Die Renaissance der Nassrasur!?
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Die Renaissance der Nassrasur!?
Technische Universität Berlin Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre Fachgebiet Arbeitslehre/Technik Prof. Dr. Hans-Liudger Dienel Abschlussarbeit AL-P4 Die Renaissance der Nassrasur!? Aufgabensteller: Prof. Dr. Hans-Liudger Dienel Eingereicht von: Namen: Nadja Lohauß und Sven Malte Groth Matrikelnummern: Datum: 01.07.2014 Die Renaissance der Nassrasur!? 1.Einleitung..........................................................................................................1 2.Die historische Entwicklung der Körperhaarentfernung ..............................1 4.Herstellungsverfahren der Rasierklinge ........................................................11 4.1. Die Rasierklinge ................................................................................................ 11 4.1.1. Material ............................................................................................................ 11 4.1.2. Herstellungsverfahren .................................................................................... 13 5.Erfolgsbedingungen für die Renaissance der Nassrasur ............................20 5.1. Technische Veränderungen ........................................................................... 20 5.1.1. Neue Anforderungen ...................................................................................... 20 5.1.2. Marktangebot .................................................................................................. 22 5.2. Kulturelle Veränderungen ............................................................................... 25 5.3. Nachhaltigkeit der Nassrasur ......................................................................... 32 6.Literaturverzeichnis .........................................................................................34 7.Abbildungsverzeichnis ....................................................................................38 1 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Rasierklinge und der Frage, ob man von einer Renaissance der Nassrasur sprechen kann. Um diese Frage zu beantworten, ist zu untersuchen welche Anzeichen es für ein Aufleben gibt und welche Einflussfaktoren eine solche Entwicklung bedingen. Doch bevor Veränderungen von Rasur-Trends hinterfragt werden können, soll zunächst die historische Entwicklung der Körperhaarentfernung abgebildet werden. Die Ausführungen über ihre Geschichte sollen dabei keinesfalls dem Anspruch an Vollständigkeit genügen, sondern viel mehr einen Überblick über Entwicklungen und ihre Bedingungen abbilden. In diesem Kontext soll ein Einblick in die Herstellung der Rasierklinge gegeben und erläutert werden. Die Frage nach den Erfolgsbedingungen der Nassrasur auch im Hinblick auf technische Veränderungen, mit denen die Industrie auf neue Zielgruppenwünsche reagiert, stellt sich im Anschluss. Inwiefern kulturelle Faktoren den Zeitgeist der Körperhaarentfernung prägen, soll in diesem Zusammenhang erläutert werden. Schließlich bleibt zu hinterfragen, wie sich die kulturellen Einflussfaktoren und die daraus resultierenden Entwicklungen mit dem Trend und der Notwenigkeit der Nachhaltigkeit vereinbaren lassen. 2. Die historische Entwicklung der Körperhaarentfernung Man geht davon aus, dass sich die Männer bereits in der Steinzeit den Bart stutzten. Damals wurden die Haare wohl mit glühenden Holzstücken abgesenkt, mit geschliffenen Muschelschalen oder scharfkantigen Feuersteinklingen gekürzt.1 Seit der Bronzezeit wurden in Europa Rasiermesser aus Metall gefertigt, die von ihren Besitzern lebenslang verwendet wurden. 2 Sie hatten eine große individuelle Bedeutung, da sie im Rahmen von Initiationsriten übergeben wurden und nur Familienoberhäuptern oder Personen aristokratischer Herkunft zustanden.3 1 Vgl. Gnegel, Frank (1995): Bartanfang. 2 Vgl. Ebd. 3 Vgl. ebd. 2 „Der römische Geschichtsschreiber Diodorus Siculus berichtete später, dass sich bei den Kelten gesellschaftliche Gruppen durch ihre Barttracht äußerlich abgrenzten: ‚Manche rasieren sich, manche lassen sich den Bart ein wenig wachsen. Die Vornehmen rasieren ihre Wangen glatt, lassen aber den Schnurrbart lang wachsen, so dass ihr Mund bedeckt ist.‘ “4 Die Römer betrachteten die glatte Rasur in der Antike als Zeichen der Zivilisation und grenzten sich damit von den Barbaren ab.5 Das Rasieren unterlag schon damals einer Mode, bzw. war kennzeichnend für eine politische Zugehörigkeit oder auch der Standeszugehörigkeit in Bezug auf soziale sowie geistliche Schichten. Die Annahme, dass die glatte Rasur aber nur eine Erscheinung der Oberschicht war und die untere männliche Bevölkerung stets einen Bart trug, ist falsch: „Alle höfischen Formen von Kleidung und Haartracht unterlagen der Nachahmung durch Handwerker und Bürger bis hinab zu Bauern und Hirten“. 6 Teilweise wurden aufkommende Moden, die die Oberschicht als drohende Anzeichen eines Aufstands wahrnahm, verboten. So ordnete beispielsweise „der Rat der Stadt Speyer 1356 an, dass auch ‚ kein Mann einen Bart oder Scheitel tragen soll‘.“7 Der Zweck einer Körperveränderung durch die Rasur war folglich den Natur8 zustand in ein Ideal zu transformieren, „um soziales Ansehen zu erlangen“ . Und wie bei allen Moden ist die Bartmode das „Ergebnis eines komplexen Wechselspiels aus einem Bedürfnis nach Konformität und einem Streben nach Abgrenzung“.9 Auch heute noch können „mit dem Tragen eines Bartes, einer bestimmten Bartform oder durch glattrasiertes Auftreten soziale, politische oder religiöse Zugehörigkeiten signalisiert“ werden. 10 Abhängig von kulturellen Erfahrungen nehmen wir diese Signale unterschiedlich wahr. Genauso wie mit der Bartmode verhält es sich mit der Körperhaarentfernung im Generellen – diese war und ist stets dem Zeitgeist unterworfen und auch ihr 4 Ebd. 5 Ebd. 6 Gnegel, Frank (1995): Bartmittelalter. 7 Ebd. 8 Wietig, Christina(2005): S, 1. 9 Vgl. Gnegel, Frank (1995): Bartrasur.. 10 Ebd. 3 liegen lange Traditionen zugrunde: Bereits „im Mittelalter rasierten sich die Prostituierten ihre Scham.“ 11 Im alten Griechenland, in Rom und in Ägypten waren Intimrasuren auch schon immer üblich – wahrscheinlich ein Trend als Resultat von klimatisch-bedingten Hygienevorstellungen, aus ästhetischen sowie kultischen Gründen.12 13 Genauso verhielt es sich in muslimischen Ländern, denn „im Islam wird die Scham- und Achselhaarentfernung von einem Hadith, einer außerkoranischen Lehre Mohammeds empfohlen.