Der gesunde Arbeitsplatz für ältere Arbeitnehmer
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Der gesunde Arbeitsplatz für ältere Arbeitnehmer
Fachhochschulstudiengänge Burgenland Ges.m.bH. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen Der gesunde Arbeitsplatz für ältere Arbeitnehmer – Strategien von Politik und Betrieben in Österreich und Deutschland Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master für wirtschaftswissenschaftliche Berufe Management im Gesundheitswesen Betreuer: Hon. Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, MBA Eingereicht von: Petra Story Personenkennzeichen: 1010269001 Datum: 23. Juli 2012 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen Kernkompetenzbereich Gesundheit Ehrenwörtliche Erklärung „Ich erkläre hiermit, dass ich die Masterarbeit selbständig verfasst habe. Die von mir verwendeten Hilfsmittel habe ich angegeben, Zitate kenntlich gemacht.“ Wien, 23. Juli 2012 _________________ Ort, Datum _________________________ Unterschrift (Petra Story) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen I Kernkompetenzbereich Gesundheit Danksagung Die Unterstützung einiger Personen hat zum Gelingen dieser Arbeit wesentlich beigetragen. Ich möchte mich bei folgenden Personen bedanken: Zuerst möchte ich mich bei meinem Masterarbeit-Betreuer Herrn Hon. Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, MBA bedanken, der mir vom ersten Konzeptentwurf bis zum Abschluss unterstützend zur Seite stand. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Interviewpartnern in Österreich und Deutschland, die mir ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Ohne ihr Wissen und ihre Erfahrungen wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Abschließend möchte ich einigen Personen aus meiner Familie und meinem Freundeskreis danken. Christian, der mich mit seinen aufmunternden Worten und seiner Unterstützung in allen Phasen des Studiums bestärkt hat. Meiner Familie möchte ich Dank für die emotionale Unterstützung aussprechen, sowie Sabine, Karina und Conny für ihre Hilfe beim Korrekturlesen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen II Kernkompetenzbereich Gesundheit Kurzfassung Die demografische Entwicklung erfordert eine stetige Verlängerung des Erwerbslebens und führt im Durchschnitt zu einem „Älterwerden“ der Arbeitnehmer. Maßnahmen für Altersgruppen den über Erhalt das der Arbeitsfähigkeit gesamte Erwerbsleben von Arbeitnehmern hinweg aller (alternsgerechte Arbeitsgestaltung) sowie Aktivitäten speziell für ältere Arbeitnehmer (altersgerechte Arbeitsgestaltung) sind aus diesem Grund von besonderer Bedeutung. Ziel der vorliegenden Arbeit ist der Vergleich der österreichischen und deutschen Strategien zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie das Ermitteln und Aufzeigen von politischem und betrieblichem Handlungsbedarf. Mittels Literaturrecherche wurden die derzeitigen Strategien Österreichs und Deutschlands dargestellt und verglichen. Für die Bewertung dieser Strategien und die Ermittlung von Änderungsbedarf wurden qualitative Experteninterviews durchgeführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Als wesentlich haben sich Maßnahmen in den Bereichen Arbeitnehmerschutz, „fit2work“, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Rehabilitation, Betriebliche Gesundheitsförderung, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche Initiativen erwiesen. In allen Bereichen konnte politischer, institutioneller oder betrieblicher Änderungsbedarf aufgezeigt werden. In Klein- und Mittelbetrieben ist der größte Aufholbedarf gegeben, sie benötigen besondere Unterstützung durch die Politik bzw. die Institutionen. In Österreich und Deutschland besteht für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit weitreichender Änderungsbedarf für Politik und Betriebe. Einzelne Anreize zur Motivation von Betrieben Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeit zu setzten, sind nicht ausreichend. Ein Gesamtkonzept mit Beteiligung aller Politikbereiche und einer Mischung aus zahlreichen gut zusammenspielenden Anreizen ist dringend geboten. Schlüsselwörter: Arbeitsfähigkeit, alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, „fit2work“, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Arbeitnehmerschutz, Rehabilitation Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen III Kernkompetenzbereich Gesundheit Abstract The current demographic trend is forcing a continuous extension of working life and leading to an overall "ageing" of employees. Measures designed to maintain the working ability of employees of all age groups across their complete working lifetimes (ageing-appropriate labour organization) as well as activities specifically for older workers (age-appropriate labour organization) are therefore of particular importance. The aim of this study is to compare Austrian and German strategies for maintaining the working ability and to determine and point out the need for political and operational action. Based on a literature review, the current policies of Austria and Germany are presented and compared here. To evaluate these strategies and determine the need for change, qualitative expert interviews were conducted and analyzed using qualitative content analysis. Essential measures proved to be in the areas of occupational health and safety, “fit2work”, operational reintegration management, rehabilitation, workplace health promotion, partial retirement, age(ing)-appropriate labour organization, and interplant initiatives. This study identifies a need for political, institutional or operational change in all these areas. In particular, small and medium-sized companies are behind in this area and require special political and institutional support. The findings indicate an extensive need for political and operational improvement of working ability in Austria and Germany. Individual incentives to motivate companies for measures in age(ing)-appropriate labour are not sufficient. An overall approach that involves all policy areas and a mixture of numerous complementary incentives is urgently needed. Keywords: working ability, age(ing)-appropriate labour organization, „fit2work‟, operational reintegration management, occupational health and safety, rehabilitation Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen IV Kernkompetenzbereich Gesundheit INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG ..................................................................... 