Versuch M2 Quantentransport (Zweidimensionale Elektronengase)

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Versuch M2 Quantentransport (Zweidimensionale Elektronengase)
Versuch M2
(Raum MB 009)
Quantentransport
(Zweidimensionale Elektronengase)
Physikalisches Praktikum für Fortgeschrittene
Teil A
RWTH Aachen
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
1 Streuung im zweidimensionalen Elektronengas
1.1 Phononenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Störstellenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Legierungsstreuung . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Elektronenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Transport- und Quantenrelaxationszeit . . . . .
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2
3
4
4
5
5
2 Quantentransportphänomene
2.1 Grundlagen der Beschreibung des 2DEG im B-Feld . . . . . . .
2.1.1 Zustandsdichte im 2DEG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 2DEG im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Zeeman-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Shubnikov-de Haas Oszillationen . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Der klassische Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Übergang zum Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Das Lokalisierungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.4 Das Randkanalbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Bemerkungen zu Temperatur und B-Feld . . . . . . . . . . . . .
2.4.1 Thermische Aktivierung der Shoubnikov-de Haas Minima
2.5 Systematischer Fehler beim Hallwiderstand . . . . . . . . . . . .
2.6 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6
6
8
9
11
12
16
16
17
17
19
23
24
24
25
3 Versuchsaufbau
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27
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
30
4.1 Einkühlen des Kryostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4.2 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Anhang
34
A Lock-In Verstärker
34
A.1 Wozu dient ein Lock-In-Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
A.2 Funktionsweise eines Lock-In-Verstärkers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
I
B Hilfe zur Auswertung der SdH-Oszillationen
38
Literaturverzeichnis
40
II
Vorausgesetzte Kenntnisse:
• Elementare Quantenmechanik
• Grundlagen der Festkörperphysik
Literaturempfehlungen:
1. Ibach, H. und Lüth, H., Festkörperphysik (Springer Verlag)
2. Ashcroft, N. W. und Mermin, N. D., Solid State Physics (International Edition, W.
B. Saunders Company)
3. Datta, S., Electronic Transport in Mesoscopic Systems (Cambridge University Press)
4. Ferry, D. K., Semiconductors (Macmillan Publishing Company)
5. Ihn, T., Semiconductor Nanostructures (Oxford University Press)
III
1
Einleitung
Im Rahmen der fortschreitenden Miniaturisierung von elektronischen Bauelementen, und
dort im speziellen des Transistors, gewinnen quantenmechanische Einflüsse beim Elektronentransport eine immer größere Relevanz. Ein eingehendes Verständnis der Physik
in diesem Bereich ist unerläßlich, um mit neuartigen Bauelementkonzepten aufwarten zu
können und auftretende Transportphänomene zu verstehen. Ein wichtiges Beispiel für den
Quantentransport in Halbleiterstrukturen ist der Quanten-Hall-Effekt, für dessen Entdeckung Klaus von Klitzing 1985 den Nobelpreis erhielt. Hierbei handelt es sich um ein im
Folgenden genauer diskutiertes Phänomen der Quantisierung von Elektronenzuständen
eines zweidimensionalen Elektronengases im externen Magnetfeld. Durch die genaue Untersuchung des Quanten-Hall-Effekts und verwandter Phänomene sollen erste Erfahrungen
mit dem niedrigdimensionalen Transport in Halbleiterstrukturen gewonnen und die Auswertung von Transportdaten im Hinblick auf materialspezifische Eigenschaften geschult
werden.
2
KAPITEL 1. STREUUNG IM ZWEIDIMENSIONALEN ELEKTRONENGAS
Kapitel 1
Streuung im zweidimensionalen
Elektronengas
Im Rahmen der Einelektronennäherung können Elektronen in einem Festkörper durch
Blochwellen beschrieben werden. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass sie beim Transport durch ein exakt periodisches Gitterpotential nicht gestreut werden. Erst durch Störungen in der Periodizität des Potentials kommt es zu Streueffekten, die sich dann als
Probenwiderstand bemerkbar machen.
Die mittlere freie Transportzeit τtr , also die Zeit, die sich ein Elektron zwischen zwei Streuprozessen frei bewegen kann, läßt sich durch die Relaxationszeitnäherung bestimmen. Sie
gibt die Zeit an, die das Elektronensystem benötigt, um nach der Abschaltung des elektrischen Feldes wieder ins thermische Gleichgewicht zurückzukehren. Diese Relaxationszeit
ist proportional zur Beweglichkeit µ:
µ=
e
τtr
m∗
(1.1)
Aus der Elektronenbeweglichkeit im betrachteten System und der Ladungsträgerdichte ns
bestimmt sich der der Messung zugängliche Probenwiderstand in Transportrichtung Rxx
ohne externes Magnetfeld zu:
Rxx =
l 1
l
1
·
= ·
b σxx
b ns eµ
(1.2)
Dabei ist l die Ausdehnung der Probe in Stromrichtung zwischen den Spannungsabgriffen
und b senkrecht dazu. σxx ist die Komponente des Leitfähigkeitstensors in x-Richtung.
Da es sich um ein zweidimensionales System handelt, ist [ns ] = m12 und die Dicke des
Materials erscheint nicht in obiger Gleichung.
Bei Transportprozessen in Halbleitern treten viele verschiedene Streuphänomene auf. Die
zugehörigen Relaxationszeiten unterscheiden sich im allgemeinen nicht nur durch ihre
Größe, sondern insbesondere auch durch ihre Temperaturabhängigkeit. Unter der Vorraussetzung voneinander unabhängiger Streumechanismen kann man aus den einzelnen
Beiträgen mit Hilfe der Matthiessenschen Regel eine Gesamtrelaxationszeit berechnen:
1.1. PHONONENSTREUUNG
3
1
τges
1.1
=
X1
τi
i
(1.3)
Phononenstreuung
Ein Phonon ist ein quantenmechanisches Quasiteilchen, das eine Energie h̄ω und einen
Impuls h̄k besitzt. Die Phononen beschreiben Schwingungen der Gitteratome um ihre
thermodynamische Ruhelage und sind innerhalb der Probe delokalisiert, d.h. nicht einem
festen Ort zuzuordnen. Da bei einer Erhöhung der Temperatur die Energie der Phononen zunimmt, werden auch die Schwingungen der Gitteratome stärker. Diese Auslenkung
der Gitteratome aus ihrer Ruhelage stört die Gitterperiodizität, und führt somit zu einer
Streuung der Elektronen.
Man unterscheidet zwischen optischen und akustischen Phononen. Akustische Phononen
entsprechen weitestgehend den Schallwellen, die sich durch das Kristallgitter fortpflanzen.
Hierbei bewegen sich alle Atome einer Einheitszelle in Phase. Bei optischen Phononen
hingegen bewegen sich die Atome einer Einheitszelle gegenphasig. Sind die gegenphasig
schwingenden Atome geladen, so existieren Schwingungsmoden, bei denen entgegengesetzt geladene Untergitter gegeneinander schwingen (Abb. 1.1). Die dabei oszillierenden
Dipolmomente können mit Photonen wechselwirken.
In zweidimensionalen Elektronengasen gilt folgende Faustregel: Für Temperaturen oberhalb von 60K wird der Elektronentransport durch Stöße mit optischen Phononen, zwischen
ca. 10K und 50K für binäre bzw. zwischen ca. 40K und 50K für ternäre Halbleiter durch
Streuung an akustischen Phononen bestimmt. Bei Temperaturen unterhalb von etwa 10K
ist die Streuung an Phononen vernachlässigbar.
Abbildung 1.1: Transversalwellen von Phononen bei gleicher Wellenlänge im Vergleich, 2atomige Basis mit positiven und negativen Atomen
Für akustische Phononen lässt sich die Temperaturabhängigkeit von τ auf einfache Weise
4
KAPITEL 1. STREUUNG IM ZWEIDIMENSIONALEN ELEKTRONENGAS
bestimmen. Da die Anzahl der Stöße pro Zeiteinheit proportional zum Streuquerschnitt
Σ und dem thermischen Mittelwert über alle Elektronengeschwindigkeiten hvi ist, gilt:
τ ∼ (Σ·hvi)−1 . Für genügend hohe Temperaturen ist der Elektronentransport in der Heterostruktur noch nicht auf den Bereich des zweidimensionalen Elektronengases
beschränkt
√
und hvi ist wie im dreidimensionalen Halbleiter proportional zu T . Da desweiteren der
Streuquerschnitt Σph als proportional zum Quadrat der mittleren Schwingungsamplitude
eines Phonons abgeschätzt werden kann und damit proportional zu T ist, ergibt sich insgesamt:
3
τph ∼ T − 2
(1.4)
Bei sinkender Temperatur nimmt die Wahrscheinlichkeit für die Anregung eines Phonons
ab und die mittlere Zeit zwischen zwei Stößen nimmt zu.
1.2
Störstellenstreuung
Die Periodizität des Gitterpotentials wird ebenfalls durch unbeabsichtigte Verunreinigungen (Reststörstellen) sowie durch die gewollte Dotierung des Halbleitermaterials gestört.
Dieser Effekt wird jedoch erst unterhalb einer Temperatur von typischerweise 10K dominant.
In Analogie zur Phononenstreuung läßt sich auch hier die Temperaturabhängigkeit der
Relaxationszeit τst bestimmen. Wechselwirkt ein Elektron im Festkörper mit einer geladenen Störstelle, so ist bei dieser Rutherford-Streuung“ der Streuquerschnitt Σst umgekehrt
”
proportional zur vierten Potenz der Teilchengeschwindigkeit. Damit wird τst insgesamt
proportional zu hvi3 . Für genügend kleine Temperaturen ist lediglich der Transport im
zweidimensionalen Elektronengas erlaubt. Da für dieses entartete System die Elektronengeschwindigkeit keine Funktion der Temperatur ist, gilt:
τst ∼ T 0
(1.5)
Im Gegensatz zum herkömmlichen Halbleiter verhält sich das zweidimensionale Elektronengas bei tiefen Temperaturen wie ein Metall.
