorsion bilden diese Linien einen Varus. In diesem Fall
sollte man eine Vermessung der Tibiarotation mittels CT oder MRT durchführen, die in
der nächsten Ausgabe der ATOSnews dargestellt wird.
b
Abb. 4: Da das Kniegelenk im Femur nach
innen gedreht wird, kommt es zu einem Ansteigen des lateralen Zugs auf den Quadrizeps. Damit steigt auch der laterale Zug auf
die Patella an. Gleichzeitig kommt es zu einer
Erhöhung der Spannung auf das mediale
patellofemorale Ligament (MPFL). Der Druck
auf die laterale Patellafacette wird erhöht,
während der Druck auf die mediale Patellafacette sinkt.
Abb. 2a, b: Neben dem MPFL ist der M. vastus medialis der Hauptstabilisator der Patella medial hin, während der Vastus lateralis die Patella
nach lateral zieht. Entsprechend führt eine Schwächung des Vastus
medialis zu einer Patellalateralisierung und gleichzeitig zu einer Druck­
erhöhung zwischen der Trochlea und der lateralen Patellafacette.
a
b
Abb. 3a, b:
a) Deutliches Innenschielen der Kniescheiben durch exzessive
Außentorsion der Tibia und exzessive Anteversion des Schenkelhalses mit entsprechender interner Torsion des Femurs;
b) bei Untersuchung in Bauchlage.
| 40
Abb. 5: Test nach Bernageau zur Prüfung der
Tibiatorsion: Das Knie ist 90° gebeugt, der
Fuß steht in normaler Position mit 15° AR.
Bei normaler Tibiatorsion steht die Längsachse der Tibia in einer Linie mit der Längsachse der Patellarsehne.
ATOSnews
Weiterhin sollte man den Patienten von der
Seite im Stehen mit überstreckten Knien betrachten, um ein Genu recurvatum feststellen zu können, das häufig mit instabiler Patella einhergeht (Abb. 6a, b).
Abb. 7:
Das Zohlen-Zeichen:
In voller Streckung
des ­Gelenkes die
Patella mit beiden
Daumen festhalten
und den Patienten
auffordern, den
Quadriceps maximal
anzuspannen.
Im Liegen: Zuerst wird das Knie langsam
durchbewegt, wobei eine Hand auf der Patella aufliegt. Dabei kann man bei Vorliegen
einer Chondromalazie ein deutliches Krepitieren fühlen oder sogar hören, das fein oder
grob sein kann. Presst man bei gestrecktem
Bein die Patella gegen die Trochlea, lässt sich
beim retropatellaren Knorpelschaden ein
mehr oder weniger starker Schmerz auslösen. Dies trifft allerdings auch bei einer diffusen Synovialitis zu.
Das Zohlenzeichen wird in den meisten
Patientenberichten als erstes genannt, doch
ist dies das unspezifischste aller Tests der Patella. Bei gestrecktem Bein fixiert der Untersucher die Patella mit beiden Händen, wobei ➔
a
Abb. 6a:
Bei seitlicher
­Betrachtung lässt
sich leicht ein
pathologisches
Genu recurvatum
erkennen, wenn
der Untersuchte
die Beine nach
hinten durchstreckt.
Abb. 8: Mobilität der Patella. Tilt-Test:
Hierbei wird der laterale Rand der Patella
mit dem Daumen nach oben verkippt,
­gleichzeitig wird der mediale Rand nach
­hinten und lateral gedrückt.
b
Abb. 10a, b: Smillie-Zeichen (ApprehensionGlide-Test): Dabei wird mit einer Hand versucht, die Patella nach lateral zu luxieren.
Mit der anderen Hand wird das Knie langsam von der Streckung bis in 30° Beugung
gebracht.
Abb. 6b: Bei der Untersuchung im Liegen
lässt sich das Bein weit überstrecken.
Gemessen wird der Abstand der Ferse
zur Unterlage, bzw. der Überstreckwinkel,
in diesem Fall 20°.
Abb. 9: Glide-Test: Normalerweise kann
die Patella 2-3 Quadranten nach medial
und lateral verschoben werden.
41 |
::Fachbeiträge
Vorliegen einer chronischen Synovialitis anderer Ursache. Daher sollte dieser Test ganz
verlassen werden.
Tilt- und Glidetest: mit diesen Tests
wird die Mobilität der Patella geprüft. Bei einer normal mobilen Patella lässt sich die Patella von lateral her nach ventral vorkippen
(Abb. 8). Der Test gilt als pathologisch, wenn
er sie nach distal zieht (Abb. 7). Dann fordert er den Patienten auf, seinen Quadriceps
kräftig anzuspannen. In dieser Streckstellung steht die Patella oberhalb der Trochlea
und wird beim Anspannen gegen die Synovia des oberen Rezessus gepresst. Dies führt
auch bei Patienten ohne PF-Problematik zu
einem heftigen Schmerz, insbesondere bei
a
b
die laterale Facette nicht über die Höhe der
medialen Facette verkippt werden kann, zudem wenn dabei Schmerzen des lateralen
Retinakulums entstehen. Beim sog. Hyperpressionssyndrom (Ficat) ist diese Vorkippung nicht möglich. In Verbindung mit einer
retropatellären Chondromalazie und dem
radiologischen Nachweis einer Lateralisa­tion
c
Abb. 11 a-c: Prüfung der Druckdolenz der medialen und lateralen Patellafacette.
b
c
Abb. 12 a-c: Konstitutionelle Hyperlaxität: Dabei lässt sich die Patella in Streckstellung
vollständig luxieren (a,b). Auch an anderen Gelenken, wie den Fingergelenken, lässt sich
diese Hyperlaxität nachweisen.
a
Abb. 13a:
Prüfung von
Quadrizeps­
verkürzung
| 42
Abb. 13b:
Prüfung der
­Verkürzung der
ischiocruralen
Muskulatur
ATOSnews
und lateraler Gelenkspaltverschmälerung
könnte dies eine der seltenen Indikationen
für ein Laterales Release sein.
Der Glide-Test prüft die Verschieblichkeit
der Patella. Sie beträgt normalerweise zwei
bis drei Quadranten der Patellafläche nach
medial oder lateral (Abb. 9).
Der empfindlichste Test für eine klinisch
relevante Patellainstabilität ist der SmillieApprehensiontest. Dabei wird die Patella in
Streckung nach lateral gedrückt, gleichzeitig
das Knie langsam vom Untersucher bis 30°
gebeugt (Abb. 10a,b,). Bei Schmerzen hierbei
ist der Test positiv zu werten.
Weiterhin sollte man die mediale und laterale Facette der Patella auf Schmerzhaftigkeit
untersuchen, gerade in Kombination mit dem
Glide-Test (11a, b,c). Eine hypermobile Patella
ist in der Regel mit einer generellen Laxität
der Gelenke verbunden (Abb. 12 a, b, c).
Wichtig bei PF-Problemen ist die Prüfung
der Beinmuskelverkürzung. Meist findet sich
eine Verkürzung der ischiocruralen Muskulatur, während der Quadriceps weniger oder
gar nicht verkürzt ist. Dies resultiert in einer muskulärten Dysbalance, die wiederum
Ursache von vorderen Knieschmerzen sein
kann. Ein Dehnen der entsprechenden Muskulatur ist meist sehr hilfreich. Die Prüfung
geschieht am einfachsten in Rücken- und
Bauchlage. Zunächst wird das Bein in Rückenlage im Hüftgelenk bei gestrecktem
Kniegelenk und in Neutralstellung des OSG
so weit wie möglich gebeugt, dabei liegt
das andere Bein gestreckt auf der Untersuchungsliege (Abb. 13a). Bei Männern sollte
der Winkel zwischen Bein und Liege (Hüftflexionswinkel HFW) mindestens 75°, bei
Frauen 90° betragen. Der Quadriceps wird in
Bauch- oder auch Seitenlage geprüft (Abb.
13b). Dabei misst man die Entfernung der
Ferse vom Gesäß (Fersen-Gesäß-Abstand
FGA). Er sollte bei Männern unter 15 cm, bei
Frauen unter 5 cm sein.
::
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
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::Fachbeiträge
Optimale Schulterdiagnostik mit der
direkten Arthrographie im MRT
Von Katharina Meier und Stefan Schneider
Keywords: Direkte Arthrographie, Schulter, Schulterinstabilität,
SLAP-Läsion, Schulterschmerz
Die direkte MR-Arthrographie hat sich in der Schulterdiagnostik bei vielen
Fragestellungen als sinnvolle Untersuchungsmethode etabliert, etwa zur Klärung einer Schulterinstabilität, einer SLAP-Läsion oder des Schulterschmerzes beim Leistungssportler. Sie sichert nicht nur die Diagnose, sondern liefert
auch Entscheidungsgrundlagen für das therapeutische Vorgehen.
Die MR-Tomographie besitzt einen hohen
Stellenwert in der Diagnostik von Schultergelenkpathologien. Diese können mit einer
hohen Sensitivität nachgewiesen werden.
Die Spezifität der Nativuntersuchung ist allerdings geringer. Diagnostische Probleme
können insbesondere bei der Differenzierung kleiner kompletter von inkompletten
RM-Rupturen einerseits sowie inkompletter
RM-Rupturen von schweren Tendinitiden
oder Sehnendegenerationen andererseits
auftreten. Die Treffsicherheit der MRT bei
glenohumeralen Instabilitäten wird z. T. unterschiedlich beurteilt. Bei fehlendem Gelenkerguss können Probleme in der Erkennung
und Charakterisierung einer Verletzung des
kapsuloligamentären Apparates auftreten.
Untersuchungen an gesunden Probanden
haben zusätzlich eine große Variabilität zumindest des ventralen kapsulolabralen Komplexes gezeigt.
Vor diesem Hintergrund hat sich die direkte MR-Arthrographie bei einer Vielzahl
von Fragestellungen als sinnvolle Untersuchungsmethode etablieren können: Durch
vorherige intraartikuläre Kontrastmittelgabe
und der damit verbundenen Distension der
Gelenkkapsel sind die Gelenkkapsel selbst,
intraartikulär verlaufende Bänder und Knorpeloberflächen, aber auch Defekte, die zum
Austritt des Kontrastmittels führen, besser
zu beurteilen bzw. zu erkennen.
| 44
Als Indikation zur Durchführung einer primären MR-Arthrographie der Schulter gelten
die Klärung einer Schulterinstabilität, einer
SLAP-Läsion und der Schulterschmerz beim
Leistungssportler. Mit Hilfe der Magnetresonanz-Arthrographie des Schultergelenks ist
die Beurteilung des Labrum glenoidale, der
Rotatorenmanschette sowie der Ligamenta
glenohumeralia mit hoher Genauigkeit möglich. Verglichen mit operativen oder arthroskopischen Befunden weist die MR-Arthrographie eine Treffsicherheit von mehr als
90 % in der Diagnostik kapsuloligamentärer
und labraler Verletzungen auf.
Verletzungstyp und das Ausmaß von degenerativen bzw. narbigen Veränderungen
sowie die Gelenkkapselweite können MRarthrographisch beurteilt werden und beeinflussen das therapeutische Vorgehen,
insbesondere die Entscheidung zwischen arthroskopischen und offenen Stabilisierungsverfahren.
werden. Obligat ist das Tragen steriler Handschuhe auf Seiten des Untersuchers. Es wird
eine örtliche Betäubung mit einem handelsüblichen Lokalanästhetikum (Meaverin-Actavis® 1 %) durchgeführt. Die korrekte Lage
der Punktionsnadel im Gelenk dokumentieren wir durch eine CT-Aufnahme nach Applikation von 1 ml eines jodhaltigen Kontrastmittels (Accupaque® 240, GE Healthcare).
Technik
Untersuchungstechnik der Arthrographie:
Wir führen die Arthrographie unter CT-Kontrolle durch. Dies hat den Vorteil, dass auf
diese Weise Fehlpunktionen des Gelenks mit
fehlerhafter Injektion des Kontrastmittels
vermieden werden können. Vor der Arthrographie muß das Punktionsareal desinfiziert
Abb.1: Hypertrophe Acromioclavicular­
gelenksarthrose mit Einengung des Sub­
acromialraums. Kontinuitätsunterbrechung
der Supraspinatussehne am humeralen
­Absatz mit Austritt von Kontrastmittel in
den ­Subacromialraum.
ATOSnews
Dabei sollte sich das KM leicht injizieren
lassen. Falls dies nicht möglich ist, liegt die
Nadelspitze erfahrungsgemäß nicht im Gelenk. Eine forcierte Injektion sollte unterbleiben, da dies nur zur Erzeugung eines extraartikulären Paravasates führt. Nachfolgend
injizieren wir Artirem® (Gd-DOTA, Guerbet,
Frankreich) als 2,5-millimolares MR-Kontrastmittel. Die Menge des zu applizierenden
Kontrastmittels hängt von der Größe des zu
untersuchenden Gelenkes ab. Die ArtiremFertigspritzen enthalten 20 ml, womit eine
gute Füllung und Distension der Schultergelenkkapsel gelingt. Die MR-Bildgebung
erfolgt gleich im Anschluss, spätestens innerhalb von 45 Minuten nach Injektion des
Kontrastmittels. Es werden koronare T1- und
PD-, sagittale T2- und transversale PD-Sequenzen angefertigt.
Aufklärung und Komplikationen
Da es sich bei der Arthrographie um ein
– wenn auch gering – invasives Untersuchungsverfahren handelt, muss vor der Untersuchung eine Aufklärung des Patienten
stattfinden. Die intraartikuläre Applikation
eines gadoliniumhaltigen Kontrastmittels
gilt als sicher, über allergische Reaktionen ist
bislang noch nicht berichtet worden. Allerdings ist das Verfahren potentiell mit einem
höheren Risiko bezüglich Blutungen, Infektionen und Verletzungen umliegender Strukturen verbunden. Die Komplikationsrate ist
mit 1/25.000 sehr gering. Das mit der Arthrographie verbundene Unbehagen auf Seiten der Patienten ist im Allgemeinen geringer
als erwartet.
Intra- und Interobserverübereinstimmungen
hinsichtlich der Einordnung Tendinitis, Partialruptur und kleiner Komplettruptur. In dieser Situation kann die MR-Arthrographie
genauere Resultate liefern. Mit der direkten
MR-Arthrographie werden gelenkseitig gelegene Partialrupturen durch den Eintritt von
Kontrastmittel in die Substanz der Sehnenplatte nachgewiesen.
Die MRT ist vor allem für die präoperative
Abklärung wichtig. Die Größe der Rotatorenmanschettenläsion entscheidet über die
Wahl des Rekonstruktionsverfahrens, die
Risslokalisation über den operativen Zugang.
Die Qualität (Atrophie und/oder Verfettung)
der Muskulatur bestimmt die Prognose einer
Rekonstruktion.
Rotatorenmanschettenläsionen sind häufig Folge einer chronischen subakromialen
Enge, eines akuten Traumas oder chronischer
Überbeanspruchung.
Impingement-Syndrom
Der Begriff Impingement beschreibt die
Kompression von Sehnen der Rotatorenmanschette in gewissen Gelenkpositionen. Das
Impingement gilt neben der relativen Hypovaskularität der insertionsnahen Sehnen-
abschnitte als wichtiger pathogenetischer
Faktor für die Entstehung von Läsionen der
Rotatorenmanschette. Das ImpingementSyndrom ist eine klinische Diagnose. Verschiedene morphologische Befunde, die
mit einem Impingement-Syndrom assoziiert
sind, können jedoch mittels Bildgebung dargestellt werden.
