Der gesunde Arbeitsplatz für ältere Arbeitnehmer

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Der gesunde Arbeitsplatz für ältere Arbeitnehmer
Fachhochschulstudiengänge Burgenland Ges.m.bH.
Fachhochschul-Masterstudiengang
Management im Gesundheitswesen
Der gesunde Arbeitsplatz für ältere
Arbeitnehmer – Strategien von Politik und
Betrieben in Österreich und Deutschland
Masterarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Master für wirtschaftswissenschaftliche Berufe
Management im Gesundheitswesen
Betreuer: Hon. Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, MBA
Eingereicht von: Petra Story
Personenkennzeichen: 1010269001
Datum: 23. Juli 2012
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Ehrenwörtliche Erklärung
„Ich erkläre hiermit, dass ich die Masterarbeit selbständig verfasst habe. Die von mir
verwendeten Hilfsmittel habe ich angegeben, Zitate kenntlich gemacht.“
Wien, 23. Juli 2012
_________________
Ort, Datum
_________________________
Unterschrift (Petra Story)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
I
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Danksagung
Die Unterstützung einiger Personen hat zum Gelingen dieser Arbeit wesentlich
beigetragen. Ich möchte mich bei folgenden Personen bedanken:
Zuerst möchte ich mich bei meinem Masterarbeit-Betreuer Herrn Hon. Prof. (FH) Dr.
Bernhard Rupp, MBA bedanken, der mir vom ersten Konzeptentwurf bis zum
Abschluss unterstützend zur Seite stand.
Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Interviewpartnern in Österreich und
Deutschland, die mir ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Ohne ihr Wissen und
ihre Erfahrungen wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen.
Abschließend möchte ich einigen Personen aus meiner Familie und meinem
Freundeskreis danken. Christian, der mich mit seinen aufmunternden Worten und
seiner Unterstützung in allen Phasen des Studiums bestärkt hat. Meiner Familie
möchte ich Dank für die emotionale Unterstützung aussprechen, sowie Sabine,
Karina und Conny für ihre Hilfe beim Korrekturlesen.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
II
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Kurzfassung
Die
demografische
Entwicklung
erfordert
eine
stetige
Verlängerung
des
Erwerbslebens und führt im Durchschnitt zu einem „Älterwerden“ der Arbeitnehmer.
Maßnahmen
für
Altersgruppen
den
über
Erhalt
das
der
Arbeitsfähigkeit
gesamte
Erwerbsleben
von
Arbeitnehmern
hinweg
aller
(alternsgerechte
Arbeitsgestaltung) sowie Aktivitäten speziell für ältere Arbeitnehmer (altersgerechte
Arbeitsgestaltung) sind aus diesem Grund von besonderer Bedeutung. Ziel der
vorliegenden Arbeit ist der Vergleich der österreichischen und deutschen Strategien
zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie das Ermitteln und Aufzeigen von politischem
und betrieblichem Handlungsbedarf.
Mittels Literaturrecherche wurden die derzeitigen Strategien Österreichs und
Deutschlands dargestellt und verglichen. Für die Bewertung dieser Strategien und
die
Ermittlung
von
Änderungsbedarf
wurden
qualitative
Experteninterviews
durchgeführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Als wesentlich haben sich Maßnahmen in den Bereichen Arbeitnehmerschutz,
„fit2work“, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Rehabilitation, Betriebliche
Gesundheitsförderung, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie
überbetriebliche Initiativen
erwiesen. In allen Bereichen
konnte politischer,
institutioneller oder betrieblicher Änderungsbedarf aufgezeigt werden. In Klein- und
Mittelbetrieben ist der größte Aufholbedarf gegeben, sie benötigen besondere
Unterstützung durch die Politik bzw. die Institutionen.
In Österreich und Deutschland besteht für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit
weitreichender Änderungsbedarf für Politik und Betriebe. Einzelne Anreize zur
Motivation von Betrieben Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeit zu setzten, sind nicht
ausreichend. Ein Gesamtkonzept mit Beteiligung aller Politikbereiche und einer
Mischung aus zahlreichen gut zusammenspielenden Anreizen ist dringend geboten.
Schlüsselwörter: Arbeitsfähigkeit, alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, „fit2work“,
Betriebliches Eingliederungsmanagement, Arbeitnehmerschutz, Rehabilitation
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
III
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Abstract
The current demographic trend is forcing a continuous extension of working life and
leading to an overall "ageing" of employees. Measures designed to maintain the
working ability of employees of all age groups across their complete working lifetimes
(ageing-appropriate labour organization) as well as activities specifically for older
workers (age-appropriate labour organization) are therefore of particular importance.
The aim of this study is to compare Austrian and German strategies for maintaining
the working ability and to determine and point out the need for political and
operational action.
Based on a literature review, the current policies of Austria and Germany are
presented and compared here. To evaluate these strategies and determine the need
for change, qualitative expert interviews were conducted and analyzed using
qualitative content analysis.
Essential measures proved to be in the areas of occupational health and safety,
“fit2work”, operational reintegration management, rehabilitation, workplace health
promotion, partial retirement, age(ing)-appropriate labour organization, and interplant
initiatives. This study identifies a need for political, institutional or operational change
in all these areas. In particular, small and medium-sized companies are behind in this
area and require special political and institutional support.
The findings indicate an extensive need for political and operational improvement of
working ability in Austria and Germany. Individual incentives to motivate companies
for measures in age(ing)-appropriate labour are not sufficient. An overall approach
that involves all policy areas and a mixture of numerous complementary incentives is
urgently needed.
Keywords: working ability, age(ing)-appropriate labour organization, „fit2work‟,
operational reintegration management, occupational health and safety, rehabilitation
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
IV
Kernkompetenzbereich Gesundheit
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG ..................................................................... 1
1.1
PROBLEMSTELLUNG................................................................................................................1
1.2
ZIELSETZUNG UND FRAGESTELLUNG ........................................................................................2
1.3
AUFBAU UND METHODIK ..........................................................................................................3
2 GRUNDLAGEN .................................................................. 5
2.1
DEFINITION „ÄLTERE ARBEITNEHMER“ ......................................................................................5
2.2
AUSWIRKUNGEN DES DEMOGRAFISCHEN W ANDELS AUF DIE ARBEITSWELT ...................................5
2.3
BESCHÄFTIGUNGSSITUATION ÄLTERER .....................................................................................8
2.3.1
Arbeitsmarktdaten Älterer in Österreich ..........................................................................8
2.3.2
Arbeitsmarktdaten Älterer in Deutschland .......................................................................9
2.3.3
Pensionssystem in Österreich ...................................................................................... 10
2.3.4
Pensionssystem in Deutschland ................................................................................... 13
2.4
BEST PRACTICE BEISPIELE ANDERER LÄNDER ......................................................................... 15
2.5
BETRIEBSGRÖßEN UND BRANCHENSTRUKTUR IN ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND ..................... 17
2.6
KRANKHEITSGESCHEHEN UND INVALIDITÄT .............................................................................. 20
2.7
FÄHIGKEITSKONZEPTE .......................................................................................................... 23
2.7.1
Leistungsfähigkeit ........................................................................................................ 23
2.7.2
Arbeitsfähigkeit ............................................................................................................ 25
2.7.3
Beschäftigungsfähigkeit ............................................................................................... 26
2.8
KONZEPT DES ALTER(N)SMANAGEMENT IN BETRIEBEN ............................................................. 26
2.9
EINSCHÄTZUNG DER ARBEITSFÄHIGKEIT ................................................................................. 31
2.10
ZWISCHENFAZIT ................................................................................................................... 33
3 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN
ÖSTERREICH ...................................................................35
3.1
ARBEITNEHMERSCHUTZ ........................................................................................................ 35
3.2
ARBEIT-UND-GESUNDHEIT-GESETZ (AGG) – „FIT2WORK“......................................................... 37
3.2.1
wirtschaftliche Folgenabschätzung ............................................................................... 41
3.2.2
Bewertung von „fit2work“ .............................................................................................. 42
3.3
REHABILITATION ................................................................................................................... 44
3.3.1
Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen ........................................................................ 46
3.3.2
Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen .................................................................. 47
3.4
BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG (BGF) .................................................................... 48
3.4.1
Nutzen von BGF .......................................................................................................... 50
3.4.2
Bewertung der BGF-Maßnahmen ................................................................................. 50
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V
Kernkompetenzbereich Gesundheit
3.5
ALTERSTEILZEIT ................................................................................................................... 50
3.5.1
Bewertung der Altersteilzeit .......................................................................................... 52
3.6
ALTER(N)SGERECHTE ARBEITSORGANISATION ......................................................................... 52
3.7
ÜBERBETRIEBLICHE INITIATIVEN ............................................................................................. 53
4 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN
DEUTSCHLAND ...............................................................57
4.1
ARBEITNEHMERSCHUTZ ........................................................................................................ 57
4.2
BETRIEBLICHES EINGLIEDERUNGSMANAGEMENT (BEM) ........................................................... 60
4.2.1
wirtschaftliche Folgenabschätzung des BEM ................................................................ 62
4.2.2
Bewertung des BEM .................................................................................................... 63
4.3
REHABILITATION ................................................................................................................... 65
4.3.1
Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen ........................................................................ 66
4.3.2
Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen .................................................................. 67
4.4
BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG (BGF) .................................................................... 67
4.4.1
4.5
Bewertung der BGF-Maßnahmen ................................................................................. 68
ALTERSTEILZEIT ................................................................................................................... 69
4.5.1
Bewertung der Altersteilzeit .......................................................................................... 70
4.6
ALTER(N)SGERECHTE ARBEITSORGANISATION ......................................................................... 70
4.7
ÜBERBETRIEBLICHE INITIATIVEN ............................................................................................. 72
5 VERGLEICH DER ÖSTERREICHISCHEN UND
DEUTSCHEN STRATEGIEN ............................................76
6 BEWERTUNG DER ÖSTERREICHISCHEN UND
DEUTSCHEN STRATEGIEN ............................................81
6.1
DARSTELLUNG DER METHODIK............................................................................................... 81
6.1.1
Teilstandardisierte Experteninterviews ......................................................................... 81
6.1.2
Interviewleitfaden ......................................................................................................... 82
6.1.3
Auswahl der Experten .................................................................................................. 83
6.1.4
Durchführung der Interviews......................................................................................... 85
6.1.5
Interviewauswertung .................................................................................................... 85
6.2
DARSTELLUNG UND INTERPRETATION DER EXPERTENINTERVIEWS IN ÖSTERREICH ...................... 86
6.2.1
Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel............. 86
6.2.2
Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz ..................................................................... 87
6.2.2.1
Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ...................................................... 87
6.2.2.2
Umsetzung auf betrieblicher Ebene .................................................................................. 87
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VI
Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.2.3
Bewertung von „fit2work“ .............................................................................................. 89
6.2.3.1
Betriebsberatung ............................................................................................................. 89
6.2.3.2
Personenberatung ........................................................................................................... 90
6.2.3.3
Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung ................................................... 91
6.2.3.4
Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen .......................................................... 92
6.2.3.5
Vernetzung ..................................................................................................................... 92
6.2.3.6
Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit ...................................................... 93
6.2.4
Vergleich „fit2work“ und BEM ....................................................................................... 94
6.2.5
Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation .................................................................... 95
6.2.6
Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen ............................................................. 97
6.2.6.1
Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung ................................................................................. 97
6.2.6.2
Betriebliche Gesundheitsförderung .................................................................................. 98
6.2.6.3
Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben .................................................................. 98
6.2.7
Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten ....................... 100
6.2.8
Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben ................................ 102
6.2.9
Herausforderungen für Politik und Betriebe ................................................................ 104
6.3
DARSTELLUNG UND INTERPRETATION DER EXPERTENINTERVIEWS IN DEUTSCHLAND ................. 105
6.3.1
Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel ........... 105
6.3.2
Änderungsbedarf im Arbeitsschutz ............................................................................. 106
6.3.2.1
Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz ....................................................................... 106
6.3.2.2
Umsetzung auf betrieblicher Ebene ................................................................................ 106
6.3.3
Bewertung des BEM .................................................................................................. 108
6.3.3.1
Änderungsbedarf ........................................................................................................... 108
6.3.3.2
Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit .......................................................... 110
6.3.4
Vergleich BEM und „fit2work“ ..................................................................................... 111
6.3.4.1
Tipps für „fit2work“ ......................................................................................................... 112
6.3.5
Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation .................................................................. 113
6.3.6
Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen ........................................................... 114
6.3.6.1
Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung ............................................................................... 114
6.3.6.2
Betriebliche Gesundheitsförderung ................................................................................ 115
6.3.6.3
Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben ................................................................ 116
6.3.7
Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten ....................... 117
6.3.8
Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben ................................ 119
6.3.9
Herausforderungen für Politik und Betriebe ................................................................ 120
7 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND
AUSBLICK......................................................................122
7.1
ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................................................... 122
7.2
DISKUSSION DER ERGEBNISSE ............................................................................................. 131
7.3
AUSBLICK .......................................................................................................................... 132
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VII
Kernkompetenzbereich Gesundheit
8 VERZEICHNISSE ...........................................................134
8.1
LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................................................... 134
8.2
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................................... 152
8.3
TABELLENVERZEICHNIS ....................................................................................................... 153
8.4
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .................................................................................................. 154
ANHANG .............................................................................. 156
A.1 ANSCHREIBEN ...................................................................................................................... 156
A.2 INTERVIEWLEITFADEN ............................................................................................................ 157
A.3 KATEGORIENSCHEMA ............................................................................................................ 161
A.4 TEILTRANSKRIPTIONEN .......................................................................................................... 163
Personenbezogene Bezeichnungen beziehen sich auf Frauen und
Männer
gleichermaßen – der Einfachheit halber wurde in der vorliegenden Arbeit
durchgehend die männliche Form gewählt.
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VIII
Kernkompetenzbereich Gesundheit
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
Die demographische Entwicklung der europäischen Bevölkerung und die damit einhergehenden Herausforderungen für den Arbeitsmarkt sind ein EU-weit aktuelles
Thema. Mit der 2010 eingeleiteten Initiative „Agenda für neue Kompetenzen und
Beschäftigungsmöglichkeiten“ der Europäischen Kommission, die das Ziel verfolgt
eine Beschäftigungsquote von 75% unter den Personen im Alter von 20 bis
64 Jahren zu erreichen, wird dieser Entwicklung Rechnung getragen (Europäische
Kommission, 2010, www). Weiters wurde das Jahr 2012 von der Europäischen
Kommission zum „Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den
Generationen“ ausgerufen. Dadurch soll unter anderem mittels Pilotprojekten zu
besseren Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für ältere Menschen
in Europa beigetragen werden (Europäische Kommission, 2011, www).
Die Daten der Statistik Austria (2011, www) zeigen deutlich, dass in Österreich noch
großer Handlungsbedarf in der Beschäftigungspolitik Älterer besteht: das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter liegt derzeit in Österreich für Frauen bei
57,1 Jahren und für Männer bei 59,1 Jahren. „Obwohl die Erwerbsquote der 15- bis
64-Jährigen in Österreich insgesamt mit 75,3% über dem europäischen Durchschnitt
liegt (EU-27 71% in 2009), sind in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen nur noch
42,1% am Arbeitsmarkt aktiv“ (Leoni, 2011, S. 59). Zielvorgabe der österreichischen
Sozialpartner ist eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters in den nächsten 10 Jahren um 2 Jahre (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 3). Die Erwerbstätigenquote älterer deutscher Arbeitnehmer (55 bis 64 Jahre) ist jedoch mit
57,7% (65% Männer, 50,5% Frauen) wesentlich höher als in Österreich (Eurostat,
2012, www).
Die demografische Entwicklung und die daher erforderliche Verlängerung des Erwerbslebens führen zu einem „Älterwerden“ der Arbeitnehmer. In Folge müssen sich
sowohl Politik als auch Betriebe mit der Thematik des älteren Arbeitnehmers auseinandersetzen. Die Zahlen der Pensions- und Fehlzeitenstatistik lassen allerdings auf
erheblichen Handlungsbedarf schließen. Laut aktuellem Fehlzeitenreport des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung, der sich auf die Daten aus dem Jahr
2009 bezieht, erfolgten in diesem Jahr 31,3% aller neuzuerkannten Direktpensionen
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1
Kernkompetenzbereich Gesundheit
auf Grund von Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit. Vor allem männliche Arbeiter
machten mit 53,5% in dieser Gruppe einen hohen Anteil aus (Leoni, 2011, S. 60).
Das Durchschnittsalter der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionisten1 liegt bei
50,1 Jahren (Frauen) sowie 53,5 Jahren (Männer) (Statistik Austria, 2011a, www).
Aus diesen alarmierenden Zahlen ergibt sich die Notwendigkeit, gegen Invalidität
zielführende Strategien zu entwickeln und stetig zu verfolgen. Die Dringlichkeit von
Handlungsmaßnahmen hierzu wurden von den Sozialpartnern im Bad Ischler Dialog
2011 diskutiert (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 3–10).
1.2 Zielsetzung und Fragestellung
Auf Grund der soeben beschriebenen Problematik ist es interessant, die von Politik
und Betrieben unternommenen Strategien zur Erhaltung der Gesundheit und Vermeidung von Invalidität der Arbeitnehmer zu betrachten. Zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit tragen mehrere Faktoren bei. In dieser Arbeit sollen jedoch nur jene Maßnahmen betrachtet werden, die Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit haben. Denn wenn die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer gefördert werden
soll, müssen Erkenntnisse über Krankheit, Gesundheit und deren Einflussfaktoren in
die Sozialpolitik mit einbezogen werden (Alavinia & Burdorf, 2008, S. 41–42).
Im Fokus der Betrachtung liegt zwar der ältere Arbeitnehmer, jedoch ist es nicht
immer sinnvoll und möglich Maßnahmen für spezifische Altersgruppen anzubieten
bzw. zu betrachten. Daher werden sowohl Aktivitäten für altersgerechte als auch
alternsgerechte Arbeitsgestaltung untersucht.
Es soll ein Vergleich dieser Strategien zwischen Österreich und Deutschland angestellt werden. Eine Gegenüberstellung der beiden Länder ist auf Grund der ähnlichen
sozialpolitischen Strukturen interessant. In beiden Ländern ist das Bismarck-System
der Sozialversicherung zu finden, das durch Sozialabgaben finanziert wird (Rohwer,
2008, S. 26). Österreich und Deutschland weisen einen „starken Sozialversicherungsstaat mit nur schwach ausgeprägten staatlichen sozialen Dienstleistungen“ auf (Jochem, 2009, S. 178). Interessanterweise sind einzelne von Deutschland
durchgeführte Reformmaßnahmen mit etwas Zeitverzögerung oftmals auch in Öster-
1
Der Begriff Invalidität wird für Arbeiter, Berufsunfähigkeit für Angestellte verwendet. Zur besseren
Lesbarkeit wird im Folgenden für beide Begriffe die Bezeichnung Invalidität verwendet.
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2
Kernkompetenzbereich Gesundheit
reich zu finden (Jochem, 2009, S. 178). Auch auf Grund der zahlreichen wirtschaftlichen Beziehungen ist ein Vergleich der beiden Länder nützlich.
Eine Gegenüberstellung ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass in Deutschland bereits seit dem Jahr 2004 die Pflicht für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) bei Langzeitkrankenständen besteht. Österreich hat im Jahr
2011 mit „fit2work“ eine ähnliche Strategie in Gang gesetzt.
Inwieweit
Österreichs
und
Deutschlands
Betriebe
bereits
Maßnahmen
für
alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung umsetzen ist ein weiterer Betrachtungspunkt
dieser Arbeit.
Ziel ist eine kritische Analyse der von Politik und Betrieben in Österreich und
Deutschland verfolgten Strategien, um gegebenenfalls Änderungsbedarf aufzuzeigen. Zudem soll festgestellt werden, welche Anreize erforderlich sind, dass eine
alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation in Betrieben umgesetzt wird.
Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:
1. Welche Strategien werden von Politik und Betrieben in Österreich und Deutschland verfolgt, um ältere Arbeitnehmer gesund zu beschäftigen?
2. Besteht hinsichtlich der gewählten Strategien Änderungsbedarf?
3. Welche Anreize führen dazu, dass Betriebe Maßnahmen für gesunde Mitarbeiter
umsetzen?
1.3 Aufbau und Methodik
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: die soeben vorgenommene Einleitung, den fünf
Kapitel umfassenden Hauptteil sowie den zusammenfassenden Schluss. Der
Hauptteil basiert auf einer ausführlichen Literaturrecherche und wird durch eine
qualitative empirische Untersuchung ergänzt.
In Kapitel 2 werden zunächst alle wesentlichen Grundlagen und Begriffe erläutert.
Als wesentlich erscheinen dabei zunächst die Definition des „älteren Arbeitnehmers“,
die Auswirkungen des demografischen Wandels, die derzeitige Beschäftigungssituation Älterer in Österreich und Deutschland, Best Practice Beispiele anderer
Länder, die Betriebsgrößen und Branchenstruktur in Österreich und Deutschland, der
Zusammenhang von Krankheitsgeschehen und Invalidität, die Unterscheidung der
Fähigkeitskonzepte, das Konzept des Alter(n)smanagement sowie die Einschätzung
der Arbeitsfähigkeit. Am Ende dieses Abschnittes wird ein Zwischenfazit gezogen.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Die Kapitel 3 und 4 beinhalten die Darstellung der politischen und betrieblichen
Strategien Österreichs und Deutschlands. Dabei werden Maßnahmen in den
Bereichen Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche Initiativen näher
betrachtet.
Darauffolgend wird in Kapitel 5 ein Vergleich der dargestellten Strategien Österreichs
und Deutschlands vorgenommen. Unterschiede und Ähnlichkeiten der beiden Länder
sollen identifiziert werden.
Kapitel 6 hat die Bewertung der dargestellten Maßnahmen sowie das Erheben von
Änderungsbedarf zum Ziel. Dazu werden qualitative Experteninterviews durchgeführt. Es soll die subjektive Sichtweise der unterschiedlichen Experten bezüglich der
politischen und betrieblichen Strategien ermittelt werden. Durch diese Vorgehensweise können vielfältigere Erkenntnisse, Meinungen sowie Erfahrungen der Befragten erfasst werden. Zu Beginn des Kapitels erfolgt die Erläuterung der methodischen
Vorgehensweise. Darauffolgend werden die Ergebnisse präsentiert und interpretiert.
Der Abschluss dieser Arbeit wird mit Kapitel 7 vorgenommen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse sowie die Beantwortung der Forschungsfragen
werden hier vorgenommen. Die Ergebnisse werden anschließend kritisch diskutiert
und ein Ausblick wird vorgenommen.
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4
Kernkompetenzbereich Gesundheit
2 GRUNDLAGEN
In diesen einführenden Kapiteln werden die zugrundeliegenden Begriffe und Daten
für die Betrachtung des Themas ältere Arbeitnehmer und Erhalt der Arbeitsfähigkeit
dargestellt.
2.1 Definition „Ältere Arbeitnehmer“
Die Frage, ab welchem Lebensalter Menschen als „alt“ oder „älter“ zu bezeichnen
sind, wird in der Literatur auf Grund verschiedener Sichtweisen kontrovers diskutiert.
So existieren beispielsweise chronologische, biologische, soziale oder psychologische Definitionen für das Alter. Die sozialpolitische Definition älterer Mitarbeiter
ist bei dieser Arbeit die naheliegendste – hier „werden soziale Risiken betrachtet, die
den Anlass für sozialpolitisches Handeln geben. Zu diesen Risikobereichen zählen
das Qualifikations-, das Krankheits-, das Arbeitslosigkeits- sowie das Pensionierungsrisiko (unfreiwillig oder vorzeitig)“ (Krüger, 2006, S. 20). Jedoch liegt auch innerhalb der sozialpolitischen Betrachtungsweise keine einheitliche Altersgrenze vor.
Für den „älteren Arbeitnehmer“ wird daher in der vorliegenden Arbeit keine bestimmte Altersgrenze gewählt.
2.2 Auswirkungen des Demografischen Wandels auf die Arbeitswelt
Die demografische Entwicklung hat auf alle Bereiche der Gesellschaft Einfluss. Im
Rahmen dieser Arbeit wird jedoch der Fokus auf die Auswirkungen in der Arbeitswelt
gelegt.
Bei Vorhersagen der demografischen Entwicklung handelt es sich auf Grund vieler
Unsicherheiten und Einflussgrößen nur um bedingte Prognosen. Dies ist eine Einschränkung mit der bewusst umgegangen werden muss. Nichts desto trotz sind
Prognosen, wie beispielsweise jene über das zukünftige Arbeitskräfteangebot, für
wichtige politische, aber auch betriebliche, Entscheidungen erforderlich (Helmrich &
Zika, 2010, S. 13–14).
Der Arbeitsmarkt wird in Zukunft von zwei Trends betroffen sein: insgesamt werden
weniger Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen und im Durchschnitt werden die Arbeitnehmer älter sein. Obwohl die Bevölkerung im arbeits-
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
fähigen Alter mit dem Jahr 2010 begonnen hat abzunehmen, wird die Gesamtzahl
der Beschäftigen in der EU bis 2017 auf Grund höherer Beschäftigungsquoten der
Frauen zunächst zunehmen. Es wird jedoch erwartet, dass sich die Gesamtzahl der
Beschäftigten zwischen 2010 und 2050 insgesamt um 30 Millionen verringert (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 5–6). Der dadurch steigende
Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften stellt eine Chance für Arbeitslose dar, jedoch
besteht für Unternehmen in gewissen Branchen die Gefahr, ihren Bedarf an qualifizierten Fachkräften nicht decken zu können (Helmrich & Zika, 2010, S. 15). Das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Deutschlands
(BMFSFJ) berichtet von 70% der deutschen Unternehmen, die bereits heute Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden. Eine Prognose zeigt, dass bis zum Jahr 2030
eine Arbeitskräftelücke von 5,5 Millionen Personen zu befürchten ist. Es wird daher
umso mehr eingefordert, ältere Beschäftigte weiterzubilden und in Beschäftigung zu
halten, um diesem Trend entgegenzuwirken (BMFSFJ, 2011, S. 2). Allerdings, nicht
jede Form von Fachkräftemangel muss ihre Ursache im demografischen Wandel
haben. So kann es sich beispielsweise auch um eine lokale Knappheit an Auszubildenden oder um die spezifische Position eines Unternehmens handeln, warum ein
Betrieb seine Stellen nicht mit Arbeitskräften einer bestimmten Qualifikation besetzen
kann. Anstatt sich untätig über den demografischen Wandel zu beklagen, sollten sich
jene Unternehmen um eine Verbesserung der eigenen Position auf dem Lehrstellenmarkt oder um Arbeitskräfte mit hohen Beschäftigungsreserven, wie Ältere
und Frauen, oder Auszubildende aus Regionen mit Lehrstellenmangel bemühen. Ob
angesichts der Arbeitslosenzahlen nicht eher von einem Arbeitskräfteüberschuss, als
von einem Arbeitskräftemangel die Rede sein kann, wird ebenso diskutiert (Buck,
Kistler & Mendius, 2002, S. 23–24). Dieser Aspekt kann im Rahmen dieser Arbeit
jedoch nicht weiter ausgeführt werden.
Der zweite Trend, nämlich das „Älterwerden“ der erwerbsfähigen Personen wird in
den Prognosen folgendermaßen dargestellt: der Anteil der älteren Arbeitnehmer
(55 bis 64 Jahre) an den gesamten Arbeitskräften wird bis 2060 um 40% auf 18,7%
in den EU-27 Ländern steigen, wobei der Anstieg bezogen auf das Alter bei den
Frauen generell höher ist. In Deutschland zeigen die Prognosen eine Zunahme von
14,5% (2010) auf 18,9% (2060), in Österreich wird ein Anstieg von 11,6% (2010) auf
21,4% (2060) erfolgen. Das bedeutet, dass im Jahr 2060 der Anteil der älteren
Dienstnehmer in Österreich höher sein wird, als jener in Deutschland (European
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Commission, 2011, S. 106–107). Die Altersstruktur der Erwerbstätigen in Österreich
veränderte sich vor allem im vergangenen Jahrzehnt auf Grund der demographischen Entwicklung: Unter 30-Jährige machen nur noch 23,8% der Erwerbstätigen aus, wohingegen die Altersgruppe der 40- bis 49-jährigen Erwerbstätigen auf
29,6% angewachsen ist und über 50-jährige Erwerbstätige bereits 23,4% ausmachen
(Fasching, Knittler, Moser & Stadler, 2011, S. 50). Die „Alterung“ der Erwerbsbevölkerung kommt auch durch den späteren Eintritt ins Berufsleben zustande (veränderte
Lebensarbeitszeit). So hat in Deutschland bereits zwischen 1993 und 1998 ein deutlicher Anstieg der Über 55-jährigen Erwerbstätigen um 21%, bei gleichzeitiger Abnahme der Erwerbstätigen um etwa 1,5% stattgefunden. Das heißt die Verschiebung
der Alterszusammensetzung ist längst in den Betrieben angekommen, ohne dass ein
Verlust an Innovationskraft oder Wettbewerbsfähigkeit stattgefunden hätte (Buck et
al., 2002, S. 24–25).
Die zukünftige Entwicklung der Erwerbspersonen ist jedoch wesentlich durch nationale gesetzliche Veränderungen beeinflussbar. So spielen die Anpassung des Rentenalters, die Gestaltung der Altersteilzeit sowie Bedingungen für Erwerbsminderungsrenten eine große Rolle (Drosdowski, Wolter, Helmrich & Maier, 2010,
S. 139).
Auf Grund der bisher dargestellten demografischen Entwicklung, das heißt einer
älteren Bevölkerung, ist es notwendig eine Steigerung der Beschäftigung älterer
Männer und Frauen über 55 Jahre hinaus zu erreichen. Dazu sind allerdings weitreichende Reformen durchzuführen, die einerseits Anreize für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben beseitigen und andererseits auch mittels entsprechender
Arbeitsmarktpolitik dafür sorgen, dass ein längeres Arbeitsleben tatsächlich möglich
ist und Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer bestehen (Kommission
der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 10). Umfassende Konzepte wie jenes
des „aktiven Alterns“ befassen sich mit diesen Begleitmaßnahmen zu den Pensionsreformen, die eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit zur Folge haben. Dabei geht
es um die Beseitigung von Vorurteilen gegenüber älteren Menschen, das Bewusstsein schaffen, dass Lebenslanges Lernen wichtig ist, die Gestaltung des Zugangs zu
Lebenslangem Lernen, die Einrichtung von flexiblen Ruhestandssystemen sowie den
Erhalt einer guten körperlichen und geistigen Gesundheit (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 10).
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7
Kernkompetenzbereich Gesundheit
2.3 Beschäftigungssituation Älterer
In den folgenden Kapiteln wird an Hand der Arbeitsmarktdaten dargestellt, inwieweit
Ältere in Österreich und Deutschland derzeit in das Erwerbsleben integriert sind. Die
Darstellung der Pensionssysteme dient dem Vergleich des regulären sowie frühzeitigen (krankheitsbedingten) Ausstiegs aus dem Erwerbsleben in den beiden Ländern.
2.3.1 Arbeitsmarktdaten Älterer in Österreich
In Österreich betrug die Erwerbstätigenquote (Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung in der Altersgruppe 15 bis 64 Jahre) im Jahr 2010 71,7% (Männer: 77,1%,
Frauen: 66,4%), im Vergleich zu 2000 ist dies ein Anstieg um 3,4 Prozentpunkte. Die
Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer mit 55 bis 64 Jahren ist zwar sowohl bei
Männern (51,6%), als auch bei Frauen (33,7%) ebenso im Zunehmen, ist jedoch mit
42,4% im Vergleich zum EU Durchschnitt (46,3%) noch immer relativ niedrig
(s. Abbildung 1) (Fasching et al., 2011, S. 47; 49).
Abbildung 1: Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen in ausgewählten EU-Staaten,
BMASK (2011b, S. 18)
Im Jahr 2010 waren insgesamt 188.200 Österreicher arbeitslos, 14,6% (60,9%
Männer und 39,1% Frauen) davon waren 50 Jahre und älter. Das entspricht einer
Arbeitslosenquote in der Altersgruppe der Über 50-Jährigen von 2,8 (Fasching et al.,
2011, S. 356). Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies einen leichten Rückgang von rund
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8
Kernkompetenzbereich Gesundheit
0,2 Prozentpunkten dar. Mit Ausnahme des Jahres 2008 ist ein stetiger Rückgang
der Arbeitslosigkeit Älterer zu beobachten, im Gegensatz zu den Daten für junge
Personen (s. Abbildung 2).
Abbildung 2: Arbeitslosenquoten im Zeitvergleich bei jungen und älteren Personen,
Fasching et al. (2011, S. 70)
2.3.2 Arbeitsmarktdaten Älterer in Deutschland
Eurostat berichtet für Deutschland von einer Gesamtbeschäftigtenquote der 15- bis
64-Jährigen im Jahr 2010 von 71,1% (76% Männer, 66,1% Frauen), Zahlen die jenen
Österreichs sehr ähnlich sind. Damit sind beide Länder – Deutschland und
Österreich – diesbezüglich besser als der EU-Durchschnitt mit 64,1% (Eurostat,
2012, www). Die Erwerbstätigenquote älterer deutscher Arbeitnehmer (55 bis
64 Jahre) ist jedoch mit 57,7% (65% Männer, 50,5% Frauen) wesentlich höher als in
Österreich (42,4%). Vergleicht man deutsche Frauen und Männer jeweils mit ihren
österreichischen Altersgenossen, so ergeben sich eklatante Unterschiede: die
Erwerbstätigenquote
deutscher
Männer
in
dieser
Altersgruppe
liegt
um
13,4 Prozentpunkte höher, jene der Frauen um 16,8 Prozentpunkte höher. Auch
verglichen mit dem EU-27 Durchschnitt schneidet Deutschland sehr gut ab (die EU27-Erwerbstätigenquote älterer Männer beträgt 54,6%, die der Frauen 38,6%).
Deutschland weist daher sowohl im Vergleich mit Österreich, als auch mit den
Durchschnittszahlen der EU-27 sehr gute Beschäftigtendaten im Bezug auf ältere
Arbeitnehmer auf (Eurostat, 2012, www).
Die Arbeitslosenquote Deutschlands betrug im Jahr 2010 7,7%: (Männer 7,9%,
Frauen 7,5%), jene älterer Arbeitnehmer (50 bis 64 Jahre) betrug 8,4%. Dies stellt
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
9
Kernkompetenzbereich Gesundheit
eine leichte Zunahme im Vergleich zum Vorjahr von 0,2 Prozentpunkten dar. Im Jahr
2010 gab es zwar eine Zunahme der absoluten Zahlen älterer Arbeitsloser von 2%,
jedoch ist der Anstieg an Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe höher. Dies ist vor
allem auf das Auslaufen der vorruhestandsähnlichen Regelungen der Paragraphen
428 SGB III und 252 Abs. 8 SGB VI Ende 2007 zurückzuführen. Nunmehr sind jene
Personen die vormals durch diese Regelung in den Vorruhestand gingen, zu den
Erwerbstätigen zu zählen (BA, 2010a, S. 5; 10).
Problematisch ist die Tatsache, dass insbesondere ältere Arbeitnehmer von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Ab dem 45. Lebensjahr steigt der Prozentsatz der
Arbeitslosigkeit von 1 Jahr und länger rasant an (s. Abbildung 3). Die Wiedereingliederungschancen sind, vor allem wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen, Behinderungen oder auch geringere Qualifikation hinzukommen, eher gering und es besteht
die Gefahr einer „innerlichen Pensionierung“ der Betroffenen (Buck et al., 2002,
S. 30–33).
Abbildung 3: Arbeitslose nach Alter und Dauer der Arbeitslosigkeit in Deutschland,
Buck et al. (2002, S. 33)
2.3.3 Pensionssystem in Österreich
Das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter der EU-27 Länder ist im Zeitraum 20012009 um 1,5 Jahre auf 61,4 Jahre angestiegen (Männer 61,8; Frauen 61,0) und befindet sich weiterhin im Steigen (European Commission, 2011, S. 86). In Österreich
liegt das gesetzliche Pensionseintrittsalter für Frauen derzeit bei 60 und für Männer
bei 65 Jahren. Ab dem Jahr 2024 wird jedoch das Regelpensionsalter für Frauen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
10
Kernkompetenzbereich Gesundheit
jährlich um 6 Monate bis auf 65 Jahre im Jahr 2033 erhöht (Felderer, Czypionka,
Hofer, Schuh & Weyerstraß, 2011, S. 31; Wipfel, 2011, S. 15). Zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen wie die Invaliditäts-, Korridor-, Schwerarbeits- und Langzeitversichertenpension senkten jedoch das durchschnittliche Pensionseintrittsalter
im Jahr 2010 bei Männern auf 59,1 und bei Frauen auf 57,1 Jahre. Damit liegt das
faktische Pensionsantrittsalter bei Männern und Frauen unter dem EU-27-Durchschnitt. Die Zahlen von 2010 zeigen auch einen Rückgang im Vergleich zu 1970 um
2,8 Jahre bei Männern und um 3,3 Jahren bei Frauen.
Betrachtet man die Pensionsarten getrennt voneinander, so zeigt sich, dass Männer
mit durchschnittlich 62,6 und Frauen mit 59,3 Jahren in Alterspension gehen. Das
bedeutet, auch ungeachtet der Invaliditätspensionen wird im Durchschnitt das gesetzliche Pensionseintrittsalter bei Männern nicht und bei Frauen knapp nicht erreicht. Besorgniserregend ist allerdings die Entwicklung der Invaliditätspensionen
(s. Kapitel 2.6): sie machen bereits rund ein Drittel der Neuzugänge der Pensionen
aus und das durchschnittliche Antrittsalter liegt bei 53,5 Jahren (Männer) bzw.
50,1 Jahren (Frauen). Bei den Pensionsneuzugängen auf Grund von Invalidität sind
psychiatrische Krankheiten die häufigste Ursache, gefolgt von Skelett-, Muskel- und
Bindegewebserkrankungen sowie Erkrankungen des Kreislaufsystems (HVSVT,
2011, S. 91).
Anspruch auf Invaliditätspension haben jene Versicherte in erlernten oder angelernten Berufen, die innerhalb der letzten 15 Jahre mindestens 7,5 Versicherungsjahre
erworben haben und deren Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte eines gesunden Versicherten vermindert ist. Für diese Versicherten besteht ein Berufsschutz.
Das bedeutet, wenn der Beruf auf Grund einer Krankheit nicht mehr ausgeübt
werden kann, darf der Betroffene nur auf Tätigkeiten innerhalb seiner Berufsgruppe
verwiesen werden. Dieser „Schutz“ besteht nicht für ungelernte Beschäftigte. Sind
sie auf Grund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage ihrem bisherigen Beruf nachzukommen, können sie auf jede andere zumutbare Tätigkeit verwiesen werden.
Invaliditätspension erhalten diese Versicherten erst dann, wenn sie nicht mehr imstande sind, durch eine solche zumutbare Beschäftigung zumindest die Hälfte des
Entgelts zu erwerben, das ein gesunder Versicherter durch diese Tätigkeit erzielen
kann (PVA, 2012, S. 2–3).
Eine weitere Regelung, der Tätigkeitsschutz, führte bisher für alle Arbeitnehmer
(auch ohne Qualifizierung) zu einem Anspruch auf Invaliditätspension ab vollendeFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
11
Kernkompetenzbereich Gesundheit
tem 57. Lebensjahr. Voraussetzung ist, dass ein Versicherter seine bisherige Tätigkeit, die er in den letzten 15 Jahren mindestens 10 Jahre durchgeführt hatte, nicht
mehr ausüben kann. Der Anspruch auf diese Regelung wird bis 2017 stufenweise
auf das 60. Lebensjahr erhöht (BMASK, 2012a, S. 7).
Seit dem 1.1.2011 muss, wenn die berufliche Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann, zunächst ein Antrag auf Rehabilitation gestellt werden. Dadurch wird zunächst geprüft, ob eine berufliche oder medizinische
Rehabilitation möglich ist. Dies ist nunmehr die einzige Möglichkeit Invaliditätspension zu beantragen und steht unter dem Motto „Rehabilitation vor Pension“. Ein Anspruch auf Invaliditätspension besteht daher nur in jenen Fällen, wo eine solche
Rehabilitation nicht möglich, nicht zielführend oder ohne Erfolg geblieben ist. Eine
Zuerkennung einer Invaliditätspension wird auf maximal 2 Jahre befristet und kann
mittels Antrag verlängert werden (Wipfel, 2011, S. 12–13).
Die unternommenen Pensionsreformen der vergangenen 20 Jahre, die vor allem
eine Anhebung des faktischen Pensionseintrittsalters zum Ziel hatten, blieben relativ
erfolglos. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bleibt seit Jahren relativ stabil
bei 59 bzw. 57 Jahren (Felderer et al., 2011, S. 30–33). Außerdem untergraben
lange Übergangszeiten und viele spezielle Regelungen, beispielsweise die Verlängerung der Inanspruchnahme von Frühpensionierung auf Grund langer Versicherungszeit, die Signale an die Bevölkerung betreffend der Wichtigkeit des längeren Erwerbslebens (European Commission, 2010, S. 112–115). Modellberechnung bringen
zum Ausdruck, dass auch durch die aktuelle Pensionsreform (2011) bezüglich des
effektiven Pensionsantrittsalters nur ein mäßiger Effekt zu erwarten ist, wobei selbst
dieser nur durch die Anhebung des gesetzlichen Eintrittsalters von Frauen herbeigeführt wird. Es wird auch keine wesentliche Verbesserung hinsichtlich der Invaliditätspensionen zu erwarten sein. In Summe ist durch die Pensionsreform die nachhaltige Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems nicht gewährleistet.
Daher wird vom IHS eine weitere Reform mit tiefgreifenden und raschen Umgestaltungen gefordert, die sich vor allem auf die Änderung der vorzeitigen Alterspension
sowie der Invaliditätspension beziehen (Felderer et al., 2011, S. 30–36).
Im Februar 2012 wurden von der Österreichischen Bundesregierung Konsolidierungsmaßnahmen im Pensionsbereich und der Arbeitsmarktpolitik beschlossen.
Diese zielen auf eine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters sowie eine Stabilisierung der Ausgaben bei den Pensionen ab. Unter anderem wurde das PensionsFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
12
Kernkompetenzbereich Gesundheit
konto eingeführt, das eine lebenslange Durchrechnung zur Ermittlung der Pensionshöhe sowie eine laufende Kontrollmöglichkeit für die Versicherten ermöglicht. Jedes
über das Regelpensionsalter hinaus gearbeitete Jahr bringt dem Versicherten ca. 6%
mehr Pension. Dies ist durch das Pensionskonto besser sichtbar und damit ein
Anreiz länger zu arbeiten. Zudem wurden die Abschläge bei vorzeitigem Pensionseintritt erhöht, der Tätigkeitsschutz bis 2017 stufenweise auf das 60. Lebensjahr
angehoben und die ärztliche Begutachtung über die Arbeitsfähigkeit wird vereinheitlicht, d.h. die Gesundheitsstraße erweitert (BMASK, 2012a, S. 1–3, 7, 12). Im Bereich Arbeitsmarkt wurde vereinbart, dass die berufliche Rehabilitation ausgeweitet
und damit für zusätzliche 32.000 Personen ermöglicht wird. Die Invaliditätspension
auf Grund von Berufsschutz wird für unter 50-Jährige abgeschafft, die betroffenen
Personen werden zukünftig beim Arbeitsmarktservice (AMS) berufliche Rehabilitation
erhalten. Diese darf jedoch weiterhin nur auf Berufe mit gleichwertigem Qualifikationsniveau abzielen. Der Betroffene erhält währenddessen Rehabilitationsgeld in
Höhe der Invaliditätspension. Der Pensionsvorschuss, der zwischen Antragsstellung
auf Invaliditätspension und Zuerkennung gewährt wurde, wird durch Arbeitslosengeld
bzw. Krankengeld ersetzt. Dadurch können Betroffene in dieser Zeit in Wiedereingliederungsmaßnahmen einbezogen werden (BMASK, 2012b, S. 1, 5).
2.3.4 Pensionssystem in Deutschland
In Deutschland betrug das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter im Jahr 2009
62,2 Jahre (Männer 62,6; Frauen 61,9). Deutschland liegt damit über dem EU-27Durchschnitt. Die letzte Reform im Jahr 2007 bringt ab 2012 eine stufenweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters von 65 auf 67 Jahre, in den nächsten
2 Jahrzehnten (European Commission, 2011, S. 75; 86). Wird über das gesetzliche
Antrittsalter hinaus gearbeitet, so erhöht sich der Rentenanspruch – auch ohne
weitere Beitragszahlung – um einen Zuschlag von 0,5 Prozent für jeden länger gearbeiteten Monat. Das bringt pro Jahr 6 Prozent. Auch wenn ab der Regelaltersgrenze
eine Teilrente bezogen wird, jedoch weitergearbeitet wird, erhöht sich die spätere
Vollrente, da weiterhin Beiträge bezahlt werden. Bei der Teilrente ist auch ein höherer Zuverdienst möglich, als bei einer Vollrente. Je geringer die Teilrente, desto
höher ist die Zuverdienstgrenze. Zusätzlich erhöht sich durch die weiteren Rentenbeiträge die spätere volle Altersrente. Dies bietet einen Anreiz für einen gleitenden
Wechsel in den Ruhestand (DRV-Bund, 2011a, S. 8–9; 28–29). Auch in Deutschland
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
13
Kernkompetenzbereich Gesundheit
existieren Sonderregelungen wie die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, für langjährig Versicherte, für schwerbehinderte Menschen oder die Erwerbsminderungsrente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, die das
durchschnittliche effektive Pensionsantrittsalter senken. Im Jahr 2010 machte der
Anteil der neuzuerkannten Pensionen auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit rund
21% aus (53% Männer, 47% Frauen) (DRV-Bund, 2010, S. 64). Da das Zugangsalter
von Erwerbsminderungsrenten kontinuierlich gesunken ist (2009: Männer 50,8 Jahre,
Frauen 49,7 Jahre), wird davon ausgegangen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen immer früher einsetzen (Sozialpolitik-aktuell, 2010, www).
Für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente müssen zumindest 5 Versicherungsjahre vorliegen und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre
Pflichtbeiträge einbezahlt worden sein. Die Wartezeit kann allerdings, beispielsweise
auf Grund eines Arbeitsunfalls, bereits ab einem einzigen Versicherungsbeitrag vorzeitig erfüllt sein. Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente wird zwischen 2012
und 2024 schrittweise auf das 65. Lebensjahr angehoben. Darunter ist mit Abschlägen von bis zu 10,8% zu rechnen. Folgende medizinische Voraussetzung muss gegeben sein: wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten zu können, nicht nur im eigenen, sondern in allen Berufen. Dies
wird anhand ärztlicher Unterlagen von der Rentenversicherung geprüft. Je nachdem
wie lange die betreffende Person täglich noch arbeiten kann, ist sie teilweise oder
voll erwerbsgemindert. Ist eine Person nur noch in der Lage eingeschränkt zu arbeiten (auf nicht absehbare Zeit weniger als 6 Stunden aber mindestens 3 Stunden täglich), so hat diese Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Verbindung mit einer Teilzeitarbeit. Die Rente ist halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ist kein Teilzeitarbeitsplatz am Arbeitsmarkt verfügbar, so
kann ein Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt werden (DRVBund, 2011c, S. 6–11; 25). Die Rente bei voller Erwerbsminderung ersetzt den Verdienst, wenn eine Person nur noch weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann.
Diese volle Erwerbsminderung besteht grundsätzlich auch für jene Personen, die „in
einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer anderen beschützenden Einrichtung beschäftigt sind und wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können“ (DRV-Bund,
2011c, S. 12). Renten wegen Erwerbsminderung werden in der Regel befristet ausbezahlt. Hat sich nach Ablauf der Befristung der Gesundheitszustand nicht gebesFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
14
Kernkompetenzbereich Gesundheit
sert, kann ein Antrag auf Weiterbewilligung gestellt werden. Die Anspruchsberechtigung wird regelmäßig von der Rentenversicherung überprüft. Ist es unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, wird eine unbefristete Rente
gewährt (DRV-Bund, 2011c, S. 27).
Deutschland hat es mittels Reformen geschafft, eine gute Balance zwischen Nachhaltigkeit und Angemessenheit in der Altersvorsorge herzustellen. Ob dies auf lange
Sicht beibehalten werden kann, hängt vor allem davon ab, ob die erreichte Verbesserung der Beschäftigung, vor allem Älterer und Frauen, fortgesetzt werden kann
(European Commission, 2010, S. 27–32).
Von der Kommission der europäischen Gemeinschaften (2006, S. 6) wird attestiert,
dass ältere Arbeitnehmer in vielen Ländern Europas nach wie vor einen verhältnismäßig geringen Anteil an den Erwerbstätigen haben. Dies liegt vor allem an ungünstigen Vorruhestandsregelungen, unzureichenden finanziellen Anreizen zur Aufnahme
einer Arbeit in den Steuer- und Sozialsystemen sowie unzureichender Berücksichtigung altersspezifischer Erfordernisse am Arbeitsplatz.
2.4 Best Practice Beispiele anderer Länder
Die vorliegende Arbeit vergleicht die Strategien der beiden Länder Österreich und
Deutschland. In diesem Kapitel werden Maßnahmen weiterer europäischer Länder
vorgestellt.
Das Projekt „Survey on Health, Ageing and Retirement“ (SHARE), an dem
20 europäische Länder und Israel beteiligt sind, beschäftigt sich mit dem Erheben
und Sammeln von Daten sowie der Forschung am Zusammenhang zwischen Beschäftigung, Gesundheit und Alterung. Ziel ist die Unterstützung bei der Gestaltung
von nationalen Reformen des Gesundheits- und Pensionssystems (Börsch-Supan,
2012, S. 6–7). Europäische Länder wie Finnland, Großbritannien, Dänemark oder
Schweden werden als besonders erfolgreich eingeschätzt. Dabei sind es vor allem
Reformen der Vorruhestandsregelungen sowie die Entwicklung und Umsetzung
neuer Konzepte zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, die Wirkung zeigen.
Ausgedrückt wird dieser Erfolg unter anderem durch Beschäftigtenquoten Älterer,
Maßnahmen zum Lebenslangen Lernen sowie Krankheitsabwesenheiten der Arbeitnehmer (Richenhagen, 2007, S. 38–39). Die Strategien von vier erfolgreichen Ländern werden in Folge dargestellt.
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15
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Schweden ist das europäische Land mit den besten Beschäftigtenzahlen älterer
Frauen und Männer. Bereits in den 1990er Jahren wurden in Schweden erste Maßnahmen gesetzt, um den drastischen Anstieg krankheitsbedingter Fehlzeiten älterer
Arbeitnehmer zu reduzieren. Zahlreiche Reformen wie z.B. eine „verstärkte Zusammenarbeit mit Hausärzten bei der Erstellung von Krankenstandsgutachten, oder die
erhöhte Verpflichtung für Arbeitgeber bei der Unterstützung von erkrankten ArbeitnehmerInnen bei der Wiedereingliederung“ (Gasior, Marin, Schmidt, Vanhuysse,
Waginger & Zólyomi, o.J., S. 124) wurden durchgeführt. Um Langzeitkrankenständen
und Invaliditätspensionen entgegenzuwirken, wurde die sogenannte „Rehabilitationskette“ eingeführt. Dabei steht die Arbeitsfähigkeit anstatt der Arbeitsunfähigkeit im
Mittelpunkt und Früherkennung ist das Ziel. In Kooperation mit dem Arbeitgeber wird
die Arbeitsfähigkeit „in regelmäßigen Abständen und unter klaren Vorgaben […] beurteilt“ (Gasior et al., o.J., S. 124). Strenge Regelungen im Zugang zu Invaliditätspensionen und flexible Pensionsgesetzgebung ergänzen das Erfolgsmodell Schweden (Gasior et al., o.J., S. 124–125).
Finnland kann einen holistischen Ansatz im Umgang mit dem demografischen Wandel in der Arbeitswelt aufweisen. Zwischen 1998 und 2002 wurde das Programm
„FINPAW – Finnish National Programme for Aging Workers“ umgesetzt. Es beinhaltete zahlreiche Maßnahmen und setzte auf mehreren Ebenen an. Der Fokus lag auf
der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema sowie dem Anregen einer
öffentlichen Diskussion. Aber auch Maßnahmen für Weiterbildung und Forschung
sowie Gesetzesänderungen ergänzten das Programm. Obwohl das Problembewusstsein in der Bevölkerung gestiegen ist, blieb die Reintegration von älteren
Arbeitslosen schwierig (Götz, Naylon & Natter, 2006, S. 28–29). Erfolgreich war das
Projekt in dem Vorhaben ältere Arbeitnehmer, durch Maßnahmen auf betrieblicher
und individueller Ebene, länger in Beschäftigung zu halten (Naegele, 2008, S. 123).
„FINPAW“ gilt auf Grund seines holistischen Ansatzes mit Maßnahmen auf mehreren
Ebenen und der Einbindung zahlreicher Akteure als internationales Vorbildprojekt
(Götz & Natter, 2006, S. 2).
In den Niederlanden wurde zunächst eine Arbeitsgruppe beauftragt, die Hemmnisse
einer Erhöhung der Beschäftigtenquote Älterer identifizieren und entfernen soll.
Zudem gibt es eine jährliche nationale Auszeichnung für Betriebe mit altersgerechter
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16
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Firmenpolitik sowie finanzielle Förderung für deren Umsetzung. Tiefgreifende Veränderungen, die bereits große Erfolge zeigten, wurden von Seiten der Politik zur Reduktion der Invaliditätspensionierungen durchgeführt. Hervorzuhebende Besonderheit ist dabei, dass die Kosten für Rehabilitation und Reintegration von Arbeitnehmern nunmehr von Arbeitgebern zu tragen sind. Zur Förderung von präventiven
Maßnahmen in den Betrieben wurde die Regelung eingeführt, dass Arbeitgeber bei
Nichtgelingen der Rückkehr erkrankter Arbeitnehmer in das Erwerbsleben 70% des
Gehalts der Betroffenen zwei Jahre lang weiterbezahlen müssen (Wirl, Knaller,
Christ & Erdogan, o.J., S. 24–25).
Auch Großbritannien hat mit „New Deal 50 Plus“ einen ganzheitlichen Ansatz gewählt. Bewusstseinsbildende Initiativen und Maßnahmen zur Reintegration Älterer
stehen dabei im Mittelpunkt (Götz & Natter, 2006, S. 2). „Age Positiv“ ist ein nationales Gesundheitsprogramm mit dem Ziel einer positiven Einstellung gegenüber älteren
Arbeitskräften und einer veränderten Personalpolitik. Zudem wurde ein Netzwerk aus
Vertretern von Medien, Unternehmen und der Regierung gebildet, um bessere
Chancen für ältere Arbeitnehmer zu schaffen (Wirl et al., o.J., S. 37–38).
2.5 Betriebsgrößen und Branchenstruktur in Österreich und
Deutschland
In diesem Kapitel werden die Betriebsgrößen und Branchenstrukturen in Österreich
und Deutschland dargestellt, da dies für die weitere Betrachtung des Themas
wesentlich ist.
Für die Klassifizierung der Betriebsgrößen gibt es keine allgemeingültige Definition.
Die Europäische Kommission hat jedoch eine Empfehlung herausgegeben, wonach
vier Kriterien für die Zuordnung herangezogen werden sollen: Mitarbeiterzahl,
Umsatz oder Bilanzsumme sowie Unabhängigkeit. Das aussagekräftigste und zumeist verwendete Kriterium ist jedoch die Mitarbeiteranzahl (s. Tabelle 1) (WKÖ,
2012, www).
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17
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Tabelle 1: Zuordnungskriterien der Unternehmensgröße nach Mitarbeiteranzahl,
Eigene Erstellung in Anlehnung an WKÖ (2012, www)
Kleinstunternehmen
Kleinunternehmen
Mittlere Unternehmen
Großunternehmen
Mitarbeiter
bis 9
10 bis 49
50 bis 249
ab 250
Die folgenden Daten zur Darstellung der betrieblichen Struktur Österreichs sind nach
der Systematik ÖNACE 1995 gegliedert. Es wird dabei nach Branchen und unselbständig Beschäftigten klassifiziert (Statistik Austria, 2001, www). Die kleinbetriebliche
Struktur in Österreich ist klar ersichtlich (s. Abbildung 4). In den Unternehmen aller
Branchen sind vor allem bis zu 9 Beschäftigte zu finden, es handelt sich daher vorwiegend um Kleinstunternehmen. In Zahlen ausgedrückt sind 87% der österreichischen Unternehmen als Kleinstunternehmen zu klassifizieren. Bei den Branchenunterschieden zeigen sich, dass Handel und Dienstleistungen kleinbetrieblicher
strukturiert sind, als Betriebe in der Industrie oder im Bauwesen (Statistik Austria,
2011b, www).
Abbildung 4: Zahl der österreichischen Unternehmen nach ÖNACE 2008-Abschnitten und
Beschäftigtengrößenklassen für 2009, Statistik Austria (2011b, www)
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18
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Auch in Deutschland ist vorwiegend eine kleinbetriebliche Struktur zu finden, Kleinbetriebe machen beinahe 90% aller Unternehmen aus (s. Abbildung 5) und beschäftigen annähernd die Hälfte aller Arbeitnehmer (Bechmann, Dahms, Fischer, Frei,
Leber & Möller, 2011, S. 87). Rechnet man Klein-, Kleinst- und Mittelunternehmen
zusammen, beträgt der Anteil über 99%.