1.3
Legierungsstreuung
Legierungsstreuung tritt in Legierungen verschiedener III-V-Halbleiter wie Alx Ga1−x As
oder Inx Ga1−x As auf. Durch die statistische Besetzung der III-wertigen Gitterplätze mit
Gallium oder Aluminium bzw. mit Gallium oder Indium und das unterschiedliche Potential der verschiedenen Atome entsteht ein schwaches Zufallspotential, an dem Elektronen
gestreut werden können. Während sich im AlGaAs/GaAs- Heterosystem die Elektronen
fast nur im GaAs aufhalten und dieser Mechanismus nur eine geringe Rolle spielt, bildet
sich in der InGaAs/InP-Heterostruktur das Elektronengas in der Legierung aus, so dass
dieser Streumechanismus bei tiefen Temperaturen (T ≤ 40K) dominiert. Jedoch ist dieser
1.4. ELEKTRONENSTREUUNG
5
Streumechanismus ähnlich der Störstellenstreuung für kleine Temperaturen temperaturunabhängig.
1.4
Elektronenstreuung
Aufgrund der Erhaltung des Gesamtimpulses innerhalb des Elektronensystems spielt die
Elektron-Elektron-Streuung bei der Bestimmung der Transportrelaxationszeit keine Rolle. Die Beweglichkeit des 2DEG wird im wesentlichen durch die Streuung an Phononen,
die Störstellenstreuung sowie die Legierungsstreuung bestimmt.
1.5
Transport- und Quantenrelaxationszeit
Wie bereits erwähnt, läßt sich die Transportrelaxationszeit aus Messungen des Probenwiderstandes bestimmen. Diese Größe ist aber nicht unmittelbar zur Berechnung der
Einzelkomponenten nach Gleichung 1.3 geeignet. Der Grund hierfür liegt darin, dass ein
Elektron merklich“ aus der Transportrichtung gestreut werden muss, um zu einer signifi”
kanten Verminderung der Impulskomponente parallel zum äußeren elektrischen Feld, und
damit zu einem meßbaren Widerstand, zu führen. Gibt S(Θ) die Wahrscheinlichkeit an,
um um den Winkel Θ aus der Transportrichtung gestreut zu werden, so berechnet sich
die Transportrelaxationszeit zu:
Z π
1
=
dΘS(Θ)(1 − cos Θ)
(1.6)
τtr
0
Der Term (1 − cos Θ) gewichtet dabei die Streubeiträge gemäß ihrer oben diskutierten
Bedeutung.
Die Quantenrelaxationszeit τq , die Lebensdauer eines Elektrons im Einteilchenzustand,
dagegen beschreibt die mittlere Zeit zwischen zwei Stößen. Dabei spielt es keine Rolle,
wie groß die Richtungsänderung durch einen Stoß ist, da hier kein Transport stattfindet:
Z π
1
=
dΘS(Θ)
(1.7)
τq
0
Im Rahmen der zu betrachteten Streumechanismen gilt: τtr ≥ τq .
6
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
Kapitel 2
Quantentransportphänomene
2.1
Grundlagen der Beschreibung des 2DEG im BFeld
Ausgangspunkt der Untersuchung ist ein als Halbleiterheterostruktur bezeichnetes Materialpaket. Hierbei handelt es sich um eine Abfolge geeigneter Halbleiter, die durch ein als
Epitaxie bezeichnetes Verfahren einkristallin gewachsen werden. Werden so Halbleitermaterialien verschiedener Bandlücken aber annähernd gleicher Gitterkonstanten aufeinander
abgeschieden, so kann es zur Ausprägung eines zweidimensionales Elektronengassystems
kommen (Abb. 2.1).
Abbildung 2.1: Aufbau der InGaAs/InP Heterostruktur und des zweidimensionalen Elektronengases
Bei dem hier untersuchten System handelt es sich um eine Verbindung aus nahezu undotiertem InGaAs und hoch n-dotiertem InP. Das InP zeichnet sich durch eine deutlich
größere Bandlücke aus, als das InGaAs. Bringt man diese beiden Materialien in Kontakt,
so verbiegen sich die Kanten der Leitungs- und Valenzbänder an der Kontaktstelle. Die
Fermienergie EF muss im Gleichgewichtszustand über die verschiedenen Grenzflächen
in der Heterostruktur hinweg konstant sein. Außerdem bleiben die Leitungs- und Va-
2.1. GRUNDLAGEN DER BESCHREIBUNG DES 2DEG IM B-FELD
7
lenzbanddiskontinuitäten ∆EL und ∆EV erhalten. Um diese Bedingungen zu erfüllen,
verbiegt sich die Leitungsbandkante des InGaAs zur Fermienergie hin. Aufgrund des beträchtlichen energetischen Unterschiedes der Bandlücken von InGaAs und InP wird so die
Leitungsbandkante an der InGaAs/InP-Grenzfläche bis unter die Fermienergie gedrückt.
Dort bildet sich nun ein dreieckförmiger Potentialtopf unterhalb von EF aus (Abb. 2.2).
Wegen der Quantisierung der energetisch erlaubten Zustände in diesem Potentialtopf ist
ein freier Transport in Wachstumsrichtung nicht mehr möglich. Dies bedeutet, dass Elektronen sehr nahe an der Grenzschicht Zustände im Leitungsband besetzen und so eine
leitfähige Schicht bilden, das zweidimensionale Elektronengas (2DEG).
Die Elektronen im 2DEG sind bis auf Streueffekte im Kristall frei beweglich. Um die
Streuung der Elektronen an den Donatoratomen innerhalb der InP noch weiter zu verringern, und damit die Beweglichkeit der Elektronen noch zu erhöhen, wird zusätzlich
eine dünne (typischerweise 10-40nm) Trennschicht aus undotiertem InP eingefügt. Dieser sogenannte Spacer trennt die Elektronen in der Grenzschicht räumlich möglichst weit
von den ionisierten Donatoratomen in der n-InP Schicht, und verringert so die Streuung
deutlich (Abb. 2.1.
Die Elektronen des 2DEG befinden sich in einem annähernd dreiecksförmigen Potenti-
Abbildung 2.2: Schematische Darstellung der Bandverläufe in InGaAs und InP bevor (links)
und nachdem sie in Kontakt kommen (rechts).
altopf. Anstatt der ehemals freien Bewegung in z-Richtung müssen die Elektronen nun
diskrete Energiezustände einnehmen, die wir als zweidimensionale Subbänder Ezj bezeichnen. In der Grenzfläche (xy-Ebene) dagegen sind die Elektronen frei beweglich, und so
können wir ihre Energiezustände beschreiben durch:
p2x + p2y
h̄2 kx2 + h̄2 ky2
j
+ Ez =
+ Ezj , j = 0, 1, 2...
E (kx , ky ) =
2m∗
2m∗
j
(2.1)
Dabei ist m∗ die effektive Masse der Elektronen bei ihrer Bewegung im Kristall, die sich
aus der Krümmung der Bandstruktur ergibt. k = 2π
= h̄p ist die Wellenzahl des Elektrons.
λ
8
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
Die Stärke der Dotierung des InP wird so gewählt, dass die Anzahl der Elektronen in der
Grenzschicht nur zur Besetzung des Subbandes j=0 ausreicht. Unter der Bedingung tiefer
Temperatur (keine thermische Anregung) sind die Elektronen dann alle im niedrigsten
Subband zum Zustand Ez0 versammelt, so dass die Ausdehnung des 2DEG in z-Richtung
der Ausdehnung des Ez0 -Zustandes entspricht. Wegen der endlichen Dicke spricht man
auch von Quasi-2DEG.
2.1.1
Zustandsdichte im 2DEG
Von besonderer Wichtigkeit für die weiteren Betrachtungen ist folgender Umstand:
Die Zustandsdichte, das heißt, die Anzahl besetzbarer energetischer Zustände je Energieintervall, ist in einem zweidimensionalen System konstant[1].
Dies wollen wir uns nun näher verdeutlichen: Betrachtet man ein 2D-System der Maße
Abbildung 2.3: Zustandsdichte im 2DEG ohne Magnetfeld.
L1 und L2 , so sind die Energieeigenwerte der Wellenzahl der Elektronen gerade ki = n 2π
,
Li
und man findet im 2D-Impulsraum (kx , ky ) genau einen besetzbaren Zustand je Fläche
2~ 2
4π 2
. Zustände bis zu einer bestimmten Energie E = h̄2mk∗ liegen im Impulsraum innerhalb
L1 L2
eines Kreises mit Radius k = |~k|. So ergibt sich die Gesamtzahl besetzbarer Zustände bis
zu dieser bestimmten Energie zu
Z=
πk 2
4π 2
L1 L2
=
L1 L2 2m∗ E
·
· gs gv .
4π
h̄2
(2.2)
Der Spinentartungsfaktor gs = 2 beschreibt, dass gemäß Pauli-Prinzip jeder vorhandene
Zustand mit zwei Elektronen der Spins s = ± 21 besetzt werden kann. Für InGaAs/InP ist
gv = 1, für andere Systeme wie beispielsweise Silizium ist gv größer, so dass jeder Zustand
nochmals mit mehreren Elektronen besetzt werden kann. Diese Entartung wird erst im
2.1. GRUNDLAGEN DER BESCHREIBUNG DES 2DEG IM B-FELD
9
starken Magnetfeld aufgehoben (Valley-Entartung).
In unserem Fall interessiert nur, wieviele Elektronen pro Fläche untergebracht werden
s
können, also Zs = L1ZL2 . Die Ableitung dZ
liefert nun die Information darüber, wieviele
dE
Zustände in unmittelbarer Umgebung einer bestimmten Energie besetzt werden können.
Die Zustandsdichte Dj (E) bei der Energie E im Subband j ist also gegeben durch:
m∗
dZs
= gs gv ·
= konst.
(2.3)
dE
2πh̄2
Ist die Anzahl der Elektronen groß genug, um ein weiteres Subband zu besetzen, so erhält
man jeweils einen Sprung in der Zustandsdichte, wie in Abb. 2.3 dargestellt. Da in unserem Fall nur das unterste Subband besetzt ist, können wir davon ausgehen, dass die
Zustandsdichte D(E) im gesamten besetzten Energiebereich konstant ist. Für die FlächenLadungsträgerdichte ns gilt dann
Z EF
m∗
· EF .