“ 14 Mit dieser ersten Idee davon, dass Körperhaarentfernung als Begleiterscheinung von modischen und kulturellen Trends sowie religiösen Empfehlungen untrennbar mit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation einhergeht, sollen sich die folgenden Ausführungen über die Geschichte der Körperhaarentfernung aus Gründen der zeitlichen Kapazität und, um die formalen Anforderungen dieser Arbeit nicht zu sprengen, auf unseren Kulturkreis in einem Zeitraum von der Weimarer Republik bis heute beschränken. Mit dem „steifen Prunk der Jahrhundertwende“ 15 verschwand das „verklemmte“ 16 Kaiserreich und mit ihm Hochsteckfrisuren mit Kunsthaareinsätzen, das Korsett und auch der sogenannte Kaiser-Wilhelm-Bart. 17 Neu war nicht nur der Abschied von der Monarchie, sondern auch die „mediale Verarbeitung der Körperlichkeit“ 18 : Freie Körperkultur, Aktfotografie und sogar plastische Schönheitschirurgie gingen mit dieser Entwicklung einher. 19 Ambivalent steht die emanzipatorische Entwicklung der Frau, die ihren Körper erstmals selbst gestalten konnte und dies durch die Befreiung vom Korsett sowie durch das, im Übrigen erstmals in der Geschichte, Tragen kurzer Haare bewies, der Entwicklung eines sozialen Drucks in Bezug auf die Anpassung an Schönheitsnormen gegenüber. 20 11 Hanske, Paul-Philipp (2013). 12 Vgl. Stämpfli, Regula (2008). 13 Vgl. Hanske, Paul-Philipp (2013). 14 Ebd. 15 Lehnert, Gertrud (2000): S. 14. 16 Schug, Alexander (2004): S. 85. 17 Vgl., ebd., S. 83. 18 Ebd. 19 Vgl. ebd. 20 Vgl. ebd., S. 84. 4 Die medialen Veränderungen hatten zudem eine ständige Konfrontation mit Äußerlichkeiten zur Folge, Schönheitsideale wurden inszeniert.21 Die Massenproduktion von Spiegeln und deren Verbreitung in allen sozialen Schichten trug ebenfalls zu einer veränderten Selbstwahrnehmung der ganzen Gesellschaft bei: Das „Flanieren Unter den Linden“ kam in Berlin in Mode.22 FKK, Ausdruckstanz und Tanzrevuen – in der Weimarer Republik entwickelte sich neben der aufkommenden extremen Armut eine auf Ästhetik und Spaß fixierte Oberschicht. Die neue Emanzipation der Frau brachte die Unabhängigkeit vom Mann mit sich, aber auch einen stärkeren Wettbewerb. Schönheit, beziehungsweise Gepflegtheit war nun mehr denn je Voraussetzung für privaten und beruflichen Erfolg. Die Schönheitsindustrie entwickelte sich deshalb in dieser Zeit und machte Geschäft mit der Eitelkeit, aber auch Unsicherheit der Menschen. 23 Eine erhöh- te Aufmerksamkeit kam dem Haar zu: dem Kopfhaar, aber auch dem Körperhaar. „Die Körperbehaarung [geriet] zum Stigma eines vorgestrigen Daseins und folglich Kulturdefizits.“24 In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen deshalb zahlreiche chemische Enthaarungscremes auf den Markt. 25 Die Haar- entfernung erhielt damit „neue Dimensionen“: 26 1895 erfand Gillette den ersten Einwegrasierer. 1915 brachte dieselbe Marke den ersten Damenrasierer auf den Markt. 1931 wurde der elektrische Rasierer erfunden. Wenig später kam der erste elektrische Damenrasierer heraus. 27 Ebenfalls wurde die Elektrolyse, eine Methode zur dauerhaften Haarentfernung erfunden, „bei der eine spitze Nadel mit Schwefelsäure in den Haarkanal eingeführt wurde, um das Haar mit einem elektrischen Impuls zu zerstören.“28 Je populärer die sogenannte Freikörperkultur wurde und je freizügiger die Mode wurde, desto mehr geriet Behaarung in Verruf. Damit ist besonders die 21 Vgl. ebd. 22 Ebd. 23 Vgl. ebd. S. 88. 24 Ebd., S. 90. 25 Vgl. ebd. 26 Ebd. 27 Vgl. ebd. 28 Ebd., S. 91. 5 Körperbehaarung der Frauen gemeint, aber auch bei Männern ging der Trend zur glatten Haut. 29 1931 hieß es in einer Werbeanzeige: „So sehr ein schönes Kopfhaar schmückt, so sehr beeinträchtigen unerwünschte Härchen in den 30 Achselhöhlen, in Gesicht und Nacken und an den Beinen frauliche Anmut.“ Körperbehaarung wurde als hässlicher kosmetischer Fehler dargestellt und damit zu einem sozialen Problem. „In trendigen Frauenzeitschriften wurde die sportlich trainierte ‚Neue Frau‘ mit Bubikopf und rasierten Beinen als Gegenbild zum traditionellen Muster der Frau als Mutter und Ehepartnerin in Szene gesetzt.“ 31 Teilweise hielt man die emanzipatorischen Veränderungen der Damenmode für vermännlicht und nannte die ‚neue Frau‘ deshalb auch Garçonne.32 Abb. 1: Die Stilikone und Garçonne der 20er Jahre: Anita Berber. Aber auch bei den Männern kam ein neues Ideal auf und Körperbehaarung war unerwünscht. Ein glattes Gesicht wurde zum obligatorischen Schönheitsideal, 29 Vgl. ebd. 30 Anzeige für Dulmin Enthaarungscreme: S. 172. 31 Alkemeyer, Thomas (2007): S. 7. 32 Vgl. Lehnert, Gertrud (2000): S. 57. 6 das für moderne Kultiviertheit stand. 33 Die Nacken waren, passend zur mit Po- made gelegten Frisur, ausrasiert. Die Entwicklung eines Schönheitswahns im Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts kann als Folge auf den Ersten Weltkrieg betrachtet werden: Man sorgte sich um den Körper, was sich durch eine große Beachtung von „Leistungs- und Massensport, FKK, Bodybuilding, Ausdrucks- und Revuetanz, Schönheitskonkurrenzen, Diät-Kult u. v. m.“ darbot. 34 Man wollte der Kriegsde- mütigung durch die ständige massenmediale Verherrlichung schöner, starker und gesunder Körper ein neues nationales Selbstbewusstsein entgegensetzen.35 Diese Ästhetik-Besessenheit nahm mit der Machtergreifung der Nazis immer stärkere Züge in Richtung eines Ideals des ‚Ariers‘ an. Die Nazis sprangen sozusagen „auf den Zug des Kults um den sportlich trainierten […] Körper [auf], um in seiner öffentlich-repräsentativen Szenerie mit Körperinszenierungen direkt, ohne Umweg über das reflektierende Bewusstsein, historisch gewachsene Gefühle, Stimmungen und Sehnsüchte hervorzurufen.“ 36 Es wurde nun ein Körperkult propagiert, der als eine Körperreligion, sozusagen eine „Sozialform der Religion“ bezeichnet werden kann. 37 Die traditionellen Kirchenreligionen sollten an Bedeutung verlieren und mit ihnen das „Sinnbedürfnis der Menschen“. 38 Die Mode eines sehr gepflegten, ordentlichen Äußeren, inklusive eines glattrasierten Gesichts, wurde beibehalten. „Die vermeintliche Unantastbarkeit […] des […] verehrten Führers [hat] offenbar dazu beigetragen, daß im Dritten Reich kein Hitler-Bart-Kult von seinen Anhängern betrieben wurde.“ 39 Die weibliche Mode wurde mit dem Ideal der deutschen Frau als Mutter weniger freizügig und eine natürliche Intimbehaarung galt als Ideal, das für Stärke, Gesundheit und Fruchtbarkeit stand. 40 Im Gegenzug wurden den Gefangenen in den Konzentrationslagern als Zeichen der Erniedrigung das Kopfhaar sowie 33 Vgl. Schug, Alexander (2004): S. 91. 34 Alkemeyer, Thomas (2007): S. 7. 35 Vgl. Ebd. 36 Ebd., S. 8. 37 Gugutzer, Robert (2007): S. 2. 38 Ebd. 39 Wietig, Christina (2005): S. 30. 