Seminar über Kählermannigfaltigkeiten Differentialformen auf

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Seminar über Kählermannigfaltigkeiten Differentialformen auf
Seminar über Kählermannigfaltigkeiten
im Wintersemester 2007/2008
Thema:
Differentialformen auf
Mannigfaltigkeiten, Integration von
Differentialformen,
Satz von Stokes für
Mannigfaltigkeiten,
de Rham- Kohomologie
von
Manuel Jaraczewski
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Differentialformen
1
2.1
Multilineare Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2.2
Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2.3
Der Satz von Stokes
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.4
Geschlossene und exakte Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3 De Rham Kohomologien
3.1
23
Die de Rham Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Literaturverzeichnis
24
28
-2-
1
Einleitung
Diese Ausarbeitung entstand im Rahmen eines Seminars über Kählermannigfaltigkeiten
unter der Leitung von Prof. Dr. L. Schwachhöfer im Wintersemester 2007/2008. Die
Themen lauten: Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten, Integration von Differential”
formen, Satz von Stokes für Mannigfaltigkeiten, de Rham- Kohomologie“.
Speziell werden wir hier die Gundlagen der multilinearen Algebra bereitstellen, um Differentialformen einführen zu können. Danach werden die Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten besprochen. Nach einer kurzen Einführung über Integrieren von Formen werden
wir den Integralsatz von Stokes kennen lernen.
Das Poincaré- Lemma motiviert schließlich die Einführung der de Rham Kohomologiegruppen, welche es erlauben, topologische Eigenschaften von Mannigfaltigkeiten mit
Mitteln der Analysis zu bestimmen.
2
2.1
Differentialformen
Multilineare Algebra
Zunächst werden wir einige Aspekte der multilinearen Algebra betrachten. Dabei definieren
wir die alternierenden k- Formen auf endlich- dimensionalen Vektorräumen V . Weiterhin
wird das Dachprodukt ∧ zwischen Differentialformen eingeführt, welches die Menge der kFormen auf V , Λk V ∗ , zur einer Algebra erweitert. Mit Hilfe des Dachprodukts können wir
dann eine Basis von Λk V ∗ angeben.
Im Folgenden sei V ein n- dimensionaler R- Vektorraum.
Definition 2.1 Eine Abbildung α : V k −→ R heißt multilinear, wenn gilt:
α(x1 , ..., c · xi , ..., xn ) = c · α(x1 , ..., xi , ..., xn ),
(c ∈ R)
α(x1 , ..., xi + yi , ..., xn ) = α(x1 , ..., xi , ..., xn ) + α(x1 , ..., yi , ..., xn ).
Mit Hilfe der multilinearen Abbildung lassen sich nun Differentialformen auf Rn einführen:
-1-
Definition 2.2 Eine alternierende k- Form auf V ist eine multilineare Abbildung α :
V k −→ R mit der Eigenschaft, dass α(v1 , ..., vk ) = 0 für beliebige linear abhängige Vektoren v1 , ..., vk ∈ V .
Die Menge aller alternierenden k- Formen auf V wird mit Λk V ∗ bezeichnet. Λk V ∗ wird
mit der punktweisen Addition und der Skalarmultiplikation als Verknüpfungen zu einem
R- Vektorraum.
In dieser Definition ist von alternierenden Formen die Rede. Wir suchen ein Maß für
Mannigfaltigkeiten der Dimension k > 1, das unabhängig von der Parametrisierung ist
(Volumenberechnung). Die Determinante det(v1 , ..., vn ) einer Matrix bestehend aus n linear unabhängigen Spaltenvektoren v1 , ..., vn ∈ Rn misst das Volumen des von den vi
aufgespannten Parallelepipeds. det soll eine n- Form auf Rn sein, so dass diese Definition
die Determinanten verallgemeinert.
Zu einem Vektorraum V über einem Körper K bezeichnen wir mit V ∗ den zu V gehörigen
Dualraum, also die Menge aller linearen Abbildungen von V nach K. Die Elemente von
V ∗ heißen kovariante Vektoren oder kurz Kovektoren.
Aus der Definition folgt Λ0 V ∗ := R. Die alternierenden 1- Formen auf V sind gerade die
Linearformen α : V −→ R, also ist Λ1 V ∗ = V ∗ .
Satz 2.3 Für jede multilineare Abbildung α : V k −→ R sind die folgenden Aussagen
äquivalent:
1. α ∈ Λk V ∗
2. α(v1 , ..., vk ) = 0, falls vi = vj ∈ V mit i 6= j
3. α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk ) = −α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) (α ist alternierend)
4. Für jede Permutation σ : {1, ..., k} −→ {1, ..., k} ist
α(vσ(1) , ..., vσ(k) ) = sign(σ) · α(v1 , ..., vk ).
Beweis: 1. =⇒ 2.“ α ∈ Λk V ∗ ⇐⇒ α(v1 , ..., vk ) = 0 für linear abhängige Vektoren. Da
”
zwei identische Vektoren insbesondere linear abhängig sind, folgt 2.
-2-
2. =⇒ 1.“ Seien v1 , ..., vk linear abhängig. Dann ist ein Vektor vi (1 ≤ i ≤ k) als Li”
nearkombination der übrigen darstellbar. Damit ist α(v1 , ..., vk ) eine Summe aus k − 1
Summanden, die, unter der Vorausserzung von 2., alle samt verschwinden.
2. =⇒ 3.“ Die Gültigkeit von 3. folgt wegen der Linearität
”
α(v1 , ..., vi + vj , ..., vi + vj , ..., vk ) = 0
=⇒
α(v , ..., vi , ..., vi , ..., vk ) +α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk )+
| 1
{z
}
=0
α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) + α(v1 , ..., vj , ..., vj , ..., vk ) = 0
|
{z
}
=⇒
=0
α(v1 , ..., vi , ..., vj , ...,k ) + α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) = 0,
also Aussage 3.
3. =⇒ 2.“
”
vi =vj
3. =⇒ α(v1 , ..., vi , ..., vi , ..., vk ) = −α(v1 , ..., vi , ..., vi , ..., vk ),
also muss α(v1 , ..., vi , ..., vi , ..., vk ) = 0 gelten.
3. ⇐⇒ 4.“ Da jede Permutation Hintereinanderausführung von Transpositionen ist, folgt
”
dies durch mehrfaches anwenden von 3..
Wir können nun eine Verknüpfung zwischen alternierenden Formen einführen:
Definition 2.4 Sei α ∈ Λk V ∗ eine k- Form und β ∈ Λ` V ∗ eine `- Form. Das Dachprodukt
zwischen α ∈ Λk V ∗ und β ∈ Λ` V ∗ ist definiert als
∧ : Λk V ∗ × Λ` V ∗ −→ Λk+` V ∗
X
1
sign(σ) · α(vσ(1) , ..., vσ(k) ) · β(vσ(k+1) , ..., vσ(k+`) ),
·
(α ∧ β)(v1 , ..., vk+` ) :=
k! · `! σ∈S
k+`
wobei Sk+` die volle symmetrische Gruppe der Ordnung k + ` ist.