(2.4)
ns =
D(E)dE = gs gv ·
2πh̄2
0
Dj (E) =
2.1.2
2DEG im Magnetfeld
Durch Anlegen eines Magnetfeldes der Stärke B senkrecht zur Grenzfläche wird die Bewegung der Elektronen weiter eingeschränkt. Im klassischen Bild bewegen sich die Elektronen
eB
nun auf Kreisbahnen mit der Zyklotronfrequenz ωc = m
∗ . Quantenmechanisch betrachtet, nehmen die Elektronen quantisierte Energieeigenwerte mit den Abstand h̄ωc ein, die
sogenannten Landauniveaus. Für die Gesamtenergie der Elektronen ergibt sich somit:
1
Enj = Ezj + h̄ωc (n + ) + sµB gB, n = 0, 1, 2, ...
(2.5)
2
n ist dabei die Landauquantenzahl. Der letzte Term trägt den beiden möglichen Spineinstellungen im Magnetfeld Rechnung, wobei s = ± 21 die Spinquantenzahl, µB das Bohreh̄
) und g der Landé-Faktor der Elektronen ist. Dies bedeutet, dass die
sche Magneton ( 2m
e
zweidimensionale Zustandsdichte (Gl. 2.3) bei endlichem Magnetfeld in eine Reihe von
δ-förmigen Peaks aufspaltet. Dies ist in Abbildung 2.4 schematisch dargestellt, wobei die
Verbreiterung der Niveaus durch Potentialfluktuationen hervorgerufen werden, die ihrerseits z.B. von Gitterdefekten oder geladene Fremdatomen in an das 2DEG angrenzenden
Schichten herrühren.
Potentialfluktuationen führen sowohl zu intra- als auch inter-Landaulevelstreuung der
Elektronen. Vor allem das Ausmaß der kurzreichweitigen Potentialrauhigkeit (Orts- Impulsunschärfe) bestimmt wie häufig Elektronen gestreut werden und damit auch die Lebensdauer eines elektronischen Zustands. Über die Energie-Zeit Unschärferelation kommt
es also bei einer kurzen Lebensdauer aufgrund von häufigen Stößen zu einer entsprechend
großen Energieunschärfe der Zustände und damit effektiv zu einer Verbreiterung der Landauniveaus.
Eine weitere Möglichkeit sich die Verbreiterung der Landauniveaus zu erklären besteht
im Falle von langreichweitigen Potentialfluktuationen darin, dass die Energie der Landauniveaus dem Potentialverlauf adiabatisch folgt. Das heißt, dass ein Elektron weiterhin
10
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
eine Energie gemäß Gleichung 2.5 hat, sich jedoch zudem um einen Potentialberg oder
-tal bewegt und damit seine Gesamtenergie ebenfalls leicht erhöht oder absenkt. Dadurch
entsteht eine vom jeweiligen Landauniveau unabhängige Verbreiterung entsprechend der
Verteilungsfunktion des elektrostatischen Potentials.
Eine zusätzliche Aufspaltung aufgrund des Spins gemäß Gleichung 2.5 ist hier nicht erfasst, da die Aufspaltung für m∗ m0 (m0 ist die freie Elektronenmasse) klein gegenüber
h̄ωc ist.
Da die Kondensation zu Landauniveaus gleichmäßig, also aus den Zuständen Enj ± 12 h̄ωc
erfolgt, errechnet man leicht die Anzahl der Zustände je Landauniveau, die Entartung des
Niveaus genannt wird.
Entartung eines Landauniveaus : NL = Dj (E)h̄ωc =
eB
· gs gv .
h
(2.6)
Entsprechend der Anzahl ns der Ladungsträger wird also in einem bestimmten Magnetfeld eine gewisse Anzahl Landauniveaus mit Elektronen gefüllt sein. So ergibt sich die
ns
hns
1
=
·
.
(2.7)
NL
eB gs gv
Erst in starken Magnetfeldern werden die Spin- und Valleyentartung aufgehoben.
Anzahl gef üllter Landauniveaus :
Abbildung 2.4: Aufspaltung der Zustandsdichte in Landauniveaus
hns
(2.8)
eB
nennt man den Füllfaktor, die Anzahl gefüllter spin- und valleyaufgespaltener Niveaus.
Für das hier untersuchte InGaAs/InP-System bedeutet also die vollständige Füllung eines
Landauniveaus einen Füllfaktor von ν = 2, für Silizium (gv = 2) sogar einen Füllfaktor
von ν = 4.
ν=
2.1. GRUNDLAGEN DER BESCHREIBUNG DES 2DEG IM B-FELD
2.1.3
11
Zeeman-Effekt
Bisher wurde der Elektronenspin vernachlässigt. Jedes Elektron besitzt jedoch ein magnetisches Dipolmoment µ, das durch den Spin beschrieben werden kann. Der Spin stellt
einen zusätzlichen Freiheitsgrad des Elektrons dar.
Der quantenmechanische Spin-Operator ist definiert als
1
S = σ,
2
(2.9)
wobei die Komponenten von σ die Pauli-Matrizen sind:
0 1
0 −i
1 0
σx =
, σy =
, σz =
1 0
i 0
0 −1
Das magnetische Moment des Elektrons ist gegeben durch
1
µ = − gµB σ,
2
(2.10)
wobei µB = eh̄/2me das Bohr’sche Magneton und g = 2,0023 der Landé-Faktor ist. µB
nimmt einen Wert von 9, 274 · 10−24 Am2 = 57,88 µeV/T an.
Ein externes Magnetfeld koppelt an das magnetische Moment und übt ein Drehmoment
M=µ×B
(2.11)
auf das Elektron aus. Dies führt zu einer Präzession des Spinvektors um die Richtung des
Magnetfeldes.
Die Energie eines magnetischen Moments µ in einem homogenen Magnetfeld wird durch
den Zeeman-Hamiltonian beschrieben:
1
H = −µB = − gµB σB
1
(2.12)
Die zugehörige Schrödinger-Gleichung ist die Pauli-Gleichung:
ih̄
∂
1
| s >= − gµB σB | s >
∂t
1
(2.13)
Hierbei bezeichnet | s > einen allgemeinen Spinzustand, der als Superposition von |↑>
und |↓> dargestellt werden kann. |↑> und |↓> stehen dabei für parallele und antiparallele Ausrichtung des Spins relativ zum Magnetfeld. Wird ein Magnetfeld in z-Richtung
angenommen, ergibt sich für die Pauli-Gleichung
ih̄
∂
1
| s >= − gµB σz Bz | s >
∂t
1
(2.14)
mit den folgenden Energieeigenwerten:
1
E± = ∓ gµB Bz
2
(2.15)
12
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
Damit führt ein externes Magnetfeld zur Aufhebung der Entartung des Spinfreiheitsgrades, die Energieaufspaltung
∆E = E+ − E− = gµB B
(2.16)
heißt Zeeman-Energie und ist linear in B.
In den Shubnikov-de-Haas-Oszillationen zeigt sich der Zeeman-Effekt durch eine Aufspaltung der Landau-Niveaus. Der Effekt ist bei hohem Magnetfeld deutlich sichtbar während
er bei kleinem Mangetfeld aufgrund der Verbreiterung der Landau Niveaus noch nicht aufgelöst werden kann.
2.2
Shubnikov-de Haas Oszillationen
Bei der hier beschriebenen Transportmessung wird eine wie in Abbildung 2.5 dargestellte
Probe verwendet. Die einfach zugänglichen Größen sind der longitudinale (parallel zur
Stromrichtung) und der transversale (senkrecht zur Stromrichtung) Probenwiderstand,
die im folgenden als Rxx und Rxy bezeichnet werden. Eine Untersuchung dieser beiden
Größen ermöglicht eine detaillierte Beschreibung der spezifischen Eigenschaften des zu
untersuchenden Halbleitermaterials.
Bei der Messung bedient man sich der Methode der sogenannten Vierpunkt-Messung:
Die Spannung wird dabei an Kontakten abgegriffen, die räumlich getrennt von den Kontakten der Stromeinspeisung liegen. Wird die Spannung mit einem hochohmigen Messgerät (10MΩ Eingangswiderstand des Lock-In) abgegriffen, durch das (nahezu) kein Strom
fließt, so fällt an den (niemals widerstandsfreien) elektrischen Kontakten der Probe keine
Spannung ab (U = R · I, I = 0), und man misst nur die vom eingespeisten Strom erzeugte
Spannung am 2DEG.
Die mathematische Beschreibung des Transports im 2DEG erfolgt durch die Leitfähigkeitsmatrix ~σ :
σxx σxy
Uxx
Ix
~
~
~σ =
mit j = ~σ · E =⇒ ~σ
=
(2.17)
−σxy σxx
Uxy
Iy
Dabei ist ~j die Stromdichte, die im zweidimensionalen Fall als jx = Ibx definiert ist
(b=Breite der Probe). Außerdem benötigt man noch die Widerstandsmatrix ρ~ = ~σ −1 :
ρxx ρxy
U
I
xx
x
~ = ρ~ · ~j =⇒
ρ~ =
mit E
= ρ~
(2.18)
−ρxy ρxx
Uxy
Iy
Zuerst soll die longitudinale Widerstandskomponente Rxx genauer betrachtet werden:
Ein Landauzustand, der energetisch unterhalb des Fermi-Niveaus liegt, ist bei genügend
niedrigen Temperaturen gerade mit NL Elektronen besetzt. Vergrößert man jetzt das Magnetfeld, so treten zwei Effekte gleichzeitig auf. Zum einen vergrößert sich der energetische
Abstand zweier Landauniveaus, da ωc linear mit B wächst, und zum anderen nimmt die
Entartung der Niveaus NL linear mit B zu. Dies führt dazu, dass die Elektronen sich auf
2.2. SHUBNIKOV-DE HAAS OSZILLATIONEN
13
Abbildung 2.5: Schematische Darstellung zur Messung des longitudinalen und des transversalen Widerstandes. Die Probe ist mit zwei Stromkontakten und vier Spannungskontakten versehen.
den Landauniveaus umverteilen, um stets die energetisch niedrigsten Niveaus zu besetzen.
Die Fermienergie EF wird nun davon bestimmt, wieviele Elektronen vorhanden sind, so
dass bei tiefen Temperaturen der höchste besetzte Zustand die Fermienergie darstellt.