Abbildung 5: Zahl der deutschen Unternehmen nach Betriebsgrößen und Wirtschaftsabschnitten,
2009, Eigene Erstellung (Datenquelle: Statistisches Bundesamt, 2011, www)
Das Wissen über Betriebsgrößen und -branchen ist im Zusammenhang mit dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit wichtig, da die Tätigkeit der Beschäftigten in den verschiedenen Branchen unterschiedliche Belastungen mit sich bringen. Auf diese wird in
Kapitel 2.9 eingegangen. Die Betriebsgröße hat Einfluss auf zahlreiche Möglichkeiten
der Gestaltung und Bedingungen im Betrieb. So haben in Klein- und Mittelunternehmen (KMU) Arbeitgeber und -nehmer zwar einen engeren Kontakt, begrenzte finanzielle, zeitliche und personelle Ressourcen erschweren jedoch die Umsetzung von
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19
Kernkompetenzbereich Gesundheit
BGF und Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Zudem sind KMU in einem viel größeren
Ausmaß von Fehlzeiten ihrer Mitarbeiter betroffen (ENWHP, 1998, S. 1).
2.6 Krankheitsgeschehen und Invalidität
Wie schon oben ausgeführt müssen sich die Betriebe in Zukunft bzw. schon heute
mit der Thematik des „Älterwerden“ der Belegschaft auseinandersetzen. In diesem
Zusammenhang ist es nicht unwesentlich auf den Gesundheitszustand älterer Beschäftigter zu Blicken. Dazu werden Daten der krankheitsbedingten Fehlzeiten und
der Erwerbsunfähigkeitsstatistik herangezogen.
Die Krankenstandsquoten von Männern und Frauen haben sich im Laufe der Jahre
angeglichen. Zwischen den Altersgruppen bestehen jedoch Unterschiede in den
krankheitsbedingten Fehlzeiten. Zwar weisen ältere Arbeitnehmer weniger Krankenstandsfälle auf, wenn jedoch ein Krankheitsfall auftritt, dauert dieser länger. Die
Krankenstandsquote von Über 50-Jährigen ist daher deutlich höher als die der anderen Altersgruppen (s. Abbildung 6) (Leoni, 2011, S. III).
Abbildung 6: Krankenstandsquote nach Alter und Geschlecht in Österreich, 2010, Leoni (2011, S. 23)
Betrachtet man die unterschiedlichen Erkrankungen hinsichtlich der Altersgruppen so
kann zusammengefasst werden, dass Verletzungen bei jüngeren Arbeitskräften häufiger vorkommen: ein Drittel der Krankenstandstage in dieser Altersgruppe geht auf
Unfälle zurück. Mit steigendem Alter nehmen Erkrankungen auf Grund von Unfällen
stetig ab. Infektiöse und parasitäre Erkrankungen und Krankheiten der Atmungsor-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
20
Kernkompetenzbereich Gesundheit
gane kommen ebenfalls bei jüngeren Arbeitnehmern häufiger vor. Jedoch sind ältere
Beschäftigte eher von Krankheiten des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes
betroffen: bei den 50- bis 64-Jährigen sind dies beinahe ein Drittel der Krankheitsfälle
und mehr als ein Drittel der Krankenstandstage. Besorgniserregend ist insgesamt die
Zunahme an psychischen Erkrankungen, insbesondere da sie sehr häufig in eine
Invaliditätspension münden (Leoni, 2011, S. 49).
In Österreich wurden im Jahr 2010 29.593 Invaliditätspensionen zuerkannt. Fast die
Hälfte dieser Personen sind männliche Arbeiter und zwei Drittel des gesamten Zuganges entfielen auf Männer. Blickt man auf die Gründe der Invaliditätspensionen so
sind psychiatrischen Krankheiten mit 32% die häufigste Krankheitsgruppe, gefolgt
von Skelett-, Muskel- und Bindegewebskrankheiten mit 31% sowie von Krankheiten
des Kreislaufs mit 11% (HVSVT, 2011, S. 90–91).
Der Fehlzeitenreport 2011 liefert gute Daten für den Zusammenhang von Gesundheit
bzw. Krankheit und dem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch
Arbeitsunfähigkeit. Die Statistik zeigt, dass in Österreich seit den 1990-er Jahren die
Zahl der Krankenstände auf Grund von Arbeitsunfällen stetig abnimmt. Hingegen
nehmen die Krankenstandstage auf Grund psychischer Erkrankungen erheblich zu.
Dies kann auch in anderen Ländern beobachtet werden, beispielsweise in Deutschland. Der Anteil dieser Erkrankungen betrug in Österreich im Jahr 2010 zwar nur
6,9% der Krankenstandstage (Skelett- und Muskelerkrankungen liegen mit 22,7%
immer noch an der Spitze), allerdings ist der ansteigende Trend besorgniserregend,
da Personen mit langen Krankenstandstagen auf Grund psychischer Erkrankungen
ein fast drei Mal so hohes Invaliditätsrisiko haben, als beispielsweise jene mit infektiösen Erkrankungen. Die Daten der medizinischen Ursachen für Invalidität bestätigen
dies. Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen sind in 33,9% der Fälle
Auslöser von Arbeitsunfähigkeit, wobei diese bei Frauen mit 47,6% Hauptanlass, bei
Männern mit 26,3% zweithäufigster Grund sind. Bei Männern sind zumeist MuskelSkelett-Erkrankungen (32,5%) Ursache der Invalidität, bei Frauen sind diese der
zweithäufigste Anlass (20%). Interessant ist auch, dass rund drei Viertel der Zugänge
zur Invaliditätspension Arbeiter sind. Da in der Gruppe der Arbeiter überproportional
viele Männer tätig sind, erklärt sich die hohe Invalidisierungsquote von 53,5% der
Neuzugänge (Leoni, 2011, S. 47, 60, 73, 97; WIFO, 2011, S. 7–9).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
21
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Will man Maßnahmen gegen Arbeitsunfähigkeit setzen, so ist die Erkenntnis über
den Zusammenhang von Krankenstandsquoten und Invaliditätspensionierungen wesentlich:

Bereits sieben Jahre vor der Pensionierung aus Invaliditätsgründen sind die
Krankenstandsquoten um 80% höher, als bei einer vergleichbaren Kontrollgruppe.

Im Fall von 6-wöchigen Krankenständen wechselt etwa ein Viertel der Personen
in den Folgejahren in Invaliditätspension.

Im Fall von sehr langen Krankenstandsepisoden (über sechs Monate) wechselt
die Hälfte der Personen innerhalb von sieben bis acht Jahren in Invaliditätspension (WIFO, 2011, S. 8–14).
Langzeitkrankenstände können daher einen erheblichen Beitrag zur Erklärung von
Invalidität liefern. Ist eine Person von gesundheitlichen Problemen und Arbeitslosigkeit betroffen, so ist die Wahrscheinlichkeit eines Übertritts in die Invaliditätspension
besonders hoch. Daraus kann geschlossen werden, dass die hohe Zahl der Invaliditätspensionen von mehreren Faktoren beeinflusst wird, die sich auch gegenseitig
bedingen können: Gesundheit, Arbeitsmarktperspektiven, Gestaltung des Sozialsystems sowie der Konjunkturzyklus (ebd., S. 8–14). Dass neben dem Gesundheitszustand auch die Beschäftigungssituation Einfluss auf die Invaliditätspensionen hat,
zeigt sich durch folgende Feststellungen:

jüngere Beschäftigte haben trotz einer hohen Zahl von Krankenstandstagen,
bessere Chancen, weiterhin erwerbstätig zu bleiben, als ältere: fast die Hälfte der
Unter 40-Jährigen bleibt nach einem vollen Jahr Krankenstand weiterhin am Arbeitsmarkt, während bei den Über 50-Jährigen die Invaliditätswahrscheinlichkeit
bei über 80% liegt.

45% der Invaliditätspensionisten waren fünf Jahre vor Pensionsantritt ein Jahr
oder länger arbeitslos (Leoni, 2011, S. 99–101).
Dies darf bei der Betrachtung der Invaliditätspensionen nicht außer Acht gelassen
werden.
Die Erkenntnis über den starken Zusammenhang von Krankenstandstagen und Invalidität dient nun auch dazu, das Krankenstandsgeschehen als Vorlaufindikator zur
Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko zu nutzen (Leoni, 2011, S. 101). Auf
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
22
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Grund der Feststellung, dass lange Krankenstände häufig in Invaliditätspension
münden, „wird die Schwelle von sechs Krankenstandswochen sowohl in Deutschland
als auch seit Kurzem in Österreich zur Identifikation von langzeiterkrankten Arbeitskräften und zur Aktivierung von gesundheitlichen Maßnahmen genutzt“ (Leoni, 2011,
S. 101). In Österreich wurde im Jahr 2011 das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG)
erlassen (s. Kapitel 3.2), dass ebendiese Grenze nutzt, um bevorstehende gesundheitliche Probleme sowie ein erhöhtes Arbeitsunfähigkeitsrisiko zu erkennen. Mittels
eines Maßnahmenangebots der Sozialversicherungsträger soll frühzeitig reagiert
werden. In Deutschland gibt es seit dem Jahr 2004 das Gesetz zum betrieblichen
Eingliederungsmanagement (BEM) (s. Kapitel 4.2), wobei ebenfalls nach sechs
Krankenstandswochen Aktivitäten gesetzt werden, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden bzw. erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen (Leoni, 2011, S. 95).
2.7 Fähigkeitskonzepte
Im Zusammenhang mit der Herausforderung des demografischen Wandels sind die
Begriffe Leistungs-, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zu unterscheiden, die in
den folgenden Kapiteln beschrieben werden.
2.7.1 Leistungsfähigkeit
„Als Leistungsfähigkeit bezeichnet man […] die Gesamtheit aller Fähigkeiten und
Fertigkeiten, die ein Mensch in die Realisierung einer Arbeitsaufgabe einbringen
kann“ (Richenhagen, o.J., S. 3). Damit sind beispielsweise Muskelkraft, Ausdauer,
Reaktions- oder Rechenfähigkeiten gemeint. In Bezug auf den Alternsprozess ist
natürlich interessant, wie sich die Leistungsfähigkeit eines Menschen verändert. Aus
der Alternsforschung ist mittlerweile bekannt, dass Altern nicht naturgemäß einen
Leistungsabbau sondern vielmehr einen Leistungsumbau mit sich bringt. Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten sind
hauptsächlich auf die Beanspruchung im Berufs- und Privatleben zurückzuführen
und sind nur zu einem kleinen Teil dem kalendarischem Alter zuzuschreiben
(Richenhagen, o.J., S. 4–5).
Zumeist war eher ein Defizit-Modell des älteren Beschäftigten im Vordergrund. Das
heißt die Leistungsfähigkeit Älterer wurde durchwegs schlechter eingeschätzt als
jene der Jüngeren. Das Bild wandelt sich jedoch nunmehr mit der Erkenntnis, dass
sich die Leistungsfähigkeit im Alter verändert. Man spricht von einem Wandel der
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
23
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Leistungsfähigkeit (Fuchs, 2008, S. 47–51). Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt
im Durchschnitt zwar ab, die psychischen Kapazitäten wie Aufmerksamkeit und Konzentration bleiben gleich, die geistig-sozialen Fähigkeiten nehmen sogar zu (Buck et
al., 2002, S. 86). Ältere weisen eher positive Eigenschaften wie Erfahrung,
Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen, Fleiß, Pünktlichkeit und Loyalität auf. Es
kommt zwar zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit hinsichtlich Muskelkraft und
Herz-Kreislauf-System, allerdings sind diese so individuell, dass keine generelle
Aussage über alle älteren Arbeitnehmer getroffen werden kann. Im Bezug auf Koordination und Geschicklichkeit haben Ältere keine Nachteile. Die Bewegungsgeschwindigkeit und Reaktionsschnelligkeit lässt jedoch ab dem 40. Lebensjahr nach.
Dies kann durch den Anstieg in Genauigkeit ausgeglichen sowie durch eine geeignete Arbeitsgestaltung abgefedert werden (Fuchs, 2008, S. 49; Buck et al., 2002,
S. 86).
Die kognitive Leistungsfähigkeit wird in kristalline (erfahrungsgebunden, zur Lösung
vertrauter Probleme) und fluide (für die Bewältigung neuartiger kognitiver Probleme)
Intelligenz unterschieden. Ältere behalten ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf die
kristalline Intelligenz, sie nimmt sogar zu. Während die fluide Intelligenz abnimmt.
Dies wird durch die nachlassende Umstellungsfähigkeit und Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung erklärt. Kontinuierliches Training und Anreize von außen
können der Verminderung der fluiden Intelligenz entgegenwirken. Monotone Tätigkeiten können jedoch zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit und in Folge zu Dequalifizierung führen. Auch die praktische Intelligenz (Fähigkeit zur Lösung alltagspraktischer Probleme und Anforderungen) nimmt im Alter nicht ab. Insgesamt
herrscht in der Wissenschaft nunmehr die Ansicht, dass Ältere nicht weniger,
sondern anders leistungsfähig sind, sie weisen andere Stärken auf als Jüngere
(Fuchs, 2008, S. 47–51).
In der Altersforschung ist mittlerweile unumstritten, dass zumeist nicht das biologische Alter für möglicherweise auftretende mangelnde Leistungsfähigkeit verantwortlich ist, sondern „die langjährigen Auswirkungen von belastenden und einschränkenden Arbeitsbedingungen“ (Buck et al., 2002, S. 69). Die interpersonellen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit nehmen mit ansteigendem Alter zu. Aus dem
Grund können keine pauschalen Aussagen über die Leistungsfähigkeit von Älteren
gemacht werden. Es wird für eine individuelle Beurteilung der Leistungsfähigkeit
jedes einzelnen Mitarbeiters plädiert (Buck et al., 2002, S. 87).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
24
Kernkompetenzbereich Gesundheit
2.7.2 Arbeitsfähigkeit
Der Begriff Arbeitsfähigkeit wurde vor allem durch das von Ilmarinen und Tuomi entwickelte Konzept „Haus der Arbeitsfähigkeit“ geprägt (s. Abbildung 7). Arbeitsfähigkeit wird dabei als ein Haus mit vier Stockwerken beschrieben: Gesundheit, Kompetenz, Werte und Arbeit. Eine Balance und ein „guter Fit“ in den vier Stockwerken
ergibt eine gute Arbeitsfähigkeit. Die Einflüsse der Ebenen aufeinander dürfen nicht
unterschätzt werden. So haben die Stöcke 3 „Werte“ und 4 „Arbeit“ den größten Einfluss aufeinander. Positive oder negative Erfahrungen im Arbeitsleben haben Auswirkungen auf die Motivation und Einstellung des Arbeitnehmers (Ilmarinen, 2012,
S. 2–3). Die Aspekte Gesundheit und Kompetenz beinhalten Weiterbildung, Gesundheitsprävention, -schutz und -förderung. Arbeitsfähigkeit wird daher nicht nur durch
den einzelnen Beschäftigten beeinflusst, sondern vor allem durch die Arbeitsbedingungen, das heißt durch den Betrieb (Kistler, 2008, S. 39–40).
Abbildung 7: Das Haus der Arbeitsfähigkeit, Ilmarinen (2007, S. 7)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
25
Kernkompetenzbereich Gesundheit
2.7.3 Beschäftigungsfähigkeit
Beschäftigungsfähigkeit setzt nicht nur Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Individuums voraus, sie beinhaltet auch die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und die
Beschäftigungs- und Einstellungsbereitschaft der Betriebe gegenüber dieser Person
(s. Abbildung 8).
Abbildung 8: Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, Kistler (2008, S. 39)
Der Begriff Beschäftigungsfähigkeit wird daher als „andauernde Arbeitsfähigkeit in
sich wandelnden Arbeitsmärkten“ bezeichnet (Richenhagen, o.J., S. 9).
2.8 Konzept des Alter(n)smanagement in Betrieben
Im Zusammenhang mit dem Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit auf betrieblicher Ebene wird der Begriff des Alter(n)smanagement oder Age Management
verwendet. Alter(n)smanagement beinhaltet nicht nur Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer, sondern zielt auch auf eine Arbeitsorganisation ab, die es jüngeren Beschäftigten ermöglicht ihre Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter aufrecht zu erhalten (AK OÖ, 2007, S. 5–6). Es darf nicht vergessen werden, dass Maßnahmen, die
bei heute jüngeren Beschäftigten bereits unternommen werden, dem Erhalt der
Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit dieser zukünftig älteren Beschäftigten dienen.
Sie stellen eine Investition in die Prävention von Erkrankungen und frühzeitigem Erwerbsaustritt durch Invalidität dar (Kistler, 2008, S. 40). Man spricht von
alter(n)sgerechter Arbeit, wenn Arbeitsbedingungen geschaffen werden, „die über die
ganze Erwerbsbiografie so gestaltet sind, dass keine Spätfolgen auftreten und die
Beschäftigten gesund, motiviert und produktiv das Rentenalter erreichen und auch
danach noch ihren Ruhestand gesund erleben“ (Kistler, 2008, S. 40).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
26
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Auf drei der vier Ebenen des „Hauses der Arbeitsfähigkeit“ können Betriebe im
Rahmen des Alter(n)smanagement Maßnahmen setzen: Gesundheit, Kompetenz
und Arbeit (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 14; AK OÖ, 2007, S. 5–6). Die Ebene
Gesundheit
umfasst
Maßnahmen
des
Arbeitsschutzes
und
der
Gesundheitsförderung. Durch Qualifizierung und Weiterbildung aller Arbeitnehmer
wird auf das Stockwerk „Kompetenz“ eingewirkt und durch die Gestaltung der
Unternehmenskultur und Arbeitsbedingungen auf die Ebene „Arbeit“ (Buxbaum &
Reifinger, 2010, S. 14).
Es konnte aufgezeigt werden, dass ein integrierter Ansatz in der Unternehmenspolitik
einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für betriebliche Maßnahmen zum Thema
alterns- und altersgerechter Arbeit ist. Als Beispiel wird von Kistler (2008, S. 41) angeführt, dass sich allein mit Gesundheitsprävention oder allein mit Weiterbildung, die
Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft nicht verbessern lasse. Es
müsse ein Maßnahmenbündel sein, um dem demografischen Aspekt in den
Betrieben ausreichend entgegnen zu können (s. Abbildung 9).
Abbildung 9: Ansatzpunkte zur Berücksichtigung demografischer Aspekte in der Unternehmenspolitik,
Wolf, Spieß & Mohr (2001, zitiert nach Kistler, 2008, S. 41)
Eine langfristige Orientierung der Personalpolitik ist erforderlich, um Lebensbegleitendes Lernen und Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Dabei geht es um
eine systematische Begleitung der Erwerbsbiographie der Mitarbeiter (Buck et al.,
2002, S. 66). In Hinblick auf Weiterbildung und Lernen ist es wichtig zu wissen, dass
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
27
Kernkompetenzbereich Gesundheit
in keinen der Forschungsergebnisse ein Zusammenhang zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit mit dem biologischen Alter belegt
werden konnte. Vielmehr kann die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses und das
Lerntempo abnehmen, wenn kein Anreiz zu stetigem Lernen vorhanden ist, sprich:
wenn das Lernen verlernt wird. Zudem vergisst man mit der Zeit Lerntechniken zur
Informationsbeschaffung, -aufnahme und -verarbeitung. Aus dem Grund stellt eine
fehlende Weiterbildung bei Älteren (jedoch auch bei Jüngeren) ein großes Problem
dar. Lernschwierigkeiten bei älteren Menschen können jedoch auch auftreten, wenn
die Klarheit des Lernziels nicht erkennbar ist. Für Ältere ist es zudem schwieriger die
Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten. Sie sind leichter ablenkbar, vor allem unter
Zeitdruck und bei schnell vermittelten Lerninhalten. In der Herangehensweise weisen
ältere Menschen einen Unterschied zu jüngeren auf: sie versuchen eher an Erfahrungen anzuknüpfen und Vergleiche mit ähnlichen Situationen und Vorgehen zu
ziehen. Als lernhemmend erweist sich auch die Angst Älterer vor Fehlern und Versagen, vor allem wenn sie sich schlechter als ihre jüngeren Kollegen einschätzen
(Elmerich, Karl & Knauth, 2009, S. 150–151; 155–156). Die Ursache für unterschiedliche Anforderungen bei Weiterbildungsmaßnahmen für Ältere ist daher in einer
langjährig gleichbleibenden Tätigkeit zu finden und gilt daher nicht nur für Ältere,
sondern für alle Lernentwöhnten (Buck et al., 2002, S. 77). Weiterbildungsangebote
sollten daher auf die spezifischen Lernbedingungen Lernentwöhnter, an das Lernverhalten sowie die Lernerfahrungen angepasst werden (z.B. Wiedererlernen von
Lerntechniken, Aufbau der Motivation und ausreichend Zeit) (Fuchs, 2008, S. 116).
Lernen und Qualifizierung sollte über das gesamte Erwerbsleben erfolgen und
alter(n)sgerecht angeboten werden um eine Dequalifizierung zu verhindern. Dies
muss allerdings durch entsprechende arbeitsorganisatorische und zeitliche Rahmenbedingungen in den Betrieben unterstützt werden (ebd., S. 116–117).
Hinsichtlich der Arbeitsorganisation ist die generationenübergreifende Zusammenarbeit in altersgemischten Teams eine empfehlenswerte Vorgehensweise. Dies dient
der idealen Ausnutzung der Stärken von Jüngeren und Älteren. Jüngere profitieren
vom Erfahrungswissen der Älteren und ältere Mitarbeiter können bei physisch
schwerer Arbeit von jüngeren Kollegen entlastet werden. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass innerhalb der Gruppe keine feste Aufgabenzuteilung besteht, da
sonst eine einseitige Belastung und Stillstand in der Qualifikation entsteht sowie
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
28
Kernkompetenzbereich Gesundheit
keinerlei Wissensaustausch stattfindet. Daher sollte altersgemischte Gruppenarbeit
durch systematische Jobrotation ergänzt werden. Auch die Bildung von Tandems zur
Übertragung von Wissen und Erfahrungen an Nachfolger sowie die Gestaltung ausgewogener bereichsspezifischer Altersstrukturen zur Vermeidung von Verrentungswellen, stellen Möglichkeiten der altersgerechten Arbeitsorganisation dar (Buck et al.,
2002, S. 68–69; 72–75). Bezüglich der Arbeitszeiten ist ebenfalls eine Berücksichtigung des Alters wesentlich. Generell sollte ein Arbeitstag nicht länger als 8 Stunden
dauern und ausreichend Pausen und Ruhezeiten eingeplant werden. Besonders bei
Schichtarbeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Je älter ein
Mensch wird, desto geringer die Fähigkeit sich an wechselnde Schlaf- und Wachzeiten anzupassen. In den Betrieben sollte daher mittels innovativer Arbeitszeitmodelle darauf Rücksicht genommen werden um die Belastungen für Ältere zu reduzieren (z.B. Verkürzung der Schichtdauer, Verringerung der Anzahl der Nachtschichten oder Verlängerung der Freizeit zwischen den Schichten) (Brenscheidt,
2008, S. 44–45). Unter Beachtung der gesetzlichen und kollektivvertraglichen
Bestimmungen sind für alle Mitarbeiter, aber insbesondere für ältere Mitarbeiter,
flexible Arbeitszeitmodelle zur Erhaltung der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit empfehlenswert. Hierunter fallen beispielsweise Gleitzeit-, Teilzeit- oder Altersteilzeitmodelle, Langzeitkonten (Ansparen von Arbeitszeitguthaben mit individuellem Konsumieren des Guthabens), Sabbaticals oder zeitautonome Gruppenarbeit (Eberherr,
Fleischmann, Hofmann & Weger, 2006, S. 39). Weitere empfehlenswerte Maßnahmen im Betrieb sind beispielsweise: eine „ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze, Maßnahmen zur Reduktion psychischer Arbeitsbelastungen […], Maßnahmen
zur gesundheits- und alternsgerechten Erweiterung von Arbeitsaufgaben (Job
Enrichment, Job Enlargement)“ (Eberherr et al., 2006, S. 76).
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sollte hinsichtlich des demografischen
Wandels aus einem Maßnahmenmix bestehen: gezielte Maßnahmen für heute ältere
Arbeitnehmer unter Beachtung der besonderen Bedürfnisse dieser Gruppe und
altersgruppenübergreifende BGF-Maßnahmen (Meggeneder & Hirtenlehner, 2007,
S. 482). Es wird von einer zukunfts- und alternsorientierten BGF gesprochen, die die
verschiedenen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Arbeitnehmer in unterschiedlichem
Alter berücksichtigt (Kriener, Neudorfer, Künzel & Aichinger, 2004, S. 26).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
29
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Um eine alter(n)sgerechte Unternehmenspolitik zu betreiben, wurden zahlreiche
Maßnahmen (Tools) entwickelt, beispielsweise zu den Themen Arbeitszeitgestaltung,
Know-how-Transfer, berufsbegleitende Weiterbildung. Kistler (2008, S. 42) kritisiert,
dass diese zwar in zahlreichen Projekten getestet und angewandt wurden, jedoch sei
nie eine ausreichende Evaluierung mit Ursachenanalysen für Erfolg oder Misserfolg
durchgeführt oder publiziert worden. So kann bei weitem noch von keinem ausreichendem Wissen bezüglich Anwendbarkeit und Übertragbarkeit der Maßnahmen für
alter(n)sgerechtes Arbeiten gesprochen werden. Ein Wissensbedarf und vor allem
weiterer Forschungsbedarf besteht daher auf diesem Gebiet noch. Dies ist vor allem
deshalb wichtig, da nicht jede Maßnahme für jeden Betrieb gleichermaßen geeignet
ist. Auf Grund der Verschiedenheit der Branchen, der Betriebsgrößen sowie unterschiedlicher Berufsgruppen und Qualifikationen der Mitarbeiter müssen verschiedene
Instrumente zum Einsatz kommen (z.B. verschiedene Anspracheformen bei Sensibilisierungskampagnen und verschiedene didaktische Lehrmaterialien) (ebd., S. 42).
In Hinblick auf die oben beschriebenen betrieblichen Maßnahmen sind Unterschiede
bezüglich Branche und Betriebsgröße zu beachten. So sind nicht alle Maßnahmen
für Betriebe unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen gleichermaßen geeignet, erforderlich oder durchführbar. Prinzipiell können alle Betriebe BGF durchführen,
allerdings sind größere Betriebe bevorteilt, da sie eher über ausreichende finanzielle
Mittel und vorhandene Strukturen, wie Arbeitsmediziner und Sicherheitskräfte, verfügen. KMU haben jedoch den Vorteil, dass sie durch persönliche Beziehungen eine
größere Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und ihrer Gesundheit aufweisen.
In diesen kleineren Betrieben kann es notwendig sein, von umfangreichen Maßnahmen wie Gesundheitszirkeln abzusehen und andere geeignete Methoden zu finden.
Der finanzielle Nachteil kleiner und mittlerer Unternehmen kann durch Teilnahme an
Pilotprojekten ausgeglichen werden. Als nachhaltiger wird jedoch der Zusammenschluss in betriebsübergreifenden Netzwerken oder Verbünden innerhalb einer Branche oder Region beschrieben (Vogt & Elsigan, 2011, S. 17).
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30
Kernkompetenzbereich Gesundheit
2.9 Einschätzung der Arbeitsfähigkeit
Der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer in den unterschiedlichen Branchen wird an Hand zweier Indizes in diesem
Kapitel dargestellt.
Die Befragung in Deutschland mittels sogenanntem „DGB-Index Gute Arbeit“ im Jahr
2008 brachte zu Tage, dass ein Drittel der Arbeitnehmer glaubt, die gegenwärtige
Tätigkeit nicht bis zur Pensionierung ausüben zu können. Die Ergebnisse der Studie,
in der die subjektive Erwartung der Arbeitsfähigkeit bis zur Pensionierung abgefragt
wurde, sind auf Grund der Übereinstimmung mit Daten der Erwerbsminderungsrenten und Arbeitsunfähigkeitsstatistik als zuverlässig und valide anzusehen. Bedenklich stimmt jedoch nicht nur die Menge an Arbeitnehmern, die ihre Arbeitsfähigkeit derart schlecht einstuft, sondern auch die Detailergebnisse bezüglich der
Berufsgruppen, Branchen und dem Qualifikationsniveau. Am schlechtesten schätzen
Beschäftigte im Alter zwischen 35 und 54 Jahren, mit mittlerem Qualifikationsniveau
(z.B. Lehrabschluss), in Betrieben mit 20 bis 199 Beschäftigten, in den Branchen
Baugewerbe,
Nachrichtenübermittlung,
Gesundheits-/Sozialwesen,
in
Bau-,
Verkehrs-, und Gesundheitsdienstberufen sowie Zeitbeschäftigte, ihre zukünftige
Arbeitsfähigkeit ein. Über 55-jährige Beschäftigte sind in Bezug auf ihre Arbeitsfähigkeit zwar positiver als die Altersgruppe darunter, dies liegt aber vor allem am „healthy
worker-Effekt“: Arbeitnehmer mit gesundheitlicher Beeinträchtigung oder niedrigem
Qualifikationsniveau scheiden in der Regel früher aus dem Erwerbsleben aus und
können daher bei diesen Befragungen nicht berücksichtigt werden (Kistler, Trischler
& Ebert, 2008, S. 1–42).
Höherqualifizierte haben eindeutig bessere Arbeitsbedingungen. Den stärksten Einfluss auf die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit haben die Faktoren „körperliche
Schwerarbeit“ und „Arbeitshetze/Zeitdruck“. Liegt eine hohe körperliche Arbeitsbelastung vor, so kann jeder andere positiv bewertete Faktor der Arbeitsqualität (z.B.
Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten) diese Belastung nicht ausgleichen. Das
bedeutet: körperlich schwere Arbeit führt in der Einschätzung der zukünftigen
Arbeitsfähigkeit immer zu negativen Werten (ebd.). Durch Gewichtung dieser belastenden Faktoren kann nun mittels Multiplikation die Wahrscheinlichkeit der beeinträchtigten Arbeitsfähigkeit errechnet bzw. geschätzt werden. Als Beispiel wird die
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31
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Kranken- und Altenpflege angeführt. Hier liegen vor allem drei belastende Faktoren
vor: körperlich schwere Arbeit erhöht die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens um das 3,2-fache, Arbeitshetze/Zeitdruck und das Verbergen von
Gefühlen jeweils um das 1,6-fache. Dies ergibt in Summe eine um das 10-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit eines früheren Ausscheidens aus dem Erwerbsleben
(Kistler, 2008, S. 46–47).
Interessantes Ergebnis der Studie ist auch der Einfluss des erwerbsbiografischen
Faktors: Arbeitsbelastungen der Vergangenheit können durch aktuell gute Arbeitsbedingungen nicht ausgeglichen werden. Daher wird gefordert nicht nur Maßnahmen
für altersgerechtes Arbeiten, sondern auch kompetenzfördernde, gesundheitserhaltende und motivierende Arbeitsbedingungen für alle Altersgruppen, d.h. Maßnahmen für alternsgerechtes Arbeiten, zu setzen. Besonders vor dem Hintergrund, dass
in Deutschland erst kürzlich das Pensionseintrittsalter auf 67 Jahre erhöht wurde und
mit hohen Abschlägen bei vorzeitiger Pensionierung zu rechnen ist (s. Kapitel 2.3.4),
wiegt der Befund der Studie schwer: die Voraussetzungen für ein längeres Arbeiten
sind aus Sicht eines großen Anteils der Arbeitnehmer nicht gegeben (Kistler et al.,
2008, S. 1–42). „Es sind deutlich eher die Beschäftigten mit belastenden
Arbeitsbedingungen, geringerer Qualifikation und niedrigem beruflichem Status, die
nicht glauben bis zum Rentenalter durchhalten zu können – für sie sind und bleiben
unter den gegebenen Voraussetzungen weiterhin Möglichkeiten des vorzeitigen
Renteneintritts (ohne abstrafende Abschläge!) unverzichtbar“ (Kistler et al., 2008,
S. 12).
Alternsgerechte, also gute Arbeitsbedingungen, finden sich vor allem eher in den
akademisch geprägten und Verwaltungsberufen (Kistler, 2008, S. 45–46). Aus Erhebungen zum „DGB-Index Gute Arbeit“ konnte jedoch auch gezeigt werden, dass es
in allen Berufsgruppen (mit Ausnahme der Hilfsarbeiter), selbst in jenen mit durchschnittlich schlechten Arbeitsbedingungen, einen bestimmten Anteil an Beschäftigten
gibt, die gute Arbeitsbedingungen angeben. Daher liegt der Schluss nahe, dass vor
allem die Gestaltung der Arbeitsbedingungen ausschlaggebend für die Erhaltung der
Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit bis zum Pensionsalter ist. „Für jede Tätigkeit
lassen sich Bedingungen schaffen, durch die sie zu einer Guten Arbeit wird“ (DGBIndex Gute Arbeit, 2007, S. 16).
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
In Österreich gibt es den „Arbeitsklima-Index“ der Veränderungen und langfristige
Entwicklungen in der Arbeitswelt erfassen soll. Dabei werden bei den Beschäftigten
Themenbereiche wie beispielsweise Belastungen (durch Veränderungen, Zeitdruck,
schlechte Gesundheitsbedingungen am Arbeitsplatz, Unfall- und Verletzungsgefahr),
und Zufriedenheit (mit Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Führungsstil,
Arbeitszeitregelung) mittels Skalen abgefragt. Die Ergebnisse aus den Jahren 2006
und 2008 sind jenen der deutschen Befragung ähnlich: in den Branchen Verkehr,
Transport, Nachrichten- und Bauwesen scheinen die schlechtesten Arbeitsbedingungen zu bestehen. Im Geld-, Versicherungs- und Unterrichtswesen hingegen sind
die besten Bedingungen aus Einschätzung der Beschäftigten vorzufinden. Betrachtet
man die Bewertung der Arbeitsbedingungen nach Art der Beschäftigung, so weisen
Arbeiter seit mehr als zehn Jahren (seit Bestehen des „Arbeitsklima-Index“) geringere Werte auf, als Angestellte. Dies wird auf die physischen Arbeitsbelastungen zurückgeführt (Hofinger, Kien, Michenthaler & Raml, 2009, S. 125; 136–140). In einer
Studie über die Arbeitszufriedenheit bei Wienern unter den sogenannten neuen
Erwerbsformen (geringfügig Beschäftigte, freie Dienstnehmer, Arbeitskräfteüberlassung bzw. Zeitarbeiter und Neue Selbständige) konnte gezeigt werden, dass die
Arbeitskräfteüberlassung bzw. Zeitarbeit am problematischsten ist. 30% der Zeitarbeiter sind nicht nur mit einer prekären finanziellen Situation konfrontiert, sondern
auch unzufrieden, haben eintönige Arbeit verbunden mit Zeitdruck mit wenig beruflichen Aussichten. 29% werden als resignativ bezeichnet, da sie eine hohe
Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation angeben, ihre Tätigkeit weit unter ihrem
Qualifikationsniveau liegt und Arbeitszeiten, Zeitdruck sowie Zusammenarbeit mit
Kollegen wenig zufriedenstellend erlebt werden, sie jedoch an dieser Situation nur
wenig ändern können. Geringfügig Beschäftigte liegen an zweitletzter Stelle mit ihrer
Einschätzung der Arbeitszufriedenheit, gefolgt von freien Dienstnehmern (Kaupa,
Kien, Kreiml, Riesenfelder, Steiner, Weber & Wetzel, 2006, S. 3–4).
2.10 Zwischenfazit
Während in Österreich die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer mit rund 42%
noch relativ niedrig ist, liegt sie in Deutschland mit beinahe 58% bereits über dem
EU-Durchschnitt (s. Kapitel 2.3). In beiden Ländern wird versucht das Pensionssystem durch zahlreiche Reformen an die demografische Entwicklung anzupassen.
Unter anderem werden das gesetzliche Pensionsantrittsalter erhöht und Reformen
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33
Kernkompetenzbereich Gesundheit
bei Invaliditätspensionen durchgeführt. Die Darstellung von Best Practice Beispielen
zeigt, dass europäische Länder wie Finnland, Großbritannien, Schweden oder
Niederlande sehr umfassende und erfolgreiche Programme zum Erhalt der Arbeitsund Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer umsetzen.
Sowohl Österreich als auch Deutschland weisen eine kleinbetriebliche Struktur auf,
die bei der weiteren Betrachtung berücksichtigt werden muss.
Auf Grund der Erkenntnis, dass lange Krankenstände häufig in Invaliditätspension
münden, wird das Krankenstandsgeschehen nun in Österreich und Deutschland als
Vorlaufindikator zur Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko genutzt, Maßnahmen
sollen frühzeitig eingeleitet werden.
Das „Haus der Arbeitsfähigkeit“ zeigt, auf welchen Ebenen Aktivitäten zum Erhalt der
Arbeitsfähigkeit gesetzt werden müssen. Auf drei der vier Stockwerke (Gesundheit,
Kompetenz und Arbeit) sind in den Betrieben im Sinne eines Age Managements
Maßnahmen zu setzen. So sind Maßnahmen wie z.B. Arbeiten in altersgemischten
Teams, Weiterbildung für alle Mitarbeiter (angepasst an Lernentwöhnte), alternative
Arbeitszeitmodelle oder ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, durchzuführen. Befragungen in Deutschland und Österreich zeigten allerdings, dass für einen Großteil
der Beschäftigten keine guten Arbeitsbedingungen bestehen. Arbeitnehmer mit belastenden
Arbeitsbedingungen
(Gesundheits-,
Sozial-,
Bau-,
Verkehrs-
und
Transportwesen, Nachrichtenübermittlung), geringerer Qualifikation und niedrigem
beruflichem Status, in Klein- und Mittelbetrieben und vor allem Zeitbeschäftigte
schätzen ihre Arbeitsfähigkeit so schlecht ein, dass sie nicht glauben die Tätigkeit bis
zur Pensionierung ausüben zu können. Diese Ergebnisse stimmen auch mit den
Daten der Krankenstatistik und Invaliditätspensionen bzw. Erwerbsminderungsrenten
überein. Diese Erhebungen zeigten jedoch auch, dass prinzipiell für jede Tätigkeit
Bedingungen geschaffen werden können, durch die sie zu einer „Guten Arbeit“ werden.
In den folgenden Kapiteln werden politische und betriebliche Maßnahmen für
alter(n)sgerechtes Arbeiten in Österreich und Deutschland dargestellt und verglichen.
Eine genaue Abgrenzung zwischen politischen und betrieblichen Maßnahmen ist
schwer durchführbar, da diese häufig ineinandergreifen und auf beiden Ebenen
wirken. Daher werden in dieser Arbeit politische und betriebliche Strategien zusammen betrachtet.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
34
Kernkompetenzbereich Gesundheit
3 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN
ÖSTERREICH
Als Schwerpunkte der zukünftigen Arbeitsmarktpolitik wurden Arbeitsschutz,
Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention, Qualifizierung und berufliche
Weiter- und Ausbildung identifiziert. Maßnahmen in diesen Bereichen waren jedoch
bis zur Einrichtung von „fit2work“ eher vereinzelt und lokal zu finden (Cacace, 2012,
S. 13).
Noch im Jahr 2010 wurde beklagt, dass es in Österreich auf Grund mangelnder
Finanzierung nicht gelingt, die Prävention von arbeitsbedingten Erkrankungen gesetzlich zu verankern. Dies ist mit Beginn des Jahres 2011 durch AGG nun doch
erreicht worden (Buxbaum, Mitter, Panhölzl, Pirklbauer & Wöss, 2010, S. 14). Die
Österreichische Regierung hat mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 das AGG erlassen
und im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Regelungen eingeführt, die
das
Prinzip
„Rehabilitation
vor
Pension“
verbindlich
machen
(Arbeit
und
Behinderung, 2012, www). Diese sekundär- und tertiärpräventiven Maßnahmen, wie
auch primärpräventive Maßnahmen des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern
sowie weitere Aktivitäten werden in den folgenden Kapiteln dargestellt.
3.1 Arbeitnehmerschutz
Der gesetzlich verpflichtende Arbeitnehmerschutz kann als Primärprävention bezeichnet werden. Die Umsetzung der im österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) festgeschriebenen Maßnahmen in den Betrieben wird von der
Arbeitsinspektion (AI) kontrolliert (Czeskleba & Ivansits, 2008, S. 76).
Das ASchG basiert auf der EU Arbeitnehmerschutz-Rahmenrichtlinie (89/391/EWG).
Es gilt abgesehen von wenigen Ausnahmen für „alle Personen, die im Rahmen eines
Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind“, auch für Zeitarbeiter
(BMASK, 2009a, S. 1). Arbeitgeber sind verpflichtet die Arbeitsschutzbestimmungen
einzuhalten, Arbeitnehmer haben gemäß der Unterweisung des Vorgesetzten eine
Mitwirkungspflicht. Die Verantwortung bleibt jedoch beim Arbeitgeber (BMASK,
2009a, S. 1). Dieser muss bei der Übertragung der Aufgaben auf die Eignung des
Beschäftigten Rücksicht nehmen. Insbesondere bezieht sich dies auf Körperver-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
35
Kernkompetenzbereich Gesundheit
fassung, Leistungsfähigkeit, Alter und Eignung (Österreichische Bundesregierung,
1994, § 6, Abs. 1).
Verpflichtend müssen vom Arbeitgeber Arbeitsplatzevaluierungen, auch Gefährdungsbeurteilungen genannt, durchgeführt werden. Dabei sind alle Gefahren für die
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer systematisch zu erforschen und zu bewerten. „Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sind auch besonders
gefährdete oder schutzbedürftige Arbeitnehmer sowie die Eignung der Arbeitnehmer
im Hinblick auf Konstitution, Körperkräfte, Alter und Qualifikation […] zu
berücksichtigen“ (Österreichische Bundesregierung, 1994, § 4, Abs. 2). Auf dieser
Basis müssen geeignete Maßnahmen zur Gefahrenverhütung abgeleitet und in
Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten festgehalten werden (BMASK,
2009a, S. 3). Eine Erhebung der AI zeigte auf, dass nur in 75% der untersuchten
Betriebe Gefährdungsbeurteilungen vorhanden waren. Lediglich in 61% der Fälle
wurden diese auch wie vorgeschrieben an sich ändernde Gegebenheiten oder auf
Grund bestimmter Vorkommnisse angepasst. In 1.622 Fällen mussten Arbeitgeber
aufgefordert werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen, bzw. Mängel zu beheben. Auffallend ist, dass in einem Drittel der Kleinbetriebe bis 10 Mitarbeiter keine
Gefährdungsbeurteilungen vorlagen. Je größer der Betrieb, desto eher werden diese
durchgeführt: in Betrieben über 100 Arbeitnehmer sind es beinahe 100%. Dies gilt
auch für die Frage, ob der Bezug auf das Alter gemäß § 6 ASchG in den Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen wird. Weniger als ein Viertel der Betriebe bis
50 Mitarbeiter und ca. 40 % der Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern
berücksichtigen das Alter. Das heißt, die Situation in größeren Betrieben ist zwar
besser, jedoch nicht zufriedenstellend. Es wird von mangelnder Sensibilität der
Betriebe dem Thema gegenüber ausgegangen (Piller, 2011, S. 8, 10–11). Im
Rahmen der Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 soll unter anderem die Durchführung
der Gefährdungsbeurteilungen, beispielsweise durch Unterstützungsmaßnahmen für
KMU, verbessert werden (AI, 2012, www).
Werden von der AI Übertretungen des Arbeitsschutzes festgestellt, so kann je nach
Schwere zunächst eine Aufforderung zur Einhaltung oder sofort eine Anzeige bei der
Verwaltungsstrafbehörde eingereicht werden (Österreichische Bundesregierung,
1993, § 9, Abs. 1, 2, 3).
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36
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Betriebe ab 50 Mitarbeiter sind verpflichtet Präventivfachkräfte, das sind Arbeitsmediziner oder Sicherheitsfachkräfte, zu beschäftigen. (Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern stehen die Präventionszentren der Unfallversicherungsträger zur Verfügung.) Im Rahmen dieser Verpflichtung können auch im Ausmaß von 25% der
Gesamtpräventionszeit Arbeitspsychologen eingesetzt werden. Diese sind Experten
für die Gestaltung gesundheitsschonender und alter(n)sgerechter Arbeitsplatzgestaltung. Sie ermitteln durch Arbeitsplatzanalysen belastende und gesundheitsschädigende Faktoren und setzen gemeinsam mit Arbeitsmedizinern und Sicherheitsfachkräften Maßnahmen und Programme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Betrieb um (Eberherr et al., 2006, S. 76). Die Beschäftigung der Arbeitspsychologen, das soll hier nochmals hervorgehoben werden, ist freiwillig. Da psychische Erkrankungen im stetigen Zunehmen begriffen sind (s. Kapitel 2.6), stellt eine
Beschäftigung dieser Arbeitspsychologen eine sinnvolle präventive Maßnahme dar.
Für jeden Betrieb, der Mitarbeiter beschäftigt, besteht eine Verpflichtung zur sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung. Für KMU bis 50 Arbeitnehmer
bietet
die
Allgemeine
Unfallversicherungsanstalt
(AUVA)
im
Rahmen
von
„AUVAsicher“ kostenlose Beratung in ihren regionalen Präventionszentren an (ebd.,
S. 77).
Die AI hat seit dem Jahr 2007 einen Schwerpunkt zu alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung gesetzt, wobei sie Beratung und Kontrollaktionen in KMU durchführen.
Die Unternehmen sollen dabei angeregt werden „eine Altersstrukturanalyse durchzuführen, alterskritische Arbeitsvorgänge und Einwirkungen zu ermitteln und
alter(n)sförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen“ (AI, 2010, www). Die Altersstrukturanalyse kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden,
dabei wird von der AI ein Erhebungstool zur Verfügung gestellt (ebd., www).
3.2 Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) – „fit2work“
Das AGG zielt auf die Umsetzung einer Gesamtstrategie zur Erhaltung der Arbeitsund Beschäftigungsfähigkeit ab und „fit2work“ ist das zentrale Element dieser
Strategie. „fit2work“ wird als Navigationsinstrument zur Bekämpfung von Frühpensionierung und Langzeitarbeitslosigkeit bezeichnet. Auf Grund des erst jungen AGG
– es besteht erst seit etwas mehr als einem Jahr – gilt es, diese Gesamtstrategie
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
37
Kernkompetenzbereich Gesundheit
noch zu entwickeln, zu evaluieren und zu adaptieren. Vor allem eine verstärkte Vernetzung und bessere Nutzung sowie die Weiterentwicklung bereits bestehender
Angebote stehen im Zentrum des AGG (Operschall, 2012, S. 8).
Anlass zur Entwicklung des AGG war unter anderem der Ruf des Rechnungshofs
(2005 und 2009) nach dem Bedarf an Koordinierung der Gesundheitsförderung
zwischen
Gebietskörperschaften
und
Sozialversicherungsträgern,
da
dort
Effizienzverluste entstehen. Daraufhin wurden in drei Bundesländern Pilotversuche
gestartet, die Beratungsstellen für Arbeitsfähigkeit, Gesundheit und Arbeitsplatzerhalt
anbieten sollten. In Wien war dies das Projekt „Service Arbeit und Gesundheit“, in
der Steiermark „Präventionsmanagement“ und in Niederösterreich „WorkFit“. Die
Erkenntnisse aus diesen Pilotprojekten, wie auch Projekte aus Finnland und den
Niederlanden dienten als Grundlage zur Erstellung des AGG. Im Jahr 2009 wurde
vom WIFO empfohlen ein Angebot zu schaffen, das primäre Prävention mit diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen der sekundären und
tertiären Prävention verknüpft. Dies ist nun einer der Grundsätze von „fit2work“. Die
Projektpartner sind: AUVA, AI, AMS, BSB, Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HVSVT), Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Bundesministerium für Arbeit,
Soziales und Konsumentenschutz (BMASK), Bundesministerium für Gesundheit
(BMG), Bundesministerium für Finanzen (BMF) sowie Bundesministerium für
Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) (BMASK, 2011a, S. 3; Operschall, 2012,
S. 9). Die eigentliche Beratungsleistung (z.B. bezüglich Förderungen, Arbeitsplatzadaptionen, psychosozialen Unterstützungsmaßnahmen, Schulungen) wird jedoch
durch externe Partner in jedem Bundesland erbracht (BMASK, 2010, S. 5). Die Umsetzung erfolgt schrittweise. Zunächst wurde die Personenberatung mit 1.9.2011 in
der Steiermark und mit 3.10.2011 in Wien und Niederösterreich gestartet. Im Jahr
2012 folgen die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Tirol sowie die
Umsetzung auf Betriebsebene (BMASK, 2011a, S. 3). Zum momentanen Zeitpunkt
(Februar 2012) sind drei Beratungsstellen zur Personenberatung in Betrieb: Wien,
Niederösterreich und Steiermark.
Grundsätzliches Ziel von „fit2work“ ist ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem
Erwerbsprozess zu verhindern und so das Know-how in den Betrieben zu halten.
Dies soll durch die Verbesserung des Gesundheitszustandes sowie durch die
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38
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Arbeitswelt erreicht werden (Operschall,
2012, S. 8). Am Ende der Maßnahmen soll eine berufliche (Re-)Integration, entweder
am selben Arbeitsplatz, im selben Betrieb oder nach einem Arbeitsplatz/Betriebswechsel, stehen sowie durch präventive Maßnahmen die langfristige Erhaltung der Arbeitsfähigkeit erreicht werden (fit2work, 2011, S. 1–2).
Arbeitnehmer sowie Kurzzeitarbeitslose (maximal drei Monate), die mehr als
40 Krankenstandstage innerhalb des vergangenen Jahres aufweisen, werden von
der zuständigen Krankenkasse bzw. dem AMS kontaktiert und über das
Beratungsangebot informiert (BMASK, 2010, S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7). Die
Teilnahme ist grundsätzlich freiwillig und für die teilnehmende Person kostenlos. In
manchen Fällen reicht eine Beratung in einem Gespräch aus. Ist dies nicht der Fall,
werden die zu beratenden Personen mittels Case-Manager durch den Prozess
begleitet. Zuerst wird ein Basischeck unter Berücksichtigung multipler Problemlagen
und der privaten Gesundheitsrisiken durch arbeitsmedizinisch, arbeitspsychologisch
und berufsdiagnostisch ausgebildetes Personal durchgeführt. Deren Ergebnisse
bilden dann die Grundlage für den weiteren Entwicklungs- und Maßnahmenplan. Der
Case Manager begleitet den Kunden während der Umsetzungsphase. Mögliche
Maßnahmen
sind
individuelle
gesundheitsfördernde
Programme,
Rehabilitationsmaßnahmen, Lebens- und Sozialberatung, Psychotherapie, berufliche
Weiter- bzw. Ausbildung oder eine Adaptierung des Arbeitsplatzes. Die erfolgreiche
nachhaltige Integration der Person auf einen gesundheitsadäquaten Arbeitsplatz
bildet den Abschluss des Case Managements. Die Nachhaltigkeit wird nach sechs
Monaten nochmals überprüft (Operschall, 2012, S. 11).
Das Angebot für interessierte Betriebe und Unternehmen mit überdurchschnittlich
hohen Krankenstandstagen wird in zwei Etappen aufgebaut. Zunächst bietet
„fit2work“ als Erstanlaufstelle qualifizierten Weiterverweis an. Erst in der zweiten
Ausbaustufe wird ein spezifisches Beratungsangebot entwickelt. Nehmen dann
Betriebe eine Beratung in Anspruch, wird zunächst eine Kurz-Diagnostik des
Betriebs (in der Regel im Rahmen von „AUVAsicher“) mittels einer StärkenSchwächen-Analyse
und
strukturierter
Erhebung
der
Daten
durchgeführt
(s. Abbildung 10). Dazu wird mit den bestehenden betrieblich beauftragten Personen
(Arbeitsmediziner, Sicherheitsfachkräfte) zusammengearbeitet. Anschließend fällt die
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
39
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Entscheidung über die weitere Vorgangsweise. Maßnahmen können beispielsweise
eine adaptierte Arbeitsorganisation, die Implementierung von BGF, eine Arbeitsplatzadaptierungen, die Förderung der Arbeitsfähigkeit (auf Basis des finnischen Modells
des Hauses der Arbeitsfähigkeit), Arbeitsbewältigungscoachings, Generationenmanagement, Lebenslanges Lernen oder Wissensmanagement sein. Diese werden
in ein Lösungskonzept eingebettet und vom Betrieb umgesetzt. Nach sechs Monaten
erfolgt ein Feedback-Gespräch zwischen dem Betrieb und „fit2work“ (BMASK, 2010,
S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7).
Abbildung 10: „fit2work“ Ablauf der Betriebsberatung, Operschall (2012, S. 10)
Über „fit2work“ werden für Betriebe nur das betriebliche Eingliederungsmanagement
(für Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen bzw. Menschen mit Behinderung)
und der „Arbeitsbewältigungs-Index PlusTM“ (ABI PlusTM) organisiert. Dies soll gewährleisten, dass nur ergänzende Beratungsleistungen angeboten werden und keine
Doppelgleisigkeiten zu den bestehenden Angeboten der Projekt- und Sozialpartner
entstehen.
Auch das Angebot für Betriebe ist kostenfrei. Vorgegebene Standards und Prozesse
sollen die Qualität des Angebots garantieren (Operschall, 2012, S. 9–10; BMASK,
2010, S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7).
Das Beratungsangebot für Personen und Betriebe soll durch Öffentlichkeitsarbeit bei
den Zielgruppen bekannt gemacht werden. Den Menschen soll aufgezeigt werden,
dass sie persönlich – durch den Erhalt ihrer Gesundheit und damit auch ihrer
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40
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Arbeitsstelle – profitieren. Auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema
„gesunde Arbeitswelt“ ist im Rahmen von „fit2work“ vorgesehen. Zur Öffentlichkeitsarbeit ist auch die Einrichtung der Homepage (www.fit2work.at) zu zählen. Sie dient
als Wissensplattform zur Information aller interessierten Personen. Dabei können
Erstinformationen eingeholt, Selbstchecks von Kunden und Betrieben durchgeführt
und Best Practice Beispiele sowie Tipps eingeholt werden (Operschall, 2012, S. 11–
12).
Die Finanzierung der Personal- und Sachaufwendungen des Angebots tragen zu
40% die Sozialversicherungsträger (1/6 Träger der Krankenversicherung, 1/6 Träger
der Unfallversicherung, 2/3 Träger der PVA), zu ebenfalls 40% das BMASK zu
Lasten der Gebarung Arbeitsmarktpolitik und zu 20% das BSB. Die Finanzierungsanteile werden jedes Jahr auf Grundlage der im Vorjahr verzeichneten Nutzung des
Angebots neu berechnet. Personen, die Leistungen in Anspruch genommen haben,
sind den finanzierenden Institutionen folgendermaßen zuzurechnen: begünstigte Behinderte dem BSB, Arbeitslose oder arbeitsuchend Vorgemerkte dem AMS und alle
anderen
Personen
den
Sozialversicherungsträgern
(Österreichische
Bundes-
regierung, 2011, § 6).
Die jährliche Evaluierung von „fit2work“ durch die Steuerungsgruppe ermöglicht
erstmals eine systematische Bestandsaufnahme bestehender Maßnahmen. Deren
Effektivität und Effizienz können eingeschätzt, Strukturen analysiert und fehlende
Angebote und Versorgungslücken können aufgedeckt und beseitigt werden. Aber
auch die Folgewirkungen der Beratungsleistungen und die budgetären Auswirkungen
können somit überprüft werden (Operschall, 2012, S. 10).
3.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung
Neben dem persönlichen Nutzen für die teilnehmenden Personen, wird auch ein
Anstieg der Erwerbstätigenquote bei Älteren durch geringere Arbeitslosigkeit und
geringere Invalidisierung erwartet. Dadurch sind Kostenersparnisse im Bereich der
Kranken-, Pensions-, Unfall-, und Arbeitslosenversicherung zu erwarten. Zusätzliche
Einnahmen durch längere Beschäftigung bringen auch Beiträge an die Sozialversicherung, wodurch der demografisch bedingte Druck auf die Lohnnebenkosten ge-
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41
Kernkompetenzbereich Gesundheit
mindert sowie mittel- bis langfristig ein Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich erbracht wird. Auf Seiten der Betriebe sind Vorteile zu erwarten:
-
der Verbleib von betriebsinternem Wissen & Know-how durch ermöglichte
längere Beschäftigung
-
eine Senkung der Kosten durch Krankenstände sowie
-
eine Reduktion der Aufwände für die Suche und den Einsatz von Ersatzarbeitskräften (BMASK, 2010, S. 1).
Alle Teile des „fit2work“-Angebots, bestehend aus Informations- und Wissensplattform, begleitender Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Case Management für
Personen sowie Beratung für Betriebe, wurden basierend auf den Erfahrungen der
drei Pilotprojekte auf ihre Kosten geschätzt - Die tatsächlichen Kosten werden jedoch
von der Akzeptanz durch die Personen und Betriebe abhängen. So soll jeder investierte Euro zumindest dreifach innerhalb eines Jahres zurückkommen. Allein die
durchschnittliche Verzögerung des Anfalls der Invaliditätspension um ein Jahr bringt
eine Ersparnis von rund 300 Mio. €. Bis zum Endausbau im Jahr 2013 ist bei rund
18.500 Beratungsfällen und zirka 500 Betriebsberatungen mit Gesamtkosten von
rund 27,5 Mio. € und im Gegenzug mit Einsparungen von rund 66,5 Mio. € (geringere
Ausgaben für Transferleistungen, höhere Steuer- und Beitragseinnahmen) zu
rechnen. Insgesamt ergibt dies eine Ersparnis von 39 Mio. € pro Jahr (ebd., S. 3).
