Broschüre Moor-Erlebnispfad

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Broschüre Moor-Erlebnispfad
MOOR-ERLEBNISPFAD
Wedemark-Resse
NATUR- UND KLIMASCHUTZ ERLEBEN
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I. VORWORT
INTAKTE MOORE SIND KOHLENSTOFFSPEICHER
INHALT
I. VORWORT
II. VORHERRSCHENDE BIOTOPTYPEN
III. MOOR-ERLEBNISPFAD MIT STANDORTEN
1. Temporäres Kleingewässer
2. Zwergstrauch-Moorwald
3. Hydrologische Besonderheit im nördlichen Hangbereich
des Voßberges
4. Handtorfstiche im Otternhagener Moor
5. Renaturierungsfähiges degradiertes Hochmoor
6. Moorgewässer mit Libellen – noch offener Trassenteil
7. Übergangs- und Schwingrasenmoor in verlandeter Trasse
und Weidenbruch
8. Moorwald mit Pfeifengras (verkusseltes Pfeifengrasstadium)
9. Weidenbruch und Moorwald (degenerierter trockener Moorwald)
10. Hochmoor in alten Torfstichen mit Wollgras, Sonnentau
und Schwingrasen
11. Typische Pflanzenabfolge in altem Torfstich – Hochmoorrand
mit Moosbeeren-Biotop
IV. TIERE DER HANNOVERSCHEN MOORGEEST
V. PFLANZEN AM LEHRPFAD
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Die Wertschätzung von Mooren als Objekte des Naturschutzes ist relativ neu. In der vergangenen Zeit war sie ausschließlich von dem Wunsch der Eigentümer geprägt, Moor urbar zu
machen und zu nutzen. Diese Auffassung hat sich erst in den letzten 40 Jahren gewandelt,
als es kaum noch intakte Hochmoore in Niedersachsen gab und Arten wie Birkhuhn, Goldregenpfeifer und Brachvogel sich daraus für immer verabschiedet haben.
In neuester Zeit fällt den Mooren für den Klimaschutz eine einscheidende Rolle zu, denn
intakte Moore binden das Treibhausgas Kohlendioxid und sind somit Kohlenstoffsprecher.
Aktuell beteiligt sich die Europäische Union mit rund 8,5 Millionen Euro* aus dem „Life+
Programm“ an dem Naturschutzprojekt Hannoversche Moorgeest (HMG). Die Region Hannover entschloss sich, ein Moorerlebniszentrum (MOORiZ) mitten ins Projektgebiet zu bauen,
nämlich in Resse, um die Moore der HMG mit ihren unterschiedlichen Elementen für die
Bevölkerung erlebbar zu machen.
Aber es ist darauf zu achten, dass in Übereinstimmung mit dem Naturschutz empfindliche Bereiche wie offene Moor-Biotope und Bruchwälder sowie die Brutreviere störempfindlicher Vogelarten geschont werden. Dazu gehören auch die Übergangsflächen zwischen Wald
und offenem Moor, die für verschiedene Vogelarten, Kriechtiere und Insekten eine besondere
Bedeutung haben.
Allerdings unterliegt auch diese Landschaft in Anbetracht des wechselnden Wasserzuflusses (Regen oder mögliche Wasserrückhaltung) einem ständigen internen Wandel. Er hat
nichts mehr mit jenem großen, grundlegenden Kulturlandschaftswandel früherer Zeiten zu
tun, der unsere Moore auf ein Minimum zusammenschrumpfen ließ. Auch ein Großteil der
für Landwirtschaft und Siedlungen genutzten Flächen rund um unsere Kernmoore der Hannoverschen Moorgeest stammen aus jener Zeit.
Übrig geblieben in Form unserer Restmoore sind wenige Flächen: »Lebende Hochmoore«, »Degenerierte Wälder in den Mooren« und mehrere Typen von »Moorwäldern«.**
Speziell die Fläche des Otternhagener Moores, in dem sich der Moorpfad befindet, wird zu
den regenerierfähigen Hochmooren gezählt, dazu treten verschiedene Moorwaldtypen und
ein Übergangs-und Schwingrasenmoor in der alten Autobahntrasse auf.
Diese Broschüre versteht sich als Übergangslösung bis zur Fertigstellung des Projektes
Moor-Erlebnispfad Wedemark-Resse.