1 1.1 PROBLEMSTELLUNG................................................................................................................1 1.2 ZIELSETZUNG UND FRAGESTELLUNG ........................................................................................2 1.3 AUFBAU UND METHODIK ..........................................................................................................3 2 GRUNDLAGEN .................................................................. 5 2.1 DEFINITION „ÄLTERE ARBEITNEHMER“ ......................................................................................5 2.2 AUSWIRKUNGEN DES DEMOGRAFISCHEN W ANDELS AUF DIE ARBEITSWELT ...................................5 2.3 BESCHÄFTIGUNGSSITUATION ÄLTERER .....................................................................................8 2.3.1 Arbeitsmarktdaten Älterer in Österreich ..........................................................................8 2.3.2 Arbeitsmarktdaten Älterer in Deutschland .......................................................................9 2.3.3 Pensionssystem in Österreich ...................................................................................... 10 2.3.4 Pensionssystem in Deutschland ................................................................................... 13 2.4 BEST PRACTICE BEISPIELE ANDERER LÄNDER ......................................................................... 15 2.5 BETRIEBSGRÖßEN UND BRANCHENSTRUKTUR IN ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND ..................... 17 2.6 KRANKHEITSGESCHEHEN UND INVALIDITÄT .............................................................................. 20 2.7 FÄHIGKEITSKONZEPTE .......................................................................................................... 23 2.7.1 Leistungsfähigkeit ........................................................................................................ 23 2.7.2 Arbeitsfähigkeit ............................................................................................................ 25 2.7.3 Beschäftigungsfähigkeit ............................................................................................... 26 2.8 KONZEPT DES ALTER(N)SMANAGEMENT IN BETRIEBEN ............................................................. 26 2.9 EINSCHÄTZUNG DER ARBEITSFÄHIGKEIT ................................................................................. 31 2.10 ZWISCHENFAZIT ................................................................................................................... 33 3 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN ÖSTERREICH ...................................................................35 3.1 ARBEITNEHMERSCHUTZ ........................................................................................................ 35 3.2 ARBEIT-UND-GESUNDHEIT-GESETZ (AGG) – „FIT2WORK“......................................................... 37 3.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung ............................................................................... 41 3.2.2 Bewertung von „fit2work“ .............................................................................................. 42 3.3 REHABILITATION ................................................................................................................... 44 3.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen ........................................................................ 46 3.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen .................................................................. 47 3.4 BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG (BGF) .................................................................... 48 3.4.1 Nutzen von BGF .......................................................................................................... 50 3.4.2 Bewertung der BGF-Maßnahmen ................................................................................. 50 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen V Kernkompetenzbereich Gesundheit 3.5 ALTERSTEILZEIT ................................................................................................................... 50 3.5.1 Bewertung der Altersteilzeit .......................................................................................... 52 3.6 ALTER(N)SGERECHTE ARBEITSORGANISATION ......................................................................... 52 3.7 ÜBERBETRIEBLICHE INITIATIVEN ............................................................................................. 53 4 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN DEUTSCHLAND ...............................................................57 4.1 ARBEITNEHMERSCHUTZ ........................................................................................................ 57 4.2 BETRIEBLICHES EINGLIEDERUNGSMANAGEMENT (BEM) ........................................................... 60 4.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung des BEM ................................................................ 62 4.2.2 Bewertung des BEM .................................................................................................... 63 4.3 REHABILITATION ................................................................................................................... 65 4.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen ........................................................................ 66 4.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen .................................................................. 67 4.4 BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG (BGF) .................................................................... 67 4.4.1 4.5 Bewertung der BGF-Maßnahmen ................................................................................. 68 ALTERSTEILZEIT ................................................................................................................... 69 4.5.1 Bewertung der Altersteilzeit .......................................................................................... 70 4.6 ALTER(N)SGERECHTE ARBEITSORGANISATION ......................................................................... 70 4.7 ÜBERBETRIEBLICHE INITIATIVEN ............................................................................................. 