Ist f eine 0- Form und α eine k- Form, dann vereinfacht sich das Dachprodukt zum
gewöhnlichen Skalarprodukt f ∧ α := f · α.
Satz 2.5 Für alle α ∈ Λk (Rn ), β ∈ Λ` (Rn ), γ ∈ Λm (Rn ) gilt:
1. ∧ : Λk (Rn ) × Λ` (Rn ) −→ Λk+` (Rn ) ist bilinear, das heißt für λ, µ ∈ R gilt
α ∧ (λ · β1 + µ · β2 ) = λ · (α ∧ β1 ) + µ · (α ∧ β2 ),
(λ · α1 + µ · α2 ) ∧ β = λ · (α1 ∧ β) + µ · (α2 ∧ β).
-3-
2. ∧ ist assoziativ, das heißt
(α ∧ β) ∧ γ = α ∧ (β ∧ γ).
3. Es gilt α ∧ β = (−1)k·` · β ∧ α
Beweis: Folgt aus der Definition und Nachrechnen.
Beispiel 2.6
Wir bilden das Dachprodukt aus k 1- Formen:
Sei α1 , ..., αk ∈ Λ1 V ∗ = V ∗ . Setzt man als αi in die Definition ein, so entsteht nach
Umordnen der Summanden
Def.
(α1 ∧ ... ∧ αk )(v1 , ..., vk ) =
X
(∗)
sign(σ) · α1 (vσ(1) ) · ... · αk (vσ(k) ) = det(αi (vj )1≤i,j≤k ). (1)
σ∈Sk
Bei (∗) verwenden wir die Leibnizsche Determinantenformel.
Über die Determinante kann man also aus k 1- Formen eine k- Form definieren.
Wir wollen eine Basis von Λk V ∗ finden. Wähle dazu ein Paar dualer Basen {e1 , ..., en } von
V und {e∗1 , ..., e∗n } von V ∗ , das heißt es gilt
e∗i (ej ) = δij .
Satz 2.7 Die Menge {e∗i1 ∧ ... ∧ e∗ik } für 1 ≤ i1 < ... < ik ≤ n bildet eine Basis von Λk V ∗ .
Insbesondere ist also
 
 n
, für k ≤ n
k
dim(Λk V ∗ ) =

 0
, für k > n.
Beweis: Für 1 ≤ j1 < ... < jk ≤ n gilt
(1)
(e∗i1 ∧ ... ∧ e∗ik )(ej1 , ..., ejk ) = det(e∗iµ (ejν ))1≤µ,ν≤k
= det(δiµ jν )1≤µ,ν≤k

 1 , (i , ..., i ) = (j , ..., j )
1
k
1
k
=
 0 , (i , ..., i ) 6= (j , ..., j ).
1
-4-
k
1
k
Damit sind e∗i1 ∧ ... ∧ e∗ik mit 0 < i1 < ... < ik ≤ n linear unabhängig und durch Linearkombination kann man auf allen (ej1 , ..., ejk ) beliebig vorgegebene Werte erzielen. Also ist
{e∗i1 ∧ ... ∧ e∗ik } ein linear unabhängiges Erzeugendensystem in Λk V ∗ .
Mit Hilfe der Basis lässt sich nun jede k- Form α ∈ Λk V ∗ schreiben als
X
α=
ai1 ,...,ik · e∗i1 ∧ ... ∧ e∗ik .
i1 <...<ik
Nun definieren wir den pull- back:
Definition 2.8 Seien V und W Vektorräume und f : V −→ W eine lineare Abbildung.
Für α ∈ Λk W ∗ heißt die durch
f ∗ : Λk W ∗ −→ Λk V ∗ ,
(f ∗ α)(v1 , ..., vk )
:=
α(f (v1 ), ..., f (vk ))
definierte k- Form die unter f zurückgezogene k- Form / der pull- back von α unter f .
Für k = 0 setzen wir f ∗ α := α ◦ f .
Beispiel 2.9
Sei V ein n- dimensionaler Vektorraum und f : V −→ V ein Endomorphismus. Dann
ist dim(Λn V ∗ ) = 1 und f ∗ : Λn V −→ Λn V eine lineare Abbildung. f ∗ entspricht der
Multiplikation mit det(f ).
Satz 2.10 Der pull- back hat folgenden Eigenschaften:
1. f ∗ : Λk W ∗ −→ Λk V ∗ ist linear:
f ∗ (λ · α + µ · β) = λ · f ∗ α + µ · f ∗ β,
λ, µ ∈ R,
α, β ∈ Λk W ∗
2. f ∗ (α ∧ β) = (f ∗ α) ∧ (f ∗ β) für alle α ∈ Λk W ∗ und β ∈ Λ` W ∗ .
Beweis: Folgt durch Einsetzen in die Definition.
-5-
2.2
Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten
Bis jetzt hatten wir Differentialformen lediglich auf endlich- dimensionalen Vektorräumen
definiert. Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten M definieren wir nun punktweise.
Sei p ∈ M und
Tp (M ) := {v | v ist Tangentialvektor in p}
der Tangentialraum und Tp∗ M der zu Tp (M ) duale Raum. Sei weiter
•
[
T M :=
Tp M
p∈M
das Tangentialbündel und entsprechend T ∗ M =
•
S
Tp∗ M .
p∈M
•
S
In diesem Fall ist Λk T ∗ M :=
Λk Tp∗ M . Im Falle k = 0 ist Λ0 T ∗ M = M × R und für
p∈M
∗
k = 1 erhält man Λ1 T ∗ M = T M .
Definition 2.11 Eine Differentialform ω vom Grad k auf einer Mannigfaltigkeit ist eine
Abbildung ω : M −→ Λk T ∗ M , mit
1. ωp ∈ Λk Tp∗ M für alle p
2. für alle X1 , ..., Xk ∈ X(M ) := {Vektorfelder auf M} ist die Abbildung
p 7→ ωp ((X1 )p , ..., (Xk )p )
glatt.
Der Vektorraum der Differentialformen auf M wird mit Ωk (M ) bezeichnet. Insbesondere ist damit Ω0 (M ) = C ∞ (M ) der Vektorraum der auf M beliebig oft differenzierbaren
Funktionen.
Vermöge Definition (2.4) erklären wir nun das Dachprodukt zweier Differentialformen
punkweise:
Definition 2.12 Sei α ∈ Ωk (M ) und β ∈ Ω` (M ). Dann ist
∧ : Ωk (M ) × Ω` (M ) −→ Ωk+` (M )
(α ∧ β)p
das Dachprodukt von α und β.