Subacromiales Impingement:
Das subacromiale Impingement ist die häufigste Form. Die Rotatorenmanschette wird
zwischen dem Humeruskopf und dem korakoakromialen Bogen eingeklemmt. Dieser
wird durch das Akromion und durch das Ligamentum coracoacromiale gebildet. Degenerative hypertrophe Gelenkveränderungen
mit nach kaudal in den Subakromialraum
reichenden Osteophyten sind häufig. Sie
können zu einem Impingement und daraus
resultierender Degeneration der Supraspinatussehne führen. Es kann zu Partialeinrissen
der Sehne kommen, aus denen sich vollständige Rupturen entwickeln können (Abb. 1).
Häufig ist die Sehnenmanschette bei Partialrupturen ausgedünnt und aufgefasert. Zur
Beurteilung artikularseitiger Einrisse ist die
MR-Arthrographie hilfreich (Abb. 2).
Einsatzmöglichkeiten:
Rotatorenmanschettenruptur
Die MRT hat eine hohe diagnostische Treffsicherheit bei der Diagnose von transmuralen Rupturen der Rotatorenmanschette.
Die Sensitivität liegt im Bereich zwischen 70
und 100 %. Partielle Rupturen der Rotatorenmanschette sind mit der nativen MRT nur
schwer zu diagnostizieren. Dies zeigt sich sowohl an einer generell deutlich verminderten
Treffsicherheit als auch an herabgesetzten
Abb. 2: Artikularseitiger Einriss der Supraspinatussehne. Kontrastmittel läuft aus der
Gelenkkapsel heraus in die Sehne hinein.
Kein Nachweis eines Kontrastmittelaustritts
nach extraartikulär, somit handelt es sich
um eine artikularseitige Teilruptur.
Abb. 3: Bei der Bankart-Läsion kommt es zu
einem Abriss des anterio-inferioren Labrums
mit Durchtrennung des angrenzenden Periostes. MR-arthrographisch lässt sich bei
dieser Läsion häufig ein in den vorderen Gelenkrezessus disloziertes labrales Fragment
nachweisen.
➔
45 |
::Fachbeiträge
Labrum
Bei subakuten und chronischen Verletzungen
des Labrums stellt die direkte MR-Arthrographie das bildgebende Verfahren der Wahl dar.
Die MR-Arthrographie weist im Vergleich zur
konventionellen MRT eine signifikant höhere
Sensitivität bezüglich der Detektion labraler
Verletzungen auf. MR-Kriterien zur Klassifikation labroligamentärer Verletzungen sind bislang nur für die MR-Arthrographie beschrieben
worden. Neben einer zuverlässigen Klassifikation von labroligamentären Verletzungen ermöglicht die MR-Arthrographie auch die Differenzierung zwischen älteren Verletzungen
mit schlechtem pathomorphologischem Substrat und frischen ligamentären Verletzungen.
Außerdem lässt die intraartikuläre Kontrastierung und die damit verbundene Distension
der Gelenkkapsel eine Abgrenzung der glenohumeralen Bänder und eine Abschätzung der
Kapselweite zu und liefert Informationen zur
Stabilität des Bizepssehnenankers.
Die präoperative MR-arthrographische
Klassifikation der labroligamentären Verletzungen ist insofern relevant, als dass die
Differenzierung zwischen akuten und chronischen Läsionen eine wichtige prognostische Bedeutung bezüglich der Wahl und
des Erfolges des operativen Stabilisations-
verfahrens hat. Während Läsionen mit guter
Differenzierbarkeit des labroligamentären
Komplexes nach arthroskopischer Versorgung eine günstige Prognose aufweisen,
werden Läsionen mit schlechtem pathomorphologischem Substrat als Indikationen zur
offenen chirurgischen Rekonstruktion angesehen.
SLAP-Läsionen
SLAP-Läsionen sind Verletzungen des superioren Labrums, die sich von ventral nach
dorsal des Bizepssehnenankers erstrecken
und die Verankerung der Bizepssehne in un-
Gelenkkapsel
Die direkte MR-Arthographie wird eingesetzt,
um einerseits intraartikuläre Strukturen zu
beurteilen und Läsionen des Labrum glenoidale und der Rotatorenmanschette nachzuweisen und mit dem klinischen Befund zu
korrelieren, andererseits um über eine Beurteilung der Gelenkkapselweite eine sichere
Interventionsplanung durchführen zu können. Insbesondere ist die Weite der dorsalen
Gelenkkapselanteile intraoperativ nur eingeschränkt beurteilbar.
Der Vorteil der intraartikulären Gabe einer
großen Flüssigkeitsmenge an Kontrastmittel
besteht in der maximalen Distension der Gelenkkapsel. Bei größeren Kapseldefekten ist
diese Distension nicht erreichbar. Hierbei ist
es möglich, dass bereits länger bestehende, angeklebte Kapseldefekte durch den erhöhten intraartikulären Druck wiedereröffnet werden und in einigen Fällen der Defekt
durch den KM-Austritt besser als mittels einer Arthroskopie lokalisiert werden kann.
Abb. 4: SLAP-Läsion. Eintritt von Kontrastmittel in das anterio-superiore Labrum.
Abb. 5: HAGL-Läsion. Abriss des IGHL am
humeralen Ansatz. Direkte Darstellung der
Diskontinuität des IGHL.
Abb. 6: HAGL-Läsion. Austritt von Kontrastmittel im Bereich des humeralen Ansatzes
des IGHL.
| 46
Bankart-Läsion
Die traumatische Instabilität wird meist
durch ein einmaliges Luxationsereignis verursacht, bei dem die Luxation nach vorne und
unten gerichtet ist. Als Folge dieses traumatischen Ereignisses verbleiben eine Verletzung des anterioinferioren Labrums (Abb.3)
und/oder der knöchernen Gelenkpfanne und
des kapsulolabralen Komplexes sowie eine
Hill-Sachs-Läsion. Bei nicht ausreichendem
Gelenkerguss sollte eine MR-Arthrographie
durchgeführt werden, welche die Differenzierung verschiedener Verletzungsmuster
ermöglicht.
terschiedlichem Ausmaß mit einbeziehen
können. Da SLAP-Läsionen klinisch nur sehr
schwierig diagnostiziert werden können,
kommt der Bildgebung eine große Bedeutung zu (Abb. 4).
ATOSnews
Neben den anterioinferioren labroligamentären Läsionen ist auch ein Abriss des
IGHL (inferior gleno-humeral ligaments) am
humeralen Ansatz, HAGL-Läsion (humeral
avulsion of the glenohumeral ligaments),
als typische Instabilitätsläsion beschrieben
worden. MR-arthrographisch läßt sich die
Läsion direkt als Diskontinuität des IGHL
(Abb. 5) oder indirekt anhand eines Kontrastmittelaustritts im Bereich des humeralen Ansatzes des IGHL nachweisen (Abb. 6).
Es kann auch zu einer Avulsionsfraktur des
IGHL am humeralen Ansatz kommen, die als
BHAGL (bony HAGL) bezeichnet wird. Ein
gleichzeitiger Abriss des IGHL am humeralen
und labralen Ansatz wird als „floating AIGHL“
beschrieben. Die Klassifikation der Verletzungen des IGHL ist allerdings von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist die Detektion der ligamentären Läsionen, da bei allen
HAGL-Varianten zur Stabilisierung des Gelenkes eine offene chirurgische Rekonstruktion des IGHL-Komplexes indiziert ist.
N O T E S
&
Zusammenfassung
Die klinische Diagnose einer Schulterinstabilität ist relativ treffsicher. Die Bildgebung
soll nicht einfach diese Diagnose bestätigen,
sondern Grundlagen für das Therapieprocedere liefern, vor allem für die Entscheidung
zwischen arthroskopischer und offener Operation. Wichtige Aspekte sind die Diagnose
eines Glenoidranddefektes, der Zustand des
labroligamentären Komplexes und eine zusätzliche Rotatorenmanschettenläsion. Bei
akuter Verletzung kann die native MRT eine
hinreichende Aussage liefern, da der Gelenkerguss als natürliches Kontrastmittel dient.
Bei chronischen Problemen ist allerdings die
intraartikuläre Kontrastmittelgabe indiziert.
Sie stellt relevante Strukturen wie Labrum,
Kapsel, glenohumerale Ligamente und Rotatorenmanschette gut dar und liefert somit
die Entscheidungsgrundlage für das therapeutische Procedere. Die Arthrographie ist
eine sichere, minimal invasive Technik, die in
vielen Zentren standardmäßig durchgeführt
wird.
In unserem Institut wird die direkte MRArthrographie der Schulter wegen ihrer hohen Aussagekraft routinemäßig bei allen
Schulterfragestellungen durchgeführt. Ausgenommen sind nur frische Verletzungen. In
den über 10 Jahren, in denen wir diese Untersuchung durchführen, haben wir keine
nennenswerten Komplikationen erlebt. Fast
alle Patienten berichten nach der Untersuchung, es sei bei weitem nicht so unangenehm gewesen, wie sie erwartet hatten. ::
Dr. Katharina Meier
Dr. Stefan Schneider
Radiologische Gemeinschaftspraxis in der
ATOS Klinik Heidelberg
www.radiologie-heidelberg.de
[email protected]
N E W S
:: Neu an der ATOS Klinik Heidelberg: Prof. Dr. med. Albertus M. Scheule, MBA
Prof. Scheule absolvierte sein Medizinstudium in Ulm und seine Weiterbildung
zum Herz- und Gefäßchirurgen in Hannover und Tübingen. Von 2000-2001 war
er als erster deutscher Stipendiat AATS
Graham Fellow im Children‘s Hospital
Boston (Harvard Medical School), und an
der Loma Linda University . Seit 2002 ist
er Facharzt für Herzchirurgie, seit 2007
Facharzt für Gefäßchirurgie.
auf die Gefäßchirurgie und die endovaskuläre Chirurgie legen. Zu seinem Spektrum zählt die chirurgische Behandlung
der hirnversorgenden Gefäße und der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.
Als Dialysezugänge implantiert er temporäre venöse Katheter und legt Dialyseshunts an. Benötigt ein Patient einen permanenten venösen Zugang, bekommt er
ein Portsystem.
Im Januar 2003 wurde er als Privatdozent für das Fach Herzchirurgie in Tübingen habilitiert. Im Juli 2010 erwarb Prof.
Scheule die Zusatzbezeichnung „endovaskulärer Gefäßchirurg“.
Über große Expertise verfügt Prof. Scheule in der minimalinvasiven, endovaskulären Behandlung des Bauchaortenaneurysmas.
Prof. Dr. med. Albertus M. Scheule
Seit 1. Oktober 2010 verfügt die ATOS
Klinik Heidelberg über einen Gefäßchirurgen: Prof. Dr. Albertus M. Scheule war
vor seinem Wechsel zur ATOS Klinik als
Stellvertreter des ärztlichen Direktors an
der Universitätsklinik für Thorax-, Herzund Gefäßchirurgie in Tübingen tätig.
In der ATOS Klinik Heidelberg wird Prof.
Scheule seinen fachlichen Schwerpunkt
Seine knapp bemessene Freizeit verbringt
er gerne mit seiner Frau und seinen zwei
Kindern. Fit hält er sich durch Joggen.
47 |
::Fachbeiträge
N O T E S
&
N E W S
:: Neu an der ATOS Klinik Heidelberg: Open MRT
An der Privatpraxis „Open MRT ATOS Klinik“
bieten Dr. Wolfgang Lederer, Dr. Stefan
Schneider und Dr. med. Dipl.Phys. Wolfgang Wradzilo seit September 2010 mit
einem offenen Kernspintomographen der
neuesten Generation das gesamte Spektrum kernspintomographischer Untersuchungen an:
-Offene Kernspintomographie
aller Körperregionen
-Komplette Herz-Diagnostik
(Kardio-MRT)
-Gefäß-Diagnostik
(MR-Angiographie)
-Brustkrebsfrüherkennung
(Mamma-MRT)
-Ganzkörper-MRT.
Die drei Fachärzte arbeiten bereits seit
1991 in der Radiologischen Praxis der
ATOS Klinik Heidelberg zusammen.
Immer mehr Radiologen in Deutschland investieren in offene MR-Geräte,
um ihren Patienten einen hohen Untersuchungskomfort zu ermöglichen. Die
Untersuchung in einem offenen Kernspintomographen ist jedoch bisher nicht
im Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) enthalten
und steht daher nur Privatpatienten und
Selbstzahlern zu Verfügung. Aufgrund
der unterschiedlichen Gerätequalitäten
ist es für Patienten und Zuweiser wichtig, sich über die Leistungsfähigkeit eines
offenen MRTs genau zu informieren, um
sicherzustellen, neben einer angenehmen
Untersuchung auch eine aussagekräftige
Diagnose zu erhalten.
Die Untersuchungen an der ATOS Klinik
Heidelberg werden mit dem hochmodernen neuen Philips Panorama 1.0T (Feldstärke 1,0 Tesla) durchgeführt (siehe Abbildung).
| 48
Auf den ersten Blick fällt die
offene Bauweise des Hochfeld-Kernspintomographen
auf. Das Gerät hat einen
Durchmesser von 160 cm (zum
Vergleich: ein herkömmliches
Tunnelsys­tem hat ca. 60–70
cm) und verfügt über einen
nahezu 360-Grad-RundumAusblick. Die Patienten haben
dadurch viel Platz. Dies macht
es z.B. für Menschen mit Platzangst, aber auch für Kinder
und stark übergewichtige Patienten oft erst möglich, eine
Der neue offene Hochfeld-Kernspintomograph
MRT-Untersuchung durchzuPhilips Panorama 1.0T (Feldstärke 1,0 Tesla)
führen. Die entspannte Untersuchungssituation trägt fersupraleitenden Niederfeldgeräten. Weiner zur verbesserten Bildqualität bei, da
terhin ist die Bildqualität durch die veres den Patienten leichter fällt, während
tikale Anordnung des Magnetfeldes und
der Untersuchung still zu liegen.
den Einsatz effektiverer Empfangsspulen
optimiert. Damit erreicht der Panorama,
Zusätzlich wird die Bildqualität positiv
mit einer Feldstärke von 1,0 Tesla, die gleibeeinflusst durch die Möglichkeit, die zu
che Bildqualität wie ein herkömmliches
untersuchende Körperregion immer im
1,5-Tesla-Tunnelsystem.
Zentrum des Magnetfeldes zu platzieren,
denn dort ist die Bildqualität am höchs­
Der offene Hochfeld-Kernspintomograph
ten. Auch ergeben sich durch die offene
von Philips gehört aufgrund seiner hohen
Gerätearchitektur neue UntersuchungsFeldstärke zu den wenigen offenen Gerämöglichkeiten, z. B. wird die Durchführung
ten, die die hohen Anforderungen der Kasbildgesteuerter Rückenschmerztherapien
senärztlichen Bundesvereinigung und der
erleichtert, bei denen unter MRT-Kontrolle
Berufsgenossenschaften erfüllen und erpunktgenau eine Nadel an die Austrittsgänzt somit das kernspintomographische
stelle des Nervs an der Wirbelsäule geAngebot der Radiologischen Gemeinsetzt wird. Auch bei verletzten Patienten,
schaftspraxis in der ATOS Klinik optimal.
welche Schmerzen in bestimmten PositiDie drei Partner der neuen Privatpraxis
onen haben, hilft das offene System, da
bringen damit ihre jahrelange Erfahrung
der Patient entspannter liegen kann und
in der kernspintomographischen Diagnoses ihm somit leichter fällt, während der
tik künftig parallel an zwei PraxisstandorUntersuchung stillzuhalten. Dies wiedeten mit High-Tech-MRTs für jede radiolorum beeinflusst die Bildqualität positiv.
gische Fragestellung ein.