72 5 VERGLEICH DER ÖSTERREICHISCHEN UND DEUTSCHEN STRATEGIEN ............................................76 6 BEWERTUNG DER ÖSTERREICHISCHEN UND DEUTSCHEN STRATEGIEN ............................................81 6.1 DARSTELLUNG DER METHODIK............................................................................................... 81 6.1.1 Teilstandardisierte Experteninterviews ......................................................................... 81 6.1.2 Interviewleitfaden ......................................................................................................... 82 6.1.3 Auswahl der Experten .................................................................................................. 83 6.1.4 Durchführung der Interviews......................................................................................... 85 6.1.5 Interviewauswertung .................................................................................................... 85 6.2 DARSTELLUNG UND INTERPRETATION DER EXPERTENINTERVIEWS IN ÖSTERREICH ...................... 86 6.2.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel............. 86 6.2.2 Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz ..................................................................... 87 6.2.2.1 Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ...................................................... 87 6.2.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene .................................................................................. 87 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen VI Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.2.3 Bewertung von „fit2work“ .............................................................................................. 89 6.2.3.1 Betriebsberatung ............................................................................................................. 89 6.2.3.2 Personenberatung ........................................................................................................... 90 6.2.3.3 Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung ................................................... 91 6.2.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen .......................................................... 92 6.2.3.5 Vernetzung ..................................................................................................................... 92 6.2.3.6 Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit ...................................................... 93 6.2.4 Vergleich „fit2work“ und BEM ....................................................................................... 94 6.2.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation .................................................................... 95 6.2.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen ............................................................. 97 6.2.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung ................................................................................. 97 6.2.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung .................................................................................. 98 6.2.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben .................................................................. 98 6.2.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten ....................... 100 6.2.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben ................................ 102 6.2.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe ................................................................ 104 6.3 DARSTELLUNG UND INTERPRETATION DER EXPERTENINTERVIEWS IN DEUTSCHLAND ................. 105 6.3.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel ........... 105 6.3.2 Änderungsbedarf im Arbeitsschutz ............................................................................. 106 6.3.2.1 Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz ....................................................................... 106 6.3.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene ................................................................................ 106 6.3.3 Bewertung des BEM .................................................................................................. 108 6.3.3.1 Änderungsbedarf ........................................................................................................... 108 6.3.3.2 Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit .......................................................... 110 6.3.4 Vergleich BEM und „fit2work“ ..................................................................................... 111 6.3.4.1 Tipps für „fit2work“ ......................................................................................................... 112 6.3.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation .................................................................. 113 6.3.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen ........................................................... 114 6.3.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung ............................................................................... 114 6.3.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung ................................................................................ 115 6.3.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben ................................................................ 116 6.3.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten ....................... 117 6.3.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben ................................ 119 6.3.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe ................................................................ 120 7 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND AUSBLICK......................................................................122 7.1 ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................................................... 122 7.2 DISKUSSION DER ERGEBNISSE ............................................................................................. 131 7.3 AUSBLICK .......................................................................................................................... 132 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen VII Kernkompetenzbereich Gesundheit 8 VERZEICHNISSE ...........................................................134 8.1 LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................................................... 