-6-
:=
αp ∧ βp
Es gelten erneut die Eigenschaften des Satzes (2.5).
Bemerkung:
Vermöge des Dachprodukts wird
∗
Ω (M ) :=
∞
M
Ωk (M )
k=0
zu einer antikommutativen graduierten Algebra mit Einselement.
Definition 2.13 Sei f : M −→ N differenzierbar. Die durch
f ∗ : Ωk (N ) −→ Ωk (M )
(f ∗ α)p (v1 , ..., vk )
:=
(2)
v1 , ..., vk ∈ Tp M
α(dff (p) (v1 ), ..., df (vk )),
definierte k- Form ist die unter f zurückgezogene k- Form / der pull- back von α unter f .
Für k = 0 setzen wir erneut f ∗ α := α ◦ f .
M
f ( x)
f
x
Tx M
N
α
f ∗α
R
Analog zum Satz (2.10) gilt für den pull- back in Gleichung (2) der folgende Satz.
Satz 2.14 Für den pull- back gilt:
1. f ∗ : Ωk (N ) −→ Ωk (M ) ist linear, das heißt
f ∗ (λ · α + µ · β) = λ · f ∗ α + µ · f ∗ β,
λ, µ ∈ C ∞ (M ),
2. f ∗ (α ∧ β) = (f ∗ α) ∧ (f ∗ β) für alle α ∈ Ωk (N ) und β ∈ Ω` (N ).
Eine weitere Eigenschaft nennt der folgende Satz.
-7-
α, β ∈ Ωk (N )
Satz 2.15 Für f ∈ C ∞ (M, N ) und g ∈ C ∞ (N, P ) genügt der pull- back der Kettenregel
(g ◦ f )∗ = f ∗ ◦ g ∗ .
Beweis:
(g ◦ f )∗ (α)(v1 , ..., vk ) = α(d(g ◦ f )(v1 ), ..., d(g ◦ f )(vk ))
= α(dg(df (v1 )), ..., dg(df (vk )))
= (g ∗ α)(df (v1 ), ..., df (vk ))
= f ∗ (g ∗ (α))(v1 , ..., vk ).
Sei M eine n- dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M und f ∈ C ∞ (M, R).
Wir definieren
(dfp )vp := vp (f ) für vp ∈ Tp M,
wobei vp (f ) die Richtungsableitung von f in p in Richtung v ist. Dann heißt die durch
p 7−→ dfp ∈ Tp∗ M = Λ1 Tp M gegebene differenzierbare 1- Form df ∈ Ω1 M Differential von
f . An der Stelle p ist es gegeben durch
dfp : Tp M −→ Tf (p) R ∼
=R
Wegen des kanonischen Isomorphimus R ∼
= Tf (p) R fassen wir dfp als Element des Dualraums
Tp∗ M auf.
In lokalen Koordinaten sind also die n Komponenten von df gegeben durch
∂
∂
df
=
f,
i = 1, ..., n.
∂xi
∂xi
Insbesondere können wir für eine Karte auf einer offenen Menge U die Differentiale dxi ∈
Ω1 U der Koordinatnenfunktionen xi : M −→ R, xi (x1 , ..., xn ) 7−→ xi bilden:
∂
∂
dxi
=
xi = δik .
∂xk
∂xk
Damit bilden die Differentiale
dxi , ...,dxn ∈ Ω1 U der Koordinatenfunktionen einer Karte
∂
∂
für alle p ∈ U die zu
, ...,
duale Basis {(dx1 )p , ..., (dxn )p } des Tp∗ M . Damit
∂x1
∂xn
-8-
können wir df also folgende Linearkombination schreiben:
df =
n
X
∂f
dxi .
∂x
i
i=1
Bezüglich der dualen Basis kann eine k- Form α in der Linearkombination
α|U =
X
ai1 ,...,ik dxi1 ∧ ... ∧ dxik
i1 <...<ik
mit ai1 ,...,ik ∈ C ∞ (U ) dargestellt werden.
Wir werden nun die äußere Ableitung einer Differentialform einführen. Zuvor benötigen
wir jedoch noch ein technisches Lemma über die Zerlegung der Eins:
Lemma 2.16 (Partition der Eins) Sei {Uα }α eine abzählbare offene Überdeckung der
Mannigfaltigkeit M . Dann gibt es eine abzählbare Familie {%ν }ν≥1 von C ∞ - Funktionen
%ν : M −→ [0, 1], so dass gilt
1. Jedes x ∈ M hat eine Umgebung V ⊆ M , so dass ϕν |V ≡ 0 ist für fast alle ν (das
(lokal endlich)
heißt bis auf endlich viele)
2. supp(%ν ) := {x ∈ M | %ν (x) 6= 0} ⊆ Uα für ein α = α(ν) und der Träger ist
| {z }
Träger
kompakt
3.
X
(untergeordnet).
%ν ≡ 1
(Partition der Eins)
ν≥1
Jede solche Familie heißt eine der Überdeckungen {Uα } untergeordnete Partition der Eins.
ρν
1
Uα
-9-
Die Summe in 3. ist wohldefiniert, da nach 1. in jedem Punkt fast alle Summanden %ν
Null sind. Wegen der lokalen Endlichkeit liefert auch die Summe für jeden Punkt einen
endlichen Wert. Die konstante Funktion f (x) ≡ 1 wird mittels 3. in Funktionen %ν zerlegt.
Bemerkung:
Eine Mannigfaltigkeit der Dimension n ist definiert als ein topologischer Hausdorff- Raum
mit folgenden Eigenschaften:
xα (Uαβ )
xβ (Uβα )
xα
xβ
ϕαββ
U βα
Uαβ
1. Es existieren xα : Uα −→ M , wobei Uα ⊆ Rn offen, so dass xα ein Homöomorphismus
ist, das heißt xα : Uα −→ xα (Uα ) ist bijektiv, stetig und x−1
α : xα (Uα ) −→ Uα ist
stetig.
2. Es gilt M =
S
xα (Uα ).
α
−1
3. Sei Uαβ := x−1
α (xβ (Uβ )) ⊆ Uα offen und Uβα := xβ (xα (Uα )) ⊆ Uβ offen. Dann ist
x−1
β ◦ xα : Uαβ −→ Uβα ein Diffeomorphismus für alle Koordinatenabbildungen α, β.
4. Es gibt eine abzählbare Familie xαn : Uαn −→ M von Koordinatenabbildungen mit
M=
∞
[
xαn (Uαn ).
n=1
- 10 -
Nach Eigenschaft 4. existiert zu jeder offenen Überdeckung von M eine untergeordnete
Partition der Eins. Damit können Funktionen auf Mannigfaltigkeiten in Teilfunktionen“
”
zerlegt werden:
Beispiel 2.17
Sei f : M −→ R und {ϕ−1
α : Vα −→ Uα } ein Atlas von M . Dann kann f mittels Partitionierung der Eins in Funktionen ϕν · f zerlegt werden, deren Träger jeweils in einer Karte
Vα liegt:
f=
X
(%ν · f ).