Die Evaluation der drei Pilotprojekte zeigte, dass rund ein Viertel der Beratenen ihren
Job behalten konnten und ca. 40% der ehemals Erwerbslosen auf Grund der
Beratung wieder erwerbstätig wurden. Insgesamt gaben die Teilnehmer an, nach der
Beratung ihre (neue) Tätigkeit weniger belastend zu empfinden und sich in ihrer
Arbeit weniger eingeschränkt zu fühlen. Neben dem ökonomischen Nutzen ist auch
der Gewinn an Lebensqualität nicht außer Acht zu lassen. Ist ein Arbeitsplatz gesundheitsadäquat, sinnstiftend und können durch die gesetzten Maßnahmen
psychische und psychosoziale Probleme, Krankheit, Armut usw. verhindert werden,
so ist ein Nutzen für die einzelne beratene Person jedenfalls erreicht (fit2work, 2011,
S. 1; 3).
3.2.2 Bewertung von „fit2work“
„fit2work“ richtet sich zwar nicht gezielt an ältere Personen, wurde allerdings mit der
Zielsetzung einer längeren Erwerbstätigkeit älterer Beschäftigter, also der Reduktion
der Invaliditätspensionen, entwickelt. Die Maßnahmen werden älteren Personen
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42
Kernkompetenzbereich Gesundheit
auch in hohem Maße zugutekommen, da der Fehlzeitenreport 2011 aufgezeigt hat,
dass bei 55- bis 60-jährigen Beschäftigten die Summe der Krankenstandstage am
höchsten ist und Krankenstände mit mehr als sechs Wochen gute Indikatoren für
einen wahrscheinlichen Übergang in eine Invaliditätspension sind. Da „fit2work“ bei
eben dieser Anzahl an Krankenstandstagen ansetzt, ist zu erwarten, dass das Case
Management auf die richtige Personengruppe ausgerichtet ist. Aufgrund des
Monitorings der Beschäftigungsfähigkeit im Rahmen von „fit2work“ wird erwartet,
auch Erkenntnisse über das Krankheitsgeschehen (vor allem bei psychischen Erkrankungen) in Zusammenhang mit dem Invalidisierungsrisiko zu gewinnen und
Maßnahmen dementsprechend anzupassen. Da das Zusammentreffen von Arbeitslosigkeit und Krankheit die Wahrscheinlichkeit eines Übertritts in die Invaliditätspension stark erhöhen, ist die Ausrichtung von „fit2work“ auf Arbeitslose mit gesundheitlicher Beeinträchtigung auch als positiv zu bewerten (Leoni, 2011, S. 28; 102).
Ob eine gesundheitspolitische Strategie als ausreichend bezeichnet werden kann,
die erst dann ansetzt, wenn vermehrte Krankenstandstage auftreten, ist fraglich.
Denn Invaliditätspensionisten weisen laut Statistik bereits viele Jahre vor Pensionierung eine erhöhte Anzahl an Krankenstandstagen auf. Derzeit lässt sich nicht mit
Gewissheit sagen, zu welchem Zeitpunkt eine Früherkennung stattfinden muss, um
erfolgreich zu sein. Diese Maßnahmen der sekundären und tertiären Prävention
dürfen daher keinesfalls primäre Prävention ersetzen, sondern nur zusätzlich zu
dieser stattfinden. Insgesamt gehen das AGG und das „fit2work“-Projekt in die
richtige Richtung, um die Gesundheit und Erwerbsfähigkeit der österreichischen Beschäftigten zu stärken. Es ist allerdings nicht eindeutig abzuschätzen, in welchem
Ausmaß Effekte auf die Invaliditätspensionen erreicht werden können. Auf Grund der
geplanten Evaluierung der Angebote im Rahmen von „fit2work“ kann allerdings im
Laufe der Zeit die Treffsicherheit und Effektivität erhöht werden. Jedoch darf die Tatsache, dass nicht nur die Gesundheit für den Zugang in die Invaliditätspension ausschlaggebend ist, sondern auch die Arbeitsmarktlage sowie die Gestaltung des
Pensionssystems, bei der Bewertung des Effekts von „fit2work“ nicht außer Acht gelassen werden (Leoni, 2011, S. 103–104).
Kritisch hinterfragt wird das AGG auch vom Dachverband berufliche Integration
Österreich. Dieser meint in einer Stellungnahme zum Ministerialentwurf des
Gesetzes, dass bei dem Angebot neue Strukturen aufgebaut werden, obwohl genau
diese Aufgaben bereits seit vielen Jahren abgedeckt und erfolgreich genützt werden,
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
43
Kernkompetenzbereich Gesundheit
z.B. durch die Arbeitsassistenz. Weiters würden durch das gänzlich neue Angebot
Expertisen, bereits gewonnene Erfahrungen sowie Synergien nicht genützt und
Doppelstrukturen aufgebaut. Der Dachverband erwartet daher weder für betroffene
Personen, noch für Betriebe eine positive Wirkung (Mayrhofer, 2010, S. 3–4).
Der HVSVT kritisiert das AGG in der Hinsicht, dass lediglich Präventionsmaßnahmen
im Setting „betrieblicher Lebensraum“ gesetzt werden. Dies sei zwar sehr bedeutend,
allerdings nur ein Ausschnitt der Prävention (HVSVT, 2010, S. 1–3).
Im Ministerialentwurf wurde zunächst wenig Rücksicht auf die bereits bestehenden
Beratungsangebote für Betriebe genommen. Der HVSVT wies auf die Problematik
der Doppelgleisigkeit hin und führte als Beispiel das Angebot des Österreichischen
Netzwerks für betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) an. Hier würden bereits
die Krankenversicherungsträger, AUVA, HVSVT und die Sozialpartner zusammenarbeiten. Es wurden Kompetenzen und Ressourcen in den Regionalstellen (zumeist
bei den Gebietskrankenkassen) in allen Bundesländern aufgebaut. Daher könnte es
bei dem zusätzlichen Angebot von „fit2work“ auch zu einer Konkurrenzsituation
zwischen den Partnern des Netzwerks kommen (ebd.). Auf Grund der vielfachen
Stellungnahmen bezüglich des Aufbaus von Parallelstrukturen, wurde im Gesetz
schließlich darauf eingegangen und formuliert, dass nur ergänzende Beratungsleistungen, nämlich das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und der ABI
PlusTM im Rahmen von „fit2work“ angeboten werden.
Die Wirtschaftskammer Österreichs (WKÖ) bezweifelt in Ihrer Stellungnahme vor
allem den Einsparungseffekt von 66,5 Mio. € und ist der Meinung, dass eine Weiterführung der bereits laufenden Projekte wesentlich kostensparender aber ebenso
zielführend sei und spricht von einem im AGG vorgesehenen „aufgeblähtem
Verwaltungsapparat“. Die WKÖ zweifelt an einem Mehrwert des Gesetzes (Leitl &
Hochhauser, 2010, S. 1–2).
3.3 Rehabilitation
Rehabilitation ist Aufgabe der gesetzlichen Sozialversicherung, d.h. der Unfall-,
Kranken- und Pensionsversicherung. Maßnahmen der Rehabilitation werden in Form
von Sach- oder Geldleistungen erbracht. Die gesetzliche Unfallversicherung und die
gesetzliche Pensionsversicherung erbringen alle drei Arten: medizinische, berufliche
und soziale Rehabilitation. Während die Unfallversicherung nur Leistungen erbringt,
die im Zuge von Arbeits- bzw. Dienstunfällen sowie auf Grund von Berufskrankheiten
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44
Kernkompetenzbereich Gesundheit
erforderlich sind, muss für Leistungen der Pensionsversicherung bereits Invalidität
vorliegen oder in absehbarer Zeit eintreten. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation sind beispielsweise Maßnahmen zur Erhaltung des bisherigen Berufs oder Umschulungen zur Wiedererlangung der Berufsfähigkeit. Die gesetzliche Krankenversicherung erbringt nur Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Anschluss an
die Krankenbehandlung (BMASK, 2009b, S. 17–19).
Mit dem geltenden Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ wurde ein Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation geschaffen, das bedeutet, dass versicherte
Personen ein Recht auf berufliche Rehabilitation haben, wenn sie die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension wahrscheinlich oder in absehbarer Zeit erfüllen (Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit). Umgekehrt
heißt dies, dass ein Antrag auf Invaliditätspension zunächst ein Antrag auf berufliche
Rehabilitation ist (HELP.gv.at, 2010, www). Diese Maßnahmen werden vom zuständigen Pensionsversicherungsträger erbracht. Der Betroffene erhält während der
Rehabilitation ein Übergangsgeld im Ausmaß der fiktiven Pensionshöhe (PVA, 2012,
www). Bevor eine versicherte Person eine frühzeitige Pension antritt, soll mittels
Rehabilitationsmaßnahmen versucht werden die Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen und
eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Der Versicherte hat
dabei Mitwirkungspflicht, seine Zustimmung muss nicht eingeholt werden. Allerdings
werden die Rehabilitationsmaßnahmen von den Betroffenen oftmals nicht mitgetragen, da sie mit dem Pensionsantrag bereits „gedanklich in Pension“ sind. Die Maßnahmen zur Rehabilitation werden also zu spät durchgeführt und sind dann wirkungslos. Es wird daher vorgeschlagen, einen eigenen Antrag auf berufliche
Rehabilitation zu entwickeln, unabhängig von einem Ansuchen für eine Invaliditätspension (BMASK, 2009b, S. 3; 99).
Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz (SRÄG 2010) wurde unter dem Titel
„Gesundheitsstraße“ eine unbürokratische Feststellung der Arbeitsfähigkeit von gesundheitlich beeinträchtigten arbeitslosen Personen erreicht. Seither ist dazu nicht
mehr nötig, zunächst einen Pensionsantrag bei der PVA zu stellen. Das AMS lässt
die Arbeitsfähigkeit von Ärzten der PVA prüfen und akzeptiert das Ergebnis, wodurch
die Verfahrensdauer verkürzt und medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen früher eingeleitet werden können. Durch diese frühzeitigen Maßnahmen soll
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
45
Kernkompetenzbereich Gesundheit
kurz- und mittelfristig Arbeitslosigkeit und langfristig Invalidität vermieden werden
(Buxbaum et al., 2010, S. 20).
3.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen
Im Jahr 2010 wurden die ökonomischen Vorteile der beruflichen Rehabilitation im
Auftrag der AK Wien errechnet. Für die Berechnung werden Annahmen von 2.000
Teilnehmern pro Jahr, im Durchschnitt 50 Jahre alt und einer Wiedereingliederungsquote von 80% getroffen. Für die Kosten der im Durchschnitt 18 Monate dauernden
beruflichen Rehabilitation werden pro Person 26.000 € an Maßnahmenkosten und
21.000 € an Leistungskosten (Übergangsgeld) kalkuliert. Die Berechnungen zeigen,
dass es durch die Rehabilitationsmaßnahmen gelingt, dauerhaft bis zu 9.600
Personen zusätzlich in Beschäftigung zu bringen. Es wird davon ausgegangen, dass
sich der Pensionsantritt durch die Maßnahmen im Durchschnitt um fünf Jahre verzögert. Die Effekte sind insgesamt beachtlich und zeigen trotz hoher individueller
Investitionskosten eindeutig eine positive Bilanz: bereits ab dem vierten Jahr nach
Anlaufen des Rehabilitationsprogramms (2014) ergeben sich erste Einsparungen für
den öffentlichen Haushalt von 32 Mio. €, die bis zum elften Jahr (letztes Jahr der Berechnungen ist 2020) auf jährlich 159 Mio. € ansteigen (Buxbaum et al., 2010, S. 14–
19).
Die Effekte der Rehabilitationsmaßnahmen durch die Gesundheitsstraße sind
ebenso beachtlich. So wird bei vorliegender Berechnung davon ausgegangen, dass
pro Jahr bis zu 5.000 arbeitslose Personen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung an
den durch die Gesundheitsstraße empfohlenen Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen werden. Die Dauer der Maßnahmen wird im Durchschnitt mit 12 Monaten angenommen. Die Kosten belaufen sich auf 15.000 € pro Person. Die Berechnungen
zeigen bei einer 60%igen Wiedereingliederungsrate über fünf Jahre bereits ab dem
dritten Jahr nach Beginn eine positive Bilanz, dass heißt die Rückflüsse übersteigen
die Kosten für die Gesundheitsstraße. Die Mehreinnahmen steigen auf bis zu
325 Mio. € im elften Jahr (letztes Jahr der Berechnungen ist 2020) an (ebd., S. 20–
23).
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
3.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen
Beschäftigungsfähigkeit wird als Schlüsselbegriff zukunftsorientierter Sozialpolitik
beschrieben, da die Kombination von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter und schlechter
Qualifikation sehr oft in Langzeitarbeitslosigkeit und in der Folge zu Frühpensionierungen wegen Invalidität führen. Denn ohne zielgerichtete medizinische und berufliche Rehabilitation bedeutet Arbeitslosigkeit für Menschen, die ihren bisherigen Beruf
nicht mehr ausüben können, den Beginn einer schleichenden Dequalifizierung. So ist
die Forcierung von Prävention und alter(n)sgerechten Arbeitsplätzen unabdingbar,
um die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern und die Chancen von Menschen im
höheren Erwerbsalter am Arbeitsmarkt zu verbessern (ebd., S. 14).
Mit der beruflichen Rehabilitation kann sehr rasch ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im Alter geleistet werden. Dennoch wurden auf
Grund von 76.000 gestellten Anträgen auf Invaliditätspension im Jahr 2009, nur
350 berufliche Rehabilitationen durchgeführt. Eine Ausweitung der beruflichen
Rehabilitation ist jedenfalls erforderlich (ebd.). Verbesserungsbedarf hinsichtlich der
Gesundheitsstraße gibt aus Sicht der Sozialpartner. Es wird bei Bedarf eine
Ausweitung der Gesundheitsstraße von derzeit ca. 5.000 auf 10.000 Personen
gefordert, um die Pensionsanträge zu reduzieren. Rund 90% der Antragsteller
kommen nach der Untersuchung bei der PVA mit einer Empfehlung zur beruflichen
Rehabilitation zum AMS zurück. Hier gilt es, die Betreuung und Qualifikation dieser
Personen beim AMS zu verbessern (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 4).
Die Koordinierung der Zuständigkeiten zwischen den Rehabilitationsträgern in
Österreich ist durch eine unscharfe Formulierung der gesetzlichen Grundlagen
schwierig. Zahlreiche Richtlinien und Vereinbarungen zwischen den Trägern sollen
dem Problem entgegenwirken. Dennoch sind die Zuständigkeiten oftmals schwer
nachvollziehbar. Eine eindeutige gesetzliche Formulierung würde eine effizientere
Zusammenarbeit der Träger und patientenfreundlichere Administration ermöglichen
(BMASK, 2009b, S. 21).
Da nur Personen mit Berufsschutz Anspruch auf berufliche Rehabilitation haben,
sind Arbeitnehmer ohne diesen Schutz von diesen Maßnahmen ausgeschlossen.
Berufsschutz ist gegeben, wenn der bisher ausgeübte Beruf aus gesundheitlichen
Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann, die betreffende Person aber vor der
Verweisung in einen anderen Beruf geschützt wird. Auf Berufsschutz haben jene
Personen Anspruch, die in den letzten 15 Jahren überwiegend in einem erlernten
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
47
Kernkompetenzbereich Gesundheit
(angelernten) Beruf tätig waren. Das bedeutet: alle die keinen Berufsschutz haben,
und das sind vor allem jene in unqualifizierten Tätigkeiten, können in andere Berufe
verwiesen werden und haben keinen Zugang zu beruflicher Rehabilitation. Das sind
jedoch genau jene Arbeitnehmer, die in Berufen mit hohen Belastungen tätig sind
und eine frühzeitige Invalidisierung zu befürchten ist. Von der Arbeitsgruppe „Neugestaltung des Invaliditätsrechts“ wird daher empfohlen, „auch Personen ohne
Berufsschutz unter bestimmten Voraussetzungen einen Zugang zur beruflichen
Rehabilitation zu ermöglichen“ (ebd., S. 238).
3.4 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Nach der Luxemburger Deklaration umfasst BGF „alle gemeinsamen Massnahmen
von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz“ (ENWHP, 1997, S. 2).
Gesundheitsförderung und Prävention sind Pflichtaufgaben der Krankenversicherungsträger (§ 116 ASVG), d.h. Leistungen sind im Ermessen der Träger zu erbringen. Im Setting Betrieb kann durch BGF arbeitsbedingten Erkrankungen vorgebeugt
werden. Dies wird mittlerweile auch von allen Krankenkassen durchgeführt. BGF als
Begriff ist jedoch in keinem österreichischen Gesetz zu finden, allerdings bietet das
ASchG eine Umschreibung (BMASK, 2009b, S. 34):
„Arbeitsmediziner haben die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet des
Gesundheitsschutzes, der auf die Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheitsförderung und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und
die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen“ (Österreichische Bundesregierung, 1994, § 81, Abs. 1).
BGF kann als Erweiterung und Ergänzung des Arbeitnehmerschutzes verstanden
werden. Das ASchG schreibt den Arbeitnehmern eine eher „passive, auf Vermeidungshaltung gerichtete Rolle“ zu (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 18).
Betriebliche Gesundheitsförderung bezieht jedoch den einzelnen Arbeitnehmer aktiv
in die Prozesse und Interventionen mit ein (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 19).
Arbeitnehmerschutz und BGF können innerhalb des Betriebes zu einem ergänzenden System zusammengeführt werden. Da das ASchG verpflichtend, BGF jedoch
freiwillig durchzuführen ist, wird Letzteres noch eher selten umgesetzt. Das BMWFJ
zeigt in einem Leitfaden für die Einführung eines Sicherheits- und Gesundheits-
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
managementsystem wie dieses ergänzende System in Betrieben gestaltet sein kann.
Die AUVA hat dazu ein für Betriebe kostenpflichtiges Konzept „Sicherheits- und
Gesundheitsmanagement“ (SGM) entwickelt (BMASK, 2009b, S. 42).
Das im Jahr 1998 erlassene Gesundheitsförderungsgesetz, dessen Maßnahmen
dem Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) übertragen wurden, hat auch der BGF Vorschub geleistet (ebd., S. 35). Österreich war das erste Land der Europäischen Union,
das ein flächendeckendes nationales Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) aufgebaut hat. Im Jahr 1996 wurde das Europäische Netzwerk
für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) gegründet und im Jahr 2000 das
ÖNBGF. Die Kontakt- und Regionalstellen sind bei den Krankenversicherungsträgern
angesiedelt, mit Ausnahme Vorarlbergs. Hier wurde von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse der Fonds Gesundes Vorarlberg beauftragt. Auch der HVSVT, die
AUVA, die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA), die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), die Bundesarbeiterkammer (BAK),
die WKÖ, der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Vereinigung der
österreichischen Industrie (IV) sind am Netzwerk beteiligt. Der ÖNBGF hat die
Verbreitung und Weiterentwicklung einer ganzheitlichen BGF in Österreich sowie die
Einbindung der Sozialpartner zur Aufgabe. Wichtigste Aufgaben sind eine systematische Öffentlichkeitsarbeit sowie die Unterstützung der Betriebe bei der Umsetzung
von BGF. Die Homepage des ÖNBGF enthält eine Projektdatenbank, Informationen
über Gesundheitszirkelleiter für Betriebe und der seit dem Jahr 2002 vergebene
BGF-Preis wird hier ausgeschrieben. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse
bietet beispielsweise im Rahmen dieses Netzwerks für Betriebe ab 50 Mitarbeiter
Krankenstandsauswertungen für die Suche nach geeigneten BGF-Maßnahmen an.
Hat ein Unternehmen vor, ein ganzheitliches BGF-Projekt umzusetzen, ist diese
Auswertung kostenlos (Leoni & Mahringer, 2008, S. 133–134; Kiesewetter &
Hirtenlehner, 2006, S. 63–64; Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 33).
Der FGÖ unterstützt KMU mit weniger als 100 Mitarbeitern bei der Umsetzung von
BGF (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 35). Auch durch Förderungen und Finanzierungen in unterschiedlichem Ausmaß werden Betriebe durch den FGÖ sowie die
Krankenversicherungen unterstützt. Ein von den Sozialpartnern initiiertes Projekt
„Arbeit und Gesundheit“ bietet über die Homepage www.arbeitundgesundheit.at
Informationen und Praxisbeispiele zur Durchführung von BGF und Arbeitsschutz an
(Arbeit und Gesundheit, 2010, www).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
49
Kernkompetenzbereich Gesundheit
3.4.1 Nutzen von BGF
BGF sollte hinsichtlich des demografischen Wandels aus gezielten Maßnahmen für
ältere
Arbeitnehmer
sowie
altersgruppenübergreifenden
Aktivitäten
bestehen
(s. Kapitel 2.8). Dies ermöglicht eine Reduktion von Invalidität und krankheitsbedingten Kosten. Ein verbessertes System der Gesundheitsvorsorge würde zu
einem Einsparungsvolumen von bis zu 3,6 Mrd. € führen (1,4 Mrd. € durch verringerte Neuzugänge in die Invaliditätspension, 1 Mrd. € durch reduzierte Krankenstandskosten und 845 Mio.
€ auf Grund verringerter Ausgaben für die
Krankenbehandlung) (Dür & Fürth, 2006, S. 109).
BGF bringt für Betriebe, wenn rein der betriebswirtschaftliche Nutzen betrachtet
werden soll, vor allem eine Verringerung der Kosten durch krankheitsbedingte Fehlzeiten und eingeschränkte Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer. Eine
Reduktion der Krankenstände von bis zu 30% ist möglich. Auch eine Verbesserung
des Unternehmensimages nach außen, ist ein positiver Effekt. Insgesamt wird ein
„Return on Investment“ von 1:2,5 bis 1:10,1 angegeben (ebd., S. 108–109).
3.4.2 Bewertung der BGF-Maßnahmen
Einer Studie der Arbeiterkammer (AK) zufolge hat BGF noch nicht den Stellenwert,
den sie haben sollte. Nur 30% der befragten Arbeitnehmer hatten in den letzten
5 Jahren an BGF teilgenommen. Interessant ist jedoch, dass in Bezug auf das Alter
geringe Abweichungen bestanden: 26% der Unter 39-Jährigen und 30,8% der 50- bis
54-Jährigen nahmen an BGF teil. Bei qualitätsgesicherten BGF-Maßnahmen waren
es noch weniger (Fehlzeitenreport 2008) (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 15).
Czeskleba & Ivansits (2008, S. 75) drücken die Problematik folgendermaßen aus:
„Ausschließlich auf appellativem Wege ist kaum eine wirksame Präventions- und
Gesundheitsförderung realisierbar“. Es herrschen zahlreiche Defizite wie Unverbindlichkeit, Ziellosigkeit und mangelnde Koordination: eine Bundeskoordination ist
erforderlich.
3.5 Altersteilzeit
Ein gleitender Übergang in den Ruhestand mit einer kontinuierlich reduzierten
Arbeitszeit hat eine präventive Wirkung gegenüber arbeitsbedingten Erkrankungen,
da Arbeitsbelastungen verringert werden. Dies ermöglicht auch Arbeitnehmern mit
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
50
Kernkompetenzbereich Gesundheit
eingeschränkter Leistungsfähigkeit einen Verbleib im Erwerbsleben (Fuchs, 2008,
S. 93–94).
In Österreich besteht die Möglichkeit Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Die neue
Regelung mit 1.1.2011 besagt, dass Männer ab einem Alter von 58 Jahren und
Frauen ab 53 Jahren in Altersteilzeitarbeit übertreten können. Bedingungen für die
Inanspruchnahme sind: der Arbeitnehmer muss zuvor mindestens 3 Monate in dem
Unternehmen beschäftigt sein, innerhalb der letzten 25 Jahre mindestens 15 Jahre
arbeitslosenversicherungspflichtige
Beschäftigung
nachweisen
können,
sowie
spätestens 7 Jahre nach dem Beginn der Altersteilzeit das Regelpensionsalter
erreicht haben. Das bedeutet, dass die Altersteilzeit mit einer Maximaldauer von
7 Jahren beschränkt ist. Bei dem Modell der Altersteilzeit wird die vorhergehende
Arbeitszeit auf 40% bis 60% reduziert und der Arbeitnehmer erhält zwischen 70%
und 80% seines bisherigen Einkommens. Es bestehen zwei Formen der Altersteilzeit: eine gleichbleibende Arbeitszeit über die gesamte Laufzeit – wobei der Dienstgeber vom AMS einen Kostenersatz von 90% des Mehraufwands erhält – oder eine
Blockzeitvereinbarung. Diese liegt vor, wenn Schwankungen der Normalarbeitszeit
von über 20% bestehen, die nicht innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden sowie
eine Freizeitphase von maximal 2,5 Jahren. Hier beträgt der Kostenersatz für den
Dienstgeber nur 50% (statt bisher 55%). Die Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung wird in der bisherigen Höhe vom Arbeitgeber weiter bezahlt. Er erhält
jedoch einen Zuschuss des AMS. Auch von Teilzeitangestellten kann Altersteilzeit in
Anspruch genommen werden, wenn die Arbeitszeit in den letzten 12 Monaten
weniger als 80%, mindestens jedoch 60% der Normalarbeitszeit betragen hat (GPA,
2011, www; AMS, 2012, www).
Im Jahr 2010 haben rund 17.700 Personen (9.857 Männer; 7.857 Frauen) die Möglichkeit der Altersteilzeit in Anspruch genommen. Im Vergleich zum Vorjahr waren
das circa 7% weniger. Die wechselnd geltende/nicht-geltende Regelung der Einstellungspflicht eines (bevorzugt älteren) Arbeitslosen oder Lehrlings anstelle des
durch Altersteilzeit nicht oder nur teilweise besetzten Arbeitsplatzes, führte je nach
dem zu einer selteneren/häufigeren Inanspruchnahme des Modells. Die zumeist gewählte Art der Altersteilzeit war bisher die Blockvariante. Durch die Reduktion der
Förderung dieser Variante (geringerer Kostenersatz), ist jedoch insgesamt ein Verringerung der Inanspruchnahme zu erwarten (Sprenger, Rath & Hauger, 2011, S. 8;
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
51
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Hilgart, 2011, S. 5; 8). Cacace (2012, S. 12) berichtet über einen Rückgang der
Blockvariante von 70% auf 35%. Zudem wurde im März 2012 beschlossen, dass zukünftig bei der Wahl des Blockmodells verpflichtend eine arbeitslose Person oder ein
Lehrling einzustellen ist. Während die kontinuierliche Altersteilzeit bis zum Erreichen
des tatsächlichen Pensionsantrittsalters ausgedehnt wurde, bleibt die Blockvariante
weiterhin auf maximal 5 Jahre beschränkt (BMASK, 2012b, S. 6; 8).
3.5.1 Bewertung der Altersteilzeit
Marin (2008, www) kritisiert die österreichische Altersteilzeit-Variante aus folgenden
Gründen: Über drei Viertel aller Arbeitnehmer wählen die Blockvariante und erreichen somit lediglich eine andere Art der Frühpensionierung. Dies wird durch das
AMS bzw. den Steuerzahler finanziert. Zudem nehmen vor allem jene die Altersteilzeit in Anspruch, die es sich leisten können, auf Einkommen zu verzichten, und nicht
jene Arbeitnehmer in belastenden, schlecht bezahlten Berufen. Nur ein Drittel kommen aus dem Bereich Produktion, der überwiegende Teil aus dem Dienstleistungssektor, öffentlichen Dienst, Banken, Versicherungen, Krankenhäuser und Handelsunternehmen. 0,7% der Beteiligten profitieren demnach durch die AltersteilzeitRegelung gewinnen, 99,3% verlieren jedoch. Er erkennt in dieser Maßnahme nur
eine teure Schönung der Beschäftigungs- und Frühpensionsstatistiken.
Das Modell der Altersteilzeit wird als reformierungsbedürftig angesehen. Um eine
präventive Wirkung von arbeitsbedingten Erkrankungen durch den gleitenden Übergang in den Ruhestand zu erreichen, sollte die Blockvariante abgeschafft werden.
Eine weitere Überlegung ist auch die Möglichkeit einer längeren Dauer der Altersteilzeit mit einer schrittweisen Reduktion der Arbeitszeit (Fuchs, 2008, S. 93–94).
Meggeneder & Hirtenlehner (2007, S. 474) beschreiben die kontinuierliche Reduktion
der Arbeitszeit im Alter sowie den gleitenden Übergang in den Ruhestand als Möglichkeit für produktives Altern.
3.6 Alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation
In Österreich gibt es zahlreiche Musterbeispiele von großen bis zu kleinen Betrieben
aus den verschiedensten Branchen, die bereits Programme für alter(n)sgerechtes
Arbeiten hinsichtlich der Arbeitsorganisation umsetzen. Dies sind beispielsweise
flexible Arbeitszeitorganisation, alternssensible Dienstplangestaltung, Anpassung der
Schichtarbeit, Mentoringsysteme, Wissensstaffette, Jobrotation oder die aktive Ein-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
52
Kernkompetenzbereich Gesundheit
bindung der Mitarbeiter. In der überwiegenden Anzahl der Betriebe wird das Alter bei
der Gestaltung der Arbeitsorganisation allerdings noch zu wenig berücksichtigt.
(Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 18; 29–35). Abbildung 11 zeigt, dass die meisten
Unternehmen Aktivitäten auf die jüngere Belegschaft konzentrieren: in nur 45% der
befragten Betriebe kommen altersgemischte Teams oder Arbeitsgruppen zum Einsatz und nur 11% beziehen ältere Beschäftigte in die Entwicklung von Laufbahnmodellen ein.
Abb. 11: Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen, Rauch (2010, S. 9)
„Meist nutzen Unternehmen das Wissen über Ursachen von physischen und psychischen (chronischen) Krankheiten im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen,
Arbeitstätigkeiten oder Arbeitsumgebung zurzeit noch zu wenig“ (Vogt & Elsigan,
2011, S. 9).
3.7 Überbetriebliche Initiativen
Die Umsetzung von Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeit ist vor allem für KMU eine
Herausforderung. Aus dem Grund sind überbetriebliche Akteure wie Arbeitgeberund Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaften und politische Institutionen gefordert, um
diese bei der Durchführung zu unterstützen (Buck et al., 2002, S. 69). In Österreich
gibt es zahlreiche Initiativen der Sozialpartner, Interessenvertreter und Ministerien,
durch die Informationen, Beratungsangebote oder Auszeichnungen für Betriebe be-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
53
Kernkompetenzbereich Gesundheit
züglich alter(n)sgerechter Arbeit angeboten werden. Im Rahmen dieser Arbeit können nicht alle Initiativen und Projekte vorgestellt werden, ein Einblick in die derzeitigen Tätigkeiten soll jedoch in diesem Kapitel gewährt werden.
Ein Gemeinschaftsprojekt von AK, ÖGB, IV und WKÖ unter dem Titel „Arbeit und
Alter
–
Alternsgerechte
Arbeitsorganisation“
bietet
auf
der
Homepage
www.arbeitundalter.at ausführliche Informationen über den demografischen Wandel
und altersgerechte Arbeitsgestaltung. Auch Handlungsempfehlungen, Förderungsmöglichkeiten und Good Practice Beispiele von Betrieben sowie ein Überblick über
die in Österreich bestehenden Projekte und Initiativen sind dort dargestellt. Ziel ist
eine Wissensplattform für interessierte Betriebe zu schaffen, die Anreiz gibt, Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten umzusetzen (Arbeit und Alter, 2012, www).
Das Projekt „Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“, finanziert von AUVA und
PVA, zielt mittels Pilotprojekten in 20 Betrieben auf die Förderung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten in besonders beanspruchenden Branchen ab. Dies sind die
Branchen Bau, Handel, Eisen und Metall, Beherbergungs- und Gaststättenwesen,
Reinigung/Entsorgung, Verkehr, Gesundheit und Logistik. Auf Basis des „Haus der
Arbeitsfähigkeit“ und unter Einsatz des ABI PlusTM werden in den Betrieben erforderliche Maßnahmen für eine alter(n)sgerechte Gestaltung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit identifiziert und umgesetzt. Der ABI Plus TM ist ein eigens für das Projekt weiterentwickelter Bewertungsscore. Er baut auf dem finnischen „Workability Index“
(WAI) auf und ermöglicht die Darstellung der derzeitigen, sowie eine Prognose der
zukünftigen, Arbeitsbewältigungsfähigkeit von Arbeitnehmern. So werden gezielte
Interventionen zur Förderung der Arbeitsbewältigung ermöglicht. Die durch das Projekt gewonnen Erkenntnisse sollen im Anschluss in weiteren Betrieben zum Einsatz
kommen. Auf der Homepage www.wai-netzwerk.at können Informationen über dieses noch bis 2012 laufende Projekt eingeholt werden. Diese dient auch als Informationsplattform über den WAI mit der Möglichkeit einen Selbsttest durchzuführen
(WAI Netzwerk Austria, o.J., www).
Die WKÖ hat mit „proFITNESS“ eine spezifische Initiative für KMU gestartet. Ziel ist,
diese Unternehmen bei der Umsetzung von Maßnahmen, vor allem durch Bündelung
bereits bestehender Angebote, zu unterstützen. Auf der Homepage werden auf dem
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
54
Kernkompetenzbereich Gesundheit
sogenannten „Marktplatz“ Unternehmen und Berater aufgelistet, die für die Umsetzung von Maßnahmen herangezogen werden können. Weiters bietet die Internetseite Informationen über Fördermöglichkeiten und Serviceangebote der Sozialversicherungen, des FGÖ und anderen Einrichtungen sowie die Vorstellung von KMUBest Practice Beispielen (proFITNESS, 2012, www).
„Älter werden. Zukunft haben“ heißt das Projekt, das von den Sozialpartnern OÖ,
dem Land OÖ und Partnerorganisationen im Rahmen des Programms „Regionale
Wettbewerbsfähigkeit OÖ 2007-2013“ umgesetzt wird. Hierbei geht es vor allem um
Netzwerkarbeit der Betriebe, um den Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausch bezüglich der Umsetzung von Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeit sowie
BGF zu ermöglichen. Es wird beispielsweise eine Verbundberatung für KMU angeboten, bei der vier bis sechs Unternehmen gemeinsam mit Experten auf die einzelnen Betriebe abgestimmte Maßnahmen erarbeiten. Aber auch Age-ManagementBeratung für alle Betriebe (KMU und Großbetriebe) wird angeboten, d.h. maßgeschneiderte präventive Maßnahmen werden mit Unterstützung von Experten entwickelt (Netzwerk „Älter werden. Zukunft haben!“, o.J., www).
Eine nationale Umsetzung des vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten
EQUAL-Projekts wurde unter dem Titel „AEIOU – Arbeitsfähigkeit erhalten“ in den
Jahren 2002 bis 2005 durchgeführt. Dabei wurden Pilotprojekte umgesetzt sowie Beratungs- und Forschungsstellen eingerichtet. Aus diesem Projekt gingen beispielsweise das Beratungsangebot „Service Arbeit und Gesundheit“ (SAG), das als Vorläufer von „fit2work“ gilt oder das von der AUVA durchgeführte „PFLEGEfit“-Projekt,
dass sich auf die spezifischen Gesundheitsprobleme der Pflegekräfte konzentrierte,
hervor (AEIOU, 2005, www).
Von BMASK werden seit dem Jahr 2010 Unternehmen, die in Ihrem Betrieb Aktivitäten für alter(n)sgerechte Arbeit umsetzen mit dem Gütesiegel NESTOR GOLD ausgezeichnet. Dies soll die Sensibilisierung und Sichtbarmachung der Thematik „ältere
Arbeitnehmer“ sowie die Umsetzung von alter(n)sgerechten Maßnahmen fördern.
Der Zertifizierungsbeirat besteht aus Vertretern der Sozialpartner, des AMS, des
BMWFJ und des BMASK. Im Rahmen eines Zertifizierungs-Assessments werden an
Hand von 27 Indikatoren in den Handlungsfeldern Individuum, Organisation, Kultur
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
55
Kernkompetenzbereich Gesundheit
und Vitalität überprüft, ob das Unternehmen alter(n)sgerechtes Arbeiten ermöglicht.
Auf der Homepage www.nestorgold.at werden die ausgezeichneten Betriebe vorgestellt (Nestor Gold, o.J., www).
Eine Auszeichnung speziell für KMU führen AUVA und WKÖ durch. Die „Goldene
Securitas“ erhalten Klein- und Mittelbetriebe bis 50 Mitarbeiter, die „auf dem Gebiet
der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit vorbildliche Maßnahmen gesetzt haben“ (AUVA, o.J., www). Für die Auszeichnung im Jahr 2012 wurden auch Maßnahmen altersgerechten Arbeitens als Kategorie definiert (AUVA, o.J., www).
Das 2012 von der Europäischen Kommission ausgerufene „Europäische Jahr für
aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ soll unter anderem mittels
Pilotprojekten zu besseren Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für
ältere Menschen in Europa beitragen, die Bevölkerung für aktives Altern sensibilisieren und einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen
(BMFSFJ, 2012, S. 1–2). In Österreich werden Aktivitäten wie Sensibilisierung,
Erfahrungsaustausch, Schaffung von Rahmenbedingungen für nachhaltige Lösungen
und Bekämpfung von Altersdiskriminierung vom BMASK koordiniert. Einer der vier
Themenbereiche ist die Arbeitswelt, wobei Initiativen und Projekte zum Erhalt der
Beschäftigungsfähigkeit und die Reduktion von arbeitsbedingten Erkrankungen im
Zentrum stehen (BMASK, 2011c, S. 2–5).
Auch in den nationalen „Arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben 2010“ wird auf die
Zielgruppe der älteren Arbeitnehmer eingegangen. Das AMS wird darin aufgefordert
die Strategie des „Productive Ageing“ zu verfolgen, bei der die Qualifizierungs-,
Weiterbildungs- und Gesundheitsförderung der Beschäftigten im Mittelpunkt stehen
(BMASK, 2011d, S. 12). Das AMS bietet in diesen Bereichen Beratung für Betriebe
sowie für Beschäftigte an. Diese wird durch das AMS sowie den ESF finanziert
(AMS, 2011, www).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
56
Kernkompetenzbereich Gesundheit
4 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN
DEUTSCHLAND
4.1 Arbeitnehmerschutz
Das Deutsche Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gibt vor, dass der Arbeitgeber bei
Maßnahmen
des
schutzbedürftige
Arbeitsschutzes
Beschäftigtengruppen“
„spezielle
zu
Gefahren
berücksichtigen
für
besonders
hat
(Deutsche
Bundesregierung, 1996, § 4). Wer unter die Bezeichnung „schutzbedürftig“ fällt, wird
hier nicht näher definiert.
Das ArbSchG wurde in Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG im Jahr
1996 reformiert. Durch dieses Gesetz ist nun vorgeschrieben, dass Arbeitgeber Gefährdungen für Arbeitnehmer im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln
und zu dokumentieren haben, sowie entsprechende Maßnahmen abzuleiten haben.
Die Arbeitnehmer sind bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen mit einzubeziehen (ebd., § 5). Wird von einer Aufsichtsperson festgestellt, dass keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde, so wird der betreffende Arbeitgeber auf
seine Verpflichtung hingewiesen und bezüglich Hilfestellungen beraten. Erforderlichenfalls kann auch eine Anordnung zur Durchführung erfolgen (GDA, 2011, S. 7).
Die Reform des ArbSchG führte vor allem zu einer Deregulierung: von detaillierten
Vorschriften, Verordnungen und Auflagen wird abgesehen und dem Wunsch nach
Entbürokratisierung nachgegeben. Auf besondere Gegebenheiten und Eigenheiten in
den Betrieben soll so besser Rücksicht genommen werden können. Der Gesundheitsschutz wurde somit auf die betriebliche Ebene verlagert. Allerdings bringt dies
ein Problem mit sich: eine unzureichende Kontrolle der gesetzlichen Regelungen
durch staatliche Aufsichtsbehörden. Es wird eine mangelhafte Umsetzung des
Gesundheitsschutzes in den Unternehmen konstatiert. Die Gefährdungsbeurteilung
dient oftmals lediglich als Fassade: gute Arbeitsbedingungen werden in den Vordergrund gestellt und problematische werden verborgen. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der Gefährdungen scheitert oftmals an deren Kosten. Dies passiert dann, wenn das Management der Betriebe lediglich die finanziellen Belastungen, nicht aber den Nutzeneffekt eines wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutzes
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
57
Kernkompetenzbereich Gesundheit
(z.B. gestiegene Produktivität) in die Bilanzierung einfließen lässt (Becker,
Brinkmann, Engel & Satzer, 2011a, S. 261–284).
Im ArbSchG ist auch vorgeschrieben, dass Bund, Länder und Unfallversicherungsträger für ein abgestimmtes Vorgehen, eine gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) zu entwickeln haben (Deutsche Bundesregierung, 1996, § 20a).
Diese arbeitet nun daran, die Arbeitsschutzmaßnahmen zu vereinheitlichen und
transparent zu regeln sowie die Umsetzung in den Betrieben voranzutreiben (GDA,
2012, www). Dazu hat die GDA eine Leitlinie zur Gefährdungsbeurteilung und
Dokumentation herausgegeben. Dies ist notwendig, da die Gefährdungsbeurteilungen vor allem in den Kleinbetrieben nicht flächendeckend oder in erforderlichem
Ausmaß durchgeführt werden. Es soll ein einheitliches Verständnis aller Beteiligter
(auch des Aufsichtspersonals) zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilungen hergestellt werden (GDA, 2011, S. 4). Von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (BAuA) wurde eine Internetseite für Information rund um Gefährdungsbeurteilungen
und
Good
Practice
Beispiele
eingerichtet
(www.gefaehrdungsbeurteilung.de).
Die verpflichtende Berücksichtigung von psychischen Belastungen als wesentlichen
Bestandteil der Gefährdungsbeurteilungen war ebenso eine Neuerung der Reform
von 1996. Es zeigte sich jedoch, dass nur etwa ein Viertel der Betriebe, die Gefährdungsbeurteilungen ausarbeiten, auch psychische Belastungen mit einbeziehen.
Dies ist vor allem deshalb ein geringer Anteil, da nur etwa die Hälfte der befragten
Betriebsräte angab, dass überhaupt Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt werden.
Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der festgestellten Gefährdungen
findet demnach oft nicht statt. Befragungen zeigten auch, dass vor allem in Betrieben
ohne Betriebsrat sowie in Kleinst- und Kleinunternehmen, Gefährdungsbeurteilungen
selten umgesetzt werden. Gerade hier wäre eine intensivierte Kontrolle der Einhaltung des ArbSchG durch Behörden von Nöten. Eine überbetriebliche Unterstützung
wie die von der IG Metall durchgeführte Umsetzungskampagne zur Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen, erweist sich als sehr erfolgreich. Um das
Präventionspotential des ArbSchG zu nutzen ist noch wesentlicher Handlungsbedarf
gegeben (Becker et al., 2011a, S. 261–284). Die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung hat sich in der Praxis als Präventionsinstrument bewährt. Sie könnte durch das
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
58
Kernkompetenzbereich Gesundheit
BEM sowie vorausschauender Gefährdungsbeurteilung sinnvoll ergänzt werden, um
neue Arbeitsplätze zu schaffen oder umzustrukturieren (ebd.).
Die Befragung mittels „DGB-Index Gute Arbeit“ vom Jahr 2008 kam zu ähnlichen Ergebnissen: nur 30 Prozent der befragten Beschäftigten konnten angeben, dass für
ihren Arbeitsplatz ein oder mehrere Male eine Gefährdungsanalyse erstellt wurde.
Doch selbst diese Gefährdungsbeurteilungen waren häufig mangelhaft. Nur 29% der
Arbeitnehmer wurden selbst umfassend befragt, 40% gar nicht. Vor allem in kleinen
Betrieben werden demzufolge seltener Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt.
Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte sind auch in diesem Punkt benachteiligt (DGB-Index Gute Arbeit, 2008, S. 30).
In Bezug auf das Arbeitsschutzrecht konstatiert Pickshaus (2011, S. 15) Regulierungslücken. Ihm zufolge fehlen „konkrete und verbindliche Bestimmungen zur Prävention bei arbeitsbedingtem Stress“. In diesem Punkt sollten die Gefährdungsbeurteilungen, die im ArbSchG vorgeschrieben sind, konkretisiert werden. Denn in einer
europäischen Unternehmensbefragung der Europäischen Agentur für Sicherheit und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ESENER-Survey) gaben 90% der befragten
Managementvertreter als Grund für die Befassung mit dem Gesundheitsschutz, die
gesetzliche Vorschrift an. An zweiter Stelle der Motive für die Durchführung von
Maßnahmen des Gesundheitsschutzes wurden Initiativen der betrieblichen Interessenvertretung angeführt (dies stimmt mit dem Ergebnis der Befragung im „DGBIndex Gute Arbeit“ überein, wonach bessere Arbeitsbedingungen herrschen, wenn
ein Betriebsrat vorhanden ist). Der Autor kommt zu dem Schluss, dass ohne gesetzliche Verpflichtung in 90% der Unternehmen der Anlass zum Gesundheitsschutz
fehlen würde und deshalb nicht betrieben würde. Er plädiert „dafür, den Handlungsdruck auf die Unternehmen zu erhöhen, das heißt über stärker verpflichtende und
konkretisierte Vorgaben auch zum arbeitsbedingtem Stress […] nachzudenken“
(Pickshaus, 2011, S. 15). Zudem sind die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Kontrollen über die Einhaltung des Arbeitsschutzes kontinuierlich reduziert
worden, „die Qualität der staatlichen Aufsicht über die eigenen Gesetze lässt sehr zu
wünschen übrig“ (Pickshaus, 2011, S. 16). Er ruft zu mehr Überwachung des
Arbeitsschutzes auf.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Kritisiert wird die Umsetzung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes auch im Zusammenhang mit Leiharbeit. Im ArbSchG ist der Gesundheitsschutz von Zeitarbeitern durch § 8 dezidiert geregelt. Es ist eine Zusammenarbeit von Ent- und
Verleihunternehmen vorgeschrieben. In der Praxis werden jedoch selten Maßnahmen oder Teilnahmemöglichkeiten für Leiharbeiter angeboten, die Arbeitsbedingungen für diese Gruppe sind zudem in der Regel schlechter (Becker, Brinkmann, Engel
& Satzer, 2011b, S. 140–141).
4.2 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Bereits seit dem Jahr 2004 existiert in Deutschland nach § 84, Abs. 2, SGB IX, die
gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, Arbeitnehmern, die in den vergangenen
12 Monaten mindestens 6 Wochen arbeitsunfähig waren, ein BEM-Verfahren anzubieten. Die Teilnahme des Beschäftigten ist jedoch freiwillig.
Das Bestreben des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) liegt in einer
„zielgerichteten Gesundheitsprävention, die den Arbeitsplatz bzw. das Arbeitsverhältnis des Beschäftigten dauerhaft sichern soll“ (ebd., S. 136). Es werden dabei
mögliche arbeitsbedingte Belastungen und Ursachen für länger dauernde Erkrankungen geklärt. Mit entsprechenden Mitteln wird daraufhin eingegriffen, um die
Arbeitsfähigkeit zu erhalten (Becker et al., 2011b, S. 136–139). Dafür können unterschiedlichste Maßnahmen erforderlich sein. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf „Maßnahmen der Prävention, der Rehabilitation, der Integration und der Gesundheitsförderung. Im Mittelpunkt stehen hierbei Maßnahmen der alters- bzw. alterns- und
behinderungsgerechten Arbeitsgestaltung“ (Giesert & Wendt-Danigel, 2011, S. 50).
Durch das BEM sollen Arbeitgeber mehr in die Pflicht genommen werden, die
Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Ist ein Arbeitnehmer länger als
6 Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber verpflichtet ein
BEM anzubieten. Die Zustimmung des Beschäftigten vorausgesetzt, werden mit der
zuständigen Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat) bzw. bei schwerbehinderten Arbeitnehmern zusätzlich mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betroffenen selbst sowie dem Arbeitgeber, die Möglichkeiten abgeklärt, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden und in Zukunft erhalten bleiben kann. Der Arbeitgeber muss erforderlichenfalls Werks- oder Betriebsarzt sowie örtliche Servicestellen
der Rehabilitationsträger (Krankenkasse, DRV, Bundesagentur für Arbeit (BA),
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)) für Leistungen zur Teilhabe
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
60
Kernkompetenzbereich Gesundheit
hinzuziehen oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben sowie das Integrationsamt beauftragen. Die zuständige Interessenvertretung bzw. die Schwerbehindertenvertretung hat die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über. Eine genaue Vorgabe,
wie der BEM-Prozess ausgestaltet sein soll, wird im Gesetz bewusst nicht vorgeschrieben. Es ist notwendig, dass individuell passende Lösungen für jeden Betrieb
gefunden werden. Zudem sind im Gesetz absichtlich keine Fristsetzungen, Strafmaßnahmen oder Anordnungsbefugnisse für die Umsetzung in den Betrieben festgeschrieben. Die Initiative für ein BEM sollte vor allem von den betrieblichen Interessenvertretungen ausgehen. Das heißt, ob ein BEM im Betrieb umgesetzt wird, ist
stark von der Initiative der Interessenvertretungen abhängig (Jastrow, Kaiser &
Emmert, 2010, S. 134; Blanke & Lafrenz, 2010, S. 10; Kiper, 2007, S. 1–2).
In der Ausformulierung des Gesetzes wird die Selbstbestimmung der Beschäftigten
besonders hervorgehoben. Arbeitnehmer haben jederzeit das Recht „ein BEM abzulehnen bzw. auch in der laufenden Umsetzung abzubrechen“ (Jastrow et al., 2010,
S. 134). Auch in die Entscheidung über Art, Qualität, Zielsetzung und Ausmaß der
BEM-Maßnahmen ist der Betroffene einzubeziehen (Jastrow et al., 2010, S. 134).
BEM sollte in den Betrieben idealerweise mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz,
BGF sowie Maßnahmen zu alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung verknüpft werden.
Dazu ist jedoch eine Kooperation und Kommunikation aller in diesen Bereichen im
Betrieb Tätigen erforderlich, die Maßnahmen müssen miteinander abgestimmt werden (ebd., S. 135). Im Zuge der Ursachenklärung wird kontrolliert, ob eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die alle Belastungen erfasst und auch Maßnahmen abgeleitet wurden. Das BEM kann daher auch dazu genutzt werden, dass Gefährdungsbeurteilungen wirklich und in ausreichendem Umfang durchgeführt werden, da der
Druck durch das Aufdecken in einem BEM-Verfahren erhöht wird. BEM ist ein Instrument, das sich konkret mit der Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen beschäftigt. Im
Gegensatz zur Gefährdungsbeurteilung, die sich mit den Belastungen und Gefährdungen eines konkreten Arbeitsplatzes auseinandersetzt (Becker et al., 2011b,
S. 136–139).
Bei der Umsetzung von BEM ist es wichtig, darauf zu achten, nicht von den betrieblichen Belastungen abzukommen. Dies wird vielfach von Arbeitgebern versucht und in
Richtung Ursachen, für die Arbeitgeber nicht verantwortlich sind zu lenken. Hier
nehmen Betriebsräte, aber auch Arbeitnehmer selbst eine wichtige Lenkungs- und
Kontrollfunktion ein (Becker et al., 2011b, S. 136–139).
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Als motivierender Anreiz für Betriebe BEM durchzuführen ist im Gesetz die Möglichkeit in Aussicht gestellt, dass bei entsprechender Qualität Prämien oder Boni von den
Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern an die Unternehmen vergeben werden
können. Diese sind bisher jedoch nur in Einzelfällen gewährt worden. Weiters ist vor
allem in KMU ein Informationsdefizit bezüglich BEM festgestellt worden: mehr als die
Hälfte aller in einer Telefonumfrage von 1.441 Unternehmen bis 250 Mitarbeiter
gaben an, BEM nicht zu kennen (Jastrow, et al., 2010, S. 136).
4.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung des BEM
In der Publikation von Jastrow et al. (2010, S. 144) wurde eine Berechnung des
ökonomischen Nutzen für Betriebe an Hand eines Unternehmens mit ca.
1.300 Mitarbeitern durchgeführt. Als Kosten wurden Ausgaben für die Einmaldurchführung, laufende Kosten, Schaffung einer BEM-Stelle (in größeren Unternehmen)
sowie mögliche Produktivitätsverluste eines Mitarbeiters auf Grund von BEM-Maßnahmen (z.B. durch Arbeitsplatzumsetzungen) berücksichtigt. Auf der Nutzenseite
wurden Produktivitätsgewinne der Mitarbeiter, eine Reduktion der Arbeitsunfähigkeitstage, geringere Wiedereinstellungskosten, die BEM-Prämie sowie eine nicht zu
zahlende Ausgleichsabgabe (wenn schwerbehinderte Mitarbeiter im Betrieb gehalten
werden können) bewertet. Die kalkulierten Kosten des Beispielbetriebs beliefen sich
auf ca. 310.000 €, wobei die Belastungen der einmaligen Durchführung des BEM mit
9.600 € einen geringen Anteil ausmachten. Die höchsten berechneten Ausgaben
verursachte die geringere Produktivitätsstufe nach BEM. Der Gesamtnutzen belief
sich auf ca. 1.500.000 €, die Produktivitätsgewinne machten mit über 1.100.000 €
den größten Anteil aus. Dies ergibt ein Kosten-Nutzen-Verhältnis des BEM von
1:4,84. Andere Untersuchen ergaben sogar ein Verhältnis von 1:20 (Jastrow et al.,
2010, S. 153).
Neben den oben erwähnten quantifizierbaren Nutzen gibt es für Unternehmen auch
Vorteile, die nicht direkt messbar sind. Sie sollten bei der Nutzenabwägung nicht
außer Acht gelassen werden. Diese sind beispielsweise der Verbleib qualifizierter
Mitarbeiter im Betrieb, der Erhalt von Bildungsinvestitionen für das Unternehmen,
eine Verbesserung des Images oder Gewinn von Informationen über betriebliche
Prävention (Niehaus, Magin, Marfels, Vater & Werkstetter, 2008, S. 118).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
62
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Wie der Effekt des BEM von Betrieben eingeschätzt wird zeigten Niehaus et al.
(2008, S. 117). In einer bundesweiten Erhebung bestätigten 36% der befragten betrieblichen Vertreter, dass sich die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch BEM reduziert hätten. Zudem gaben 50% an, dass ein leistungsgerechter Einsatz ermöglicht
wurde. Die Hälfte der Teilnehmenden konnte allerdings von keinem leistungsgerechten Einsatz berichten, da bis dato ein mangelnder Professionalisierungsgrad bestehe. Jeder sechste Befragte bestätigte eine Verbesserung der Erwerbsbeteiligung
von Arbeitnehmern mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Die Studienautoren fassen zusammen, dass BEM in vielen Betrieben noch nicht lange genug
betrieben wird, um genaue Aussagen über die Auswirkungen von BEM treffen zu
können. Allerdings geben sie an, dass auf Grund des derzeitigen Wissens- und
Forschungsstandes sowie der Projekterfahrungen davon auszugehen ist, dass BEM
in der Lage ist, Krankenstände zu reduzieren, Leistungsfähigkeit wiederherzustellen
und Erwerbsbeteiligung zu sichern.
4.2.2 Bewertung des BEM
Kiper (2007, S. 4) sieht in BEM ein Instrument, dass durch das rechtzeitige Erkennen
und Einleiten von Rehabilitationsmaßnahmen dazu in der Lage ist, erfahrene Mitarbeiter und Wissensträger länger in Betrieben halten zu können. Durch ein eingeführtes BEM kann sich auch das Betriebsklima in einem Unternehmen verbessern
und dazu führen, dass der Umgang mit älteren oder kranken Kollegen und Beschäftigten verbessert wird.
Niehaus et al. (2008, S. 112–116) zeigen in ihrer Untersuchung, dass die Umsetzung
des BEM in den Betrieben noch am Anfang steht. Nur in jedem zweiten der befragten
Unternehmen wird BEM durchgeführt, wobei dies nur auf 30% der kleinen Betriebe
zutrifft. Der Hinweis für die Betroffenen, dass die Teilnahme an BEM freiwillig ist, erfolgt in jedem fünften Unternehmen nicht. Weiters ist in vielen Betrieben nicht klar
geregelt, wie mit Daten aus dem BEM-Verfahren umgegangen werden soll. Eine
Systematisierung und Standardisierung des BEM in den Unternehmen mittels eines
Integrationsteams sowie Integrations-, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen könnte
diese Probleme beseitigen. Externe Unterstützung von den Rehabilitationsträgern
nimmt nur die Hälfte der Betriebe in Anspruch. Eine von der gesetzlichen Rentenversicherung koordinierte trägerübergreifende Servicestelle mit regionalen Niederlassungen würde ebenso externe Beratung anbieten. Die Umfrage zeigte, dass dies den
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
63
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Betrieben kaum bekannt ist (Niehaus et al., 2008, S. 112–116). Insgesamt ist „die
Bereitschaft der Arbeitgeber, Rahmenbedingungen für BEM und ein gesundes Altern
durch Prävention zu schaffen, noch gering ausgeprägt […]“ (Niehaus et al., 2008,
S.116).
Blanke & Lafrenz (2010, S. 11–12) bezeichnen BEM als wirkungsvolles Instrument
„um das vorzeitige Ausscheiden von Fachkräften aus Krankheitsgründen zu verhindern“. Es setzt genau da an, wo Probleme bestehen: im Betrieb. Jedoch besteht
noch erheblicher Verbesserungsbedarf in der Qualität der Umsetzung des BEM bezüglich ausreichender Information der Betroffenen, Transparenz des gesamten Verfahrens und des Datenschutzes. Hierzu werden vor allem von der DGUV „BEMExperten“ ausgebildet, sogenannte Disability Management Professionals, die qualifizierte Unterstützung bei der Durchführung anbieten. Der Umsetzungsproblematik in
KMU infolge mangelnder personeller und fachlicher Ressourcen, soll das Projekt
„Gesunde Arbeit“ entgegenwirken. Bei diesem im Jahr 2007 gestarteten Projekt
wurden fünf Regionalstellen zur Koordination von Beratungsleistungen eingerichtet.