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* Mit der Gesamtsumme von 11,4 Millionen Euro (2,9 Millionen Euro vom Land Niedersachsen und der
Region Hannover) sollen u.a. 55 km Moordämme gebaut und ca. 16,5 km vorhandene Entwässerungsgräben
gekammert, rückgebaut oder aufgelassen werden.
** Begriffe der FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat) der Natura 2000 Gebiete der HMG,
aufgenommen vom BfN (Bundesamt für Naturschutz)
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II. VORHERRSCHENDE BIOTOPTYPEN
LEBENDE HOCHMOORE
Es sind die ursprünglichen waldfreien Formen der Hochmoore. Sie werden als Lebensraumund Biotoptyp mit hoher Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen eingestuft.
Der wertvollste Bereich der vier Hochmoore in der Hannoverschen Moorgeest ist der
Lebensraumtyp »Lebendes Hochmoor«. Der Anteil liegt bei 3,3 Prozent. Dieser Anteil soll im
Rahmen des LIFE+-Projektes durch das Zurückhalten des Regenwassers in Form von Moordämmen erhöht werden. Der Anteil der noch regenerationsfähigen degradierten Hochmoore
beträgt zur Zeit 19,3 Prozent.
DEGENERIERTE WÄLDER IN DEN MOOREN
Lang anhaltende Entwässerungen durch Gräben und Vorfluter verändern den Stoffhaushalt der
Moore entscheidend. Die Absenkungen der Wasserstände vergrößern die durchlüfteten Torfböden derart, sodass u.a. Birken- und Kiefernsamen keimen können. Es entsteht ein Wald, zuerst
auf den sogenannten Torfdämmen, die dem früheren Torfabbau dienten. Dieser Wald entzieht
dem Moorkörper noch mehr Wasser, das über das Blatt- und Nadelwerk verdunstet. Die Bäume
wirken als Pumpen. Später erfasst der Wald alle ausgetrockneten Bereiche. Daneben breiten
sich Trockenheit ertragende Zwergsträucher wie Besenheide und Gehölze wie der Faulbaum
aus. Durch die Mineralisierung der ausgetrockneten Moorböden entweichen Kohlenstoff und
Stickstoff in die Atmosphäre und verändern möglicherweise das Klima.
MOORWÄLDER
Im Gegensatz zu den auf den entwässerten Bereichen wachsenden Wäldern sind die Moorwälder an nassen Standorten der Hochmoore prioritäre Lebensräume. Sie kommen nur an
Sonderstandorten vor. Der Moorwald wächst überwiegend auf feucht-nassem Torfsubstrat im
Bereich der Randgehänge als lückiger Wald, der von Moorbirken und Waldkiefern beherrscht
wird. Im Unterbewuchs sind häufig u.a. Torfmoose, Rosmarinheide und Zwergsträucher wie
Preiselbeere zu finden. Von diesem wertwollen Lebensraumtyp sind noch insgesamt 49 Prozent der Projektgebietsflächen vorhanden, diese sollen auf 57 Prozent erhöht werden.
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Topographische Abgrenzung (unseres Moorpfad-Areals)
im südöstlichen Teil des Otternhagener Moores und Moor-
III. MOOR-ERLEBNISPFAD MIT STANDORTEN
Topographische Abgrenzung
des Moorpfad-Areals im südöstlichen
Teil des Otternhagener Moores
und Moor-Erlebnispfad mit Standorten
SCHIESSSTAND
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Temporäres Kleingewässer
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Zwergstrauch-Moorwald
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Hydrologische Besonderheit im nördlichen Hangbereich
des Voßberges
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Handtorfstiche im Otternhagener Moor
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Renaturierungsfähiges degradiertes Hochmoor
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Moorgewässer mit Libellen – noch offener Trassenteil
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Übergangs- und Schwingrasenmoor in verlandeter Trasse
und Weidenbruch
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Moorwald mit Pfeifengras (verkusseltes Pfeifengrasstadium)
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Weidenbruch und Moorwald (degenerierter trockener Moorwald)
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Hochmoor in alten Torfstichen mit Wollgras, Sonnentau
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OTTERNHAGENER
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MOOR
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und Schwingrasen
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Typische Pflanzenabfolge in altem Torfstich – Hochmoorrand
mit Moosbeeren-Biotop
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Voßberg
RESSER RÜCKEN
Skizze 1
Quelle: siehe Impressum
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2. ZWERGSTRAUCH-MOORWALD
Der Biotoptyp »Zwergstrauch-Moorwald« gehört zur Kategorie »Moorwald«
Dieser Moorwald mit vorherrschender Moorbirke und Waldkiefer beginnt gleich links am
Hauptweg hinter der Feuchtzone und dem Grenzgraben und zieht sich nach Norden bis zur
Autobahn-Trasse.