Ein weiterer Vorteil des Philips Panorama
Weitere Infos unter
1,0T ist die verkürzte Untersuchungszeit
www.open-mrt-heidelberg.de
im Vergleich zu anderen offenen nicht
ATOSnews
Patientenbetreuung im Internet
als Chance für die Zukunft
Von Robert Kilger
Keywords: Patientenbetreuung, internet-basierter Behandlungsplan
Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde das kostbare Gut Zeit für den
Arzt immer knapper. Aufgrund der finanziell straffen Gesundheitspolitik wächst der Druck, immer mehr Patienten zu untersuchen und
zu behandeln, stetig weiter. Diese Entwicklung geht in den meisten
Fällen auf Kosten einer individuellen und intensiven Betreuung des
Patienten. Abhilfe könnte zukünftig das World Wide Web bieten: Die
Online-Plattform „iGetBetter“, bei der die Patienten via Internet von
ihren Ärzten begleitet werden, gewährleistet eine individuelle Betreuung in sehr zeitökonomischer Form.
Der Patient fühlt sich durch den Zeitmangel des Arztes häufig allein gelassen, unzureichend betreut und manchmal hilflos. Vor
allem chirurgische Fächer sind von dieser
Situation betroffen, da sie zusätzliche Zeit
für die Durchführung der operativen Behandlung erfordern. In der Realität werden
präoperative Aufklärung und postoperative
Nachsorge oft vernachlässigt.
Der vorliegende Artikel stellt ein Konzept
vor, das dieses Problem adressiert und sich
derzeit in einer Probephase befindet. Es basiert auf der Nutzung des „World Wide Web
(www)“, dem Informations- und Kommunikationssystem der heutigen Zeit. Entwickelt
wurde das Konzept
von der Firma OPED
aus Valley in Zusammenarbeit mit
Kliniken in den USA
und Deutschland –
unter anderem den
ATOS Kliniken. Unter dem Titel „iGetBetter“ wurde eine
Online-Plat t form
für die medizinische Aufklärung
und Nachbehand-
lung entwickelt, bei der Patienten von ihren
Ärzten individuell begleitet und unterstützt
werden.
Online-Kontakt zwischen Arzt
und Patient
Der behandelnde Arzt erstellt online-basierte Nachbehandlungspläne, die individuell auf
den Patienten zugeschnitten sind und an
seinen konkreten Heilungsverlauf angepasst
werden können. Im Rahmen seines Nachbehandlungsplans erhält der Patient täglich
Empfehlungen, Übungen und Fragen, deren
Beantwortung und Umsetzung auf der Platt-
form dokumentiert werden. Hieraus generiert
sich automatisch ein Heilungsverlauf, den sowohl Patienten als auch Ärzte im Zeitablauf
jederzeit einsehen können.
Über die Online-Plattform wird dem Patienten tageweise angezeigt, welche Medikamente er in welcher Dosierung einnehmen
muss, wie die Belastung oder Mobilisation der nachzubehandelnden Region erfolgt
und wann der nächste Termin beim Arzt oder
Physiotherapeuten ansteht. Zudem kann er
sich auf Übungsvideos über den genauen
Ablauf der Nachbehandlungsaktivitäten informieren und Übungen zu Hause besser
nachvollziehen. Auch weitere Personen (z. B.
Physiotherapeuten) kann der Patient einladen. Eine integrierte Kommunikationsplattform erlaubt es so allen Beteiligten, miteinander zu kommunizieren.
Betrachten wir ein Beispiel: Stellen Sie
sich vor, Sie sind Patient und haben vor vier
Wochen eine Kreuzbandersatzplastik erhalten. Sie wachen morgens auf und wundern sich, dass beim Weg in ihr Badezimmer
das operierte Knie gar nicht mehr schmerzt.
Plötzlich fällt Ihnen ein, dass Sie noch gar
nicht voll belasten dürfen. Oder doch? Was
hat der Arzt im Krankenhaus noch mal gesagt? Aber wegen einer solchen Kleinigkeit ➔
49 |
:: Fachbeiträge
Fazit
möchten Sie diesen natürlich nicht gleich
anrufen. Und der nächste PhysiotherapieTermin ist erst in ein paar Tagen. Mit Hilfe
der Online-Plattform iGetBetter, so die Vision, entfällt diese Unsicherheit, denn der Patient kann mit Hilfe eines individuellen Kalenders im Internet abrufen, welche Schritte
er wann erledigen muss.
Und das Ärzteteam? Zunächst wird
ein Patient vom Team als neuer Nutzer in
der Plattform angelegt bzw. werden seine Daten aus der vorhandenen Praxis- oder
Kliniksoftware übertragen. Es können hierbei Röntgenbilder, bestehende OP-Berichte
oder frühere Behandlungen abgelegt werden, wodurch eine virtuelle Krankenakte ent-
| 50
steht. Diese beinhaltet alle relevanten Daten
und kann nach Bedarf vom Arzt oder Physiotherapeuten eingesehen werden. Für den
Fall, dass in einem Therapieplan des Arztes
Änderungen notwendig sind, sei es durch
größere Schmerzen des Patienten oder andere Komplikationen, ist eine MessageFunktion integriert. Der Patient kann über
die iGetBetter-Plattform also direkt Kontakt
zum behandelnden Ärzteteam aufnehmen
und dringende Fragen klären. Bereits zuvor sind zur Vorbeugung kritischer Situationen vom Arzt an den Heilungsverlauf angepasste Grenzwerte festgelegt, bei deren
Überschreitung automatisch ein Alarm ausgelöst wird.
Zusammenfassend haben Patienten mithilfe der Online-Plattform iGetBetter nicht nur
eine engere und somit besser geführte Nachbehandlung, sondern auch ein sichereres
Gefühl: sie sind individuell betreut und haben die Möglichkeit, der Nachbehandlung jederzeit und unabhängig vom Standort nachzugehen. Durch die individuelle Ausrichtung
der Plattform sind sie es, die im Mittelpunkt
der Nachbehandlung stehen und diese aktiv
und eigenverantwortlich steuern. Auch für
den Arzt entstehen entscheidende Vorteile.
Er kann eine bessere Patientenversorgung bei
geringerem Zeitaufwand bereitstellen – ein
Vorzug, der sich unter den Kollegen herumsprechen dürfte. Ein weiterer Vorteil: aus den
Patientendaten, in die auch klinisch/wissenschaftliche Erhebungen (Scores) eingebettet
werden, können im Sinne eines Qualitätsmanagements wissenschaftliche Auswertungen
gezogen werden.
::
Dr. Robert Kilger
Orthopädie und Unfallchirurgie
Sporttraumatologie
Leiter der Akutambulanz
ATOS Klinik München
[email protected]
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: „Wenn Ihnen der Kragen platzt ... dann rebelliert die Schilddrüse“
Unter diesem Titel findet eine abendliche
­Informationsveranstaltung der ATOS Klinik
Heidelberg zum Thema Schilddrüse für
­Patienten und Ärzte am 17.11.2010 im
ATOS-Foyer statt.
Themen:
-Diagnostik und Therapie aus endokrinologischer Sicht (Referentin: Dr. Sabine KnauerFischer)
-Diagnostik und Therapie aus nuklear­
medizinischer Sicht (Referent: Dr. Dirk
Aufderstraße)
-Diagnostik und Therapie aus chirurgischer
Sicht (PD Dr. Michael Imhof)
-Diagnostik und Therapie aus Hals-Nasen-Ohrenärztlicher Sicht (Prof. Dr. Markus Fischer)
ABDOMINALE
Informationen über:
Tel.: 06221/983-290 (Praxis Dr. Imhof)
E-Mail: [email protected]
www.endokrine-chirurgie-heidelberg.de
PD Dr. Michael Imhof
www.oped.de
Schneller wieder
auf den Beinen
Individuelle Patientenbetreuung der nächsten Generation
Ziel des Patienten und des behandelnden Arztes ist es,
nach einer Verletzung das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen. Dazu ist mehr notwendig als eine
gute OP. iGetBetter bringt Patienten schneller zurück in
den Alltag. Mit einem individuellen Behandlungsplan im
Internet erfahren sie, wie sie Schritt für Schritt den Weg
in ihre Gesundheit finden. Professionell betreut durch
den behandelnden Arzt. Eng geführt durch schrittweise
Informationen.
Kontakt:
OPED GmbH
Medizinpark 1
83626 Valley/Oberlaindern
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Fax +49 (0) 80 24/60 81 82-99
[email protected] | www.oped.de
iGetBetter – das innovative
Behandlungskonzept von morgen.
by
::Fachbeiträge/Gastbeitrag
Kollagen-Hydrolysat in der Arthrosetherapie
Von Steffen Oesser
Keywords: Kollagen Hydrolysat, adjuvante Arthrosetherapie,
Chondrozytenstoffwechsel
Die Therapie arthrotischer Beschwerden beschränkt sich, sieht man von chirurgischen Interventionen ab, meist auf eine symptomatische Schmerzlinderung und
eine anti-entzündliche Therapie. Ebenso wichtig ist jedoch ein kausalbezogener Ansatz, mit dem Ziel, die progrediente Knorpeldegeneration günstig zu beeinflussen.
Präklinische Untersuchungen und klinische Studien weisen darauf hin, dass die
orale Gabe von Kollagen-Hydrolysat hier eine sinnvolle Behandlungsoption, insbesondere im Sinne einer adjuvanten Arthrose-Therapie, darstellen kann.
Die Verwendung von Kollagen zur Linderung
von Gelenkbeschwerden ist in der Volksmedizin seit langem bekannt, und entsprechende
Überlieferungen gehen bis in das Mittel­alter
zurück. So berichtete bereits ­Hildegard von
Bingen (1098–1179) von der heilenden Wirkung kollagenreicher Brühen bei Gelenkschmerzen, wenn sie über einen längeren
Zeitraum eingenommen werden. Ein erstes
Erklärungsmodell für die Wirkung lieferte
der Chemiker und Gelehrte Justus von Liebig
(1803–1873). Er postulierte erstmals, dass
kollagene Abbauprodukte die Neusynthese
von Bindegewebe anregen können.
Die moderne Forschung zum Einfluss von
Kollagen-Hydrolysat auf degenerative Gelenkerkrankungen im Sinne einer Evidenzbasierten Medizin beginnt in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Insbesondere
in den letzten 30 Jahren wurden mehr als 20
klinische Studien an ca. 2.800 Arthrose-Patienten durchgeführt.
Die Ergebnisse dieser Studien zeigten insgesamt, dass eine orale Applikation von Kollagen-Hydrolysat zu einer signifikanten Verminderung der Schmerzen, einer deutlichen
Abnahme des Schmerzmittelkonsums und zu
einer signifikant verbesserten Beweglichkeit
bei den Betroffenen führt.
Definition von „Kollagen-Hydrolysat“
Der Begriff „Kollagen-Hydrolysat“ beschreibt
das Ergebnis eines chemischen Prozesses,
| 52
nämlich der Hydrolyse von Kollagen, und
ist somit zur Charakterisierung eines bestimmten Produktes unzureichend.
Je nach Art des angewandten Hydrolyseverfahrens entsteht ein heterogenes Gemisch von Kollagenfragmenten, das meist
über die Kettenlänge der Peptide bzw. über
deren mittleres Molekulargewicht definiert
wird. Haben die Kollagenpeptide ein mittleres Molekulargewicht von 20–30 Kilodalton, spricht man von Gelatine. Handelt es
sich um kleinere Kollagenfragmente, hat sich
der ­Begriff Kollagen-Hydrolysat etabliert.
Die unter dieser Bezeichnung subsumierten
Peptidgemische können jedoch bezüglich
ihrer Zusammensetzung völlig verschieden
sein und neueste Erkenntnisse belegen, dass
sich Kollagen-Hydrolysate auch hinsichtlich
ihrer Wirksamkeit deutlich von einander unterscheiden können.
Es gibt mittlerweile auf dem Markt eine
Vielzahl von Produkten, die Kollagen-Hydrolysate beinhalten und eine entsprechend
positive Wirkung auf die Gelenkgesundheit
ausloben. Für eine wissenschaftliche Beurteilung dieser Präparate ist es jedoch unerlässlich, die Studienlage für jedes einzelne
Produkt gesondert zu prüfen, da die Ergebnisse jeweils nur für ein bestimmtes, spezifisches Kollagen-Hydrolysat gelten und
nicht per se auf andere Hydrolysate extrapoliert werden können.
Aus diesem Grund beziehen sich die hier
vorgestellten Studien primär auf Untersu-
chungen, in denen ein spezifisches Kollagen-Hydrolysat (Fortigel®) bzw. ein dieses
Kollagen-Hydro­lysat enthaltendes Produkt
(CH-Alpha®) eingesetzt wurden.
Klinischer Wirknachweis
Die positive Wirkung von Kollagen-Hydrolysat bei der Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen konnte in zahlreichen
wissenschaftlichen Untersuchungen belegt
werden. Seit Ende der 70er Jahre wurden
insgesamt 20 Studien an ca. 2.800 Patienten
durchgeführt, wobei insbesondere Patienten
mit einer leichten bis mittelschweren Gonarthrose einer Kollagen-Hydrolysat-Therapie
unterzogen wurden.
Auch wenn nicht mehr alle diese Untersuchungen den heutigen Anforderungen an
klinische Studien entsprechen, konnte doch
in sämtlichen Studien gezeigt werden, dass
die Gabe von Kollagen-Hydrolysat zu einer
signifikanten Schmerzreduktion und einer
deutlich verbesserten Beweglichkeit führt.
Eine der neueren Untersuchungen, die alle
heute gültigen Standards des „Good Clinical
Practice“ erfüllt, stammt von Moskowitz aus
dem Jahr 2000 (1). Diese prospektive, randomisierte, doppelt verblindete, placebokontrollierte Studie wurde an 19 Zentren in den
USA, Großbritannien und Deutschland an
389 Patienten im Alter von 45 bis 80 Jahren mit diagnostizierter Gonarthrose durchgeführt. Die Studienteilnehmer erhielten 24
ATOSnews
Wochen lang entweder 10g Kollagen-Hydrolysat pro Tag oder ein Plazebo. Als primäres
Zielkriterium der Studie wurde der Behandlungserfolg anhand des WOMAC-Schmerz­
score, des WOMAC-Funktionsscore sowie
die Beurteilung der Patienten erfasst. Insbesondere in dem deutschen Arm der Studie
konnte nachgewiesen werden, dass es unter
der Kollagen-Hydrolysat Therapie zu einer
statistisch signifikanten Schmerzreduktion
und verbesserten Mobilität kommt. In der
subjektiven Beurteilung durch die Patienten
zeigte sich ebenfalls eine signifikante Besserung im Vergleich zur Plazebogruppe.