Eine Ausweitung der Regionalstellen auf weitere Regionen ist das langfristige Ziel.
Es werden auch zahlreiche Hilfsmittel zur Durchführung des BEM in Betrieben angeboten. Wenn sich diese Strategie durchsetzen soll, braucht es nach Meinung der
Autoren eine umfassende Präventionskultur und einen Mentalitätswandel in den
Unternehmen, sodass BEM nicht als lästige gesetzliche Verpflichtung angesehen
wird, sondern als Selbstverständlichkeit.
Die DGUV bietet neben der bereits erwähnten Ausbildung von Disability
Management Professionals auch eine Auditierung für Betriebe an. Betriebe können
für ein gutes BEM ein internationales Zertifikat „Consensus Based Disability
Management Audit“ erhalten. Daneben werden verschiedene Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe bei der Umsetzung von BEM angeboten, beispielsweise persönliche Ansprachen, Informationsveranstaltungen oder Seminare. Abzuklären gilt
es, ob und in welchem Ausmaß Leistungen der Unfallversicherungsträger gesetzlich
verankert werden sollen. Dies ist bisher nicht geklärt (Mehrhoff & Wetzstein, 2010,
S. 13; 15).
KMU haben, wie schon erwähnt, oft auf Grund mangelnder Ressourcen nicht die
Möglichkeit BEM zu realisieren. Hier gewinnen vor allem Kooperationen in Industriegemeinschaften, Wirtschaftsverbänden, Kammern sowie Regionalstellen an Bedeutung. Diese sollten jedoch noch viel intensiver betrieben werden, um KMU zu unterFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
64
Kernkompetenzbereich Gesundheit
stützen. Generell ist es für die Unternehmen wichtig, eine konkrete Ansprechperson
zur Verfügung zu stellen. Das Projekt „Gesunde Arbeit“ hat dies mit der Einrichtung
der Regionalstellen erreicht. Auf Wunsch konnten Unternehmen aus einer Hand alle
Informationen beziehen und ein koordinierter Einsatz der unterschiedlichen
Dienstleister angeboten werden. An diesem Vernetzungsprojekt waren die Sozialversicherungsträger, die Integrationsämter, zahlreiche Berufs- und Branchenverbände,
Kammern und Innungen, die DGUV, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
(BMAS) und die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA) beteiligt (Jastrow &
Kaiser, 2010, S. 19–20).
Auch vom DGB wurde ein Handlungsleitfaden für die Einführung von BEM unter dem
Titel „10 Schritte zum Ziel“ entwickelt, der die Interessensvertretungen in den Betrieben mit detaillierten Hinweisen und Beispielen bei der Einführung eines BEM unterstützt. Ziel sollte demnach die fixe Verankerung des BEM in Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen sein. Es sollte als Teil der Gesundheitspolitik im Betrieb – neben
Arbeitsschutz und BGF – allen Arbeitnehmern zur Verfügung stehen (Giesert &
Wendt-Danigel, 2011, S. 7–13). Weiters wird vom DGB-Bildungswerk seit dem Jahr
2010 das Projekt „Neue Wege im BEM“ betrieben, wobei es darum geht, den oftmals
beklagten Zustand, dass BEM in der betrieblichen Praxis häufig nicht „nachhaltig“
implementiert ist und unzureichend geplant wird, zu beseitigen. In diesem Projekt
sollen neue Ansatzpunkte zur Verbesserung des BEM in der Praxis erarbeitet werden (DBG Bildungswerk, o.J. www.)
4.3 Rehabilitation
Im Jahr 2005 hat die Deutsche Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgelegt, die
berufliche Integration von Menschen mit Behinderung zu forcieren. Im Sozialgesetzbuch (SGB) sind die rechtlichen Grundlagen der Rehabilitation festgeschrieben, wo
unter anderem auch die Vorschrift des BEM zu finden ist (Sepp, Osterkorn &
Stadlmayr, 2009, S. 127).
Die Zuständigkeiten der gesetzlichen Sozialversicherungsträger bezüglich Rehabilitation in Deutschland sind mit der in Österreich vergleichbar (s. Kapitel 3.3). Zusätzlich sind jedoch auch die BA, die Träger der Sozialhilfe & der öffentlichen Jugendhilfe
sowie die Bundesgemeinschaft der Integrationsämter & Hauptfürsorgestellen für
Maßnahmen der Rehabilitation verantwortlich. Insgesamt sind damit in Deutschland
sieben verschiedene Träger für Rehabilitation verantwortlich (ebd., S. 130–131). Als
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
65
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Anlaufstelle für die Koordination, Beratung und Information der Versicherten wurden
regionale Reha-Servicestellen eingerichtet, die unter anderem Beratung bezüglich
BEM anbieten. Sie leiten auch Rehabilitationsanträge an zuständige Träger weiter
(Deutsche Bundesregierung, 2001, § 22).
Auch
die
Deutsche
Rentenversicherung
(DRV)
spricht
von
dem
Prinzip
„Rehabilitation vor Rente“, d.h. zunächst muss überprüft werden, ob Maßnahmen der
medizinischen oder beruflichen Rehabilitation die Arbeitsfähigkeit wieder herstellen
können. Unter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) – früher berufliche
Rehabilitation – werden jene verstanden, die den Arbeitsplatz erhalten sollen oder
die helfen, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen sowie berufliche Anpassungen,
Fortbildungen, Ausbildungen und Umschulungen (DRV-Bund, 2012, S. 8–9). Diese
Leistungen werden auch für Arbeitslose oder Erwerbsminderungsrentner angeboten.
Es besteht grundsätzlich Mitwirkungspflicht für betroffene Personen (Deutsche
Bundesregierung, 1975, § 64). Die LTA müssen individuelle Gegebenheiten sowie
Alter und Geschlecht berücksichtigen und sie bedürfen der Zustimmung der Betroffenen. Während der Rehabilitationsmaßnahmen erhalten diese Übergangsgeld von
den zuständigen Trägern (Deutsche Bundesregierung, 2001, § 9, Abs. 1; 4; § 45,
Abs. 2). An Arbeitgeber werden Zuschüsse ausbezahlt, wenn eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung ermöglicht wird (DRV-Bund, 2012, S. 8–9).
Ist eine volle Rückkehr in die berufliche Tätigkeit nach einer medizinischen Rehabilitation nicht sofort möglich, gewährt die DRV Übergangsgeld für eine stufenweise
Wiedereingliederung. Die Stundenanzahl der betroffenen Arbeitnehmer wird schrittweise (zwischen sechs Wochen und sechs Monaten) bis zum Erreichen der vollen
Arbeitsbelastung erhöht. Knapp 33.000 deutschen Versicherten konnte dadurch im
Jahr 2009 ein beruflicher Wiedereinstieg ermöglicht werden (DRV-Bund, 2011d,
S. 21).
4.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen
Im Jahr 2009 gingen 399.688 Anträge auf LTA ein, 132.259 wurden abgeschlossen.
Der Nutzen der beruflichen Rehabilitation wird durch das Erreichen einer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit gemessen. 37% der Versicherten, die im Jahr 2006 eine
berufliche Bildungsleistung abgeschlossen hatten, waren sechs Monate nach Beendigung in Beschäftigung. 2 Jahre nach Abschluss der Maßnahme sind es 48% (ebd.,
S. 44). Zusammengefasst heißt das: knapp die Hälfte der an beruflicher Rehabilita-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
66
Kernkompetenzbereich Gesundheit
tion Teilnehmenden kann innerhalb von zwei Jahren wieder in den Erwerbsprozess
eingegliedert werden.
4.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen
Obwohl es zahlreiche Bestrebungen gibt, die Heterogenität der Rehabilitation durch
die Vielzahl der Träger zur überwinden, ist dies bis dato nicht gelungen. So wurde
beispielsweise die „Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 20 Abs. 1
SGB IX“ der Rehabilitationsträger im Jahr 2003 oder der „Teilhabeplan“ zur nahtlosen, zügigen und einheitlichen Leistungserbringung „wie aus einer Hand“ im Jahr
2004 entwickelt. Diese Vorhaben wurden allerdings in der Praxis nicht oder nicht
ausreichend umgesetzt. Es fehlt an einem einheitlichen, trägerübergreifenden und
transparenten Vorgehen zur Feststellung und Durchführung der Leistungen zur Teilhabe (Zelfel, 2007, S. 79–89).
Um die berufliche Rehabilitation frühzeitig und bedarfsgerecht zu gestalten, wurde
vom BMAS das Projekt „RehaFutur“ gestartet. Die Arbeitsgruppen kamen zu dem
Ergebnis, dass die Aktivitäten der „Gemeinsamen Servicestellen“ durch mehr Öffentlichkeitsarbeit und Ausweitung des Angebots, beispielsweise BEM-Beratung für
KMU, ausgedehnt werden sollten (BMAS, o.J., S. 31–33).
4.4 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
In Deutschland spielen die gesetzlichen Krankenkassen eine große Rolle in der BGF.
Durch § 20 im deutschen SGB V sind sie auf dem Gebiet Prävention und Gesundheitsförderung zur Handlung verpflichtet. Sie müssen „Leistungen zur primären Prävention erbringen und den Arbeitsschutz ergänzende Maßnahmen der betrieblichen
Gesundheitsförderung durchführen“ (Sochert, 2006, S. 177). BGF ist damit im Unterschied zu Österreich eine Pflichtleistung der Krankenkassen. Während die Krankenkassen den Betrieben BGF anbieten müssen, sind Arbeitgeber nicht verpflichtet,
diese durchzuführen. Werden in einem Betrieb Maßnahmen angeboten, so müssen
diese bedarfsbezogen allen Mitarbeitern in gleichem Ausmaß zugänglich sein (EUOSHA, o.J., www).
Seit dem Jahr 2000 existiert für alle Krankenkassen eine verbindliche Handlungsanleitung zur BGF, wobei BGF-Aktivitäten an den Qualitätskriterien des ENWHP zu orientieren sind. Die seit 2001 veröffentlichte jährliche Dokumentation aller Leistungen
der Primärprävention und der BGF soll zur bundesweiten Transparenz führen. Die
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
67
Kernkompetenzbereich Gesundheit
gesetzlich geforderte Zusammenarbeit der Krankenkassen und Unfallversicherungen
haben zur Gründung der „Initiative Gesundheit und Arbeit“ (IGA) geführt, in der die
Passgenauigkeit von Arbeitsschutz und BGF mittels Projekten weiterentwickelt wird.
Auch in Deutschland gibt es eine nationale Kontaktstelle der ENWHP, das „Deutsche
Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung“ (DNBGF). Die IGA, das DNBGF
sowie die von der Bundesregierung gegründete INQA haben die Koordination bzw.
Vernetzung der verschiedenen Aktivitäten im Bereich der BGF zum Ziel, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Der Abstimmungsprozess zwischen den Institutionen ist
derzeit die größte Herausforderung (Sochert, 2006, S. 185–186). Das DNBGF versucht BGF in Deutschland weiter zu verbreiten und geht dabei auf die unterschiedlichen Anforderungen bezüglich der Betriebsgröße und -branche ein. Auch mittels
Praxisbeispielen und Pilotprojekten, u.a. zum Thema Age-Management, soll Betrieben bei der Umsetzung geholfen werden (DNBGF, o.J., www).
Seit dem 1. Jänner 2009 sind BGF-Maßnahmen steuerlich begünstigt. Bis zu 500 €
pro Arbeitnehmer und Jahr können steuerfrei bleiben, wenn vom Arbeitgeber unternehmensintern oder extern durchgeführte BGF angeboten wird. So sollen auch KMU,
die keine eigenen Angebote durchführen können, zu dieser Begünstigung kommen
(INQA, o.J.a, www). Zudem dürfen die Krankenkassen nach § 65a, Abs. 2 SGB V
auch einen Beitragsbonus an Arbeitgeber sowie an BGF teilnehmende Versicherte
vergeben (EU-OSHA, o.J., www). Eine Umfrage der IGA zur Steuerbefreiung durch
BGF-Maßnahmen hat gezeigt, dass dies zwar der überwiegenden Zahl der Unternehmen bekannt ist, jedoch nicht zu einer wesentlichen Zunahme an BGF-Angeboten in den Betrieben geführt hat. Die Abwicklung ist zu kompliziert und insgesamt der
„Gewinn“ durch die Steuerbefreiung im Vergleich zu den Ausgaben zu gering
(Hupfeld, 2011, S. 3).
4.4.1 Bewertung der BGF-Maßnahmen
BGF ist vorwiegend in großen Unternehmen zu finden, von KMU wird BGF noch zu
wenig betrieben. Da ein großer Anteil der deutschen Arbeitnehmer in KMU beschäftigt ist, ist dies ein Manko, das beseitigt werden muss. Vor allem fehlendes Wissen in
Bezug auf Möglichkeiten der Umsetzung und Kooperationspartner scheint das Problem zu sein. Aber auch die fehlenden Ressourcen stellen ein Problem dar (BMG,
2011, S. 10).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
68
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Der Präventionsbericht 2007 zeigte, dass sich in der Zielgruppe von BGF nur 8%
ältere Beschäftigte befinden. Die IGA hat dies zum Anlass genommen, Checklisten
zu entwickeln, die helfen sollen BGF in punkto Planung, Organisation und Durchführung speziell für die Zielgruppe der älteren Beschäftigten auszurichten (Borkel,
Rimbach & Wolters, 2011, S. 5).
4.5 Altersteilzeit
Ab einem Alter von 55 Jahren haben Arbeitnehmer in Deutschland die Möglichkeit,
ihre Arbeitszeit zu halbieren. Voraussetzung ist eine mindestens 3-jährige versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der letzten 5 Jahre. Prinzipiell besteht kein
Rechtsanspruch auf Altersteilzeit, es handelt sich immer um Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (BA, 2010b, www). Dem Arbeitnehmer stehen
das halbe Arbeitsentgelt sowie Aufstockungszahlungen von mindestens 20% durch
den Arbeitgeber zu. Dieser muss auch zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge
zahlen. Wurden mindestens 24 Monate Altersteilzeitarbeit geleistet, in denen die
Arbeitszeit um die Hälfte reduziert wurde und sind alle anderen Anspruchsvoraussetzungen gegeben, so kann Altersrente nach Altersteilzeitarbeit in Anspruch genommen werden. Besetzt der Arbeitgeber den freigemachten Arbeitsplatz mit einem
Ausgebildeten oder Arbeitslosen so erhält er bis zu 6 Jahre lang die Aufstockungsbeträge zum Verdienst und zum Rentenversicherungsbeitrag von der BA erstattet,
vorausgesetzt die Altersteilzeitarbeit hat bis Ende 2009 begonnen. Unternehmen mit
bis zu 50 Arbeitnehmern können diese Förderungen auch dann erhalten, wenn sie
nicht die freigewordene, sondern eine andere Stelle im Unternehmen neu besetzen
(DRV-Bund, 2011b, S. 6–7). Diese Zuschüsse der BA wurden im Jahr 2009 eingestellt. Eine ungeförderte Altersteilzeit ist seither trotzdem möglich. In vielen Branchen
wie beispielsweise Chemische Industrie oder Kunststoffverarbeitende Industrie gibt
es seither Tarifabschlüsse, die die Altersteilzeit mit bisherigen Konditionen bis zum
Jahr 2015 verlängert, vorrangig für Beschäftigte mit hoher Arbeitsbelastung und nur
im Blockmodell. Eine Vielzahl verschiedener Regelungen in den Tarifverträgen verursachen unterschiedliche Bedingungen in den Branchen (Wanger, 2010, S. 175–
176).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
69
Kernkompetenzbereich Gesundheit
4.5.1 Bewertung der Altersteilzeit
Auch in Deutschland ist das Blockmodell besonders beliebt (DRV-Bund, 2011a,
S 18–19; DRV-Bund, 2011b, S. 6–7;). Bei 93,5% der im Jahr 2009 bewilligten
Anträge auf Altersteilzeit wurde die Blockvariante gewählt. Das bedeutet, dass auch
in Deutschland die Altersteilzeit von einem Instrument des gleitenden Übergangs in
den Ruhestand zu einem der frühzeitigen Pensionierung wurde. Die kontinuierliche
Reduktion der Arbeitsbelastungen sowie der Wissenstransfer von älteren zu jüngeren Mitarbeitern werden damit nicht erreicht. Zudem konnte nicht die erwünschte
positive Wirkung auf die Arbeitslosenzahlen bewirkt werden. Die Zahl der nachrückenden Arbeitslosen auf Altersteilzeitstellen hat sich seit dem Jahr 1997 laufend
reduziert (Deutscher Bundestag, 2010, S. 97).
Dass die Förderung der Altersteilzeit nicht mehr gewährt wird zeigt, dass Deutschland diese Strategie nicht weiter verfolgt.
4.6 Alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation
Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten werden, so die Ergebnisse des IABBetriebspanels 2006 (eine repräsentative Befragung von jährlich rund 16.000 Personalwirtschaftlichen), bisher viel zu wenig betrieben (s. Abbildung 12).
Abbildung 12: Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte, Kistler (2008, S. 59)
In nur 17% der Betriebe, die überhaupt über 50-Jährige beschäftigten, wurden Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten durchgeführt. Dies waren aber vor allem
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
70
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Altersteilzeitangebote, die auf Grund der vorrangig gewählten Blockvariante nicht zur
Verlängerung der Beschäftigung Älterer, sondern zu deren Verkürzung beitragen.
Der Anteil von Betrieben, die Aktivitäten setzen, ist im Vergleich zu 2002 noch dazu
um 3% gesunken (Kistler et al., 2008, S. 1–42; Kistler, 2008, S. 59–60). Maßnahmen
wie eine besondere Ausstattung der Arbeitsplätze für Ältere (1%), eine Herabsetzung
der Leistungsanforderungen (ca. 2%) oder altersgemischte Arbeitsgruppen (5%)
wurden in deutschen Betrieben eher selten umgesetzt. Das Arbeiten in altersgemischten Teams gilt jedoch als klassische Empfehlung für alters- und alternsgerechtes Arbeiten. Sowohl Junge können dabei durch Austausch von Erfahrung und
Wissen profitieren, als auch Ältere vom Transfer von neuen Methoden und Verfahren. Es hat sich allerdings in Betriebsfallstudien gezeigt, dass altersgemischte Teams
nicht für jeden Betrieb geeignet sind. Dies sollte geprüft werden, wenn Betriebe
Gruppenarbeit praktizieren. Als problematisch erweist sich hierbei die Tatsache, dass
nur ein Teil der Betriebe – vor allem größere – professionelle Personalpolitik betreiben. Diese ist jedoch für eine überlegte Personaleinsatzplanung und Arbeitsorganisation erforderlich. Zwischen dem Wissen über betriebliche Maßnahmen altersgerechten Arbeitens und der betrieblichen Praxis besteht also noch eine große Diskrepanz (Kistler, 2008, S. 64–66).
Allerdings zeichnet sich eine Änderung der Sichtweise der Betriebe ab. Die Befragung der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH im Jahr 2008 auf der Basis des
IW-Zukunftspanels zeigte, dass die Inanspruchnahme der Altersteilzeit zurückgeht
(8,6%). In dieser Befragung waren es bereits 47,3% der Betriebe, die altersgemischte Teams einsetzen und weitere 7% planen dies für die Zukunft. Interessant ist
auch, dass in 3 von 10 Unternehmen ältere Mitarbeiter ihre jüngeren Kollegen anleiten, beraten oder ausbilden und in einem von 10 Betrieben wird der gezielte Einsatz
von Mitarbeitern über 50 Jahre als Trainer, Mentor oder Berater überlegt. Das Einbeziehen des Erfahrungswissens von Älteren in Entwicklungs- und Veränderungsprozesse praktizieren laut dieser Befragung rund 20% der Betriebe. Wesentliche Erkenntnis liefert die Befragung im Bereich der personalpolitischen Maßnahmen, die
unmittelbar Kosten verursachen oder bei welchen Konflikte mit Interessenvertretung
oder Mitarbeitern auftreten könnten. Bei diesen Maßnahmen (z.B. Versetzungen,
Herabsetzung der Arbeitsanforderung), die auch eine Anpassung bei der Entlohnung
zur Folge haben, sind Betriebe eher zurückhaltend (Deutscher Bundestag, 2010, S.
114).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
71
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Generell wird berichtet, dass Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten nur in größeren Betrieben in relevanter Zahl stattfinden. Wie in Kapitel 2.8 beschrieben, sollte ein
Maßnahmenbündel, ein integrierter Ansatz, verfolgt werden. Doch gerade über die
Verbreitung dieses integrierten Ansatzes in der betrieblichen Praxis stehen keine
eindeutigen Zahlen und Informationen zur Verfügung (Kistler, 2008, S. 59).
4.7 Überbetriebliche Initiativen
Auch für Deutschland können im Rahmen dieser Arbeit nur ausgewählte Initiativen
betrachtet werden. Einzelne nationale und regionale Initiativen sowie Projekte, die
gezielt KMU oder bestimmte Branchen ansprechen, werden in diesem Kapitel vorgestellt.
Das Deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat in den Jahren 1996-2000 im Rahmen des Förderschwerpunkts „Demografischer Wandel und
die Zukunft der Erwerbsarbeit“ 5 Projektverbünde mit ca. 5,4 Mio. € gefördert. Die
Ergebnisse der Pilotprojekte sowie die Forschungsergebnisse werden auf der
Homepage des Transferprojekts „demotrans – Öffentlichkeits- und Marketingstrategie demographischer Wandel“ (www.demotrans.de) präsentiert. Ziel ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit (z.B. durch Veranstaltungen, Veröffentlichungen und Vorträge), die Verbreitung des Wissens in den Betrieben, das Schaffen von Anreizen für
die Umsetzung sowie die Hilfestellung bei der Durchführung von Maßnahmen in Betrieben. Deutschland weist damit ein nationales Programm auf, das sich mit den
Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt beschäftigt. Kritisiert wird jedoch, dass zu wenig auf bereits bestehendes Wissen aus anderen Ländern zurückgegriffen und unnötig neue Forschung betrieben wird (Kriener et al.,
2004, S. 31; 67–68).
Die gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen durch Projekte und Initiativen von
Innungen, Branchennetzwerken, regionalen Verbünden etc. sind vor allem für Kleinbetriebe besonders wertvoll. Auf diesem Wege kann die Hürde der oft mangelnden
Ressourcen in diesen Betrieben überwunden werden (ebd., S. 33). Als Beispiel kann
der im Jahr 2006 abgeschlossene „Tarifvertrag zur Gestaltung des demografischen
Wandels in der Eisen- und Stahlindustrie“ angeführt werden. Unter anderem werden
(teilweise obligatorisch) Altersstrukturanalysen, die Ableitung von Maßnahmen gemeinsam
mit
dem
Betriebsrat
(z.B.
Qualifizierung,
Gesundheitsförderung,
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72
Kernkompetenzbereich Gesundheit
altersgemischte Teams, Arbeitszeitgestaltung, Übernahme Ausgebildeter) und eine
Initiative für einen gleitenden bzw. vorzeitigen Übergang in den Ruhestand empfohlen bzw. vorgeschrieben. Allesamt sind dies Punkte für eine stärker nachhaltig orientierte Personalpolitik. Die weiterhin bestehende Möglichkeit des frühzeitigen Ausscheidens ist aus Sicht der Gewerkschaften erforderlich, um die belastenden
Arbeitsbedingungen in dieser Branche ausreichend zu berücksichtigen (Deutscher
Bundestag, 2010, S. 119).
Auch in der Chemiebranche wurde ein Tarifvertrag mit dem Titel „Lebensarbeitszeit
und Demografie“ abgeschlossen, der Anreize für eine längere Beschäftigung zum
Ziel hat. Der mit April 2008 gültige Tarifvertrag umfasst Elemente wie:
-
Demografieanalysen,
-
Maßnahmen zur alters- und gesundheitsgerechten Arbeitsgestaltung,
-
Aktivitäten zur Qualifizierung während des gesamten Arbeitslebens sowie
-
Maßnahmen für gleitende Übergänge zwischen Bildungs-, Arbeits- und Ruhestandsphasen (Deutscher Bundestag, 2010, S. 120).
Einen tariflichen Anspruch auf Altersteilzeit gibt es seitdem nicht mehr. Dieser Vertrag stellt einen Einschnitt in der bisherigen Praxis der Tarifverträge dar: „Er basiert
auf der Erkenntnis, dass Ältere enorme Potenziale für die Unternehmen bereithalten,
die über gezielte Maßnahmen der Arbeitsgestaltung der Zeitpolitik, der Gesundheitsförderung, der Qualifizierung, des Wissensmanagements und der Familienförderung mobilisiert werden können“ (Deutscher Bundestag, 2010, S. 120).
Die Interessengemeinschaft IG Metall betreibt auf Basis der Ergebnisse des „DGBIndex Gute Arbeit“ eine Initiative zur betrieblichen Alltagsgestaltung von Arbeitsbedingungen mit dem Titel „Gute Arbeit“. In den drei Themenbereichen „alters- &
alternsgerechte Arbeitsgestaltung“, „Arbeitszeit- & Leistungsbedingungen“, „prekäre
Beschäftigung & deren Auswirkung auf die Gesundheit" bietet die Initiative den
Betrieben Hilfestellungen an. Beispielsweise:
-
eine verbesserte Schichtplan-Software für Betriebsräte mit Beispielschichtplänen,
-
Handlungshilfen und betriebliche Umsetzungskonzepte für Betriebe zur
ganzheitlichen Erfassung aller Belastungen bei den Gefährdungsbeurteilungen,
-
Handlungshilfen für ein Einführungskonzept zum BEM,
-
Instrumente zur Qualifikationsanalyse,
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
73
Kernkompetenzbereich Gesundheit
-
Analysen der betrieblichen Altersstruktur,
-
Gesundheitsförderung zur alternsgerechten Arbeitsgestaltung (Pickshaus,
2009, S. 279–283).
Die nationale INQA ist eine seit 2002 bestehende Gemeinschaftsinitiative von Bund,
Ländern, Sozialversicherungsträgern, Gewerkschaften, Stiftungen sowie Unternehmen und ist organisatorisch bei der BAuA angesiedelt. Ziel der Initiative sind Sensibilisierung der Öffentlichkeit, gemeinsames Erarbeiten der Partner von praktischen
Umsetzungsvorschlägen, der Wissenstransfer in Netzwerken, die Unterstützung und
Förderung von Projekten, Unternehmensberatung sowie die Vorstellung von Good
Practice Beispielen (INQA, o.J.b, www).
Auf Initiative von INQA und BMAS wurde 2006 „Das Demographie Netzwerk“ (ddn)
gegründet. Dabei handelt es sich um eine bundesweite Plattform an der sich Betriebe aller Branchen und Größen an Wissensgenerierung und -transfer beteiligen.
Weiters wurden einzelne Netzwerke für spezifische Branchen (beispielsweise Bau,
Pflege, Büro) sowie für KMU geschaffen, die somit auf deren besonderen Bedürfnisse bei der Umsetzung von Maßnahmen eingehen können (INQA, o.J.c, www). Ein
Projekt zur regionalen Vernetzung von KMU ist „Gesunde Arbeitswelten im demografischen Wandel“ das von INQA, der Bertelsmann Stiftung sowie der HansBöckler-Stiftung durchgeführt wird. Dabei sollen KMU unterstützt werden eine
alter(n)sgerechte Gesundheitspolitik im Betrieb einzuführen. Vor allem geht es hierbei um die Vernetzung der regionalen Betriebe und der betriebsexternen Gesundheitsakteure durch den Aufbau von Kompetenzzentren vor Ort. Gerade KMU profitieren am meisten von diesen regionalen Netzwerken (Bertelsmann Stiftung, o.J., S. 1).
Auch in Deutschland werden Auszeichnungen für Betriebe, die Maßnahmen für
altersgerechte Arbeit umsetzen, vergeben. Das „AGE CERT“ Qualitätssiegel wird
von der Marie-Luise und Ernst Becker Stiftung an Betriebe mit einer altersgerechten
Personalentwicklung vergeben. Mittels Visitation werden die Aktivitäten beurteilt und
überprüft (AGE CERT, 2010, www). Von einigen deutschen Bundesländern (z.B.
Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg) werden ebenso Preise für demografiefeste
Unternehmen vergeben (ddn, 2011, www).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
74
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Im Rahmen des 2012 stattfindenden „Europäischen Jahr für aktives Altern und
Solidarität zwischen den Generationen“ werden vom BMFSFJ rund 800.000 € für
46 Projekte zu verschiedensten Themen, z.B. demografischer Wandel und nachhaltiges Personalmanagement, zur Verfügung gestellt. Die beim BMFSFJ eingerichtete Koordinierungsstelle fördert und begleitet die Umsetzung der Projekte und präsentiert diese auf der eingerichteten Homepage www.ej2012.de, um eine Vernetzung
und Wissenstransfer zu gewährleisten (BMFSFJ, 2012, S. 9–10).
In Deutschland wurden bereits im Jahr 2001 im Rahmen des „Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplans 2001“ zahlreiche Maßnahmen zur Beschäftigung und
Reintegration Älterer in den Arbeitsmarkt unternommen. Vorwiegend konzentrierten
sich die Aktivitäten auf die Bereiche Lebensbegleitendes Lernen, Verbesserung der
Altersteilzeit
und
Abbau
von
Vorurteilen
gegenüber
älteren
Beschäftigten
(Bundesrepublik Deutschland, 2001, S. 24–26).
Auch in den Aktionsplänen der darauffolgenden Jahre wurde die spezielle Lage der
älteren Arbeitnehmer behandelt. So wurde beispielsweise im „Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplan 2004“ die Qualität der Arbeit ins Zentrum der Strategie
gerückt, u. a. durch die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
bei der Arbeit und einer effizienteren Kontrolle der Einhaltung durch eine zentrale
Überwachungsstelle (Bundesrepublik Deutschland, 2004, S. 11).
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75
Kernkompetenzbereich Gesundheit
5 VERGLEICH DER ÖSTERREICHISCHEN UND
DEUTSCHEN STRATEGIEN
In Österreich ist die Berücksichtigung des Alters bei der Übertragung der Aufgaben
sowie der Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen im Arbeitnehmerschutz vorgeschrieben. Vor allem Kleinbetriebe, aber auch größere Unternehmen, kommen jedoch dieser Verpflichtung nur unzureichend nach. Weniger als ein Viertel der
Betriebe bis 50 Mitarbeiter und nur ca. 40 % der Betriebe mit mehr als
50 Arbeitnehmern berücksichtigen das Alter (s. Kapitel 3.1). Das heißt, die Situation
in größeren Betrieben ist zwar besser, jedoch nicht zufriedenstellend. Auf freiwilliger
Basis können Arbeitspsychologen als Präventivfachkräfte für alternsgerechte
Arbeitsgestaltung eingesetzt werden. Altersstrukturanalysen können freiwillig im
Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.
Das deutsche ArbSchG sieht hingegen keine spezielle Berücksichtigung älterer
Arbeitnehmer vor. Die von allen Betrieben verpflichtend durchzuführende Gefährdungsbeurteilung, in denen auch psychische Belastungen erfasst werden müssen,
lässt den Arbeitgebern großen Spielraum in der Ausgestaltung. Auch hier ist keine
dezidierte Beurteilung der Gefährdungen für Ältere vorgesehen. Gefährdungsbeurteilungen werden jedoch vor allem in Kleinbetrieben noch nicht in ausreichendem
Maße durchgeführt (s. Kapitel 4.1).
Durch „fit2work“ werden vor allem Maßnahmen der Sekundär- und Tertiärprävention
umgesetzt. Arbeitnehmern bzw. Kurzzeitarbeitslosen mit längeren Krankenständen
wird dieses Beratungsangebot vorgeschlagen. Die Teilnahme daran ist jedoch freiwillig. Eine zweite Schiene des Beratungsangebots richtet sich an Betriebe. Vor
allem an diesem Zweig wurde vielfach kritisiert, dass Doppelstrukturen aufgebaut
werden. In der Ausgestaltung wurde daher festgelegt, dass nur das BEM (für Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen bzw. Menschen mit Behinderung) und der
ABI PlusTM zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Angebot an Betriebsberatung
durchgeführt werden. Die AUVA spielt in der Betriebsberatung eine große Rolle. Vor
allem über das schon bestehende Programm „AUVAsicher“ wird eingangs eine KurzDiagnostik der Betriebe durchgeführt. Da die Beratung für Betriebe derzeit noch nicht
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
76
Kernkompetenzbereich Gesundheit
angeboten wird, ist die genaue Ausgestaltung aus der vorliegenden Literatur nicht
erkennbar. Fraglich bleibt daher auch, ob das Beratungsangebot für Betriebe mit
überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen verpflichtend wahrgenommen und
Maßnahmen verpflichtend umgesetzt werden müssen.
Durch „fit2work“ werden Kostenersparnisse im Bereich der Kranken-, Pensions-,
Unfall-, und Arbeitslosenversicherung erwartet. „fit2work“ richtet sich zwar nicht gezielt an ältere Personen, wurde allerdings mit der Zielsetzung einer längeren Erwerbstätigkeit älterer Beschäftigter, also der Reduktion der Invaliditätspensionen,
entwickelt. Die Maßnahmen werden älteren Erwerbstätigen auch in hohem Maße
zugutekommen, da der Fehlzeitenreport 2011 aufgezeigt hat, dass bei den 55- bis
60-jährigen Beschäftigten die Summe der Krankenstandstage am höchsten ist und
Krankenstände mit mehr als sechs Wochen gute Indikatoren für einen wahrscheinlichen Übergang in eine Invaliditätspension sind. Da „fit2work“ bei eben dieser Anzahl
an Krankenstandstagen ansetzt, ist zu erwarten, dass das Case Management auf die
richtige Personengruppe ausgerichtet ist (s. Kapitel 3.2).
Das BEM in Deutschland ist direkt auf Arbeitgeber ausgerichtet. Sie sind verpflichtet
ihren Arbeitnehmern, die mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig waren, Maßnahmen für
BEM anzubieten. Die Durchführung ist jedoch abhängig von der Zustimmung des
Beschäftigten, er hat jederzeit das Recht dies abzulehnen. Betriebs- oder Personalrat bzw. auch Schwerbehindertenvertretung müssen in das Vorgehen mit einbezogen
werden. Sie haben auch die Kontrolle der Durchführung des BEM über. Eine genaue
Vorgabe, wie der BEM-Prozess ausgestaltet sein soll, wird im Gesetz bewusst nicht
vorgeschrieben. Es ist notwendig, dass individuell passende Lösungen für jedes
Unternehmen gefunden werden, das BEM ist in den Betrieben aufzubauen. So besteht die Chance, dass in diesem Rahmen präventive Maßnahmen des Arbeits- und
Gesundheitsschutzes sowie BGF ausgebaut und vorangetrieben werden. Die Rehabilitationsträger (Krankenkasse, DRV, BA, DGUV) müssen gegebenenfalls für Leistungen aufkommen, bieten jedoch auch Beratung hinsichtlich der Durchführung
sowie in manchen Fällen Prämien oder Boni an.
Eine mangelhafte Umsetzung sowie Informationsdefizite bezüglich BEM bestehen
vor allem in KMU. Bei der Durchführung von BEM wird ein mangelhafter Professionalisierungsgrad attestiert, die Umsetzung in den Betrieben stecke noch in den
Kinderschuhen. Nur in jedem zweiten der befragten Unternehmen wird BEM
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
77
Kernkompetenzbereich Gesundheit
durchgeführt, wobei dies nur auf 30% der kleinen Betriebe zutrifft (s. Kapitel 4.2).
Eine von der gesetzlichen Rentenversicherung koordinierte trägerübergreifende
Servicestelle mit regionalen Niederlassungen könnte als externer Berater für die
Betriebe in Betracht kommen. Sie ist den Unternehmen jedoch kaum bekannt. KMU
haben oft auf Grund mangelnder Ressourcen nicht die Möglichkeit BEM zu realisieren. Hier gewinnen vor allem Kooperationen in Industriegemeinschaften, Wirtschaftsverbänden oder Kammern sowie Regionalstellen an Bedeutung. Sie sollten jedoch
noch viel intensiver vorangetrieben werden, um KMU zu unterstützen.
In Österreich besteht für Versicherte Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation,
es herrscht jedoch auch Mitwirkungspflicht. Maßnahmen, die die Wiederherstellung
von Arbeitsfähigkeit ermöglichen, müssen durchgeführt werden, bevor eine Invaliditätspension in Anspruch genommen werden kann. Die vorliegenden Daten zeigen
jedoch, dass die berufliche Rehabilitation nicht den Stellenwert hat, den sie haben
sollte. Überdenkt werden sollte, Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation frühzeitig
und unabhängig von einem Invaliditätspensionsantrag einzusetzen sowie die Ermöglichung des Zugangs zu beruflicher Rehabilitation für Personen ohne Berufsschutz.
Für arbeitslose Personen wurde eine Vereinfachung der Überprüfung der Arbeitsfähigkeit mit der Möglichkeit einer frühzeitigen Rehabilitation durch die Einrichtung der
„Gesundheitsstraße“ eingerichtet. Verbesserungsbedarf besteht hierbei jedoch hinsichtlich der Ausweitung der Teilnehmer sowie der Betreuung beim AMS
(s. Kapitel 3.3).
Rehabilitation in Deutschland ist von einer Vielzahl an Trägern geprägt. Diese Heterogenität versucht man durch eigens eingerichtete Reha-Servicestellen zu überwinden. Wie in Österreich, herrscht auch in Deutschland das Prinzip „Rehabilitation vor
Rente“. So wird versucht zunächst die Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, bevor
eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt wird. Berufliche Rehabilitation (LTA)
wird auch an Arbeitslose und Erwerbsminderungsrentner erbracht. Alle Rehabilitanden haben grundsätzlich Mitwirkungspflicht. Dabei bedarf es jedoch zuvor der Zustimmung des Betroffenen. Die stufenweise Wiedereingliederung ermöglicht erforderlichenfalls eine langsame Hinführung zur vollen Erwerbstätigkeit. Verbesserungswürdig erscheinen die Zusammenarbeit und das einheitliche Vorgehen der verschiedenen Rehabilitationsträger (s. Kapitel 4.3).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
78
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Eine Verpflichtung der Krankenkassen, Betrieben BGF anzubieten, besteht in Österreich nicht. BGF wird jedoch in Österreich durch zahlreiche Unterstützungsangebote,
insbesondere für KMU, gefördert. BGF und Arbeitnehmerschutz können in einem
Betrieb als einander ergänzende Systeme aufgebaut werden. Dies wird allerdings
erst von wenigen Betrieben durchgeführt. In Österreich herrschen zahlreiche Defizite
wie Unverbindlichkeit, Ziellosigkeit und mangelnde Koordination – eine Bundeskoordination der BGF-Maßnahmen ist erforderlich (s. Kapitel 3.4).
In Deutschland sind im Gegensatz zu Österreich die Krankenkassen verpflichtet, Betrieben BGF-Maßnahmen anzubieten. Die Betriebe sind jedoch nicht verpflichtet,
diese umzusetzen. Steuerliche Begünstigung und ein Beitragsbonus für Arbeitgeber
und -nehmer bei Umsetzung von BGF sind möglich. BGF ist vorwiegend in großen
Unternehmen zu finden. KMU müssten demzufolge durch mehr Information und
Unterstützung zu BGF motiviert werden. Bisher wird BGF für ältere Beschäftigte
noch zu wenig angeboten (s. Kapitel 4.4).
Altersteilzeit mit einer gleichbleibenden Reduktion der Arbeitszeit bietet eine Möglichkeit die Arbeitsbelastungen im Alter zu reduzieren. Da jedoch sowohl in Österreich als auch in Deutschland zumeist die Blockvariante der Altersteilzeit gewählt
wird, ist diese Maßnahme eher eine Strategie zum vorzeitigen Erwerbsausstieg. Zudem kommt das Modell der Altersteilzeit nicht jenen zugute, die den größten Arbeitsbelastungen ausgesetzt sind. In Österreich wird mit verschiedenen Maßnahmen versucht, die Blockvariante unattraktiver zu gestalten bzw. an Bedingungen zu knüpfen.
Eine Abschaffung ist jedoch nicht geplant. In Deutschland wurde jedoch die Förderung der Altersteilzeit mittels Zuschüssen eingestellt (s. Kapitel 3.5; 4.5).
Einige musterhafte Betriebe weisen bereits eine alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation auf. Jedoch konzentrieren die meisten Unternehmen ihre Aktivitäten noch auf die
jüngere Belegschaft. Das Wissen über die Ursachen von Krankheiten im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen, -tätigkeiten oder der -umgebung und die daraus
abzuleitenden Maßnahmen, wird in den Betrieben Österreichs und Deutschlands zu
wenig genutzt. Da vor allem KMU oftmals Schwierigkeiten bei der Umsetzung von
Maßnahmen
alter(n)sgerechter
Arbeit
haben,
bedürfen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
diese
besonderer
79
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Unterstützung durch überbetriebliche Akteure wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaften und politische Institutionen.
In beiden Ländern bestehen zahlreiche Initiativen und Projekte für alter(n)sgerechte
Arbeit. Dabei konzentrieren sich einige Projekte speziell auf die Bedürfnisse von
KMU, besonders belastete Branchen oder regionale Netzwerke. Die Projekte tragen
zum Wissensgewinn über die konkrete Umsetzung in den Betrieben, spezifische
Hürden, erforderliche Unterstützungsmaßnahmen sowie zur Sensibilisierung der
Thematik bei (s. Kapitel 3.6; 3.7; 4.6; 4.7).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
80
Kernkompetenzbereich Gesundheit
6 BEWERTUNG DER ÖSTERREICHISCHEN UND
DEUTSCHEN STRATEGIEN
Im ersten Teil der Arbeit wurden die Aktivitäten und Strategien Österreichs und
Deutschlands mittels Literaturrecherche dargestellt und verglichen (s. Kapitel 3–5).
Für die Bewertung dieser Strategien sowie die Ermittlung von Änderungsbedarf wird
eine qualitative empirische Untersuchung durchgeführt. Im folgenden Kapitel werden
die Methode des Experteninterviews und die konkrete Vorgehensweise erläutert.
Anschließend erfolgt die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse.
6.1 Darstellung der Methodik
6.1.1 Teilstandardisierte Experteninterviews
Qualitative Befragungen bieten Einblick in die subjektive Perspektive des Interviewpartners (Bortz & Döring, 1995, S. 283). Da Ansichten, Meinungen und Erfahrungen
der Experten mit der Befragung erhoben werden sollen, eignet sich ein qualitatives
Design.
Auf Grund des Zieles gegenwärtige Aktivitäten von Politik und Betrieben zu hinterfragen, wurde als Erhebungsinstrument eine mündliche Expertenbefragung gewählt.
Dabei können Aussagen der Gesprächspartner hinterfragt und vertieft werden. Eine
mündliche Befragung beinhaltet zwar die Gefahr einer Verzerrung durch den Interviewer – er nimmt schließlich direkten Einfluss auf das Gespräch – jedoch bietet sie
auch den Vorteil gegenüber der schriftlichen Befragung kontrollieren zu können, wer,
wann und wie die Fragen beantwortet werden (Atteslander, 2006, S. 125–126).
Die Experten in Österreich wurden persönlich befragt, die Interviews mit deutschen
Experten wurden angesichts der Entfernung telefonisch durchgeführt. Die Unterschiede in den Antworten, die zwischen telefonischen und persönlichen Interviews
vormals als problematisch angesehen wurden, werden mittlerweile als gering beziffert (Diekmann, 2008, S. 504). Dennoch wurde darauf geachtet, dass sich die telefonischen Interviewpartner durch den frühzeitigen Erhalt des Interviewleitfadens gut auf
das Gespräch einstellen und vorbereiten konnten.
Eine teilstrukturierte Befragung kann dem Ziel der Erhebung am besten gerecht
werden. Diese bietet die Möglichkeit mittels eines vorbereiteten Interviewleitfadens
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
81
Kernkompetenzbereich Gesundheit
die Ergebnisse vergleichbar zu machen, im Gespräch jedoch die Abfolge der Fragen
variieren und neue Themen einfließen lassen zu können (Atteslander, 2006, S. 125).
6.1.2 Interviewleitfaden
Der Interviewleitfaden wurde an Hand der durch die Literaturrecherche gewonnenen
Erkenntnisse sowie auf Grund persönlicher Interessen formuliert. Er ist in neun
Fragenblöcke aufgeteilt, die die verschiedenen Aktivitäten von Politik und Betrieben
hinterfragen.
Bei der Formulierung der Fragen wurde darauf geachtet, dass keine Suggestivfragen
und nur offene Fragen gestellt wurden. Denn Befragte müssen die Antworten bei
offenen Fragen selbst formulieren, wodurch die jeweiligen Aussagen der Experten
gut miteinander verglichen werden können (ebd., S. 136).
Die erste Frage dient dem Einstieg in das Gespräch und soll zunächst die Bedeutung
des Themas „ältere Arbeitnehmer“ für den Befragten wiederspiegeln. Auch die Relevanz der Thematik in der Organisation des Experten kann durch diese Frage interpretiert werden. Im zweiten Abschnitt wird der Änderungsbedarf im Arbeitsschutz
hinsichtlich einer alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung aus Sicht des Interviewten
hinterfragt. Der dritte Fragenblock bezieht sich in Österreich auf die Bewertung von
„fit2work“ und in Deutschland auf das BEM. Dies zielt auf die Einschätzung der Eignung der jeweiligen Strategie für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie gegebenenfalls Änderungsbedarf ab. Die vierte Frage stellt einen Vergleich mit dem jeweils anderen Land dar. Österreichische Experten wurden nach ihrer Bewertung des deutschen BEM und deutsche Experten nach jener von „fit2work“ befragt. Auf diese
Weise soll, durch die Sicht von nicht direkt betroffenen oder beteiligten Experten, die
Sicht von außen auf die Strategien in die Betrachtung mit einbezogen werden. Der
fünfte Fragenblock betrifft die Beurteilung der Rehabilitation im Hinblick auf die
Arbeitsfähigkeit. Im sechsten Abschnitt wird nach erforderlichen Maßnahmen gefragt,
um BGF und Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung auf betrieblicher
Ebene flächendeckend zu ermöglichen. Ziel dieser Frage ist es, welche Voraussetzungen für mehr Maßnahmen in den Betrieben geschaffen werden müssten. Der
siebente Fragenblock beleuchtet die Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen von
Politik und Betrieben für Arbeitnehmer in belastenden Tätigkeiten. Dabei soll geklärt
werden, ob die Aktivitäten auch für diese Gruppe Beschäftigter ein Erreichen des
Regelpensionsalters in Gesundheit ermöglichen. Im achten Abschnitt sollen Experten
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
82
Kernkompetenzbereich Gesundheit
darstellen, welcher Anreiz ihrer Meinung nach am wirkungsvollsten für Betriebe ist,
um Aktivitäten für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu setzen. Dabei wurden
den Experten Beispiele zur Ideenanregung aufgezählt. Die neunte und letzte inhaltliche Frage gibt Raum für zusätzliche Aspekte der Befragten und bietet die Möglichkeit weitere, möglicherweise bisher unbeachtete Themen zu erfassen. Abschließend
wurden sozialstatistische Merkmale wie Geschlecht, Funktion im Unternehmen und
Tätigkeitsdauer der angegebenen Position erhoben.
6.1.3 Auswahl der Experten
Bei qualitativen Erhebungen steht nicht die Repräsentativheit im Vordergrund, sondern die Repräsentanz, das heißt es werden gezielt Personen befragt, die sogenannte „typische Fälle“ darstellen (Lamnek, 1995, S. 93). Bei der Auswahl der
Experten wurde darauf geachtet, Vertreter verschiedenster beteiligter Institutionen
wie Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter, Sozialversicherungen und Arbeitsschutzbehörde, zu befragen. So soll gewährleistet werden, dass Meinungen und
Sichtweisen von möglichst allen Beteiligten vertreten sind und gegenübergestellt
werden können. Mittels Internetrecherche wurden zuständige Personen bei den
jeweiligen Institutionen ermittelt und per E-Mail kontaktiert (s. Anhang A.1). Dabei
wurde bereits das grundsätzliche Ziel dargestellt und der Zeitraum der Befragung
angeführt. Anschließend wurde ein Termin mit den Experten für das persönliche oder
telefonische Interview vereinbart. Die nachfolgende Tabelle zeigt die befragten
Experten sowie deren Organisation (s. Tabelle 2).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
83
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Tabelle 2: Auswahl der befragten Experten, Eigene Erstellung
Teilnehmer
Funktion
I
Arbeitsschutzexpertin
II
Fachexperte der
Unfallversicherung
III
Arbeitnehmervertreterin
IV
Fachexperte der
Sozialversicherung
V
Arbeitgebervertreterin
VI
Arbeitgebervertreter
VII
Fachexperte der
Unfallversicherung
VIII
Arbeitnehmervertreterin
IX
Arbeitsschutzexpertin
X
Fachexperte der
Betriebskrankenkassen
Organisation
Tätigkeit
Österreich
AI – ArbeitsLeiterin der Abteilung
inspektion
Arbeitsmedizin und
Arbeitshygiene sowie
Arbeitspsychologie
AUVA –
Arbeitspsychologe
Allgemeine
Unfallversicherungsanstalt
AK NÖ –
Fachexpertin im Bereich
Arbeiterkammer
Wirtschaftspolitik,
Niederösterreich
Arbeitsmarktpolitik
HVSVT –
Sachbearbeiter in der
Hauptverband der Abteilung
SozialversicherGesundheitsförderung
ungsträger
und Prävention
WKÖ –
Referentin in der
WirtschaftsAbteilung für Sozialpolitik
kammer
und Gesundheit
Österreich
Deutschland
BDA –
Leiter der Stabsstelle
BundesvereinigArbeitswissenschaft
ung der
Deutschen
Arbeitgeberverbände
DGUV –
Referatsleiter des
Deutsche
Disability Management
Gesetzliche
Unfallversicherung
DGBKompetenzzentrumsleiteri
Bildungswerk –
n für Gesundheit und
Deutscher
Arbeit
Gewerkschaftsbund
BAuA –
Wissenschaftliche
Bundesanstalt für Direktorin der Stabsstelle
Arbeitsschutz und Senior Policy Advisor im
Arbeitsmedizin
Fachbereich 1:
Grundsatzfragen und
Programme
BKK – BundesReferent für Betriebliche
verband,
Gesundheitsförderung
Spitzenorganisati
on der
Betriebskrankenkassen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
Tätigkeitsdauer in
Jahren
5
25
3
9
7
8
4
22
1
15
84
Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.1.4 Durchführung der Interviews
Vor der Durchführung der Befragung wurde ein Pretest an einer der Zielgruppe entsprechenden Person durchgeführt. Der Interviewleitfaden wurde auf Verständlichkeit,
Übersichtlichkeit des Layouts, Dauer und Durchführbarkeit der Beantwortung sowie
Länge des Leitfadens überprüft. Die „lessons learned“ des Pretest wurden in den
Interviewleitfaden eingearbeitet. Es wurden lediglich Formulierungen und Satzstellungen verändert, die Fragenblöcke konnten beibehalten werden.
Die Interviewpartner erhielten eine Woche vor dem jeweiligen Gesprächstermin den
Interviewleitfaden per E-Mail zugesandt. Dies sollte gewährleisten, dass sich die Gesprächspartner auf Fragen vorbereiten und gegebenenfalls vorab Informationen einholen konnten. Vor Beginn des Interviews wurde das Einverständnis der Befragten
eingeholt, das Gespräch per Tonband aufnehmen zu dürfen. Das Interview wurde
immer mit der Einstiegsfrage begonnen, dann wurde jedoch die Abfolge der Fragen
je nach Gesprächsverlauf variiert.
6.1.5 Interviewauswertung
Zur Auswertung wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt und nach dem
Verfahren – wie von Bortz & Döring (1995, S. 304–306) beschrieben – vorgegangen.
Zunächst wurden die Tonbandaufnahmen im mp3-Format mit fortlaufender Nummerierung gespeichert und anschließend nach den Transkriptionsregeln des Praxisbuch
Transkription (Dresing & Pehl, 2011, S. 19–21) verschriftlicht. Um einen ersten Überblick über die erhaltenen Informationen zu bekommen, wurden kurze Fallbeschreibungen inklusive sozialstatistischer Merkmale sowie inhaltlicher Zusammenfassungen der Antworten von jedem Experten verfasst. Auf Basis dieser Fallbeschreibungen sowie der durch die Literaturrecherche gewonnenen Erkenntnisse konnte ein
Kategorienschema inklusive Kategorien und Subkategorien entwickelt werden
(s. Anhang A.3). Es handelt sich daher um eine Mischform aus induktivem und
deduktivem Vorgehen (Bortz & Döring, 1995, S. 305). Die Interviewleitfäden wurden
zunächst einer Einzelkategorisierung unterzogen, um anschließend eine Kategorisierung des Kollektivs mit dem Ziel der Generalisierung vornehmen zu können. Hierbei
wurde nach Gemeinsamkeiten, Unterschieden sowie Grundtendenzen gesucht. Ein
fortlaufender Abgleich mit den Originaltranskripten fand statt, um Fehlinterpretationen
oder Verkürzungen aufzudecken.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
85
Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.2 Darstellung und Interpretation der Experteninterviews in
Österreich
Die Ergebnisse der Experteninterviews werden in Folge dargestellt und interpretiert.
Jedes Kapitel stellt eine der gebildeten Kategorien dar, so wie jedes Unterkapitel
einer Subkategorie entspricht. Die Darstellung der Ergebnisse wird durch wörtliche
Zitate der Befragten unterstützt. Um den Zusammenhang dieser Zitate besser verstehen zu können, wird für Interessierte ein Absatz vor und ein Absatz nach dem
Zitat aus der Originaltranskription im Anhang angeführt (s. Anhang A.4). Dem
Wunsch einer Expertin nicht wörtlich zitiert werden zu wollen, wurde nachgekommen.
Am Ende jedes Kapitels wird eine Interpretation der gesamten Kategorie durchgeführt.
6.2.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer
Wandel
Diese Kategorie soll darstellen, inwieweit die befragten Experten Berührungspunkte
mit der Thematik „ältere Arbeitnehmer“ in ihrer beruflichen Tätigkeit haben. So soll
auch aufgezeigt werden, welche Relevanz das Thema in den Organisationen hat.
Unabhängig von dem beruflichen Tätigkeitsbereich der Experten geben alle gewisse
Berührungspunkte mit der Thematik an. Es wird berichtet von Schwerpunktaktionen
zu alter(n)sgerechter Arbeit in den Betrieben, der Berücksichtigung der Thematik bei
Seminaren und Vorträgen sowie der Erstellung von Prognosen um gegensteuernde
Maßnahmen für eine längere Beschäftigung in Gesundheit entwickeln zu können.
Der demografische Wandel spielt eine Rolle bei der Gesundheitsförderung und Prävention in allen Altersgruppen und Settings. Er hat Bedeutung bei der Ausarbeitung
von Förderrichtlinien und Strategiefestlegung.
„Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin zuständig
für Gesundheitsförderung und Prävention von der Wiege bis ins hohe Alter und
da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem, generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch außerhalb
des Arbeitsplatzes.“ (TN IV, Zeile 5)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
86
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Ältere Arbeitnehmer“ und der demografische Wandel haben in der Tätigkeit aller
Experten einen besonderen Stellenwert. In allen Organisationen der Befragten spielt
die Thematik eine Rolle und eine Auseinandersetzung mit dem demografischen
Wandel ist erforderlich.
6.2.2 Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz
Die Tatsache, dass die Berücksichtigung des Alters im Rahmen des ArbeitnehmerInnenschutzes zwar vorgesehen ist, dem jedoch von den österreichischen
Betrieben nur unzureichend nachgekommen wird, führt zur Frage nach Änderungsbedarf in diesem Gebiet.
6.2.2.1 Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz
Die Mehrheit der Experten sieht keinen Änderungsbedarf im ASchG, sondern in der
betrieblichen Umsetzung.
„Das heißt im Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den
Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis.“ (TN V,
Zeile 38)
Das Gesetz ist eine gute Grundlage für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung,
Betriebe müssten jedoch mehr Information und Hinweis auf ihre gesetzliche Verpflichtung erhalten. Kontrollen über die Durchführung seien allerdings ebenso erforderlich. Die vorgesehenen Geldstrafen sind nach Meinung der Arbeitnehmervertreterin nicht ausreichend, sondern es solle mehr Sensibilisierung für das Thema betrieben werden. Das ASchG ist zudem sehr technisch ausgestaltet, wobei für ältere
Arbeitnehmer vor allem die Gestaltung der Arbeitsabläufe, die Art der Organisation
und die Arbeitszeitgestaltung wichtig wären. Ob dieses Gesetz der richtige Ort für
Anpassungen an das Alter sei, bleibt fraglich. Eine eigene Verordnung über Ältere ist
für die Arbeitsschutzexpertin in Zukunft vorstellbar. Einen inhaltlichen Mangel des
Gesetzes ortet der Fachexperte der Unfallversicherung bezüglich psychischer Belastungen.