Die Umverteilung der Elektronen führt jetzt dazu, dass die Fermienergie sukzessive die
Landauniveaus durchwandert, wie in Abbildung 2.6 gezeigt. Der dargestellte, unstetige
Kurvenverlauf kann sich jedoch nur für ideale (nicht verbreiterte) Landauniveaus und nur
im Fall T = 0K ausbilden.
Die Wanderung der Fermienergie durch die verbreiterten Landauniveaus führt zu einer periodischen Änderung der Zustandsdichte bei EF . Durch weiterführende Rechnungen kann
man zeigen, dass die Relaxationszeit τtr ebenfalls stark schwankt. Dies lässt sich durch
Abschirmungseffekte von Störstellen in der Probe erklären, die je nach Zustandsdichte bei
EF unterschiedlich stark wirksam sind (sog. Screening [3]).
Mit der Relaxationszeit ändert sich auch die Beweglichkeit der Elektronen (Gl. 1.1), so
dass folgende Faustregel gilt:
Kleine Zustandsdichte D(EF ) −→ kleine Beweglichkeit µ
Demnach findet man immer bei vollständiger Füllung eines Landauniveaus, wenn die
Fermienergie also zwischen zwei Niveaus liegt, ein Minimum der Probenleitfähigkeit σxx
vor. Da Leitfähigkeitsmatrix und Widerstandsmatrix zueinander invers sind, ergibt sich
14
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
Abbildung 2.6: Schematischer Verlauf der Fermienergie über die Landauniveaus mit dem Magnetfeld [2].
durch Matrixinversion der longitudinale Widerstand zu:
σxx
ρxx = 2
2
σxx + σxy
(2.19)
Die Rechnung ergibt dann, dass der Widerstand an dieser Stelle ebenfalls ein Minimum
hat.
σxx und ρxx nehmen gleichzeitig minimale Werte an.
Beim Durchfahren des Magnetfeldes ergeben sich somit Oszillationen im Widerstand Rxx ,
die Shubnikov-de Haas-Oszillationen genannt werden (Abb. 2.7). Mit Hilfe von Gleichung 2.6 kann man nun eine Aussage über den Abstand aufeinanderfolgender Minima
machen. Für das i-te Minimum gilt gerade:
ns = i · NL = i · gs gv ·
eB(i)
1
igs gv e
⇒
=
h
B(i)
hns
(2.20)
Analog gilt für das (i+1)-te Minimum:
ns = (i + 1) · NL = (i + 1) · gs gv ·
eB(i+1)
1
(i + 1)gs gv e
⇒
=
h
B(i+1)
hns
Daraus ergibt sich zwei aufeinanderfolgende Minima:
1
1
e
1
∆
=
−
= gs gv ·
B
B(i+1) B(i)
hns
(2.21)
(2.22)
2.2. SHUBNIKOV-DE HAAS OSZILLATIONEN
15
Abbildung 2.7: Longitudinaler Widerstand Rxx und transversaler Widerstand Rxy eines 2DEG.
Deutlich sind die Shubnikov-de Haas Oszillationen und die Quanten-Hall-Plateaus zu erkennen.
Die Shubnikov-de Haas-Minima liegen also periodisch in B1 . Durch Umformung von Gleichung 2.22 erhält man eine Aussage über die Ladungsträgerdichte ns :
−1
e
1
1
(2.23)
ns = gs gv ·
−
h B(i+1) Bi
Eine detaillierte Herleitung des longitudinalen Probenwiderstandes Rxx unter Berücksichtigung einer Aufweitung der Fermikante entsprechend der Fermiverteilung und einer
endlichen Lebensdauer der Elektronenzustände in den Landauniveaus ergibt für nicht
allzu große Magnetfelder:
X
Rxx (B)
EF
1
πm∗
gµB B
·
≈ 1 + 2 · cos 2π
−
· exp −
· cos 2π
Rxx (B = 0)
h̄ωc 2
τq eB |sinh
X}
2h̄ωc
{z
|
{z
} |
|
{z
}
{z
}
a
b
c
d
(2.24)
mit
2π 2 kB T
h̄ωc
Hierbei haben die Komponenten a bis d folgende physikalische Bedeutung:
X :=
a) Der erste Term ist die analytische Darstellung der oben qualitativ diskutierten Oszillationen von Rxx mit B. Durch den Cosinus-Term wird die B1 -periodische Variation
der Shubnikov-de Haas Oszillationen erfasst.
16
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
b) Die endliche Lebensdauer der Leitungselektronen im 2DEG, hervorgerufen durch
Streuung im Material (siehe Abschnitt 2.1.2), bewirkt eine teilweise Aufhebung
der Entartung der Zustände in den Landauniveaus. Dies äußert sich in einer Lorentzförmigen Verbreiterung der Niveaus mit der Halbwertsbreite Γ. Ähnlich der
Verschmierung der Fermikante ergibt sich auch hier eine Dämpfung der Oszillationsamplitude in Rxx , die vom Verhältnis Γ = 2τh̄q zu h̄ωc abhängt.
c) Dieser Term berücksichtigt die Aufweichung der Fermikante bei endlichen Temperaturen. Wegen der nun nicht mehr so abrupten Neuordnung der Elektronenzustände
für den Fall, dass ein Landauniveau das Ferminiveau kreuzt, ist die Amplitude der
Widerstandsmaxima gedämpft. Die Dämpfung hängt ab vom Verhältnis der Verschmierung der Fermikante kB T und dem Abstand benachbarter Landauniveaus
h̄ωc .
d) Entsprechend Gleichung 2.5 trägt dieser ozillatorische Term der Aufhebung der
Spinentartung in den einzelnen Landauniveaus bei genügend großem Magnetfeld
Rechnung.
2.3
2.3.1
Quanten-Hall-Effekt
Der klassische Hall-Effekt
Aus der Theorie des klassischen Hall-Effekts kennen wir folgendes Ergebnis:
Im Magnetfeld werden solange Elektronen an die Seite der leitenden Schicht abgelenkt,
bis sich die Lorentzkraft und die Kraft des elektrischen Feldes eEHall ausgleichen. Damit
ergibt sich für ein zweidimensionales System: (n sei die Elektronendichte [cm−3 ], d die
~ liege in ~z-Richtung).
Probendicke, b die Breite der Probe und B
EHall =
−B
Ix
−BIx
UHall
=
·
=
b
n
· d ·e b
ns eb
|{z}
(2.25)
ns
RHall = Rxy =
UHall
−B
=
[Ω]
Ix
ns · e
(2.26)
Wobei für zweidimensionale Systeme der Hallwiderstand RHall identisch ist mit dem Element ρxy der Widerstandsmatrix (Gl. 2.18). Somit ergibt sich unter Berücksichtigung der
Gleichungen 1.1 und 1.2 für die Widerstände Rxx und Rxy :
Rxx =
l
m∗
B
· 2
, Rxy =
b e ns τtr
e · ns
(2.27)
Eine detailliertere Herleitung findet sich beispielsweise in [4]. Gleichung 2.27 beschreibt
den klassischen Halleffekt für kleine Magnetfelder recht gut: Rxx ist konstant und Rxy proportional zum Magnetfeld. Damit ist das zweidimensionale Elektronengas im klassischen
Sinne beschrieben.
2.3. QUANTEN-HALL-EFFEKT
2.3.2
17
Übergang zum Quanten-Hall-Effekt
Wie durch Gleichung 2.6 beschrieben, ist die Entartung eines Landauniveaus eine nur
vom Magnetfeld abhängige Größe. Wir können daher vorausbestimmen, dass im Falle
, i = 1, 2, 3... stets eine ganze Zahl i von Landauniveaus gefüllt ist. Setzen wir
ns = i · eB
h
dies in Gleichung 2.27 ein, so ergibt sich:
Rxy =
B
B h
h
= ·
= 2
e · ns
e ieB
ie
(2.28)
Für vollständig gefüllte Landauniveaus ist demnach der Hallwiderstand ein ganzer Bruchteil der allein durch Naturkonstanten festgelegten Größe eh2 . Im realen Hall-Experiment
am 2DEG beobachen wir nun bei höheren Magnetfeldern breite Plateaus im Widerstand
bei den Werten Rxy = ρxy = ieh2 , deren Mittelpunkte bei vollständig gefüllten Landauniveaus liegen. Die Mittelpunkte der Quanten-Hall-Plateaus liegen also immer bei den
Minima der Shubnikov-de Haas Oszillationen (Abb. 2.7).
Durch genaue Messung von Probenstrom Ix und Hallspannung Uxy ist es möglich,
einen von äußeren Einflüssen und der Probengeometrie unabhängigen Widerstand zu bestimmen. Auf dieser Basis ist heute das Widerstandsnormal definiert.
RK = ρxy (i = 1) = 25812, 8Ω ist auch als von Klitzing-Konstante bekannt.
Bemerkung: Bei dem in diesem Versuch durchgeführten Experiment ist die Spinentartung erst bei hohen Feldern aufgehoben, so dass die Quantisierung zunächst in Zweierschritten erfolgt. Gleichung 2.28 modifiziert sich damit zu:
Rxy =
h
, i = 1, 2, 3, ...
2ie2
(2.29)
Zur Erklärung des Quanten-Hall-Effektes gibt es zwei verschiedene Bilder, das Lokalisierungsbild und das Randkanalbild, die jeweils verschiedene Aspekte verdeutlichen. Daher
werden beide Bilder nun getrennt behandelt.
2.3.3
Das Lokalisierungsbild
Die bereits erwähnte Verbreiterung der Landauniveaus ist das Ergebnis unterschiedlich
starker Potentialfluktuationen, die den Weg der Elektronen durch die Probe bestimmen
(siehe Abschnitt 2.1.2). Im Lokalisierungsbild differenziert man zwei verschiedenen Situationen.
Elektronen, deren Energie nahe am oder im Zentrum der Landauniveaus liegt, bewegen
sich im Potentialgebirge genau zwischen den Bergen und Tälern und können so sehr weit
18
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
über die Probe driften. Die Wellenfunktion des Elektrons ist also stark delokalisiert, sodass man diese Zustände als ausgedehnte oder delokalisierte Zustände bezeichnet
(Abb. 2.8).