Der Moorwald ist selbst im Winter unverkennbar, weil die immergrüne Preiselbeere in der
holzigen Zwergstrauchschicht dominiert.
Durch den Torfabbau ist das Gelände klein strukturiert und bietet je nach Standort abwechslungsreiche Aspekte. Tiefer gelegene feuchtere Partien mit Torfmoosen und dem Moos
»Goldenes Frauenhaar« beweisen, dass der Untergrund aus Torf besteht und ehemals zum
Hochmoor gehörte.
Die höher gelegenen Bereiche, z.B. auch die alten Moordämme, tragen Laub abwerfenden Moorbeeren- und Heidelbeeren-Bewuchs. Insgesamt vermittelt dieser Wald den Landschaftseindruck skandinavischer Nadelwälder.
Für alle hier vorkommenden Arten der Familie Heidekrautgewächse gelten folgende ökologische Merkmale: das Wachstum auf sauren Böden, eine zwingend notwendige Symbiose
mit Wurzelpilzen und ihr bedeutender Nutzwert für große bis kleinste Tiere als Fressnahrung
und Lebensraum.
1. TEMPORÄRES KLEINGEWÄSSER
(am Grenzgraben zwischen Neustadt, Wedemark und Beginn des NSG)
Der typische Wasserstand des durch Regen gespeisten Hochmoores liegt dicht unter Flur.
Kleingewässer im Moor fallen in niederschlagsarmen bis –freien Perioden schon mal trocken.
Das vor uns liegende Schlammloch ist hingegen ganzjährig wassergefüllt. Sein Wasservorkommen regeneriert sich neben dem Niederschlagswasser über einen auch in trockenen Zeiten nicht versiegenden, oberflächennahen Sickerwasserzustrom. Dieser hat seinen Ursprung
in dem im Süden gelegenen Voßberg. (siehe auch Station 3)
Das Schlammloch befindet sich auf dem ehemaligen Hauptdamm, der einen ca. 30 cm
mächtigen Torfunterbau aufweist. Dieser Torfkörper ist durch das ehemalige Befahren mit
zum Teil schweren Fahrzeugen stark verdichtet und damit nur sehr gering wasserdurchlässig
geworden. Dadurch wird das Wasser in dem Schlammloch eingestaut. Wirksame Wasserwegsamkeiten zu den unmittelbar angrenzenden Wasserabzugsgräben bestehen offensichtlich nicht. Deren Wasserstandsniveau ist um ca. 70 cm tiefer als das im Schlammloch.
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3. HYDROLOGISCHE BESONDERHEIT IM NÖRDLICHEN
HANGBEREICH DES VOSSBERGES
Dies ist ein untypischer Ort der Hannoverschen Moorgeest. Im Allgemeinen werden die vier
Moore durch Regen (siehe Abbildung) mit nährstoffarmem Wasser versorgt. Diese Schlammkuhle hingegen regeneriert ihren Wasserhaushalt im wesentlichen durch Grundwasser, welches
aus dem mineralischen Untergrund zufließt. Durch Feldversuche konnte nachgewiesen werden,
dass das Druckniveau des aufsteigenden Grundwassers über dem Gelände liegt – artesische
Verhältnisse. Das Quellgebiet des Grundwassers ist der weiter südlich gelegene Geestrücken
des Voßberges.
Systemskizze der hydraulischen Situation (überhöht)
jährlichen Niederschläge in Resse
Die jährlichen Niederschläge
als wesentlicher Wasserzufluss
der Moore können zwischen
370 mm und 1005 mm schwanken.
Osterberg und Voßberg
Quelle: siehe Impressum
Skizze 2
4. HANDTORFSTICHE IM OTTERNHAGENER MOOR
In allen Mooren der Hannoverschen Moorgeest wurde Torf nie maschinell abgebaut, sondern
nur in Handtorfstichen, wie sie vor uns liegen, und das mindestens seit dem 17. Jahrhundert*.