40 Vgl. Hanske, Paul-Philipp (2013). 7 alle Körperhaare entfernt,41 wodurch das totalitäre System „seine Macht zum Ausdruck“ brachte, denn Haare gelten „immer auch [als] ein Zeichen von Lebenskraft […], die durch das gewaltsame Scheren symbolisch beschnitten wird“.42 Abb. 2: Die Ästhetik der Nazis, von Leni Riefenstahl fotografiert. Ihre Modelle trugen meist eine natürliche Scham, jedoch keine Achselbehaarung. Nach dem Krieg zu Beginn der sogenannten prüden 1950er Jahren änderte 43 sich in der Mode auch aufgrund der Materialknappheit zunächst nicht viel. Dann revolutionierte der französische Modeschöpfer Christian Dior mit dem New Look , der „feminine, üppige, kurvenbetonende, überaus luxuriöse“ Kleider mit sich brachte.44 „Die neue Linie unterschied sich deutlich von der Strenge der Vorkriegs- und Kriegsmode.“ 45 Diors Luxusmode stand für das neue Leben, das man sich nach dem erlebten Elend des Krieges erhoffte. 46 Damit wurden traditionelle bürgerliche Werte und Geschlechterbilder wiederbelebt, die eine Wiederkehr der Sicherheit verheißen sollten. 47 Da die Mode demzufolge wenig offen- herzig war, ist es nicht verwunderlich, dass sich auch der Trend der Körperhaarentfernung in Deutschland weiterhin im naturbelassenen Bereich bewegte. Die Gesuchter der Männer blieben glatt. Doch schon Mitte der 1950er entwickelte sich eine Gegenbewegung, die als Jugendkultur auftrat, sich „gegen 41 Vgl. Alton, Ruth (2009): S. 53. 42 Becker, Claudia (2012). 43 Vgl. Lehnert, Gertrud (2000): S. 42. 44 Ebd., S. 43. 45 Ebd. 46 Vgl. ebd. 47 Vgl. ebd. 8 die mit der Wiederherstellung des Wohlstands beschäftigten älteren Generation“ wendete und sich stattdessen mit existentialistischen Fragen beschäftigte.48 Abb. 3: Bikinimodell der 1950er Jahre mit Achselhaar. Abb. 4: Christian Diors „New Look“ verkörperte die Zukunftswünsche der Menschen in den 1950er Jahren: Sicherheit und Wohlstand. In den 1960er Jahren widersprach auch die Mainstream-Mode den gutbürgerlichen Idealen und setzte ihnen die Erfindung des Minirocks, knappe Bikinis und ein androgynes Schönheitsideal entgegen.49 48 Ebd., S. 51. 49 Ebd., S. 56. 9 Abb. 5: Das Supermodel Twiggy verkörperte das Schönheitsideal der 60er Jahre wie keine andere: androgyn, dürr, kurze Haare, rasiert. Der Zeitgeist versprach demnach ein Revival der Körperhaarentfernung, bis die Beatles und die Rolling Stones stellvertretend für die neue Gegenbewegung dieser Generation anfingen ihre Haare erstmals länger zu tragen. Die junge Generation trug „ihre Abkehr von Konventionen zur Schau, ihren Protest gegen eine Gesellschaft, die Gehorsam und Unterordnung verlangte“. 50 Die Haare und auch die Zurschaustellung der natürlichen Körperbehaarung wurde für die politische 68er Generation und die sogenannten Hippies der 1970er Jahre zunehmend auch „Ausdruck für die Ablehnung des Vietnamkriegs“. 51 Abb. 6: Hippies der 70er Jahre. Frisuren, Bärte und Kleidung als Zeichen politischen Protests. 50 Becker, Claudia (2012). 51 Ebd. 10 Seit den „1980er-Jahren wurden in der Pornografie weibliche Geschlechtsorgane zunehmend nackt gezeigt“, um einerseits tiefere Einblicke zu ermöglichen und andererseits, „weil Haar bei den intensiven Reibungen in ‚Hardcore-Pornos‘ schlicht unangenehm war“. 52 Außerdem setzte sich in den 1980er Jahren das ‚Brazilian Waxing‘ durch, „die Komplettentfernung des Schamhaars“ mit Wachs.53 Diese Art der Körperhaarentfernung spielt bis heute eine große Rolle. Verschiedene Methoden der Haarentfernung mit heißem Wachs, Kaltwachsstreifen oder auch die Epilation der Haare mit einer Art Karamellpaste in sogenannten Sugaring-Studios sind seit den 80er Jahren üblich. Seitdem ist die Körperhaarentfernung nicht nur immer populärer geworden, man kann sogar von einer Neudefinition des Schamhaars sprechen: „Heute bedeutet es nicht mehr ‚Haar, das die Scham bedeckt‘, sondern ‚Haar, für das man sich schämt‘. 54 Die Körperhaarentfernung obliegt mittlerweile wieder einem sozialen Druck wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Übersicht Enthaarungsmethoden Abschließend soll angemerkt werden, dass man bei Enthaarungsmethoden, die die Körperhaare mit der Haarwurzel entfernen von Epilation spricht, diese kann durch Zupfen mit der Pinzette, durch die Verwendung von elektrischen Epiliergeräten, Brazilian Waxing, Halawa (Sugaring) oder auch dauerhaft durch Elektro- oder Laserepilation vorgenommen werden. Bei der sogenannten Depilation wird nur der sichtbare Teil der Haare entfernt, zum Beispiel durch Nassrasur, elektrische Trockenrasur, Abflämmen oder durch die Verwendung von chemischen Enthaarungscremes. 55 56 52 Hanske, Paul-Philipp (2013). 53 Ebd. 54 Ebd. 55 Vgl. Wikipedia – Epilation. 56 Vgl. Wikipedia – Körperhaarentfernung. 11 4. Herstellungsverfahren der Rasierklinge 4.1. Die Rasierklinge 4.1.1. Material Die am weitesten verbreiteten Materialien für die Herstellung von Rasierklingen sind Edelstahl und Karbonstahl. Beide Materialien sind rostfrei, was für Rasierklingen unumgänglich ist. Bei der Nassrasur kommt die Klinge stets mit Wasser und Tensiden in Kontakt und kann nicht vollständig getrocknet werden, da sie, insbesondere bei Sicherheitsrasierern, nicht zerstörungsfrei zugänglich ist. Die Auswahl der Materialien erfolgt in erster Linie nach den Anforderungen, die an die Rasierklinge gestellt werden. Es wird davon ausgegangen, dass ein Barthaar in etwa den gleichen Widerstand, wie ein gleichstarker Kupferdraht hat. Dies stellt selbstverständlich eine große Herausforderung für eine dünne Rasierklinge dar. In Europa werden Rasierklingen häufiger aus Edelstahl hergestellt. Edelstahlklingen sind im Vergleich zu Karbonklingen etwas stumpfer. Das liegt daran, dass Karbonklingen auf einen Winkel von 27° geschliffen werden können ohne auszufransen. Würde man Edelstahlklingen in einem spitzeren Winkel als 30° anschleifen, würde die Oberfläche ausfransen und somit untauglich sein, um ein gutes Rasur-Ergebnis zu erzielen57. Das europäische Barthaar ist allerdings ein verhältnismäßig dünnes, sodass der Schärfeunterschied eine untergeordnete Rolle spielt. Eine Edelstahlklinge reicht für eine gründliche Rasur durchaus aus. Nichtsdestotrotz setzen viele Rasierklingenhersteller auch in Europa verstärkt auf Karbonstahl als Grundwerkstoff für die Rasierklinge. Das Barthaar von afrikanischen Männern ist hingegen sehr viel stärker im Durchschnitt und bedarf daher einer schärferen Klinge. Deshalb werden Rasierklingen für den afrikanischen Markt in der Regel aus Karbonstahl gefertigt. Die meisten Rasierklingen weltweit werden aus Eisenkarbid haltigem Stahl hergestellt, zu dessen Herstellung ein Verbundwerkstoff auf Wolfram und Karbon