Abbildung 2.8: Besetzung der Landauniveaus bei Magnetfeldänderung im Lokalisierungsbild,
nach [5]
Anders sieht es für Elektronen aus, die energetisch außerhalb des Zentrums eines Landauniveaus liegen. Diese laufen tatsächlich in geschlossenen Bahnen, auf Äquipotentiallinien,
um Berge oder Täler des Potentialgebirges und können mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit in ein benachbartes Tal oder zu einem Berg tunneln. Hier ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit auf einen wesentlich begrenzteren Teil der Probe eingeschränkt. Solche
Zustände werden als lokalisierte Zustände bezeichnet (Abb. 2.8). Eine lokal aufgelöste
Rastertunnelmikroskopiemessung der verschiedenen Zustände ist in Abbildung 2.9 zu sehen.
In diesem Bild können wir einige Teile des Quanten-Hall-Effektes erklären:
Wenn wir das Magnetfeld ändern, welches die Probe durchsetzt, wandert die Fermienergie
wie beschrieben durch die verbreiterten Landauniveaus, was in Abb. 2.8 dargestellt ist.
Solange dabei Bereiche lokalisierter Zustände durchfahren werden, können die Zustände,
die mit Elektronen besetzt oder von Elektronen entvölkert werden, nicht zur Leitfähigkeit
der Probe beitragen. In diesem Bereich ändert sich außerdem nichts am Hallwiderstand
Rxy , der quantisierte Wert bleibt erhalten. Zugleich fällt die longitudinale Leitfähigkeit
der Probe auf Null, wenn die Fermienergie im Bereich lokalisierter Zustände liegt. Dann
gilt:
σxx = 0 ⇔ ρxx = 0, also Ux = 0
(2.30)
2.3. QUANTEN-HALL-EFFEKT
19
Abbildung 2.9: Zu sehen ist die lokale Zustandsdichte (∝ dI/dV ) des niedrigsten Landauniveaus für verschiedene Energien, aufgenommen bei B = 12T. In der Sequenz von a) zu g) erkennt
man den Übergang von lokalisierten Zuständen, die Potentialtäler umlaufen (weiße Pfeile), hin zu
delokalisierten Zuständen und wieder zu lokalisierten Zuständen, die Potentialgipfel einschließen
(grüne Pfeile). Für f) und g) wird das nächste Landauniveau in den Tälern schon wieder sichtbar.
Aus Referenz [9].
Das gleichzeitige Verschwinden von Leitfähigkeit und Widerstand des 2DEG ergibt sich
aus den Matrixkomponenten (s. Kap 2.2).
Ändern wir das Magnetfeld weiter, so wird die Fermienergie notwendigerweise auch durch
die Zentren der Landauniveaus wandern. Dabei werden neue ausgedehnte Zustände besetzt, die für einen Zuwachs der Leitfähigkeit, aber auch für einen Anstieg des Hallwiderstands auf ein neues Plateau verantwortlich sind; σxx wie ρxx , also auch Uxx werden dort
Maxima durchlaufen.
Schließlich wollen wir die Stärken und Schwächen des Lokalisierungsbildes auflisten:
• Das Lokalisierungsbild gibt eine mögliche Erklärung für die ausgeprägten Minima
der Probenleitfähigkeit mit dem Abfallen bis auf Null.
• Es trifft keine Aussagen über Einflüsse der Probengeometrie auf die Messgrößen.
• Die Eigenschaften von Kontakten der Probe werden nicht berücksichtigt.
2.3.4
Das Randkanalbild
Wir widmen uns nun dem Randkanalbild als zweitem Zugang zum Phänomen der Plateaus. Als Grundlage dazu betrachten wir, unter welchen Umständen generell elektrische
Leitfähigkeit zu erwarten ist.
Die Elektronen befinden sich in Zuständen der Subbänder unterhalb der Fermienergie [6].
~ angelegt, so können die Elektronen sich zugunsWird ein externes elektrisches Feld E
ten einer bestimmten Bewegungsrichtung, dargestellt durch den Wellenvektor ~k, auf den
20
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
verfügbaren Zuständen umverteilen. Dafür gelten folgende Voraussetzungen:
• Da weit unterhalb der Fermienergie alle Zustände mit Elektronen besetzt sind, kann
eine Umverteilung der Elektronen nur nahe der Fermienergie stattfinden, da nur dort
freie Zustände zur Verfügung stehen können.
• Damit freie Zustände nahe der Fermienergie vorhanden sind, muss dort eine nicht
verschwindene Zustandsdichte gefordert werden.
Elektrische Leitfähigkeit entsteht nur, wenn die Zustände nicht lokalisiert sind, also in
den Bereichen großer Zustandsdichte bei den Landauniveaus.
Es ist den Elektronen unmöglich, die Probe seitlich zu verlassen. Dieser offensichtliche
Sachverhalt führt dazu, dass es für die Elektronen zum Probenrand hin eine unüber”
windliche“ Potentialbarriere geben muss. Es genügt also nicht, ein Landauniveau der
theoretischen Energie Nn = (n+ 12 )h̄ωc als Darstellung der Energie eines Elektrons auf der
gesamten Probenbreite anzunehmen; vielmehr addiert sich zur Energie des Elektrons ein
zum Probenrand hin stark ansteigendes Potential. In Abb. 2.10(a) ist der Energieverlauf
über die Probenbreite für Elektronen auf verschiedenen Landauniveaus dargestellt.
Abbildung 2.10: Verlauf der Energiezustände im Magnetfeld in einem endlich breiten System
nach [7]
Aus der Addition dieses Potentials ergibt sich eine Verschiebung der Energieniveaus der
Elektronen zu hohen Energien nahe dem Probenrand. Jedes Landauniveau kreuzt somit
2.3. QUANTEN-HALL-EFFEKT
21
wegen des starken Randpotentials die Fermienergie, was zu Bereichen nicht verschwindender Zustandsdichte bei der Fermienergie führt. Die ist, wie zuvor beschrieben, die
Bedingung für elektrische Leitfähigkeit. An den Probenrändern bilden sich linienförmige
leitfähige Bereiche, die sogenannten Randkanäle. Für das klassische Elektronenmodell
ergibt sich, dass die Randkanäle an gegenüberliegenden Rändern für entgegengesetzte Bewegungsrichtungen der Elektronen stehen: Die Elektronen kreisen auf Zyklotronbahnen
und werden am Randpotential reflektiert. Abbildung 2.10(b) zeigt, wie sich eine solche
Bahn aus vielen Teilkreisen, genannt skipping orbit“ zusammensetzt. Man überlegt sich
”
leicht, dass am anderen Rand der Probe die Bahn entgegengesetzt verläuft. Auch können
wir in diesem Bild eine Streuung von Rand zu Rand ausschließen: Wird ein Elektron wie
in Abbildung 2.10(c) an einer Störstelle gestreut, so kehrt es nach einem Umlauf der Zyklotronbahn an der selben Störstelle wieder auf seine ursprüngliche Bahn zurück.
Im Randkanalbild verschwindet die Leitfähigkeit im Probeninneren, da außer
im Falle EF = (n + 12 )h̄ωc keine Zustände für den Stromfluss zur Verfügung
stehen.
In der Probe verläuft der Randkanal zum niedrigsten Landauniveau am weitesten außen, da die zugehörigen Elektronen die meiste Energie übrig“ haben, um gegen das
”
Randpotential zu wandern. Kreuzt die Fermienergie ein weiteres Landauniveau, so bildet
sich ein weiterer Randkanal aus. Für den Strom in einem Randkanal ergibt sich unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um eindimensionale Systeme handelt:
e
I=
h
Z
∞
f (E)dE =
0
e
µ
h
(2.31)
Die Größe µ heißt chemische Potential und ist diejenige Energie, bei der die Fermiverteilung f (E) = 21 wird. Dies ist die Energie, die ein Teilchen im Mittel besitzen muß, das dem
System hinzugefügt wird. Im absoluten Temperaturnullpunkt gilt µ(T = 0) = EF . Gleichung 2.31 ist so zu verstehen, dass ein Kontakt, der auch als Reservoir bezeichnet wird,
beim chemischen Potential µk für jeden besetzten Randkanal einen Strom he µk injiziert.
Bei der folgenden Berechnung der Ströme durch die einzelnen Kontakte in Abbildung 2.11
kommt uns das Wissen über die Vierpunktmessung zugute: Über die Kontakte 2,3,5 und
6 sollen keine Ströme ab- oder zufließen (I2 = I3 = I5 = I6 = 0), so dass die Kontakte 1
und 4 den Gesamtstrom tragen müssen. In Gleichung 2.31 geht das chemische Potential
desjenigen Kontaktes ein, von dem der Strom ausgeht. Um die Nettoströme zu finden,
muss für jeden Kontakt die Differenz der ein- und auslaufenden Ströme gebildet werden.
Dabei muß beachtet werden, dass aufgrund des Magnetfeldes die Ströme an jedem Rand
nur in eine Richtung laufen. Der Faktor i steht für die Anzahl der besetzten Randkanäle.
Dann ergibt sich folgende Tabelle:
22
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
Abbildung 2.11: Strom in Randkanälen nach [6]
Übersicht über die Kontakte
Kontakt chem. Potential
Strom
1
µ1
I = i · he (µ1 − µ6 )
2
µ2
0 = i · he (µ2 − µ1 )
3
µ3
0 = i · he (µ3 − µ2 )
4
µ4
−I = i · he (µ4 − µ3 )
5
µ5
0 = i · he (µ5 − µ4 )
6
µ6
0 = i · he (µ6 − µ5 )
Die gemessene Spannungsdifferenz ∆U zwischen zwei verschiedenen Kontakten ist direkt
proportional der Differenz ihrer chemischen Potentiale entsprechend ∆µ = e · ∆U . Damit
können wir die zu messenden Widerstände berechnen:
Rxy =
UHall
(µ3 − µ5 )/h (4,5)
µ3 − µ5
h
=
=
=
I
I
i(µ3 − µ5 )e2 /h
ie2
(2.32)
(µ2 − µ3 )/e (3)
Uxx
=
=0
(2.33)
I
I
Durch die Hallspannung liegen die beiden Probenränder auf unterschiedlichem chemischen
Potential: ∆µ = µ3 − µ5 = eUxy .
Rxx =
Man erhält durch diese Rechnungen somit:
der Gesamtstrom durch i Randkanäle I = i ·
der Hallwiderstand Rxy =
sowie die Leitfähigkeit je Randkanal
δσ =
e
h
· eUxy
h
ie2
e2
h
2.4. BEMERKUNGEN ZU TEMPERATUR UND B-FELD
23
Damit ist die Quantisierung des Hallwiderstandes im Randkanalbild hergeleitet worden.