Es ist zu vermuten, dass die Anfänge des Torfstechens in der Hannoverschen Moorgeest bereits
im Mittelalter liegen und der Torf als Brennstoff schon eine große Rolle spielte. Die Jahrhunderte alte Tradition wurde in unserem Stück Otternhagener Moor von den meisten Familien
1959 aufgegeben, nachdem man sie im und nach dem 2. Weltkrieg aus Mangel an anderen
Brennstoffen (Holz) wieder aufgenommen hatte. Torf wurde zum Heizen gebraucht. Er war
lebenswichtig für Menschen, die am Moor lebten. Es gab Torfstichrechte und häufig entstand
deswegen Streit zwischen Nachbarn, Dörfern und Ämtern. In diesem Teil des Otternhagener
Moores war der Torf ca. 150 –170 cm mächtig und wurde bis zum sandigen, mineralischen
Untergrund abgebaut. Die oberste Schicht, die mit Wurzelwerk durchsetzt war, wurde in die
angrenzende mit Wasser gefüllte Moorkuhle des Vorjahres geworfen. Ein Regenerieren der
Moorvegetation wurde dadurch unterstützt.
Die gestochenen Torfstücke (Törfe), zirka einen Fuß groß, wurden auf den Dämmen
zur Vortrocknung ausgelegt, schließlich zu Pyramiden aufgestapelt (aufgeringelt), und im
Spätherbst in den Torfschuppen geholt.
Die ersten beiden »dunklen« Torfstiche östlich des Weges als dystrophe** Stillgewässer
sind wohl schon 50 Jahre alt. Sie weisen senkrechte Wände auf. Keine Pflanze hat bisher
Zugang gefunden. Die nächste Moorkuhle etwas weiter nach Norden wird nur von wenigen
Binsenpflanzen (Graue Segge) beherrscht. Binsen weisen auf einen höheren Nährstoffgehalt
hin. Die weiteren Moorstiche Richtung Westen haben weniger steile Randstrukturen. Sie
befinden sich in einem unruhigen Kleinrelief. Die Neubesiedlung mit Torfmoosen, Goldenem
Frauenhaar und Seggen vollzog sich von der flachen Seite der Moorkuhle her. Teilweise ist
schon die ganze Wasseroberfläche bedeckt.
Die Stärke des Lichteinfalls spielt eine entscheidendere Rolle als die Wandbeschaffenheit
der Stiche für die Wiederbesiedlung der Wasserflächen. Torfmoose vertragen keine Beschattung.
* Grenzkarte Devilliers von 1715, Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Hannover
**durch Huminsäuren typisch braun gefärbtes, nährstoffarmes Moorwasser
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5. RENATURIERUNGSFÄHIGES DEGRADIERTES
HOCHMOOR
Einige Hochmoorflächen des Pfades, wie sie sich über den früheren Torfabbauflächen entwickelt haben, weisen mit ihrem lebhaften Kleinrelief in Mosaikform alle typischen Elemente
vom degenerierten Zustand bis zum sich regenerierenden Übergangsmoor auf.
Erkennbar ist neben dem frischen Torfmooswachstum in den Senken (»Schlenken«)
das Schmalblättrige Wollgras. Etwas höher auf den kleinen Hügeln (»Bülten«) erscheinen
andere Torfmoose, untermischt mit Scheidigem Wollgras, Rosmarinheide und Moosbeere,
oben Glockenheide, Besenheide und Pfeifengras.
Hier zeigt sich auf engstem Raum gleich nebeneinander die Vegetationsabfolge vom feuchten
zum trockenen Standort (Skizze 3). Am trockenen Rand dominieren Heidelbeere, Kiefer und Birke.
Durch Entkusselung und Vernässung könnte dieses in fortschreitender Regeneration befindliche Moorstück gefördert werden.
Hochmoorweisheiten:
Ohne Wasser kein Moos – Ohne Moos nix los!
Torfmoos: Bau, Eigenschaften
Quelle: siehe Impressum
Bulte und Schlenken
Skizze 3
Die Darstellung zeigt schematisch
das komplexe Standort- und
Wirkungsgefüge eines typischen
Quelle: siehe Impressum
Hochmoores.
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Gemeint ist das Torfmoos: Baumeister der Hochmoore. (Skizze 4) – Wie schafft es das
Torfmoos, solch eine beherrschende Pflanze zu sein?
Drei Fähigkeiten, die es zum Spezialisten machen:
1. Torfmoose speichern Wasser wie ein Schwamm.
Jedes Pflänzchen kann das 30-fache seines Eigengewichtes an Wasser speichern mittels
des anatomischen Baus seiner Blättchen.