notwendig ist. Dieser Werkstoff ist hart genug, um die widerständigen Bart- 57 Thüringer Wirtschaftsmagazin 2010 12 haare sicher zu schneiden. Andererseits ist er aber flexibel genug, um sich gut bearbeiten zu lassen.58 In einem europäischen Patent hat sich die Gillette Company 59 eine bestimm- te Zusammensetzung des Werkstoffs für eine von ihnen produzierte Rasierklinge, zusammen mit dem entsprechenden Herstellungsverfahren patentieren lassen. Danach setzt sich der Werkstoff wie folgt zusammen: • Eisen (als Grundwerkstoff) • Karbon (0,45 – 0,55%) • Silikon (0,4 – 1%) • Mangan (0,5 – 1%) • Chrom (12 – 14%) • Molybdän (1,0 – 1,6 %) Die Haltbarkeit einer klassischen Rasierklinge, unabhängig davon, ob sie aus Edelstahl oder Karbonstahl gefertigt ist, liegt bei etwa einer Woche. Haltbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die im Laufe der Zeit entstehenden Abnutzungen an der Klinge, durch die Barthaare dazu führen, dass die Rasur ungleichmäßig wird und schmerzt. Bei der Berechnung der Haltbarkeit geht man von einer täglichen Nassrasur aus. Moderne Klingen, wie sie in der Regel in den Sicherheitsrasierapparaten mit einem Mehrklingensystem verbaut sind, halten hingegen bis zu vier Wochen. Pro Jahr werden dafür bis zu 400 Tonnen Stahl eingesetzt und insgesamt ca. 1,2 Milliarden Klingen produziert, die im Durchschnitt 600 Millionen Schneideeinheiten ergeben. Im Jahr 2010 hat eine Firma aus Ulm eine weitere Entwicklung in Bezug auf das Material zur Herstellung von Rasierklingen mitinitiiert. Auf die vorhandene Hartmetallklinge, wird eine nanokristalline Diamantschicht aufgetragen. Diese wird im Anschluss mit einem selbstentwickelten Plasmaschärfverfahren so lange poliert, bis die Kante nur noch aus wenigen Atomen besteht. Somit wird eine sehr scharfe Schneidkante erzeugt, die gleichzeitig durch die Verwendung von Diamantstaub enorm widerstandsfähig ist. 58 Schueller, Randy 2013 59 The Gilette Company 1996 13 Abb. 7: Nanokristalline Diamantschicht. 4.1.2. Herstellungsverfahren Zuerst wird das Rohmaterial in Form von großen Streifen angeliefert. Die Rollen mit dem Streifenmaterial wiegen etwa 50 kg und beinhalten in der Regel so viel Stahl, dass ausgerollt eine Länge von ca. 3,2 km erreicht würde. Abb. 8: Rolle mit Stahlstreifenmaterial Diese Streifen werden zuerst in einer Stanzmaschine bearbeitet, in der die Außenform der späteren Rasierklinge bereits perforiert wird. Die Löcher und Schlitze in der Mitte, die für die Aufnahme der Klinge in einem Rasierapparat und für die Positionierung der Klingen in weiteren Produktionsschritten notwendig sind, werden hier bereits vollständig ausgestanzt. Jedoch werden noch nicht die gesamten Klingen vollständig ausgestanzt. Zur besseren maschinellen Weiterverarbeitung ist es nötig, dass die Klingen sich noch zusammenhängend an einem Band befinden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Stahl noch sehr weich und flexibel. Eine Härtung findet erst im nächsten 14 Schritt statt, da so der Aufwand für die Stanzmaschine und der Verschleiß geringer sind. Die noch stumpfen, zukünftigen Rasierklingen bezeichnet man als Rohlinge. Abb. 9: Stanzmaschine. Rechts läuft das Streifenmaterial ein. Links verlassen die Rohlinge die Stanzepresse. Abb. 10: Schematische Darstellung des Stanzprozesses. Links die Rolle mit dem Streifenmaterial. Rechts die Stanzmaschine. 15 Abb. 11: Rohlinge auf eine Rolle gewickelt. Im Anschluss werden die Rohlinge in 4 Schritten gehärtet. Als erstes wird das Material in speziellen Öfen 30 Sekunden lang bei 1100°C erhitzt. Dies geschieht in einer kontrollierten Atmosphäre, um Oxidation zu verhindern. Sowohl die Dauer der Erhitzung, als auch die exakte Temperatur sind sehr wichtig für das Endprodukt. Wenn die Dauer der Prozedur zu kurz bemessen wird oder die Temperatur zu niedrig ist, entsteht eine zu weiche Klinge. Verbleibt die Klinge hingegen zu lange im Ofen oder ist die Temperatur zu hoch, entsteht eine Klinge, die nicht mehr gut geschliffen werden kann. Der nächste Schritt ist das sogenannte „Abschrecken“. Dabei werden die Klingen kurzfristig in kaltem Wasser untergetaucht. Anschließend werden die Klingen durch eine Tiefkühlkammer gefahren, in der Temperaturen von etwa -70°C herrschen. Die Klingen bleiben dort für etwa 20 Sekunden und kühlen so rapide ab, dass durch den gesamten Prozess die Molekularstruktur im Material neu geordnet wird. Dies macht die Klingen sehr viel härter und widerstandsfähiger, gleichzeitig aber auch sehr spröde und brüchig. Um den Klingen wieder etwas mehr Flexibilität und Formbarkeit zu verleihen, werden sie im vierten und letzten Schritt der Härtung nochmals auf etwas mehr als 300°C erwärmt und anschließend langsam auf Zimmertemperatur abgekühlt und erneut auf eine Rolle aufgerollt. 16 Die Rohlinge sind zu diesem Zeitpunkt allerdings immer noch stumpf und ungeeignet zum Schneiden von Barthaar. Deshalb werden sie im nächsten Schritt geschliffen und poliert. Dazu läuft der Streifen mit den Rohlingen zunächst in eine Schleifmaschine, in der verschiedene Schleifräder die zukünftigen Klingen fortschreitend bearbeiten. Insgesamt befinden sich in der Maschine 3 Typen von Schleifrädern an beiden Seiten angeordnet um parallel beide Schneidseiten der zukünftigen Klinge zu bearbeiten. Zunächst formen ein grobes Schleifrad und anschließend ein etwas feineres die Kontur der Schneide. Das feinste der drei schließt den Schleifprozess schließlich ab und sorgt für die Schärfe der Klinge. Die unterschiedlichen Schleifräder sind jeweils mehrfach hintereinander gereiht, um eine flüssige, zügige und gleichmäßige Bearbeitung der Rohlings-Streifen zu gewährleisten. Abb. 12: Hintereinander angeordnete Schleifräder. Anschließend durchlaufen die Klingen eine Hochgeschwindigkeits- Poliermaschine, die mit Hilfe von Streichriemen aus einem lederähnlichen Material Überbleibsel des Schleifprozesses entfernt und die Klingen poliert. Nun werden die Klingen, die noch in einem Streifen zusammenhängen durch ein Messer getrennt. 17 Abb. 13: Eine Klinge trennt die verbundenen Klingen voneinander. Der Haltezapfen fixiert dabei die Klingen an den vorher ausgestanzten Stellen in der Mitte der Klingen. Die Klingen werden dann übereinander auf eine sogenannte Klingennadel gesteckt, sodass große Stapel von ca. 4000 Klingen fixiert und unter fluoreszierendem Licht auf Schäden überprüft werden können. Da nun nur noch die Schneidkanten zu sehen sind, können diese in den anschließenden Schritten beschichtet und gehärtet werden, ohne die ganze Klinge behandeln zu müssen. Abb. 14: Zur weiteren Bearbeitung auf sogenannte Klingennadeln gestapelte Klingen. Im Anschluss werden sie mit Desinfektionsmittel gewaschen, um Kontaminationen zu vermeiden und die Klingen von Schleifrückständen zu befreien. Anschließend werden die Klingen getrocknet. Nachdem die Klingen getrocknet sind, wird eine weitere Schicht zur Härtung und Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Klinge aufgetragen. Dieser Schritt erfolgt in einer Vakuumkammer durch sogenanntes Sputtern. Dies ist ein physi- 18 kalischer Vorgang, bei dem Teilchen aus einem Festkörper durch Beschuss mit Ionen herausgelöst werden. Zentraler Vorteil ist die große Haftfestigkeit der aufgestäubten Schichten. 