Volkstrauertag 2005 - Kirchenkreis Norden

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Volkstrauertag 2005 - Kirchenkreis Norden
Gottesdienst am Sonntag Kantate
28.4.2013
Sup. Dr. Helmut Kirschstein
Jesaja 12, 1-6
Gottesdienst am Sonntag Kantate
„Aufstieg“
Eintracht Braunschweig, der Jubel, die Erlösung
Predigt über Jesaja 12, 1-6
Am 28. April 2013
im Andreaskirchenzentrum zu Norden gehalten von
Superintendent Dr. Helmut Kirschstein
Was für eine Erlösung, liebe Gemeinde!
Die Sehnsucht ist am Ziel. Die Menschen tanzen auf der Straße. Ein Traum wird wahr. Viele können es noch gar nicht fassen, schlagen die Hände vor´s Gesicht, manche haben Tränen in den Augen
– aber dann werfen sie die Arme in die Höhe, hüpfen vor Freude in die Luft, singen ausgelassen,
und alle, alle stimmen ein in den Jubel, in die Siegeslieder der riesigen Menge – was für eine Erlösung!
Eintracht Braunschweig ist in die 1. Fußball-Bundesliga aufgestiegen! Vorgestern abend, in der
zweiten Minute der Nachspielzeit, glückt den Braunschweigern der alles entscheidende Treffer! Die
Saison dauert noch drei Spiele lang – aber jetzt kann niemand mehr den Aufstieg verhindern! Jetzt
gibt es kein Halten mehr! Erstklassig – die blau-gelbe Legende, der Meister von 1967, ist im Fußball-Oberhaus zurück! Und die Fans sind im 7. Fußball-Himmel! Nach 28 langen Jahren, eine ganze
enttäuschte Generation hindurch, in der 2. Liga, in der 3. Liga, sogar kurz vor dem Abstieg in die 4.
Liga – und jetzt ist alle Enttäuschung und aller Ärger und alle Verzweiflung überwunden, vorbei,
vergessen! „Ein unglaublicher Tag“, sagt der Trainer. Völlig außer Rand und Band zeigt sich der
Oberbürgermeister: „Ich danke Eintracht Braunschweig im Namen der Stadt für dieses große Geschenk, das sie uns allen mit dem Aufstieg in die Bundesliga macht.“
„Uns allen“? Naja, eben allen, die sich mit dem Verein identifizieren! Das fällt mir persönlich nicht
schwer, ich habe 15 Jahre lang ganz in der Nähe von Braunschweig gewohnt, und ich weiß noch,
viel früher schon, wie ich als Junge mitgefiebert habe bei der Fußballübertragungen im Transistorradio. Und ich finde, irgendwie ist das wirklich ein „großes Geschenk“ für uns alle in Niedersachsen,
blau-gelb sind ja sogar die Stadtfarben von Norden, also irgendwie dürfen wir uns alle jetzt noch ein
ein bisschen mehr „erstklassig“ fühlen!
(2)
Diesen grenzenlosen Jubel, diese Stimmung, liebe Gemeinde – die nehmen wir jetzt mit, wenn wir
unseren Predigttext für den Sonntag Kantate hören: Denn in so eine Stimmung gehört das „Danklied der Erlösten“1 - Freude, Jubel, Euphorie im Buch des Propheten Jesaja im 12. Kapitel:
Am Tag deiner Rettung wirst du sagen:
»Herr, ich preise dich!
Du bist zornig auf mich gewesen; / doch nun hat sich dein Zorn gelegt,
und ich darf wieder aufatmen!«
Dann wirst du bekennen:
»Gott ist mein Helfer, / ich bin voll Vertrauen und habe keine Angst!
Den Herrn will ich rühmen mit meinem Lied, / denn er hat mich gerettet.«
Voller Freude werdet ihr Wasser schöpfen / an Gottes reichen Quellen,
aus denen euch seine Hilfe strömt.
1 So die Überschrift für Jesaja 12, 1-6 in der Luther-Übersetzung
Gottesdienst am Sonntag Kantate
28.4.2013
Sup. Dr. Helmut Kirschstein
Jesaja 12, 1-6
Und ihr werdet sagen an jenem Tag:
»Preist den Herrn! / Macht seinen Namen überall bekannt!