6.2.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene
Die im Gesetz vorgeschriebenen Arbeitsplatzevaluierungen, die auch die Berücksichtigung des Alters beinhalten müssten, sind in vielen Kleinstbetrieben schlicht
nicht bekannt.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
87
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Also bei unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es
gibt irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas
gehört haben oder so tun als hätten sie noch nie etwas gehört.“ (TN I, Zeile 1509)
Zudem wird kritisiert, dass die Gefährdungen oftmals ermittelt und beurteilt werden,
dann aber keine Maßnahmen folgen. Kleinbetriebe benötigen Unterstützung bei der
Durchführung, welche nun durch „fit2work“ angeboten werde. Die Betreuung der
Kleinbetriebe durch die AUVA sei zeitlich zu knapp bemessen. Einzelmeinung des
Fachexperten der Unfallversicherung ist, dass die Gefahr bestehe, die Arbeitsplatzevaluierung zu überfrachten, die Beziehung auf das Alter solle gesondert vorgenommen werden. Betrieben müsse vor allem der Sinn der Vorschriften und Instrumente nahe gebracht sowie eine eigene Betroffenheit bewusst gemacht werden,
dass es zur Umsetzung des ASchG kommt.
„Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man den Betrieben sagt: es
betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente, dort gibt es auch
Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen nur einfach
aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die auch
Sinn machen.“ (TN IV, Zeile 54)
Es lässt sich aus den Ergebnissen der Interviews ableiten, dass die Berücksichtigung
des Alters im Gesetz ausreichend ist. Allerdings müsse die Umsetzung des Gesetzes
in den Betrieben durch Information, Sensibilisierung und Kontrollen verbessert
werden. Der Hinweis auf die technische Ausgestaltung des ASchG, wodurch nicht
auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer eingegangen werden kann, lässt annehmen, dass dies auf betrieblicher Ebene oder wie von einer Expertin erwähnt in einer
eigenen Verordnung gelöst werden müsse. Da psychische Erkrankungen stark im
Zunehmen begriffen sind, ist die Bemerkung eines Experten bezüglich der mangelhaften Berücksichtigung psychischer Belastungen im ASchG ernst zu nehmen. Die
Aussagen der Experten zeigen, dass Kleinbetriebe besondere Unterstützung bei der
Umsetzung des ASchG benötigen. Die Unterstützung durch „fit2work“-Betriebsberatung muss daher auch in diesem Zusammenhang beobachtet werden. Wenn
Betrieben der Sinn der Vorschriften klar ist, sollte es in Zukunft nicht mehr vorkommen, dass bei der Arbeitsplatzevaluierung Gefährdungen lediglich erfasst und beurteilt werden, sondern dass auch Maßnahmen gesetzt werden.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
88
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf gesetzlicher Ebene Dinge
regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und notwendig, aber es muss
letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und in den Betrieben. Die
Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer Ebene, dass es
unten wirksam wird und wie finden diese beiden Dinge zusammen, das ist für
mich die zentrale Fragestellung.“ (TN IV, Zeile 24)
6.2.3 Bewertung von „fit2work“
Das in Österreich seit 2011 bestehende Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz findet mit
„fit2work“ seine Umsetzung, das Beratungsangebot befindet sich derzeit noch im
Aufbau. Dennoch wurde in den Interviews nach Einschätzung und Beurteilung dieses
Beratungsangebots für Personen und Betriebe gefragt.
6.2.3.1 Betriebsberatung
„fit2work“ bietet die Möglichkeit bereits Bestehendes in den Betrieben zu neuem
Leben zu erwecken. Es bietet die Möglichkeit Arbeitsschutz, Betriebliche Gesundheitsförderung und Betriebliches Eingliederungsmanagement im Betrieb zu vereinen.
Das Betriebsberatungsangebot wird jedoch nur für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten angeboten. Dies ist aus Datenschutzgründen und mangelnden innerbetrieblichen Ressourcen bei Kleinbetrieben erforderlich. Dass diese lediglich im Rahmen von „AUVAsicher“ betreut werden, ist auf Grund der zeitlichen Knappheit dieses
Angebots (s. Kapitel 6.2.2.2) zu kritisieren.
Mehrheitlich wird auf die Problematik der Kleinbetriebsbetreuung eingegangen: die
Betriebsberatung ist vor allem auf größere Betriebe ausgerichtet. Doch vor allem
Kleinbetriebe würden die Unterstützung benötigen. Auch insgesamt ist die Anzahl
der geplanten Betriebsberatungen zu gering, die Ambitionen und finanziellen Mittel
im Vergleich zur Personenberatung viel niedriger.
„Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die Betriebe beraten werden, weil
eben gerade KMUs haben es einfach schwerer da einfach, ja das Thema von
sich aus aufzugreifen und Expertise einfach auch zu haben, spezielle dazu.
Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das Betriebsberatungsangebot
größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird.“ (TN V, Zeile 76)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
89
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Die freiwillige Teilnahme für Betriebe wird von den Experten unterschiedlich bewertet. Von manchen wird eine Verpflichtung der Betriebe als notwendig erachtet, da
Betriebe schwer zur Teilnahme und Veränderung von Arbeitsplätzen zu motivieren
sind. Gegenteiliger Ansicht ist der Fachexperte der Sozialversicherungen, denn Verpflichtung würde den Output nicht erhöhen. Die Arbeitsschutzexpertin erwartet sich
einen Domino-Effekt:
„Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. […] Das ist so ein Domino-Effekt. […] wo
die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind. Und zu gewissen Themen
sich austauschen und man hört eben was so läuft in den Betrieben und sie
können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn die Betriebe sich
gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche externen Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt, dass
dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer
mehr wird. Von Guten lernen.“ (TN I, Zeile 698)
6.2.3.2 Personenberatung
Besonders wichtig im Rahmen der Personenberatung ist das Anschreiben. Dieses
müsse zur Teilnahme motivieren, da die Teilnahme am Beratungsangebot für Personen ebenso freiwillig ist. Ob eine Verpflichtung für die Teilnahme der Personen
empfehlenswert wäre, wird widersprüchlich gesehen. Die Arbeitsschutzexpertin erachtet dies als kontraproduktiv, da eine Verpflichtung Druck aufbauen und bei den
Vielfach bestehenden psychischen Erkrankungen mehr Probleme bringen würde. Bei
einer freiwilligen Teilnahme hingegen besteht ein Bedürfnis der Veränderung. Im
Gegensatz dazu ist der Fachexperte der Unfallversicherung der Ansicht, dass dies
eine Überlegung wert wäre:
„[…] ich denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen Personen gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch
machen. Und bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit beansprucht, könnte man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine Verpflichtung ist, Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und einmal wirklich zu schauen, was kann ich denn noch machen?“ (TN II, Zeile 186)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
90
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Von besonderer Bedeutung ist jedenfalls, dass Personen frühzeitig erreicht werden,
bevor eine „innere“ Pensionierung stattgefunden hat. Ob dies mit „fit2work“ erreicht
werden kann, ist nach Meinung aller Experten erst nach Evaluierung des Projekts zu
beurteilen.
Ein Problem, dass sich durch die Personenberatung ergibt, bezieht sich nach Ansicht
einer Befragten auf die Vielzahl an psychisch Erkrankten. Da es in Österreich zu
wenige finanzierte Psychotherapieplätze gibt, werden Bedürfnisse geweckt, die nicht
erfüllt werden könnten.
6.2.3.3 Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung
Dass Personen und Betriebe getrennt voneinander beraten werden, führt zum Aufbau einer Parallelstruktur, Verbindungen zwischen den beiden Ansätzen entstehen
nur zufälligerweise. Eine bessere Integration der beiden Ansätze sei wünschenswert,
so die mehrfache Meinung. Widersprüchlich ist die Aussage, dass beide Ansätze
erforderlich sind und die Trennung der Beratung aus Datenschutzgründen wichtig ist.
Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich die Personenberatung aus der Betriebsberatung der teilnehmenden Betriebe heraus entwickelt.
„Ich denke es braucht beide Ansätze, die Frage ist, wie gut sind diese beiden Ansätze gekoppelt.“ (TN IV, Zeile 83)
Die Verknüpfung von Personen- und Betriebsberatung scheint noch nicht ganz klar
zu sein. Konträr wird gesehen, ob Casemanager auf Grund einer Personenberatung
auf den betreffenden Betrieb zugehen bzw. mit Zustimmung des Betroffenen erfolgen
kann. In den vorangegangenen Pilotprojekten hat diese Verbindung bestanden, wie
dies nun bei „fit2work“ sei, ist derzeit nicht erkennbar. Die Verbindung zwischen
Personen- und Betriebsberatung in speziellen Anlassfällen ist gerade für Klein- und
Mittelbetriebe wichtig.
„Es ist die Frage immer und das bringen wir immer wieder ein, dass im Rahmen der
Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte
es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe.“ (TN V, Zeile 93)
Die Betriebsberatung ohne Konnex zu betroffenen Personen wird allerdings als
„fiktive Angelegenheit“ bezeichnet. Eine Verpflichtung zur Umsetzung von Maßnahmen in diesen Betrieben geht aus dem Gesetz jedenfalls nicht hervor. Allerdings ist
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
es wichtig, dass die Fokussierung nicht immer nur auf ein Gesetz erfolgt: die
Verpflichtung zur Umsetzung von Maßnahmen bestehe schließlich auf Grund
anderer Gesetze.
6.2.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen
Dass eine große Öffentlichkeitskampagne für die Erreichung der Zielgruppen geplant
ist, wird von der Arbeitgebervertreterin kritisiert. Sie hätte mehr Schwerpunkt und
finanzielle Mittel für die Betriebsberatung als sinnvoll erachtet. Unklarheit herrscht
offensichtlich auch noch in der Frage, ob durch „fit2work“ Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen aktiv angesprochen werden.
„Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen.“ (TN I,
Zeile 667)
„Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja auch
die Betriebe akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen […]“ (TN V, Zeile 179)
6.2.3.5 Vernetzung
Die Vernetzung des bereits bestehenden Beratungsangebots ist eines der Ziele von
„fit2work“. Ob das erreicht wird – hier sind sich alle Experten einig – kann noch nicht
beurteilt werden. Die Arbeit daran steht noch am Anfang. Da dieses Ziel jedoch gesetzlich verankert ist und alle Sparten der Sozialversicherung beteiligt sind, existiert
prinzipiell die Möglichkeit einer besseren Kommunikation. Derzeit bestehen allerdings noch Abgrenzungsprobleme, Streit um Betriebe sowie Angst um Personalstellen und finanzielle Mittel. Das Erreichen eines abgestimmten Herangehens an die
Betriebe sollte für eine transparente Struktur sorgen. Wichtig wäre es zudem, die
Angebote auf den Bedarf der Betriebe auszurichten und nicht an den Strukturen zu
orientieren.
„Weil das Problem ist ja aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen heraus Angebote und nicht sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf die
Unternehmen. Also meine Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja eigentlich schauen, dass die Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was möglich ist.“ (TN IV, Zeile 165)
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.2.3.6 Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit
Zunächst ist anzumerken, dass alle Experten der Meinung sind, dass die flächendeckende Umsetzung sowie Evaluierung abzuwarten ist, bevor eine abschließende Beurteilung vorgenommen werden kann. Positiv angemerkt wird, dass es sich um ein
standardisiertes Verfahren mit Schwerpunkt auf der Maßnahmenumsetzung handelt
und die Pilotprojekte Erfolge gezeigt haben.
„Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit auch Schwerpunkt auf die Maßnahmenumsetzung und Steuerung durch die Steuerungsgruppe,
wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen, dass das etwas gebracht hat.“ (TN I, Zeile 340)
„Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die
Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden.“
(TN III, Zeile 175)
Dadurch würden gute Chancen bestehen hiermit eine geeignete Strategie gefunden
zu haben. Ein laufender Optimierungsbedarf sei jedoch trotzdem gegeben. Kritische
Stimmen unter den Befragten sind allerdings, dass es kein abgerundetes Konzept
durch die Trennung der Personen- und Betriebsberatung sei. Es ist abzuwarten inwieweit Personen und Betriebe erreicht werden können. Wünschenswert wäre es
auch, die Angebote mehr aus Sicht der Betroffenen und weniger aus institutioneller
Sicht zu entwickeln.
Dass das Betriebsberatungsangebot an größere Unternehmen gerichtet ist und dass
keine Verknüpfung dieser mit der Personenberatung gegeben ist, lässt sich durchaus
als ein Manko von „fit2work“ bezeichnen. Die von allen Experten thematisierte Verknüpfung der beiden Beratungsangebote ist wesentlich für den Erfolg des Projekts.
Denn, wenn für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit etwas getan werden soll, muss auch
der Ort des Geschehens – der Arbeitsplatz – Teil der Maßnahmen sein. Dass diese
Verknüpfung in der Planung von „fit2work“ nicht vorgesehen ist, ist ein zu kritisierender Punkt. Inwieweit diese in der Praxis erfolgt, wird die Evaluierung zeigen. Ob die
Freiwilligkeit der Teilnahme für Betriebe zu einer ausreichenden Inanspruchnahme
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
führt, wird sich in Zukunft zeigen. Auch die Beurteilung der Personenberatung bezüglich des rechtzeitigen Einsetzens der Maßnahme und der Inanspruchnahme kann
erst nach Evaluierung des flächendeckenden Angebots beurteilt werden. „fit2work“
bietet eine gute Möglichkeit für die Vernetzung der Angebote verschiedener Institutionen, diese Chance sollte genutzt werden. Die Berichte der befragten Experten über
Zwistigkeiten zwischen den Institutionen lassen allerdings skeptisch bleiben. Die
Eignung der Strategie zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit kann derzeit nicht beurteilt
werden. Die Erkenntnisse aus den Interviews hinterlassen einen gemischten Eindruck. Erst die Erfahrungen mit dem Projekt werden aufzeigen, ob in Österreich damit ein richtiger Weg eingeschlagen wurde.
6.2.4 Vergleich „fit2work“ und BEM
Die österreichischen Experten wurden auch über ihre Meinung zu der von Deutschland gewählten Strategie – das Betriebliche Eingliederungsmanagement – mit verpflichtender Umsetzung auf betrieblicher Ebene, befragt.
Der Mehrzahl der Experten war das Betriebliche Eingliederungsmanagement in
Deutschland nicht oder nicht im Detail bekannt. Nach Schilderung der Eckdaten und
Unterschiede zum österreichischen „fit2work“ durch den Interviewer wurde vor allem
die Verpflichtung der Betriebe kritisch beurteilt. Eine Verpflichtung alleine bringe noch
keine Umsetzung bzw. ist die Arbeitgebervertreterin der Auffassung, dass wenn eine
Verpflichtung bestehe diese für beide, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gelten sollte.
Gegenteiliger Ansicht ist die Fachexpertin der AK. Sie ist der Meinung, dass nur eine
freiwillige Teilnahme zielführend ist.
„Und ich glaube, dass gerade im gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann
wirklich zielführend sind, wenn sie wirklich freiwillig durchgeführt werden können.“
(TN III, Zeile 211)
Eine positive Einzelmeinung ist, dass die innerbetriebliche Lösung Deutschlands den
Vorteil der Beteiligung von Gewerkschaft und Betriebsrat mit sich bringt. Mehrfach
wird diese auf betrieblicher Ebene angesiedelte Variante jedoch als Nachteil gegenüber der österreichischen Strategie beurteilt. Da Österreich eine kleinere betriebliche
Struktur habe und diese vor allem externe Unterstützung und Beratung benötigen,
wäre das BEM für Österreich nicht geeignet.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Eine Verpflichtung der Betriebe kann auf Grund der Ergebnisse als eher negativ bewertet werden. Auch die Ansiedelung auf betrieblicher Ebene wird als Nachteil gesehen. Eine eindeutige Aussage darüber, welche Lösung besser ist, kann sicherlich
erst nach ersten Evaluierungen von „fit2work“ gemacht werden.
6.2.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation
In den vergangenen Jahren wurden im Bereich der Rehabilitation zahlreiche Änderungen vorgenommen. Mit den befragten Experten wurde weiterer Änderungsbedarf
diskutiert.
Die Mehrheit der Befragten führte einen Bedarf an weiteren Verbesserungen im Bereich der Rehabilitation an. Vor allem die Beteiligung vieler unterschiedlicher Rehabilitationsträger und damit einhergehende Schnittstellenproblematiken werden als
Problem gesehen.
„Was wir sicher auch noch haben ist die unterschiedlichen Zugänge und Zuständigkeiten der Rehabilitation, die ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger. Auch
hier denkt man nach, vielleicht würde es Sinn machen, dass das in einer Hand wäre.“
(TN IV, Zeile 327)
Zudem müssten medizinische und berufliche Rehabilitation besser ineinandergreifen.
„fit2work“, so die Hoffnung, soll auch in diesem Bereich eine Verbesserung bringen.
Die von der AUVA durchgeführte medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation
nach Schadensfällen funktioniere nach Ansicht des Fachexperten der Unfallversicherung sehr gut. Sie wird schließlich „aus einer Hand“ angeboten.
Die Gesundheitsstraße wird mehrheitlich als gute Entwicklung bezeichnet, bedarf
aber weiterer Projekte, da die Gutachten in der Praxis weiterhin problematisch sind.
„[…] weil es zwar die Gutachten zwar von beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl
Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS. Aber das was herauskommt, den
Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt
noch ausübbar. Da sind dann zum Teil zusätzlich noch Projekte notwendig um
das herauszufiltern. Die Problematik, dass das alles mit medizinischen, berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen wir ja eben aus diesen
Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn eben der Antrag auf Invaliditätspension gestellt wird.“ (TN III, Zeile 266)
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Mehrmals wird die Notwendigkeit des Informationsbedarfes der Mitarbeiter in den
Organisationen angesprochen. Die Personen, auf die die Betroffenen in den Institutionen treffen, werden oftmals zu wenig informiert, sind zeitlich überlastet und daher
nicht motiviert.
Zudem ist es erforderlich, dass Betriebe mehr über Fördermöglichkeiten wie beispielsweise für Arbeitsplatzadaptierungen oder Umschulungen informiert werden.
Vor allem Kleinbetriebe hätten nicht die Zeit, sich auf Internetseiten zu informieren.
Auch hier wird von „fit2work“ erwartet eine Vernetzung der Betriebe mit den zuständigen Stellen zu erreichen.
Diskussionsbedarf ist auch bezüglich der Rehabilitationsdauer gegeben, da ein
langes Fernbleiben vom Betrieb die Wiedereingliederung erschwere, manche Betroffene jedoch eine lange Rehabilitationsdauer benötigen würden. Als Herausforderung für die Rehabilitation wird ebenso mehrmalig die psychische Rehabilitation erwähnt: ein Ausbau in diesem Bereich wird hier jedenfalls benötigt. Auch die Formen
– stationär oder ambulant – sowie die Indikationen für Rehabilitation müssten mehr
diskutiert werden.
Auch die Problematik der „gedanklichen Pensionierung“ wird angesprochen, die mit
dem Weg zur Pensionsversicherungsanstalt verbunden ist. Betroffene sollten die
Rehabilitation mit der Krankenversicherung und dem AMS abwickeln.
„[…] aber sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen
einfach schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder wiedereinzugliedern in den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl auch
unser Bestreben gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und dann
möglichst schnell zum Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach gar
nicht den Gedanken haben, sie wollen oder sie werden in Pension gehen.“ (TN
V, Zeile 307)
Der Bereich Rehabilitation ist für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit von besonderer Bedeutung. In den Interviews wurde die Notwendigkeit
zahlreicher Veränderungen insbesondere im Bereich der Schnittstellen dargestellt.
Informationen müssen sich zudem in den Institutionen bis zur kleinsten Einheit „an
die Front“ fortbewegen, andernfalls sind angestrebte Vorhaben nur Theorie.
Hoffnungen werden hier auch in „fit2work“ gesetzt. Die Zukunft wird zeigen, ob die
Erwartungen erfüllt werden. Der Anstieg der psychischen Erkrankungen zieht sich
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96
Kernkompetenzbereich Gesundheit
wie ein roter Faden durch die Gespräche mit den Experten. In allen Bereichen, so
auch in der Rehabilitation, stellt dies eine Herausforderung für die Zukunft dar.
6.2.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen
Die Erkenntnis, dass in Österreichs Betrieben Maßnahmen für alter(n)sgerechte
Arbeitsgestaltung und Betriebliche Gesundheitsförderung nicht in einem breiten
Ausmaß angeboten werden, führte zu der Frage, welche Voraussetzungen bestehen
müssten, um dies zu verbessern. Schließlich stellt sich auch die Frage, welche Voraussetzungen im Speziellen Klein- und Mittelbetriebe benötigen.
6.2.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
Die Sensibilisierung für das Thema ist besonders wichtig, Betrieben müsste zunächst
die eigene Betroffenheit aufgezeigt werden, beispielsweise durch eine Altersstrukturanalyse.
„Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool, […]
wir haben dann eben in Betrieben, 308 Betrieben dieses Tool auch angeboten
und eingesetzt, also dass man direkt auf einem Laptop diese AltersstrukturAnalyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf gekommen, dass Betriebe gar
keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in fünf, zehn Jahren.“ (TN I,
Zeile 84)
Vor allem sind Aktivitäten von der Einstellung der Führungskräfte abhängig, es sollte
mehr in deren Information und Motivation investiert werden. Von der Arbeitsschutzexpertin wird zudem erwähnt, dass in dem Feld tätige Institutionen wie die Sozialpartner und Sozialversicherungen hier Vorbildwirkung haben, jedoch bisher in ihren
Organisationen selbst wenig getan hätten. Ein Hindernis im Aktivwerden der Betriebe
stellt zudem der Glaube dar, dass alle Maßnahmen mit hohen Kosten verbunden
seien. Jedoch haben auch kleine Schritte und kostengünstige Maßnahmen Wirkung.
Wichtig in dem Bereich scheint ebenso die Unternehmenskultur zu sein. So würden
bei schlechter Unternehmenskultur Krankheiten oder Einschränkungen von den Mitarbeitern verschwiegen und eine Verbesserung könne erst gar nicht in Angriff genommen werden. Mehrheitlich wird ein Aufholbedarf im Bereich der Einstellung von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern geortet. Es müsse eine massive öffentliche Umorientierung stattfinden: Arbeitgeber benötigen eine andere Einstellung gegenüber
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Älteren und bei den Arbeitnehmern müsste eine Abkehr vom „Lebensziel Pension“
erfolgen.
„Und was wir schon in Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese
Tendenz zur Pension. […] ab einem gewissen Alter oder generell ist es so ein
Lebensziel der Österreicher rasch in Pension zu gehen. Es hat sicher auch geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss man ansetzen.“
(TN IV, Zeile 275)
6.2.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung
Die BGF habe sich zwar gut weiterentwickelt, eine breite Umsetzung sei allerdings
noch nicht gegeben. Der Grund liege allerdings nicht im mangelnden Wissen, sondern in der fehlenden Umsetzung: vom Wissen zum Tun. Betriebe würden zu wenige
Prioritäten setzen und zudem nicht die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen,
nachhaltige Prozesse müssten in Gang gesetzt werden.
„Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act, von
dem wir immer reden.“ (TN I, Zeile 321)
Die nunmehrige Prozessfinanzierung durch Krankenkassen und FGÖ stellt dafür
eine Chance dar. Generell ist die Finanzierung eine Motivation für Betriebe. Kritisiert
wird zudem auch die Trennung von Arbeitsschutz und BGF. Diese sollten im Betrieb
gleichwertig sein, BGF auf dem Arbeitsschutz aufbauen.
6.2.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben
Österreich weist einen hohen Anteil an Klein- und Kleinstbetrieben auf. Daher ist es
problematisch, dass die meisten Modelle von Großbetrieben ausgehen. In KMU
werden zudem andere Projektstrukturen und Beratungsformate benötigt.
„Hier braucht es einerseits zeitlich machbare Formate der Betrieblichen Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose und Umsetzung und andere
Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze.“ (TN IV, Zeile 385)
Es müsste jedoch mehr in die Entwicklung von attraktiven und lösungsorientieren
Maßnahmen für diese Betriebe investiert werden. Gegensätzliche Ansichten gibt es
darüber, ob Klein- und Mittelbetriebe die Zielgruppe der „fit2work“ Betriebsberatung
sind.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Wenn Klein- und Mittelbetriebe ausreichendes Wissen über Unterstützungsmöglichkeiten und Förderungen hätten, könnten sie ebenso Maßnahmen setzen wie größere
Betriebe. Zunächst jedoch sei es wichtig den Arbeitnehmerschutz umzusetzen:
„[…] also gerade in kleinen und mittleren Betrieben, da sind ja Begriffe wie Arbeitnehmerschutz nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem sehr
niederen Niveau. Da ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal, hinzuschauen und die Basics zu realisieren.“ (TN II, Zeile 263)
Ob Zusammenschlüsse in regionalen oder Branchennetzwerken für KMU eine zielführende Möglichkeit darstellen, wird gegensätzlich beurteilt. Von manchen wird dies
als guter und zielführender Weg, gerade für KMU, erachtet. Als Zukunftsidee wird
formuliert, dass innerhalb der Netzwerke neue Tätigkeiten für ältere Arbeitnehmer
gefunden werden könnten. Denn gerade KMU mangelt es an alternativen Arbeitsplätzen für diese Beschäftigten.
„Das heißt ich brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der
in einer größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt
man bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken […]“ (TN II,
Zeile 301)
Einige sehen in der Konkurrenz der Betriebe ein Hindernis. Zum Zweck der Information, Kommunikation und Verbreitung von Modellen könnten diese Netzwerke allerdings genutzt werden.
„Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber, da kenne ich eigentlich keine
Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert. […] Sie sind wohl am
Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen, dass die Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus auch ein
Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen, aber sehr
klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und die Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein.“ (TN IV, Zeile 405)
Gerade für Kleinbetriebe im ländlichen Gebiet müssten zunächst reale Chancen und
Möglichkeiten geschaffen werden, neue Ideen entwickelt werden. Eine Forderung auf
ältere Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen allein reiche nicht. Betriebe würden mit
ihrem Dilemma allein gelassen werden. Immer wieder gäbe es Projekte und
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99
Kernkompetenzbereich Gesundheit
regionale Angebote, an langfristigen, flächendeckenden Lösungen mangelt es aber.
BGF und Arbeitsfähigkeitserhaltung haben zwar unterschiedliche Ziele, sollten aber
von den Krankenkassen die Kleinbetriebe beraten vernetzt angeboten werden.
Im Bereich BGF und alter(n)sgerechte Maßnahmen ist noch viel an Sensibilisierung
und Information der Betriebe erforderlich. Immer wieder wird die Vernetzung der
Bereiche Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeit auf betrieblicher Ebene von den
Experten angeführt. In den Betrieben sind daher neue Strukturen in diesen Arbeitsbereichen gefragt. Auf KMU sollte auf Grund ihrer Vielzahl in Österreich eigentlich
besonders Rücksicht genommen werden. Aus den Kommentaren der Experten lässt
sich schließen, dass dies bisher nicht ausreichend der Fall war. Ob „fit2work“ dies
bieten kann, wird sich in Zukunft zeigen. Dass es in der Frage der alter(n)sgerechten
Arbeitsgestaltung insbesondere für KMU neue Ideen und Ansätze braucht, ist ein
Auftrag an alle Beteiligten. Außerdem ist ein gesellschaftlicher Wandel gefragt. Wie
allerdings die Einstellung des erwähnten „Lebensziel Pension“ der Österreicher erreicht werden kann, ist fraglich.
6.2.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten
Arbeitnehmer, die auf Grund der Daten aus Krankenstands- und Invaliditätsstatistiken als besonders belastet gelten, sind Arbeiter und Beschäftigte in den
Branchen Verkehr, Transport, Nachrichten- und Bauwesen sowie Zeitarbeiter. Die
Frage, ob die Maßnahmen von Politik und Betrieben für diese Arbeitnehmer ausreichend für einen Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter sind, wurde den
Experten gestellt.
Die Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass die Maßnahmen für diese Beschäftigten noch ausgebaut werden müssten.
„Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. […] Was auch wichtig
ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken passieren
muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne verantwortlich,
weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher Seite so gesehen wird.“ (TN III, Zeile 334)
Es ist vor allem der Arbeitsplatz, der Abnützungen bei den Beschäftigten mit sich
bringt und daher sei es eine Verpflichtung der Arbeitgeber in die Gesundheit seiner
Mitarbeiter zu investieren. Es ist erforderlich, dass dies in Österreich anerkannt wird.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Grundsätzlich ist eine Abkehr von der Einstellung, dass jeder Arbeitnehmer bis ins
Alter körperlich fit sein muss, vonnöten. Denn gerade geistige Fähigkeiten sind im
Transport- und Nachrichtenwesen gefragt und im Alter eher besser ausgeprägt. In
den Branchen Verkehr und Transport sind vor allem Pausengestaltung und Arbeitszeiten ausschlaggebend für die Gesunderhaltung. Die Experten sind größtenteils der
Meinung, dass es branchen- und betriebsbezogene Lösungen braucht und die gibt
es für alle Branchen.
„Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe und einerseits
branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch.“ (TN I, Zeile 1390)
Eine gezielte Analyse des Betriebs ist dazu notwendig, die durch „fit2work“ angeboten wird. Zu beachten ist, dass Betriebe zwar voneinander lernen können und sollen,
aber Patentrezepte gebe es nicht. Für körperliche Belastungen gibt es bereits ausreichende Konzepte wie bspw. Hebehilfen. Wenn diese technischen Maßnahmen
nicht ausreichen, so müssten auf organisatorischer Ebene Maßnahmen wie etwa Bereichswechsel gesetzt werden.
Schlichtweg können jedoch manche körperliche Tätigkeiten nicht bis zum Regelpensionsalter ausgeführt werden. Durch Sensibilisierung der Bevölkerung soll erreicht
werden, dass Arbeitgeber in die Arbeitsorganisation investieren und Arbeitnehmern
bewusst gemacht wird, dass sie sich rechtzeitig über alternative, körperlich weniger
belastende Tätigkeiten informieren. Qualifizierung ist bei diesen Arbeitnehmern besonders wichtig.
„So dass man eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit
durch, die werde ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere
mich rechtzeitig darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe
ich? Was brauche ich dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine
Tätigkeit auszuüben, in der ich körperlich weniger belastet bin. Und nicht als
einzigen Ausweg, ich arbeite mich kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann
eben auch vielleicht schon ein bisschen älter bin, dann ist der Weg nur mehr in
Pension. Sondern wirklich vorzeitig schon irgendwie gegensteuernde Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelperson aber genauso auch als Betrieb.“ (TN III, Zeile
351)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
101
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Da Beschäftigte in den genannten Branchen sowie Zeitarbeiter immer wieder mit
Arbeitslosigkeit konfrontiert sind, nehmen diese schlechtere Arbeitsbedingungen in
Kauf. Dadurch entstehen neben dem ohnehin hohen Druck erneute Belastungen.
Zeitarbeit ist nach mehrfacher Meinung in jedem Alter, nicht nur bei Älteren, problematisch, da keine Langzeitperspektive bestehe. Viele hoffen auf eine feste Anstellung und arbeiten dadurch sehr hart und leistungsorientiert. Man müsste die Überlasser hier mehr in die Pflicht nehmen, aber insgesamt sollte Zeitarbeit reduziert
werden. Dazu benötige es aber eine Lösung auf europäischer Ebene.
Auch in Zukunft wird es Tätigkeiten – vor allem körperliche – geben, die nicht bis
zum Regelpensionsalter ausgeführt werden können. In den Interviews hat sich gezeigt, dass es vor allem Maßnahmen der Arbeitsgestaltung branchen- und betriebsbezogen braucht, um Belastungen in diesen Tätigkeiten abzufedern. Doch auch Arbeitnehmer müssen für das Thema sensibilisiert werden und aktiv in ihre Qualifizierung investieren. Bei Zeitarbeit sind jedenfalls neue Lösungen gefragt, da diese
Gruppe nicht durch Maßnahmen in einem Betrieb zu erreichen sind und unter besonderem Druck stehen. Ob Zeitarbeit reduziert wird oder Maßnahmen für diese Beschäftigten gefunden werden, die Aktivitäten müssen jedenfalls ausgebaut werden.
6.2.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben
Nachdem Voraussetzungen für Aktivitäten in den Betrieben diskutiert wurden, soll
nun beleuchtet werden, welche Anreize Betriebe dazu bringen Arbeit alter(n)sgerecht
zu gestalten.
Die Mehrzahl der Experten ist der Meinung, dass es einen Mix aus Maßnahmen erfordert, die gut zusammenspielen. Denn bereits handelnde Betriebe müssten weiter
motiviert, auf andere der Druck erhöht werden. Es müssten Maßnahmen auf mehreren Ebenen in ein politisches Gesamtkonzept eingebettet werden. Dabei sollte es
sich um Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung sowie Beratung und Unterstützung handeln. Ist dies gegeben, so ist auch eine Verpflichtung der Betriebe
sinnvoll.
„Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten,
man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung,
sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf
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102
Kernkompetenzbereich Gesundheit
unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das Herausfordernde dabei.“ (TN IV,
Zeile 265)
Zudem habe sich der Druck durch Personalmangel sowie durch die öffentliche
Diskussion bisher bei manchen Unternehmen als wirkungsvoller Anreiz erwiesen.
Gesetzliche Verpflichtungen alleine reichen nicht aus, Betriebe müssen die Wirksamkeit, Notwendigkeit und auch den Nutzen der Maßnahmen erkennen, Betriebsinhaber einen emotionalen Zugang und eigene Betroffenheit spüren. Daher ist Sensibilisierung in Verbindung mit Beratungsangeboten erforderlich.
In Bezug auf finanzielle Anreize sind die Experten verschiedener Ansicht. Einige sind
der Meinung, dass finanzielle Anreize im Sinne eines Bonus-Malus-Systems wirkungsvoll sind, sie müssten aber beworben werden und unkompliziert sein.
„Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich
besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich
besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die
Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. […] Also nicht rein die Strafe,
sondern eben so, wenn es in beide Richtungen denkbar, dann glaube ich
schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist.“ (TN III, Zeile 420)
Im Gegensatz dazu gibt es die Einzelmeinung, dass materielle Anreize nicht dauerhaft wirken würden und generell keinen Anreiz im Sinne der Motivationspsychologie
darstellen. Zudem würde das System unübersichtlich. Lediglich Ausgleichszahlungen
für Wiedereingegliederte wären wirksam.
„Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen, dass man eine Zeit lang,
von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem sozialen Topf für die
geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit lang erbringt
aber eine Dauerlösung kann es nicht sein.“ (TN II, Zeile 421)
Ein Malus-System könnte auch problematisch für manche Betriebe sein, die dann auf
Grund der Tätigkeit Strafzahlungen leisten müssten. Bisher sind alternative Tätigkeiten für ältere Arbeitnehmer auf Grund des Wegfalls der Zulagen gescheitert. Daher wären befristete Lohnkostenzuschüsse für Betriebe oder Arbeitnehmer sinnvoll.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Scheinbar
bedarf
es
einer
Mischung
aus
zahlreichen
Anreizen,
um die
alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in den Betrieben voranzutreiben. Aber es sind
nicht nur Anreize für Betriebe, sondern auch gesamtgesellschaftliche Ansätze, die
alle Beteiligten sensibilisieren und Anstoß zu Aktivitäten geben müssen. Nur auf die
Hoffnung zu setzen, dass der Druck auf Grund des Personalmangels auf die
Betriebe irgendwann groß genug wird, um diese zum Handeln zu bewegen, ist zu
wenig. Vielmehr ist auch in dieser Frage ein Zusammenspiel aller zuständigen
Politikbereiche gefragt, was dies zu einer besonderen Herausforderung macht.
6.2.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe
Die bereits in vorangegangenen Kategorien vorgekommenen Herausforderungen
werden in dieser Kategorie nochmals zusammengefasst dargestellt, da diese den
besonderen Handlungsbedarf für Politik und Betriebe darstellen.
Die Tatsache, dass die hohe Anzahl psychischer Erkrankungen in Österreich auch
auf die Arbeitswelt Einfluss nimmt, wird von beinahe allen Experten angeführt. Vor
allem bei der psychischen Rehabilitation wird der Bedarf an weiterem Ausbau aufgezeigt, aber auch der Arbeitsschutz müsse mehr auf psychische Belastungen eingehen. Es müssten zudem noch Lösungen im Umgang mit psychisch kranken Arbeitnehmern gefunden werden.
„Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen Erkrankungen, wie
man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet.“ (TN IV, Zeile 454)
Eine weitere Herausforderung auf betrieblicher Ebene stellt der Konnex zwischen
Arbeitsschutz und BGF dar. Diese beiden sollten im Betrieb gleichwertig sein und
können so voneinander profitieren.
„Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend kann
man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste eigentlich
das Gesetz sein, dass das eingehalten wird.“ (TN I, Zeile 1116)
Die dargestellten Herausforderungen stellen einen Auftrag an Politik und Betriebe
sowie alle anderen Akteure dar. Vor dem Hintergrund, dass Psychotherapie in Österreich nur in geringem Ausmaß von den Krankenkassen finanziert wird, zeigt, dass
der Problematik noch nicht das Ausmaß an Aufmerksamkeit gewidmet wird, die sie
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
benötigt. Auch Betriebe müssten sich auf Veränderungen in ihren Strukturen einlassen und vernetzt denken.
6.3 Darstellung und Interpretation der Experteninterviews in
Deutschland
Die Ergebnisse der Interviews mit deutschen Experten werden im folgenden Kapitel
dargestellt. Die Vorgehensweise entspricht der von Kapitel 6.2.
6.3.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer
Wandel
Auch von den deutschen Experten wurde zunächst die Bedeutung „älterer Arbeitnehmer“ in ihrer konkreten beruflichen Tätigkeit abgefragt, um Wissen über die Relevanz der Thematik für die Befragten zu erhalten.
Berührungspunkte mit dem Thema gibt es in der Tätigkeit aller befragten Experten.
Als Hauptschwerpunkte führen manche Experten die ergonomische Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation sowie betriebliche Präventionsansätze und Organisationsmodelle für die arbeitsmedizinische Betreuung der Beschäftigten an, bei welchen
speziell auf ältere Arbeitnehmer eingegangen werden muss. Auch die Tätigkeit eines
Befragten als Ausbildner der Disability Manager, welche für das Betriebliche Eingliederungsmanagement in den Betrieben zuständig sind, und als BEM-Beauftragter in
der Organisation zeigt, dass die Thematik eine große Rolle spielt. Weiters wird von
Anfragen durch Betriebe zum Thema ältere Beschäftigte und Bedarf an Wissen bei
den Betriebskrankenkassen berichtet. Auch von der Entwicklung von Seminaren und
Projekten wird gesprochen:
„[…] dass wir aber auch schon proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch
Vorabüberlegungen versuchen, was kann man denn schon einmal proaktiv
entwickeln, entweder aus eigenen Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die
Unternehmen oder auch die Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu
machen.“ (TN X, Zeile 12)
Die vielfach bestehenden Berührungspunkte der befragten Experten mit der
Thematik lassen darauf schließen, dass es sich hierbei um ein aktuelles Thema
handelt und die getätigten Aussagen der Befragten auf Erfahrungen in der Praxis
fußen.
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.3.2 Änderungsbedarf im Arbeitsschutz
Der Umstand, dass das deutsche ArbSchG ältere Arbeitnehmer nicht dezidiert berücksichtigt und Gefährdungsbeurteilungen nicht flächendeckend durchgeführt
werden, führte zu der Frage, ob bzw. welcher Änderungsbedarf hier besteht.
6.3.2.1 Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz
Keiner der befragten Experten sieht die Notwendigkeit Änderungen im ArbSchG bezüglich älterer Arbeitnehmer vorzunehmen. Einzelmeinung einer Befragten ist, dass
Ältere im Gesetz durch die Formulierung der besonders schutzbedürftigen Beschäftigtengruppen in ausreichendem Ausmaß berücksichtigt sind. Die Mehrzahl ist der
Meinung, dass für ältere Beschäftigte keine Unterscheidung erforderlich ist.
„Wenn diese Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine
große Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern.“ (TN VI,
Zeile 29)
Dies hätten auch die Projekte von INQA bestätigt, denn Belastungen und unergonomische Arbeitsgestaltung sind bereits bei jungen Arbeitskräften und das gesamte
Erwerbsleben über zu vermeiden. Eine Ausnahme wird allerdings angeführt, das ist
jene der Nacht- und Schichtarbeit. Hier muss (und ist zum Teil auch schon) durch
Vereinbarungen in Tarifverträgen eine Begrenzung hinsichtlich des Alters vorgenommen werden. In bestimmten besonders belastenden Bereichen müsste daher
sehr wohl auf das Alter Rücksicht genommen werden.
6.3.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene
Vor allem in der Umsetzung des ArbSchG wird mehrheitlich Änderungsbedarf ausgemacht. Es besteht in erster Linie noch Bedarf an Wissen, wie man das Gesetz in
der Praxis umsetzt. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, auf die individuellen
Gegebenheiten und vorhandenden Beschäftigten im speziellen Betrieb gezielt einzugehen sowie Schwerpunkte zu setzen. Hat der Betrieb einen höheren Anteil an
älteren Beschäftigten, so muss auch in der Umsetzung des Arbeitsschutzes auf bestimmte Gefährdungsfaktoren für diese eingegangen werden (bspw. Lichtverhältnisse, Lärm, Arbeitsabläufe). Auf eine flächendeckende Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung sollte vor allem die Arbeitnehmervertretung im Betrieb drängen.
„Das auch die Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert und da auch hinterher ist das durchzuführen.“ (TN VII, Zeile 58)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Sie hätte durch das Betriebsverfassungs- und Bundespersonalvertretungsgesetz die
Möglichkeit dazu. Die Qualifizierung der Betriebs- und Personalräte sei dafür jedoch
noch nicht ausreichend. Auch in die Qualifizierung der Führungskräfte müsse investiert werden, dass diese Fragen des Arbeitsschutzes im Vorfeld berücksichtigen,
nicht erst wenn Beschäftigte erkranken. Dafür ist auch Sensibilisierung notwendig.
Zudem müsste die Wirkung von gesetzten entlastenden Maßnahmen auch nachgeprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden, wie auch das Gesetz es vorschreibt.
Hier mangelt es an der Kontrolle der Arbeitsschutzbehörden.
„Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir haben ja
früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile […] hat man die deutschen
Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die in die Betriebe
gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle findet eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit.“ (TN VIII,
Zeile 111)
Nach Ansicht der Arbeitnehmervertreterin sei schon wichtig Betriebe zu informieren
und zu beraten, aber auf Grund des bereits seit 1996 bestehenden Gesetzes, ist es
an der Zeit die Umsetzung auch zu kontrollieren und gegebenenfalls mit Geldstrafen
einzugreifen. Diese sind auch sehr effektiv. Aber auch von Bonuszahlungen an
Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird berichtet, die bei korrekter Durchführung der
Gefährdungsbeurteilung von Krankenkassen ausgezahlt werden. Diese sind vor
allem an Kleinbetriebe gerichtet und eine sinnvoll Maßnahme. Der Arbeitgebervertreter erachtet Information, Unterstützung und Beratung der Betriebe durch die
Berufsgenossenschaften für wichtig. Der fähigkeitsgerechte Personaleinsatz ist das
Wesentliche, da so Gefährdungen überhaupt vermieden werden könnten. Die größten Defizite in der Umsetzung, hier sind sich die Experten einig, bestehe in Kleinbetrieben. Bereits am Basiswissen der Rechtsgrundlagen mangelt es. Welche Hilfestellungen von diesen benötigt werden, sei allerdings noch unklar, Vorschläge dazu
werden jedoch erarbeitet.
Es besteht offenbar kein Änderungsbedarf im deutschen ArbSchG. So wie auch in
Österreich, scheitert es an der Umsetzung. Reduktion der Belastungen und Gefährdungen in den Betrieben für Beschäftigte in jedem Alter, ob dies nun durch Sensibilisierung, mehr Kontrollen, Straf- oder Bonuszahlungen, Einsatz der BerufsgenossenFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
schaften oder der Arbeitnehmervertreter geschieht, scheint oberste Priorität zu sein.
Insbesondere für Kleinbetriebe müssten Lösungen erarbeitet werden, um grundlegende Maßnahmen des Arbeitsschutzes in die Unternehmen zu bringen.
6.3.3 Bewertung des BEM
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement wird in der Literatur vielfach kritisiert
und eine flächendeckende Umsetzung wurde vor allem in Klein- und Mittelbetrieben
nicht erreicht. Wie die Experten das BEM bewerten und welche Änderungsmöglichkeiten sie sehen, wird im folgenden Kapitel dargestellt.
6.3.3.1 Änderungsbedarf
Mehrheitlich wird ein Verbesserungsbedarf hinsichtlich des BEM geortet. Es ist vor
allem der formale Prozess, der es schwierig mache, das BEM in den Betrieben
einzuführen.
„Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und das ist
natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit einem
großen Aufwand erst eingebaut werden muss.“ (TN VI, Zeile 78)
Ein koordiniertes Vorgehen und Zusammenspiel der Sozialversicherungen für eine
lückenlose Betreuung der Betroffenen müsse erreicht werden. Wartezeiten im
System stellen vor allem bei psychischen Erkrankungen ein Problem dar. Denn
Betriebliches Eingliederungsmanagement kann nur dann effektiv sein, wenn alle
Kommunikationsprobleme zwischen den Stellen gelöst sind.
„Das klappt umso besser, umso weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen
haben und umso lückenloser die Leute miteinander zusammenarbeiten.“ (TN VI,
Zeile 101)
Da die Bereitschaft der Betriebe gering ist, sollte die Umsetzung nach Meinung des
Fachexperten der Unfallversicherung durch finanzielle Sanktionen verbessert
werden. Eine Verpflichtung ohne Sanktionen ist nicht zielführend. Dass es keine
systematischen Kontrollen durch den Staat gibt, meint die Arbeitsschutzexpertin, ist
jedoch für den Handlungsspielraum der Betriebe wichtig. Das Reflektieren in den
Betrieben über die gesetzten Maßnahmen ist erforderlich. Die Überzeugung der
Betriebe über die Sinnhaftigkeit des BEM sowie das Wissen über gesetzliche
Rahmenvorgaben und Unterstützungsmöglichkeiten stehe an erster Stelle. Hierfür
sind INQA und die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie aktiv.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
108
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Klein- und Mittelbetriebe würden BEM oft auf Grund mangelnder personeller
Ressourcen nicht durchführen. Dienstleister, die das BEM anbieten, wären eine
mögliche Lösung, müssten allerdings bekannter werden. Auch die Berufsgenossenschaften haben sich auf die Information und Motivation von Kleinbetrieben in
Seminaren spezialisiert, welche jedoch mehr beworben werden sollten. Generell sei
das BEM, nach Ansicht des Fachexperten der Betriebskrankenkassen, so ausgestaltet, dass auch Klein- und Mittelbetriebe dies durchführen können, es seien keine
aufwändigen Strukturen oder Ressourcen erforderlich.
Viel Informationsbedarf bestehe zudem bei den Beschäftigten. Viele wissen gar
nicht, dass sie Anspruch auf ein BEM hätten oder haben Angst davor, weil sie dies
mit disziplinarischen Krankenstandsrückkehrgesprächen verwechseln würden.
„Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik gemacht werden. (.) Also
dass die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den meisten Betrieben wissen die
Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid.“ (TN VIII, Zeile 205)
Eine breite öffentliche Informationskampagne sei hier erforderlich. Es müssten
Lösungen gefunden werden, wie Beschäftigte erreicht werden können, bevor sie erkranken. Als besonders schwierig stellt sich das mangelnde Vertrauen der Beschäftigten heraus. Um ein offenes Gespräch der Arbeitnehmer mit den BEM-Beauftragen
zu ermöglichen, ist eine gute Unternehmenskultur erforderlich, die in vielen Betrieben
erst aufgebaut werden müsste. Weiters werden vielfach Fehler in der Umsetzung des
BEM gemacht, die zu weiteren Hindernissen in der Teilnahme der Beschäftigten
führen. BEM-Beauftragte sollten neutrale Personen sein, weder Betriebsrat noch
Personalverantwortliche und auch die Aufbewahrung von Unterlagen des BEM darf
nicht in der Personalakte erfolgen. Hier ist viel Informationsbedarf und Qualifizierung
notwendig. Im Betrieb sollte das BEM in ein umfassendes Betriebsgesundheitsmanagement eingebunden werden.
„Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches
Eingliederungsmanagement
in
so
ein
umfassenderes
Betriebsgesundheits-
management einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze miteinander also
parallel nebeneinander laufen lassen.“ (TN X, Zeile 58)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
109
Kernkompetenzbereich Gesundheit
So könnten BGF und BEM gemeinsam abgewickelt werden und voneinander
profitieren. Denn BGF kann Probleme, die hinderlich für das BEM sind, wie etwa
mangelndes Vertrauen, schlechte Kommunikation und Unternehmenskultur, vorab
bearbeiten. Schnittstellen zwischen den Bereichen BGF und BEM auf Grund zweier
unterschiedlicher Sozialgesetze erschweren dies jedoch.
Die fehlende „Nachhaltigkeit“ des BEM wird vom Fachexperten der Betriebskrankenkassen angeführt. Beschäftigte würden sich nach Abschluss des BEM alleingelassen
fühlen. Eine, möglicherweise externe, Weiterbegleitung wäre hier wünschenswert um
Rückfälle zu vermeiden.
6.3.3.2 Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit
Die Eignung des BEM wird von den Experten unterschiedlich beurteilt. Mehrheitlich
wird der Grundgedanke des BEM gut geheißen, die Ausgestaltung sei allerdings verbesserungswürdig. Das Warten auf lange Ausfallzeiten, um dann eine Wiedereingliederung vorzunehmen, wird kritisiert. BEM sollte mehr als Präventionsinstrument
eingesetzt werden und schon beginnen, bevor lange Krankenstände entstehen. Dies
sollte auch im zugrunde liegenden Gesetz so definiert sein. Gegenteilige Meinungen
existieren zur Bewertung der Wirkung des BEM. Die Strategie sei nicht unzweifelhaft,
da keine großen Erfolge sichtbar sind, so der Arbeitgebervertreter. Konträrer Ansicht
ist die Arbeitnehmervertreterin: sie beschreibt das BEM als eine besonders gut geeignete Strategie:
„Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn Menschen rechtzeitig
unterstützt werden, dass dann vieles aufgehalten werden kann, beziehungsweise schlimmeres gar nicht entstehen kann. Also ganz viele Fallbeispiele, die
wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz eindeutig belegen.“
(TN VIII, Zeile 318)
Der Fachexperte der Unfallversicherung setzt entgegen, dass Erfolge in konkreten
Einzelfällen nicht messbar sind, da nicht nachvollzogen werden könne, ob die
konkrete Arbeitsunfähigkeit verkürzt wurde.
Im BEM besteht offenbar noch viel Informations- und Veränderungsbedarf. Im
Gesetz wurde keine klare Vorschreibung über die konkrete Umsetzung in den
Betrieben vorgenommen. Dies scheint dazu geführt zu haben, dass in der Praxis
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
110
Kernkompetenzbereich Gesundheit
viele Fehler passieren. Problematisch zeigt sich dies, da es auf Kosten der Inanspruchnahme der Beschäftigten geht. Es muss daher noch viel in Qualifizierung und
Information aller Beteiligten investiert werden. Wesentlich erscheint auch hier, so wie
es sich auch in der Befragung in Österreich gezeigt hat, eine Verknüpfung der
Themen Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeit (hier BEM) innerhalb des Betriebs.
Eine gute Unternehmenskultur ist zudem Grundvoraussetzung, dass das BEM funktionieren kann. Ob nun Sanktionen und Kontrollen oder eher die Sensibilisierung für
das Thema hilfreich für eine flächendeckende Umsetzung sind, kann auf Grund der
Befragung nicht beantwortet werden. Auch eine abschließende Beurteilung über die
Eignung des BEM als Strategie für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit kann nicht vorgenommen werden, es wird allerdings eher an der Ausgestaltung als an der Strategie
insgesamt gezweifelt.
6.3.4 Vergleich BEM und „fit2work“
Die Verschiedenartigkeit des deutschen BEM und des österreichischen „fit2work“
sowie deren Vor- und Nachteile wurde mit den Experten diskutiert, die Ergebnisse
werden folgend abgebildet.
Der Mehrzahl war „fit2work“ nicht bekannt, die Eckdaten wurden daher im Gespräch
vom Interviewer dargestellt. Überwiegend wird die in Deutschland gegebene Verpflichtung der Arbeitgeber als Vorteil gesehen.
„Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber Deutschland,
dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Dass es also keine gesetzliche Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das tatsächlich
zu tun. […] Das hat ein bisschen mehr Druck, als so ein freiwilliges Angebot von
Sozialversicherungsträgern.“ (TN VII, Zeile 179)
„Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist.“ (TN VIII, Zeile 295)
Der Arbeitgebervertreter erachtet den Ansatz in Österreich zunächst die Betroffenen
anzusprechen als gut, meint jedoch der Konnex zum Arbeitsumfeld müsse gegeben
sein, da dort sonst keine Änderungen vorgenommen werden können. Die Loslösung
der Personenberatung aus dem Betrieb sieht die Mehrzahl der Experten nur im Falle
einer schlechten Unternehmenskultur als Vorteil. Der interne Weg des BEM sollte
erste Wahl sein und kann so auch als Werkzeug für eine bessere Unternehmens-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
111
Kernkompetenzbereich Gesundheit
kultur dienen. Der Vorteil der externen Beratung der Personen, könnte jedoch in der
besseren Wahrung des Datenschutzes gesehen werden. Das BEM biete aber
wiederum
die
Möglichkeit
Führungskräfte
zu
involvieren
und
betriebliche
Bedingungen wie Arbeits- und Pausengestaltung besser einfließen lassen zu
können. Zudem ist bei der externen Beratung ein viel größerer Informations-,
Beratungs- und Koordinierungsaufwand als bei der internen Lösung gegeben. Man
müsse daher abwägen, was wichtiger ist: die anonyme, datengeschützte Beratung
außerhalb des Betriebs oder die gute Kenntnis über Strukturen und Abläufe, die der
innerbetriebliche Weg bietet. Welche Strategie nun die bessere sei, kann jedoch erst
nach Erfahrungen mit „fit2work“ beurteilt werden. Die Arbeitnehmervertreterin führt
das Gedankenexperiment aus, beide Möglichkeiten für Betriebe anzubieten:
„Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte. Also
jeder Betrieb könnte sich irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich mir
vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte
Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte
man sozusagen auch den internen Weg wählen.“ (TN VIII, Zeile 278)
6.3.4.1 Tipps für „fit2work“
Die Experten wurden auch nach Erfahrungen mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement gefragt, die bei der Umsetzung oder Adaptierung von „fit2work“ dienen
könnten.
Dass bei dem Projekt keine Gewerkschaften involviert sind, wird als Verbesserungsmöglichkeit aufgeführt. Da Maßnahmen im Betrieb auch Betriebsratsbelange
betreffen könnten und Betriebsräte in Deutschland stark in der Überzeugungsarbeit
engagiert seien, sollten diese unbedingt beteiligt sein. Weiters sollten für interessierte
Betriebe als erster Schritt umfangreiche Informationen auf der Internetseite zu finden
sein. Als wesentlichen Punkt für die Teilnahme der Beschäftigten wurde das
Anschreiben identifiziert. Dieses muss einen Anreiz darstellen und den Nutzen für die
Person aufzeigen. Die Verbindung zwischen Personenberatung und Betrieb wird
mehrmals als wesentlich angeführt.
„Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier Arbeitsbedingungen schafft, die eben letztendlich auch für eingeschränkt, gesundheitlich
Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind.“ (TN VI, Zeile 238)
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
112
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Von den deutschen Experten wird die Freiwilligkeit für die Betriebe offenbar als
Nachteil empfunden. Sie setzen zudem auf die innerbetriebliche Lösung des BEM,
auch wenn hierbei in der Praxis Fehler gemacht werden. Der Vorschlag der Wahlmöglichkeit für Betriebe: interne Lösung oder externe Beratung ist durchaus weiterzuverfolgen. Zudem ist der Hinweis, Gewerkschaften bei „fit2work“ zu involvieren,
hervorzuheben. Der von österreichischen Experten angeführte Punkt der Verbindung
von Personen- und Betriebsberatung, wird auch von den deutschen Befragten
kritisiert. Dies ist in der Umsetzung von „fit2work“ sicherlich zu beobachten.
6.3.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation
Ob und inwiefern die Gestaltung der Rehabilitation in Deutschland einer Verbesserung hinsichtlich des Erhalts bzw. der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bedarf,
ist Inhalt dieser Kategorie.
Die Vernetzung und Koordination der Vielzahl an zuständigen Sozialversicherungen
wird mehrfach zur Sprache gebracht. So gut wie Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten funktionieren, die alle Leistungen aus einer Hand erbringe, sollte dies auch bei allen anderen Rehabilitationsträgern der Fall sein. Durch Zuständigkeitsschwierigkeiten gehe viel Zeit verloren und
vor allem die Rehabilitation der Betroffenen leide darunter.
„Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen und Mitarbeiter, die
erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen und von einem
Träger zum anderen geschickt werden und praktisch diese ganze Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein, das ist
auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus.“ (TN VII,
Zeile 295)
Aber dafür ist auch das BEM eingerichtet worden, in dem der BEM-Beauftragte eine
Lotsenfunktion für den Beschäftigten übernimmt. In der Rehabilitation fehlt in aller
Regel der Arbeitsbezug, der wichtig für die Art der Rehabilitation ist. Eine Kommunikation zwischen Reha-Verantwortlichen und BEM-Beauftragten wäre hier zielführend.
Employee Assistance Programs (EAP), die immer häufiger von großen Betrieben
eingesetzt werden, bieten Beratungsleistungen für Beschäftigte, die auch bei der
Komplexität des Gesundheitswesens helfen können. Auf diese Weise könnten
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
113
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Betriebe zu einer effizienten Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten beitragen. Auch für KMU stellt dies eine Möglichkeit dar, die Expertise dieser
externen Berater in Anspruch zu nehmen.