60 Das Sputtern gehört zu den PVD- Beschichtungsverfahren.61 Der nächste Schritt ist das Sintern. Dieses gehört zu den umformenden Fertigungsverfahren und bezeichnet einen Verfahrensschritt der Pulvermetallurgie. Ein aufgetragenes Pulver wird mittels Temperaturbehandlung zu einem kompakten Werkstoff verfestigt bzw. verdichtet. 62 Die Rasierklinge wir mit einer Dispersion des Polymers Polytetrafluorethylen (PTFE bzw. Teflon) besprüht. Diese Schicht wird im Anschluss bei Temperaturen von ca. 350°C ca. 20 Minuten lang gesintert. Diese Teflon-Beschichtung führt dazu, dass der Reibungskoeffizient der Klinge herabgesetzt wird und ein leichteres Gleiten der Klinge über die Haut gewährleistet wird. Abb. 15: PTFE Dispersion wird aufgetragen. 60 Gerlach, Gerald/ Dötzel, Wolfram 2006 61 Klocke, Fritz/ König, Wilfried 2008 62 Gebhardt, Andreas 2007 19 Abb. 16: Klingennadeln werden zum Sintern in den Ofen gehoben. Nun werden die Klingen für etwa 30 Minuten in einem Bad aus organischem Öl ruhen gelassen. Dies bietet zusätzlichen Schutz vor Korrosion und führt darüber hinaus zu einer Homogenisierung der Oberfläche der Klinge. Abb. 17: Klingenstapel in Korrosionsverhinderndem Ölbad. Danach ist die Rasierklinge fertig und kann in Wachspapier verpackt verkauft werden. Wachspapier ist wesentlich stärker als normales Papier und schützt so vor Schnitten. Die Schneiden der Rasierklinge sind nach diesem aufwendigen Produktionsprozess etwa 10-mal dünner als ein menschliches Haar. 20 Abb. 18: Schematische Darstellung des Produktionsprozesses. Quelle: The Gilette Company 5. Erfolgsbedingungen für die Renaissance der Nassrasur 5.1. Technische Veränderungen Die technischen Veränderungen, insbesondere im Bereich der Nassrasierapparate sind neben der technischen Innovation im Sinne einer technischen Verbesserung des Status-Quo auch durch neue Anforderungen der Kunden an die Hersteller bedingt. 5.1.1. Neue Anforderungen Wie bereits in Kapitel 2 ausführlich beschrieben hat sich neben der klassischen Barthaarentfernung der Männer spätestens seit Ende des 2.Weltkrieges auch in Europa der Trend zur Körperhaarentfernung in einem weiteren Sinne durchgesetzt. So sind zum Beispiel die Entfernung der Beinbehaarung der Frauen, sowie die Entfernung der Achselbehaarung beider Geschlechter mittlerweile weit verbreitete Phänomene. Darüber hinaus nimmt auch der Trend immer weiter zu, dass sich beide Geschlechter auch einer Rasur des Intimbereichs unterziehen. So ergab eine Studie der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig 63, dass sich mittlerweile 97 % der jungen Frauen und 79 % 63 Universität Leipzig 2008 21 der Männer regelmäßig eine Körperregion enthaaren. Die Bartrasur bei Männern wurde dabei nicht betrachtet. 89 % der Frauen und 50 % der Männer gaben an, sich regelmäßig sogar mehrere Körperregionen gleichzeitig zu enthaaren. Unter den jungen Frauen entfernen 48 % sogar vier Körperregionen gleichzeitig. Diese sind Beine, Achselhöhlen, Genitalbereich und die Augenbrauen. Die meisten Frauen geben dabei an sich durch die Körperhaarentfernung femininer und attraktiver zu fühlen.64 Da die meisten dieser Rasuren mit Nassrasierern durchgeführt werden, wächst der Markt für die Hersteller von dementsprechenden Enthaarungsprodukten stetig an. Die verschiedenen Anforderungen erfordern teilweise Veränderungen der entwickelten Systeme. Beispielsweise ändert sich je nach zu rasierender Körperregion der Winkel, in dem der Rasierapparat an die Haut gehalten wird. Rasiert ein Mann sich die Gesichtsbehaarung, so hält er den Griff relativ senkrecht zum Boden zeigend und die Klinge gleitet in einem sehr flachen Winkel zur Haut. Demgegenüber hält eine Person, die sich die Beinbehaarung entfernt den Rasierer eher in einem steileren Winkel zur Haut und gleitet dabei von unten nach oben (gegen den Strich), während die Rasur der Gesichtsbehaarung eher von oben nach unten erfolgt (mit dem Strich). Darüber hinaus hat man bei der Rasur von Regionen, die weiter von der Hand entfernt sind, wie die unteren Extremitäten, auch etwas weniger Kontrolle über den Rasierapparat. Der Körper befindet sich in einer eher gestreckten Haltung, sodass die Handhabung schwerer fällt. Neben den Unterschieden in der Handhabung, sind auch unterschiedliche Anforderungen an die Pflege und Vorbereitung der Hautregionen offensichtlich. Während im Gesicht das Einweichen des Barthaares mit einem Rasierschaum bzw. einer Rasiercreme und die Verwendung eines After-Shaves genügen, werden zum Beispiel bei der Beinhaarentfernung sehr viel größere Hautregionen gereizt. Deshalb ist für die Entfernung der Haare auch ein erhöhter Bedarf an Feuchtigkeit, um ein problemloses Gleiten der Rasierklinge zu ermöglichen, 64 Toerien, Merran et al 2005 22 gegeben. Aus diesem Grund werden die Beine sehr häufig unter der Dusche mit laufendem Wasser entfernt.65 5.1.2. Marktangebot Entsprechend zu den sich verändernden Anforderungen an Haarentfernungsprodukte hat die Industrie diese Trends erkannt und bietet mittlerweile ein enorm breites Produktspektrum für Produkte zur Nassrasur an. Selbstverständlich besteht auch ein breites und diversifiziertes Angebot an Produkten für eine elektrische Rasur sowie alternative Haarentfernungsmethoden wie Epilierer etc., allerdings soll auf Grund des Themas der Arbeit der Fokus auf der Nassrasur und den dafür angebotenen Produkten liegen. Die Unterscheidung der Produktlinien erfolgt dabei in der Regel nach folgenden Zielgruppen: 1. „Men“ Die klassische Zielgruppe der Männer wird mit Produkten bedient, die durch Mehrklingensysteme vorgeben eine besonders schonende Rasur zu gewährleisten. Es wird die Theorie aufgestellt, dass dadurch weniger Züge mit den Klingen über die Haut nötig wären und die Haare durch die ersten Klingen weiter herausgezogen würden und somit näher an der Wurzel abgeschnitten werden könnten. Dies ist jedoch zweifelhaft, da es eigentlich keinen Unterschied machen kann, ob man mit einer Klinge fünfmal oder mit 5 Klingen einmal über die Haut fährt. Die Männerprodukte werden in der Regel in der Werbung mit Vergleichen zu typisch maskulinen und technikaffinen Dingen wie Rennwagen oder auch der Raumfahrt beworben. Besonders typisch ist auch die Konnotation von Lasertechnik, obwohl diese, wie beschrieben, zur Herstellung der Klingen nicht zum Einsatz kommt. 