ν
Nach diesen Vorüberlegungen kommen wir nun zur äußeren Ableitung:
Satz 2.18 Es existiert genau eine Abbildung d : Ωk (M ) −→ Ωk+1 (M ), so dass
1. d linear ist, das heißt es gilt
d(λ · α1 + µ · α2 ) = λ · dα1 + µ · dα2
für α1 , α2 ∈ Ωk (M ) und λ, µ ∈ R,
2. d die Produktregel
d(α ∧ β) = (dα) ∧ β + (−1)k · α ∧ dβ
∀α ∈ Ωk (M ), β ∈ Ω` (M )
erfüllt,
3. d eine Kettenabbildung ist, das heißt es gilt
d2 = d ◦ d = 0,
4. d im Falle k = 0 mit dem bereits definierten Differential übereinstimmt.
Beweis: Sei d die zu konstruierende Abbildung.
1. Teil: Beweis für ein Kartengebiet.
Sei α : U −→ M ein Koordinatensystem. Jedes ω ∈ Ωk U hat die Darstellung
ω=
X
ai1 ,...,ik dxi1 ∧ ... ∧ dxik .
i1 <...<ik
- 11 -
(3)
Definiere
dω =
X
d(ai1 ,...,ik ) ∧ dxi1 ∧ ... ∧ dxik .
(4)
i1 <...<ik
Erfüllt d die Eigenschaften 1. bis 4. auf U , so muss dω die Form (4) haben, da wegen
Eigenschaft 3. d(dxi ) = 0 gilt und damit nach der Produktregel d(dxi1 ∧ ... ∧ dxik ) = 0 ist.
Für die Existenz betrachten wir (4) und stellen fest, dass d linear ist und für k = 0 das
Differential ergibt. Zum Nachweis der Produktregel seien ohne Einschränkung
ω = f dxi1 ∧ ... ∧ dxik und
η = g dxj1 ∧ ... ∧ dxj` .
Nach (4) ist dann
d(ω ∧ η) = d(f · g) ∧ dxi1 ∧ ... ∧ dxik ∧ dxj1 ∧ ... ∧ dxj`
Es gilt die herkömmliche Produktregel d(f · g) = df · g + f · dg. Zusammen mit der
Antikommutativität des Dachprodukts ergibt sich
d(ω ∧ η) = (df ∧ dxi1 ∧ ... ∧ dxik ) ∧ (g dxj1 ∧ ... ∧ dxj` )
+(−1)k · (f dxi1 ∧ ... ∧ dxik ) ∧ (dg ∧ dxj1 ∧ ... ∧ dxj` )
= (dω) ∧ η + (−1)k · ω ∧ dη.
Dies ist die gewünschte Eigenschaft in (3).
Zum Nachweis der Eigenschaft d2 = 0 für alle ω ∈ Ωk U beschränken wir uns auf den Fall
k = 0 (nach der Definition in (4) reicht dies aus). Für f ∈ Ω0 U gilt
d(df ) = d(df )
!
n
X
∂f
dxi
= d
∂x
i
i=1
n
X
∂f
=
d
∧ dxi
∂xi
i=1
=
n
X
∂2f
dxj ∧ dxi
∂x
∂x
i
j
i,j=1
= 0,
- 12 -
∂2f
und der Antisymmetrie des Dachprodukts.
∂xi ∂xj
2. Teil: Beweis für allgemeine Mannigfaltigkeiten
wegen der Symmetrie von
Für die Existenz wählen wir eine Partition der Eins, {%i }i≥1 , zu einer Koordinatenüberdeckung
von Uα . Dann ist
!
d(α) = d
X
%ν · α
=
ν≥1
X
dUα (%ν · α).
ν≥1
mit der in (4) definierten Abbildung dUα auf Uα . Durch nachrechnen verifiziert man, dass
die Abbildung d : Ωk (M ) −→ Ωk+1 (M ) die Eigenschaften 1. bis 4. erfüllt.
Für die Eindeutigkeit sei d˜ eine weitere äußere Ableitung auf ganz M mit den Eigenschaften
1. bis 4.. Wir wählen erneut {%ν }ν≥1 als Partition der Eins zu einer Überdeckung von Ui .
Dann ergibt sich nach Ausnutzen der Linearität
!
X
X
˜ ν · α).
˜ = d˜
d(%
dα
%ν · α =
ν≥1
ν≥1
˜ ν · α) = d(%ν · α) folgt, ergibt sich
Da für supp(%ν · α) ⊆ Uα(ν) nach Teil 1 die Gleichheit d(%
weiter
!
˜ =
dα
X
˜ ν · α) =
d(%
X
d(%ν · α) = d
ν≥1
ν≥1
X
%ν · α
= dα.
ν≥1
Die Abbildung in (4) heißt äußere Ableitung.
Satz 2.19 Die äußere Ableitung vertauscht mit dem pull- back (d ist natürlich), das heißt
es gilt
f ∗ (dα) = d(f ∗ α)
(5)
für α ∈ Ωk (N ) und f : M −→ N differenzierbar (M, N : Mannigfaltigkeiten).
Beweis: Für Funktionen g ∈ Ω0 (M ) ist mit 4. die Formel (5) nichts weiteres als die
Kettenregel:
(f ∗ dg)x = (dg)f (x) ◦ dfx
nach Definition von f ∗
= d(g ◦ f )x
nach üblicher Kettenregel
= d(f ∗ g)x
nach Definition von f ∗ .
- 13 -
(6)
Also haben wir für a ∈ Ω0 (M ) und α := da ∈ Ω1 (M ):
3.
f ∗ (dα) = f ∗ (d2 a) = 0,
(6)
3.
d(f ∗ α) = d(df ∗ a) = d2 (f ∗ a) = 0.
Jede Form ist Linearkombination von Dachprodukten von 0- Formen (Funktionen) und
exakten 1- Formen. Denn für eine Partition der Eins ist
X
X
α=
(%i · α) mit %i · α =
ai1 ,...,ik dxi1 ∧ ... ∧ dxik .
i
Also sind %i · α als Linearkombination von 0- und 1- Formen darstellbar. Wegen dieser
Darstellungsmöglichkeit reicht es aus, folgende Implikationen zu zeigen:

f ∗ dα = df ∗ α 
=⇒ f ∗ d(α ∧ β) = df ∗ (α ∧ β).

∗
∗
f dβ = df β
Dies folgt aber wegen
2.
f ∗ d(α ∧ β) = f ∗ (dα ∧ β + (−1)k · α ∧ dβ)
1.