Verkündet allen Völkern, was er getan hat; /sagt ihnen, wie unvergleichlich groß er ist.
Singt und spielt zur Ehre des Herrn!
Denn er hat gewaltige Taten vollbracht; / das soll die ganze Welt erfahren.
Freu dich und juble, du Zionsstadt!
Denn er wohnt in deiner Mitte, / er, der große, heilige Gott Israels!«
[GUTE NACHRICHT BIBEL: Jesaja 12, 1-6]
Die Sehnsucht ist am Ziel. Die Menschen tanzen auf der Straße. Ein Traum wird wahr. Viele können es noch gar nicht fassen, schlagen die Hände vor´s Gesicht, manche haben Tränen in den Augen
– aber dann werfen sie die Arme in die Höhe, hüpfen vor Freude in die Luft, singen ausgelassen,
und alle, alle stimmen ein in den Jubel, in die Siegeslieder der riesigen Menge – was für eine Erlösung! So dürfen wir uns das vorstellen, wenn Gott seine Menschen zum Sieg führt – wenn ER vergibt, verzeiht, versöhnt – wenn ER die Erlösung bringt und Seine Rettung wahrmacht: Den Herrn
will ich rühmen mit meinem Lied, / denn er hat mich gerettet – das ist die Antwort aller, die Er
aus der Verzweiflung gezogen, aus der Beklemmung gerissen, aus dem schwarzen All-tag ins Licht
Seines ewigen Sonn-tags gestellt hat!
Wo ich eben noch Gottes Zorn zu spüren meinte – und ich weiß: er hatte allen Grund, zornig
zu sein – da erlebe ich jetzt Seine Weitherzigkeit, Seine Gnade, was für ein Geschenk! Ich
darf leben, ich darf aufatmen, ich bin frei!
Eine Erfahrung, die dem geknechteten Volk Israel vor zweieinhalb tausend Jahren zugesprochen
wurde: Am Tag deiner Rettung wirst du sagen: ...ich darf wieder aufatmen! Dann, dann wirst
du bekennen: Gott ist mein Helfer, ich bin voll Vertrauen und habe keine Angst!
Eine Verheißung, ein großes Versprechen an die Menschen in der babylonischen Gefangenschaft
und an die Generation der Desillusionierten und Ausgebrannten, an alle Verbannten und Entführten,
an alle, die ihrer verlorenen Heimat nachtrauern und an ihrem Schicksal verzweifeln. Der Prophet
erhebt seine Stimme gegen die Verzweiflung, erzählt jetzt schon vom Sieg, der kommen wird,
stimmt jetzt schon das Jubellied an – und stimmt seine Mitmenschen auf das Lied der Geretteten
ein! Die düstere Gegenwart wird ein leuchtendes Nachspiel haben, ja ein Endspiel, in dem Gott sich
als der Stärkere erweisen wird: Keine Angst, er wohnt in deiner Mitte, du Gottesvolk, der Sieg gehört Ihm, der Sieg gehört dir, der Sieg gehört uns!
Geht uns das an? Gehören wir dazu? Stimmen wir ein? Haben wir Grund zum Jubeln?
(3)
Ich denke: Das ist so wie mit Eintracht Braunschweig. Nur, wenn ich mich mit einem Verein identifiziere, oder mit einer Gruppe von Menschen, mit einer Weltanschauung oder Glaubensüberzeugung
– wenn ich mich zugehörig weiß, von innen heraus, wenn ich sage: Ich bin einer von Euch! - dann
gehöre ich hinein in den Jubel, in die Siegesstimmung, dann braucht mich keiner mehr zu überzeugen: Dann singe ich die Lieder mit. Dann stimme ich fröhlich ein. Dann stimmt das.