Insgesamt sind noch viele kreative Lösungen zu entwickeln, denn die Pensionierung
werde immer noch zu schnell beantragt. Von der gesetzlichen Ausgestaltung sollte
es keine Unklarheiten über Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger geben, meint
die Arbeitsschutzexpertin. Wie dies allerdings in der Praxis aussieht, könne sie nicht
einschätzen. Die Arbeitnehmervertreterin ist der Ansicht, dass vor allem bei
psychischen Erkrankungen noch die Courage fehlt:
„Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns oft noch der Mut, bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da auch wieder ins
Arbeitsleben zurück zu kommen.“ (TN VIII, Zeile 371)
Es sind Projekte und einfaches Ausprobieren gefragt, um Wissen und Erfahrungen in
dem Bereich zu erhalten. Dieses Wissen müsse dann in die Breite getragen werden,
damit mehr Menschen Mut dazu erlangen.
So wie in Österreich, zeigt sich, dass auch Deutschland im Bereich der Schnittstellen
zwischen den Rehabilitationsträgern Verbesserungsbedarf hat. Dass Lotsen beauftragt werden müssen, um den Betroffenen eine lückenlose Betreuung zu ermöglichen, bestätigt dies. Es werden also neue Vehikel geschaffen, anstatt das Problem
zu beseitigen. Auch im Zusammenhang mit der Rehabilitation werden psychische
Erkrankungen als Herausforderung dargestellt. In diesem Bereich ist mehr Mut von
allen Beteiligten gefragt.
6.3.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen
Welche Voraussetzungen gegeben sein müssten, um Deutschlands Betriebe –
insbesondere Klein- und Mittelbetriebe – zu mehr Maßnahmen alter(n)sgerechter
Arbeitsgestaltung und Betrieblicher Gesundheitsförderung zu motivieren, ist Inhalt
dieser Kategorie.
6.3.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
Alternative Arbeitszeitgestaltung ist auf Grund von Wiederständen der Arbeitnehmervertreter sowie der Arbeitnehmer selbst schwierig umzusetzen. Gewohnheiten
würden nicht gerne verändert und bei Schichtarbeit stellten sich empfohlene Wechsel
der Arbeitszeiten für die Freizeitgestaltung als schwierig dar. Hier müsse noch Über-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
114
Kernkompetenzbereich Gesundheit
zeugungsarbeit geleistet werden, beispielsweise durch die verpflichtende Durchführung von Altersstrukturanalysen. Dies ist bereits in manchen Tarifverträgen gegeben, schafft dadurch Bewusstsein für die Problematik und erzeugt Handlungsdruck.
„Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche Probleme sie eventuell mit der
Demografie haben könnten. Und dann wird erst letztendlich der Handlungsdruck
erzeugt.“ (TN VI, Zeile 568)
Der Druck durch Fachkräftemangel führt zu mehr Bereitschaft der Betriebe Maßnahmen zu setzen, er bietet aber auch die Möglichkeit, das Thema positiv zu besetzen und „nachhaltige“ Konzepte zu entwickeln.
Das Projekt Demotrans, welches vor einigen Jahren gestartete wurde, hat Instrumente und Wege alter(n)sgerechter Arbeit in die Öffentlichkeit getragen. Der Sensibilisierungsgrad sei dadurch in Deutschland bereits sehr hoch, aber es gibt viele
unterschiedliche Ansätze und ungebündelte Angebote sowie eine fehlende
Qualitätssicherung, die es den Betrieben schwer macht, die Übersicht zu behalten
oder die Qualität beurteilen zu können. Eine Standardisierung wäre in dem Bereich
wünschenswert.
6.3.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung
Mehrheitlich wird die Vielzahl der Krankenkassen sowie deren fehlende Vernetzung
als Hürde für die Betriebe darstellt, die zu mangelnder Orientierung und Übersicht
über das Angebot führt. Zudem kommt in Deutschland der marktwirtschaftliche
Aspekt der Krankenkassen hinzu. In einem Betrieb können dadurch mehrere konkurrierende Krankenkassen mit unterschiedlichen Angeboten vertreten sein. Auf Grund
dessen ist es noch schwieriger, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Erfolgreiche
BGF gibt es fast nur in Betrieben mit Beschäftigten der gleichen Krankenkasse.
„Aber wenn sie dann eben eine Mischstruktur haben, wo fünf Kassen in einem
Betrieb sind, wird es schwierig, die richtigen Ansprechpartner zu finden.“ (TN VI,
Zeile 208)
Das Angebot der Krankenkassen ist zudem nicht ausreichend am Bedarf der
Betriebe ausgerichtet. Die unterschiedlichen Interessen und Ziele der tätigen Institutionen führen zu einer unübersichtlichen Fülle von Maßnahmen, die einen
Ansprechpartner, der den Überblick hat und eine Lotsenfunktion übernimmt, erfor-
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
115
Kernkompetenzbereich Gesundheit
dert. Es mangelt an einer bundesweiten Institution, die sich um eine flächendeckende Umsetzung kümmert.
Eine Chance, dass in Betrieben mehr BGF betrieben wird, ist die Entwicklung, Maßnahmen immer öfter zur Steigerung der Unternehmensattraktivität und zum
Recruiting zu nutzen. Der bereits merkbare Fachkräftemangel lässt dem Thema
außerdem mehr Bedeutung zukommen.
Für Betriebe müsste jedoch auch noch viel besser der Nutzen von BGF aufgezeigt
und mehr Best Practice Beispiele veröffentlicht werden, damit sie erkennen, dass
sich diese Investitionen lohnen. Regionale Zusammenschlüsse von Betrieben für
BGF werden von einigen Befragten als sinnvoll erachtet, da Betriebe innerhalb einer
Region oft die gleichen Fragestellungen hätten. Sensibilisierung für das Thema und
Information ist ganz wesentlich.
Es scheitert zudem oft auch an finanziellen Mitteln. Die Steuerbegünstigung bei
Durchführung von BGF müsste, wenn sie mehr in Anspruch genommen werden
sollte, durch Öffentlichkeitsarbeit beworben und unkompliziert gestaltet sein.
Generell ist eine große Gesundheitskampagne vom Gesundheitsministerium, eingebunden in eine nationale Präventionsstrategie mit Anschlussfähigkeit an alle
Lebenswelten, insbesondere die Arbeitswelt, erforderlich, so der Arbeitgebervertreter. So würden Betriebe mit der Thematik nicht alleine gelassen, sondern ein emotionales Umfeld für BGF geschaffen und auch zur Teilnahme der Beschäftigten motiviert.
6.3.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben
Da kleinere Betriebe gegenüber größeren Unternehmen schlichtweg weniger Möglichkeiten haben BGF umzusetzen, ist es insbesondere für KMU wichtig, bundesweit
regionale Netzwerke zu gründen. Komplizierte und unübersichtliche Angebote oder
Finanzierungsmöglichkeiten erschweren für KMU die Inanspruchnahme am deutlichsten. In Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten haben Betriebs- und Personalräte die Möglichkeit durch das Betriebsverfassungs- und Bundespersonalvertretungsgesetz im Rahmen von Betriebsvereinbarungen eine gesundheitsgerechte
Arbeitsgestaltung festzulegen. Da Kleinbetriebe diese Möglichkeit nicht haben, sind
Vereinbarungen in Tarifverträgen sinnvoll, so wie dies beispielsweise bereits mit
Altersstrukturanalysen der Fall ist.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
116
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Und in kleineren Betrieben würde ich das über Tarifverträge machen, wo in den
Tarifverträgen auch bestimmte Instrumente verankert werden, um eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzuführen.“ (TN VIII, Zeile 406)
Zur Sensibilisierung für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung bei den Betrieben
wurde in Deutschland bereits viel unternommen. Allerdings scheint erst der Druck
durch den Fachkräftemangel, also ein Spüren der Problematik im eigenen Betrieb,
ein Faktor zu sein, der zum Handeln führt. Eine verpflichtende Durchführung einer
Altersstrukturanalyse sowie Beratungsangebote für die Betriebe scheint ein guter
Weg zu sein, damit Betriebe vorzeitig Handlungsbedarf erkennen und Maßnahmen
setzen. In Deutschland stellt sich die Vernetzung der Krankenkassen bezüglich BGFAngebote als besonders wichtig dar. Da mehrere Krankenkassen in einem Betrieb
vorzufinden sind, wurde der Betrieblichen Gesundheitsförderung eine zusätzliche
Hürde in den Weg gelegt. Die Abstimmung der Angebote der unterschiedlichen
Anbieter sowie die Anpassung an den Bedarf der Betriebe zeigen jedenfalls Handlungsbedarf auf. Um Betriebe zu motivieren BGF durchzuführen, bedarf es zudem
noch an Sensibilisierung. Regionale Netzwerke sowie Regelungen über Tarifverträge
müssten ausgebaut werden, da vor allem Klein- und Mittelbetriebe davon profitieren
würden.
6.3.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten
Maßnahmen von Politik und Betrieben in Deutschland wurden im Hinblick auf Tätigkeiten, die als besonders belastend gelten, mit den Experten diskutiert. Insbesondere
wurde hinterfragt, ob diese ausreichend sind, um für diese Beschäftigten ein Erreichen des Regelpensionsalters in Gesundheit zu ermöglichen.
Die Mehrzahl der Experten gibt an, dass für diese Beschäftigtengruppen noch mehr
Maßnahmen erforderlich sind.
„Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der Vergangenheit
viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden.“ (TN VII, Zeile 393)
Es sind zwar ausreichend Konzepte für alle Branchen vorhanden, die Umsetzung in
der Praxis ist allerdings verbesserungswürdig. Im Gesundheits-, Sozial-, Bauwesen
und im Verkehr werden bereits viele Aktivitäten gesetzt, lediglich im Transport sind
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
117
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Maßnahmen schwer durchzuführen, da viele der Beschäftigten kaum im Unternehmen anzutreffen sind. Die Arbeitnehmervertreterin sieht hingegen vor allem im Bauwesen noch Bedarf an neuen Ideen und Lösungen. Insbesondere die Schichtarbeit
wird vielfach als problematisch eingeschätzt. Diese sowie schwere körperliche Tätigkeit können schlichtweg nur bis zu einem bestimmten Alter durchgeführt werden und
sollten daher von vornherein bezüglich Dauer und Altersgrenze eingeschränkt
werden. Für Beschäftigte in diesen Tätigkeiten ist das Lebenslange Lernen von
besonderer Bedeutung.
„Dass man eben sagen muss, bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur
zehn Jahre jetzt machen oder Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man
das eben wirklich begrenzt von vornherein, dass man sagt, kann man nur eine
bestimmte Anzahl von Jahren machen und innerhalb dieser Jahre können das
Menschen bis 45 machen oder so. Und das man es wirklich begrenzt, weil das
eben besonders schwere Arbeit ist.“ (TN VIII, Zeile 444)
Es ist von besonderer Wichtigkeit, Branchenspezifika ernst zu nehmen und gezielte,
maßgeschneiderte Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Das BEM ist natürlich auch in
diesem Bereich ein wirkungsvolles Instrument.
Während manche Experten Zeitarbeit generell als problematisch bezeichnen, sehen
andere dies sehr branchenspezifisch. Es kommt dabei auf den Einsatzbereich an
und je nachdem müssten passend zu der jeweiligen Branche und dem jeweiligen
Betrieb Aktivitäten gesetzt werden bzw. sind bei Zeitarbeitern beispielsweise in
Bürotätigkeit keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Die Herausforderung ist es,
Schnittstellen zwischen Beschäftigten, Zeitarbeitsunternehmen und Kundenunternehmen zu schaffen und Lösungen mit den drei Gruppen zu finden.
Auch in Deutschland müssen offenbar noch mehr Maßnahmen für Beschäftigte mit
belastender Tätigkeit gesetzt werden. Eine Alters- und Zeitraumbegrenzung von belastenden Tätigkeiten oder Schicht- und Nachtarbeit ist eine sinnvolle Anregung, die
jedenfalls von der Politik in Angriff genommen werden sollte. Für bestimmte
Branchen, aber insbesondere für die Zeitarbeit, werden noch mehr Ideen und Lösungen benötigt, denn Maßnahmen müssen branchenspezifisch gesetzt werden.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
118
Kernkompetenzbereich Gesundheit
6.3.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben
Auch die deutschen Experten wurden bezüglich ihrer Meinung nach wirkungsvollen
Anreizen für Betriebe befragt. Diese Kategorie beinhaltet die Ergebnisse dieser Einschätzungen.
Eine knappe Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass Betriebe vor allem auf
Grund von Beratung und handfesten Beispielen zum Handeln schreiten. Die Unternehmen könnten gut voneinander lernen, aber neue Ideen und Anpassungen sind in
der sich rasch verändernden Gesellschaft besonders wichtig. Daher ist die Beratung
der Betriebe auch ein wesentlicher Faktor. Diese müsse für alle Betriebe zur Verfügung stehen und könne genauso gut über eine Hotline oder das Internet angeboten
werden.
Gesetzliche Verpflichtungen könnten die Verschiedenartigkeit der Betriebe nicht ausreichend berücksichtigen und müssten daher so breit ausgestaltet sein, dass sie
wiederum keine ausreichende Wirkung brächten, so der Arbeitgebervertreter.
Gegenteiliger Ansicht ist der Fachexperte der Unfallversicherung: gesetzliche Verpflichtungen mit ausreichender Kontrolle werden als Anreiz für Betriebe benötigt.
„[…] gesetzliche Verpflichtungen können immer nur dann greifen, wenn tatsächlich
die Umsetzung des Gesetzes auch kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch
entsprechend gemacht wird, was dort im Gesetz steht.“ (TN VII, Zeile 417)
Das Wissen über Möglichkeiten von Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung in Kombination mit finanziellen Anreizsystemen ist der wirkungsvollste Anstoß
für Betriebe nach Meinung der Arbeitsschutzexpertin. Bonuszahlungen von Berufsgenossenschaften oder Krankenkassen würden bereits Wirkung zeigen. Konträr
sieht dies der Fachexperte der Betriebskrankenkassen, da Motivation nur durch
eigene Betroffenheit und nicht durch finanzielle Mittel erreichbar ist. Die Arbeitnehmervertreterin ist der Meinung, dass alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu
einem Qualitätsstandard werden sollte, erkennbar durch ein nachvollziehbares Zertifikat. Dies würde einen Anreiz im Wettkampf um Kunden und Mitarbeiter darstellen.
In der Frage der wirkungsvollen Anreize kann auf Grund der Befragung nicht eine
einzige Strategie als die richtige ermittelt werden. Dass Beratung, Information und
Best Practice Beispiele sicherlich eingesetzt werden sollten, darüber sind sich die
Experten einig. Daher sollte darauf auf keinen Fall verzichtet werden. Ob zusätzlich
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
119
Kernkompetenzbereich Gesundheit
finanzielle Anreize oder gesetzliche Verpflichtungen mit Kontrollen eingesetzt werden
sollten, kann auf Grund der Interviews nicht beantwortet werden. Ein Zertifikat für
alter(n)sgerechte Betriebe zu entwickeln, so wie es in Österreich das Gütesiegel
NESTORGOLD gibt, ist sicherlich auch für Deutschland empfehlenswert.
6.3.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe
In dieser Kategorie werden jene von Experten angeführte Bereiche zusammengefasst, die derzeit und auch in Zukunft für die Thematik „ältere Arbeitnehmer“ eine
Rolle spielen. Teilweise sind Nennungen in dieser Kategorie bereits bei vorherigen
Kategorien erläutert worden, sie sollen jedoch an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden, da sie von besonderer Bedeutung für die Politik und für betriebliche
Akteure sind.
Die Veränderung des Arbeitsschutzes von der reinen Unfallvermeidung hin zum
Gesundheitsmanagement erfordert ein Aufbrechen der traditionellen Strukturen. In
Betrieben müsste der Arbeitsschutz mit BGF und Human Ressource Management
verknüpft werden. Oftmals stehen dabei jedoch die betrieblichen Strukturen im Weg.
„Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche besser miteinander verzahnt sind, besser
zusammenarbeiten in den betrieblichen Strukturen, ist natürlich unser Problem.
Und das man hier zu einem gemeinsamen Grundverständnis kommt. Also da ist
noch viel zu tun. Weil diese starke Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht
mehr so gestalten.“ (TN VI, Zeile 555)
Hier ist noch ein großer Änderungsbedarf in den Betrieben gegeben, da generell das
Bewusstsein für diese Verzahnung fehlt.
Da die Arbeitsprozesse komplexer geworden sind, ist noch ein Bedarf an Wissen
über ergonomisches Arbeiten gegeben. Die ergonomische Gestaltung von Arbeitsprozessen durch Bewertung von Gesamtbelastungen, mentalen Belastungen und
kognitiven Herausforderungen sei ein Auftrag an die Wissenschaft.
Dass Lebenslanges Lernen in der heutigen Arbeitswelt von besonderer Bedeutung
ist, den Beschäftigten dies aber auch positiv vermittelt werden muss, sodass keine
Ängste erzeugt und psychische Erkrankungen ausgelöst werden, führt auch zur
nächsten und wahrscheinlich größten Herausforderung für Politik und Betriebe: der
erhebliche Anstieg an psychischen Erkrankungen. Dies ist auch erkennbar im BEM,
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
120
Kernkompetenzbereich Gesundheit
wo diese bereits 70% der Fälle ausmachen würden. In allen zuvor angeführten Kategorien und von allen Experten wurden psychische Erkrankungen als Herausforderung dargestellt. Jedoch müssen dafür übergreifende Lösungen und Konzepte gefunden werden, auch unabhängig von der Arbeitswelt. Denn die Ursachen finden
sich auch im privaten Bereich, auf den die betrieblichen Akteure keinen Einfluss
haben.
„Und die sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man
natürlich nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: nicht immer nur aus der
Arbeitswelt, sondern auch aus dem privaten Bereich.“ (TN VII, Zeile 439)
Sollen auch in Zukunft Betriebe für das Thema alter(n)sgerchte Arbeitswelt erreicht
werden, müsse auf neue Bezeichnungen zurückgegriffen werden. Begriffe wie
„Demografie“ oder „Demografiemanagement“ würden sich im Laufe der Zeit abnützen. In Deutschland wird nun dazu übergegangen, von „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit“ oder „länger, sicher und gesund arbeiten“ zu sprechen.
Das Reagieren auf Veränderungen und neue Bedingungen ist für die Gestaltung
einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt für Politik, Betriebe und alle beteiligten Akteure
eine Herausforderung. Diese muss allerdings in Angriff genommen werden, wenn
„nachhaltige“ Erfolge erreicht werden sollen. Gerade psychische Erkrankungen verlangen einen multidisziplinären Ansatz, d.h. Aktivitäten in allen Lebenswelten und
politischen Bereichen zu setzen.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
7 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND AUSBLICK
Auf Grund der demografischen Entwicklung wird das Thema ältere Arbeitnehmer in
der Europäischen Union sowie in den einzelnen Ländern vermehrt diskutiert. Oftmals
stehen Beschäftigungsquoten dieser Altersgruppe sowie Pensionsdebatten im Vordergrund der Diskussionen. Eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, die sowohl
Maßnahmen für die Gesunderhaltung der Arbeitnehmer über das gesamte Erwerbsleben, als auch spezielle Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer beinhaltet, ist im Hinblick
auf die lange Lebenserwerbszeit von großer Bedeutung. Als bedeutsam haben sich
Aktivitäten in den Bereichen Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche
Initiativen erwiesen.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, Problemlagen auf den Ebenen der
Gesunderhaltung der Arbeitnehmer zu identifizieren und anschließend durch Befragung von Experten Änderungsbedarf zu ermitteln. Auch Anreizsysteme für das
Aktivwerden der Betriebe wurden untersucht. Diese Arbeit soll dazu beitragen mehr
Wissen über alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu erlangen und benötigte Änderungen in politischem oder betrieblichem Vorgehen anzuregen.
Im folgenden Kapitel wird zunächst eine Zusammenschau der einzelnen Kapitel geboten. Anschließend werden die formulierten Forschungsfragen beantwortet, wofür
die Resultate der Expertenbefragung mit einbezogen werden. Zuletzt erfolgen eine
kritische Diskussion der Ergebnisse sowie ein Ausblick in Bezug auf die Thematik.
7.1 Zusammenfassung
Kapitel 2 beinhaltet jene Grundlagen, die für das Thema wesentlich sind und
zunächst abgegrenzt wurden. Eine Definition des „älteren Arbeitnehmers“, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Arbeitswelt, die Beschäftigungssituation Älterer in Österreich und Deutschland, die Betriebsgrößen und Branchenstruktur der beiden Länder sowie Best Practice Beispiele anderer Länder wurden zu
Beginn dargestellt. Der Zusammenhang von Arbeitsunfähigkeit und Invalidität wurde
aufgezeigt, da nunmehr in Österreich und Deutschland lange Krankenstände als
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
122
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Vorlaufindikator zur Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko genutzt werden. Die
Darstellung der Fähigkeitskonzepte – bestehend aus Leistungs-, Arbeits- und
Beschäftigungsfähigkeit – beinhalteten auch das „Haus der Arbeitsfähigkeit“. Dieses
Modell zeigt die Handlungsebenen für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit auf:
Gesundheit, Kompetenz, Arbeit und Werte. Die Möglichkeiten für betriebliche
Maßnahmen wurden durch das Konzept des Alter(n)smanagement erläutert.
Schließlich konnten mittels der Befunde des „DGB-Index Gute Arbeit“ in Deutschland
und des „Arbeitsklima-Index“ in Österreich Arbeitnehmer identifiziert werden, die ihre
Arbeitsbedingungen besonders schlecht beurteilen und ein Erreichen des Regelpensionsalters als unwahrscheinlich einschätzen. Dabei handelt es sich insbesondere
um Beschäftigte im Baugewerbe, der Nachrichtenübermittlung, dem Gesundheitsund Sozialwesen, dem Verkehrswesen sowie um Zeitbeschäftigte. Da diese Einschätzungen mit den Daten der Kranken- und Invaliditätstatistiken übereinstimmen,
zeigt sich hier Handlungsbedarf.
In Kapitel 3 und 4 wurden die politischen und betrieblichen Strategien Österreichs
und Deutschlands dargestellt. Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche
Initiativen wurden dabei als wesentlich identifiziert.
Anschließend folgte in Kapitel 5 ein Vergleich der dargestellten Strategien Österreichs und Deutschlands. Im Unterschied zu Österreich, sieht das deutsche Arbeitsschutzgesetz keine spezielle Berücksichtigung des älteren Arbeitnehmers vor. In
Deutschland müssen dagegen psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung verpflichtend erhoben werden. In beiden Ländern werden Gefährdungsbeurteilungen jedoch nicht flächendeckend durchgeführt.
Während in Österreich mit „fit2work“ ein außerbetriebliches Beratungsangebot für
Betriebe und Personen zum Erhalt bzw. der Wiedererlangung der Gesundheit von
Arbeitnehmern angeboten wird, ist in Deutschland seit nunmehr acht Jahren das
BEM als innerbetriebliche Lösung von Arbeitgebern verpflichtend Beschäftigten mit
mehr als 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit anzubieten. Bei beiden Strategien sind
kritische Stimmen zu vernehmen, die im nächsten Kapitel diskutiert werden.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
123
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ wird in Österreich und Deutschland verfolgt, in beiden Ländern besteht die Problematik einer Vielzahl an Trägern und damit
einhergehende Kommunikationsprobleme.
Deutsche Krankenkassen sind verpflichtet Betrieben BGF-Maßnahmen anzubieten.
In Österreich ist dies nicht der Fall, dennoch bestehen zahlreiche Angebote von
Krankenkassen. In beiden Ländern wird allerdings die mangelnde Koordination der
Maßnahmen kritisiert.
Altersteilzeit als Instrument der Belastungsreduktion für ältere Arbeitnehmer wird in
Deutschland und Österreich überwiegend in der Blockvariante gewählt. Da dies eher
eine Strategie zum vorzeitigen Erwerbsausstieg darstellt, wird in Österreich versucht
die Blockvariante unattraktiver zu gestalten, in Deutschland wurde die Förderung der
Altersteilzeit gänzlich eingestellt.
Obwohl in beiden Ländern zahlreiche Projekte und Initiativen zu alter(n)sgerechter
Arbeitsgestaltung zu finden sind, ist eine breite Umsetzung in den Betrieben nicht
festzustellen. Weiterer Unterstützungsbedarf, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, ist daher gegeben.
Kapitel 6 beinhaltet die Darstellung und Interpretation der durchgeführten Experteninterviews. Mit fünf österreichischen und fünf deutschen Experten wurden die durch
Bearbeitung der Literatur identifizierten Bereiche diskutiert und Änderungsbedarf erhoben. Die Ergebnisse der Befragung sowie die Erkenntnisse der Literaturrecherche
dienen der Beantwortung der anfangs gestellten Forschungsfragen.
1. Welche Strategien werden von Politik und Betrieben in Österreich und
Deutschland verfolgt, um ältere Arbeitnehmer gesund zu beschäftigen?
Die in Kapitel 3 und 4 dargestellten und in Kapitel 5 verglichenen Ebenen stellen die
verfolgten Strategien Österreichs und Deutschlands dar. Einerseits ist dies der
Arbeitnehmerschutz, der sich im Laufe der Jahre von der reinen Unfallvermeidung zu
einem breiten gesundheitsfördernden Ansatz weiterentwickelt hat. Während das
österreichische ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gezielt auf das Alter eingeht, wird in
Deutschland lediglich von „besonders schutzbedürftigen Beschäftigtengruppen“ gesprochen. Aber auch die direkt auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit abzielenden Maßnahmen „fit2work“ und BEM können als wesentliche Strategien bezeichnet werden.
Im Bereich der Rehabilitation wird mittels Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
124
Kernkompetenzbereich Gesundheit
versucht, eine Strategie der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsprozess zu erreichen. Auch die Betriebliche Gesundheitsförderung, die einen breiten
Ansatz hat und daher nicht auf eine bestimmte Beschäftigtengruppen abzielt, kann
dennoch als Maßnahme für eine gesunde Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bezeichnet werden, denn schließlich profitieren alle Beschäftigten eines Unternehmens
von BGF. Auf Grund des geringen Umsetzungsgrades von BGF in deutschen und
österreichischen Unternehmen ist jedoch eine Ausweitung wünschenswert. Die
Altersteilzeit wäre in Form einer gleichbleibend reduzierten Arbeitszeit eine Strategie
zur Entlastung älterer Arbeitnehmer. Da diese Art selten gewählt wird, wird in
Deutschland von dieser Strategie eher abgegangen, in Österreich wird versucht,
durch Lenkungsmaßnahmen die oben erwähnte förderliche Form der Altersteilzeit
attraktiver zu gestalten. Die alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation kann als betriebliche Strategie bezeichnet werden, die jedoch in Österreich und Deutschland bisher
zu wenig verfolgt wird. Überbetriebliche Initiativen und Projekte sollen alle Beteiligten
informieren und mobilisieren und können als Strategien zur Sensibilisierung aufgefasst werden.
2. Besteht hinsichtlich der gewählten Strategien Änderungsbedarf?
Der Arbeitnehmerschutz ist in Österreich und Deutschland bezüglich der betrieblichen Umsetzung verbesserungswürdig. Für eine vermehrte Durchführung müssten
den Betrieben – insbesondere Klein- und Mittelbetrieben – die gesetzlichen Grundlagen und deren Sinn durch Information und Sensibilisierung nahe gebracht werden.
Aber auch vermehrte Kontrollen über die Einhaltung sind empfehlenswert. Die gesetzliche Ausgestaltung des Arbeitsschutzes hinsichtlich des Alters wird in beiden
Ländern als ausreichend angesehen. Im österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sind jedoch psychische Belastungen nicht ausreichend berücksichtigt.
Das in Österreich erst seit etwas mehr als einem Jahr bestehende und noch nicht
flächendeckend ausgebaute „fit2work“ ist vor allem in Bezug auf die fehlende Verknüpfung von Personen- und Betriebsberatung, die als Erfolgsfaktor bezeichnet wird,
zu kritisieren. Da dies in der Planung nicht vorgesehen ist, in der Praxis jedoch möglicherweise doch erfolgt, kann derzeit noch nicht von einem Änderungsbedarf gesprochen werden. Die Ausrichtung der Betriebsberatung auf Betriebe ab 15 Beschäftigte
lässt
Kleinbetriebe
außen
vor.
Ob
bei
„fit2work“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
diesbezüglich
125
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Anpassungsbedarf besteht oder ob eine andere passende Lösung für Kleinbetriebe
gefunden werden sollte, ist abzuwarten. Die freiwillige Teilnahme der Betriebe kann
nicht grundsätzlich negativ bewertet werden. Einerseits ist eine Verpflichtung nicht
immer zielführend, andererseits kann sich der fehlende Druck auf Betriebe in
mangelhafter Teilnahme auswirken. Sowohl die Teilnahmeraten der Betriebe, als
auch der Personen werden sich in der ersten Evaluation zeigen und gegebenenfalls
Anpassungen erforderlich machen. Dass Gewerkschaften nicht am Projekt beteiligt
sind, kann als Verbesserungsmöglichkeit angeführt werden.
Das deutsche, bereits seit 2004 bestehende, BEM ist vor allem in der betrieblichen
Umsetzung verbesserungswürdig. Viele Fehler wie der Umgang mit den Daten aus
dem BEM oder mit der Auswahl der BEM-Verantwortlichen passieren auf Grund
mangelhafter Information der Betriebe. Ein wichtiger Punkt ist daher die Qualifizierung und Information der Beteiligten. Aber auch die Information der Beschäftigten ist
bisher mangelhaft gewesen, die Inanspruchnahme sollte durch Öffentlichkeitsarbeit
erhöht werden. Da das BEM nicht flächendeckend in deutschen Betrieben durchgeführt wird, muss von der Politik eine Lösung gefunden werden. Ob bisher nicht
durchgeführte Kontrollen erforderlich sind, mit finanziellen Sanktionen vorgegangen
werden soll oder die Sensibilisierung Mittel der Wahl ist, bleibt ungeklärt. Jedenfalls
muss vor allem die Umsetzung in Klein- und Mittelbetrieben vorangetrieben werden,
beispielsweise durch Bekanntmachen von Dienstleistern für das BEM oder Informationen der Berufsgenossenschaften. Eine fehlende „Nachhaltigkeit“ des BEM, das
heißt eine Weiterbetreuung der betroffenen Beschäftigten, ist eine weitere Verbesserungsmöglichkeit. Positiv wird das BEM im Hinblick auf die Möglichkeit dieses als
Instrument für eine gute Unternehmenskultur zu benutzen, gesehen. Betrieben eine
Wahlmöglichkeit zwischen BEM oder dem externen Weg von „fit2work“ anzubieten,
ist eine Lösung, die die Problematik des mangelnden Vertrauens der Mitarbeiter bei
der Betreuung innerhalb des Betriebes lösen könnte.
Bei beiden Strategien – „fit2work“ und BEM – kann Kritik im Hinblick auf den Zeitpunkt des Einsetzens der Maßnahmen geübt werden. Beide setzen erst dann ein,
wenn bereits längere Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgetreten sind. Diese Strategien
eher als Präventionsinstrument zu begreifen und Maßnahmen früher zu setzen, wäre
eine Verbesserung im Sinne des Erhalts der Arbeitsfähigkeit.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
126
Kernkompetenzbereich Gesundheit
In der Rehabilitation bedarf es sowohl in Österreich als auch in Deutschland weiterer
Änderungen. Die Schnittstellenproblematik stellt in beiden Ländern eine große Hürde
für eine effiziente Rehabilitation und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dar. Für
Österreich gilt insbesondere, dass nicht nur zwischen den einzelnen Institutionen,
sondern auch innerhalb dieser Organisationen der Informationsfluss verbessert
werden muss. Möglicherweise kann „fit2work“ hier Verbesserungen herbeiführen. Für
beide Länder stellt die psychische Rehabilitation eine große Herausforderung dar,
eine Verbesserung ist in dem Bereich wiederum die Optimierung der Schnittstellen
für eine rasche und lückenlose Rehabilitation sowie in Österreich eine Ausweitung
der finanzierten Psychotherapieplätze. Generell ist hier der Mut von allen Beteiligten
– auch von Arbeitgebern – sowie das Finden neuer Lösungen gefragt, damit Arbeitnehmer nach psychischer Rehabilitation weiter erwerbstätig bleiben können. In
Österreich besteht zudem Diskussionsbedarf in Bezug auf die Formen der Rehabilitation (ambulant oder stationär), den Weg der Inanspruchnahme (Krankenversicherung statt Pensionsversicherung) sowie die Ausweitung der Information der Betriebe
über Fördermöglichkeiten (Arbeitsplatzadaptierungen, Umschulungen). Die BEMBeauftragten übernehmen für deutsche Arbeitnehmer eine Lotsenfunktion, auch in
Bezug auf die Rehabilitation. Damit das gut funktionieren kann, besteht Änderungsbedarf in der Kommunikation der einzelnen Zuständigen. Um einen Arbeitsbezug in
der Rehabilitation herzustellen, ist ein geregelter Informationsaustausch zwischen
Rehabilitations-Verantwortlichen und BEM-Beauftragten empfehlenswert.
Als
Voraussetzungen,
dass
Österreichs
und
Deutschlands
Betriebe
eine
alter(n)sgerechete Arbeitsgestaltung betreiben, können Sensibilisierung und Information der Unternehmen genannt werden. Das Bewusstsein über die eigene Betroffenheit des Betriebes sollte beispielsweise über Altersstrukturanalysen erzeugt
werden. Eine gute Unternehmenskultur ist zudem Voraussetzung, dass Probleme bei
der Arbeitsgestaltung von Beschäftigten angesprochen und gelöst werden können. In
Österreich besteht ein massiver Änderungsbedarf in der Einstellung von Arbeitgebern und -nehmern gegenüber Alter und Arbeit. Für Deutschland gilt zudem, dass
das breite unübersichtliche Angebot und die fehlende Qualitätssicherung einen
Änderungsbedarf hinsichtlich Standardisierung erfordern.
Für die BGF in Österreich sind vor allem eine ausreichende Finanzierung (bspw.
durch Krankenkassen) sowie das Setzen von Prioritäten und Überprüfen der WirkFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
127
Kernkompetenzbereich Gesundheit
samkeit wichtig. In Deutschland müssten für Hürden der BGF, wie mangelnde Ausrichtung des Angebots der Krankenkassen an dem Bedarf der Betriebe, Unübersichtlichkeit des Angebots und der Vielzahl an tätigen Krankenkassen innerhalb eines
Betriebes, Lösungen gefunden werden. Eine bundesweite Institution zur Koordination
stellt eine Möglichkeit dar.
Problematisch für die Umsetzung von BGF und alter(n)gerechter Arbeitsgestaltung in
Klein- und Mittelbetrieben erweisen sich Modelle, die hauptsächlich auf Großbetriebe
ausgerichtet sind. Da Österreich eine Vielzahl an Kleinbetrieben aufweist, besteht
Änderungsbedarf hinsichtlich der Projektstrukturen, Beratungsformate und eben der
Modelle. Möglicherweise sind auch Branchen- und Regionalnetzwerke eine Lösung,
wie BGF und alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in Klein- und Mittelbetrieben gut
funktionieren kann. Für deutsche Klein- und Mittelunternehmen müssten die Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten vor allem unkomplizierter und übersichtlicher
werden. Von verpflichtenden Vereinbarungen in Tarifverträgen, wie etwa Maßnahmen der alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung, profitieren Klein- und Mittelbetriebe
besonders.
Für Arbeitnehmer in belastenden Tätigkeiten sind branchen- und betriebsbezogene
Lösungen zu finden. Die Maßnahmen für diese Beschäftigten sind weder in Österreich noch in Deutschland ausreichend. Eine Sensibilisierung der Bevölkerung ist in
diesem Bereich erforderlich: Arbeitgeber müssen in die Arbeitsorganisation, Arbeitnehmer in ihre Qualifizierung investieren. Zudem könnte eine Alters- und Zeitraumbegrenzung von belastenden Tätigkeiten oder Schicht- und Nachtarbeit vorgeschrieben werden. Neue Lösungen müssen jedenfalls für Zeitarbeiter gefunden werden, da
diese unter besonderem Druck stehen, jedoch schwer zu erreichen sind.
Neue Herausforderungen und viel Änderungsbedarf für Österreichs und Deutschlands Politik und Betriebe erweisen sich im Umgang mit psychischen Erkrankungen.
Die hohe Anzahl dieser Erkrankten erfordert in Österreich einen Ausbau der psychischen Rehabilitation und eine größere Berücksichtigung im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Der Umgang mit und die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern
nach psychischer Rehabilitation ist in Österreich und Deutschland noch zu lösen. Vor
allem übergreifende Konzepte, die auch unabhängig von der Arbeitswelt auf die vermehrte Problematik psychischer Erkrankungen eingeht, sind gefordert.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
128
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Auf betrieblicher Ebene erfordert die Veränderung des Arbeitsschutzes von der
reinen Unfallvermeidung hin zu einem breiten gesundheitsförderlichen Ansatz ein
vernetztes Denken. Traditionelle Strukturen im Betrieb müssen aufgebrochen und die
Bereiche Arbeitsschutz, BGF, Arbeitsfähigkeitserhaltung sowie Human Ressource
Management verknüpft werden.
Politik und Betriebe müssen auf Veränderungen und neue Gegebenheiten in der
Arbeitswelt mit passenden Lösungen reagieren.
Einen Überblick über den Änderungsbedarf in Österreich und Deutschland gibt
Abbildung 13. Die in der Abbildung dargestellten roten Balken symbolisieren Österreichs und blaue Balken Deutschlands Änderungsbedarf. Je länger der Balken, desto
mehr politischer bzw. institutioneller oder betrieblicher Änderungsbedarf ist gegeben.
Dies basiert auf den Ergebnissen der Literaturrecherche sowie den Erkenntnissen
aus der Befragung der Experten und stellt eine eigene Einschätzung des daraus resultierenden Änderungsbedarfs dar. Unter dem Begriff „institutionell“ sind die jeweils
zuständigen Organisationen, wie beispielsweise Arbeitsschutzbehörden, Sozialversicherungsträger oder Berufsgenossenschaften, zu verstehen.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
129
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Abbildung 13: Zusammenfassende Darstellung des Änderungsbedarfs in Österreich und Deutschland,
Eigene Erstellung
Gut zu erkennen ist in dieser Darstellung, dass trotz der Unterschiede in der Ausgestaltung der Ebenen zwischen Österreich und Deutschland die Tendenz des Änderungsbedarfs in Richtung betrieblicher oder politischer/institutioneller Seite ähnlich
gelagert ist.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
130
Kernkompetenzbereich Gesundheit
3. Welche Anreize führen dazu, dass Betriebe Maßnahmen für gesunde Mitarbeiter umsetzen?
Eine Mischung aus zahlreichen gut zusammenspielenden Anreizen, eingebettet in
ein Gesamtkonzept mit Beteiligung aller Politikbereiche, kann als zielführend bezeichnet werden. Wird eine ausreichende Unterstützung und Beratung angeboten,
kann auch eine Verpflichtung der Betriebe zur Umsetzung von Maßnahmen sowie
deren Kontrolle sinnvoll sein. Grundsätzlich müssen Betriebe jedoch den Nutzen und
die Notwendigkeit der Maßnahmen erkennen, weshalb Sensibilisierung, Beratung
und Best Practice Beispiele im Vordergrund stehen.
Finanzielle Anreize können nicht eindeutig als wirkungsvoller Anstoß bezeichnet
werden, befristete Ausgleichzahlungen scheinen jedoch eine gute Möglichkeit zu
sein. Ein in Deutschland bisher fehlendes nachvollziehbares Zertifikat für eine
alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, könnte ein weiterer Anreiz für Betriebe sein.
7.2 Diskussion der Ergebnisse
Mit dieser Arbeit sollte dargestellt werden, in welchen Bereichen Aktivitäten für den
Erhalt der Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer gesetzt werden und inwiefern ein
Änderungsbedarf besteht. Mittels Vergleich der Strategien Österreichs und Deutschlands wurde aufgezeigt, welche Unterschiede bestehen. Eine Schlussfolgerung,
welches Land erfolgreicher ist oder bessere Maßnahmen setzt, war nicht das Ziel
und ist auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.
Dass ein großer Änderungsbedarf in Österreichs und Deutschlands Politik und
Betrieben gegeben ist, konnte mit dieser Arbeit aufgezeigt werden. Wenn die Bevölkerung das nunmehr längere Erwerbsleben sowie die anschließende Pensionierung
in Gesundheit verbringen soll, müssen Aktivitäten auf allen Ebenen gesetzt werden.
Auch auf der individuellen Ebene – welche in dieser Arbeit nicht im Fokus stand –
müssen Änderungen herbeigeführt werden. Arbeitnehmer benötigen eine positive
Einstellung zur Arbeit, eine Abkehr vom „Lebensziel Pension“ muss erreicht werden.
Schlagwörter wie Lebenslanges Lernen und Qualifizierung sind hier wesentlich.
Die Frage ob bei „fit2work“ Änderungsbedarf besteht, konnte nicht beantwortet
werden, da das Projekt noch nicht bundesweit ausgerollt ist und bisher keine Evaluierungen vorliegen. Insgesamt wird „fit2work“ aber auf Grund der Pilotprojekte als
eine wahrscheinlich geeignete Strategie beurteilt. Ebenso wie das BEM, das eher in
der Ausgestaltung an Änderungen bedarf.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
131
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Besondere, übergreifende Herausforderungen für Politik und Betriebe konnten identifiziert werden. Die bereits durch das Literaturstudium aufgezeigte Problematik der
psychischen Erkrankungen hat sich auch in den Experteninterviews bestätigt. Dies
stellt eine der größten zu lösenden Aufgaben für alle Akteure dar, denn hier sind
multidisziplinäre Lösungen gefragt. Auch die Verknüpfung der Bereiche Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeitserhalt in den Betrieben ist nunmehr notwendig und
erfordert neue Strukturen in den Unternehmen. Zusammengefasst heißt das,
Betriebe und Politik müssen sich rascher auf neue Gegebenheiten in der Arbeitswelt
einstellen und entsprechend reagieren.
Wird die methodische Herangehensweise betrachtet, ist zu erwähnen, dass die Ergebnisse auf Grund der Anzahl der befragten Experten nur eingeschränkt gültig sein
können. Auch die telefonische Befragung der deutschen Experten wäre durch persönliche Interviews verbesserungsfähig. Der zeitliche Rahmen dieser Arbeit erlaubte
es jedoch nicht, diese Defizite zu beseitigen. Die Auswahl der Experten wurde allerdings so vorgenommen, dass Ansichten von möglichst allen wesentlichen Organisationen einbezogen werden können. Zudem erhielten alle Befragten vorab Informationen über den Hintergrund der Befragung sowie den Interviewleitfaden, um sich ausreichend auf das Interview vorbereiten zu können. Trotzdem kann diese Arbeit einen
wertvollen Beitrag leisten, um Änderungsbedarf aufzuzeigen und Verbesserungen
anzuregen.
Die vorliegende Arbeit berücksichtigt beide Geschlechter gleichermaßen, betrachtet
jedoch nicht die Unterschiede, die möglicherweise in Bezug auf den Erhalt der
Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehen. Dies könnte
Inhalt einer weiteren Masterarbeit sein.
7.3 Ausblick
Angesichts der Befragungsergebnisse konnte gezeigt werden, dass das Thema
ältere Arbeitnehmer und alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in allen Organisationen
(Arbeitgebervertretung,
Arbeitnehmervertretung,
Sozialversicherung,
Unfallver-
sicherung, Krankenversicherung, Arbeitsschutzbehörden) von Bedeutung ist. Dass
jedoch in diesen Organisationen selbst, im Bereich der eigenen Mitarbeiter, erst
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
132
Kernkompetenzbereich Gesundheit
zögerlich Maßnahmen gesetzt werden bestätigt, dass auf der betrieblichen Ebene
noch viel umgesetzt werden muss.
Illusionslos muss die besonders häufig als notwendig bezeichnete Vernetzung und
bessere Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen auf Grund der Erfahrungen als
schwer bewältigbar bezeichnet werden.
Neue Erkenntnisse und Forschungsbedarf sind über Belastungen in den immer
komplexer werdenden Arbeitsprozessen erforderlich. Es ist viel über Beanspruchungen einzelner Tätigkeiten bekannt, nicht aber in Bezug auf Gesamtbelastungen einschließlich kognitiver und mentaler Belastungen. Hier ist weiterer Forschungsbedarf
angezeigt.
Sollen auch in Zukunft Betriebe für das Thema alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
gewonnen
werden,
müssen
„Demografiemanagement“
traditionelle
durch
neue
Begriffe
wie
Bezeichnungen
„Demografie“
und
wie
der
„Erhalt
Beschäftigungsfähigkeit“ oder „länger, sicher und gesund arbeiten“ ersetzt werden.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
133
Kernkompetenzbereich Gesundheit
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https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Unternehmen
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und
Mittelbetriebe
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Verfügbar
unter:
http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?AngID=1&StID=527514&DstID=17
[4.6.2012].
8.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen in ausgewählten
EU-Staaten, BMASK (2011b, S. 18)................................................................. S. 8
Abbildung 2: Arbeitslosenquoten im Zeitvergleich bei jungen und älteren
Personen, Fasching et al. (2011, S. 70) ........................................................... S. 9
Abbildung 3: Arbeitslose nach Alter und Dauer der Arbeitslosigkeit in
Deutschland, Buck et al. (2002, S. 33) ........................................................... S. 10
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
152
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Abbildung 4: Zahl der österreichischen Unternehmen nach ÖNACE 2008Abschnitten und Beschäftigtengrößenklassen für 2009,
Statistik Austria (2011b, www) ....................................................................... S. 18
Abbildung 5: Zahl der deutschen Unternehmen nach Betriebsgrößen und
Wirtschaftsabschnitten, 2009, Eigene Erstellung (Datenquelle:
Statistisches Bundesamt, 2011, www) ........................................................... S. 19
Abbildung 6: Krankenstandsquote nach Alter und Geschlecht in
Österreich, 2010, Leoni (2011, S. 23) ............................................................ S. 20
Abbildung 7: Das Haus der Arbeitsfähigkeit, Ilmarinen (2007, S. 7) ..................... S. 25
Abbildung 8: Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, Kistler (2008, S. 39) ............. S. 26
Abbildung 9: Ansatzpunkte zur Berücksichtigung demografischer Aspekte
in der Unternehmenspolitik, Wolf, Spieß & Mohr (2001, zitiert nach
Kistler, 2008, S. 41) ....................................................................................... S. 27
Abbildung 10: „fit2work“ Ablauf der Betriebsberatung, Operschall (2012, S. 10) .. S. 40
Abbildung 11: Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen,
Rauch (2010, S. 9) ......................................................................................... S. 53
Abbildung 12: Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte, Kistler
(2008, S. 59) .................................................................................................. S. 70
Abbildung 13: Zusammenfassende Darstellung des Änderungsbedarfs
in Österreich und Deutschland, Eigene Erstellung ....................................... S. 130
8.3 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zuordnungskriterien der Unternehmensgröße nach
Mitarbeiteranzahl, Eigene Erstellung in Anlehnung an WKÖ (2012, www) .... S. 18
Tabelle 2: Auswahl der befragten Experten, Eigene Erstellung ............................ S. 84
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
153
Kernkompetenzbereich Gesundheit
8.4 Abkürzungsverzeichnis
ABI PlusTM Arbeitsbewältigungs-Index PlusTM
AGG
Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz
AI
Arbeitsinspektion
AK
Kammer für Arbeiter und Angestellte
AMS
Arbeitsmarktservice (Österreich)
ArbSchG
Arbeitsschutzgesetz (Deutschland)
ASchG
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (Österreich)
ASVG
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (Österreich)
AUVA
Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Österreich)
BA
Bundesagentur für Arbeit (Deutschland)
BAK
Bundesarbeiterkammer
BAuA
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Deutschland)
BEM
betriebliches Eingliederungsmanagement
BGF
Betriebliche Gesundheitsförderung
BMAS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Deutschland)
BMASK
Bundesministerium
für
Arbeit,
Soziales
und
Konsumentenschutz
(Österreich)
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung (Deutschland)
BMF
Bundesministerium für Finanzen (Österreich)
BMG
Bundesministerium für Gesundheit (Österreich)
BMFSFJ
Bundesministerium
für
Familie,
Senioren,
Frauen
und
Jugend
(Deutschland)
BMWFJ
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Österreich)
BSB
Bundessozialamt (Österreich)
BVA
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (Österreich)
ca.
circa
bzw.
beziehungsweise
ddn
Das Demographie Netzwerk (Deutschland)
DGUV
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
d.h.
das heißt
DNBGF
Deutsches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung
DRV
Deutsche Rentenversicherung
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
154
Kernkompetenzbereich Gesundheit
€
Euro
ENWHP
Europäisches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung
ESF
Europäischer Sozialfonds
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EU-OSHA European Agency for Safety and Health at Work
FGÖ
Fonds Gesundes Österreich
GDA
Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
GPA
Gewerkschaft der Privatangestellten (Österreich)
HVSVT
Hauptverband der Sozialversicherungsträger (Österreich)
IGA
Initiative Gesundheit und Arbeit (Deutschland)
INQA
Initiative Neue Qualität der Arbeit (Deutschland)
IV
Vereinigung der österreichischen Industrie
KMU
Klein- und Mittelunternehmen
LTA
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
ÖGB
Österreichischer Gewerkschaftsbund
ÖNBGF
Österreichisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung
PVA
Pensionsversicherungsanstalt (Österreich)
SGB
Sozialgesetzbuch (Deutschland)
SVA
Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (Österreich)
usw.
und so weiter
WAI
Workability Index
WKÖ
Wirtschaftskammer Österreich
z.B.
zum Beispiel
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
155
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Anhang
A.1 Anschreiben
A.1.1 Anschreiben österreichischer Experten
Sehr geehrte/r Frau / Herr …
Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Fachhochschule Pinkafeld, Studiengang
Management im Gesundheitswesen, führe ich Interviews zum Thema Aktivitäten der
Gesunderhaltung von älteren Arbeitnehmern in Österreich und Deutschland durch.
Ein besonderes Augenmerk wird in der Arbeit auf „fit2work“ in Österreich und
„Betriebliches Eingliederungsmanagement“ in Deutschland gelegt.
Das Interview wird ungefähr 30 bis 45 Minuten dauern und wird zwecks besserer
Auswertbarkeit per Audio-Aufnahmegerät aufgezeichnet. Den Interviewleitfaden
würden Sie vorab erhalten. Es besteht auf Wunsch die Möglichkeit das Interview zu
anonymisieren.
Würden Sie für ein Interview im Mai zur Verfügung stehen? Sie helfen mir dabei, im
Rahmen meiner Masterarbeit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Story
A.1.2 Anschreiben deutscher Experten
Sehr geehrte/r Frau / Herr …
Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Fachhochschule Pinkafeld in Österreich,
Studiengang Management im Gesundheitswesen, führe ich telefonische Interviews
zum Thema Aktivitäten der Gesunderhaltung von älteren Arbeitnehmern in
Österreich und Deutschland durch. Ein besonderes Augenmerk wird in der Arbeit auf
das „Betriebliche Eingliederungsmanagement“ in Deutschland und das „fit2work“Projekt in Österreich gelegt.
Das Interview wird ungefähr 30 bis 45 Minuten dauern und wird zwecks besserer
Auswertbarkeit per Audio-Aufnahmegerät aufgezeichnet. Den Interviewleitfaden
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
156
Kernkompetenzbereich Gesundheit
würden Sie vorab erhalten. Es besteht auf Wunsch die Möglichkeit das Interview zu
anonymisieren.
Würden Sie für ein telefonisches Interview im Mai zur Verfügung stehen? Sie helfen
mir dabei, im Rahmen meiner Masterarbeit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Story
A.2 Interviewleitfaden
A.2.1 Interviewleitfaden Österreich
1. Inwieweit kommen Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Thematik
„ältere Arbeitnehmer“ und demografische Entwicklung in Berührung?
2. Der Arbeitsschutz kann wesentlich zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beitragen. Die
Berücksichtigung des Alters von Arbeitnehmern ist im Arbeitsschutzgesetz bei der
Übertragung der Aufgaben und bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen
vorgeschrieben.
Gefährdungsbeurteilungen
werden
jedoch
vor
allem
in
Kleinbetrieben nicht flächendeckend durchgeführt und die dabei vorgesehene
Berücksichtigung des Alters findet generell unzureichend statt.
a) Inwieweit besteht im Arbeitsschutz Änderungsbedarf hinsichtlich einer
alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung?
3. Langzeitkrankenstände werden in Österreich und Deutschland als Vorlaufindikator
von Invalidität genutzt, um frühzeitig Maßnahmen einleiten zu können. Arbeitnehmer
mit mehr als 40 Tagen Arbeitsunfähigkeit erhalten in Österreich im Rahmen von
„fit2work“ ein freiwilliges Beratungsangebot zu präventiven und rehabilitativen
Maßnahmen.
a) Inwieweit sind Betriebe verpflichtet, Maßnahmen die im Rahmen der
Personenberatung von „fit2work“ als erforderlich erkannt werden (bspw.
Adaptionen für eine alter(n)sgerechte Arbeit im Betrieb) umzusetzen und
selbst zu finanzieren?
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
157
Kernkompetenzbereich Gesundheit
b) Wie wird die Betriebsberatung von „fit2work“ gestaltet sein?
c) Wird Ihres Erachtens die durch „fit2work“ angestrebte Vernetzung des
Beratungsangebots der Sozialversicherungsträger, Gebietskörperschaften
und anderer Anbieter erreicht?
d) Erachten Sie „fit2work“ als geeignete Strategie, um Invalidität zu vermeiden
und Arbeitsfähigkeit zu erhalten? In welchen Bereichen sehen Sie
Änderungsbedarf bei „fit2work“?
4. Arbeitnehmer mit mehr als sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit müssen in
Deutschland verpflichtend Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) von ihren
Arbeitgebern angeboten bekommen, die Teilnahme des Beschäftigten ist jedoch
freiwillig.
a) Wie bewerten Sie „fit2work“ im Vergleich zu BEM in Deutschland?
(Vorteile/Nachteile)
5. Wie beurteilen Sie die Gestaltung der Rehabilitation in Österreich (bspw.
„Rehabilitation vor Pension“, „Gesundheitsstraße“, berufliche Rehabilitation)? Sehen
Sie
Änderungsbedarf
hinsichtlich
des
Erhalts
Gesundheitsförderung
(BGF)
der
Arbeitsfähigkeit
älterer
Arbeitnehmer?
6.
Betriebliche
alter(n)sgerechten
Altersstrukturanalysen,
Arbeitsorganisation
Arbeiten
in
sowie
(bspw.
altersgemischten
Maßnahmen
Durchführung
Teams,
zur
von
alternative
Arbeitszeitmodelle oder ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze) werden in den
Betrieben derzeit noch zu wenig durchgeführt. Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben
sind bisher wenige Maßnahmen zu finden.
a) Wie könnte die Umsetzung von BGF und Maßnahmen für alter(n)sgerechte
Arbeit in den Betrieben (insbesondere KMU) gesteigert werden?
7. Insbesondere Arbeiter, Beschäftigte in den Branchen Verkehr, Transport,
Nachrichten- und Bauwesen sowie Zeitarbeiter geben in Befragungen schlechte
Arbeitsbedingungen an. Daten aus Krankenstands- und Invaliditätsstatistiken
bestätigen diesen Umstand.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
158
Kernkompetenzbereich Gesundheit
a) Sind die in Österreich (von Politik und Betrieben) gesetzten Maßnahmen in
der Lage die Belastungen dieser Arbeitnehmer so abzufedern, dass ein
Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter ermöglicht wird?
b) Welche Maßnahmen müssten speziell für diese Gruppe an Arbeitnehmern
gesetzt werden?
8. Welche Maßnahme stellt Ihres Erachtens für Betriebe einen wirkungsvollen
Anstoß dar, um die Gestaltung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt voranzutreiben?
(bspw.
gesetzliche
Verpflichtungen,
Kontrollmaßnahmen,
Beratungsangebote,
Sensibilisierungskampagnen, finanzielle Anreize)
9. Gibt es aus Ihrer Sicht noch wichtige Aspekte zum Thema, die Sie hinzufügen
möchten?
Vielen Dank für das Gespräch!
A.2.2 Interviewleitfaden Deutschland
1. Inwieweit kommen Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Thematik
„ältere Arbeitnehmer“ und demografische Entwicklung in Berührung?
2. Der Arbeitsschutz kann wesentlich zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beitragen. Das
Arbeitsschutzgesetz sieht keine dezidierte Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei
Maßnahmen
des
Arbeitsschutzes
vor,
auch
nicht
bezüglich
der
Gefährdungsbeurteilungen. Zudem werden Gefährdungsbeurteilungen vor allem in
den
Kleinbetrieben
nicht
flächendeckend
oder
in
erforderlichem
Ausmaß
durchgeführt.
a) Inwieweit besteht im Arbeitsschutz Änderungsbedarf hinsichtlich einer
alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung?
3. Langzeitkrankenstände werden in Deutschland und Österreich als Vorlaufindikator
von Invalidität genutzt, um frühzeitig Maßnahmen einleiten zu können. Seit 2004
besteht für Arbeitgeber die Verpflichtung, Arbeitnehmern mit mehr als sechswöchiger
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
159
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Arbeitsunfähigkeit BEM anzubieten. Trotzdem ist in vielen Betrieben (v.a. Klein- und
Mittelbetrieben bis 250 Mitarbeitern) BEM nicht oder nicht nachhaltig implementiert.
a) Wie sollte die Umsetzung von BEM in den Betrieben verbessert werden?
b) Erachten Sie BEM als geeignete Strategie, um Invalidität zu vermeiden und
Arbeitsfähigkeit
zu
erhalten?