65 Universität Leipzig 2008 23 Abb. 19: Gilette Fusion Power. Gerät, konzipiert für männliche Kunden mit Vibration. 2. „Lady“ In dem Sektor, der speziell für Frauen beworben wird, wird in erster Linie Wert auf kurvig gestaltete Handapparate, die eine gute Haptik besitzen, gelegt. Häufig werden die Klingen mittlerweile von einem Speicher umgeben, der Feuchtigkeitscreme an die Haut abgibt. Diese zusätzlichen Pflegeprodukte sind der größte Unterschied zu den eher minimalistisch und futuristisch wirkenden Apparate, die speziell für Männer hergestellt wurden. Abb. 20: Wilkinson Intuition. Konzipiert primär für Frauen. Dieser hat einem großen Aloe-VeraCremespender. 24 3. „Power“ Ein seit einigen Jahren zunehmender Trend im Sektor der Sicherheitsrasierer ist der Trend batteriebetriebene Apparate herzustellen, die durch Vibration das Gleiten der Klingen über die Haut erleichtern sollen. Die Wirksamkeit dieses Systems ist wissenschaftlich allerdings nie unabhängig belegt worden. Trotzdem steigt der Umsatz gerade dieser Apparate stetig. 4. Einmalrasierer Eine weitere Form der Sicherheitsrasierer sind die Einwegrasierer. Hier ist in der Regel nur eine Klinge fest in die Apparate eingebaut und im Unterschied zu den länger zu benutzenden Handgriffen ist der Klingenkopf fixiert. Die Rasur muss daher vorsichtiger ausgeführt werden, da Unebenheiten nicht von einem flexiblen Rasierkopf ausgeglichen werden. Abb. 21: Einwegrasierer. 5. Zusatzfunktionen Der Trend geht immer mehr dahin Zusatzeigenschaften in die Handgriffe zu integrieren. Hier werden zum Beispiel die Trimmeigenschaften eines Elektrorasierers integriert, wenn am unteren Teil des Griffes ein elektrischer und wasserdichter Trimmer angebracht ist oder auf der Rückseite des Klingenkopfes eine einzelne Klinge für präzise Rasuren integriert wird. 25 Abb. 22: Wilkinson mit Trimm-Zusatzfunktion. Trocken- und Nassrasierer wachsen zusammen. Trotz umfangreicher Recherchen war es nicht möglich, belastbare Aussagen zu wesentlichen Unterschieden zwischen den Klingen, die in „men“ oder „lady“ Geräten verbaut sind zu finden. Die Hersteller geben zwar an, dass die Apparate Unterschiede aufweisen, diese scheinen sich aber eher auf Aussehen, Form und Zubehör zu beziehen als auf Eigenschaften bzw. Anordnung der eigentlichen Klingen. Auch bei einer vergrößerten Betrachtung der Klingen der verschiedenen Apparate lässt sich kein offenkundiger Unterschied feststellen. 5.2. Kulturelle Veränderungen Durch die Betrachtung der historischen Entwicklung der Körperhaarentfernung (Punkt 2) und der Trendfeldrecherche (Punkt 5.1.2) wird deutlich, dass Trends generell abhängig vom jeweiligen Zeitgeist und damit einem stetigen Wandel untergeordnet sind. Doch nun stellt sich die Frage, welche kulturellen Einflüsse die aktuelle Renaissance der Körperhaarentfernung, insbesondere der Nassrasur begünstigen. Dazu lohnt sich zunächst die erneute Feststellung einer Momentaufnahme: wie bereits im letzten Kapitel beschrieben, belegt die Studie der Universität Leipzig von 2008, dass sich mehr als 97% der jungen Frauen (Altersdurchschnitt bei 23 Jahren) und 79% der Männer (die Bartrasur nicht miteinbezogen) 26 regelmäßig Körperhaar an mindestens einer Körperregion entfernen. 66 Man kann daher durchaus von einem Massentrend der Körperhaarentfernung sprechen. Kritik an dieser Entwicklung kam bisher vor allem von Feministinnen, die die Körperhaarentfernung der Frauen im Hinblick auf den Jugendwahn unserer Gesellschaft anprangerten, da eine Ähnlichkeit einer komplett enthaarten weiblichen Scham mit einem Kindergenital vorhanden sei: „ Frauen, die sich enthaaren, entfernen gewissermaßen ihre sekundären Geschlechtsmerkmale. Sie verwandeln sich rein optisch in präpubertäre Körper. Damit signalisieren sie vor allem eines: Reinheit und Ungefährlichkeit. Das hat heute eine große Anziehungskraft.“ 67 Bewirkt die Enthaarung bei Frauen eine Verwandlung in ein kindliches Schönheitsideal, geht es bei der der Männer genau um das Gegenteil, nämlich einer optischen Vergrößerung der Geschlechtsmerkmale.68 „Ein und dieselbe Praxis kann auf symbolischer Ebene [demnach eine] ganz konträre Bedeutung haben […].“69 Ein Indiz für die unterschiedliche sexuelle Besetzung rasierter Intimbereiche von Frau und Mann ist unter anderem auch die Werbung für Rasierer, die sich je nach Zielgruppe deutlich unterscheidet: Werden Frauen angesprochen, so wird stets mit einem sexualisierten Schönheitsideal des glatten attraktiven Körpers geworben. Ist die Werbebotschaft an potenzielle männliche Kunden adressiert, so wird eine andere Botschaft vermittelt, die allerdings nicht weniger sexuell aufgeladen ist - nämlich die des starken Mannes, der die Rasur mit der Klinge an der Kehle, wie mit einer Waffe vollzieht. Durch das Anpreisen immer neuer Technologien soll auf der anderen Seite Sicherheit vermittelt werden, so dass nun jeder Mann mit dem entsprechenden Gerät gefährlich, sexy und attraktiv sein kann. Dieser Ansicht, dass Frauen im Gegensatz zu Männern durch eine Intimrasur fremdbestimmt wären, widersprechen andere weibliche Stimmen, die erklären „mit ihrem enthaarten Geschlecht ganz zufrieden zu sein“. 70 Eine US-Studie untermauert diese Meinung, da sie belegt, dass vor allem unabhängige und 66 Universität Leipzig (2008): S.1. 67 Hanske, Paul-Philipp (2013). 68 Vgl. ebd. 69 Ebd. 70 Hanske, Paul-Philipp (2013). 27 sexuell aktive Frauen sich für eine regelmäßige Haarentfernung im Intimbereich entscheiden würden. 71 Dieser paradoxe Trend weist demnach zum einen auf sexuelle Abwehr und zum anderen auf ein aktives Sexualleben hin. 72 Deshalb muss auf eine weitere mögliche Ursache für den Megatrend Körperhaarentfernung verwiesen werden, die als Folge des Schönheitswahns unserer Gesellschaft gesehen werden kann: Das Bild einer ‚schmuddeligen‘, triebhaften Sexualität weicht durch die Haarentfernung einem sauberen, ästhetischen Bild. Die Assoziation von Sex mit Haaren, Schweiß, Körpergeruch und Unreinheit weicht einer Vorstellung von schönen, glatten Körpern und Geschlechtsverkehr als sportliche Aktivität. 73 „Auf diese Weise löst sich auch der vermeintliche Widerspruch: Das Ideal des reinen Körpers ist kein Gegensatz zur allgegenwärtigen Sichtbarkeit der neuen Mainstream-Pornografie.