Beziehungen stiften Lieder. Und Lieder stiften Beziehungen. Wenn im Fußballstadion die Nationalhymne ertönt, dann singen Zehntausende mit, manchmal sogar vor den Fernsehern, und alle gehören
zusammen, alle gehören zum Team, alle sind ein Team. Eine ganz frühe Erfahrung, an die ich mich
dankbar erinnere: dass meine Mutter sich zu mir ans Kinderbett gesetzt hat und gesungen, Kinderlieder, Schlaflieder, tröstlich, innig – ja, ein besseres Wort fällt mir nicht ein, innig: sie gehörte zu
mir und ich gehörte zu ihr – durch den herz-erwärmenden Gesang. Und mein Vater, der hat auch gesungen, manchmal auch zum Schlafengehen, aber ich erinnere mich besonders an unsere Ausflüge
mit dem Fahrrad: „Der Mai ist gekommen“, oder „Im Frühtau zu Berge wir zieh´n, fallera“ - da
Gottesdienst am Sonntag Kantate
28.4.2013
Sup. Dr. Helmut Kirschstein
Jesaja 12, 1-6
waren gar keine Berge bei uns an der Weser, aber egal, der Gesang hielt uns zusammmen, die ganze
Familie: ein Lied.
Dann später, bei den Jugendfahrten, im Dunkeln am Lagerfeuer: Bob Dylans „Blowing in the Wind,
das herzzerreißende „Yesterday“ von den Beatles, und das unvermeidliche „House of the Rising
Sun“, gesungen, gesummt, gebrummelt, und wir alle gehörten zusammen im Schein des Feuers...
Beziehungen stiften Lieder, und Lieder stiften Beziehungen. Bis heute, wenn wir Gäste haben oder
wenn unsere erwachsenen Kinder zu Hause sind: ein gemeinsames Lied als Tischgebet vor dem
Mittagessen. Oder ein fröhlicher Kanon zum Geburtstag, wenn es sein muss, auch durch´s Telefon.
Eine der beglückendsten Erfahrungen in Uganda, als wir im Dorf Padibe von den jubelnden, Zweige schwenkenden Frauen der Mother´s Union begrüßt werden, singend natürlich und tanzend, und
dann steigen einige von denen zu uns in den Kleinbus und fahren ein Stück des Weges mit, 5, 6
Frauen in ihren prächtigen Gewändern, jüngere, ältere, und dann singen wir gemeinsam, diesen eingängigen christlichen Schlager „Jesus is Number One“, „Jesus ist die Nummer eins“, und dann –
zu unsrer eigenen Überraschung: das konnten die auch! – eine dieser wunderbaren Melodien aus
Taizé, war es Laudate omnes gentes, Lobsingt, ihr Völker alle, lobsingt, und preist den Herrn – ja,
der ganze Bus war voll Gesang, das waren noch nicht ihr Völker alle, aber das war Europa und Afrika, Deutschland und Uganda, eins im gemeinsamen Lied, als Christen buchstäblich gemeinsam unterwegs: singend!
Beziehungen stiften Lieder, und Lieder stiften Beziehungen – und Glaube. Und Hoffnung, stark wie
der Tod, nein: stärker! Da besuche ich die alte Frau im Seniorenheim, ihre Tochter ist liebevoll um
sie besorgt, richtet sie auf, erklärt ihr geduldig, dass der Pastor jetzt da ist. Und, ja, meine Worte
dringen durch das Dunkel ihrer Blindheit, durch alle Düsternis ihrer beginnenden Demenz hindurch,
„Der Herr ist mein Hirte“ oder das altvertraute Vaterunser, das wir miteinander beten, unsere Hände übereinander gelegt. Und dann fragt die Tochter ihre alte, ans Bett gefesselte Mutter: Mama, du
singst doch immer so gerne... und die Alte nickt, und ich schlage vor, dass wir doch miteinander
singen könnten: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren1 – und dann singen wir es zusammen, diese kleine dreiköpfige Gemeinde im Altenheim, Psalter und Harfe wacht auf – ...in wieviel Not / hat nicht der gnädige Gott / über dir Flügel gebreitet...
Beziehungen stiften Lieder – nicht nur im Fußball, in der Familie, am Lagerfeuer: Die Beziehung zu
Gott stiftet Lieder. Wer glaubt, wer diesem Gott vertraut, der kann das ja nicht lange für sich behalten, der kommt ins Singen. Die Seele kommt ins Singen. Das tut der Seele gut, dem ganzen Menschen tut das gut, wenn die Seele singt und klingt und Gott dankt und ihrem Schöpfer zujubelt.