2. Torfmoose machen Wasser sauer wie Zitronensaft (pH 4).
Mittels Ionenaustausch in ihren Blättern entziehen sie dem Regenwasser jegliche Nährstoffe und geben dafür Wasserstoff-Ionen ab, die das Wasser sauer machen. So schaffen sie sich die Konkurrenz vom Hals.
3. Torfmoose wachsen oben immer weiter, sterben aber unten ab und werden zu
Torf. Das saure Milieu verhindert die Zersetzung. Entwicklungsgeschichtlich besitzen
Torfmoose noch keine Wurzeln.
Gute Voraussetzungen für ihr Wachstum sind: Keine Beschattung durch andere Pflanzen
und nährstoffarmes Wasser.
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Skizze 4
In diesen Torfmoospolstern können nur Spezialisten mit einer besonderen Lebensstrategie
zurecht kommen. Stellvertretend zwei Beispiele für Spezialisierungen:
a) Wie begegnet man der Nährstoffarmut im Hochmoor ?
Der Sonnentau verhält sich wie ein Raubtier: mit klebrigen Drüsenblättern fängt die
Pflanze Insekten und saugt sie aus.
b) Wie behält man seinen Kopf über den Moospolstern ?
Der Sonnentau und die Moosbeere wachsen nach dem Prinzip »Kopf oben behalten!«
und wehren sich so gegen das Überwuchertwerden vom ständig weiter wachsenden
Torfmoos: der Sonnentau wächst in Stockwerken, die zarte Moosbeerenpflanze kriecht
mit dünnsten, meterlangen Trieben durch die Moospolster..
Die geplante Autobahn durch das Otternhagener Moor
Skizze 5
Wie die Sonnentau-Arten bilden auch andere im
Moor wachsende Pflanzen Stockwerke, sie
halten dadurch Schritt mit dem unaufhaltsamen
Quelle: siehe Impressum
Wachstum der Torfmoore.
Skizze 6
Die zarte Moosbeere
kriecht mit meterlangen Trieben durch
die Moospolster.
Quelle: siehe Impressum
Sonnentau
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Moosbeere
Wollgras
1934 wurde mit dem Bau der geplanten Autobahnverbindung von der A 7 (Höhe Walsroder
Dreieck) zur A 2 (Höhe Anschlussstelle Garbsen) begonnen. Der Trassenverlauf erreichte das
Otternhagener Moor, von Osten kommend, über die Straße Negenborn-Resse (Höhe Schießplatzstraße) und endet am Südrand des Otternhagener Moores. Die Arbeiten an der Autobahntrasse, vom Reichsarbeitsdienst durchgeführt, wurden im Zuge der Kriegsereignisse in
den frühen 1940er Jahren eingestellt und auch nicht wieder aufgenommen. Stattdessen
entstand die Eckverbindung der Bundesautobahn A 352 (Mellendorf/Engelbostel).
Die Autobahntrasse stellt derzeit die nordwestliche Begrenzung des im Otternhagener
Moor geplanten Moor-Erlebnispfades dar und ist für den Besucher nur mit örtlichen Geländekenntnissen zu erahnen. Dabei werden ihm die auffälligen Reliefunterschiede in diesem
Bereich nicht entgehen, die sich in Tiefenzonen und vielerlei Wällen vom Aushub zeigen.
Hinzu kommt noch die Umgestaltung durch Torfstiche und Dämme.
Der tiefer liegende Trassenteil diente früher den Ressern als Bademöglichkeit. Dies änderte sich, als der Bundeswehrschießplatz 1959 eingerichtet und dabei der Wasserstand
stark abgesenkt wurde. Die Entwicklung im Trassentief wird in Station 6 und 7 beschrieben. Es besteht die Hoffnung, dass durch die im Zuge der Renaturierung geplante Wiedervernässung des Otternhagener Moors der 1959-iger Wasserstand wieder erreicht wird. Die
trotzdem entstandene Artenvielfalt von Flora und Fauna wird sich weiter entwickeln und ein
Schwerpunkt des Moorpfades sein.