In einer weiteren Studie aus dem Jahr
2004 wurden von Rippe und Mitarbeitern (2)
neben subjektiven Parametern wie Schmerz
und Gelenkfunktion auch objektive Zielkriterien untersucht, wobei isometrische und
isokinetische Messungen der Beinkraft als
klinische Endpunkte definiert wurden. In der
randomisierten, prospektiven Doppelbindstudie an 250 Patienten mit leichter Gonarthrose wurde den Patienten über einen
Zeitraum von 14 Wochen täglich 10 g Kollagen-Hydrolysat (CH-Alpha®) oder ein Plazebo oral verabreicht. Alle Messparameter
zeigten unter der Behandlung im Vergleich
zur Plazebogruppe eine deutliche Verbesserung, wobei einzelne Werte wie beispielsweise „Drehmoment pro Körpergewicht bei Extension und Flexion“ oder „Kraftübertragung
bei Extension“ besonders günstig beeinflusst
wurden. Somit konnte in dieser Studie erstmals anhand objektiver Parameter eine statistisch signifikante Wirksamkeit einer Arthrosebehandlung durch Kollagen-Hydrolysat
Behandlung belegt werden.
Der Frage nach dem möglichen Wirkmechanismus wurde in einer aktuellen Untersuchung an der Harvard Universität in Kooperation mit dem Tufts Medical Center in
Boston nachgegangen (3). Diese prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie wurde wiederum an Patienten
mit leichtgradiger Gonarthrose mit dem Ziel
durchgeführt, strukturelle Veränderungen
des Gelenkknorpels nachzuweisen. Die Studienteilnehmer erhielten über 48 Wochen
täglich 10 g Kollagen-Hydrolysat (Fortigel®)
bzw. ein Plazebo. Zur Beurteilung der Knor-
pelqualität wurde als bildgebendes Verfahren eine spezielle MRT-Methode (dGEMRIC)
eingesetzt, die es erlaubt, den Gehalt an Proteoglykanen im Knorpelgewebe mit hoher
Genauigkeit zu quantifizieren.
Die Auswertung der dGEMRIC Daten ergab bei den mit Kollagen-Hydrolysat behandelten Patienten eine tendenzielle Zunahme
der Proteoglykan-Dichte im Knorpelgewebe,
wobei insbesondere im Bereich des medialen
und lateralen Tibiaplateaus ein statistisch
signifikanter Anstieg des Proteoglykan-Gehalts im Vergleich zur Plazebo-Gruppe nachgewiesen werden konnte (Abb. 1).
Mit Hilfe dieser Studie konnte erstmals
am Menschen der Nachweis erbracht werden,
dass oral verabreichtes Kollagen-Hydrolysat
einen direkten Einfluss auf die Knorpelstruktur
ausüben kann. Während es in der unbehandelten Plazebo-Gruppe über den einjährigen Beobachtungszeitraum zu einem progredienten
Verlust an Knorpelsubstanz kam, konnte unter
der Gabe von Kollagen-Hydrolysat die Degeneration der extrazellulären Knorpelmatrix signifikant vermindert werden.
Diese Beobachtung, dass bestimmte Kollagenpeptide den Knorpelstoffwechsel positiv beeinflussen können, wird ebenfalls durch
eine Vielzahl präklinischer Untersuchungen
untermauert.
Wirkmechanismus
In experimentellen Studien an primären, artikulären Chondrozyten und KnorpelgewebeExplantaten konnte nachgewiesen werden, ➔
Abb. 1: Darstellung des Proteoglykan-Gehalts im Knorpel des Kniegelenks mittels kontrast­
mittelverstärktem MRT (dGEMRIC)
Während sich in der unbehandelten Plazebo-Gruppe über den einjährigen Beobachtungszeitraum
ein progredienter Verlust an Knorpelsubstanz zeigt, kommt es unter Kollagen-Hydrolysat Gabe
bereits nach 24 Wochen zu einer signifikanten Verminderung der Knorpelmatrixdegeneration
(Quelle: McAlindon et al. 2009)
53 |
::Fachbeiträge/Gastbeitrag
dass die Applikation von Kollagen-Hydrolysat zu einer signifikanten, dosisabhängigen
Stimulation der Typ II Kollagen-und Proteoglykan-Synthese führt (4), (Abb. 2).
Die Daten zeigen sowohl auf RNA- als
auch auf Protein-Ebene, dass die Biosynthese dieser Makromoleküle der extrazellulären Knorpelmatrix deutlich gesteigert wird
(5). Sowohl Typ II Kollagen als auch Proteoglykane sind für den Erhalt einer normalen Knorpelfunktion von Bedeutung. Da ein
Ungleichgewicht des Knorpelstoffwechsels
zu einem progredienten Verlust der extrazellulären Matrix und letztlich zu arthrotischen Knorpelveränderungen führt, sollte
eine gezielte Stimulation der Neusynthese
von Knorpelmatrix durch Applikation von
Kollagen-Hydrolysat somit prinzipiell einer
fortschreitenden Knorpeldegeneration entgegenwirken können.
Diese theoretische Überlegung konnte
in einer tierexperimentellen Studie bestätigt werden (6). In einem etablierten Arthrosemodell wurde die Wirkung von Kollagen-Hydrolysat an STR/ort Mäusen geprüft.
Diese Tiere entwickeln aufgrund genetischer
Disposition mit hoher Inzidenz spontan das
Krankheitsbild der Kniegelenkarthrose. Die
Beurteilung histologischer Schnitte des Gelenkknorpels der Mäuse ergab, dass sich der
Arthrosegrad nach dreimonatiger KollagenHydrolysat Behandlung statistisch signifikant gebessert hatte. Somit konnte in dieser Studie eine Hemmung der progressiven
Knorpeldegeneration eindeutig nachgewiesen werden.
Insgesamt belegen die präklinischen Untersuchungen, dass oral appliziertes Kollagen-Hydrolysat eine stimulierende Wirkung auf die Biosynthese der extrazellulären
Knorpelmatrix hat. Daraus resultiert ein
mögliches Erklärungsmodell für die positiven klinischen Befunde, im Sinne einer signifikanten Schmerzreduktion und verbesserten Beweglichkeit.
Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit
des oral verabreichten Kollagen-Hydrolysats
ist jedoch eine ausreichende Bioverfügbarkeit der Kollagenpeptide. In Resorptionsstudien konnte gezeigt werden, dass mehr als
95 % des oral applizierten Hydrolysates in-
| 54
serte Mobilität der Sportler nach oraler Einnahme von Kollagen-Hydrolysat im Vergleich
zur Plazebo-Gruppe. Der positive Effekt war
bei Personen mit belastungsbedingten Gelenkproblemen des Knies besonders ausgeprägt. Diese Befunde hatten sich bereits in einer Beobachtungsstudie an sportlich aktiven
Personen am Olympiastützpunkt Rhein-Ruhr
gezeigt (10).
Sicherheit
Abb. 2: Die Applikation von Kollagen
­ ydrolysat führt zu einem signifikanten
H
­Anstieg der Typ II Kollagen Biosynthese
in artikulären Chondrozyten.
testinal aufgenommen werden (7). Darüber
hinaus wurde in tierexperimentellen Studien
nachgewiesen, dass Kollagen-Hydrolysat zu
einem gewissen Anteil auch in hochmolekularer Form resorbiert wird und sich die Kollagenpeptide präferentiell im Knorpelgewebe
anreichern (8).
Prävention
Neben der beschriebenen therapeutischen
Wirksamkeit gibt es ebenfalls klinische Befunde, die auf einen präventiven Effekt einer
Kollagen-Hydrolysat Gabe hinweisen.
So wurde in einer prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie an 147 Sportstudenten (PennState
University, USA) mit belastungsbedingten Gelenkproblemen die Wirkung von CH-Alpha®
getestet (9). In dieser Studie wurden explizit
Patienten mit diagnostizierter Arthrose oder
akuten Verletzungen und Entzündungen ausgeschlossen. Die Studenten erhielten über einen Zeitraum von 24 Wochen entweder 10g
Kollagen-Hydrolysat in Form einer Trinkampulle oder ein Plazebo. Die anhand einer visuellen Analogskala erhobenen Ergebnisse
zeigten eine statistisch signifikante Abnahme
der Gelenkbeschwerden sowie eine verbes-
Neben der klinisch nachgewiesenen Wirksamkeit besitzt Kollagen-Hydrolysat ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil. Die kollagenen
Peptide sind sehr gut verträglich und aus den
klinischen Studien sind keine unerwünschten
Wirkungen bekannt. Gelegentlich berichtete
Magen- und Darm-Irritationen konnten nicht
eindeutig auf die Einnahme des Hydrolysats
zurückgeführt werden. Darüber hinaus sind
keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten dokumentiert. Da es sich bei Kollagen-Hydrolysat im Allgemeinen um ein Gemisch kurzkettiger, linearer Peptide handelt,
ist das allergene Potential als extrem gering
einzustufen.
Fazit
Basierend auf den bisherigen Studienergeb­
nissen kann man schließen, dass durch die
orale Gabe eines spezifischen Kollagen­Hydro­lysats (Fortigel® / CH-Alpha®) der
Verlauf arthrotischer Gelenkveränderungen
positiv beeinflusst werden kann. Auch wenn
noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden sollten, um die Ergebnisse wissenschaftlich zu untermauern, scheint die
­Applikation von Kollagen-Hydrolysat, nicht
zuletzt aufgrund der geringen Nebenwirkungen, eine sinnvolle Option für eine adjuvante Arthrose-­Therapie zu sein. ::
Dr. Steffen Oesser
Managing Director
CRI Collagen Research Institute
Schauenburgerstr. 116
D-24118 Kiel
[email protected]
ATOSnews
Literatur
1Moskowitz RW, 2000. Role of collagen
hydrolysate in bone and joint disease.
Semin Arthritis Rheum, 30, 87-99.
2Carpenter RL, Peel JB, Carpenter MR,
Lowndes J, Angelopoulos TJ, Rippe JM,
2005(b). Effectiveness of a collagen
hydrolysate-based supplement on
joint pain, range of motion and muscle
function in individuals with mild osteoarthritis of the knee: a randomized
clinical trial. Ann Rheum Dis, 64, 1544.
3McAlindon TE, Nuite M, Carr KA, Price
LL, Krishnan N, Burstein D, Flechsenhar K : Evaluation of the ability of gadolinium-enhanced MRI (DGEMRIC) to
detect change in cartilage characteristics among individuals with knee osteoarthritis (OA) receiving a collagen
hydrolysate formulation. Osteoarthritis and Cartilage (2009), Vol. 17, Suppl
1, 214.
4Oesser S and Seifert J, 2003. Stimulation of type II collagen biosynthesis
and secretion in bovine chondrocytes
cultured with degraded collagen. Cell
Tissue Res, 311, 393-399.
5Schunck M, Schulze CH, Oesser S,
2009. Collagen peptide supplementation stimulates proteoglycan biosynthesis and aggrecan expression of
articular chondrocytes. Osteoarthritis
and Cartilage Vol. 17, Suppl. 1, 261
6Oesser S, Raabe A, Schunck M, 2007.
Orally administered collagen hydrolysate halts the progression of osteoarthritis in STR/ort mice. Osteoarthritis
and Cartilage. Vol. 15, (Supplement C),
94–95
7Iwai K, Hasegawa T, Taguchi Y, Morimatsu F, Sato K, Nakamura Y, Higashi
A, Kido Y, Nakabo Y, Ohtsuki K, 2005.
Identification of food-derived collagen
peptides in human blood after oral ingestion of gelatin hydrolysates. J Agric
Food Chem, 53, 6531-6536.
8Oesser S, Adam M, Babel W, Seifert
J, 1999. Oral administration of (14) C
labeled gelatin hydrolysate leads to
an accumulation of radioactivity in
cartilage of mice (C57/BL). JNutr, 129,
1891-1895.
9Clark / Sebastianelli et al., 24-Week
study on the use of collagen hydrolysate as a dietary supplement in athletes with activity-related joint pain,
Current Medical Research and Opinion, Vol. 24, No. 5, 2008, 1485–1496
10Flechsenhar / Alf, Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung zur KollagenHydrolysat CH-Alpha, Orthopädische
Praxis 9/2005, 486–494
• Sichere Hämostase durch
hochreines equines Kollagen
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durch Gentamicin
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::Fachbeiträge
U N S E R E
F R A G E
A N
S I E :
DER INTERESSANTE FALL
Aus der Handchirurgie
Nadelöhr im Ellenbogengelenk
Von Hans-Werner Bouman, Sigmund Polzer, Steffen Berlet
Ein 36-jähriger Kraftfahrer hatte sich 2002 bei einer heftigen
Bewegung eine in der Wand steckende Nähnadel in das linke Ellenbogengelenk gerammt. Das Nadelöhr drang dabei tief
auf der ulnaren Seite in den Gelenkspalt zwischen Olekranon
und Trochlea humeri ein und brach ab (Abb. 1).
Es gelang nicht, das Metallstück direkt nach dem Unfall zu
entfernen. Dem Patienten wurde geraten, abzuwarten, da sich
wahrscheinlich keine nachfolgenden Komplikationen einstellen würden („es laufen doch genug Menschen mit Granat­
splittern in den Gelenken herum“).
Trotz schwerer körperlicher Arbeiten traten drei Jahre lang
keine Probleme auf, das Gelenk war schmerzfrei zu bewegen. Erst dann kam es zu immer wiederkehrenden, leichteren
Beschwerden. Eine Röntgenuntersuchung zeigte das Bruchstück im Gelenk (Abb. 2). Der Versuch, es über einen kleinen
Schnitt zu entfernen, musste scheitern, da es bereits teilweise
knöchern ummauert war und daher nicht gefunden werden
konnte.
Abb. 1: Röntgenbild direkt nach dem Unfall 2002 mit dem im
humero-ulnaren Gelenkspalt steckenden Nadelöhr.
Man riet dem Patienten wiederum zu weiterem Zuwarten.
Wozu hätten Sie geraten?
Die Auflösung finden Sie auf Seite 68
| 56
Abb. 2a, 2b: Röntgenbild 4 Jahre später ap (2a) und seitlich (2b).
Bei genauer Betrachtung erkennt man bereits kleine osteolytische
Herde in der Trochlea humeri.
ATOSnews
Asymmetrische Transpositionsplastik
nach Dufourmentel
Plädoyer für eine effektive und schmerzfreie Operation
des Sinus pilonidalis
Von Peter G. Friedl und Eberhard M. Rappold
Keywords: Pilonidalsinus, Transpositionsplastik, Sinus pilonidali,
transposition plastic
Der Sinus pilonidalis wird in Deutschland überwiegend offen
behandelt. Da dies langwierig ist und für den Patienten viele
Nachteile hat, wird in der ATOS Klinik Heidelberg seit 18 Jahren
stattdessen konsequent und mit sehr guten Ergebnissen die Rhombusverschiebelappenplastik nach Dufourmentel durchgeführt.