Die Beziehung zu Gott stiftet Lieder, und die Beziehung zu unseren Mit-geschwistern stiftet Lieder,
in Europa, in Afrika, überall auf der Welt, neue Lieder, in jeder Generation neu, Ich möcht, dass einer mit mir geht oder Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt2 oder im brandneuen Kirchentags-Liederheft Wenn Glaube bei uns einzieht / öffnet sich der Horizont...3 Gospels können das
sein, aber auch die wunderschönen alten Choräle, eine Offenbarung, wenn sie kräftig und lebendig
und bewegt gesungen werden: Ich singe dir mit Herz und Mund, / Herr, meines Herzens Lust...4
Beziehungen stiften Lieder – aber eben auch umgekehrt: Lieder bauen Brücken zueinander, Lieder
führen Menschen zusammen, Menschen und Gott, Lieder stiften Beziehungen: Wer einstimmt, gehört dazu – zum Fußballverein oder zur Familie oder zur Gemeinde. Oder sogar zu Gott.
Preist den Herrn! / Macht seinen Namen überall bekannt! / Verkündet allen Völkern, was er
getan hat; /sagt ihnen, wie unvergleichlich groß er ist. / Singt und spielt zur Ehre des Herrn!
Denn er hat gewaltige Taten vollbracht; / das soll die ganze Welt erfahren.
1
2
3
4
EG 317
EG 209 (Text: 1964) und EG 585(Text: 1979)
Liederbuch zum 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg, Nr. 91 (Text: 2004)
EG 324 (wird gegen Ende des Gottesdienstes von der Gemeinde gesungen)
Gottesdienst am Sonntag Kantate
28.4.2013
Sup. Dr. Helmut Kirschstein
Jesaja 12, 1-6
(4)
Am Tag der Rettung wird das gesungen werden, prophezeit Jesaja, gesungen von denen, die mit
diesem Gott in Beziehung stehen – aber unsre Choräle, unsre Gospels, unsre neuen Lieder feiern
das doch schon heute! Wir singen und spielen zur Ehre des Herrn, auf der Orgel und dem Keyboard, in Chören und Kantoreien, mit Posaunen und Blockflöten, mit den Gospel Singers und in
christlichen Bands. Ist das denn in Ordnung, darf das überhaupt schon sein, nehmen wir da nicht etwas vorweg, was erst für das Ende der Tage vorgesehen ist?
Ja, es stimmt, wir nehmen das vorweg, was am Ende einmal allen in den Ohren klingen und vor
Augen stehen wird. Und ja, das ist in Ordnung, das dürfen wir, das sollen wir sogar!
Und erklären lässt es sich auch – das ist wie im Fußball: Obwohl Braunschweig doch noch drei
Spiele zu absolvieren hat, steht der Aufstieg fest! Ja, obwohl wir noch auf dieser Erde leben und leiden – leiden unter Krankheit und Schicksalsschlägen und Todesfällen, leiden unter Ungerechtigkeit
und Terrorismus und politischem Wahnwitz – trotz allem ist uns der Aufstieg nicht mehr zu nehmen: Gottes Reich erwartet uns, der Himmel steht uns offen, die Siegeslieder können jetzt schon
angestimmt werden, denn das Entscheidende ist passiert:
Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen. Das End-spiel ist entschieden! Jesus Christus hat
alles auf sich genommen, was uns von Gott trennen könnte, wirklich alles! Da bleibt kein erschreckender Rest! Jesus Christus bürgt für Gottes ewige Liebe. Seine Lieder sind Siegeslieder – Wir
wollen alle fröhlich sein / in dieser österlichen Zeit / denn unser Heil hat Gott bereit! 1 Auferstehung
ist angesagt. Durch ihn – für uns alle! Dieser Aufstieg ist uns nicht mehr zu nehmen. Wir können
jetzt schon singen und feiern – denn wir gehören zu Seinem Team.
Was für eine Erlösung! Bei Gott sind wir alle erstklassig. Darum lasst uns einstimmen, einstimmen
in die alten Worte des Jesaja:
Gott ist mein Helfer, / ich bin voll Vertrauen und habe keine Angst!
Den Herrn will ich rühmen mit meinem Lied, / denn er hat mich gerettet.
Oder ganz klassisch: Du meine Seele, singe, wohlauf, und singe schön!
Halleluja! Amen.
Die Gemeinde singt EG 302: Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön!
1 EG 100 (wurde zu Beginn des Gottesdienstes von der Gemeinde gesungen)