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7. ÜBERGANGS- UND SCHWINGRASENMOOR
IN VERLANDETER TRASSE UND WEIDENBRUCH
In diesem Teil der ehemaligen Autobahntrasse, die bis zum mineralischen Untergrund ausgekoffert wurde (also sämtlicher Torf entfernt), hat sich durch allseitige Verlandung dieses
dystrophe Stillgewässer entwickelt. Dieser Biotop zeigt den Übergangscharakter zwischen
einem ehemals als Niedermoor bezeichneten zuwachsenden See und einem solchen, der
schon Hochmoorelemente aufweist.
Einerseits wuchern von den Rändern her Pfeifengras, Schilf, Binsen, Simsen, Schwaden und Sumpfblutauge in die inneren Wasserflächen hinein. Andererseits gibt es bereits
schwimmende Torfmoosrasen mit Sumpfsimse, Wollgras und Sumpfblutauge untermischt.
Der Randbewuchs setzt sich aus Torfmoos und Frauenhaar zusammen.
Inmitten des Sees beherrschen die Binsenhorste, fest im mineralischen Untergrund verankert, das Bild. Dieser Lebensraumtyp befindet sich in einem aktiven Regenerationszustand.
Südlich des Weges, der durch diese Tiefenzone mit Pfeifengrashorsten führt, hat sich
im Trassenschlamm Weidengebüsch etabliert. An den lichteren Rändern siedeln Torfmoose.
In der Fortsetzung der Trasse nach Nordost kommen freie Wasserflächen vor, in denen
zur Vegetationszeit das Süßgras »Flutender Schwaden« Bestand bildend auftritt.
6. MOORGEWÄSSER MIT LIBELLEN – NOCH OFFENER
TRASSENTEIL
Am Ende des Weges entlang der Autobahntrasse nach Westen befindet sich ein Kleinod: Zwischen den Wällen versteckt, im Tief der Trasse, liegt ein naturnahes dystrophes Stillgewässer,
das von einem Pfeifengrashorst beherrscht wird. Rechts und links des Sees beginnt die
Verlandung, gegenüber an der Steilböschung breitet sich Zwergstrauch-Moorwald aus. Von
hier können zahlreiche Libellen und vereinzelt auch Lurche und Vögel beobachtet werden.
Große Heidelibelle
(* siehe Seite 22: Vögel, Kriechtiere,
Amphibien und Libellen)
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8. MOORWALD MIT PFEIFENGRAS
(VERKUSSELTES PFEIFENGRASSTADIUM*)
Infolge anhaltender Entwässerung des Moor-/Torfkörpers wachsen zunehmend Birken auf
dem einst baumlosen Hochmoor auf. Die Torfmoose und die anderen typischen Hochmoor-Pflanzenarten wie Wollgräser, Moosbeere und Heidekräuter finden unter der Baumbeschattung keine Lebensbedingungen mehr.
Als einzige Pflanzenart der Hochmoore kann sich zuletzt noch das Pfeifengras behaupten, das hier große horstartige Bestände im Moorwald aus Kiefern und Birken bildet. Das
Pfeifengras dominiert den Unterwuchs und lässt keine weiteren Arten in seinem dichten
Aufwuchs hoch kommen. Um zu diesem eingetragenen Standort zu gelangen, muss man
rechts vom Wege einen kleinen Wall vom Trassenaushub hochsteigen und hat dann den
Blick frei auf diese Vegetationsausbildung.
Die Wiedervernässung kann das Pfeifengras zurückdrängen. Um wieder Wollgräser und
zuletzt erste Torfmoose gedeihen zu sehen, ist zusätzlich der Baumbestand stark auszulichten, d.h. zu entfernen. Hochmoorpflanzen benötigen Licht und Sonne.
*Bei Austrocknung der Moorflächen Besiedlung von Kleingestrüpp und Pfeifengras bis hin zum Wald (nach Wikipedia)
9. WEIDENBRUCH UND MOORWALD
(DEGENERIERTER TROCKENER MOORWALD)
Nach Verlassen des Hauptweges und der Abbiegung nach Süden gelangt man in eine sehr
unterschiedlich ausgebildete Waldformation. Direkt am Wege dominieren Birken. Beidseitig
hat sich im Hintergrund ein Weidenbruchgebüsch angesiedelt.
In Fortsetzung des Weges ist in den letzten 50–60 Jahren ein Kiefern – Birkenwald
aufgewachsen, der mit seinem überwiegenden Pfeifengras-Unterwuchs flächenweise den
Eindruck eines degenerierten, trockenen Moorwaldes macht, der aber immer mehr in den
Typ des Zwergstrauch-Moorwaldes übergeht.