In
welchen
Bereichen
sehen
Sie
Änderungsbedarf bei BEM?
4. In Österreich erhalten Arbeitnehmer mit über sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit im
Rahmen von „fit2work“ ein freiwilliges Beratungsangebot zu präventiven und
rehabilitativen
Maßnahmen.
Betriebe
mit
überdurchschnittlich
hohen
Krankenstandstagen erhalten ebenso ein Beratungsangebot.
a) Wie bewerten Sie „fit2work“ in Österreich im Vergleich zu BEM in
Deutschland? (Vorteile/Nachteile)
b) Kann Österreich bei der Umsetzung von „fit2work“ etwas vom deutschen
BEM lernen? Worauf sollte geachtet werden?
5. Wie beurteilen Sie die Gestaltung der Rehabilitation in Deutschland (bspw. Prinzip
„Rehabilitation vor Rente“, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Stufenweise
Wiedereingliederung)? Sehen Sie Änderungsbedarf hinsichtlich des Erhalts der
Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer?
6.
Betriebliche
Gesundheitsförderung
alter(n)sgerechten
Altersstrukturanalysen,
(BGF)
Arbeitsorganisation
Arbeiten
in
sowie
(bspw.
altersgemischten
Maßnahmen
Durchführung
Teams,
zur
von
alternative
Arbeitszeitmodelle oder ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze) werden in den
Betrieben derzeit noch zu wenig durchgeführt. Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben
sind
bisher
wenige
Maßnahmen
zu
finden.
Auch
die
Möglichkeit
der
Steuerbegünstigung hat zu keiner wesentlichen Zunahme an BGF in den Betrieben
gesorgt.
a) Wie könnte die Umsetzung von BGF und Maßnahmen für alter(n)sgerechte
Arbeit in den Betrieben (insbesondere KMU) gesteigert werden?
7. Insbesondere Arbeiter, Beschäftigte in den Branchen Verkehr, Transport,
Nachrichten-, Bau-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Zeitarbeiter geben in
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
160
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Befragungen schlechte Arbeitsbedingungen an. Daten aus Krankenstands- und
Invaliditätsstatistiken bestätigen diesen Umstand.
a) Sind die in Deutschland (von Politik und Betrieben) gesetzten Maßnahmen in
der Lage die Belastungen dieser Arbeitnehmer so abzufedern, dass ein
Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Rentenalter ermöglicht wird?
b) Welche Maßnahmen müssten speziell für diese Gruppe an Arbeitnehmern
gesetzt werden?
8. Welche Maßnahme stellt Ihres Erachtens für Betriebe einen wirkungsvollen
Anstoß dar, um die Gestaltung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt voranzutreiben?
(bspw.
gesetzliche
Verpflichtungen,
Kontrollmaßnahmen,
Beratungsangebote,
Sensibilisierungskampagnen)
9. Gibt es aus Ihrer Sicht noch wichtige Aspekte zum Thema, die Sie hinzufügen
möchten?
Vielen Dank für das Gespräch!
A.3 Kategorienschema
A.3.1 Kategorienschema Österreich
K„1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel
K„2 Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz
-
Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz
-
Umsetzung auf betrieblicher Ebene
K„3 Bewertung von „fit2work“
-
Betriebsberatung
-
Personenberatung
-
Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung
-
Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen
-
Vernetzung
-
Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit
K„4 Vergleich „fit2work“ und BEM
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
161
Kernkompetenzbereich Gesundheit
K„5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation
K„6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen
-
Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
-
Betriebliche Gesundheitsförderung
-
Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben
K„7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten
K„8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben
K„9 Herausforderungen für Politik und Betriebe
A.3.2 Kategorienschema Deutschland
K„1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel
K„2 Änderungsbedarf im Arbeitsschutz:
-
Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz
-
Umsetzung auf betrieblicher Ebene
K„3 Bewertung des BEM:
-
Änderungsbedarf
-
Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit
K„4 Vergleich BEM und „fit2work“
-
Tipps für „fit2work“
K„5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation
K„6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen
-
Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
-
Betriebliche Gesundheitsförderung
-
Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben
K„7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten
K„8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben
K„9 Herausforderungen für Politik und Betriebe
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
162
Kernkompetenzbereich Gesundheit
A.4 Teiltranskriptionen
Zitate zu Interview 1
Zitat (S. 46, Zeile 1509):
„Also bei unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es
gibt irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas
gehört haben oder so tun als hätten sie noch nie etwas gehört.“
B: Wenn die Frage war nach Alter, dann könnte ich jetzt nicht sagen, sind es nur die
Jungen, die nicht, oder die Alten, die nicht, weiß ich nicht. Aber wenn wirklich sind
Ältere drinnen gestanden ist. Ich glaube, das ist eines der wenigen Ergebnisse dieser
Befragung, die ich sogar glaube. Die anderen Befragungen, die Ergebnisse die
relativ schön sind, glaube ich eigentlich so NICHT. Also 70 Prozent so eine gute
Evaluierung haben, also das glaube ich, ist mehr ein Wunschdenken, vor allem in
den Kleinst- und Kleinbetrieben hört man eigentlich etwas anderes. ► Also bei
unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es gibt
irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas
gehört haben oder SO TUN als hätten sie noch nie etwas gehört. (..) Natürlich ist
das, wie man mit Altern jetzt so bei der Evaluierung umgeht, sicher etwas noch
ausdehnenswertes und verbesserungswürdiges Thema. Deswegen machen wir jetzt
gerade unter vielen verschiedenen Dingen /
Wir haben ja heuer das Jahr des Alterns, schön, das Jahr des Alterns, Aktives Altern.
Ist ja ein Thema und da machen wir jetzt gerade, sind wir dabei, auf Grund unserer
Schwerpunktaktion von 2 7, 2 8 und unseren Pilotprojekten in der Arbeitsinspektion
Leitfaden für Betriebe zu entwickeln, wo dann irgendwie drinnen steht, wie sie es
angehen sollten oder was die Themen sind und was für Lösungen sind. Also (.)
zusammen, weil auch das Gütesiegel Nestor, das kennen Sie ja wahrscheinlich
auch, da sitze ich auch im Beirat, das habe ich vergessen bis jetzt. Da sitze ich auch
im Beirat drinnen, da haben wir auch erst eine Handvoll, naja, weniger als eine
Handvoll Betriebe (lacht), drei Betriebe, also die letzten, die da alle zwei Jahre
werden Betriebe, heuer wieder, ausgezeichnet.
Zitat (S. 22, Zeile 698):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
163
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. […] Das ist so ein Domino-Effekt. […] wo
die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind. Und zu gewissen Themen
sich austauschen und (.) man hört eben was so läuft in den Betrieben und sie
können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn die Betriebe sich
gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche externen
Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt, dass
dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer
mehr wird. Von Guten lernen.“
B: Also es ist unsere Erfahrung auch im Arbeitsschutz. Es gibt so zehn bis 15
Prozent ganz Tolle und es gibt zehn bis 15 Prozent ganz Schlimme. Die rechnen
jeden Tag mit Konkurs oder dass sie auswandern in ein anderes Land. Und
dazwischen gibt es eine größere Masse von (.) nicht klar. (..) Wir werden
wahrscheinlich am Anfang eher die Besseren bekommen oder vielleicht die am
Rande zu den Besseren und nicht die ganz Schlechten. Weil es eben keine
gesetzliche Verpflichtung ist. (.) ► Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. Also
wenn ich schon einmal /
Das ist so ein Domino-Effekt. Wenn die, die gut sind /
Und das Netzwerk zur Arbeitsfähigkeit erhalten, das finde ich, war schon sehr gut,
dass die eben immer wieder so diese Treffen machen. Also ich war auch schon bei
diesen Treffen. Future-Circle, wo die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind.
Und zu gewissen Themen sich austauschen und (.) man hört eben was so läuft in
den Betrieben und sie können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn
die Betriebe sich gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche
externen Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt,
dass dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer
mehr wird. Von Guten lernen. Ob dann, wenn man gleichzeitig, irgendwer sagt, das
ist jetzt dann auch eine gesetzliche Verpflichtung /
Wobei ich schon glaube, allein schon diese öffentliche Diskussion: die Betriebe
müssen zahlen, wir können uns das nicht mehr leisten und so. Und andere Länder
eben auch hinaufsetzen des Pensionsalters und so. Ich glaube das wird, die
Gesellschaft wird immer mehr Druck werden, für die Betriebe. Und eben dass sie
auch sehen, dass ich keine Leute mehr bekomme, die qualifiziert sind. (..)
Rundherum tut sich etwas und zusammen mit dem /
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
164
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Zitat (S. 21, Zeile 667)
„Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen.“
I: Eine Detailfrage habe ich jetzt noch zur Betriebsberatung. Und zwar habe ich
gefunden, dass Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen,
angesprochen werden. Jetzt ist die Frage für mich: bekommen die eine Einladung
mitzumachen oder?
►B: Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen. Also das
sind ja /
Also bei den Personen ist es so, dass die Gebietskrankenkasse die Ausschreibung
macht. Die schreibt alle mit 40 Tagen Krankenstand /
Und das sind auch, das ist auch nach unserer jetzigen Stand des Wissens, der
häufigste Grund, warum man dort hinkommt. Ist über dieses Anschreiben von der
Gebietskrankenkasse. Wo sie eben informieren über fit2work Personenberatung. Die
Betriebe mit mehr als 50 Krankenstände /
Zitat (S. 11, Zeile 340)
„Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit auch
Schwerpunkt
auf
die
Maßnahmenumsetzung
und
Steuerung
durch
die
Steuerungsgruppe, wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen,
dass das etwas gebracht hat.“
B: // Das soll das, das soll das. // Ja eben, weil es ein standardisiertes Verfahren jetzt
ist. Weil wir eben auch die Evaluierung gleichzeitig machen. Also Evaluierung jetzt
nicht nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, sondern (.) begleitend eine externe
Evaluierung. Das wir schauen /
Und die müssen auch Berichte schreiben, die Auftragnehmer, die das jetzt
bekommen haben, jährliche Berichte. Das heißt /
Und die Steuergruppe vom AGG wacht jetzt sage ich einmal als Dach (lacht), was da
so passiert. ► Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit
auch Schwerpunkt auf die Maßnahmenumsetzung und Steuerung durch die
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
165
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Steuerungsgruppe, wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen,
dass das etwas gebracht hat. Und nicht jetzt, alle tun irgendwas, blinder Aktionismus,
ohne Ergebnisse, (.) ohne Wirkung. Wir reden jetzt ja alle von wirkungsorientiertem
Vorgehen und man spürt halt die Wirkung noch nicht wirklich. Nicht einmal in
Großbetrieben, muss ich sagen. Also es ist noch nicht so, dass ich sagen könnte /
Und es wird sicher auch eine Auswertung sein, ob jetzt die Zahl der Frühpensionen
gesenkt werden kann. Weil das ist das Ziel. Erreichen des faktischen Pensionsalters.
Es geht jetzt nicht um Well-being und Wohlfühlen jetzt insgesamt (lacht) oder
Gesundheit, so schwammig, meines Erachtens. Sondern es geht tatsächlich um
harte Fakten. (.) In den Betrieben (.) und für die Gesellschaft.
Zitat (S. 3, Zeile 84):
„Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool, […]
wir haben dann eben in Betrieben, 308 Betrieben dieses Tool auch angeboten
und eingesetzt, also dass man direkt auf einem Laptop diese AltersstrukturAnalyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf gekommen, dass Betriebe gar
keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in fünf, zehn Jahren.“
B: Also wenn man Bedingungen schafft für alle Gruppen: Ältere, Jüngere,
Behinderte, Schwangere das sind alles so diese Gruppen wo es immer darum, wo es
besonders auffällig ist. Dann schafft man Bedingungen wo alle arbeiten können. Weil
um das geht es ja bei diesem Thema, auch beim Arbeitsschutz, dass man
Arbeitsplätze schafft wo möglichst viele Menschen arbeiten können und nicht in die
Arbeitslose oder Frühpension gehen müssen oder getrieben oder ge / ist ein
bisschen hart aber (lacht). Gerade manche Firmen schon, da gibt es so eine
Schwindsucht, also anorektische Tendenz, dass man alle Personen die nicht mehr
voll Leistungsfähigkeit sind, abbaut.
Und da haben wir auch schon Schwerpunktaktionen gesetzt schon 2007 und 2008
wo wir überhaupt mit unseren /
► Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool,
also wir auch, andere Organisationen auch. Aber wir haben dann eben in Betrieben,
308 Betrieben dieses Tool auch angeboten und eingesetzt, also dass man direkt auf
einem Laptop diese Altersstruktur-Analyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf
gekommen, dass Betriebe gar keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
166
Kernkompetenzbereich Gesundheit
fünf, zehn Jahren. Also vor allem Betriebe im Gesundheitsbereich, die haben ja eher
ältere Beschäftigte auch, dass dann in fünf, zehn, 20 Jahren, dass sie einfach auch
weniger Beschäftigte haben. In dem Zusammenhang sind wir darauf gekommen
dass auch die Arbeitsinspektion in ein paar Jahren keine Beschäftigte mehr hat. Es
war nicht so nur nach außen /
Weil es ist für mich auch immer so, die Organisationen die da beteiligt sind bei
diesem Thema, schauen immer nur auf die anderen aber kaum auf sich selbst. Und
wir
sind
dann
eben
auch
eher
weil
wir
es
ausprobiert
haben,
die
Altersstrukturanalyse oder zufällig draufgekommen, dass für uns das genauso gilt.
Zitat (S. 10, Zeile 321):
„Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die
Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act,
von dem wir immer reden.“
B: Also es ist schon ambitioniert. Weil wenn wir so viele Betriebe hätten, die etwas
tun, ist das mehr auf alle Fälle, als was wir jetzt haben. Also die vor allem, (.) für mich
wichtig, also einheitlich vergleichbar etwas tun. Die eben mit diesem ABI Plus,
Arbeitsbewältigungsindex Plus, beginnen, dann eben auch mit Steuergruppen, (.) mit
Präventivfachkräfte einbeziehen, sonstige Experten, was notwendig ist. Dann eben
auch ABI Coaching anbieten, dieses Arbeitsbewältigungscoaching anbieten für
einzelne Situationen und aus dem Maßnahmen (.) schließen die eben auch nach
dem Haus der Arbeitsfähigkeit zugeordnet werden sollen, diesen Stockwerken.
Damit wir wissen, was ist auch das Ziel von den Betrieben. Weil eben einerseits die
Betriebe viel analysieren, viel vielleicht auch schon wissen, aber dann für mich zu
wenig Prioritäten setzen. Pläne erstellen, weil es muss ja nicht alles sofort, aber
vielleicht in ein paar Jahren /
► Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die
Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act,
von dem wir immer reden. Aber es stoppt. Es bleibt immer /
Beim Planen sehe ich schon, dass da irgendwelche Einzelkämpfer, Kämpferinnen
irgendetwas planen ohne dass sie die Führungskräfte dabei haben oder dass sie die
Beschäftigten dabei haben. Dann wird irgendetwas ausgearbeitet, Pläne analysiert
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
167
Kernkompetenzbereich Gesundheit
und dann fehlt die Zustimmung der Führungskräfte und dann fehlt die Zustimmung
der Beschäftigten und dann ist es aus.
Zitat (S. 42, Zeile 1390)
„Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich
branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe (…) und (...)
einerseits branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch.“
Aber wie gesagt, bei dieser Schwerpunktaktion haben wir gemerkt, (..) also Hotels
noch mehr als Gaststätten und natürlich gehobenere Gaststätten auch mehr als nicht
so gehobene, die haben Interesse, da auch etwas zu tun. Um ihre Leute zu halten
und um die Qualität vor allem gegenüber den Kunden aufrecht zu erhalten. Also es
ist nicht immer so dieses edle Motiv, gerade bei der Dienstleistung ist das edle Motiv
menschengerechte Arbeitsbedingungen (.) eher im Hintergrund, sondern es geht
eher darum wenn ich zufriedene Beschäftigte habe, habe ich auch zufriedene
Kunden. SO kann man es dort auch am besten verkaufen. Und nur manche sagen
ich habe eine soziale Verantwortung auch und eigentlich müsste ich da schauen. ►
Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich
branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe (…) und (...)
einerseits branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch. Also die
unterscheiden sich /
Also wir haben es mit dem Handel mit großen Handelsketten auch jetzt Diskussionen
wegen der psychischen Belastungen (.) im Handel, was auch sichtbar ist, wenn man
irgendwo im Handel beobachtet, Kassiererinnen oder so. Man braucht ja eigentlich
nur mit offenen Augen durch die (lacht) Welt gehen und sieht was sich so abspielt in
diesem Dienstleistungsbereich vor allem. (...). Natürlich, da ist fast jede Filiale hat
eine andere Kultur. Also in einer geht es gut und die Filialleiterin ist voll dahinter und
schaut auf die Gesundheit ihrer Leute. Und den anderen ist das völlig wurscht. Das
kann man ja vergleichen. Es hängt immer eben auch davon ab wie die
Führungskräfte dazu steht.
Zitat (S. 34, Zeile 1116):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
168
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend kann
man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste eigentlich
das Gesetz sein, dass das eingehalten wird.“
B: Und je nach dem mit wem sie reden von der Gesundheitsförderung: manche
sagen nein, es ist super, die anderen sagen unter der Hand, um Mitternacht: nein, es
ist nicht so super, weil keine (.) Strukturen in den Betrieben wirklich geschaffen
wurden für die Gesundheitsförderung. Und wenn ich dann lese, dass wollte ich
sagen bei Mental health Schwerpunkt, also psychische Gesundheit, good practiceBeispiele, und ich lese dann, was sind die Inhalte von diesen good-practiceBeispielen, die auch dann diese Preise bekommen: (.) Arbeitszeit einhalten. Dann
sage ich: „Was ist das jetzt?“. Das ist Arbeitsschutz alt. Also das ist eigentlich immer
schon gewesen, dass man die Arbeitszeit einhaltet, dass hat überhaupt nichts mit
Gesundheitsförderung in dem Sinn zu tun. (.) Mir kommt vor, das ist dann so /
Natürlich ist die Gesundheitsförderung so /
► Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend
kann man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste
eigentlich das Gesetz sein, dass das eingehalten wird. Und wir leider jetzt vom
Arbeitsschutz immer wieder erleben, dass als besonderer Erfolg die Einhaltung des
Arbeitsschutz dann aufscheint. Und da werde ich einerseits grantig (lacht), weil
natürlich, das versuche ich /
Weil in den 90er Jahren, das ist so historisch, hat die Gesundheitsförderung, damit,
weil es ein freiwilliges Angebot ist, gefördert, sich scharf abgegrenzt von dem
Arbeitsschutz. Der Arbeitsschutz war das böse, alte, verpflichtende, gesetzliche und
so, expertenorientierte (.) und so. Und die Gesundheitsförderung war das neue,
progressive, geförderte, freiwillige, motivierte, beteiligungsorientierte, GUT (lacht).
Ich halte das für willkürlich, diese Trennung, aber es war politisch so, weil das eine,
das wollte man fördern, auch finanziell und den Arbeitsschutz hat es sowieso
gegeben.
Zitate zu Interview 2
Zitat (S. 6, Zeile 186):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
169
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„[…] ich denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen
Personen gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch
machen. Und bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit
beansprucht, könnte man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine
Verpflichtung ist, Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und
einmal wirklich zu schauen, was kann ich denn noch machen?“
B: Aber ich persönlich, würde schon sagen, wenn ich betroffen wäre von einem
sozusagen und ein Case-Management durchlaufen würde, wäre ich froh wenn die
AUVA sich Gedanken machen würde, wie sie mich wieder eingliedert (lacht), ehrlich
gesagt. Und nicht irgendein anderer Betrieb oder so. Also unabhängig davon
natürlich, was ich alles in Anspruch nehmen kann. Aber, da finde ich, (.) ja, ich
verstehe das einerseits aus Schutzbedürfnissen heraus, der betroffenen Personen
aber auf der anderen Seite, denke ich mir, müsste man da schon ein bisschen eine
stärkere Verpflichtung auch hineinbringen.
I: Verpflichtung für wen, jetzt meinen Sie?
B: Für die Betriebe, für die Betriebe. Naja, ich meine man muss / Ich würde, ► ich
denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen Personen
gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch machen. Und
bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit beansprucht, könnte
man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine Verpflichtung ist,
Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und einmal wirklich zu
schauen, was kann ich denn noch machen? Also wir haben ja ein großes Problem in
dieser ganzen Invaliditätspensionsdiskussion. Wir müssen die Leuten erwischen
bevor sie innerlich die Entscheidung getroffen haben in Pension zu gehen. Denn
nachher ist es ziemlich, es ist sinnlos. Das heißt die Energie die man nachher
investiert die verpufft weil die Menschen immer irgendetwas erfinden werden, warum
es nicht geht. Und das heißt die Kunst würde eher darin bestehen die sehr früh zu
erreichen, solange sozusagen noch die innere Bereitschaft überhaupt da ist, noch
ein Stück zu arbeiten. Aber gleichzeitig brauchen wir dann die Betriebe die
sozusagen die Pflicht haben müssten adäquate Arbeitsplätze zur Verfügung zu
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
170
Kernkompetenzbereich Gesundheit
stellen. Und solange das nicht zusammengeht, wird das nicht wirklich erfolgreich
sein. (.) Glaube ich.
Zitat (S. 8, Zeile 263):
„[…] also gerade in kleinen und mittleren Betrieben, da sind ja Begriffe wie
Arbeitnehmerschutz nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem
sehr niederen Niveau. Da ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal,
hinzuschauen und die Basics zu realisieren.“
I: Gut, ja wird spannend. Die nächste Frage die ich mir gestellt habe: Eines der Ziele
bei fit2work war ja die Vernetzung des bereits bestehen Angebots von
Gebietskrankenkassen, von (.) Gebietskörperschaften und anderen Anbietern. Weiß
nicht wie weit Sie da Einblick haben, inwieweit sie das wissen, ob diese Vernetzung
auch wirklich erreicht wird? Weil die große Angst war ja, dass wieder
Doppelstrukturen, dass wieder ein zusätzliches Angebot aufgebaut wird.
B: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. (.) Ich meine, prinzipiell ist die Idee der
Vernetzung wichtig und gut. Aber bei vielen Betrieben habe ich das Gefühl, da
braucht man erst nicht einmal viel vernetzen, sondern die müssen überhaupt einmal
wissen, was es überhaupt einmal gibt. Also ich meine im Sinne von, ► also gerade
in kleinen und mittleren Betrieben (lacht), da sind ja Begriffe wie Arbeitnehmerschutz
nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem sehr niederen Niveau. Da
ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal, hinzuschauen und die Basics zu
realisieren. Also (.) wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir sozusagen, wenn
man die österreichischen Betriebe anschaut, eher erstens einen sehr, sehr großen
Anteil von Klein- und Kleinstbetrieben haben und die aber sozusagen von unseren
Modellen fast immer von Großbetrieben ausgehen, mit einer, mit einer differenzierten
Binnenstruktur mit ausreichend Fachressourcen im Betrieb, von Leuten die sich
darum kümmern können, die sich auskennen, die Zeit haben und so weiter. Das ist
ja, das trifft ja für, das trifft ja für 80 Prozent der Betriebe in Österreich überhaupt
nicht zu.
Zitat (S. 10, Zeile 301):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
171
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Das heißt ich brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der
in einer größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt
man bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken […]“
B: // Zum Beispiel, ja. Branchenkonzepte, Branchenkonzepte //, Regionalkonzepte
(..), das, das / weil, weil es ist ja nicht so einfach was tut man mit dem 55 Jährigen,
sagen wir, bleiben wir beim Dachdecker. Der innerlich noch bereit wäre zu arbeiten,
aber der zum Beispiel aus körperlichen Gründen nicht mehr kann. Und der Betrieb
wäre vielleicht auch bereit den zu halten, aber wenn er seine Leistung nicht mehr
bringen kann dann kann er nicht. Also was macht man dann? ► Das heißt ich
brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der in einer
größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt man
bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken, weil es ist alles
wunderschön, recht und schön und ich bin absolut als Arbeitnehmerschützer auf
Seiten der zu Beschützenden. Aber gleichzeitig kann man die Wirklichkeit der
Betriebe nicht ausblenden. (lacht) Also vielleicht ist das jetzt Spinnerei aber (.) also
ich denke wir haben in dieser ganzen Präventionsdiskussion unabhängig jetzt um
welche inhaltliche Fragen es geht immer nur den Betrieb im Fokus und nie eine
übergeordnete Struktur. Sei es Regionalstruktur oder sei es eine Branchenstruktur.
Zitat (S. 13, Zeile 421):
„Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen, dass man eine Zeit lang,
von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem sozialen Topf für die
geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit lang erbringt
aber eine Dauerlösung kann es nicht sein.“
B: Naja ich muss ja gestehen ich bin kein großer Fan des Auflösens von
bestehenden Schutzverhältnissen. Denn wo geht das dann weiter? Dann macht man
das für die Frauen, weil die sind ja ab und zu schwanger und dann macht man das
für die Jugendlichen, weil die können ja nicht so richtig arbeiten. Für alle zahlen wir
dann weniger. Und irgendwann ist das System so durchlöchert, dass wir es nach
unten nivellieren. (..) ► Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen,
dass man eine Zeit lang, von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
172
Kernkompetenzbereich Gesundheit
sozialen Topf für die geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit
lang erbringt aber eine Dauerlösung kann es nicht sein. Also als Dauerlösung finde
ich sowieso materielle Anreize nicht unbedingt wirksam, weil sie sich vernutzen. Das
ist sozusagen das Wesen eines materiellen Anreizes. Dass das was heute etwas
Wert ist, morgen nur mehr zwei Drittel wert ist und übermorgen nur mehr ein Drittel.
Also das ist sozusagen von der Motivationspsychologie her nicht wirklich ein Anreiz.
Ein Anreiz ist es dann, wenn ein Betrieb erkennt welche Ressourcen ein älterer noch
hat und wenn er die Chance hat die zu nutzen. Ansonsten kann ich nur sagen, ja,
müsste man, kann man sicherlich über Ausgleichszahlungen reden, ja. Ich meine, wir
haben ja auch für Behinderte ein Einstellungsgesetz und (..) die Betriebe können sich
da zwar freikaufen aber letztlich gibt es natürlich auch, könnte man auch sagen, es
gibt eine bestimmte Verpflichtung sozusagen einen Dienst der Gesellschaft zu leisten
und nicht nur die olympiareifen zu Beschäftigen. Das würde ich sozusagen als
grundlegende (.) Doktrin schon akzeptieren und auch befürworten.
Zitate zu Interview 3
Zitat (S. 6, Zeile 175):
„Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst
hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die
Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden.
I: Gut. Dann so eine allgemeine Einschätzung Ihrerseits: fit2work soweit jetzt schon
beurteilen kann. Würden Sie meinen, ist es geeignet um diese hohe Anzahl an (.)
Invaliditätspensionen, an Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden. Oder sehen Sie irgendwo,
nein, das sollte man anders machen, oder Sie hätten das anders gemacht im
Rahmen von fit2work?
► B: Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst
hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die
Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden.
Einfach dadurch, dass sie eben auch /
Oder auch die Krankenstandstage sind weniger geworden. Also weil das (.) Projekt
oder auch dieses Pilotprojekt schon seine Erfolge gezeigt hat. Ob es einen
Änderungsbedarf gibt, kann man momentan einfach noch nicht ansprechen. Also
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
173
Kernkompetenzbereich Gesundheit
damals die Pilotprojekte in Niederösterreich waren ja zum Beispiel auch auf zwei
Bezirke konzentriert, also auf Neunkirchen und Wiener Neustadt. (.) Jetzt ist
Niederösterreich-weit. Also ich glaube, dass muss man sich wirklich erst anschauen,
wie gut das funktioniert. Und (.) dann im Fall, wenn man es eben beobachtet und
evaluiert, einen Änderungsbedarf feststellen.
Zitat (S. 7, Zeile 211)
„Und ich glaube, dass gerade im gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann
wirklich zielführend sind, wenn sie wirklich freiwillig durchgeführt werden können.“
B: Also vom (..) Betrieblichen Eingliederungsmanagement in Deutschland, muss ich
sagen. so, habe ich jetzt noch nichts gehört. Kann ich jetzt dazu relativ wenig sagen.
Wenn es in die Schiene läuft, so wie es in Österreich zum Teil mittlerweile auch
vorkommt, dass Krankenstandsrückkehrgespräche stattfinden, dann ist es eigentlich
eher kritisch zu sehen. Weil auch oft dadurch die Gefahr besteht, dass eben
MitarbeiterInnen, genauso wie Sie vorher gesagt haben, was ist wenn über fit2work
herauskommt, dass ein Arbeitsplatz nicht passt und die Personen haben dann halt
Angst, dass hier Daten weitergegeben werden, unter Anführungszeichen. Das halt
solche Krankenstandsrückkehrgespräche genauso dazu genutzt werden, dass dann
Sachen in Erfahrung gebracht werden, die nicht unbedingt vom Betroffenen sonst
dem Dienstgeber mitzuteilen sind. Beziehungsweise die auch dann vielleicht in
weiterer Folge Nachteile für den Dienstnehmer mit sich bringen. Also wenn es in die
Richtung geht, dann glaube ich einmal, dass das nicht so sinnvoll ist. Vor allem wenn
so Krankenstandsrückkehrgespräche dann verpflichtend eingeführt sind. Die
Teilnahme an fit2work ist freiwillig. ► Und ich glaube, dass gerade im
gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann wirklich zielführend sind, wenn sie
wirklich freiwillig durchgeführt werden können. Aber, ja. Ich weiß, wie gesagt, nicht
wie Betriebliches Eingliederungsmanagement in Deutschland genau läuft. Ob das
extern angeboten wird oder direkt vom /
Zitat (S. 9, Zeile 266):
„[…] weil es zwar die Gutachten (..) zwar von beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl
Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS. Aber (..) das was herauskommt,
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
174
Kernkompetenzbereich Gesundheit
den Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt
noch ausübbar. Da sind dann zum Teil zusätzlich noch Projekte notwendig um
das herauszufiltern. Die Problematik, dass das alles mit medizinischen,
berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen (.) wir ja eben aus
diesen Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn eben der Antrag
auf Invaliditätspension gestellt wird.“
B: Es hat ja auch jetzt eben im Herbst 2011 in Bad Ischl diesen Dialog der
Sozialpartner gegeben, der jetzt quasi Grundlage ist auch für all das was momentan
mit Stabilitätspakt in Zusammenhang ist und eben wo es eben darauf hinausläuft,
dass eine Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters erreicht werden soll. Auch
da ist man davon ausgegangen, dass noch viel mehr und weitere Maßnahmen zu
setzen sind. Momentan (findet?) es sich meines Wissens noch nicht wirklich. Eben
jetzt diese begleitenden Maßnahmen in der gesetzlichen Ausformulierung. Das muss
man sich dann erst wirklich noch einmal anschauen. (.) Ein Punkt, der ja auch schon
seit längerem am Laufen ist, auch über ein Pilotprojekt gestartet hat, ist ja diese
Gesundheitsstraße. Die am Anfang nach den Rückmeldungen, die jetzt wir als
Kammer haben, sehr gut funktioniert hat. (.) Allerdings mittlerweile auch schon ein
bisschen problematischer gesehen wird, ► weil es zwar die Gutachten (..) zwar von
beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS.
Aber (..) das was herauskommt, den Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht
weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt noch ausübbar. Da sind dann zum Teil
zusätzlich noch Projekte notwendig um das herauszufiltern. Die Problematik, dass
das alles mit medizinischen, berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen
(.) wir ja eben aus diesen Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn
eben der Antrag auf Invaliditätspension gestellt wird. Und in weiterer Folge dann
eben eine Ablehnung kommt, (.) derjenige wieder zurück zum AMS geschickt wird.
Das ist ja genau der Grund, warum die Gesundheitsstraße eigentlich ins Leben
gerufen worden ist. Wie gesagt, am Anfang hat es etwas besser funktioniert,
vielleicht auf weil die klaren Fälle über diese Gesundheitsstraße gelaufen sind. Und
natürlich, die hat man sich vielleicht aufgehoben, im Wissen, es kommt jetzt das.
Oder hat sich eben so ergeben. Und dann, wenn dann die weniger eindeutigen Fälle
kommen, dann hat man wiederum erneut irgendwie ein bisschen die Problematik,
dass man zwar dann ein Gutachten hat, wo steht, dass der eben zwar arbeitsfähig
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
175
Kernkompetenzbereich Gesundheit
ist, aber eben nur mehr im beschränkten Ausmaß. Und dass dann erst recht wieder
die Frage ist, ja aber was kann die Person dann tun. Ich glaube, dass diese ganzen
Problematiken momentan noch nach wie vor da sind und das man da, wie gesagt,
ganz viel an Maßnahmen noch setzen muss. Und dieses Ineinandergreifen von den
verschiedenen Systemen auf jeden Fall wachsen muss und hoffentlich über fit2work
auch wächst.
Zitat (S. 11, Zeile 351):
„So dass man eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit
durch, die werde ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere
mich rechtzeitig darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe
ich? Was brauche ich dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine
Tätigkeit auszuüben, in der ich körperlich weniger belastet bin. Und nicht als
einzigen Ausweg, ich arbeite mich kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann
eben auch vielleicht schon ein bisschen älter bin, dann ist der Weg nur mehr in
Pension.
Sondern
wirklich
vorzeitig
schon
irgendwie
gegensteuernde
Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelperson aber genauso auch als Betrieb.“
B: Also es gehört einfach das Umdenken: Weg vom individuellen Beschäftigten mit
Gesundheit, sondern dass das wirklich irgendwie gesellschaftlich auch so anerkannt
wird, dass auch der Arbeitgeber dafür seinen Beitrag zu leisten hat. Also das denke
ich schon. (.) Außerdem muss auch (.) in den Gruppen, die eben jetzt in
Invaliditätspension sind /
Wenn man jetzt das Ziel erreicht, das man sagt, die Menschen können auf Grund
von gesetzten Maßnahmen länger gesund bleiben. Auch dieses Umdenken (.) ich bin
krank, ich gehe in Pension, weil ich habe schon ein gewisses Alter erreicht, auch
gesellschaftlich wirklich (.) einen Wandel irgendwie herbeiführen. ► So dass man
eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit durch, die werde
ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere mich rechtzeitig
darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe ich? Was brauche ich
dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine Tätigkeit auszuüben, in der ich
körperlich weniger belastet bin. Und nicht als einzigen Ausweg, ich arbeite mich
kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann eben auch vielleicht schon ein bisschen
älter bin, dann ist der Weg nur mehr in Pension. Sondern wirklich vorzeitig schon
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
irgendwie gegensteuernde Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelpension aber genauso
auch als Betrieb.
Die ArbeitnehmerInnen in den genannten Branchen haben oft einen besonderen
Druck, da zum Beispiel im Bauwesen und bei den ZeitarbeiterInnen man immer
wieder mit Zeiten der Arbeitslosigkeit konfrontiert ist. Das ist eine enorme Belastung
und dadurch nimmt man oft schlechte Bedingungen bei der nächsten Tätigkeit in
Kauf. Diese belasten körperlich neuerlich, aber auch Arbeitslosigkeit belastet
psychisch sehr. Qualifizierung ist bei diesen Branchen eine sehr wichtige
Maßnahme!
Zitate zu Interview 4
Zitat (S. 1, Zeile 5):
„Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin zuständig
für Gesundheitsförderung und Prävention von der Wiege bis ins hohe Alter und
da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem,
generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch
außerhalb des Arbeitsplatzes.“
I: Die erste Frage bezieht sich auf Ihre Tätigkeit, inwieweit da die Alternsthematik
eine Rolle spielt, das Thema demografischer Wandel. Ist das bei Ihnen ein Thema
oder eher nicht?
► B: Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin
zuständig für Gesundheitsförderung und Prävention (..) von der Wiege bis ins hohe
Alter und da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem,
generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch außerhalb
des Arbeitsplatzes.
I: Ja, dann gleich zum Arbeitsschutz, ich weiß nicht inwieweit das bei Ihnen auch
eine Rolle spielt. Da ist für mich so der Unterschied Österreich Deutschland
aufgefallen, dass Österreich im Arbeitsschutzgesetz den Älteren oder das Alter
dezidiert erwähnt. Deutschland nicht, also die haben das so insbesondere
Schutzbedürftige, also die haben das so ein bisschen schwammiger, den Begriff.
Dennoch ist es sowohl in Österreich, als auch in Deutschland so, dass
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
Gefährdungsbeurteilungen eher mangelhaft in Bezug auf das Alter durchgeführt
werden, laut Untersuchung der Arbeitsinspektion. Wie beurteilen Sie das, ist da Ihrer
Ansicht nach ein Änderungsbedarf im Gesetz gegeben oder eher in der Ausführung
in den Betrieben, jetzt auf den Arbeitsschutz bezogen und auf das Alter bezogen?
Zitat (S. 2, Zeile 24):
„Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf gesetzlicher Ebene Dinge
regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und notwendig, aber es muss
letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und in den Betrieben. Die
Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer Ebene, dass es
unten wirksam wird und wie finden diese beiden Dinge zusammen, das ist für
mich die zentrale Fragestellung.“
B: Muss ich gleich vorwegschicken, der Experte für ArbeitnehmerInnenschutz bin ich
nicht. Ich bin wohl am Rande ein Stück weit involviert und habe ein Stück weit
Wissen darüber. ► Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf
gesetzlicher Ebene Dinge regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und
notwendig, aber es muss letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und
in den Betrieben. Die Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer
Ebene, dass es unten wirksam wird (lacht) und wie finden diese beiden Dinge
zusammen, das ist für mich die zentrale Fragestellung. Ob man dort noch einen
Feinschliff im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz macht im Hinblick auf spezielle
Zielgruppen, (…) bin ich jetzt ein bisschen überfragt. Ich glaube eher, es hinkt dann
wahrscheinlich auch ein bisschen bei der/
Oder die Herausforderung ist dann die Umsetzung. Wie es gelingt sozusagen, diese
Ansprüche, die man hat sozusagen Arbeitsfähigkeit auch zu erhalten, Arbeitsplätze
so
zu
gestalten,
dass
sie
die
Gesundheit
nicht
gefährden,
Stichwort
ArbeitnehmerInnenschutz aber auch Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie die
Gesundheit fördern, das ist die Herausforderung.
Zitat (S. 3, Zeile 83):
„Ich denke es braucht beide Ansätze, die Frage ist, wie gut sind diese beiden
Ansätze gekoppelt.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
178
Kernkompetenzbereich Gesundheit
B: Es gab ja bei fit2work auch so etwas wie eine Pilotphase. Also bevor dieses
berühmte Arbeits-und-Gesundheit-Gesetz gekommen ist, gab es ja auch Piloten in
einigen Bundesländern, die auch diese zwei Zugänge hatten und ich glaube beide
Zugänge sind legitim. Man muss einerseits sozusagen dem Individuum helfen, in der
Situation ihn unterstützen durch ExpertInnen, Experten, durch CasemanagementAnsätze und man muss natürlich auch schauen, dass sich nicht nur, dass nicht nur
das Individuum Unterstützung bekommt und auf seinen individuellen Bedarf
abgestimmte
sozusagen
Unterstützungen,
sondern
auch,
dass
sich
das
Arbeitsumfeld ändert, sprich der Betrieb. Was ich mich erinnern kann, das erste ist
immer
sehr
gut
gelaufen,
sozusagen
die
individuelle
Ansprache,
das
Casemanagement bei Betroffenen. Was meines Wissens eher die Schwierigkeit war,
war Betriebe dafür zu gewinnen auch am Arbeitsplatz etwas zu verändern. Also
diese Betriebsberatung überhaupt einzuleiten, die Dinge auch umzusetzen, das ist
auch immer die große Herausforderung. ► Ich denke es braucht beide Ansätze, die
Frage ist, wie gut sind diese beiden Ansätze gekoppelt. Was sicher ein (..) Manko ist,
aber das Ganze ja freiwillig für die Betriebe. Auch für den Betroffenen selber, die
Beratung und für die Betriebsberatung, soweit ich das weiß und verstanden habe,
muss ja auch der Betroffene zustimmen, dass sozusagen /
Es gibt, erste Stufe ist die Beratung des Betroffenen und wenn der es will, sozusagen
kann auch mit dem Betrieb Kontakt aufgenommen werden. Unabhängig davon gibt
es natürlich auch Betriebsberatung für Betriebe, die sozusagen irgendwie aus dem
üblichen Raster herausfallen, entsprechend hohe Krankenstände, die über dem
Branchendurchschnitt liegen oder dergleichen. Wo man sieht, da gibt es
Belastungen, dass man auch aktiv auf Betriebe zugeht. (seufzt) Hängt auch ein
Stück damit zusammen, dass dieses Thema Datenschutz, inwiefern will der
Betroffene überhaupt, dass das Thema thematisiert wird im Unternehmen. Kann ja
unterschiedlichste Gründe haben, warum der Betroffene länger krank ist. Muss ja
nicht NUR im Arbeitsumfeld liegen. Und da ist die Frage inwiefern, muss man auch
den (…) Arbeitnehmer schützen, vor Dingen die er vielleicht seinem Arbeitgeber
nicht preisgeben will. Und dahingehend diese Trennung. Ob es sich bewährt und wie
es dann in der Praxis dann in der Fläche aussehen wird, dass muss man sich dann
ansehen. Ich glaube, es macht durchaus Sinn. Das Manko ist diese Freiwilligkeit, (..)
ein Stück weit.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
179
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Zitat (S. 6, Zeile 165):
„Weil das Problem ist ja aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen
heraus Angebote und nicht sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf
die Unternehmen. Also meine Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja
eigentlich schauen, dass die Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was
möglich ist.“
B: Da arbeitet man daran, dass diese Vernetzung passiert. Ich denke der Punkt ist,
wir haben in Österreich diese Diskussionen (lacht). Muss man ganz vorne anfangen:
was ist Gesundheitsförderung, was ist Prävention, Primär-, Sekundärprävention und
wie kommen diese Dinge zueinander. Die waren de facto, und das stimmt schon ein
Stück weit schon, immer getrennt, die waren nicht sehr integrativ. Und dort wird
sicher die Herausforderung sein, die einzelnen Stakeholder zusammen zu holen und
das ist ja auch schon passiert, sich abzustimmen, Synergien zu suchen und hier
abgestimmter letztendlich an den Betrieb heranzugehen. ► Weil das Problem ist ja
aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen heraus Angebote und nicht
sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf die Unternehmen. Also meine
Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja eigentlich schauen, dass die
Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was möglich ist. Und dann gibt es
unterschiedlichste Player, die mit unterschiedlichsten Expertisen beraten und auch
Betriebe unterstützen können. Und dort erhoffe ich mir doch, dass es hier zu einem
Dialog kommt und zu einem Austausch und zu einer Abstimmung auch der Initiativen
und Maßnahmen, weil letztendlich, denke ich mir, haben wir alle das gleiche Ziel. Ob
jetzt Arbeitsfähigkeit darüber steht oder ob Gesundheitsförderung darüber steht, wir
wollen die Menschen gesund halten, wir wollen sie leitungsfähig halten, das ist auch
im Interesse der Wirtschaft.
Zitat (S. 10, Zeile 327):
„Was wir sicher auch noch haben ist die unterschiedlichen Zugänge und
Zuständigkeiten der Rehabilitation, die ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger.
Auch hier denkt man nach, vielleicht würde es Sinn machen, dass das in einer Hand
wäre.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
180
Kernkompetenzbereich Gesundheit
B: Also die Gesundheitsstraße läuft jetzt seit zwei Jahren, glaube ich, knapp oder
eineinhalb Jahren. Gibt immer wieder kleinere Herausforderungen aber im Grunde
sind das gute und sinnvolle Bemühungen die Rehabilitation zu optimieren. Ich glaube
vor diesem Anspruch Rehab vor Pension, da gibt es ja auch noch rechtlichen
Diskurs,
(..)
wie
verpflichtend
das
ist.
Auch
dann
immer
wieder
die
Einzelfallentscheidung, was ich halt sehe, es geht halt dann um die Entscheidung: ist
der rehabilitierbar, macht dort eine Rehabilitation noch Sinn? Das ist sicher eine
Schnittstelle, wo es an ALLEN Stellen Bewusstsein braucht, dass man nicht zu früh
auch Leute aufgibt und in die Pension schickt. (seufzt) ► Was wir sicher auch noch
haben ist die unterschiedlichen Zugänge und Zuständigkeiten der Rehabilitation, die
ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger. Auch hier denkt man nach, vielleicht
würde es Sinn machen, dass das in einer Hand wäre. Wie dort die Diskussion ist, bin
ich jetzt im Detail auch nicht wirklich drinnen, da gibt es andere Experten bei uns im
Haus. Aber es gibt gute Bemühungen, würde ich einmal feststellen, sicher noch
Optimierungsbedarf und vielleicht auch den Diskussionsbedarf und sich vielleicht
auch ein bisschen die Formen der Rehabilitation sich anzuschauen. Stichwort
stationär, ambulant: auch dort gibt es Herausforderungen. Und der letzte Punkt, den
ich noch sehe, ist auch das Thema der Indikationen, für welche Bereiche sollte es
oder sind Rehab-Maßnahmen sinnvoll und dort ist glaube ich die größte
Herausforderung Stichwort psychische Erkrankungen, psychische Belastungen, wie
man damit auch im Kontext der Rehabilitation auch umgehen wird. Das sind so die
Herausforderungen und Eckpunkte, die ich jetzt in diesem Kontext sehe.
Zitat (S. 12, Zeile 385):
„Hier
braucht
es
einerseits
zeitlich
machbare
Formate
der
Betrieblichen
Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose und Umsetzung und
andere Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze.“
B: Gesundheit ist etwas, also etwas sehr breiter als nur Arbeitsfähigkeit. Wie gesagt
die beiden Dinge hängen zusammen. Und dort glaube ich muss auch dann die
Vernetzung passieren, wo speziell jetzt auch die Krankenversicherungen in Betriebe
gehen und verstärkt auch in Klein- und Kleinstbetriebe gehen wollen, dort auch die
Dinge gut zu vernetzen. Und zu sagen, wenn man Belastungen sieht oder
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
181
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Ressourcen, die auch mit dem Thema in einem Zusammenhang stehen,
entsprechend zu vernetzen und zu beraten. Was im Bereich der BGF schon passiert
ist, ist dass dieses Thema ältere ArbeitnehmerInnen und jüngere ArbeitnehmerInnen,
weil ich glaube man muss es immer auch im Konnex sehen, zu thematisieren,
Ansatzpunkte
zu
finden
und
auch
im
Rahmen
der
Betrieblichen
Gesundheitsförderung mit aufzunehmen, das ist passiert. Was im Segment der
kleinen und mittleren Betrieben sicher der Fall ist, dass es hier andere
Beratungsformate braucht. Es macht keinen Sinn in einem kleinen Betrieb von zehn
Mitarbeitern eine Projektstruktur aufzubauen mit einem Gesundheitsausschuss, einer
Steuerungsgruppe und dergleichen. ► Hier braucht es einerseits zeitlich machbare
Formate der Betrieblichen Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose
und Umsetzung und andere Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze. Da
ist ein Modell entwickelt worden, wie man dieses Segment auch zeitnah, und Zeit ist
ja gerade in Klein- und Mittelbetrieben immer ein großer Faktor, berät, Ist-Analysen
durchführt und Maßnahmen mit ihnen entwickelt, die sie dann auch umsetzen
können. Und dort, denke ich mir, wenn das Problem auch thematisiert wird oder
virulent wird, muss man auch entsprechend vernetzen und intervenieren.
Zitat (S. 13, Zeile 405):
„Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber, da kenne ich eigentlich keine
Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert. […] Sie sind wohl am
Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen, dass die
Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus
auch ein Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen,
aber sehr klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und
die Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein.“
B: Da gibt es Ansätze. Wir haben auch einmal eine Studie in Auftrag gegeben, die ist
auch im Netz zu finden. Zum Thema Unternehmensnetzwerke. Dort war die Idee
bestehende Netzwerke zu nutzen, also nicht primär Netzwerke zu Gesundheit,
sondern, weiß nicht, Branchencluster und dergleichen zu nutzen und dort das Thema
Gesundheit hineinzutragen. Ich glaube, das sind Möglichkeiten um zu informieren, zu
kommunizieren (...) das Thema auch auf den Tisch zu bringen und Modelle zu
zeigen wie es gehen kann. (..) ► Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber,
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
182
Kernkompetenzbereich Gesundheit
da kenne ich eigentlich keine Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert.
Weil sich da die Betriebe auch wenn sie einen Branchen-Cluster haben, da wird sich
der eine Betrieb ja vom anderen Betrieb hineinschauen lassen, was der für Probleme
hat. Sie sind wohl am Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen,
dass die Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus
auch ein Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen, aber
sehr klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und die
Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein. Das Umsetzen, wie gesagt, ich
kenne kein Modell, das sich hier irgendwie bewährt hat, dass man GEMEINSAM
Projekte umsetzt. Das würde ich eher sagen nein.
Zitat (S. 9, Zeile 275):
„Und was wir schon in Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese
Tendenz zur Pension. […] ab einem gewissen Alter oder generell ist es so ein
Lebensziel der Österreicher rasch in Pension zu gehen. Es hat sicher auch
geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss man
ansetzen.“
Und dann braucht es aus meiner Sicht sicher noch ergänzend dieses BewusstseinSchaffen bei den Unternehmen, ihr seid darauf angewiesen zukünftig, weil ihr keine
jüngeren ArbeitnehmerInnen mehr bekommen werdet. Und dann sind sie sehr
existentiell betroffen auch die Unternehmen. Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen
braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine Schraube und dann läuft
das Werkl in die richtige Richtung sondern man muss unterschiedliche Hebel in
Bewegung setzen auf unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das herausfordernde
dabei. Ob es Deutschland oder Österreich jetzt richtig oder besser macht. Es sind
Ausschnitte. Sicher auch immer kontextgebunden, warum Regelungen so möglich
sind, wie sie möglich sind. Und in Österreich wird man sehen, ob dieser Zugang
dann Wirkung zeigt und vor allem, und das wird dann das Spannende sein, in
welcher Breite er Wirkung zeigt. Es ist freiwillig, man wird sehen, wie viele Betriebe
und wie viele Einzelpersonen das überhaupt annehmen. ► Und was wir schon in
Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese Tendenz zur Pension.
Das, weiß nicht, Sie sind noch relativ jung, aber ab einem gewissen Alter oder
generell ist es so ein Lebensziel der Österreicher (lacht) rasch in Pension zu gehen.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
183
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Es hat sicher auch geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss
man ansetzen. Weil Arbeit wird oft als etwas Belastendes empfunden. Sie ist zum
Teil auch sehr belastend in gewissen Bereichen. Jetzt bin ich ein Gesegneter, weil
ich einen Arbeitsplatz habe, der mir vieles ermöglicht, arbeitsmäßig, wo ich
Gestaltungsspielraum habe, wo ich mich verwirklichen kann. Das hat jemand am
Fließband nicht, das ist mir schon klar. Und der hat auch ganz andere
Herausforderungen und auch BELASTUNGEN. Aber Arbeit und das wissen wir auch
seit den Studien von Marienthal, hat auch etwas gesundheitsförderliches, es
strukturiert den Tag, gibt auch Lebenssinn und in Österreich hat man echt so dieses
Gefühl ab einem gewissen Stadium, ich freue mich eigentlich nur mehr auf die
Pension. (..) Was ich damit sagen will, wie gesagt, man muss an unterschiedlichsten
Ebenen ansetzen: es ist sicher der Arbeitnehmer auch. Aber auch, und da muss man
auch die Arbeitgeber, in die Verpflichtung der Arbeitgeber der Rahmenbedingungen
schaffen muss, ein Verständnis dafür entwickeln muss, der vielleicht auch ein
anderes Bild vom älteren Arbeitnehmer bekommen muss, weil auch dort gibt es
bestimmte Bilder, der kann ja dieses oder jenes nicht mehr. (…) Das heißt auf
unterschiedlichen Ebenen beim Individuum ansetzen, in den Lebenswelten aber
auch natürlich und das wird es sicher brauchen, Rahmenbedingungen zu schaffen
auf gesetzlicher Ebene.
Zitat (S. 11, Zeile 334)
„Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. […] Was auch wichtig
ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken passieren (.)
muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne verantwortlich,
weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher Seite so
gesehen wird.“
I: Ja, dann der siebente Fragenblock. (..) Es gibt eben so besonders belastende, vor
allem körperliche Tätigkeiten in diesen viel bekannten Branchen wie Bauwesen,
Gesundheitswesen, Verkehr und so weiter. Und generell sind es eher auch die
Arbeiter, als die Angestellten, die belastende körperliche Tätigkeiten ausführen. Und
dann auch noch die Gruppe der Zeitarbeiter. Das sind so die Bereiche, die
herausgefunden habe, die problematisch sind, sage ich jetzt einmal. Was sich auch
in den Krankenstandstagen und auch in der Invaliditätsstatistik wiederfindet. Und wie
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
184
Kernkompetenzbereich Gesundheit
ist da Ihre Einschätzung, (.) sind da die Maßnahmen für diese Zielgruppe
ausreichend, sollte da noch mehr getan werden, dass auch diese Gruppe das
Pensionsantrittsalter, das reguläre, erreichen kann?
► B: Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. Es muss sicher
auch viel, wie gesagt, (.) sensibilisiert werden, einfach generell in der Bevölkerung.
Was auch wichtig ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken
passieren (.) muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne
verantwortlich, weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher
Seite so gesehen wird. Die Abnützungen erfolgen Großteils am Arbeitsplatz. Und es
ist einfach eine gesellschaftliche Verpflichtung auch der Arbeitgeber, in die
Gesundheit der ArbeitnehmerInnen etwas zu investieren, (.) weil sie, wie gesagt, am
Arbeitsplatz genauso auch damit konfrontiert werden, dass sie ihrer Gesundheit
schaden. Und weil das halt einfach ein Kreislauf ist. Also es gehört einfach das
Umdenken: Weg vom individuellen Beschäftigten mit Gesundheit, sondern dass das
wirklich irgendwie gesellschaftlich auch so anerkannt wird, dass auch der
Arbeitgeber dafür seinen Beitrag zu leisten hat. Also das denke ich schon.
Zitat (S. 9, Zeile 265)
„Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten,
man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung
sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen
auf
unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das herausfordernde dabei.“
B: Das Problem ist, man setzt oft auf Good-Will von Institutionen, von Personen, (..)
aber mit dem individuellen gut zureden und zu sagen, ihr müsst das tun, erreicht man
oft sehr wenig. Es braucht auch immer ein Stück weit Strukturen, die ein bestimmtes
Verhalten auch fördern. Ich glaube, das sind Ansätze wo man noch einmal
hinschauen könnte und wo man vielleicht noch etwas lernen könnte. Und
Deutschland und Österreich haben jetzt zwar ein bisschen konträre Wege gewählt,
aber in Deutschland sieht man auch, der Zwang alleine, sozusagen im Sinne von
gesetzliche Grundlage führt noch lange nicht dazu, dass die Dinge auch
lebenswirklich werden. Und dann braucht es aus meiner Sicht sicher noch ergänzend
dieses Bewusstsein-Schaffen bei den Unternehmen, ihr seid darauf angewiesen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
185
Kernkompetenzbereich Gesundheit
zukünftig, weil ihr keine jüngeren ArbeitnehmerInnen mehr bekommen werdet. Und
dann sind sie sehr existentiell betroffen auch die Unternehmen. ► Ich glaube, diesen
Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine
Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung sondern man muss
unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf unterschiedlichen Ebenen (..) und
das ist das herausfordernde dabei. Ob es Deutschland oder Österreich jetzt richtig
oder besser macht. Es sind Ausschnitte. Sicher auch immer kontextgebunden,
warum Regelungen so möglich sind, wie sie möglich sind. Und in Österreich wird
man sehen, ob dieser Zugang dann Wirkung zeigt und vor allem, und das wird dann
das Spannende sein, in welcher Breite er Wirkung zeigt. Es ist freiwillig, man wird
sehen, wie viele Betriebe und wie viele Einzelpersonen das überhaupt annehmen.
Zitat (S. 13, Zeile 420):
„Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich
besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich
besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die
Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. […] Also nicht rein die Strafe,
sondern eben so, wenn es in beide Richtungen denkbar, dann glaube ich
schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist.“
B: Also, (.) ich kann mir schon vorstellen, dass die Betriebe bei denen tatsächlich
besonders viele Krankenstandstage bei den Beschäftigten auftreten, man ein
bisschen mehr in die Pflicht nimmt. Eben über so (..) Sachen, dass man, dass die
zum Beispiel nicht nur höhere Kosten in der Krankenversicherung dann verursachen,
sondern dass sie eben da auch mehr Beiträge einzahlen. (..) Und ja, die Kosten, wie
gesagt, kommen ja auf Krankenstandsebene, auf Pensionierungsebene et cetera.
Sie verursachen, tragen vielleicht nicht das dazu bei, was notwendig wäre. Würden
sie die Maßnahmen setzen, im Betrieb, würde es zu dem nicht kommen, würde es
irgendwie im Allgemeinen natürlich alles viel weniger kostenintensiv sein. (..) Ja, so
gesehen, wären quasi diese Bußgelder schon eine recht sinnvolle Maßnahme. (.) ►
Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich
besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich
besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die
Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. Wenn sich das dann /
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
186
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Wird vielleicht dann doch dazu führen, dass die Arbeitgeber sagen: Ja lieber schaue
ich, dass ich etwas bekomme, als dass ich irgendwie etwas zahlen muss. Und ich
denke, das ist dann im Sinne der ganzen Sache.
I: Also ein sinnvoller Anreiz in Ihren Augen?