Der Sinus pilonidalis ist eine akut oder chronisch verlaufende Entzündung im subkutanen Fettgewebe, überwiegend im Bereich
der Steißbeinregion. Neben dieser typischen
Lokalisation im Verlauf der Rima ani sind jedoch weitere Lokalisationen möglich, z. B.
interdigital, axillär, penil, suprapubisch, perianal oder umbilikal. Die Erstbeschreibung
einer Steißbeinfistel erfolgte durch Mayo
1833. Die Erkrankung betrifft vorwiegend
junge Männer im 2.–3. Lebensjahrzehnt
mit einer Inzidenz von 26 pro 100 000 Einwohner, wobei Männer 3x häufiger betroffen sind als Frauen. Der Pilonidalsinus wird
als eine erworbene Erkrankung bei genetischer Präposition angesehen. Starke Behaarung, die Haarstruktur, Adipositas (mit
vergrößertem intertriginösem Raum) und
vermehrte Schweißsekretion sind begünstigende Faktoren. Aber auch eine familiäre
Prädisposition gehört zu diesem multifaktoriellen Entstehungsmuster.
Klinisches Bild und Symptome
1. Blander Pilonidalsinus – ein oder mehrere
reizlose Grübchen in der Rima ani ohne klinische Symptomatik.
2. Akut abszedierender Pilonidalsinus – relativ plötzlich auftretende, sehr schmerzhafte
Weichteilentzündung durch Sekretverhalt mit
Fremdkörperreaktion .
3. Chronisch fistulierender Pilonidalsinus – fortwährende Sekretion von Eiter
und ­Zelldetritus durch vorhandene Pori mit
chronischem, perifokalem Hautekzem und
entsprechender Begleitsymptomatik wie
Feuchtigkeit und Juckreiz. Auch maligne Entartungen sind in diesem Stadium in der Literatur beschrieben.
Chirurgische Therapieoptionen
Grundlage aller chirurgischen Verfahren ist
eine radikale und vollständige Exzision des
Pilonidalsinus bzw. des Fistelsystems. Konservative Maßnahmen wie Antibiotikagabe,
Kühlung oder Salbenapplikationen haben
bestenfalls aufschiebende Wirkungen. Heilung ist nicht zu erwarten. Inzision bei akuter
Abszessbildung ist indiziert, insbesondere
im Rahmen eines zweizeitigen chirurgischen
Managements, welches wir bei Bedarf als
Standard in der ATOS Klinik präferieren. Nach
wie vor strittig in der Diskussion ist das Vor-
gehen zur endgültigen Sanierung des Pilonidalfistelsystems. Hier stehen zur Disposition
die Exzision mit primärer offener Wundbehandlung, die Exzision mit Primärverschluss
in der Mittellinie sowie die Exzision mit
asymmetrischem Verschluss mittels unterschiedlichen Verschiebelappenplastiken. In
Deutschland wird überwiegend offen behandelt. Dabei wird das fisteltragende Gewebe ovalär bis auf die Fascia sacralis excidiert
und die Wunde der Sekundärheilung mit anschließender Granulation überlassen. Dieses
Vorgehen entspricht auch den Vorschlägen
der letzten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie (1).
Für den betroffenen Patienten jedoch
bringt diese Therapieform unseres Erachtens mehr Nachteile. So ist zumindest in
den ersten Tagen und Wochen mit erheblichen Schmerzen zu rechnen. Verbandwechsel durch Dritte mit oft mehrtägigem
stationärem Aufenthalt sind erforderlich.
Die Heilungsdauer ist prolongiert und liegt
bei offener Wundbehandlung zwischen 30
und 90 Tagen. Konsequente und aufwendige Verbands und Tamponadenwechsel sind
notwendig. Die damit verbundene verlängerte Arbeitsunfähigkeit muss deshalb berück- ➔
57 |
::Fachbeiträge
Abb. 1: Bildung eines
Transpositionslappens
1
Spannungsfreiheit, Abflachung der Rima ani
und eine ausreichende perifokale Weichteilmobilisierung kann letztlich nur durch eine
Lappenplastik erreicht werden. Sie führt zu
einer Reduktion der postoperativen Morbidität und zu einer besseren Langzeitrezidivfreiheit. So zeigte Mc Callum 2008 in einer
Meta-Analyse bei der Gegenüberstellung
geschlossener versus offener Verfahren die
Vorteile der geschlossenen Operationstechniken (4).
Eigenes Verfahren modifiziert nach
­Dufourmentel
Abb. 2: Komplette
Rekonstruktion mit
Redon-Drainage nach
Dufourmentel
2
Abb. 3: Rekonstruktion
mit rundem Lappen nach
Limberg
3
sichtigt werden. Nach Abschluss der Sekundärheilung ist häufig mit unschönen, derben,
oft auch schmerzhaften Narbenplatten zu
rechnen (kein subkutanes Fettgewebe, Periostreizung). Die oft vertretene Meinung,
die offene Wundbehandlung führe zu einer
geringeren Rezidivrate, konnte nicht belegt
werden. So zeigte zuletzt Doll 2007 mit einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 15
Jahren eine Rezidivrate von 22 % nach of-
| 58
fener Wundbehandlung (2). Aufgrund dieser Nachteile stehen verschiedene geschlossene, alternative Operationstechniken mit
primärem Wundverschluss zur Verfügung.
Chirurgische Techniken mit primärem Wundverschluss in der Mittellinie oder asymmetrische Exzisionen mit querem Wundverschluss führen z. B. wegen der entstehenden
Spannung in bis zu 20 % zu postoperativen
Wundheilungsstörungen und Infekten (3).
Seit Januar 1992 führen wir konsequent als
Standard in der elektiven Behandlung des
Sinus pilonidalis die Rhombusverschiebelappenplastik nach Dufourmentel durch (5),
(Abb. 4). Dieses Verfahren führt zur kompletten Auffüllung des Weichteildefektes
nach Radikalexzision des fisteltragenden
Gewebes, erreicht eine Abflachung der Rima
ani und darüber hinaus bei nicht existenter
bzw. fehlender Spannung der Wundränder
zu einem komplett schmerzfreien postoperativen Zustand des Patienten.
Präoperativ erfolgen die Antibiotikaprophylaxe mittels Gyrasehemmer, sowie die
Thromboseprophylaxe mit NMH. Unter Vollnarkose in Bauchlage mit leicht erhöhtem
Becken werden die Nates gespreizt und mit
Pflaster fixiert, perifokal rasiert, das gesamte
erkrankte Gebiet großzügig rhombusförmig
umzeichnet und der geplante Verschiebelappen in einem Winkel von 60° rechts oder
links, meistens nach kaudal vorgeplant. Das
Verhältnis der Lappenlänge zur Breite des
Stiels sollte 2: 1 nicht überschreiten. Nach
Anfärbung der Fistelgänge mit Methylenblau
wird mit der Diathermienadel das erkrankte
Gebiet bis zur Sakralfaszie excidiert, größere Gefäße ligiert, die multiplen kleinen Gefäße subtil durch Elektrokoagulation okkludiert. Das eingezeichnete Lappenareal wird
umschnitten und bis zur Glutealfaszie präpariert. Wichtig ist unseres Erachtens neben
der großzügigen Exzision die ausreichend
weite Mobilisierung der Wundränder, um
eine spannungsfreie, bündige Defektdeckung
durch den Rotationslappen zu erreichen. Bei
ATOSnews
Abb. 5: Postoperatives Ergebnis nach 5
Jahren
Abb. 4: Schemazeichnung
des Operationsprinzips
Bluttrockenheit wird obligat im Wundbett
eine 8-Redon-Drainage platziert, eine Subkutannaht vorgenommen, Situationsnähte
mit Prolene 2/0 vorgelegt und letztlich der
Transpositionslappen spannungsfrei fixiert.
Feinadaptierung der Haut mittels Prolene
4/0 (Abb. 1,2,3).
Die Operationsdauer liegt zwischen 30
und 50 Minuten, je nach Ausdehnung des Befundes. Die Redon-Drainage wird nach zwei
bis drei Tagen entfernt. Adaptierende Hautfäden am 12. Tag, Situationsnähte um den
15. postoperativen Tag. Die Patienten bleiben
eine Nacht in der Klinik zur Überwachung.
Volle Belastung empfehlen wir nach vier bis
sechs Wochen. Nach Bedarf werden für zwei
bis drei Tage Antiphlogistika verabreicht
Klinische Ergebnisse
Seit Januar 1992 wurden von zwei erfahrenen Chirurgen insgesamt 208 Patienten
(181 Männer und 27 Frauen) nach o.g. Verfahren operiert (Abb. 5). Alle Patienten waren bis zur kompletten Ausheilung in unserer ambulanten Nachsorge bzw. Kontrolle.
An revisionspflichtigen Frühkomplikationen
traten bei fünf Patienten Hämatome bzw.
Serome auf, die durch einem ambulanten
kleinen erneuten Eingriff bzw. Punktion beherrscht werden konnten.
Oberflächliche, kleine Wundrandnekrosen traten bei zehn Patienten auf. Diese heilten alle problemlos ab. Spätrezidive mussten wir bei sieben Patienten beobachten (3,
4,5,7,10,11, und 14 Jahre nach der Primär-OP).
Vier dieser Patienten hatten eine besonders
starke Behaarung, bei drei Patienten war keine ausreichende Exzision erfolgt. Lappennekrosen traten bei keinem der Patienten auf.
Zusammenfassung
Abschließend läßt sich nach unserer mittlerweile 18-jährigen Erfahrung feststellen, dass
sich der Rotationsverschiebelappen nach
Dufourmentel zur elektiven Behandlung
des Sinus Pilonidalis bestens bewährt (Post­
operative Komplikationsrate 7,2 %, Spätrezidivrate von lediglich 3,4 %). Diese Methode
ermöglicht den Patienten eine schmerzfreie
postoperative Phase und eine kurze Behandlungsdauer. Auch das subjektiv positive Gefühl, „einmal operiert und fertig behandelt“
zu sein, d.h. keine langen, lästigen Arztbesuche, keine feuchten Verbandswechsel, keine Tamponadenwechsel, optimale Hygienemöglichkeit etc. sollten nicht unterschätzt
werden. Schließlich ist bei zu erwartender
primärer Wundheilung eine deutliche Reduktion der Arbeitsunfähigkeit gegenüber
den noch immer praktizierten offenen Verfahren zu verzeichnen.
::
Dr. Peter G. Friedl
Dr. Eberhard M. Rappold
Chirurgische Gemeinschaftspraxis
in der ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
[email protected]
Literatur
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Leitlinie Pilonidalsinus.
­Coloproc­tology 31: 399-402
2.Doll D et al (2007). Timeline of
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­secondary pilonidalsinus surgery.
Dis Colon Rectum 50: 1928 – 1937
3.Petersen S. et al (2007). Short–term
results of Karydakisflap for pilonidal
sinus disease. Tech coloproctolog
11: 235–240.
4.Petersen S (2010). Primäre
und ­sekundäre Wundheilung
nach ­Pilonidalsinusoperation.
­Coloproctology 32: 30-33
5.Mc Callum IJ ( 2008). Healing
by primary closure versus open
­healing after surgery by pilonidal ­sinus: systematic review and
­metaanalysis. BMJ 336: 868-871
6.Dufourmentel C. (1966) Cystes
et fistules sacro-coccigiens.
­Discussion pathogenetique et
­­therapeutique. Ann Chir Plast ­
22: 181-183
59 |
::Fachbeiträge
N O T E S
&
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik München: Dr. Erich H. Rembeck
pischen und offenen operativen Eingriffen insbesondere des Kniegelenkes sowie der Chirurgie der Achillessehne liegt.
Die Sehnenchirurgie, insbesondere deren
spezielle Anforderungen v.a. bei Fußballspielern wie etwa die Rekonstruktion
von Sehnenausrissen am Sitzbein, ist unter anderem seine Spezialität.
Dr. Erich H. Rembeck
Seit 1. Juli 2010 leitet Dr. Rembeck, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin, das Zentrum für Kniechirurgie und
Sporttraumatologie in der ATOS Klinik
München. Die Praxis in der Arabellastr.
17 bietet das gesamte Spektrum der
konservativen und operativen Orthopädie, wobei die Spezialisierung im Bereich
der Sportmedizin sowie auf arthrosko-
N O T E S
&
Dr. Rembeck ist in München bekannt
durch seine fast 20jährige Tätigkeit als verantwortlicher Mannschaftsarzt des TSV
1860 München. Ferner ist er für den Deutschen Fußball Bund (DFB) als Koordinator
für Orthopädie, außerdem als verantwortlicher Mannschaftsarzt des Tennis Davis
Cup Teams sowie im Operationsteam des
Deutschen Ski Verbandes (DSV) tätig.
Seine Ausbildung erhielt Dr. Rembeck
an der Ludwig-Maximilians-Universität
München, den Facharzt für Orthopädie
erwarb er am Klinikum Bogenhausen.
Studienaufenthalte beim „Kniepapst“ Dr.
Richard Steadman in Vail/Colorado und
an der Kerlan-Kobe-Klinik in Los Angeles
vertieften seine Kenntnisse, ehe er sich
in einer Gemeinschaftspraxis mit orthopädischen Kollegen niederließ.
Dr. Rembeck kooperiert im Sportorthopädiezentrum in Praxisgemeinschaft mit
Dr. Ulrike Muschaweck, die sich als Hernienchirurgin mit dem Leistenschmerz
von Sportlern befasst und ein eigenes
Verfahren zur Behandlung der Sportlerleiste entwickelt hat, das im angelsächsischen Sprachraum als „Muschaweck
Repair“ bekannt geworden ist.
Wenn seine vielen orthopädischen Aktivitäten ihm Zeit dafür lassen, geht Dr.
Rembeck gerne zum Skifahren und zum
Golfspielen.
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik München: Dr. Klaus-Dieter Werber
Seit August 2010 leitet Dr. Klaus-Dieter
Werber das Zentrum für Handchirurgie
an der ATOS Klinik München und bietet
hier ein umfassendes handchirurgisches
Leistungsspektrum an, betreffend Nerven, Gefäße, Sehnen, Bandapparat und
Skelett der Hand.
Dr. Klaus-Dieter Werber
| 60
Seine medizinische Aus- und Weiterbildung absolvierte Dr. Werber in München
an der LMU und der TU. Von 1983 bis
1984 war er als Leitender Arzt der chirurgischen Poliklinik im Klinikum rechts
der Isar der TU München tätig; seit 1984
war Dr. Werber dort Leitender Arzt der
Handchirurgie, bis er 2010 ans Zentrum
für Handchirurgie der ATOS Klinik wechselte. Seit 1989 organisiert Dr. Werber
ein jährliches Handchirurgisches Symposium in München; im September 2011
wird er den Jahreskongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Handchirurgie als Kongresspräsident, Organisator
und wissenschaftlicher Leiter ausrichten,
wie bereits im Jahr 2000.
Wenn seine handchirurgische Tätigkeit
ihm Raum lässt, widmet sich Dr. Werber
gerne seiner Familie, Kultur und Sport.
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik München: PD Dr. Mark Tauber
Seit 1. Oktober verstärkt PD Dr. Mark
Tauber das Zentrum für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der ATOS Klinik München. Er ist Facharzt für Orthopädie und
Unfallchirurgie sowie Sportmedizin.