= f ∗ dα ∧ f ∗ β + (−1)k · f ∗ α ∧ f ∗ dβ
= df ∗ α ∧ f ∗ β + (−1)k · f ∗ α ∧ df ∗ β
nach Voraussetzung
2.
= d(f ∗ α ∧ f ∗ β)
1.
= df ∗ (α ∧ β).
Die bisher betrachteten Differentialformen ω ∈ Ωk (M ) waren alle R- wertig. Seien α, β ∈
Ωk (M ). Definiere
ω := α + i · β,
ω := α − i · β.
Dies ist eine komplexe k- Form auf M . Den Vektorraum der komplexen k- Formen auf M
bezeichnen wir mit Ωk (M, C). Damit ist ω : M −→ Λk (R) ⊕ i · Λk (R).
Für ω ∈ Ωk (M, C) ist die äußere Ableitung komponentenweise definiert:
dω = dα + i · dβ,
dω = dα − i · dβ.
ω ist stetig (bzw. differenzierbar, bzw. stetig differenzierbar,...) genau dann, wenn Re(ω) =
α und Im(ω) = β stetig (bzw. differenzierbar, bzw. stetig differenzierbar,...) sind.
- 14 -
2.3
Der Satz von Stokes
Der Satz von Stokes ist der zentrale Satz in der Theorie über Integration auf Mannigfaltigkeiten.
Im Folgenden sollen die angegebenen Integrale stets existieren.
Betrachte zunächst α ∈ Ωn (X) mit X ⊆ Rn offen. Dann ist
α = a(X) dx1 ∧ ... ∧ dxn
|
{z
}
dV
mit a : X −→ R stetig.
Eine Orientierung auf einem Vektorraum V ist eine Äquivalenzklasse von Basen, wobei
zwei Basen äquivalent heißen, wenn die Determinante der Basiswechselmatrix positiv ist.
Eine Orientierung der Mannigfaltigkeit M ist eine Familie von Orientierungen der Tangentialräume Tp M , so dass für alle p ∈ M eine Koordinatenabbildung ϕ : U −→ M existiert,
∂
∂
so dass die kanonische Basis
(y), ...,
(y) für alle y ∈ U positiv orientiert ist. Eine
∂x1
∂xn
Koordinatenabbildung
xα : Uα−→ M ist positiv (negativ) orientiert, falls die kanonische
∂
∂
Basis von Tp M ,
, ...,
, positiv (negativ) orientiert ist.
∂x1
∂xn
Ein Atlas heißt orientiert, wenn alle Koordinatenabbildungen positiv orientiert sind. In
diesem Fall hat die Jacobi- Matrix des Kartenwechsels überall positive Determinante.
Wir definieren nun das Integral über Formen:
Definition 2.20 Das ( Lebesgue-) Integral von α ∈ Ωn (X) über X ⊆ Rn ist gegeben
durch
Z
Z
a(x) dx1 ∧ ... ∧ dxn =
X
Z
α :=
X
- 15 -
a dx1 ...dxn .
X
(7)
Ist ϕ : Y → X mit ϕ(y1 , ..., yn ) := (x1 , ..., xn ) ein Diffeomorphismus und ω = a(x) dx1 ∧
... ∧ dxn eine n- Form auf X, so ist
Z
Z
(2.9)
∗
ϕ (ω) =
a(ϕ(y)) · det(dϕ) dy1 ∧ ... ∧ dyn
Y
Y
(2.20)
Z
a(ϕ(y)) · det(dϕ) dy1 ...dyn
=
Y
Z
=
±
a(x) dx1 ...dxn
(Transformationsformel)
X
Def.
=
Z
a(x) dx1 ∧ ... ∧ dxn
±
X
Z
=
±
ω,
(8)
X
wobei ±“ das Vorzeichen von det(dϕ) ist.
”
Lokal sehen glatte n- dimensionale Mannigfaltigkeiten aus wie der Rn . Um nun einen
Übergang vom Lokalen zu Globalen zu haben, verwenden wir die Zerlegung der Eins: Sei
nun M eine n- dimensionale orientierte Mannigfaltigkeit mit fest gewählter Orientierung
[M ] und ω eine n- Form auf M . Die Orientierung der Mannigfaltigkeit ist nötig, da das
Integral auf der rechten Seite von (7) nach dem Satz von Fubini beim Vertauschen der dxi
stets den gleichen Wert ergibt. Damit ist also die Definition in (7) wohldefiniert.
Sei {ϕ−1
α : Vα −→ Uα } ein orientierter Atlas und {%ν } eine untergeordnete Partition der
Eins. Dann ist
ω =
X
(%ν · ω).
(9)
ν
Hierbei ist %ν · ω eine n- Form auf M mit Träger in Vα(ν) .
Sei nun M eine k- dimensionale Untermannigfaltigkeit einer k + m- dimensionalen Mannigfaltigkeit N .
Definition 2.21 Das Integral von ω ∈ Ωk (M ) über eine orientierte Untermannigfaltigkeit
N ⊆ M der Dimension k ist definiert als
Z
X Z
ω :=
(ϕα )∗ (%ν · ω),
N
ν U
α(ν)
- 16 -
(10)
mit den Koordinatenüberdeckungen ϕ : Uα −→ Vα und dem in (9) definierten ω.
Bemerkungen:
1. Eigentlich müsste man
R
ω schreiben.
[N ]
2. Da die %ν · ω kompakten Träger haben, existieren die Integrale in (10).
3. Das so definierte Integral ist wohldefiniert, das heißt unabhängig von der Wahl des
orientierten Atlanten und der Zuntergeordneten
Partition der Eins.
X Z
−1
ω :=
Beweis: Nach Definition ist
ϕ−1
α (%n · ω), wobei {ϕα : Vα −→ Uα }
ν V
α(ν)
M
ein orientierter Atlas und {%ν } eine untergeordnete Partition der Eins ist. Sei {ϕ−1
β :
0
Vβ −→ Uβ } ein weiterer orientierter Atlas, ψαβ := ϕ−1
β ◦ ϕα und {%η } eine zweite
untergeordnete Partition der Eins. Dann ist
Z
X Z
X Z
∗
ω :=
(ϕα(ν) ) (%ν · ω) =
(ϕα(ν) )∗ (%0η · %ν · ω)
ν U
α(ν)
M
=
X Z
ν,η U
α(ν)
∗
ψαβ
(ϕ∗β(η) (%0η · %ν · ω))
ν,η U
α(ν)
(8)
=
X Z
ϕ∗β (%0η
· %ν · ω) =
X Z
%0η · ω.
η V
β(η)
ν,η U
β(η)
Hierbei verwenden wir die Inklusion supp(%η · %ν · ω) ⊆ Vα(ν) ∩ Vβ(η) , sowie die Transformationsformel (8) für ψαβ : ϕ−1
β ◦ ϕα : Uα(ν) −→ Uβ(η) .