“74 Auch der österreichische Kulturphilosoph Robert Pfaller nennt die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem „neuen Puritanismus“ im Hinblick auf ein Streben nach den Idealen Fitness, Sport und Gesundheit als Ursache für den großen Trend der Körperhaarentfernung. Es wird suggeriert das Genuss ohne Reue möglich sei - in Bezug auf die Sexualität beispielsweise im Sinne einer Legitimation durch „körperlosen“, haar- und geruchsfreien und somit sauberen Sex.75 „Alles, was andeuten könnte, man hätte den Körper nicht im Griff, löst Ekel aus.“ 76 Genau wie in den 1920er Jahren gelte auch in der Gegenwart das Modell des ‚unternehmerischen Selbsts‘ oder auch ‚body managements‘: Man sollte stets an einer Optimierung von sich selbst arbeiten und ist allein für sich verantwortlich. „In diesem Sinne werde der Körper als ‚Rohstoff des eigenen Selbst‘ betrachtet, der sauber und leistungsbereit zu sein habe.“ 77 71 Vgl. ebd. 72 Vgl. ebd. 73 Vgl. ebd. 74 Ebd. 75 Vgl. ebd. 76 Ebd. 77 Ebd. 28 Gründe für eine Renaissance der Nassrasur Doch warum spielt bei der Körperhaarentfernung die Nassrasur eine besonders große Rolle? Während sich 2003 49% der deutschen Männer ausschließlich trocken den Bart rasierten, waren es 2013 nur noch 31,4%. 78 79 Abb. 23: Männer in Deutschland nach bevorzugter Art der Rasur nass oder trocken - im Jahr 2013 Um Gründe für diese Entwicklung zu finden, sollen zunächst Ergebnisse einer 2003 veröffentlichten Studie des Nassrasierapparat-Herstellers Wilkinson vorgestellt werden: 32% der Nassrasierenden sagen, dass ihnen das Rasieren Freude bereitet, was nur 12% der Trockenrasierenden erwidern. 80 Auch in der Gründlichkeit liegen die Nassrasierer vorne, denn 92% der Nassrasierenden halten ihre Rasur für gründlich, doch nur 50% der Trockenrasierenden. Das Sicherheitsgefühl ist laut Studie der Grund dafür, dass viele Männer trotzdem den elektrischen Apparat bevorzugen, „denn für die [Trockenrasierenden] ist es von größter Bedeutung, dass sie sich beim Rasieren nicht schneiden (96% Trockenrasierende/80% Nassrasierende). 81 Ein Grund für die Zunahme der Männer, die sich für das Nassrasieren entschieden haben, könnte daher die verbesserte technologische Entwicklung in den letzten zehn Jahren sein. Vergitterte 5-Klingensysteme und elektromotori- 78 Krahl, Marco (2003). 79 Statista – Das Statistikportal (2013). 80 Vgl. Krahl, Marco (2003). 81 Vgl. ebd. 29 sche Schwingköpfe zum Aufrichten der Haare scheinen noch mehr Sicherheit vor Schnittwunden zu gewährleisten.82 Ein weiterer Grund für den größer werdenden Erfolg der Nassrasur stellt möglicherweise die bereits im vorigen Abschnitt beschriebene Sexualisierung des Nassrasierens durch die Werbeindustrie dar, wodurch die Nassrasur mit Attributen, wie Männlichkeit, Gefährlichkeit, Kontrolle und Sexappeal verknüpft wurde. Als Folge des Trends zur Nassrasur eröffnen in Großstädten, wie Berlin, Hamburg und München immer mehr Barbier-Shops. 83 Obwohl das Handwerk in den letzten Jahrzehnten so gut wie ausgestorben schien, erlebt es in den letzten Jahren ein Revival. Hier lässt man sich wie in alten Zeiten wieder mit dem Rasiermesser verwöhnen. Die Barbier-Shops richten sich vor allem an junge, wohlhabende Kunden mit großem Modebewusstsein. Inwiefern die traditionelle türkische und arabische Barbier-Kultur, die seit Jahrzehnten innerhalb ihrer Community bereits auch in Deutschland großen Zuspruch findet zu dieser aufkommenden Mode beigetragen hat, ist nicht durch Quellen belegt. Wahrscheinlicher ist, dass das Comeback des Barbierhandwerks mit dem sogenannten Retro-Trend einhergeht. Auch Zukunftsforscher Matthias Horx meint: „Auf der soziokulturellen Ebene ist der stärkste Trend derzeit 'Retro'. Die Mode, die Musik, die Gedanken – alles dreht sich um eine Idealisierung der Vergangenheit, die angeblich besser war als die Gegenwart.“84 Abb. 24: Barbier-Shop im Retro-Style in Rotterdam. 82 Vgl. Strassmann, Burkhard (2009). 83 Vgl. Deutsche Welle (2014). 84 Perske, Jörn (2011). 30 Auch die aktuelle Vollbartmode ist ‚retro‘ und erfordert entgegen vieler Vermutungen besonders viel Pflege, die ein Barbier-Shop auch anbietet. Abb. 25: Die aktuelle Werbekampagne der Marke Scotch & Soda zeigt den Trend zum Vollbart. Model und Bartträger: Christian Goran. Die Hersteller von Trockenrasierern versuchen dem Rückwärtstrend ebenfalls zu begegnen, indem sie seit einigen Jahren Geräte anbieten, die durch einen „dünnen Griff und abgesetzten Scherkopf“ vom Design her an Nassrasierer erinnern und auch funktional sowohl eine Trocken-, als auch Nassrasur ermöglichen.85 Doch es gibt noch weitere Gründe, warum Nassrasierer auch bei der Körperhaarentfernung im Vergleich zu allen anderen Methoden immer noch besonders erfolgreich sind: sie erfüllen kostengünstig und dauerhaft die Forderung nach perfekter Gepflegtheit, im Gegensatz zur Trockenrasur, die den haptischen Ansprüchen vieler nicht genügt. Eine Epilation, die diesem Anspruch auch gerecht wird, ist mit höheren Kosten, Schmerzen, anfänglicher Hautrötung und einem größerem Zeitaufwand verbunden. Zudem muss man eine Wachstumsphase von etwa vier Wochen in Kauf nehmen, denn das Haar muss eine gewisse Länge erreicht haben, um es erneut epilieren zu können. Diese Phase ist für viele zu lang, um sich jederzeit gepflegt zu fühlen, was für viele eben haarlos zu sein bedeutet. Abschließend bleibt erneut festzustellen, dass das Tragen oder Nichttragen von Bärten und Körperhaar immer kulturellen Einflüssen und damit wechselhaften Moden unterworfen ist. Auch dem aktuellen Trend des glatten Körpers wird höchstwahrscheinlich eine Gegenbewegung folgen. Die ersten Anzeichen sind 85 Vgl. Strassmann, Burkhard (2009). 31 schon da, so inszenierte sich die Sängerin und Trendsetterin Madonna im März dieses Jahres bereits mit Achselbehaarung. 86 Was von der Onlineplattform des focus noch unter dem Ausruf „Ekelalarm!“ 87 präsentiert wurde, wird voraussichtlich schon bald als progressiv gelten. Auch die New York Times behauptete im Januar die Zeichen der Zeit sprechen für Natürlichkeit und löste damit eine Intimrasur-Diskussion in den USA aus. Die Hollywood Schauspielerin Gwyneth Paltrow bekannte sich daraufhin ebenfalls dazu eine natürliche Intimfrisur wieder zu bevorzugen.88 Abb. 26: Madonna zeigt sich 2014 mit Achselhaar. Noch wird es als Provokation aufgefasst. Es bleibt abzuwarten, wann sich auch die europäischen Medien dieser Trendwende anschließen und damit eine neue Mode mit sich bringen werden, denn „der menschliche Körper ist ein durch und durch soziales Phänomen: Was immer Menschen mit ihrem Körper tun, welche Einstellung sie zu und welches Wissen sie von ihm haben, ist geprägt von der Kultur, Gesellschaft und Epoche, in der diese Körperpraktiken, -vorstellungen und -bewertungen auftreten.