Dr. Tauber, studierte und promovierte
an der Universität Innsbruck. Zum Praktischen Jahr wechselte er nach Bologna,
wo er auch das italienische Staatsexamen ablegte. Seine Weiterbildung absolvierte Dr. Tauber in Südtirol und Salzburg,
wo er sich auch 2008 habilitierte“. 2010
erwarb er die Facharztanerkennung der
Bayerischen Landesärztekammer und
war bis zu seinem Einstieg in die ATOS
Klinik München als Oberarzt und wissenschaftlicher Leiter der Universitätsklinik
N O T E S
&
für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie der Medizinischen Paracelsus Universität Salzburg tätig. Außerdem hat
er seit 2004 die orthopädische Betreuung des Eishockeyvereins Broncos Sterzing (2. Italienische Staatsliga) sowie seit
2009 des EHC Ravens Salzburg, Dameneishockeyteam (1. österreichische Bundesliga) inne und ist seit 2005 Teamarzt
des Österreichischen Skiverbands.
PD Dr. med. Mark Tauber versorgt in der
Atos-Klinik ­das gesamte Leistungsspektrum der modernen Schulterchirurgie. Die
Schwerpunkte seiner operativen Tätigkeit liegen ins­besondere in der minimalinvasiven Versorgung von Oberarmkopffrakturen sowie in der arthroskopischen
PD Dr. Mark Tauber
Versorgung der verschiedenen Schulterpathologien.
www. schulterspezialist-muenchen.de
N E W S
:: Neu in der ATOS Klinik München: Dr. med. Dr. med. dent. Gerald Heigis
Dr. Dr. Gerald Heigis leitet seit 1. September 2010 das Zentrum für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie an der ATOS Klinik
München. Sein Leistungsspektrum umfasst die Versorgung von Verletzungen
im Kiefer- und Gesichtsbereich bei Kieferbrüchen, Brüche der Gesichtsschädelknochen, Verletzungen von Weichgewebe ebenso wie die Korrektur von
Kieferfehlstellungen, den Aufbau von
Kieferknochen mit Eigenknochen sowie
Operationen an den Kieferhöhlen.
movierte. Seine Weiterbildung in Mund-,
Kiefer- und Gesichtschirurgie erhielt er
am Bundeswehrkrankenhaus Ulm, wo er
anschließend als Oberarzt tätig war. In der
Medical One Klinik in Stuttgart sowie im
Klinikum Chemnitz absolvierte Dr. Dr. Heigis seine Weiterbildung in plastischer und
ästhetischer Chirurgie. Seit April 2009
ist Dr. Heigis in der „Zahnarztpraxis am
Olympiapark“ in München niedergelassen (www.zahnarzt-muenchen-olympiapark.de ) .
Der Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie studierte Medizin und
Zahnmedizin in Tübingen, wo er auch
zum Dr. med. und Dr. med. dent. pro-
Seine Freizeit verbringt Dr. Heigis gerne beim Golf spielen oder in den Bergen
beim Wandern, Klettern oder Bergsteigen,
im Winter am liebsten beim Skifahren.
Dr. med. Dr. med. dent. Gerald Heigis
61 |
::Fachbeiträge
Die Sportlerhernie
Eine häufige, die Lebensqualität und den Einsatz von Profisportlern
beeinträchtigende Erkrankung – ihre Diagnostik und Behandlung
Von René G. Holzheimer
Keywords: Sportlerhernie, Leistenschmerzen, Leistenhernie,
Sportlerleiste, weiche Leiste
Die Sportlerhernie ist eine häufige Erkrankung der Leistungsund Freizeitsportler in den Sportarten Leichtathletik, Tennis,
Golf, Fußball, Eishockey und anderen Mannschaftssportarten wie Rugby, American Football. Nahezu 60 % der aktiven
Fußballer berichten über akute oder chronische Leistenschmerzen.
Der Begriff „weiche Leiste“ sollte nicht mit
dem Begriff „Sportlerhernie“ gleichgesetzt
werden. Bei der weichen Leiste geht man von
einer Strukturschwäche oder einer strukturellen Läsion im Bereich der unteren Bauchwand oder Leiste aus, ohne dass die Strukturen genauer definiert werden. Ursächlich
für die Sportlerhernie sind eine chronische
Überbeanspruchung mit einer Zunahme der
Scherkräfte im Bereich des Beckens und der
Beinmuskulatur mit Koordinationsimbalance und Verlust der Rotationsstabilität der
Bauchwandmuskulatur bzw. eine kongenitale Leistenschwäche. Alternativ kann eine
muskuläre Verletzung im Leistenbereich eine
Änderung der Hüft- und Leistenbiomechanik bewirken, die dann eine Leistenhernie
zur Folge hat. Die wiederholten und ausgeprägten Scherkräfte im Becken werden ausgelöst durch die im Verhältnis zur Bauchwandmuskulatur stärkeren Hüftadduktoren,
die dann Obliquus internus und Transversus
abdominis bzw. Fascia transversalis schwächen und den Schleusenmechanismus im
Leistenkanal aufheben oder beeinträchtigen.
Problematisch ist diese Dysbalance zwischen starken Hüftadduktoren (Adductor
longus und gracilis) und schwacher Bauchwandmuskulatur gerade bei Fußballern und
Eishockeyspielern. Schwäche, mangelnde
| 62
Ausdauer, reduzierte Dehnbarkeit und mangelhafte Koordination dieser Muskelgruppen verstärken die funktionelle Instabilität,
Überbeanspruchung und Verletzbarkeit von
vergleichsweise schwächeren und nicht flexiblen Strukturen. So kommt es zu Einrissen
im Bereich des Fascia transversalis und der
Transversusarkade (conjoint tendon) (Abbildung 1), im Ansatz des M. rectus abdominis, des M. obliquus internus bzw. M. obliquus externus bzw. Externusaponeurose
(Abbildung 2) bis hin zu Nervenkompression
(Abbildung 3) – ohne die Ausbildung des für
die Hernie typischen Bruchsackes. Direktes
Trauma, intensives Bauchmuskeltraining und
Belastungen mit Rotation im Rumpf sind als
Ursache der Nervenkompression beschrieben worden. Die fehlende Ausbildung der
durch den Bruchsack ausgelösten Vorwölbung in der Leiste erschwert die Diagnose einer Sportlerhernie.
allem: 1. Dysfunktion der Adduktoren, 2. Osteitis pubis, 3. Sportlerhernie, und 4. Pathologische Veränderungen des Hüftgelenkes
(Impingement, Kapselverletzung, Knorpeldefekt, Labrumdefekt).
Andere Erkrankungen mit Schmerzlo­ka­
lisation im Hüft-Leistenbereich sind die Synovitis, Epiphyseolysis capitis femoris, Stressfraktur im Femurschaft oder -hals, degenerative
Hüfterkrankung, rheumatoide Arthritis, sakroiliakale oder ileolumbale Ligamentverletzung, entzündliche Beckengelenkserkrankung,
Schambeinstressreaktionen, Muskel oder Sehnenruptur, Enthesopathie, Bursitis, Hüftschnappen. Als weitere Ursache der Beschwerden
kommen in Betracht die typischen Leistenhernien mit Bruchsack, Nervenkompression oder
Irritation, Tumore, lokale oder regionale Entzündungen bzw. Infektionen, urologische (z. B.
Prostata) oder gynäkologische (z. B. Ovar oder
Eileiter) Erkrankungen, intra-abdominelle Erkrankungen (z. B. Appendizitis, Sigmadivertikulitis), Ankylosis, Spondylitis, Legg-Calvé-Perthes,
seronegative Arthropathie, Reiter-Syndrom,
Gicht, Osteomyelitis, Tuberkulose, krankhafte
Veränderungen der Aorta oder Venen.
Differentialdiagnose
Die enge nachbarschaftliche Beziehung der
beteiligten anatomischen Strukturen lassen eine Begleiterkrankung wahrscheinlich
werden: 27–90 % der Sportler haben multiple krankhafte Veränderungen. Chronischen
muskulären Leistenschmerz verursachen vor
Abb. 1: Riss der Externusaponeurose
ATOSnews
Welche Beschwerden macht die
Sportlerhernie?
Die Dauer der Symptome bis zur Stellung der
Diagnose reicht von sechs Wochen bis fünf
Jahre. Meist ist der Beginn der Beschwerden
unklar, es besteht ein einseitiger diffuser Leistenschmerz, der sich allmählich verstärkt, in
das Perineum, den Genitalbereich und in den
Oberschenkel medial ausstrahlt. Folgende
Symptome finden sich gehäuft bei Patienten
mit einer Sportlerhernie:
1. Druckschmerzhafter Leistenkanal
2. Erweiterter äußerer Leistenring
3.Druckschmerzhaftes Tuberculum
pubicum
4. Druckschmerzhafte Hüftadduktoren
Leitsymptom ist die Empfindlichkeit im Bereich des Schambeines und die tastbare
schmerzhafte Hinterwand des Leistenkanals.
Der Schmerz strahlt in den Genitalbereich
und nach lateral in den Oberschenkel aus.
Der Schmerz verstärkt sich durch eine plötzliche sportliche Belastung, Valsalva, Husten,
Niesen, sexuelle Aktivität, Sit-ups und Hüft­
adduktion. Ähnliche Beschwerden machen
die Nervenkompressionssyndrome. Hüftbeuger der betroffenen Seite sind bei Patienten
mit einem Hinterwanddefekt möglicherweise durch eine Schonhaltung schwächer.
Diagnostik: Bildgebende Verfahren
Der Einsatz von bildgebenden Verfahren
dient meist dem Ausschluss anderer Erkran-
Abb. 2: Ruptur des Fascia transversalis
bzw. Transversusarkade
kungen. Mit einer Standard-Röntgenaufnahme lassen sich Frakturen, Symphysenerweiterung, Knochenerkrankungen darstellen.
Knochenszintigramm oder CT stellen entzündliche Veränderungen oder Stressreaktionen dar. Die Kernspin-Untersuchung
zeigt die Lokalisation, Ausdehnung und Beschaffenheit von Verletzungen im Becken
und an der Hüfte wie Zerrung, Labrumeinrisse, Stressreaktionen und -frakturen, Bursitis, Knochenentzündungen, und manchmal
auch richtige Leistenbrüche.
Die Ultraschalluntersuchung eignet sich
am besten für die Diagnose der Sportlerhernie, da hierbei eine dynamische Untersuchung möglich ist. Beim Pressen wird eine
Vorwölbung im Leistenkanal mit/ohne Ausdehnung des äußeren Leistenringes sichtbar.
Diese Veränderungen können bei entsprechender Erfahrung in der Ultraschalluntersuchung mit anschließender Bestätigung
des Befundes durch die Operation bzw. die
postoperativen Untersuchungen richtig eingeschätzt werden. Varikozele, Lipome des
Samenstranges mögen gelegentlich zu ähnlichen Veränderungen führen.
Behandlung
Die konservative Behandlung ist nicht erfolgreich. Sollte innerhalb von sechs bis acht
Wochen nach konservativer Behandlung keine Beseitigung der Beschwerden erreicht
werden und andere Ursachen ausgeschlossen sein, dann handelt es sich in der Regel
Abb. 3: Nervenkompression
um eine Sportlerhernie und es sollte eine
operative Therapie erfolgen.
Kritik an der Operation wird dort erhoben,
wo ohne Rücksicht auf die wirkliche Ursache
der Beschwerden eine laparoskopische oder
offene Hernienoperation durchgeführt wird,
und sich daher nicht der gewünschte Erfolg
einstellt, da ja die Ursache nicht beseitigt wurde. Die Operationsstrategie muss sich an den
Ursachen der Beschwerden orientieren, nur so
lassen sich Erfolgsraten bis zu 97 % (Beseitigung der Beschwerden und Wiederaufnahme der sportlichen Aktivität) erzielen. Da die
Läsion im Leistenkanal durch den laparoskopischen Eingriff häufig nicht direkt gesehen
wird, z. B. Nervenkompression, ist das Risiko
bleibender Beschwerden bei dieser Operationstechnik größer. Dies und ein größeres Risiko für schwere Komplikationen im Bauchraum bei laparoskopischen Verfahren müssen
beim Aufklärungsgespräch genannt werden.
Eine chirurgische Behandlung sollte nicht nur
wegen der Beschwerden und Verlust der Lebensqualität angestrebt werden, sondern
auch um weitere krankhafte Veränderungen
an Wirbelsäule und Hüfte (Schonhaltung),
die nur mit erheblichem Aufwand korrigiert
werden können, zu vermeiden. Hinsichtlich
der Regenerationsphase nach einer Operation
werden unterschiedliche Zahlen angegeben –
vier Wochen bis sechs Monate. In der Regel
können unsere Patienten je nach Befund nach
etwa zwei bis drei Wochen wieder sportlich
aktiv sein. Der Eingriff wird gewebeschonend,
minimal-invasiv den individuellen Besonder- ➔
Abb. 4: Postoperatives Ergebnis
nach wenigen Tagen
63 |
::Fachbeiträge
heiten angepasst und kosmetisch ansprechend durchgeführt. (Abbildung 4). Weitergehende Erfahrungen und Ergebnisse durch
spezielle Untersuchungen lassen uns die Frage „wann kann ich wieder spielen?“ besser
beantworten.
handenen oder unzureichend konzipierten
Trainingsprogrammen außerhalb der Saison
gesehen werden. Hierzu müssen weitere Erfahrungen und Ergebnisse durch spezielle
Untersuchungen erbracht werden, um die
Frage „wann kann ich wieder spielen?“ möglichst genau beantworten zu können.
gehende Untersuchung führt zu richtigen
Diagnose und maßgeschneiderten Therapie.
Gewebeschonendes minimal-invasives operatives Vorgehen sichert den Operationserfolg:
Beseitigung der Beschwerden und schnelle
Wiedereingliederung in den Sport. ::
Postoperative Rehabilitation
Über postoperative Rehabilitationsmaßnahmen gibt es bisher kaum detaillierte
Angaben, spezielle postoperative Rehabilitationsprogramme nach Sportlerhernienoperation könnten die Rekonvaleszenz
fördern. Zu Beginn der Fußball- oder Eishockeysaison treten häufiger als während der
Saison Zerrungen in Leiste und Bauchwand
auf, die in Zusammenhang mit nicht vorN O T E S
&
Zusammenfassung
Die Sportlerhernie betrifft viele Sportler in
verschiedenen Sportarten und hat erhebliche Bedeutung für die Lebensqualität und
den Einsatz der Spieler. Die Diagnostik der
Sportlerhernie setzt klinische Erfahrung und
Kenntnis der Differentialdiagnosen und bildgebenden Untersuchungen (Ultraschall) voraus. Nur eine den Ursachen auf den Grund
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. René Holzheimer
Facharzt f. Chirurgie - Sportmedizin
Leiter der Hernienabteilung
ATOS Klinik München-Bogenhausen
[email protected]
www.atos-muenchen.de
N E W S
:: Sieben ATOS-Ärzte in neuer Focusliste empfohlen
Die neue FOCUS Ärzteliste empfiehlt
sieben Ärzte der ATOS Kliniken als Spezialisten für Knie- und Schultererkrankungen. Damit verzeichnen die ATOS
Kliniken deutschlandweit die meisten
empfohlenen Ärzte.
Nach Angaben von FOCUS Online ermittelte das Magazin aus über 27.800 Empfehlungen von Ärzten und Patienten
die bundesweiten Top-Mediziner für Rücken-, Knie-, Hüft- und
Schultererkrankungen. In Online-Fragebögen und aufwendigen
Interviews gaben die Befragten ihr Votum ab.