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11. TYPISCHE PFLANZENABFOLGE IN ALTEM
TORFSTICH – HOCHMOORRAND MIT MOOSBEEREN-BIOTOP
Hier sind typische Vegetationsabfolgen vom nassen zum trockeneren Bereich zu sehen,
zum Teil im Zentimeterbereich. Im Stichtiefsten bei steilerem nördlichen Rand siedelt das
Torfmoos, darauf folgen – um weniges höher – üppige Polster vom Moos »Goldenes Frauenhaar«, dazu Rosmarinheide. Sodann – bei etwas stärkerem Anstieg und heraus aus der
Feuchtzone – treten die Trockenheit anzeigenden Pflanzen Glockenheide, Moorbeere und
Pfeifengras auf.
Etwas weiter, im rechten Winkel Richtung Westen, breitet sich am Hochmoorrand eine
Feuchtigkeit haltende ebene Moorrandfläche aus, die ein optimales Biotop für Moosbeere
und Rosmarinheide bietet. Sie verweben sich hier kriechend ineinander und dehnen sich
weit über den Stichrand hinaus aus.
10. HOCHMOOR IN ALTEN TORFSTICHEN MIT WOLLGRAS,
SONNENTAU UND SCHWINGRASEN
Wie gewohnt von alten Torfstichen zeigt sich hier ein kleinteiliges Hochmoorgefüge im Regenerationszustand.
Beherrschend ist das mehrblütige Schmalblättrige Wollgras auf den feuchten Stichböden. Die Wurzeln sind ein Leckerbissen für das Schwarzwild, sodass die Flächen stark
durchwühlt werden.
Zwischen dem ansässigen Torfmoos breiten sich Moosbeere und der Mittlere Sonnentau
aus. Das Weiße Schnabelried taucht vereinzelt im hinteren Teil der Fläche auf.
Am Ende dieses kleinen Stichweges hat sich ein Schwingrasen entwickelt, der sich vorwiegend aus üppigen Moospolstern ( Goldenes Frauenhaar) und Torfmoosen zusammensetzt. Die Oberfläche ist stellenweise von Rosmarin- und Glockenheide durchwachsen.
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Quelle: siehe Impressum
Hochmoorrand mit Moosbeeren-Biotop – Typische Pflanzenfolge in altem Torfstich
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Skizze 7
IV. TIERE DER HANNOVERSCHEN MOORGEEST
VÖGEL
Unter den Vögeln sind in den vier Hochmooren der Hannoverschen Moorgeest 25 Brutvogelarten und 13 Gastvogelarten zu finden, die auf der Roten Liste stehen. Die aus naturschutzfachlicher Sicht wichtigsten Brutvorkommen im Gebiet sind zum einen diejenigen der
vom Aussterben bedrohten Arten Bekassine und Großer Brachvogel. Zum anderen sind es
die der stark gefährdeten Arten wie Braunkehlchen und Kiebitz, sowie die der gefährdeten
Arten Feldlerche, Neuntöter, Ziegenmelker, Wiesenpieper, Turteltaube, Pirol und Kleinspecht.
In ihrer Gesamtheit weisen diese Bestände nämlich noch eine relativ hohe Siedlungsdichte
auf. Darüber hinaus sind sieben Kranich-Brutpaare hervorzuheben.
Die charakteristischen Arten der offenen Hochmoorlebensräume, wie Braunkehlchen,
Schwarzkehlchen, Heidelerche und Schafstelze fehlen in diesem Bereich des Otternhagener
Moores. In den degradierten Hochmoorbereichen, Moorrandbereichen und Moorwäldern sind
dagegen Arten wie Kranich, Ziegenmelker, Waldwasserläufer, Turteltaube, Kleinspecht und Pirol
zu Hause. Lebensraum dieser Arten sind lückig bewaldete Flächen mit einem Mosaik von nassen Torfstichen und trockenen baumbestandenen Dämmen. Manche Arten sind nur zu hören,
weil sie z.B. versteckt leben, abends aktiv werden oder im verborgenen Blätterdach der Bäume
leben. In diesen Fällen muss sich der Besucher auf die Vogelstimmen konzentrieren.