Definition 2.22 Eine Mannigfaltigkeit mit Rand der Dimension n ist ein topologischer
Hausdorff- Raum, so dass folgendes gilt:
1. Es existieren xα : Uα −→ M , Uα ⊆ Rn+ := {(x1 , ..., xn ) ∈ Rn | x1 ≥ 0} relativ offen,
so dass xα ein Homöomorphismus ist.
2. Es gilt M =
S
α
xα (Uα ) und ∂M =
S
xα (Uα ∩ Rn−1 ), wobei Rn−1 = {(x1 , ..., xn ) ∈ Rn |
α
x1 = 0} ist.
- 17 -
−1
−1
3. Für Uαβ := x−1
α (xβ (Uβ )) und Uβα := xβ (xα (Uα )) ⊆ Uβ offen ist xβ ◦ xα : Uαβ −→
Uβα für alle Koordinatenabbildungen α und β ein Diffeomorphismus.
4. Es existiert eine abzählbare Familie xαn : Uαn −→ M von Koordinatenabbildungen
mit
M=
∞
[
xαn (Uαn ).
n=1
Der Rand ∂M ist eine Mannigfaltigkeit der Dimension n − 1. Der Rand trägt die durch
die Mannigfaltigkeit induzierte
Orientierung,die so definiert ist, dass v1 , ..., vn−1 ∈ Tp ∂M
∂
positiv orientiert ist, falls −
, v1 , ..., vn−1 positiv orientiert in Tp M ist.
∂x1
Nach diesen Vorüberlegungen können wir nun zu dem zentralen Satz:
Satz 2.23 (Satz von Stokes) Sei M eine orientierte n- dimensionale Mannigfaltigkeit
mit Rand. Sei ω eine (glatte) (n − 1)- Form auf M mit kompakten Träger. Dann gilt
Z
Z
dω =
M
ω.
(11)
∂M
Dabei trage ∂M die durch die n- dimensionale Untermannigfaltigkeit M induzierte Orientierung.
ω
Z auf der rechten Seite von (11) ist also ω|∂M zu interpretieren. Ist ∂M = ∅, dann ist
ω = 0.
∂M
Beweis:
1. M = Rn und supp(ω) = {x | ω(x) 6= 0} kompakt. Dann ist
ω=
X
ci ∧ ... ∧ dxn
ai dx1 ∧ ... ∧ dx
ci bedeutet: wird weggelassen),
(dx
i
∂M = ∅. Es folgt
dω =
X
(−1)i−1 ·
i
- 18 -
∂ai
dx1 ∧ ... ∧ dxn ,
∂xi
und Fubini liefert
Z
Z
X
∂ai
i−1
dω =
(−1) ·
dx1 ...dxn
∂x
i
i
Rn
Rn
 ∞

Z
Z
X
∂ai
ci ...dxn

=
(−1)i−1 ·
dxi  dx1 ...dx
∂x
i
i
−∞
Rn−1
{z
}
|
=0
= 0,
da supp(ai ) kompakt.
2. M = Rn+ und supp(ω) kompakt. Dann ist
ω=
n
X
ci ∧ ... ∧ dxn ,
ai dx1 ∧ ... ∧ dx
i=1
∂M = {x1 = 0}. Also ist
dω =
n
X
∂ai
dx1 ∧ ... ∧ dxn
∂xi
(−1)i−1 ·
i=1
und Fubini liefert
Z
dω =
n
X
i−1
(−1)
Z
·
i=1
Rn
+
Rn
+
∂ai
dx1 ...dxn
∂xi
{z
|
=:I
(12)
}
Für das Integral I gilt im Falle i = 1:
∞

Z
Z
Z
∂a
1

I=
dx1  dx2 ...dxn = −
a1 (0, x2 , ..., xn ) dx2 , ..., dxn ,
∂x1
0
Rn−1
Rn−1
da supp(αi ) kompakt ist. Für i ≥ 2 erhalten wir für I:
 ∞

Z
Z
∂ai
ci ...dxn = 0,

I=±
dxi  dx1 ...dx
∂xi
Rn−1
−∞
da supp(ai ) kompakt ist.
Damit folgt für (12):
Z
Z
Z
dω = −
a1 (0, x2 , ..., xn ) dx2 ∧ ... ∧ dxn =
ω
Rn
+
Rn−1
Rn−1
für die vorher gewählte induzierte Orientierung.
∂
∂
In dieser Orientierung ist
, ...,
negativ orientiert.
∂x2
∂xn
- 19 -
3. Im allgemeinen Fall wählen wir einen orientierten Atlas {ϕ−1
α : Uα −→ Vα } und
unterordnete Partitionen der Eins {%ν : M −→ [0, 1]}. Dann ist
ω=
X
%ν · ω
ν
mit supp(%ν · ω) ⊆ Uα(ν) . Wegen supp(%ν · ω) ⊆ supp(ω) ist supp(%ν · ω) als abgeschlossene Teilmenge einer kompakten Menge wieder kompakt. Uα ist diffeomorph zu
Vα ⊆ Rn oder Rn+ (und zwar durch den orientierten Diffeomorphismus ϕ−1
α ). Nach 1.
und 2. folgt also
Z
d(%ν · ω)
Z
(5)
∗
Z
d((ϕα )∗ (%ν · α))
(ϕα ) (d(%ν · ω)) =
=
Uα
M
Uα
Z
1.+2.
=
Z
Z
ϕ∗α (%ν
· ω) =
Uα ∩ϕ−1
α (∂M )
%ν · ω =
Vα ∩∂M
%ν · ω.
∂M
Beispiele 2.24
1. Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
Z
Zb
Z
f ⇐⇒
df =
[a,b]
f 0 (x) dx = f (b) − f (a)
a
∂[a,b]
(Der Weg“ sei so orientiert, dass er von a nach b läuft)
”
2. Für Ω ⊆ R2 mit glattem Rand ∂Ω gilt der Integralsatz von Green
Z Z
f dx + g dy =
∂g ∂f
−
∂x ∂y
dx ∧ dy.
Ω
∂Ω
Insbesondere ist der Flächeninhalt
Z
Z
Z
Z
1
dx ∧ dy = x dy = − y dx = · x dy − y dx = λ2 (Ω).
2
Ω
∂Ω
∂Ω
∂Ω
Das war bisher nur mühsam zu berechnen, falls Ω keine schöne“ Struktur (Graph,
”
oder ähnliches) hatte.
- 20 -
2.4
Geschlossene und exakte Formen
Wir stellen nun kurz noch einige Begriffe bereit, die im folgenden Kapitel eine zentrale
Rolle spielen werden:
Definition 2.25 Eine stetig differenzierbare Differentialform ω auf Rn heißt geschlossen,
wenn dω = 0 ist.