Zusammen mit renommierten Medizinern hatte das FOCUSTeam zuvor die wissenschaftlichen Fragebögen entwickelt, um
fundierte Aussagen zu erhalten. Mehr als 5.700 Orthopäden, Unfallchirurgen und Neurochirurgen wurden angeschrieben und
um ihre Angaben gebeten. Im Rahmen ausführlicher Interviews
befragten Redakteure Experten zu deren fachlicher Kollegeneinschätzung.
Darüber hinaus befragte das FOCUS-Team nach Angaben von
FOCUS Online Betroffene, Selbsthilfe- und Reha-Sportgruppen
sowie Physiotherapeuten nach ihren persönlichen Erfahrungen.
In Zusammenarbeit mit Selbsthilfeverbänden führte FOCUS im
Internet eine große Patientenumfrage durch.
| 64
Folgende Ärzte der ATOS Kliniken wurden genannt:
Kniespezialisten
Prof. Dr. Hans Pässler: von Focus empfohlen für die folgenden
Spezialgebiete: Kreuzband-OPs, Knorpel- und Meniskusersatz,
Oberflächenteilersatz, Kniescheibenstabilität.
Prof. Dr. Holger Schmitt (seit 1. Oktober in der ATOS Klinik
Heidelberg) empfohlen für: Sportverletzungen (arthroskopische
und offene OPs), Betreuung von Leistungssportlern.
PD Dr. Rainer Siebold (ATOS Klinik Heidelberg): empfohlen für
Bandersatz, arthroskopische Meniskus- und Knorpelchirurgie,
Kniescheibenstabilität, Achskorrektur.
Prof. Dr. Michael Strobel (ATOS Klinik München): empfohlen
für hintere Kreuzbandrekonstruktion und Revisionseingriffe.
Schulterspezialisten
Prof. Dr. Peter Habermeyer (ATOS Kliniken Heidelberg und
­München): empfohlen für Prothetik; Frakturen, arthroskopische
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette und bei Luxation.
Prof. Dr. Markus Loew (ATOS Klinik Heidelberg) empfohlen für:
Erstimplantation und Prothesenwechsel, Stabilisierung, Akromioplastik.
Dr. Sven Lichtenberg (ATOS Klinik Heidelberg) empfohlen für:
Schulter- und Ellenbogenchirurgie (v.a. arthroskopisch).
ATOSnews
Kliniken profitieren von der
Umstellung auf orales Xarelto®
Wirksamkeit, postoperative regionale Schmerz­
therapie und einfaches Handling als Pluspunkte
Knie- und Hüftgelenksersatz-Operationen zählen heute zum Alltag in orthopädischen Kliniken. „Trotz aller Routine handelt es sich dabei um Eingriffe mit einem
hohen Risiko für thromboembolische
Komplikationen“, warnte Professor Dr.
Wolfgang Rüther, Bad Bramstedt, auf
einem Workshop. Die aktuellen Leitlinien sehen daher eine medikamentöse
Thromboseprophylaxe von 11 bis 14
Tagen (nach Kniegelenksersatz) beziehungsweise von 28 bis 35 Tagen (nach
Hüftgelenksersatz) vor.
Wirksamkeit und Sicherheit in
­kontrollierten Studien erwiesen
In der Vergangenheit wurden dazu vor
allem subkutan injizierte, niedermolekulare Heparine eingesetzt. Seit der
Markt­einführung des oralen direkten
Faktor-Xa-Inhibitors Xarelto ® (Rivaroxaban) gibt es jedoch gute Gründe, auf
eine orale Thromboseprophylaxe umzustellen. An erster Stelle nannte Rüther
die überlegene Wirksamkeit von Rivaroxaban im Vergleich zu Enoxaparin. Er
berichtete, dass in der gepoolten Analyse der RECORD-Studien 1–3 das Risiko für den kombinierten Endpunkt aus
venösen Thromboembolien und Gesamtmortalität unter Rivaroxaban nach
zwei Wochen (primärer Wirksamkeitsendpunkt) um 56 Prozent und bis zum
Ende der geplanten Medikationsphase (sekundärer Wirksamkeitsendpunkt)
um 62 Prozent niedriger lag als unter
Enoxaparin. Dabei gab es keine signifikanten Unterschiede in der Inzidenz
schwerer Blutungen weder nach zwei
Wochen, noch bis zum Ende der geplanten Medikationsphase (primärer Sicherheitsendpunkt). „In unserem Haus
fiel unter anderem daher die Wahl auf
Xarelto ® als orales Antithrombotikum“,
erläuterte Rüther.
Postoperative Schmerztherapie mit
­Regionalanästhesie möglich
Zu dieser Wahl trägt nicht zuletzt
bei, dass Rivaroxaban in der zugelassenen Indikation als einziges orales
Antithrombotikum in Verbindung mit
Regional­anästhesie-Verfahren
angewendet werden kann. „Dieser Aspekt
ist sehr wichtig, weil Gelenksersatz­
operationen sehr schmerzhaft sind und
zur postoperativen Schmerztherapie
alle kontinuierlichen Regionalanästhesieverfahren angewendet werden“, erläuterte Privatdozent Dr. Marko Fiege,
Itzehoe. Weiterhin führte er aus, dass
der postoperative Therapiebeginn der
oralen Thromboseprophylaxe ein zusätzliches intraoperatives Blutungsrisiko ausschließt.
Xarelto auch in der Rehabilitation
eingesetzt
Laut Dr. Johannes von Bodman, Bad
Bramstedt, greifen die therapeutischen
Vorteile von Rivaroxaban auch in der
stationären Rehabilitation. Hinzu komme
die hohe Akzeptanz der Patienten gegenüber der oralen Thromboseprophylaxe und der dadurch bedingte Imagegewinn. „In unserer Reha-Klinik setzen
wir daher im Rahmen der zugelassenen
Indikationen die orale Thromboseprophylaxe ein“, so Bodman.
Sicherheit und einfaches Handling von
Xarelto erleichtern die Arbeit
Wie diese Umstellung vonstatten geht,
erläuterte Dr. Oliver Niggemeyer, Bad
Bramstedt. Er empfahl, zunächst einen
zentralen Ansprechpartner für die orale Thromboseprophylaxe zu ernennen.
Dann solle man sich auf einen festen
postoperativen Zeitpunkt einigen, zu
dem Rivaroxaban erstmalig verabreicht
wird. „Anschließend kann die Tabletten-
Pharma-Information
Die Vorteile von Xarelto®
auf einen Blick:
-- Xarelto® vereint überlegene
­Wirksamkeit und vergleichbares
Blutungsrisiko gegenüber Enoxaparin sowie einfaches Handling
-- Einziges orales Antithrombotikum, das in Verbindung mit regionalanästhetischen Verfahren
angewendet werden kann
-- Hohe Akzeptanz seitens der
­Patienten.
einnahme im Rhythmus der Klinik erfolgen“, so Niggemeyer. Schließlich sollte
das Personal in der Anwendung von
Xarelto® geschult werden. „Für viele ist
neu, dass mit Rivaroxaban keine routinemäßige Laborkontrollen notwendig sind
und keine Nahrungsmittelinteraktionen
auftreten, und dass das Risiko für Medikamenteninteraktionen mit häufig eingesetzten Arzneimitteln sehr gering ist“,
sagte Niggemeyer. Weiter müssten die
Mitarbeiter wissen, dass bei Rivaroxaban Dosisanpassungen im Hinblick auf
Alter, Geschlecht und Körpergewicht sowie bei leichten bis mittelschweren Nieren- und bei Leberfunktionsstörungen
ohne Koagulopathien entfallen. Zu guter
Letzt sollte das Team Anweisungen erhalten, was bei Überdosierung, Ausfall
einer Dosis, Erbrechen und Durchfall zu
tun ist.
Ansprechpartner:
Dr. Herbert Schäfer,
Tel. +49 214 30-51109,
Fax: +49 214 30-51517
E-Mail: [email protected]
Quelle: Journalisten Workshop „Orale Thromboseprophylaxe – ein neues Konzept in der klinischen
Umsetzung“ der Bayer Vital GmbH. 30. Juni 2010,
Klinikum Bad Bramstedt / UKE Hamburg
Mit freundlicher Unterstützung von Bayer Vital
65 |
::Fachbeiträge
Botulinumtoxin A in der ästhetischen
Dermatologie
Von Claudia Jäger
krankungen eingesetzt: Schmerz­syn­drome
mit Spannungskopfschmerz, Migräne, Tremorerkrankungen, Analfissur, Bruxismus
(„Zähneknirschen“) Blepharospasmus, fokale
Spastik und vielem anderen.
Keywords: Botulinumtoxin A, Ästhetische Dermatologie,
mimische Falten, Hyperhidrose.
Die Behandlung mimischer Gesichtsfalten mit Botulinumtoxin
A (BTX-A) zählt zu den am häufigsten eingesetzten minimalinvasiven Verfahren weltweit. Da sich durch Überaktivität der
mimischen Muskulatur häufig bereits früh tiefe Falten, etwa
an der Stirn (Sorgenfalten), Glabella (Zornesfalte) oder der
lateralen Augenpartie (Krähenfüße) bilden, kann die vorübergehende Lähmung dieser Muskeln mimische Falten glätten und dem Gesicht einen entspannteren und freundlicheren
Ausdruck verleihen.
Die Anwendung von Botulinumtoxin ist aufgrund der großen therapeutischen Breite ein
sehr sicheres Verfahren. Botulinumtoxininjektionen können mit anderen ästhetischen
Verfahren, etwa Füllmaterialien und chemischen Peeling, hervorragend kombiniert
werden.
Indikationen für die Behandlung mit
­Botulinumtoxin A
Die Behandlung ist am besten für die Falten
des oberen Gesichtsdrittels geeignet. Gute
Wirkung zeigt die Behandlung vor allem bei
jüngeren Patienten mit erhaltener Hautelastizität, die an einzelnen, mimisch verur­
sachten Falten im oberen Gesichtsdrittel
leiden. Bei Patienten mit stark ausgeprägter
solarer Elastose, bei denen die Falten bereits
seit Jahrzehnten bestehen, können die ge-
Abb. 1a:
Indikation für
Botulinum­toxin-Injektion:
Glabellafalte
| 66
Wirkungsmechanismus von Botulinumtoxin A
wünschten Ergebnisse oft nicht mehr erzielt
werden. Die Glabellafalte (Zornesfalten), horizontale Stirnfalten (Sorgenfalten) und radiäre Falten am lateralen Augenwinkel sowie
Falten im Bereich des unteren Lides lassen
sich mit Botulinumtoxininjektionen deutlich
glätten. Auch können durch Injektionen in
bestimmte Muskeln diskrete Veränderungen,
etwa ein leichtes Anheben der Augenbrauen („Brow-lift“) oder der Mundwinkel erzielt
werden. Im unteren Gesichtdrittel werden
Botulinumtoxininjektionen in der Regel nur
ergänzend zu Fillerapplikationen (Einbringung von Füllmaterialien) verwendet.
Weitere kosmetische Anwendungsgebiete
sind der Platysmabereich (Glättung von Halsfalten und sichtbaren Muskelsträngen, „Truthahnhals“) und das Kinn („Pflastersteinkinn“).
Neben der kosmetischen Indikation wird
Botulinumtoxin A häufig bei folgenden Er-
Abb. 1b:
Vier Wochen
nach Botulinumtoxin AInjektion (mit
versuchter Anspannung der
Muskulatur)
An der Muskulatur und bei Hyperhidrose
(verstärktem Schwitzen) entfaltet Botulinumtoxin A folgenden Wirkmechanismus: Es
hemmt die Ausschüttung des Botenstoffes
Acetylcholin am Nerv in den synaptischen
Spalt der motorischen Endplatte, so dass keine Erregungsübertragung vom Nerv auf den
Muskel mehr stattfinden kann(„chemische
Denervierung“ des Muskels). Eine Anspannung des gelähmten Muskels ist nicht mehr
möglich, so dass die zur Faltenbildung führende Bewegung nicht mehr durchgeführt
werden kann. Im Gegensatz zur Behandlung
von Falten mit injizierbaren Implantaten
werden bei Botulinumtoxin nicht die Falten
direkt unterspritzt, sondern der verursachende Muskel gelähmt. Nach Injektion in
den Muskel diffundiert BTX-A nur wenig, so
dass einzelne Muskeln gezielt gelähmt werden können.
Neben der Lähmung der quergestreiften
Sklettmuskulatur kann die Substanz zudem
eine Blockade der acetylcholinvermittelten
Impulsübertragung an parasympathischen
Ganglien bewirken und so eine Hypo- oder
Anhidrose verursachen. Die Therapie der
axillären oder palmaren Hyperhidrose zählt
zu den klinisch etablierten Indikationen der
Substanz und führt regelmäßig zum erwünschten Erfolg. Die Schweißbildung ist
in der Regel für neun bis zwölf Monate blockiert.
Klinische Effekte nach Botulinumtoxin AInjektionen treten innerhalb von zwei bis vier
ATOSnews
Abb. 2:
Indikationen für die
Behandlung mit Botulinum­
toxin A in der ästhetischen
Dermatologie: Mimische
­Falten im Gesicht und
­Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen).
Ovale Markierung der
Injektionsareale.
vergleichsweise geringen Dosen selten. Im
Injektionsareal besteht durch die Injektion
das Risiko von Schwellungen, Entzündungen,
Schmerzen, Druckempfindlichkeit und gelegentlich Hämatomen. Eine der häufigsten
Nebenwirkung sind Kopfschmerzen (13 %),
die gehäuft bei Patienten mit vorbestehenden Spannungskopfschmerzen auftreten.
Die Kopfschmerzen können vom Patienten
mit herkömmlichen Kopfschmerzmedikamenten behandelt werden und bessern sich
in der Regel innerhalb weniger Tage. Häufig
treten danach Kopfschmerzen seltener auf.
Durch Diffusion von Botulinumtoxin in
benachbarte Muskelgruppen können unerwünschte passagere Paresen auftreten (u.
a. Ptose). Durch einen verstärke Aktivität der
Gegenspieler kann es bei Korrekturen im Bereich der Glabella zum Hochstehen des lateralen Augenbrauenanteils kommen (sog.
„Spock brows“). Dies kann durch Schwächung des Gegenspielers problemlos korrigiert werden. Es wird angenommen, dass
therapeutische Botulinumtoxin-Injektionen
wenig bzw. gar nicht systemisch verteilt
werden. Alle unerwünschten Veränderungen
sind reversibel und bilden sich, wie auch die
erwünschten Wirkungen, nach spätestens
drei bis sechs Monaten zurück, oft früher.
Fazit
Tagen nach der Injektion auf. Die maximale
klinische Wirkung von BTX-A bei dermatokosmetischen Indikationen ist in der Regel
nach ein bis zwei Wochen erreicht, wobei
eine Reduzierung der Faltentiefe durch die
Regeneration der darüber liegenden Haut
über den gesamten Zeitraum der BTX-A Wirkung stattfindet. Eine Wirkungsabschwächung am Muskel beginnt nach drei Monaten, die erwünschte Wirkung hält meist für
vier bis sechs Monate an, selten bis zu neun
Monaten. Bei der Behandlung der Hyperhidrose zeigen sich längere Wirkzeiten (siehe
oben).
Nach wiederholten Injektionen wurden gelegentlich Atrophien der behandelten Muskeln beobchtet, so dass sich die Intervalle zwischen den einzelnen Injektionen
verlängern können.
Aus dem Wirkmechanismus von Botulinumtoxin A mit Blockade der Erregungsübertragung vom Nerv auf den Muskel erklärt sich
auch der historische Begriff „Nervengift“.