KRIECHTIERE, AMPHIBIEN UND LIBELLEN
Von den fünf festgestellten Kriechtierarten stehen drei auf der roten Liste. Von besonderer
Bedeutung sind in den Mooren die Bereiche, in denen die Lebensbedingungen für die stark
gefährdeten Schlangenarten Schlingnatter und Kreuzotter gegeben sind. Bei den Amphibien
konnten in den vier Mooren sieben Arten nachgewiesen werden, darunter drei Arten der Roten
Liste. Deshalb sind für die beiden Arten Moorfrosch und in den Randbereichen Kleiner Wasserfrosch die ehemaligen Torfstiche und naturnahen Kleingewässer von besonderer Bedeutung.
Von den insgesamt 48 nachgewiesenen Libellenarten stehen 30 auf der Roten Liste oder
der Vorwarnliste. Elf Arten sind spezifische Libellen der Moorgewässer. Von ihnen weist die
Kleine Moosjungfer die jeweils höchste Stetigkeit in der Moorgeest auf.
»Typisch für das Hochmoor sind spezifische Lebensgemeinschaften verschiedener, nur hier vorkommender
Arten. So ist die Moosbeere die Nahrungsgrundlage für zahlreiche Insekten, darunter Tagfalter wie der Hochmoor-Perlmutterfalter, der Moosbeeren-Grauspanner und der Hochmoor-Bläuling. Sowohl die Futterpflanze
als auch ihre Gäste gelten in Deutschland als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.«
Zitat: NABU Naturschutz heute, Ausgabe 4/13, Seite 10
V. PFLANZEN AM LEHRPFAD
(in Reihenfolge der Standorte)
Moorbirke – Betula pubescens
Waldkiefer – Pinus silvestris
Preiselbeere – Vaccinium vitis idaea
Moorbeere (Trunkel-, Rauschbeere) – Vaccinium uliginosum
Moosbeere – Vaccinium oxycoccus
Heidelbeere (Blau-, Bickbeere) – Vaccinium myrtillus
Trügerisches Torfmoos – Sphagnum fallax
Gefranstes Torfmoos – Sphagnum fimbriatum
Spieß-Torfmoos – Sphagnum cuspidatum
Goldenes Frauenhaar (Moos) – Polytrichum commune
Graue Segge – Carex canescens
Flatterbinse – Juncus effusus
Scheidiges Wollgras – Eriophorum vaginatum
Schmalblättriges Wollgras – Eriophorum angustifolium
Rosmarinheide (Gränke) – Andromeda polifolia
Glockenheide – Erica tetralix
Besenheide – Caluna vulgaris
Pfeifengras – Molinia coerulea
Schilf – Phragmites communis
Sumpfsimse – Eleocharis palustris
Flutender Schwaden – Glyceria fluitans
Sumpfblutauge – Potentilla palustris
Weidengebüsch – Salix aurita
Mittlerer Sonnentau – Drosera intermedia
Weißes Schnabelried – Rhynchospora alba
Verfasser: AG Moorpfad des AK Moor – MOORiZ
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Altes Dorf 1b, 30900 Wedemark-Resse
Telefon 05131/4799744, Fax 05131/4799746
[email protected], www.mooriz.de
Öffnungszeiten: MOORiZ Mi. – So. 11.00–17.00 Uhr
Geschäftsstelle im MOORiZ Mi. – Fr. 11.00–17.00 Uhr
Telefon 05131/4799745, [email protected]
www.buerger-fuer-resse.de
IMPRESSUM UND QUELLENVERZEICHNIS
Herausgeber MOORiZ – Moorinformationszentrum Wedemark-Resse
V.i.d.S.P. Jochen Pardey
Fotos Dr. E. Gärtner, J.F. Gaffard, Anette Gilke, Christian Stahl (Region
Hannover), Heide Strugalla, MOORiZ, Keith Weller
Skizzen 1 Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachen (LGLN), 2 Dr. Lutz Liedtke, 3–4 Institut für Film und Bild in
Wissenschaft und Unterricht, 5 Bernd Gerken: Bedrohte Rechte
der Urlandschaft 1983, 6 Ahlenmoor-Infotafel nach Ellenberg 1967,
7 Dr. Helga Schulz-Knoke
Texte Ludwig Uphues, Dr. Lutz Liedtke, Dr. E. Gärtner,
Dr. Helga Schulz-Knoke, Eckhard Schmatzler, Rene Hertwig,
Heide Strugalla, Dr. Esther Mitterbauer, Karl-Heinz Müller,
Dr. Ludger Meyer
Layout und Satz Anette Gilke, www.anettegilke.de
Druck Klimaneutraler Druck auf Recyclingpapier
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