Fassen wir zusammen:
Im Randkanalbild des Quanten-Hall-Effekts erhalten wir die quantisierten Werte für den
Hallwiderstand RHall = ieh2 bei gleichzeitigem Verschwinden des longitudinalen Widerstands. Ursache dafür sind stromführende Bereiche in der Nähe der Probenränder, deren
Anzahl der Zahl besetzter Landauniveaus im Probeninneren entspricht und die je Lan2
dauniveau eine Leitfähigkeit von σ = eh besitzen.
Auch das Randkanalmodell hat Stärken und Schwächen, die wir nun auflisten:
• Es berücksichtigt die Geometrie der Probe und das Vorhandensein von Kontakten.
• Die Erklärung von Hall-Plateaus der Werte
h
ie2
folgt aus dem 1D-Modell.
• Die Plateauübergänge sowie deren Breite werden in diesem Modell nicht näher
erklärt.
• Das Randkanalbild verlangt, dass keine Rückstreuung vorliegt. Rückstreuung ist
Streuung zum anderen Probenrand, wo der Strom entgegengesetzt läuft. Dadurch
würde der vorgeführte Rechenweg hinfällig.
• Es benötigt ebenfalls die Lokalisierung (insbesondere um die Rückstreuung auszuschließen).
2.4
Bemerkungen zu Temperatur und B-Feld
Wenn wir beobachten wollen, wie die Fermienergie durch die Landauniveaus wandert, so
darf die thermische Verschmierung der Fermikante ∆E ≈ kB · T (kB = Boltzmannkonstante) [1] nicht annähernd so breit sein, wie der energetische Abstand zwischen zwei
Landauniveaus. Dies bedeutet in Formeln:
h̄ωc kB · T ⇒ T h̄ωc
,
kB
(2.34)
also niedrige Temperatur. Dies ist der Hauptgrund (neben der Reduzierung von Streueffekten) für die Verwendung von Flüssighelium als Kühlmittel. Darüberhinaus kann das
Verhältnis verbessert werden, je größer ωc wird, also bei hohen Magnetfeldern. Das
bedeutet wiederum:
B groß ⇒ µB 1 ⇔ ωc τ 1
(2.35)
In hohen Magnetfeldern, bei denen die Elektronen zwischen einzelnen Streuungen viele Male die Zyklotronkreisbahn durchlaufen, ist also der Quanten-Hall-Effekt deutlicher
24
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
zu beobachten. Daher werden in der Praxis Hall-Messungen stets bei Temperaturen unterhalb der Flüssighelium-Temperatur (4,2K) und bei Magnetfeldern oberhalb von 10T
durchgeführt. Erst beim Übergang zu hohen Magnetfeldern erreicht man den Bereich, in
dem man üblicherweise von Quanten-Hall-Effekt spricht: Die Minima des longitudinalen
Widerstandes Rxx fallen breiter aus, und Rxx fällt bis auf Null. Zugleich bilden sich die
Hall-Plateaus von Rxy breit und flach aus (Abb. 2.7).
2.4.1
Thermische Aktivierung der Shoubnikov-de Haas Minima
Befindet sich die Fermienergie gerade zwischen zwei Landauniveaus, so sollte idealerweise der longitudinale Widerstand verschwinden. Für kleine Magnetfelder oder zu hohe
Temperaturen sind die Landauniveaus allerdings noch nicht weit genug separiert, sodass
ausreichend viele Zustände vorhanden sind, um gegenüberliegende Randkanäle zu koppeln. Es verbleibt ein endlicher Widerstand.
Zudem ist ersichtlich, dass für eine höhere Temperatur der Probe den Elektronen mehr
Energie zur Verfügung steht, um von der Fermikante den nächsten freien delokalisierten
Zustand zu erreichen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für sinkende Temperaturen
der Widerstand in den SdH-Minima sinken sollte. Dieser Zusammenhang ist schematisch
in Abbildung 2.12 dargestellt. Tatsächlich folgt die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Leitfähigkeit eines SdH-Minimas einem Arrhenius Gesetz [8, S. 308]
σxx
∆xx
,
= σ0 exp −
2kB T
(2.36)
wobei ∆xx /2 die Aktivierungsenergie von der Fermienergie zum nächsten unbesetzten delokalisierten Zustand in der Nähe des Zentrums des nächst höheren Landauniveaus ist. Die
zusätzliche 2 soll die Möglichkeit der Anregung eines Elektrons aus dem delokalisierten
Zustand des höchsten besetzten Landauniveaus zur Fermienergie verdeutlichen. Für diesen Aktivierungsprozess ist nur der halbe energetische Abstand des letzten gefüllten und
des ersten ungefüllten Landauniveaus relevant. Interessant ist nun, dass die Bestimmung
dieser Aktivierungsenergie für ungeraden Füllfaktor einen Rückschluss auf den g-Faktor
der Elektronen zulässt. Hier entspricht diese nämlich genau der Zeeman-Energie g ∗ µB B.
2.5
Systematischer Fehler beim Hallwiderstand
Bei der Messung des Hallwiderstandes geht man davon aus, dass zwischen zwei gegenüberliegenden Kontakten nur die Hallspannung abfällt. Da es aber praktisch nicht
realisierbar ist, dass sich zwei Kontakte beliebig genau gegenüber befinden, misst man
auch immer einen kleinen Anteil der longitudinalen Spannung mit.(Abb. 2.13) Dieses
Problem kann man umgehen, wenn man die Hallspannung bei entgegengesetztem Magnetfeld erneut misst. Da sich dann die Richtung von Uxy ändert, nicht aber die von Uxx
erhält man einen Wert für |Uxy + ∆Uxx | und einen für |Uxy − ∆Uxx |. Aus dem Mittelwert
ergibt sich dann die gesuchte Hallspannung.
2.6. KONTROLLFRAGEN
25
Abbildung 2.12: Schematische Darstellung der thermischen Anregbarkeit von Elektronen,
wenn die Fermienergie zwischen zwei Landauniveaus liegt. Dabei können die zuvor lokalisierten Elektronen im höher gelegenen delokalisierten Zustand im Zentrum des nächsten Landauniveaus zum Widerstand beitragen. Für höhere Temperaturen ist diese Anregung wahrscheinlicher
(Verschmierung der Fermiekante).
Abbildung 2.13: Realistische Lage der Kontakte, so dass man immer auch einen Anteil von
Uxx misst.
2.6
Kontrollfragen
1. Wie werden eure Messungen wahrscheinlich aussehen?
2. Welche Größen wollt ihr wie aus diesen Messungen extrahieren (nur anschaulich)?
3. Warum und wann bilden sich Landauniveaus aus?
4. Könnt ihr Abbildung 2.7 vollständig erklären?
5. Womit lassen sich die quantisierten Werte des Hallwiderstands erklären?
6. Was ist die Entartung eines Landauniveaus?
26
KAPITEL 2. QUANTENTRANSPORTPHÄNOMENE
7. Wie bestimmt man den Füllfaktor und was hat er mit der Entartung eines Landauniveaus zu tun?
8. Was lässt sich über die Periodizität der SdH-Oszillationen sagen?
9. Was lässt sich über die Verbreiterung der Landauniveaus sagen?
10. Was sind lokalisierte und delokalisierte Zustände?
11. Was ist ein 2DEG?
12. Wie lässt sich der effektive g∗ -Faktor der Elektronen ermitteln?
27
Kapitel 3
Versuchsaufbau
Zur experimentellen Bestimmung der oben diskutierten Widerstandskomponenten wird
eine in einem Probenträger befindliche Halbleiterprobe in Vierpunktkonfiguration charakterisiert. Bei der Probe handelt es sich um eine InGaAs/InP Heterostroktur. Das Prinzip
der zur Messung benutzen Lock-In Technik ist im Anhang A wiedergegeben.
Probe
Die Probe ist ein sogenannter Hallbarren gemäß Abbildung 2.5. Ein Bild der Probe ist
in Abbildung 3.1 dargestellt. Zwei Stromkontakte rechts und links an der Probe, sowie
zwei Spannungsabgriffe oben und unten (jeweils ein Kontakt bleibt ungenutzt) erlauben
die Bestimmung des longitudinalen und transversalen Probenwiderstands, ohne dass die
Zuleitungswiderstände berücksichtigt werden müssten.
Abbildung 3.1: Bild der Probe im Rasterelektronenmikroskop und genutzte Probenkontakte
für die elektrischen Messungen.
28
KAPITEL 3. VERSUCHSAUFBAU
Kryostat
Die Probe befindet sich in einem Helium-Badkryostaten mit einem zusätzlichen Wärmeschild
aus flüssigem Stickstoff um die Einwirkung von Wärmestrahlung zu vermindern. Abbildung 3.2 zeigt eine schematische Darstellung des Kryostats mit den wesentlichen Elementen. Die Basistemperatur des Kryostaten beträgt 4.2K (Siedetemperatur von Helium) und
kann durch das Abpumpen des Heliumgases auf ca. 2.2K gesenkt werden. Die Probe befindet sich innerhalb der Bohrung im Zentrum des Titan-Niob Magneten im unterem Teil
des Heliumbades. Die supraleitende Spule kann bei ausreichend tiefen Temperaturen am
Ort der Probe Magnetfelder von maximal 6T erzeugen.
Bemerkung: Der Magnet kann nur im supraleitenden Zustand betrieben werden und es
werden sehr hohe Stromstärken verwendet (bis zu 50A). Der Übergang des Magneten vom
supra- in den normalleitenden Zustand während des Betriebs durch zu hohe Magnetfelder
oder durch Erwärmung über die Sprungtemperatur führt zu großen Schäden am Magnet
und Kryostat. Das sogenannte Quenchen des Magneten ist auf jeden Fall zu vermeiden!
Aus diesem Grund dürfen keine Limitwerte, z.B. für die Spannung, manuell am Netzteil verändert werden und eine Überwachung des Heliumfüllstands ist in regelmäßigen
Abständen von 30 Minuten zu kontrollieren und außen am Kryostat zu markieren.
Abbildung 3.2: Schematischer Aufbau des Kryostats.