Denn die unkontrollierte Aufnahme großer
Dosen von BTX-A, wie es z. B. in verunreinigten Wurstkonserven vorkommen kann,
führt zur Lähmung der Herz und Atemmuskulatur. Mit den in der ästhetischen Dermatologie verwendeten geringen, lokal injizierten
Dosen sind dagegen minimale bis keine sys­
temischen Wirkungen dokumentiert.
Nebenwirkungen von Botulinumtoxin­
injektionen
Nebenwirkungen von Botulinumtoxininjektionen im Bereich der Dermatokosmetik sind
bei erfahrenen Anwendern aufgrund der
Das hohe Sicherheitsprofil und die überzeugenden Ergebnisse beim Einsatz von Botulinumtoxin A durch den erfahrenen Therapeuten haben in den letzten Jahren zu einer
sehr hohen Akzeptanz in der ästhetischen
Dermatologie geführt.
::
Literatur beim Verfasser
Dr. Claudia Jäger
Dermatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
67 |
::Fachbeiträge
A U F L Ö S U N G
Z U
S E I T E
5 6 :
DER INTERESSANTE FALL
Aus der Handchirurgie
Nadelöhr im Ellenbogengelenk
Von Hans-Werner Bouman, Sigmund Polzer, Steffen Berlet
Im weiteren Verlauf nahmen die Schmerzen zu, die Beweglichkeit wurde schlechter, so dass der Patient sich jetzt, acht
Jahre nach dem Unfall, bei uns vorstellte, da er der Ansicht
war, dass der Fremdkörper die Bewegungseinschränkung
hervorruft und er nach dessen Entfernung den Arm wieder
uneingeschränkt einsetzen könnte.
Klinischer Befund:
Belastungsabhängige, schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks (Streckung/Beugung 0
– 25 -130°). Schmerzen etwas diffus vor allem beugeseitig
im Gelenk. Sonst völlig unauffällige äußere Konturen, keine Schwellung im Seitenvergleich. Reizlose, ca. 1,5 cm lange
Narbe in Höhe des Epicondylus ulnaris.
a
b
Abb. 3a, 3b: Röntgenaufnahme 2010 ap (3a) und seitlich (3b) mit großen
Osteolysen in der Trochlea und einem fast aufgehobenen Gelenkspalt.
Röntgen/CT:
Die jetzt während seiner Vorstellung bei uns angefertigten
Röntgenaufnahmen (Abb. 3) zeigen im Bereich des Fremdkörpers große osteolytische Herde in der Trochlea mit einem
stark verschmälerten humero-ulnaren Gelenkspalt. Radial
bilden sich die Gelenkflächen regelrecht ab. Im Computertomogramm mit 3D-Rekonstruktion stellt sich die fortgeschrittene Arthrose mit ausgeprägten Osteolysen in der Trochlea
und auch im proximalen Ulnaende dar (Abb. 4,5).
Wir haben dem Patienten zur Entfernung des Fremdkörpers
geraten, um evtl. das rasche Fortschreiten der Arthrose zu
verlangsamen.
Therapie:
Bei dem Eingriff wurde das bereits knöchern umschlossene
Nadelende, das noch etwas in den Gelenkspalt hineinragte,
entfernt (Abb. 6). An der Eintrittsstelle im Gelenk und teilweise um den Fremdkörper herum fand sich aufgetriebene,
bräunliche Synovialis, die ebenfalls reseziert wurde.
| 68
Diskussion:
Durch die Oxydation des Eisens und die dadurch hervorgerufene Synovialitis hat sich über Jahre eine Arthrose des Gelenks mit großen Osteolysen in dem betroffenen Gelenkabschnitt eingestellt. Erst dadurch ist es nun zu zunehmenden
Beschwerden und einer Bewegungseinschränkung des Ellenbogens gekommen.
In zahllosen Veröffentlichungen wird hauptsächlich ein Knochenabbau beschrieben, der durch Abriebpartikel z.B. von Metall- oder Silastikimplantaten verursacht wurde. Als intraartikuläre Fremdkörper, die eine Synovialitis hervorrufen, werden
in den meisten Fällen Pflanzendornen gefunden. Einen vergleichbaren Fall, bei dem ein metallener Fremdkörper aufgrund
der Oxydation über mehrere Jahre nachweisbar zu einer Arthrose geführt hat, konnten wir in der Literatur nicht finden.
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: Venentag 2010
Das Adviva SanitätsCenter in der ATOS Klinik Heidelberg organisierte
auch dieses Jahr in bewährter Weise den Venentag 2010. In Kooperation mit der ATOS Klinik Heidelberg sowie den Firmen Juzo und
Medi wurden am 11. Juni 2010 Venenmessungen, Venengymnastik
und aktuelle Trends bei Kompressionsstrümpfen dem interessierten
Publikum vorgestellt.
Trotz des Beginns der Fußball-Weltmeisterschaft war das Auditorium der ATOS Klinik sehr gut gefüllt, die Besucher der Veranstaltung
konnten sich ausführlich zu den Problemen der Venendruckmessung,
Anpassung von Kompressionsstrümpfen sowie über die unterschied-
a
b
Abb. 4a, 4b: Das CT zeigt
die Arthrose mit den aus­
geprägten osteolytischen
Herden.
lichen Kompressionsstärken informieren.
a
b
Abb. 5a, 5b: Mit Hilfe der 3DRekonstruktion und der zusätzlichen
Dichtesegmentation konnte die
genaue Lage des Fremdkörpers
dargestellt werden.
Den Höhepunkt der Veranstaltung bildeten Fachvorträge der Kollegen
Dr. Frank Heckmann, Dr. Peter W. Friedl und Dr. Claudia Jäger aus der
ATOS Klinik Heidelberg, zu den Themenkreisen Varikosis-­Diagnostik
(Farb-Duplex-Untersuchungen, begleitende Hautprobleme), und
Varizentherapie (z.B. Kryoverfahren, Laser und Radiofrequenz­Therapie). Breiten Raum nahm die ausführliche Aussprache und
Diskussion mit dem Publikum, so dass die erfolgreiche Veranstaltung
sich bis in die Abendstunden ausdehnte.
Abb. 6: Abgebrochenes­
Nadelöhr mit noch darin
befestigtem Fadenrest.
Der gut dokumentierte Verlauf über acht Jahre zeigt, wie sich
das Gelenk zunehmend verändert hat. Daraus muss man folgern, das eine baldige Entfernung eines Metallfremdkörpers
unbedingt notwendig ist, auch wenn er keine Beschwerden
bereitet.
Das Computertomogramm mit 3D-Rekonstruktion und die
zusätzliche Dichtesegmentation, die von den Kollegen der
Radiologischen Gemeinschaftspraxis in der ATOS Klinik angefertigt wurde, war sehr hilfreich und ermöglichte es, die
Nadel trotz intraossärer Lage ohne Schwierigkeiten aufzufinden und zu entfernen.
[email protected]
Dr. Peter Friedl
Dr. Frank Heckmann
Dr. Claudia Jäger
69 |
:: ATOS intern
UNTERSUCHUNGSKURS SCHULTER UND KNIE
Kurse 2010/2011
Hands on ATOS
Weiterbildungsveranstaltung der ATOS Klinik Heidelberg
Agenda Knie
UNTERSUCHUNGSKURS KNIE, TEIL I
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
Meniskus und Kreuzbänder
:: Meniskuserhaltende Chirurgie & Ersatz
:: Anatomischer Kreuzbandersatz
Kaffeepause
Hands-on Knie
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Kniegelenkes in kleinen Gruppen
:: Demonstration wichtiger Untersuchungstechniken
UNTERSUCHUNGSKURS KNIE, TEIL II
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
19:45 Uhr
Knorpel & Arthrose
:: Regeneration und Transplantation von Knorpel
:: Moderner Kniegelenkersatz
Kaffeepause
Hands-on Knie
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Kniegelenkes in kleinen Gruppen
:: Vertiefung der Untersuchungstechniken
Gemeinsames Abendessen
Kursleitung Knie
Dr. Rainer Siebold
Agenda Schulter
UNTERSUCHUNGSKURS SCHULTER, TEIL I
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
Uhr Häufige Krankheitsbilder
:: Schulterimpingement
:: Rotatorenmanschette
Kaffeepause
Hands-on Schulter
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Schultergelenkes in kleinen Gruppen
:: Demonstration wichtiger Untersuchungstechniken
UNTERSUCHUNGSKURS SCHULTER, TEIL II
17:00 Uhr
18:00 Uhr
18:30 Uhr
19:45 Uhr
Instabilität und Arthrose
:: Die instabile Schulter
:: Moderne Schulterprothesen
Kaffeepause
Hands-on Schulter
:: Patientenvorstellung und Untersuchung
des Schultergelenkes in kleinen Gruppen
:: Vertiefung der Untersuchungstechniken
Gemeinsames Abendessen
Kursleitung Schulter
Dr. Sven Lichtenberg
www.atos.de
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ATOSnews
Impressum
Herausgeber
ATOS Praxisklinik Heidelberg
Wissenschaftsredaktion
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Termine 2010
Redaktion
Dr. Barbara Voll-Peters
51427 Bergisch Gladbach
[email protected]
OKTOBER
Teil I
Teil II
Knie
27.10.2010
10.11.2010, mit Abendessen
Schulter
27.10.2010
10.11.2010, mit Abendessen
Termine 2011
Grund-Layout
Reinshagen & Hartung GmbH,
68161 Mannheim
März
Teil I
Teil II
Knie
09.03.2011
16.03.2011, mit Abendessen
Schulter
23.03.2011
30.03.2011, mit Abendessen
Teil I
Teil II
Knie
05.10.2011
12.10.2011, mit Abendessen
Schulter
19.10.2011
26.10.2011, mit Abendessen
Oktober
Kursgebühr (Teil I und Teil II) inklusive Kursheft
und gemeinsamem Abendessen: € 60,00
Anmeldung unter
[email protected]
oder per Fax an die
06221 983 919
Grafische Umsetzung und
Anzeigenverwaltung
GIT Verlag GmbH & Co. KG
A Wiley Company
Dipl.-Kfm. Manfred Böhler
Rößlerstraße 90
64293 Darmstadt / Germany
[email protected]
www.gitverlag.com
Produktion
GIT Verlag GmbH & Co. KG
A Wiley Company
Herstellung: Christiane Potthast
Layout: Ruth Herrmann, Ralf Prötzel
Litho: Elke Palzer, Ramona Rehbein
Druck: Frotscher Druck, Darmstadt
V.i.S.d.P.:
ATOS Praxisklinik
GmbH & Co. KG
Geschäftsführer
Prof. Dr. Peter Habermeyer
Dipl.-Kfm. Alexander Zugsbradl
Bismarckstraße 9–15
69115 Heidelberg
Telefon 06221 983-0
Telefax 06221 983-919
[email protected]
www.atos.de
www.atos.de
71 |
::
LIVE aus der Praxis
Minimalinvasive Gelenkchirurgie
Hüfte – Knie – Fuß – Schulter
Heidelberg, Samstag 13. November 2010
Wissenschaftliche Leitung: Rainer Siebold,
Hajo Thermann, Hans H. Pässler
www.kreuzband.de
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
PROGRAMM | 13. NOV. 2010 – VORMITTAG
auch dieses Jahr möchten wir Sie wieder recht herzlich zu
9:00
­einer praxisnahen und informativen Weiterbildungsveranstaltung ­einladen. Im Mittelpunkt stehen interessante Aspekte
der ­modernen minimalinvasiven Gelenkchirurgie an Hüfte,
Knie, Fuß und Schulter bei Jugendlichen und Erwachsenen,
dargestellt von erfahrenen und praxisorientierten Referenten.
Die Vorträge ­werden durch aktuelle Live-Operationsvideos
veranschaulicht.
Der Veranstaltung wurde das Gütesiegel der AGA verliehen.
Auch liegt eine Zertifizierung der Landesärztekammer
Baden-Württemberg für 8 Fortbildungspunkte vor.
Freuen Sie sich mit uns auf einen kurzweiligen und
­unterhaltsamen Kongress in den historischen Räumen
des Ottheinrichsbaus im Heidelberger Schloss.
BEGRÜßUNG
Arthroskopische Kniechirurgie
9:10
9:25
9:40
9:55
10:05
10:30
11:00
11:15
11:30
11:40
Meniskus-Naht
(Patt)
Re-Live-OP 1
Korbhenkelnaht Meniskus
Meniskus-Ersatz
(Scheffler)
Re-Live-OP 2
Transplantation Meniskus
Interessante Fälle aus der Praxis
(Sartory)
PAUSE
Knorpel-Regeneration:
Mikrofrakturierung und Mosaikplastik
(Holsten)
Autologe Knorpelzelltransplantation
(Pässler)
Re-Live-OP 3
Knorpelzelltransplantation
Interessante Fälle aus der Praxis
(Hariri)
Mit herzlichen Grüßen
Arthroskopische Schulterchirurgie
Priv. Doz. Dr. Rainer Siebold
12:00
12:20
Prof. Dr. Hans H. Pässler
Prof. Dr. H. Thermann
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Überblick über häufge Krankheitsbilder
(Lichtenberg)
Diskussion
12:30–14:00 MITTAGSPAUSE & INDUSTRIEAUSSTELLUNG
ATOSnews
LIVE aus der Praxis
Minimalinvasive Gelenkchirurgie
Hüfte – Knie – Fuß – Schulter
Heidelberg, Samstag 13. November 2010
Wissenschaftliche Leitung: Rainer Siebold,
Hajo Thermann, Hans H. Pässler
PROGRAMM | 13. NOV. 2010 – NACHMITTAG
ANMELDUNG
Arthroskopische Fußchirurgie
Kontakt:
14:00
14:20
Zentrum für Knie- und Fußchirurgie
Überblick über häufige Krankheitsbilder
(Thermann)
Diskussion
Frau Sabine Hopf
E-Mail: [email protected]
Arthroskopische Hüftchirurgie
14:30
Operationstechnik und Indikationen
(Bohnsack)
14:45Behandlung des knöchernen
Hüftimpingements
(Thorey)
15:00
Diskussion
Arthroskopische Kniechirurgie
15:10
15:20
15:30
Vorderer Kreuzbandersatz
(Siebold)
Re-Live-OP 4
Anatomischer vorderer Kreuzbandersatz
PAUSE
Moderne Knie-Endoprothetik
16:00Gelenkerhaltende Eingriffe bis zum
anatomischen Kniegelenksersatz
(Thermann)
16:15
Navigierte Knieendoprothetik
(Jumel)
16:30
Re-Live-OP 5
Kniegelenksersatz bei Gonarthrose
16:45
Diskussion
17:30
ENDE DER VERANSTALTUNG
18:30CHILL OUT – COME TOGETHER:
Mövenpick-Restaurant, Heidelberg-Schloss
(Teilnahme nur mit vorheriger Buchung möglich,
da begrenzte Personenzahl)
73 |
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1) Alfonso Bello, Steffen Oesser, Current medical Research and Opinion, Vol. 22, No. 11, 2221-2232, 2006. 2) Tim McAlindon, Tufts Medical Center, veröffentlicht: OARSI Congress 2009 in Montreal. 3) Steffen Oesser, Michael Schunck, Collagen Research Institute, veröffentlicht: OARSI Congress 2010 in Brüssel
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