Eine stetige k- Form ω heißt exakt, wenn es eine stetig differenzierbare (k − 1)- Form
η auf auf einer offenen Menge U gibt, so dass ω = dη ist. In diesem Fall nennt man η
eine Stammform von ω. Ist k = 0, so heißt η ∈ Ω0 (M ) = C ∞ (M ) Stammfunktion oder
Potential.
Bemerkung:
Auf einer geschlossenen Mannigfaltigkeit kann es keine exakten Volumenformen geben, da
sonst
Z
0 6= Vol(M ) =
Z
Z
dα =
ω=
M
(11)
M
α = 0,
∂M =∅
Widerspruch.
Beispiele 2.26
1. Wegen d2 = 0 folgt für eine exakte Form ω
ω = dη =⇒ dω = d(dη) = d2 η = 0.
Also ist jede exakte Form auch geschlossen.
n
X
Für k = 1 ist α =
ai dxi geschlossen ⇐⇒
i=1
0 = dα =
n
X
i=1
⇐⇒
n
n
X
X
∂ai
dai ∧ dxi =
dxj
∂xj
i=1
j=1
!
∧ dxi =
X ∂aj
i<j
∂ai
−
∂xi ∂xj
dxi ∧ dxj
∂ai
∂aj
=
wie früher.
∂xj
∂xi
2. Wir betrachten die Sphärenvolumenform
ω :=
x dy − y dx
.
x2 + y 2
- 21 -
(13)
Wegen
∂
x
∂
y
dω =
dx ∧ dy −
dy ∧ dx
∂x x2 + y 2
∂y x2 + y 2
∂
x
∂
y
=
+
dx ∧ dy
∂x x2 + y 2
∂y x2 + y 2
|
{z
}
=0
= 0
ist ω eine geschlossene 1- Form auf R2 \ {0}. Stellt man ω in Polarkoordinaten (r, ϕ)
dar (siehe (14)), so ist ω = dϕ. Wählt man nun eine ZSchleife als Integrationsweg
(beispielsweise den Rand des Einheitskreises D), so ist
dϕ = 2 · π 6= 0. Also kann
∂D
ω auf R2 \ {0} keine Stammfunktion besitzen und ist damit nicht exakt.
Die Implikation geschlossen =⇒ exakt“ gilt also im Allgemeinen nicht. Eine hinreichende
”
Bedingung für die Exaktheit liefert das Lemma von Poincaré:
Satz 2.27 (Lemma von Poincaré) Sei U ⊆ Rn eine offene, sternförmige Menge. Sei ω
eine stetig differenzierbare Differentialform k- ten Grades (1 ≤ k ≤ n) auf U mit dω = 0.
Dann existiert eine stetig differenzierbare Differentialform η vom Grade (k − 1) auf U mit
ω = dη.
Den Unterschied zwischen Geschlossenheit und Exaktheit misst die de Rham- Kohomologie
Hk (M ) := {geschlossene k- Form auf M}/{exakte k- Form auf M} = Kern(d)/Bild(d).
Diesen Sachverhalt werden wir im folgenden Kapitel ausführlicher behandeln.
Bemerkungen:
1. Für exakte Formen ist die Stammform nicht eindeutig:
−y dx + x dy
dx ∧ dy = d(x dy) = d(−y dx) = d
2
2. Für k > dim(M ) ist Ωk (M ) = {0}.
- 22 -
3. Polarkoodinaten: Bei der Umrechnung von kartesischen in Polarkoodinaten erhalten
wir

x = r · cos(ϕ) 
dx = cos(ϕ) dr − r · sin(ϕ) dϕ
=⇒
y = r · sin(ϕ) 
dy = sin(ϕ) dr + r · cos(ϕ) dϕ.
Also ist
x dy = r · sin(ϕ) · cos(ϕ) dr + r2 · cos2 (ϕ) dϕ
−y dx = −r · sin(ϕ) · cos(ϕ) dr + r2 · sin2 (ϕ) dϕ.
Dies führt auf die Winkelform
x dy − y dx
1 2
=
· r dϕ
2
2
x dy − y dx
= dϕ
x2 + y 2
x dy − y dx
dx ∧ dy = r dr ∧ dϕ = d
.
2
(14)
Umrechnung des Flächeninhalts von kartesischen im Polarkoordinaten.
3
De Rham Kohomologien
Wir haben bereits gesehen, dass die Form in (13) auf R2 \ {0} nicht exakt ist. Auf H :=
{(x, y) ∈ R2 | x > 0} gilt jedoch
y dθ = d arctan
= ω;
x
womit ω auf H exakt ist.
Diesen Sachverhalt kann man allgemein beobachten:
Eine offene Menge X enthält um jeden ihrer Punkte x eine offene (Kreis-) Umgebung
Uε (x) ⊆ X, welche diffeomorph zum (sternkonvexen) Rn ist. Deshalb besitzt jede auf X
geschlossene k- Form eine lokale Stammform.
Wir sehen also, dass uns geschlossene Differentialformen etwas über die topologische Struktur von Mannigfaltigkeiten sagen können. Die Eigenschaft, dass sie keine Stammform besitzen, deutet auf die Existenz von Löchern“ in der Mannigfaltigkeit hin (Lemma von
”
Poincaré).
- 23 -
3.1
Die de Rham Gruppen
Sei M eine hinreichend glatte Mannigfaltigkeit. Da die äußere Ableitung (siehe Satz (2.18))
d : Ωp (M ) −→ Ωp+1 (M )
linear ist, sind Bild(d) und Kern(d) Untervektorräume. Wir definieren
Z p (M ) := Kern(d : Ωp (M ) −→ Ωp+1 (M )) = {geschlossene p- Form auf M} und
B p (M ) := Bild(d : Ωp−1 (M ) −→ Ωp (M )) = {exakte p- Form auf M}.
Die Abkürzungen Z und B stammen aus der algebraischen Topologie. Diese Mengen haben
etwas mit zu Zyklen und Rändern (boundaries) dualer Objekten zu tun. Wir nennen diese
Räume k- Kozyklen bzw. k- Koränder.
Diese Vektorräume sind im Allgemeinen unendlich- dimensionale Vektorräume. Da jede
exakte Form geschlossen ist, gilt
B p (M ) ⊆ Z p (M ).
B p (M ) ist also ein Untervektorraum von Z p (M ). Deshalb können wir die p- te de Rham
Kohomologiegruppe von M (mit Koeffizienten in R) als die Faktorgruppe
Hp (M ) := Z p (M )/Bp (M )
(15)
definieren. Dies ist ebenfalls ein Vektorraum, also insbesondere eine Gruppe unter Vektoraddition.
Die Kohomologiegruppe in (15) liefert, wenn man sie kennt, Informationen über die Topologie der Mannigfaltigkeit.
Dadurch dass aber gerade die exakten Formen aus Hp (M ) herausdividiert“ werden, kann
”
man die Kohomologiegruppe als Maß für das Fehlen von Exaktheit geschlossener Formen
ansehen.