29
Steuersoftware
Während für das Herunterkühlen der Probe noch kein Computer benötigt wird, sondern
die Messdaten direkt am Lock-In-Verstärker abgelesen werden, wird für die Aufnahme der
SdH-Oszillationen und des Quanten-Hall-Effektes ein Messprogramm verwendet. In dem
LabView-Programm werden lediglich die Parameter für das Magnetfeld und dessen Sweep
Rate eingegeben, dann steuert der Rechner das Magnetnetzteil selbständig und ließt die
Lock-In-Verstärker während des Magnetfeldsweeps parallel aus.
30
KAPITEL 4. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND AUSWERTUNG
Kapitel 4
Versuchsdurchführung und
Auswertung
4.1
Einkühlen des Kryostaten
Der Start des Einkühlvorganges sollte unbedingt unter Aufsicht des Betreuers stattfinden.
Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
1. Anschalten der Turbopumpensteuerung und des Druckmessgerätes.
2. Anschalten der Vorpumpe und der Turbopumpe zum Abpumpen des Isolationvakuums.
3. Helium und Stickstoff holen.
4. Helium-Kanne an die Rückleitung anschließen. Öffnen des Ventils an der Heliumrückführung.
5. Befüllen mit Stickstoff mit kleinen Dewargefäßen.
6. Schließen des Ventils zur Rückleitung an der Heliumkanne. Der Druck in der Kanne sollte 200mbar Überdruck nicht übersteigen, falls doch Ventil kurzzeitig wieder
öffnen.
7. Langsames Einführen der einen Seite des Überhebers in die Heliumkanne bis Heliumgas auf der anderen Seite austritt.
8. Einführen des freien Endes des Überhebers in den Kryostaten.
9. Paralleles Absenken des Überhebers in Heliumkanne und Kryostat langsam fortsetzen bis der Boden in der Kanne und der Trichter im Kryostaten erreicht sind (Druck
beachten!).
10. Schlauch von Rückleitung abziehen und Wärmflasche anschließen. Druck in der
Kanne durch Treten der Wärmflasche bei 100mbar halten.
4.2. AUFGABENSTELLUNG
31
11. Wenn der Kryostat voll ist, Kanne wieder mit dem Schlauch an die Rückleitung
anschließen und Druck ablassen.
12. Heber aus dem Kryostaten und der Kanne nehmen (Kryo-Handschuhe benutzen!!).
4.2
Aufgabenstellung
Bei diesem Versuch wird folgendermaßen vorgegangen:
1. Kühlen Sie die Probe im Kryostaten ein und messen Sie für T = 4.2 K den transversalen Widerstand Rxy und den longitudinalen Widerstand Rxx zwischen −6 T
und 6 T und identifizieren Sie mit Hilfe von Gl. 2.29 die Landau-Niveaus und
Füllfaktoren. Verwenden Sie die Daten um Beweglichkeit und Ladungsträgerdichte
der Probe zu bestimmen. Verwenden Sie dazu die Zusammenhänge in den Gleichungen 1.2 und 2.26.
2. Wiederholen Sie die Messung bei den Temperaturen 3.2 K und 2.2 K. Dazu muss
der Kugelhahn der Abdampfleitung des Heliumbades geschlossen, die Heliumpumpe
angeschaltet und die Pumpleistung, durch Bedienung des Kugelhahns im Pumpweg
der Heliumpumpe, reguliert werden. Um ca. 3.2 K zu erreichen, sollten Sie vor allem
auf die Druckanzeige des Heliumbades achten und sich aus dem Phasendiagramm
für Helium in Abbildung 4.1 einen sinnvollen Zielwert herausgesucht haben. Für
T = 2.2 K muss der Kugelhahn der Heliumpumpe weitestgehend geöffnet bleiben.
Der Magnet darf unter keinen Umständen bei Absenkung der Temperatur bei einem
Feld von 6T sein. Fahren Sie ihn auf mindestens 3 T herunter.
3. Denken Sie im Bezug auf Ihre Temperaturfehler daran sich die Temperaturen der
Messungen zu notieren und auch das Temparaturlogfile zu Ihrem Versuchstag zu
kopieren.
4. Benötigte Probendimensionen finden Sie in Abbildung 3.1.
5. Weitere Auswertung der Daten.
(a) Bestimmen Sie ns aus den Shubnikov-de Haas Oszillationen für die verschiedenen Temperaturen unter Verwendung von Gleichung 2.23. Zur Identifikation
der relevanten Frequenz in 1/B bietet sich ebenso auch eine FFT an. Hierbei
kann es sinnvoll sein die Messwerte zunächst zu interpolieren, damit man einen
regelmäßigen Abstand der x-Werte hat. Vergleichen Sie diese Werte mit denen
aus den Hallmessungen.
(b) Berechnen Sie unter Zuhilfenahme von Gleichung 2.24 iterativ die effektive
Masse der Elektronen im Quantentopf indem Sie die Temperaturabhängigkeit
der Amplitude der Shubnikov-de Haas (SdH) Oszillationen auswerten. (siehe
Anhang B)
(c) Verwenden Sie den berechneten Wert für m∗ , um aus der Magnetfeldabhängigkeit der SdH- Amplitudenmaxima die Quantenrelaxationszeit als Funktion der
Temperatur (2.2 K bis 4.2 K) zu ermitteln.
32
KAPITEL 4. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND AUSWERTUNG
(d) Vergleichen Sie die verschiedenen ermittelten Werte für die Quantenrelaxationszeit τq mit der aus der Beweglichkeit bestimmten Transportrelaxationszeit τtr .
(e) Berechnen Sie den effektiven g-Faktor der Elektronen aus der thermischen Aktivierung geeigneter SdH-Minima. Verwenden Sie dazu Gleichung 2.36 und achten Sie auf eine möglichst geschickte Auftragung.
(f) Versuchen Sie Ihre Ergebnisse mit sinnvollen Literaturwerten zu vergleichen.
4.2. AUFGABENSTELLUNG
Abbildung 4.1: Phasendiagramm von 4 He. Von [10].
33
34
ANHANG A. LOCK-IN VERSTÄRKER
Anhang A
Lock-In Verstärker
A.1
Wozu dient ein Lock-In-Verstärker
Die Messung kleiner elektrischer Signale gestaltet sich oftmals sehr schwierig, da verschiedene Störeffekte in das Messsignal einkoppeln können:
• 50Hz-Brummen der Netzspannung
•
1
-Rauschen
f
eines Vorverstärkers
• thermisches Rauschen eines Sensors
• langsames Driften einer Gleichspannung
• etc.
Störquellen aller Art und Frequenz hindern gewöhnliche Meßgeräte daran, die eigentlichen
Signale schnell und mit großer Genauigkeit zu erfassen. Sowohl AC-Rauschen, als auch
DC-Drift verschlechtern die Stabilität der Messung und erhöhen die Ungenauigkeit.
Lange Zeitkonstanten können die Messgenauigkeit durch herausmitteln des AC-Rauschens
erhöhen, verbessern jedoch nicht das Messverhalten gegenüber langsameren DC-Drifts.
Außerdem ist es oftmals nicht möglich für jeden Messpunkt beliebig lange zu warten.
Glücklicherweise bietet die Lock-In-Technik eine Möglichkeit, sowohl das hochfrequente
Rauschen, als auch langsame Spannungsdrifts zu unterdrücken bevor das eigentliche Signal gemessen wird. Das Messsignal kann nun über wesentlich kleinere Zeiten gemittelt
werden, was deutlich schnellere und genauere Messungen erlaubt.
A.2
Funktionsweise eines Lock-In-Verstärkers
Ein Lock-In-Verstärker misst den Betrag eines Signals in einem sehr schmalen Frequenzband, während alle Signalkomponenten außerhalb dieses Frequenzbandes verworfen werden.
Auf den ersten Blick erscheint dieses Verfahren sehr einfach. Alles was man braucht ist ein
A.2. FUNKTIONSWEISE EINES LOCK-IN-VERSTÄRKERS
35
Bandpassfilter, der zwischen Signalquelle und Messgerät geschaltet wird, jedoch erreicht
man damit nur selten das gewünschte Resultat. Die Rauschunterdrückung, Geschwindigkeit und Genauigkeit eines guten Lock-In-Verstärkers übertrifft den Effekt der einfachen
Signalfilterung um mehrere Größenordnungen.
Ein Lock-In-Verstärker kann sehr kleine Wechselspannungssignale messen, die von einem
großen Rauschen überlagert werden. Das Rauschen kann sogar deutlich größer sein als das
eigentliche Messsignal. Diese Fähigkeit ist die Basis für die gebräuchlichste Kenngröße zur
Beschreibung eines Lock-In-Verstärkers, die dynamic reserve“. Sie ist definiert als das
”
maximale Signal-zu-Rauschen-Verhältnis, ausgedrückt in dB, das der Lock-in-Verstärker
bei einem Meßfehler kleiner als 5% toleriert. Gängige Lock-In-Verstärker erreichen Werte
von ca. 60dB, spezielle Geräte sogar bis zu 100dB, was einem Faktor von 105 entspricht.
Um dieses Verhältnis zu erreichen, muss der Lock-In-Verstärker ein sauberes Referenzsignal mit der gleichen Frequenz wie das zu messende Signal erhalten. Wenn das zu messende
Signal ein Gleichspannungssignal ist, so muss man dieses mit einem kleinen Wechselspannungssignal modulieren. Diese Modulationsfrequenz dient dann dem Lock-In-Verstärker
als Referenz.
Der Lock-In-Verstärker nutzt zur Messung eine Technik, die als phasensensitive Detektion
(PSD) bekannt ist. Dabei wird das Eingangssignal mit einem Referenzsignal bekannter,
konstanter Amplitude, das phasenstarr mit dem (modulierten) Eingangssignal korreliert
ist, multipliziert. Die Gleichung des resultierenden Signals bei Multiplikation zweier Sinussignale sieht folgendermaßen aus:
Φ(t) = V1 sin (ω1 t) · V2 sin (ω2 t + θ)
=
(A.1)
1
· V1 V2 [cos ((ω1 − ω2 )t + θ) − cos ((ω1 + ω2 )t + θ)]
2
Dabei sind V1 , V2 die Amplituden der beiden Sinusfunktionen, ω1 , ω2 die zugehörigen
Kreisfrequenzen und θ die Phasendifferenz der ersten Funktion relativ zur zweiten.