“89 Im Gegensatz zur Oberschicht in früheren Jahrhunderten sind es heute deshalb vor allem die Medien, die den Konsum der Gesellschaft gezielt beeinflussen, denn sie definieren, was schön ist. Die Zeitgeistkritik gilt daher meist weniger den Individuen, die sich den gemachten Trends anschließen, sondern viel mehr der Konsum- und Mediengesellschaft, die den Menschen diktiert, wie man sein sollte, um erfolgreich zu sein.90 86 Knauer, Roland (2014) 87 Fokus (2014). 88 Vgl. Pomer, Laura (2014). 89 Gugutzer, Robert (2007): S. 1. 90 Vgl. ebd. 32 5.3. Nachhaltigkeit der Nassrasur Auch wenn die beiden Marktführer Gillette, als Teil des Procter & Gamble Konzerns, sowie Wilkinson beide auf ihren Websites eine nachhaltige(re) Produktion ankündigen, fehlt es leider an konkreten Zahlen zu diesem Thema. P&G kündigte an zukünftig für alle Produkte und Verpackungen 100 % recycelte Materialien verwenden zu wollen. Darüber hinaus soll der Energiebedarf der Produktion um bis zu 40 % gesenkt werden. Allerdings ist es offenbar leider nicht möglich herauszufinden, wieviel Energie aufgewendet werden muss, um eine Rasierklinge herzustellen. Trotz mehrfacher Anfragen bei verschiedenen Herstellern konnten wir diese Daten nicht in Erfahrung bringen. Lediglich der Gesamtbedarf des Gillette Werks in Berlin konnte mit 40 Millionen kWh/ Jahr von uns ausfindig gemacht werden. In diesem Werk wird ein Großteil der Produkte für den Europäischen, Asiatischen und Afrikanischen Markt produziert. Interessanterweise gibt es allerdings ziemlich genaue Berechnungen über den Energiebedarf der unterschiedlichen Rasiermethoden: Palmer (2010) zeigt, dass man zur Erwärmung des zur Nassrasur benötigten Wassers jedes Mal etwa 0,04 kWh benötigt. Somit werden durchschnittlich 10,4 kWh jährlich für die Wassererwärmung verbraucht. Vergleicht man dies mit dem Energiebedarf für einen elektrischen Rasierapparat wird deutlich, dass dieser sehr viel weniger Energie benötigt. Geht man von einer 15 minütigen Rasur, fünfmal in der Woche aus, benötigt ein durchschnittlicher Rasierapparat ungefähr 0,35kWh pro Jahr. Wichtig ist allerdings auch die Daten des CO2 Ausstoßs bei der Produktion der Geräte miteinzubeziehen. Da es wie bereits erwähnt keine Werte von großen Herstellern dazu gibt, muss mit einer Analogie gearbeitet werden. Dafür bietet sich die elektrische Zahnbürste an. Durchschnittlich hat diese eine etwas höhere Watt-Zahl, als ein elektrischer Rasierapparat, allerdings wird diese auch etwas kürzer verwendet. Insgesamt fallen etwa 40 % des Energiekonsums der elektrischen Zahnbürste während der Nutzungsphase an. Bei einer Haltbarkeit von etwa 4 Jahren verbraucht eine solche Zahnbürste ca. 1,4 kWh über diesen Zeitraum. Demnach fällt für Design, Produktion, Transport und Entsorgung nochmals ein Energieverbrauch von 2,1 kWh an. 33 Insgesamt fallen also für jede elektrische Zahnbürste durchschnittlich 3,5 kWh Energiebedarf und mithin 0,59kg CO2 an. Bei Einwegprodukten, wie denen der Firma BIC sieht dies noch einmal anders aus. Laut Unternehmensangaben benötigen die Herstellung und der Versand eines einzelnen Rasierers 0,043kg CO 2. Geht man davon aus, dass ein Einwegrasierer ungefähr 10 Mal benutzt werden kann, so würde der Bedarf an Rasierern pro Person und Jahr etwa 1,375kg CO 2 ausmachen. Dazu kommen die ca. 6kg CO 2, die durch die Erwärmung des Wassers anfallen. Zusammenfassend bedeutet dies, dass die elektrische Rasur ca. 0,5kg CO 2Ausstoß pro Jahr verursacht und die Nassrasur mit Einweggeräten hingegen einen von ca. 7,2kg. Die jährlichen Mehrausstöße von CO2 durch die Nassrasur von ca. 6,7kg CO 2 entsprechen in etwa dem Ausstoß, den das Fahren eines durchschnittlichen Mittelklassewagens für etwa 25km verursachen würde. Bei der Entsorgung zeigen sich weitere Unterschiede. In den USA werden jährlich ca. zwei Milliarden Einwegrasierer entsorgt. Diese sind in aller Regel nicht recycelbar, da die Trennung der Materialien zu gefährlich und zu aufwendig wäre. Elektrische Rasierapparate sind hingegen relativ gut recycelbar und die häufig verwendeten Nickel Batterien sind weniger toxisch, als Lithium Akkus. Resümierend stellen die Autoren fest, dass der Unterschied zwischen den Rasiermethoden im Hinblick auf die Nachhaltigkeit keinen großen Unterschied macht. Eine große Verschwendung ist hingegen das Rasieren unter der Dusche bei laufendem Wasser. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 8,5 Liter Wasser/Minute würde man während einer zehnminütigen Rasur ca. 90 Liter Wasser, 4,1kWh elektrischer Energie und 2,4kg CO 2 verschwenden. 34 6. Literaturverzeichnis Alkemeyer, Thomas (2007): Körperkult und Schönheitswahn. Bundeszentrale für poltische Bildung (Hrsg.). Online unter: http://www.bpb.de/apuz/30506/aufrecht-und-biegsam-eine-politischegeschichte-des-koerperkults?p=6 (Stand: 30.06.2014). Alton, Ruth (2009): Deportiert von den Nazis: Berlin - Lodz - Auschwitz - Stutthof – Dresden. Anzeige für Dulmin Enthaarungscreme. 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FR 3-6Geisteswissenschaften, Franklinstr. 28/29, 10587 Berlin Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt gegenüber der Fakultät I der Technischen Universität Berlin, dass die vorliegende, dieser Erklärung angefügte Arbeit selbstständig und nur unter Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis genannten Quellen und Hilfsmittel angefertigt wurde. Alle Stellen der Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind kenntlich gemacht. Ich reiche die Arbeit erstmals als Prüfungsleistung ein. Titel der schriftlichen Arbeit Abschlussarbeit AL-P4 - Die Renaissance der Nassrasur!? __________________________________________________________________ VerfasserIn* Name,Vorname,Matr.-Nr. Lohauß, Nadja, 330365 Groth, Sven Malte Groth, 346308 ____________________________________________________________________________ Betreuender Dozent Name, Vorname Prof. Dr. Dienel, Hans-Liudger ____________________________________________________________________________ Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich über fachübliche Zitierregeln unterrichtet worden bin und verstanden habe. Die im betroffenen Fachgebiet üblichen Zitiervorschriften sind eingehalten worden. Eine Überprüfung der Arbeit auf Plagiate mithilfe elektronischer Hilfsmittel darf vorgenommen werden. Berlin, 01.07.2014 ____________________________________________________________________________ Ort, Datum Unterschrift** *Bei Gruppenarbeiten sind die Unterschriften aller VerfasserInnen erforderlich. **Durch die Unterschrift bürgen Sie für den vollumfänglichen Inhalt der Endversion dieser schriftlichen Arbeit.