Hk (M ) = {0} bedeutet, dass jede geschlossene k- Form auf M auch eine Stammform besitzt, also auch exakt ist.
Für komplexwertige Differentialformen ist d : Ωp (M, C) −→ Ωp+1 (M, C). Die de Rham
Gruppe lässt sich dann also direkte Zerlegung schreiben:
H(M, C) = H(M, R) ⊕ i · H(M, R).
- 24 -
Es ist zu beachten, dass selbst, wenn Z p (M ) und B p (M ) unendlich- dimensionale Vektorräume sind, der Vektorraum Hp (M ) durchaus endlich dimensional sein kann.
Für jede geschlossene Form ω auf M sei [ω] die Äquivalenzklasse von ω in Hp (M ), genannt
die Kohomologieklasse von ω.
Definitionsgemäß ist Hk (G) ein Objekt der Analysis. Nun stellt sich heraus, dass es eine
Bedeutung für die Geometrie besitzt.
Beispiel 3.1
Es sei q die Anzahl der Wegzusammenhangskomponenten (Zusammenhangskomponenten)
von U ⊆ Rn offen. Dann ist H0 (U ) = Rq .
Beweis:
H0 (U ) =
{f ∈C ∞ (U )|df =0}/{0}
= {f ∈ C ∞ (U ) | f konstant auf jeder Zusammenhangskomponente}
= Rq .
Man kann nun zeigen, dass die in (15) definierten de Rham Gruppen topologische Invarianten sind. Das bedeutet insbesondere, dass diffeomorphe Teilmengen des Rn isomorphe
de Rham Kohomologiegruppen haben. Dasselbe gilt für Mannigfaltigkeiten:
Satz 3.2 Die de Rham Kohomologiegruppen sind topologische Invarianten. Das heißt:
Sind M und N homöomorphe Mannigfaltigkeiten, dann sind die zugehörigen de Rham
Kohomologiegruppen isomorph.
Seien ω1 und ω2 zwei geschlossene Formen in einer Äquivalenzklasse [ω]. Dann unterscheiden sie sich nur durch eine exakte Form:
ω1 = ω2 + ωexakt
Damit gilt für das Integral über eine orientierte Untermannigfaltigkeit N ⊆ M ohne Rand
dieser Formen
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
ω1 = (ω2 + ωexakt ) = ω2 + ωexakt = ω2 + dη = ω2 + η = ω2 .
N
N
N
N
N
N
N
∂N
|{z}
=0
- 25 -
N
Damit kann das Integral über eine Äquivalenzklasse als Linearform aufgefasst werden:
Z
[ω] : Hk (M ) −→ R.
N
Definition 3.3 Sei M eine n- dimensionale Mannigfaltigkeit. Mit der äußeren Ableitung
d betrachten wir die Sequenz
d
d
d
d
0 −→ Ω0 (M ) −→ ... −→ Ωp (M ) −→ Ωp+1 (M ) −→ ... −→ Ωn (M ) −→ 0.
| {z }
=C ∞ (M )
Diese Folge heißt de Rham Kettenkomplex.
Die Bedingung dω = 0 (das heißt ω ist geschlossen) ist genau dann eine hinreichende
Bedingung für die Lösbarkeit der Gleichung dη = ω für η ∈ Ωp−1 (M ) (das heißt ω ist
exakt), falls der de Rham Komplex von M im Grad p exakt ist. Wir dehnen nun das
Dachproduktes ∧ auf die de Rham- Kohomologiegruppen Hp (M ) einer Mannigfaltigkeit
M aus.
Definition 3.4 Das Dachprodukt zwischen zwei Kohomologiegruppen ist definiert als
∧ : Hp (M ) × Hq (M ) −→ Hp+q (M )
[ω] ∧ [η]
Die direkte Summe
∗
H (M ) :=
∞
M
:=
[ω ∧ η].
Hk (M )
k=0
heißt die de Rham- Kohomlogie.
Beweis: Zunächst zeigen wir die Wohldefiniertheit des Dachproduktes auf den Kohomologiegruppen:
Seien ω ∈ Ωp (M ) und η ∈ Ωq (M ) geschlossene Formen, das heißt es gilt dω = 0 und dη = 0.
Weiterhin seien [ω] ∈ Hp (M ) und [η] ∈ Hq (M ) die zugehörigen Kohomologieklassen. Nach
der Produktregel folgt nun
d(ω ∧ η) = dω ∧ η + (−1)k · ω ∧ dη = 0.
- 26 -
Damit ist auch ω ∧ η ∈ Ωp+q (M ) geschlossen. Es gilt also
[ω] ∧ [η] = [ω ∧ η] ∈ Hp+q (M ).
Es bleibt zu zeigen, dass das Dachprodukt unabhängig von Repräsentanten der Kohomologieklasse ist, das heißt aus [ω] = [ω̃] muss [ω] ∧ [η] = [ω̃] ∧ [η] folgen. Damit wäre
[(ω + dζ) ∧ η] = [ω ∧ η] und dζ ∧ η schließlich exakt.
Wegen dη = 0 ist
d(ζ ∧ η) = dζ ∧ η + (−1)k−1 · ζ ∧ dη = dζ ∧ η.
|{z}
=0
Das heißt, dass das Dachprodukt einer exakten und einer geschlossenen Form wiederum
eine exakte Form liefert. Es folgt also
[(ω + dζ) ∧ η] = [ω ∧ η]
und damit die Wohldefiniertheit des Dachprodukts für Kohomologieklassen.
Definition 3.5 Sei ϕ : M −→ N differenzierbar der pull- back von α unter ϕ ist gegeben
durch
ϕ∗ : Hk (N ) −→ Hk (M )
ϕ∗ ([α])
=
[ϕ∗ α].
(5)
Da die äußere Ableitung mit dem pull- back vertausch, also ϕ∗ dω = d(ϕ∗ ω) für eine differenzierbare Abbildung ϕ : M −→ N gilt, bildet ϕ∗ Kozyklen auf Kozyklen und Koränder
auf Koränder ab; induziert also eine lineare Abbildung
ϕ∗ : Hk (N ) −→ Hk (M ).
Diese Definition ist nach obigem wohldefiniert und erfüllt die Gleichung
ϕ∗ ([α] ∧ [β]) = ϕ∗ ([α]) ∧ ϕ∗ ([β]).
- 27 -
4
Literaturverzeichnis
[1] John Lee, Introduction to Smooth Manifolds, Springer, 2006
[2] Klaus Jänich, Vektoranalysis, Springer, 1992
[3] Raoul Bott / Loring W. Tu, Differential Forms in Algebraic Topology, Springer, 1995
[4] Theodor Bröcker, Analysis Band 3, Spektrum Akademischer Verlag, 1992
- 28 -