► B: Denke schon. Also nicht rein die Strafe, sondern eben so, wenn es in beide
Richtungen denkbar, dann glaube ich schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist.
Zitat (S. 14, Zeile 454):
„Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen Erkrankungen, wie
man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet.“
B: Man kann wohl innerhalb der Branche lernen, wie haben es andere gemacht. Aber
es wird keine Patentrezepte geben für bestimmte Branchen und für bestimmte
Belastungen. Gibt wohl Einzelbaustellen und Module, die man anbieten kann, aber
letztendlich muss man auf (…) das, was man vor Ort vorfindet, damit umgehen. Da
gibt es Methoden dafür und Lösungen vor Ort finden, die auch anschlussfähig sind.
Sowohl beim Arbeitnehmer, als auch beim Arbeitgeber und die letztendlich dazu
führen, dass die Belastungen abgebaut werden. Gibt es auch ganz gute Beispiele,
was das Thema Stütz-Bewegungsapparat betrifft, wo mit einfachen Investitionen
körperliche Belastungen schon reduziert werden können. Vor allem auch durch
Fehlhaltungen, die durch gewisse Umstände entstehen, reduziert werden, ein
Beispiel. ► Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen
Erkrankungen, wie man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet.
I: Okay. Dann habe ich jetzt noch so die übergreifende Frage: die man jetzt aus dem
Gespräch schon herausgehört hat, wie so da Ihre Meinung ist. Aber vielleicht noch
einmal zum Abschluss. Was ist Ihrer Meinung nach die wirkungsvollste Maßnahme
oder der wirkungsvollste Anreiz um jetzt Betriebe dazu zu bringen, alternsgerechte
Arbeitsgestaltung voranzutreiben oder in ihrem Betrieb umzusetzen? Ich glaube,
Verpflichtung und Kontrolle, habe ich bei Ihnen schon herausgehört, ist jetzt nicht so
unbedingt an erster Stelle, am wirkungsvollsten. Also ich habe so die Pole aufgeführt
Verpflichtung und Kontrolle oder Sensibilisierung und Beratungsangebot oder dann
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
187
Kernkompetenzbereich Gesundheit
gäbe es noch finanzielle Anreize, wie zuvor schon erwähnt. Wenn es Ihnen möglich
ist, das zu reihen, wie würden Sie das so, was würden Sie auf Platz eins als Anreiz
setzen?
B: Da gebe ich Ihnen die Antwort, die ich Ihnen schon gegeben habe: die Dinge
vernetzt zu sehen. Ein integriertes Modell zu überlegen und nicht zu glauben, wenn
man einen Knopf drückt, dass am anderen dann das herauskommt, was man will.
Sondern die Systeme sind viel komplexer. Und einen integrativen Ansatz zu finden,
der alle drei Ebenen mitnimmt, nämlich die Rahmenbedingungen, das Stichwort
rechtliche Verpflichtung und rechtliche Regelungen, Bewusstsein zu schaffen in den
Lebensräumen und natürlich auch bei den einzelnen Individuen, sowohl beim
Arbeitnehmer als auch beim Arbeitgeber. Wobei wir schon wissen, dass sozusagen /
Zitat (S. 2, Zeile 54):
„Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man den Betrieben sagt: es
betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente, dort gibt es auch
Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen nur einfach
aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die auch
Sinn machen.“
B: Ich glaube, da mangelt es noch an Bewusstsein auch bei den Betrieben, ja. Das
es letztendlich auch für sie zukünftig eine große Herausforderung sein wird
sozusagen entsprechende Arbeitskräfte zu finden. Weil das ist ja sozusagen das
zentrale für die Unternehmer, dass sie sozusagen leistungsfähige Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter haben, die auch Kompetenzen haben. Und wenn sie keine
Fachexperten mehr bekommen, weil sozusagen die Gesellschaft überaltert oder älter
wird und es zum Arbeitskräftemangel kommt, den man jetzt noch ein Stück weit
kompensieren kann durch Migration, dann muss man sich dieser Frage ganz
zwangsläufig stellen. ► Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man
den Betrieben sagt: es betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente,
dort gibt es auch Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen
nur einfach aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die
auch SINN machen. Diesen Konnex auch herzustellen und natürlich wird es auch
eine Überprüfung brauchen. Werden die Maßnahmen umgesetzt, die gesetzlich
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
188
Kernkompetenzbereich Gesundheit
vorgeschrieben sind, werden die (schlagen?) und werden die von den Betrieben
auch mitgetragen?
Zitate zu Interview 5
Zitat (S. 2, Zeile 38):
„Das heißt im Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den
Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis.“
B: Also vorerst, das ist sicherlich nicht mein Spezialgebiet, der Arbeitnehmerschutz.
Ich wollte auch kurz mit der Kollegin vorher noch sprechen, nur ich habe sie leider
nicht erreicht. Ich meine, generell im Arbeitnehmerschutzgesetz ist ja das Thema
Alter sehr wohl erwähnt. Arbeitnehmerschutzgesetz und nicht Arbeitsschutzgesetz,
nur zur Information. Also in Österreich heißt es Arbeitnehmerschutzgesetz. Da ist
das Alter ja sehr wohl ein Thema, das heißt, ich darf nur die Arbeiten entsprechend
dem Alter und der Möglichkeiten dementsprechend (..) verteilen. ► Das heißt im
Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den
Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis. Nur ich habe,
so wo ich, von welcher Schiene aus ich die Informationen habe, ist fit2work, das Sie
auch in der Folge ansprechen. Und da ist ja sehr wohl geplant jetzt im Rahmen der
Gefährdungsbeurteilung das Thema Alter oder Altersstrukturanalyse besonders
anzubieten. Und das natürlich, das meinen wir, dass das sehr wohl auch ein
wichtiges Element ist, dass man einfach vor allem auch Klein- und Mittelbetrieben
das Thema näher bringt. Und das ist (.) sicherlich eine Möglichkeit. Nur ich meine,
man kann überhaupt nicht sagen, inwiefern, das funktionieren wird oder nicht, weil
das beginnt ja erst. Also daher glaube ich, kann man einfach nur gespannt schauen
und warten: wie funktioniert es.
Zitat (S. 3, Zeile 76):
„Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die Betriebe beraten werden, weil
eben gerade KMUs haben es einfach schwerer da einfach, ja das Thema von
sich aus aufzugreifen und Expertise einfach auch zu haben, spezielle dazu.
Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das Betriebsberatungsangebot
größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird.“ (Interview 5, Zeile 76).
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
189
Kernkompetenzbereich Gesundheit
B: Ja, wie gesagt, man wird sehen, (..) welche Erfolge es haben wird. Einerseits wird
man sehen, wie es erreicht wird, wie die Personen erreicht werden oder die Betriebe
erreicht werden. Die Ambitionen der Politik sind ja sehr hoch gewesen. Und jetzt, ja
muss man versuchen irgendwie doch dieses Ziel zu erreichen und Personen und
auch Betriebe zu erreichen. ► Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die
Betriebe beraten werden, weil eben gerade KMUs haben es einfach schwerer (.) da
einfach (…) ja das Thema von sich aus aufzugreifen und (..) Expertise einfach auch
zu haben, spezielle dazu. Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das
Betriebsberatungsangebot größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird. Es sind jetzt
ja zirka geplant in den nächsten Jahren soweit ich es jetzt im Kopf habe 200 Betriebe
zu erreichen mit diesem speziellen Betriebsberatungsangebot. Das ist natürlich im
Hinblick auf (..) doch (lacht) die Zahl der Betriebe, verschwindend klein. Und es ist
ein sehr (..) tolles, nobles Instrument, das wirklich über einen großen Zeitraum
hinweggeht. Und wir glauben, dass es notwendig wäre auch speziell, bei einem
speziellen Problem Unterstützung bei fit2work zu bekommen. Das heißt unser
Beispiel immer ein Tischler zum Beispiel, der jetzt gerade mit einem Mitarbeiter das
Problem hat, das er erkrankt ist. Jetzt bräuchte es gerade in DEM Fall schnell ein
Beratungsangebot,
was
kann
man
machen,
was
gibt
es
für
Unterstützungsmöglichkeiten, gibt es Fördermöglichkeiten. Das er da schnell eine
Hilfe bekommt, um den Einzelnen zu beschäftigen. Das kann fit2work, (..) ja, ich
meine, es ist die /
Die Betriebsberatung sicher nicht. Es ist die Frage immer und das bringen wir
IMMER wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe
beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten
Anlassfall eine Hilfe. Dass der Betrieb der ihn wirklich /
Zitat (S. 3, Zeile 93):
„Es ist die Frage immer und das bringen wir immer wieder ein, dass im Rahmen der
Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte
es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe.“
B: Und wir glauben, dass es notwendig wäre auch speziell, bei einem speziellen
Problem Unterstützung bei fit2work zu bekommen. Das heißt unser Beispiel immer
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
ein Tischler zum Beispiel, der jetzt gerade mit einem Mitarbeiter das Problem hat,
das er erkrankt ist. Jetzt bräuchte es gerade in DEM Fall schnell ein
Beratungsangebot,
was
kann
man
machen,
was
gibt
es
für
Unterstützungsmöglichkeiten, gibt es Fördermöglichkeiten. Das er da schnell eine
Hilfe bekommt, um den Einzelnen zu beschäftigen. Das kann fit2work, (..) ja, ich
meine, es ist die /
Die Betriebsberatung sicher nicht. ► Es ist die Frage immer und das bringen wir
IMMER wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe
beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten
Anlassfall eine Hilfe. Dass der Betrieb der ihn wirklich /
I: Also so die Verknüpfung?
B:
Ja
genau,
genau.
Und
auch
für
KMUs.
Weil
eben
gerade
das
Betriebsberatungsangebot ist ja für große Betriebe da. Und wie gesagt, kann ja nicht
die Masse abdecken. Und da bräuchte es halt wirklich für den einzelnen Betrieb, der
entweder sich informieren will /
Ich meine da könnte man sagen, da ist diese Gefährdungsbeurteilung, diese
ausgeweitete im Rahmen der AUVA, eine Möglichkeit, wird man sehen. Aber
natürlich braucht es auch im konkreten Anlassfall eine Unterstützung. Wird vereinzelt
offenbar im Rahmen der Personenberatung sehr wohl gemacht. Wird man sehen,
wie sich das entwickelt oder nicht. DAS wäre uns ein Anliegen, ja.
Zitat (S. 6, Zeile 179)
„Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja auch
die Betriebe akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen […]“
I: Und wissen Sie das, ich habe auch wo gelesen, dass Betriebe mit
überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen angesprochen werden sollen,
inwiefern oder wer das macht?
► B: Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja
auch die Betriebe (..) akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen, wobei natürlich,
ich meine beim Betriebsberatungsangebot muss man sagen sind ja die Ambitionen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
191
Kernkompetenzbereich Gesundheit
nicht, ich meine, nicht so hoch. Weil ja da die budgetären Mittel nicht in diesem
Umfang haben. Im Vergleich zum Personenberatungsangebot.
I: Also da ist das Verhältnis schon eher Richtung Personenberatungsangebot,
würden Sie sagen?
B: Ja. Aber das ist (lacht). Ja, ja das ist massiv mehr Unterstützung im Rahmen der
Personenberatung. Wobei eben da gerade die Frage ist, ob ich nicht gerade im
Rahmen der Personenberatung wo es ja um die konkreten Anlassfälle oder sagen
wir jetzt Problemfälle geht, dass ich da sehr wohl auch Unterstützung den Betrieben
ermögliche.
Zitat (S. 9, Zeile 307)
„[…] aber sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen
einfach schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder
Wiedereinzugliedern in den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl
auch unser Bestreben gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und
dann möglichst schnell zum Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach
gar nicht den Gedanken haben, (..) sie wollen oder sie werden in Pension
gehen.“
I: Da wird ja oft auch kritisiert, inwieweit dann berufliche Rehabilitation wirklich
rechtzeitig oder überhaupt gewährt wird, weil es da ja auch eine Diskrepanz gibt
zwischen diesen Anträgen auf Invaliditätspension, die ja jetzt gleichzeitig ein Antrag
auf Rehabilitation sind. Also da gibt es eine Anzahl an Personen, die diesen Antrag
stellen und dann davon ein sehr kleiner Teil nur der eine berufliche Rehabilitation
wirklich auch machen oder gewährt bekommen. Also da wird kritisiert, dass da oft
eine große Diskrepanz ist und sich die Frage stellt, brauchen so viele dieser
Antragsteller keine Rehabilitation oder wird es noch zu wenig gewährt? Also das sind
so die Fragen, die da auftreten, wo ich mir die Frage gestellt habe, muss da noch viel
getan werden, im Bereich der Rehabilitation?
B: Sicher, sicher. Ich meine, das Problem ist auch, dass das einfach auch sehr wohl
eine große Schnittstellenproblematik ist. (..) Glaube ich. Und natürlich jetzt, ich habe
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
192
Kernkompetenzbereich Gesundheit
jetzt zu wenig Einblick in (..) die Pensionsversicherungsangelegenheiten, ► aber
sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen einfach
schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder Wiedereinzugliedern in
den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl auch unser Bestreben
gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und dann möglichst schnell zum
Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach gar nicht den Gedanken haben, (..)
sie wollen oder sie werden in Pension gehen.
Zitate zu Interview 6
Zitat (S. 2, Zeile 29):
„Wenn diese Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine
große Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern.“
B: Ja, also das Arbeitsschutzgesetz hat ja im Prinzip bei uns schon das Ziel
menschengerechte Arbeit. Das ist ja letztendlich das gesamte Feld der Ergonomie,
der möglichst belastungsoptimierten Gestaltung der Arbeitsaufgaben. ► Wenn diese
Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine große
Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern. Weil (.) auch
die ganzen Projekte die wir in INQA gemacht haben, haben eigentlich immer
erwiesen, dass es eine Arbeitsgestaltung für Ältere gesondert eigentlich gar keine
Anforderungen gibt. Sondern man muss sehen, dass es eben über die gesamten
Lebensphasen keine Aufaddierung von irgendwelchen starken Belastungsfaktoren,
die nachher negative Beanspruchungsfolgen (.) als Ergebnis haben, geben sollte.
Also eine gute ergonomisch gestaltete Arbeit, ist das ganze Leben lang über
notwendig, um eben sicher und gesund mit 67 in Rente zu gehen. Insofern ist eine
Differenzierung für ältere Mitarbeiter meines Erachtens nicht erforderlich. Es gibt
kleine Ausnahmeregionen, wenn es um Nacht- und Schichtarbeit geht.
Zitat (S. 3, Zeile 78):
„Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und das ist
natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit einem
großen Aufwand erst eingebaut werden muss.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
193
Kernkompetenzbereich Gesundheit
I: Okay, gut. (.) Gehen wir zum nächsten Fragenblock. Das ist das Betriebliche
Eingliederungsmanagement. (.) Und zwar ist es ja so, das seit dem Jahr 2004 (.) das
eigentlich schon verpflichtend vorgeschrieben ist, für Betriebe. Und was ich so
herausgefunden habe, ist es vor allem auch wieder in Klein- und Mittelbetrieben eher
problematisch. (.) Und dass es nicht oder nicht nachhaltig implementiert ist, das
Betriebliche Eingliederungsmanagement. Wie würden Sie das einschätzen (.), wie
diese Umsetzung in den Betrieben, vor allem in Klein- und Mittelbetrieben,
verbessert werden könnte?
► B: Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und
das ist natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit
einem großen Aufwand erst eingebaut werden muss. Der Geist, der hinter dem
Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement steht, den Vorgaben, ist sicherlich
zu begrüßen. (.) Wir haben hier natürlich auch bestimmte Rahmenbedingungen die
auch bei den Beschäftigten nicht immer auf (.) große Gegenliebe stoßen. Man muss
ja doch einiges von seinen persönlichen, gesundheitlichen Situationen auch
darstellen, um hier letztendlich
dann
eine Wiedereingliederung positiv zu
unterstützen. (.) Hier gibt es noch Hemmnisse sowohl von Unternehmen, als auch
von Beschäftigten, die sich in diesen Prozess begeben, um hier letztendlich auch
gegenseitiges vertrauengestütztes gemeinsames Vorgehen auch zu implementieren.
(.) Was natürlich auch sinnvoll ist, dass man möglichst eine Wiedereingliederung
vermeidet,
indem
gegensteuert
und
man
hier
bei
ernsthaften
letztendlich
Erkrankungen
eine
bessere
möglichst
frühzeitig
Zusammenarbeit
der
Sozialversicherung organisiert. Das ist gerade bei uns aufgetreten. In Deutschland
haben wir auch das Phänomen der sehr stark aufgetretenen psychischen Störungen
bei Mitarbeitern (.) und hier funktioniert die Zusammenwirkung der verschiedenen
Sozialversicherungen nicht optimal. Mit anderen Worten, es gibt ganz viele
Wartezeiten im System und wenn Leute meinetwegen Angststörungen oder
depressive Verstimmungen haben, ist es ganz wichtig, dass die Leute möglichst
ohne Lücken therapiert werden. Erst eine Krankenbehandlung erfahren, dann
beruflich orientierte Rehabilitation erfahren, um dann wieder vernünftig im
Betrieblichen
Wiedereingliederungsmanagement,
in
den
Arbeitsprozess
zurückgeführt werden können.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
194
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Zitat (S. 4, Zeile 101):
„Das klappt umso besser, umso weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen
haben und umso lückenloser die Leute miteinander zusammenarbeiten.“
B: In Deutschland haben wir auch das Phänomen der sehr stark aufgetretenen
psychischen
Störungen
bei
Mitarbeitern
(.)
und
hier
funktioniert
die
Zusammenwirkung der verschiedenen Sozialversicherungen nicht optimal. Mit
anderen Worten, es gibt ganz viele Wartezeiten im System und wenn Leute
meinetwegen Angststörungen oder depressive Verstimmungen haben, ist es ganz
wichtig, dass die Leute möglichst ohne Lücken therapiert werden. Erst eine
Krankenbehandlung erfahren, dann beruflich orientierte Rehabilitation erfahren, um
dann wieder vernünftig im Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, in den
Arbeitsprozess zurückgeführt werden können. ► Das klappt umso besser, umso
weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen haben und umso lückenloser die
Leute miteinander zusammenarbeiten. Also die betrieblichen Akteure, da sind es
überwiegend die Betriebsärzte, die müssen eben möglichst frühzeitig erkennen, dass
ein Mitarbeiter Probleme hat und Unterstützung braucht. Dann muss man eine
gezielte und effektive Krankenbehandlung anschließen. Das muss natürlich mit den
Krankenkassen
in
Deutschland
abgestimmt
werden.
Nach
der
Akutkrankenbehandlung muss dann, direkt angegliedert wieder eine Rehabilitation
erfolgen. Das ist bei uns meistens in der Rentenversicherung der Fall. Und dann
muss
man
bei
der
betrieblichen
Wiedereingliederung
so
etwas
wie
ein
Casemanagement oder so ein Coaching machen, dass man die Leute letztendlich in
dieser sensiblen Phase, so unterstützt, dass es eben keine Rückfälle gibt und dass
eben auch das betriebliche Umfeld mit den eventuell noch vorhandenen
Einschränkungen des Mitarbeiters hier sich arrangieren kann und hier ein Erfolg
eben auch organisiert werden kann.
Zitat (S. 8, Zeile 238):
„Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der
Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier
Arbeitsbedingungen
schafft,
die
eben
letztendlich
auch
für
eingeschränkt,
gesundheitlich Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
195
Kernkompetenzbereich Gesundheit
I: Genau. Und die zweite Schiene bei fit2work ist dann eben schon die
Betriebsberatung. (..) Und hier wird eben ein Betrieb der hier bereit ist Maßnahmen
für seine Mitarbeiter zu setzen, beraten. Zunächst einmal kostenlos, es ist ein
kostenloses Angebot. Und dann wenn es zur Maßnahmenumsetzung geht, wenn der
Betrieb weiter (..) Beratung benötigt, bei der Maßnahmenumsetzung ist es dann
schon kostenpflichtig. Aber in einer ersten Stufe ist es ein kostenloses Angebot. Und
hier können dann diese zwei Schienen auch, wenn gewünscht, zusammengeführt
werden. Also die Personenberatung und die Betriebsberatung. Also es ist /
► B: Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der
Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier
Arbeitsbedingungen
schafft,
die
eben
letztendlich
auch
für
eingeschränkt,
gesundheitlich Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind. (.) Also da
sind, wie gesagt, auch sicherlich nicht alle Erkenntnisse präsent, die man dafür
braucht. Für (unv.) wäre dann eben auch an solche Dinge eben sicher auch in
Österreich relevant ist. Mit den neuen Techniken, Entgrenzung der Arbeit, wieviel
Informationsmengen kann der Mensch wirklich verarbeiten, was ist noch zumutbar.
Da gibt es noch viel Unsicherheit, wie man Arbeit so gestalten kann, das es eben
nicht über Gebühr belastend und nachher fehlbeanspruchend wird. (..) Also da gibt
es verschiedene Handlungsfelder. Also erst einmal finde ich diesen Ansatz den Sie
geschildert
haben,
sehr
gut.
Das
man
eben
erst
einmal
versucht,
die
Eigenverantwortung letztendlich anzusprechen. Und den Mitarbeiter eben (.) zu
eigenen Aktivitäten versucht zu bringen. Aber wichtig wäre für mich eben auch, dass
in den Betrieben, wenn Leute von so einer Reha-Maßnahme wieder kommen, genau
bekannt ist: Was kann der Mann noch machen? Wo können wir ihn eventuell hin
entwickeln, dass er nachher letztendlich genau so zufrieden die neue Funktion dann
innehaben kann, wie die die er vielleicht vor der Erkrankung hatte?
Zitat (S. 17, Zeile 568):
„Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche Probleme sie eventuell mit der
Demografie haben könnten. Und dann wird erst letztendlich der Handlungsdruck
erzeugt.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
196
Kernkompetenzbereich Gesundheit
B: Also gerade beim Thema Demografie muss man sich genau überlegen, welche
Fähigkeitsprofile brauche ich meinetwegen in zehn Jahren und wie kann ich meine
Mitarbeiter dahin entwickeln. Wer kann dann was noch tun? (..) Also hier muss man
einfach die (.) traditionellen Strukturen versuchen aufzubrechen. Eine stärkere
Zusammenarbeit organisieren und gegenseitig mehr Informationen geben. (..) Das ist
ein generelles Problem, dass Unternehmen haben. Wir haben sicherlich in vielen
Bereichen große Fortschritte erzielt: dass man meinetwegen auch in Tarifverträgen
wie in der deutschen Chemieindustrie, die Altersstrukturanalyse erst einmal schon
verpflichtend vorgegeben haben. ► Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst,
welche (lacht) Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann
wird erst letztendlich der Handlungsdruck erzeugt. Also viele, gerade kleine und
mittelständische Unternehmen, haben sich da vor ein paar Jahren gar keine
Gedanken gemacht. (.) Da man ja laufend Neue rekrutieren konnte, war es ja auch
kein Problem. (.) Wird natürlich in Zukunft schlechter. Insofern haben wir auch mit
der (.) Fachkräftesituation, wo man eben hier immer weniger Nachwuchs hat,
vielleicht eine Möglichkeit das Thema Demografie positiver zu besetzen und hier für
Nachhaltigkeit eher auch Konzepte zu entwickeln.
I: Das heißt, Sie meinen, wenn der Druck dann für die Betriebe groß genug ist, dann
werden sie ohnehin nach Lösungen suchen?
B: Die Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen wird natürlich wesentlich höher. Und
dann eben die Potenziale die man letztendlich in der Mitarbeiterschaft hat, die aber
dann meinetwegen durch gesundheitliche Einschränkungen nicht mehr voll nutzbar
sind, die versucht durch eben andere Karrieren, Horizontalkarrieren so umzulenken,
dass die Leute wo anders noch irgendwo ihren Einsatz bringen können. Da würde es
mehr an Flexibilität geben. Ich glaube, das ist zum Nutzen aller.
Zitat (S. 7, Zeile 208):
„Aber wenn sie dann eben eine Mischstruktur haben, wo fünf Kassen in einem
Betrieb sind, wird es schwierig, die richtigen Ansprechpartner zu finden.“
B: Dann ist das schon einmal eine bessere Struktur. Weil in Deutschland klappen
eigentlich die besten Projekte nur, wo sie geschlossene BKK nahmen. Also wo sie
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
197
Kernkompetenzbereich Gesundheit
fast jeden Mitarbeiter in der gleichen Krankenkasse haben. Da sind die
Krankenkassen natürlich auch gerne bereit, solche übergreifenden (.) Strukturen und
Konzepte wie so ein integriertes Versorgungskonzept aktiv mit zu befördern. Wenn
sie nachher, weiß ich, fünf konkurrierende Krankenkassen in einem Betrieb haben,
ist es natürlich schwierig, das so zu organisieren, dass nachher dabei das gleiche
herauskommt.
I: Ja ist richtig, hört sich sehr kompliziert an.
B: Ja, es klappt ja auch meist nicht (lacht). Das ist ja das Problem (lacht). Die
Krankenkassen, die wollen überwiegend nur Mitglieder werben und natürlich auch
einmal etwas Gutes tun. Es gibt sehr gute AOK Projekte, so ist es nicht. Also die
ganz großen machen schon etwas Schönes. ► Aber wenn sie dann eben eine
Mischstruktur haben, wo (.) fünf Kassen in einem Betrieb sind, wird es schwierig, die
richtigen Ansprechpartner zu finden.
I: Ja ich denke, dann wäre vielleicht so wie in Österreich das fit2work jetzt gedacht ist
oder begonnen wird umzusetzen /
Es ist nämlich auf zwei Stufen oder zwei Schienen. Das eine ist das
Personenberatungskonzept, das ist unabhängig von den Betrieben. (.) Und Personen
mit eben 40 Tagen Krankenstand (.) bekommen dieses Beratungsangebot (.)
freiwillig, also sie können es natürlich auch ablehnen. Aber an und für sich wird es
ihnen angeboten und (.) der Betrieb hat mal erst gar nichts damit zu tun. Und das
könnte natürlich auch ein Vorteil sein, aus der Angst heraus oder der Hemmnis, wie
Sie zuvor gesagt haben, vieler Arbeitnehmer, dass im Betrieb etwas bekannt wird.
Das hier einmal für die Person direkt etwas getan wird. Und die zweite Schiene /
B: Das klingt ja so nach einem persönlichen Coaching, sozusagen. Um die eigene
Beschäftigungsfähigkeit letztendlich positiv zu beeinflussen. Das ist sicher auch in
unserem Sinne, also dass man die eigene Gesundheitskompetenz erhöht und hier
versucht eben auch durch Selbstmanagement sich in eine bessere Position zu
bringen.
Zitat (S. 17, Zeile 555):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
198
Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche besser miteinander verzahnt sind, besser
zusammenarbeiten in den betrieblichen Strukturen, ist natürlich unser Problem.
Und das man hier zu einem gemeinsamen Grundverständnis kommt. Also da ist
noch viel zu tun. Weil diese starke Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht
mehr so gestalten.“
B: Nein, eigentlich nicht. Ich hatte mir nur das Wort, Stichwort aufgeschrieben, aber
das haben wir schon verarbeitet, dass man letztendlich so Gesundheitskampagnen
möglichst in der gesamten Gesellschaft etabliert. Und die Arbeitswelt nicht immer so
gesondert sieht. Sondern es ist ein Teil von dem Gesamten. Aber ohne die
Arbeitswelt läuft die ganze (lacht) Volksgemeinschaft nicht, läuft die ganze
Gesellschaft nicht. Insofern, einfach (.) versuchen, Dinge zusammenzuführen, das
wäre ganz wichtig. Und (.) wir haben zunehmend das Problem, dass man früher den
Arbeitsschutz, die Arbeitsgesundheit nur bei diesen Arbeitsschutzexperten, die
überwiegend die Unfallvermeidung im Kopf hatten, in den Betrieben verankert hat.
Das Thema ist jetzt viel anspruchsvoller geworden. Wir haben jetzt ja letztendlich so
etwas wie Gesundheitsmanagement, was natürlich zum Teil bei den Betriebsärzten
angesiedelt
ist.
Aber
wenn
wir
jetzt
meinetwegen
lebensphasenorientierte
Personaleinsatz haben oder Gesundheitsprogramme werden meist vom Human
Ressource Management gesteuert. ► Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche
besser miteinander verzahnt sind, besser zusammenarbeiten in den betrieblichen
Strukturen, ist natürlich unser Problem. Und das man hier zu einem gemeinsamen
Grundverständnis kommt. Also da ist noch viel zu tun. Weil diese starke
Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht mehr so gestalten. Also gerade beim
Thema Demografie muss man sich genau überlegen, welche Fähigkeitsprofile
brauche ich meinetwegen in zehn Jahren und wie kann ich meine Mitarbeiter dahin
entwickeln. Wer kann dann was noch tun? (..) Also hier muss man einfach die (.)
traditionellen Strukturen versuchen aufzubrechen. Eine stärkere Zusammenarbeit
organisieren und gegenseitig mehr Informationen geben. (..) Das ist ein generelles
Problem, dass Unternehmen haben. Wir haben sicherlich in vielen Bereichen große
Fortschritte erzielt: dass man meinetwegen auch in Tarifverträgen wie in der
deutschen Chemieindustrie, die Altersstrukturanalyse erst einmal schon verpflichtend
vorgegeben haben. Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche (lacht)
Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann wird erst
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
199
Kernkompetenzbereich Gesundheit
letztendlich
der
Handlungsdruck
erzeugt.
Also
viele,
gerade
kleine
und
mittelständische Unternehmen, haben sich da vor ein paar Jahren gar keine
Gedanken gemacht. (.) Da man ja laufend Neue rekrutieren konnte, war es ja auch
kein Problem. (.) Wird natürlich in Zukunft schlechter. Insofern haben wir auch mit
der (.) Fachkräftesituation, wo man eben hier immer weniger Nachwuchs hat,
vielleicht eine Möglichkeit das Thema Demografie positiver zu besetzen und hier für
Nachhaltigkeit eher auch Konzepte zu entwickeln.
Zitate zu Interview 7
Zitat (S. 2, Zeile 58):
„Das auch die Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert und da auch
hinterher ist das durchzuführen.“
I: Das heißt es sollte (.) auch von Seiten der Mitarbeiter mehr vielleicht Sensibilität
herrschen, dass // das wichtig wäre? //
B: // So ist es. ► Das auch die // Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert
und da auch hinterher ist das durchzuführen.
I: Okay, das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, ist es aus Ihrer Sicht eher wichtiger
hier die Aufmerksamkeit, die Sensibilität zu erreichen, als jetzt mehr in Kontrolle und
Verpflichtung zu gehen.
B: So ist das. Genau.
Zitat (S. 6, Zeile 179):
„Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber Deutschland,
dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Das es also keine gesetzliche
Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das
tatsächlich zu tun. […] Das hat ein bisschen mehr Druck, als so ein freiwilliges
Angebot von Sozialversicherungsträgern.“
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
200
Kernkompetenzbereich Gesundheit
I: Ja, das ist es noch die Frage. Also es soll eine Öffentlichkeitskampagne gestartet
werden. Bis jetzt gibt es leider nur eine Homepage, die (..) durch Zufall
wahrscheinlich eher angetroffen wird. Also, da ist noch sehr viel im Aufbau. Aber an
und für sich soll eine Öffentlichkeitskampagne gestartet werden.
► B: Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber
Deutschland, dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Das es also keine gesetzliche
Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das
tatsächlich zu tun. Ich meine gut, wir haben sie auch schwach, diese Grundlage, in
dem gesagt wird es ist zu tun, aber ohne Sanktionen wenn man es nicht tut. Aber
immerhin steckt eine gesetzliche Grundlage dahinter. Das hat ein bisschen mehr
Druck, als so ein freiwilliges Angebot von Sozialversicherungsträgern.
I: Nein, also es ist in Österreich komplett freiwillig. Also da besteht keine
Verpflichtung.
B: Ja und dann wäre es natürlich interessant zu wissen, was passiert, wieviel
Prozent der Unternehmen nehmen das Angebot an und wieviel das nicht. Diese
Werte haben Sie ja zur Zeit noch gar nicht.
Zitat (S. 10, Zeile 295):
„Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen und Mitarbeiter, die
erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen und von einem
Träger
zum
anderen
geschickt
werden
und
praktisch
diese
ganze
Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein,
das ist auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus.“
B: Also ich muss es jetzt einmal ganz vorsichtig ausdrücken. Wir haben ja, wir
müssen ja einmal unterscheiden in Deutschland, ob jemand erkrankt und dann eine
Rehabilitation benötigt oder ob er einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit hat.
Die beiden Punkte wollen wir einmal unterscheiden, zunächst. Wenn jemand einen
Arbeitsunfall hat oder eine Berufskrankheit hat, ist die Berufsgenossenschaft
zuständig. Das heißt also der gesetzliche Unfallversicherungsträger. UND DIE
LEISTEN ALLES AUS EINER HAND. Das heißt also jemand hat einen
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
201
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Verkehrsunfall, da kommt der Notarztwagen, der wird finanziert, dann kommt er in
die Erstbehandlung, das läuft alles über die Berufsgenossenschaft. Dann kommt er
in die Rehabilitation, dann bekommt er sagen wir einmal eine Stufenweise
Wiedereingliederung oder er bekommt eine Umschulung, ALLES zahl die BG, EIN
Kostenträger, null Problem. (.) Bei Krankheit ist es so, dass die Leistungen zwar
durch das SGB neun koordiniert sind, aber im Grunde genommen für jede
Einzelleistung ein anderer Träger zuständig ist. (.) Das heißt also für die
Krankenbehandlung ist die Krankenversicherung zuständig. Für eine betriebliche (.)
Umsetzung wäre der Betrieb zuständig. Für eine Umschulung wäre zum Beispiel die
Rentenversicherung zuständig. Und auch die Rentenversicherung wäre für eine
Reha zuständig. ► Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen
und Mitarbeiter, die erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen
und von einem Träger zum anderen geschickt werden und praktisch diese ganze
Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein, das
ist auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus. Zum
Beispiel jetzt hatte ich eine Kollegin die hatte eine psychische Erkrankung, die
brauchte dringend eine Reha, dann ist sie zur Krankenversicherung gegangen, weil
sie dachte die wäre zuständig. Und die Krankenversicherung hat ihr Vordrucke
gegeben, (.) um das ganze bei der Rentenversicherung zu beantragen, um das Ding
jetzt loszuwerden. Daraufhin habe ich mich eingesetzt, jetzt greift das BEM wieder,
und habe der Krankenkasse klargemacht, dass in solchen Akutfällen auch die
Krankenkasse eine Reha zu bezahlen hat. Das steht so im Gesetz. Wollten die aber
erst einmal nicht. Die wollten das lieber an die Rentenversicherung weitergeben. Und
durch dieses hin und her, zwischen den einzelnen Sozialversicherungsträgern kann
passieren, dass Reha und die Versorgung der Person LEIDET. Das soll nicht so
sein. Gesetzlich, wie gesagt, alles geregelt, dass das nicht sein darf und nicht sein
kann. Aber faktisch ist es so.
Zitat (S. 12, Zeile 393):
„Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der Vergangenheit
viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden.“
B: Also wie gesagt, einmal ist es das BEM natürlich jetzt einmal eingeführt in
Deutschland.
Das
ist
eine
Maßnahme.
Ja
und
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
dann
natürlich
die
202
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Arbeitsplatzgestaltung selbst. Ich habe das jetzt gesehen viel in der Autoindustrie, da
ist viel, viel passiert. Da hat man die Arbeitsplätze sehr sanft gemacht, dass also die
Belastungen des Körpers hier deutlich zurückgehen, gerade bei Montagetätigkeiten
im Autobereich, da ist also sehr viel gemacht worden. Aber das sind dann natürlich
auch immer so Vorzeigefirmen, die natürlich auch das Geld und das Know-how
haben das entsprechend umzusetzen. Was natürlich die Arbeitsbelastungen angeht
in anderen Betrieben, die man nicht so sieht, kann ich schlecht etwas dazu sagen,
wie die das im Einzelnen umsetzen.
I: Aber sind Sie der Meinung, dass hier noch viel getan werden muss in den
Bereichen?
► B: Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der
Vergangenheit viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden. Ich sehe
das ja bei uns, wenn jemand zum Beispiel Rückenprobleme hat, bekommt er ohne
Probleme einen höhenverstellbaren Schreibtisch, wo er auch daran stehen kann,
zum Beispiel. Aber in kleinen Betrieben ist das ein Finanzierungsproblem. So ein
Ding kostet 700, 800 Euro und so ein kleiner Laden, der sagt, ich kann nicht für jeden
Mitarbeiter so einen Tisch anschaffen, das können wir finanziell nicht stemmen.
Zitat (S. 13, Zeile 417):
„[…] gesetzliche Verpflichtungen können immer nur dann greifen, wenn tatsächlich
die Umsetzung des Gesetzes auch kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch
entsprechend gemacht wird, was dort im Gesetz steht.“
I: Okay. Ja, dann so eine übergreifende Frage habe ich noch, die Frage acht. So
generell, was jetzt für Betriebe, Ihres Erachtens nach, der wirkungsvollste Anstoß
oder Anreiz ist, Maßnahmen für eine alternsgerechte Arbeitswelt zu setzen. Denken
Sie, es sind eher Kontrollen und Verpflichtungen oder eher die Sensibilisierung oder
Best Practice-Beispiele. Was sehen Sie da am wirkungsvollsten an?
B: Also Best Practice ist immer ganz gut. Das bestimmte Firmen, die entsprechende
Modelle gemacht haben, das auch veröffentlichen und praktisch bekannt machen.
Das andere Betriebe sich daran nach richten und das auch umsetzen können.
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
203
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Gesetzliche Verpflichtungen, wie gesagt, ► aber gesetzliche Verpflichtungen können
immer nur dann greifen, wenn tatsächlich (.) die Umsetzung des Gesetzes auch
kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch entsprechend gemacht wird, was
dort im Gesetz steht. Das ist also ganz wichtig. Ja.
I: Und wenn Sie es reihen müssten. Was würden Sie als wichtig erachten, die
gesetzliche Verpflichtung mit Kontrolle oder eher so die Best-Practice-Beispiele und
die Öffentlichkeitsarbeit?
B: Also ehrlich gesagt die gesetzliche Verpflichtung mit Kontrolle. Denn Best-Practice
ist zwar schön und das schauen sich manche an, setzen es aber trotzdem nicht um,
weil sie keinen Druck haben. Also das ist schon wichtiger. Und wie gesagt, BEM war
der erste Schritt, da etwas zu tun. Aber wie gesagt, auch so ein bisschen zahnloser
Tiger.
Zitat (S. 14, Zeile 439):
„Und die sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man
natürlich nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: nicht immer nur aus der
Arbeitswelt, sondern auch aus dem privaten Bereich.“
I: Okay. Gut, dann wäre ich eigentlich mit meinen Fragen durch. Haben Sie noch
irgendeinen wichtigen Punkt, den ich jetzt in meine Fragen nicht drinnen hatte, den
Sie zu dem Thema noch erwähnen möchten?
B: Vielleicht können Sie, wenn Sie diese Arbeit schreiben, ich weiß nicht inwieweit
Sie das machen, diese Tendenz eben zu diesem ERHEBLICHEN Anstieg der
psychischen Erkrankungen. Das ist also ganz, ganz deutlich zu sehen, von allen
BEM-Fällen, die ich habe, sind 70 Prozent mit psychischen Belastungen. ► Und die
sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man natürlich
nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: NICHT immer nur aus der Arbeitswelt,
sondern auch aus dem privaten Bereich. Denn ich merke das in den Gesprächen: da
gibt es dann Probleme am Arbeitsplatz und dann mit dem Vorgesetzten das klappt
nicht so und die Arbeit ist so viel oder vielleicht auch zu wenig Arbeit. Das muss man
auch beleuchten, das Leute UNTERFORDERT sind und dadurch krank werden, das
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
204
Kernkompetenzbereich Gesundheit
geht auch, das gibt es auch. Aber dann kommt meistens ein großes Paket aus dem
privaten Bereich, ob es die Kindererziehung ist oder mit dem Ehepartner oder
Geldnöte und sonst und sonst und sonst. Und DA kann natürlich der Betrieb
eigentlich gar nichts machen. Das ist ein Gesichtspunkt, den muss man
berücksichtigen.
Zitate zu Interview 8
Zitat (S. 4, Zeile 111):
„Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir haben ja
früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile […] hat man die deutschen
Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die in die Betriebe
gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle findet
eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit.“
B:
Das
ist
richtig,
das
wird
leider
nicht
flächendeckend
gemacht.
Die
Gefährdungsbeurteilung körperliche Belastungen, die wird schon in vielen Betrieben
gemacht. Aber die Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen in vielleicht ein
Drittel der Betriebe und da müsste man sich auch noch einmal anschauen, ob das
wirklich ein richtiges Vorgehen ist. Also ob das wirklich auch richtig abgearbeitet wird.
I: Und was denken Sie, wäre notwendig, dass es mehr betrieben wird, diese
Gefährdungsbeurteilung? Sind hier mehr Kontrollen notwendig oder wiederum mehr
Sensibilisierung für das Thema?
B: Ja. ► Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir
haben ja früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile ist, jedenfalls in Deutschland,
hat man die deutschen Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die
in die Betriebe gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle
findet eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit. Ja ich
finde es richtig, dass man erst einmal darauf hinweist, dass das gemacht werden
muss. Aber wir haben ja diese Pflicht jetzt schon seit 1996, das heißt, wir haben jetzt
das Jahr 2012 und ich denke die Betriebe hatten lange genug Zeit gehabt, um diese
Dinge umzusetzen und wenn es jetzt immer noch nicht erfolgt, dann muss man
glaube ich, jetzt doch einen deutlichen Fingerzeig machen, um eben hier auch
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
205
Kernkompetenzbereich Gesundheit
einmal zu schauen, wie das irgendwie umgesetzt werden kann. Denn sonst sind ja
Gesetze auch unglaubwürdig, wenn sie einfach nur so, ja nur so einfach auf dem
Papier stehen und gar nicht umgesetzt werden müssen, obwohl das eigentlich eine
zwingende Vorschrift auch ist.
Zitat (S. 7, Zeile 205):
„Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik gemacht werden. (.) Also
das die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den meisten Betrieben wissen die
Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid.“
I: Und da haben meine Recherchen wiederum gezeigt, dass es vor allem wieder die
Klein- und Mittelbetriebe sind, die da bei der Umsetzung wieder etwas schlechter
dastehen und generell wird so die Umsetzung überhaupt in Deutschland ein
bisschen kritisiert. Wie sehen Sie das? Wäre da etwas verbesserungswürdig, jetzt in
der Umsetzung von den Betrieben?
B: Ja, also in jedem Fall. ► Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik
gemacht werden. (.) Also das die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den
meisten Betrieben wissen die Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid. Es ist
natürlich immer diese Schwierigkeit: wenn ich nicht krank bin, dann interessiert mich
das ja eigentlich auch gar nicht, was ein Betriebliches Eingliederungsmanagement
ist. Weil (..) in dem Moment wo ich krank bin, da interessiert es mich eigentlich erst.
Dieser Zeitpunkt (lacht), der ist natürlich immer schlecht abpassbar, für die
Geschäftsführung. Von daher sollte man Lösungen finden, wie man eben Menschen
auch dafür interessiert, dass sie in dem Moment wo sie dann krank werden oder
überlastet sind, dann eben auch wissen, (..) was auf sie zukommt. Weil das
Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ja freiwillig bei uns. Das heißt ich kann
es annehmen oder auch ablehnen.
I: Und was ich auch so gesehen habe, ist es oft eine Hürde, dass Mitarbeiter oder
Beschäftigte hier zaghaft sind, weil sie Angst haben, dass im Betrieb ihre
Krankengeschichte auch bekannt wird. Das ist auch so ein Manko.
B: Genau. (unv.) sozusagen bekannt werden und sie dadurch ausgegrenzt werden.
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206
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Zitat (S. 10, Zeile 318):
„Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn Menschen rechtzeitig
unterstützt
werden,
dass
dann
vieles
aufgehalten
werden
kann,
beziehungsweise schlimmeres gar nicht entstehen kann. Also ganz viele
Fallbeispiele, die wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz
eindeutig belegen.“
I: Genau. Zurück zu Deutschland zum BEM. Generell jetzt, wie ist Ihre Beurteilung:
finden Sie das gut so, ist es eine geeignete Strategie, um die Invalidität zu vermeiden
und um Arbeitsfähigkeit auch bei Älteren zu erhalten?
B: Ja, in jedem Fall. ► Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn
Menschen rechtzeitig unterstützt werden, dass dann vieles aufgehalten werden kann,
beziehungsweise
schlimmeres gar nicht
entstehen
kann.
Also ganz viele
Fallbeispiele, die wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz eindeutig
belegen.
I: Und so wie es im Gesetz jetzt festgeschrieben ist, von der Ausgestaltung, von der
Formulierung, sehen Sie da Änderungsbedarf oder eher nur in der Umsetzung bei
den Betrieben?
B: Also ich würde mir das mehr wünschen, dass das BEM noch als
Präventionsinstrument sozusagen klarer herausgestellt wird, dass man das BEM
nicht nur nutzt wenn jemand sechs Wochen krank ist, sondern das als
Präventionsinstrument noch eher nutzt. Also es ist ja auch schon festgehalten in
Deutschland, dass (..) die Beschäftigten selber von sich aus arbeitsmedizinische
Untersuchungen machen können und sich den Rat von einem Arbeitsmediziner
holen können, wenn sie in einer schwierigen Situation sind. Also das heißt, sie sind
noch nicht krank, sie merken aber: oh, ich bin überlastet oder mir geht es nicht so
gut. Und da gibt es ja eine freiwillige arbeitsmedizinische Untersuchung in diesem
Zusammenhang. Das ist sozusagen schon ein Schritt in die richtige Richtung (..) und
da würde ich mir eben auch noch wünschen, dass man beim Betrieblichen
Eingliederungsmanagement, dass man das eben auch bei Menschen (.) starten
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
207
Kernkompetenzbereich Gesundheit
kann, also dass das auch so drin steht ganz bewusst im Gesetz, dass man darauf
schauen muss, das Menschen gar nicht erst krank werden, sondern im Vorfeld schon
das nutzen soll, damit die Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt.
Zitat (S. 9, Zeile 295):
„Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist.“
I: Und EIN Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist ja auch, dass es in
Österreich die Betriebsberatung trotzdem freiwillig ist. In Deutschland das
Betriebliche Eingliederungsmanagement eben bei diesen Personen auf die diese
sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zutrifft aber verpflichtend ist.
B: Für den Betrieb.
I: Für den Betrieb. Genau.
► B: Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist.
I: Sehen Sie da Chancen für Österreichs Betriebe mit dieser Freiwilligkeit
voranzukommen?
B: Ja das muss man abwarten (lacht). (…) Wie man so schön sagt: Schauen wir mal.
Das weiß ich nicht so genau. Also das müsste man einmal schauen, wie das mit der
österreichischen Kultur ist.
Zitat (S. 9, Zeile 278):
„Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte. Also
jeder Betrieb könnte sich irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich mir
vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte
Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte
man sozusagen auch den internen Weg wählen.“
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
I: Also sozusagen wäre das BEM dann ein Tool, ein Werkzeug, um die Kultur zu
ändern? Das wäre ja eine riesen Chance, an und für sich.
► B: Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte.
Also jeder Betrieb könnte sich (lacht) irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich
mir vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte
Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte man
sozusagen auch den internen Weg wählen. Das ist schon der bessere, aber ich kann
einen internen Weg nicht wählen, wenn ich so eine Misstrauenskultur habe, geht ja
gar nicht.
I: Und EIN Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist ja auch, dass es in
Österreich die Betriebsberatung trotzdem freiwillig ist. In Deutschland das
Betriebliche Eingliederungsmanagement eben bei diesen Personen auf die diese
sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zutrifft aber verpflichtend ist.
B: Für den Betrieb.
Zitat (S. 12, Zeile 371):
„Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns oft noch der Mut,
bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da auch wieder ins
Arbeitsleben zurück zu kommen.“
B: Also ich sehe, dass wir da noch am Anfang stehen und dass wir da sicherlich
noch viele kreative Lösungen entwickeln können, individuelle Lösungen, die geeignet
sind um die Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu erhalten.
Ich sehe, dass sehr schnell auch (…) die Rente beantragt wird oder das doch eher
gesagt wird /
Ich sage jetzt einmal einen Fall, den ich kenne von der Polizei. Da ist eine Beamtin,
die ihr volles Gehalt bekommt, weiterhin bekommt, über eineinhalb Jahre (..) krank
und soll jetzt mit 45 Jahren in die Pension geschickt werden. (..) Obwohl sie
eigentlich arbeiten möchte, wieder. Es ist eine psychische Erkrankung, eine
Depression gewesen. ► Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns
oft noch der MUT, bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
auch wieder ins Arbeitsleben zurück zu kommen. Wir haben, durch unsere Projekte,
haben wir die Möglichkeit also gute Dinge zu initiieren und auch zu begleiten. Und
wir sehen eben immer wieder, wenn auch Arbeitsmediziner zum Beispiel den Mut
haben bestimmte Dinge im Betrieb zu kreieren und Menschen zu begleiten, (..) zum
Beispiel auch bei Psychosen, (..) dann können die Menschen trotzdem im
Arbeitsleben bleiben. So ist es eben. Ich glaube manchmal fehlt so der Mut, gerade
bei psychischen Erkrankungen, (..) Menschen weiter im Arbeitsleben zu belassen.
Also bei Psychosen oder Depressionen oder so etwas. Weil da wissen wir noch zu
wenig. Ich würde mir wünschen, dass durch dieses Ausprobieren wir immer mehr
Erfahrungen machen und diese (..) guten Beispiele, die wir dann haben auch
weitergeben, damit mehr Menschen Mut bekommen, so etwas auszuprobieren und
nicht die Menschen einfach dann in die Erwerbsrente zu schicken. (…) Weil da
werden sie nämlich noch kränker.
Zitat (S. 13, Zeile 406):
„Und in kleineren Betrieben würde ich das über Tarifverträge machen, wo in den
Tarifverträgen
auch
bestimmte
Instrumente
verankert
werden,
um
eine
gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzuführen.“
I: Welche Möglichkeiten sehen Sie sonst noch, um Betriebe dazu zu bewegen hier
Maßnahmen zu setzen? Sei es jetzt in großen oder auch in kleineren Betrieben,
generell hier (..) Anreize zu schaffen oder in den Betrieben die Erkenntnis zu
schaffen, das hier etwas zu tun wäre?
B: Also (..) Strukturen legen ist ganz etwas Wesentliches dabei. Das heißt bei
Betrieben mit Betriebs- und Personalräten würde ich (…) Betriebsvereinbarungen
einsetzen, (..) die das genau beschreiben, wie ich praktisch die Arbeit
gesundheitsgerecht für alle gestalten kann. ► Und in kleineren Betrieben würde ich
das über Tarifverträge machen, wo in den Tarifverträgen auch bestimmte
Instrumente verankert werden, um eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung
einzuführen.
I: In den Tarifverträgen wäre das dann etwas was für die Betriebe verpflichtend ist?
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
B: Ja, das wäre dann verpflichtend. Also natürlich nur wenn die als Arbeitgeber auch
beim Arbeitgeberverband sind, das ist natürlich wieder die Schwierigkeit dabei.
Zitat (S. 14, Zeile 444):
„Dass man eben sagen muss, bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur
zehn Jahre jetzt machen oder Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man
das eben wirklich begrenzt von vornherein, dass man sagt, kann man nur eine
bestimmte Anzahl von Jahren machen und innerhalb dieser Jahre können das
Menschen bis 45 machen oder so. Und das man es wirklich begrenzt, weil das
eben besonders schwere Arbeit ist.“
B: Natürlich das ist nicht ausreichend, sondern da müssen wir noch mehr Lösungen
finden. Also gerade für die Bauberufe, denn bestimmte Berufe kann man einfach nur
bis zu einem bestimmten Alter ausüben und dann muss man einfach etwas anderes
machen. Also dieses Lebenslage Lernen, das ist, denke ich mir, ein ganz
wesentlicher Punkt, den man berücksichtigen muss. ► Dass man eben sagen muss,
bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur zehn Jahre jetzt machen oder
Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man das eben wirklich begrenzt von
vornherein, dass man sagt, kann man nur eine bestimmte Anzahl von Jahren
machen und innerhalb dieser Jahre können das Menschen bis 45 machen oder so.
Und das man es wirklich begrenzt, weil das eben besonders schwere Arbeit ist.
I: Okay. Ja und dann habe ich noch so eine übergeordnete Frage, jetzt insgesamt:
was Sie für den wirkungsvollsten Anstoß erachten, um Betriebe dazu zu bewegen,
eine alternsgerechte Arbeitswelt zu schaffen? Sehen Sie da eher so gesetzliche
Verpflichtungen
und
Kontrollmaßnahmen
als
wirkungsvoll
an
oder
die
Beratungsangebote, Sensibilisierungskampagnen, so in diese Richtung? Eher, wenn
ich es jetzt zusammenfassen kann, positive oder negative Anreize?
B: Also ich würde zum Beispiel mir wünschen, dass es zu einem bestimmten
Qualitätsstandard gehört. Dass man sich sozusagen mit einem bestimmten Zertifikat
ausweisen kann, dass man eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung durchführt, zum
Beispiel.
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211
Kernkompetenzbereich Gesundheit
Zitate zu Interview 10
Zitat (S. 1, Zeile 12):
„[…] dass wir aber auch schon proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch
Vorabüberlegungen versuchen, was kann man denn schon einmal proaktiv
entwickeln, entweder aus eigenen Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die
Unternehmen oder auch die Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu
machen.“
I: Inwieweit ist denn die Thematik ältere Arbeitnehmer bei Ihrer konkreten Tätigkeit
ein Thema, also inwieweit spielt denn das eine Rolle bei Ihnen?
B: Also das ist auf unterschiedlicher Art und Weise. Also zum Einen bekommen wir ja
auch als Verband von den einzelnen Betriebskrankenkassen aber auch von weiteren
Partnern so Bedarf zurückgemeldet, dass schon gesehen wird in einzelnen
Betrieben, wenn die einmal eine Altersstrukturanalyse machen, dass die sehen, dass
die teilweise doch eine sehr, sehr hohen Altersdurchschnitt haben. Und dann, wenn
die sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigen, dann ja, überlegen was können
sie überhaupt machen, was gibt es an Instrumenten, was gibt es an Maßnahmen, die
man da einsetzen kann. Das ist so unsere ja Dienstleistungsfunktion mehr oder
weniger. Ist, das was wir haben. Und das zweite ist, ► dass wir aber auch schon
proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch Vorabüberlegungen versuchen,
was kann man denn schon einmal proaktiv entwickeln, entweder aus eigenen
Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die Unternehmen oder auch die
Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu machen. Also ein konkretes Beispiel ist,
dass wir, wir haben einmal in einer Befragung das Thema Zusammenarbeit in Teams
untersucht und haben da herausbekommen, dass es sehr, (.) ja das es ein Thema
der altersgerechten Führung und alternsgerechten, muss ich sagen, Führung, dass
es da bisher ja Defizite gibt und daraufhin haben wir jetzt die Entwicklung eines
Seminars zur alternsgerechten und gesundheitsgerechten Führung entwickelt. Also
das sind so die beiden Hauptfokusse.
Zitat (S. 2, Zeile 58):
Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen
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Kernkompetenzbereich Gesundheit
„Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches
Eingliederungsmanagement
in
so
ein
umfassenderes
Betriebsgesundheitsmanagement einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze
miteinander also parallel nebeneinander laufen lassen.“
I: Gut dann zur dritten Frage, das Betriebliche Eingliederungsmanagement. Wo
sehen Sie da Verbesserungspunkte, weil es ja doch immer wieder auch kritische
Stimmen gibt, vor allem weil die Umsetzung jetzt gerade in Kleinbetrieben nicht so
ist, wie man sich es wünschen würde. Sehen Sie da Punkte, wo Sie sagen würden
da und da sollte das verbessert werden?
► B: Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches
Eingliederungsmanagement
in
so
ein
umfassenderes
Betriebsgesundheitsmanagement einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze
miteinander also parallel nebeneinander laufen lassen, weil über die Herstellung der
Gesundheit oder der Förderung der Gesundheit und auch alles was damit
zusammenhängt auch Unternehmenskultur, Vertrauen das im Unternehmen ist, einer
guten Kommunikation, kann man schon sehr viele Schwierigkeiten die bei der
Umsetzung des Betrieblichen Eingliederungsmanagement ist, schon vorab klären
beziehungsweise reduzieren. Es ist natürlich, (.) weiß nicht wie es in Österreich
geregelt ist, aber es sind ja zwei unterschiedliche Sozialgesetze. Das ist natürlich
schon einmal sehr schwierig die Schnittstellen zwischen diesen einzelnen Bereichen
herzustellen. Für die Unternehmen selbst, glaube ich, dass der Prozess noch
transparenter gemacht werden muss, sowohl für die Beschäftigten, als auch für die
Führungskräfte also auch Schulungen für die unterschiedlichen Gruppen um einfach
auch diese Angst die damit verbunden ist, das könnte jetzt genutzt werden zum
Beispiel um mich zu entlassen, also ein Kündigungsgrund, was ja auch (..) zwar nicht
direkt sein darf, also das sieht das ja nicht vor beziehungsweise das schließt das ja
aus. Aber wenn das jetzt so ein individueller Ansatz ist und man da seinen (.)
Vorgesetzten gegenübersitzt oder auch dem Betriebsrat, dann ist das schon eine
kritische Situation. Also und für so etwas sind die meisten Beschäftigten auch und
auch die Führungskräfte überhaupt gar nicht vorbereitet darauf.
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