Um diesen Prozess zu verdeutlichen, zeigt Abb. A.1 die Multiplikation zweier Sinusfunktionen. Im Falle gleicher Frequenz und Phase (Abb. A.1a) reduziert sich Gleichung A.1
auf:
1
1
1
(A.2)
Φ(t) = V1 V2 [cos (0) − cos (2ωt)] = V1 V2 − V1 V2 cos (2ωt)
2
2
2
Da die Amplitude des Referenzsignals konstant ist, ergibt sich, wenn man das aus der
Multiplikation resultierende Signal mit einem Tiefpass filtert, um die 2ωt-Komponente
loszuwerden, ein konstanter Gleichstrom, der direkt proportional zum eigentlichen Messsignal ist. Alle Signalkomponenten, die nicht exakt die gleiche Frequenz haben wie das
Referenzsignal geben keinen Beitrag zu dieser Gleichspannung. Wie man in Abb. A.1b
sieht, ist das Resultat für ungleiche Frequenzen symmetrisch um Null, so dass nach dem
Tiefpass-Filtern am Ausgang des Lock-In-Verstärkers kein Beitrag übrig bleibt.
Im Fall eines Gleichspannungs-Offset auf dem Messsignal ergibt sich aus der Multiplikation ein zusätzlicher Anteil bestehend aus einer Konstanten multipliziert mit der Referenzfrequenz, der sich ebenfalls zu Null herausmittelt. Ein langsamer Drift des Offsets
repräsentiert eine sehr langsame Frequenz und liefert daher auch keinen Beitrag.
36
ANHANG A. LOCK-IN VERSTÄRKER
Abbildung A.1: a) Multiplikation zweier phasenkohärenter Sinuswellen identischer Frequenz
ergibt eine Welle mit einem Gleichspannungsanteil. b) Multiplikation zweier Sinuswellen verschiedener Frequenz ergibt eine Welle, die symmetrisch um Null liegt.
A.2. FUNKTIONSWEISE EINES LOCK-IN-VERSTÄRKERS
37
Rauschkomponeten, deren Frequenzen nahe an der Referenzfrequenz liegen resultieren in
Beiträgen niedriger Frequenz am Ausgang des Lock-In-Verstärkers. Dies liegt daran, dass
der Differenzterm in Gleichung A.1 ungefähr Null, aber nicht exakt Null ist. Diese niedrigen Frequenzen lassen sich nur sehr schwer herausfiltern, da das lange Integrationszeiten
erfordert und folglich die Messungen deutlich verlangsamt. Aus diesem Grund versucht
man stets die Referenzfrequenz des Lock-In-Verstärkers in einen Spektralbereich zu legen,
in dem kein Rauschen auftritt.
Signalphase
Die obigen Betrachtungen gelten nur für ein Messsignal, dass keine Phasenverschiebung
zum Referenzsignal aufweist. Wenn die Phasendifferenz ungleich Null ist, repräsentiert der
Ausgang des Lock-In-Verstärkers nicht direkt das Messsignal. Stattdessen kommt noch ein
Faktor cos θ hinein. Um diesem Problem zu begegnen gibt es zwei Möglichkeiten:
• Justieren der Phasen, so dass sie übereinstimmen
• Durchführen einer Zweiphasenmessung
Eine Zweiphasenmessung kann man mit einem Einphasen-Lock-In-Verstärker durchführen, indem man nacheinander zwei Messungen durchführt, von denen eine mit phasengleichen Mess- und Referenzsignalen und eine mit einem um 90◦ phasenverschobenen
Referenzsignal gemacht wird. Mit den aufgenommenen Werten kann man sowohl die Signalamplitude als auch die Phase berechnen. Diese Technik impliziert jedoch, dass das
Signal sich zwischen den beiden Messungen nicht verändert.
Besser ist die Verwendung eines Zweiphasen-Lock-In-Verstärkers, der beide Messungen
simultan durchführt. Dazu gibt es in einem solchen Verstärker zwei unabhängige PSDModule. Das eine Modul arbeitet mit einer Sinus-Referenzwelle, und das andere mit einer
Kosinus-Referenzwelle (90◦ phasenverschoben zum Sinus). Das tiefpassgefilterte Signal
des Sinus-PSDs ist normalerweise der X-Ausgang des Lock-In-Verstärkers, während der
Ausgang des Kosinus-PSDs mit Y bezeichnet wird.
Wenn das Signal vollständig in Phase mit dem Referenzsignal ist, dann ist der X-Ausgang
der Messwert und der Y-Ausgang Null. Ist das Signal 90◦ phasenverschoben zum Referenzsignal, dann ist der Y-Ausgang der Messwert und der X-Ausgang Null. Aus der Kombination beider Ausgänge läßt sich phasenunabhängig immer das eigentliche Messignal
konstruieren:
p
(X 2 + Y 2 )
Y
Θ = arctan
X
V =
(A.3)
(A.4)
38
ANHANG B. HILFE ZUR AUSWERTUNG DER SDH-OSZILLATIONEN
Anhang B
Hilfe zur Auswertung der
SdH-Oszillationen
Zur bestimmung der effektiven Masse wird Gleichung 2.24 verwendet:
EF
1
πm∗
gµB B
X
Rxx (B)
≈ 1 + 2 · cos 2π
−
· exp −
· cos 2π
·
Rxx (B = 0)
h̄ωc 2
τq eB |sinh
X
2h̄ωc
{z } |
|
{z
} |
{z
}
{z
}
a
b
c
d
(B.1)
mit
X :=
2π 2 kB T
h̄ωc
Die Bedeutung der Terme a-d ist in Kapitel 2.2 erklärt. Die B1 -periodische Oszillation
des Widerstandes Rxx wird ausschließlich durch den ersten Kosinusterm (a) erfasst. Der
Wert dieses Terms schwankt zwischen +1 und -1. Zeichnet man nun an den gemessenen
Funktionsgraphen die obere und die untere Einhüllende, so erhällt man gerade die Funktionswerte für Term (a)=±1. Die Gleichungen für die Einhüllenden ergeben sich somit
zu:
+
Rxx
(B)
πm∗
X
gµB B
≈ 1 + 2 · 1 · exp −
·
· cos 2π
(B.2)
Rxx (B = 0)
τq eB
sinh X
2h̄ωc
beziehungsweise für die untere Einhüllende:
−
Rxx
(B)
πm∗
X
gµB B
≈ 1 + 2 · (−1) · exp −
·
· cos 2π
Rxx (B = 0)
τq eB
sinh X
2h̄ωc
(B.3)
Bildet man die Differenz der beiden Einhüllenden, so kommt man auf folgende Gleichung:
±
+
−
∆Rxx
Rxx
(B) − Rxx
πm∗
X
gµB B
(B)
(B)
=
≈ 4·exp −
·
·cos 2π
(B.4)
Rxx (B = 0)
Rxx (B = 0)
τq eB sinh X
2h̄ωc
X
Die einzige Temperaturabhängigkeit dieser Gleichung steckt in dem sinh
-Term. Daher
X
kann man, wenn man zwei Gleichungen bei verschiedenen Temperaturen dividiert, auf
39
eine einfachere Gleichung kommen:
±
X(T1 ) · sinh X(T2 )
∆Rxx
(B, T1 )
≈·
±
∆Rxx (B, T2 )
sinh X(T1 ) · X(T2 )
(B.5)
Durch Kürzen kommt man schließlich auf die relativ einfache Form:
±
∆Rxx
(B, T1 )
T1 · sinh X(T2 )
≈·
±
∆Rxx (B, T2 )
T2 · sinh X(T1 )
(B.6)
Durch Ausmessen der Differenz der beiden Einhüllenden bei festem Magnetfeld und verschiedenen Temperaturen kann man nun diese Gleichung lösen und auf einen Wert für m∗
kommen. Da es für obige Gleichung keine analytische Lösungsmethode gibt, kann man
entweder ein Programm wie Maple zur numerischen Näherung benutzen, oder die Lösung
graphisch bestimmen.
∗
Bemerkung: Bei numerischer Lösung kann es von Vorteil sein, gleich den Faktor x = m
me
zu bestimmen, da einige Programme Probleme mit zu hohen Exponenten während der Iteration haben.
Zur Bestimmung der Quantenrelaxationszeit gehen wir, nach der Bestimmung der effektiven Masse, von Gleichung B.4 aus, und formen sie nach so umdass wir folgende Gleichung
erhalten:
±
ln (A · ∆Rxx
(T, B)) = −
πm∗ 1
· .
eτq B
(B.7)
Trägt man jetzt den Logarithmus über B1 auf, so kann man aus der Steigung der Kurve
einen Wert für die Quantenrelaxationszeit gewinnen.
40
LITERATURVERZEICHNIS
Literaturverzeichnis
[1] H.Ibach, H.Lüth, Festkörperphysik, Springer Verlag, 3. Auflage 1990
[2] T. Demel, Ein- und nulldimensionale elektronische Systeme in AlGaAs/GaAsHeterostrukturen, Dissertation, MPI für Festkörperforschung, Stuttgart, 1990
[3] N. W. Ashcroft, N. D. Mermin, Solid State Physics, Saunders College, CBS Publishing Asia Ltd., 1976
[4] C. Kittel, Einführung in die Festkörperphysik, Oldenbourg Verlag, 9. Auflage, 1991
[5] G. Ebert, Magnetotransportuntersuchungen an GaAs-AlGaAs-Heterostrukturen,
Dissertation, TU München, 1983
[6] C. W. J. Beenakker, H. van Houten, Quantum Transport in Semiconductor Nanostructures, Solid State Physics, Vol. 44, Acad. Press, 1991
[7] J. Nieder, Magnetotransportuntersuchungen an eindimensionalen Transistoren, Dissertation, MPI für Festkörperforschung Stuttgart, 1992
[8] T. Ihn, Semiconductor Nanostructures, ETH Zurich, Oxford University Press, 2010
[9] K. Hashimoto et al. (2008), Quantum Hall Transition in Real Space: From Localized
to Extended States, Phys. Rev. Lett., 101, 256802
[10] M. Mombourquette, http://www.chem.queensu.ca/..., abgerufen am 16.4.2012

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