134 8.2 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................................... 152 8.3 TABELLENVERZEICHNIS ....................................................................................................... 153 8.4 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .................................................................................................. 154 ANHANG .............................................................................. 156 A.1 ANSCHREIBEN ...................................................................................................................... 156 A.2 INTERVIEWLEITFADEN ............................................................................................................ 157 A.3 KATEGORIENSCHEMA ............................................................................................................ 161 A.4 TEILTRANSKRIPTIONEN .......................................................................................................... 163 Personenbezogene Bezeichnungen beziehen sich auf Frauen und Männer gleichermaßen – der Einfachheit halber wurde in der vorliegenden Arbeit durchgehend die männliche Form gewählt. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen VIII Kernkompetenzbereich Gesundheit 1 EINLEITUNG 1.1 Problemstellung Die demographische Entwicklung der europäischen Bevölkerung und die damit einhergehenden Herausforderungen für den Arbeitsmarkt sind ein EU-weit aktuelles Thema. Mit der 2010 eingeleiteten Initiative „Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ der Europäischen Kommission, die das Ziel verfolgt eine Beschäftigungsquote von 75% unter den Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren zu erreichen, wird dieser Entwicklung Rechnung getragen (Europäische Kommission, 2010, www). Weiters wurde das Jahr 2012 von der Europäischen Kommission zum „Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ ausgerufen. Dadurch soll unter anderem mittels Pilotprojekten zu besseren Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für ältere Menschen in Europa beigetragen werden (Europäische Kommission, 2011, www). Die Daten der Statistik Austria (2011, www) zeigen deutlich, dass in Österreich noch großer Handlungsbedarf in der Beschäftigungspolitik Älterer besteht: das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter liegt derzeit in Österreich für Frauen bei 57,1 Jahren und für Männer bei 59,1 Jahren. „Obwohl die Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen in Österreich insgesamt mit 75,3% über dem europäischen Durchschnitt liegt (EU-27 71% in 2009), sind in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen nur noch 42,1% am Arbeitsmarkt aktiv“ (Leoni, 2011, S. 59). Zielvorgabe der österreichischen Sozialpartner ist eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters in den nächsten 10 Jahren um 2 Jahre (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 3). Die Erwerbstätigenquote älterer deutscher Arbeitnehmer (55 bis 64 Jahre) ist jedoch mit 57,7% (65% Männer, 50,5% Frauen) wesentlich höher als in Österreich (Eurostat, 2012, www). Die demografische Entwicklung und die daher erforderliche Verlängerung des Erwerbslebens führen zu einem „Älterwerden“ der Arbeitnehmer. In Folge müssen sich sowohl Politik als auch Betriebe mit der Thematik des älteren Arbeitnehmers auseinandersetzen. Die Zahlen der Pensions- und Fehlzeitenstatistik lassen allerdings auf erheblichen Handlungsbedarf schließen. Laut aktuellem Fehlzeitenreport des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung, der sich auf die Daten aus dem Jahr 2009 bezieht, erfolgten in diesem Jahr 31,3% aller neuzuerkannten Direktpensionen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 1 Kernkompetenzbereich Gesundheit auf Grund von Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit. Vor allem männliche Arbeiter machten mit 53,5% in dieser Gruppe einen hohen Anteil aus (Leoni, 2011, S. 60). Das Durchschnittsalter der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionisten1 liegt bei 50,1 Jahren (Frauen) sowie 53,5 Jahren (Männer) (Statistik Austria, 2011a, www). Aus diesen alarmierenden Zahlen ergibt sich die Notwendigkeit, gegen Invalidität zielführende Strategien zu entwickeln und stetig zu verfolgen. Die Dringlichkeit von Handlungsmaßnahmen hierzu wurden von den Sozialpartnern im Bad Ischler Dialog 2011 diskutiert (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 3–10). 1.2 Zielsetzung und Fragestellung Auf Grund der soeben beschriebenen Problematik ist es interessant, die von Politik und Betrieben unternommenen Strategien zur Erhaltung der Gesundheit und Vermeidung von Invalidität der Arbeitnehmer zu betrachten. Zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit tragen mehrere Faktoren bei. In dieser Arbeit sollen jedoch nur jene Maßnahmen betrachtet werden, die Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit haben. Denn wenn die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer gefördert werden soll, müssen Erkenntnisse über Krankheit, Gesundheit und deren Einflussfaktoren in die Sozialpolitik mit einbezogen werden (Alavinia & Burdorf, 2008, S. 41–42). Im Fokus der Betrachtung liegt zwar der ältere Arbeitnehmer, jedoch ist es nicht immer sinnvoll und möglich Maßnahmen für spezifische Altersgruppen anzubieten bzw. zu betrachten. Daher werden sowohl Aktivitäten für altersgerechte als auch alternsgerechte Arbeitsgestaltung untersucht. Es soll ein Vergleich dieser Strategien zwischen Österreich und Deutschland angestellt werden. Eine Gegenüberstellung der beiden Länder ist auf Grund der ähnlichen sozialpolitischen Strukturen interessant. In beiden Ländern ist das Bismarck-System der Sozialversicherung zu finden, das durch Sozialabgaben finanziert wird (Rohwer, 2008, S. 26). Österreich und Deutschland weisen einen „starken Sozialversicherungsstaat mit nur schwach ausgeprägten staatlichen sozialen Dienstleistungen“ auf (Jochem, 2009, S. 178). Interessanterweise sind einzelne von Deutschland durchgeführte Reformmaßnahmen mit etwas Zeitverzögerung oftmals auch in Öster- 1 Der Begriff Invalidität wird für Arbeiter, Berufsunfähigkeit für Angestellte verwendet. Zur besseren Lesbarkeit wird im Folgenden für beide Begriffe die Bezeichnung Invalidität verwendet. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 2 Kernkompetenzbereich Gesundheit reich zu finden (Jochem, 2009, S. 178). Auch auf Grund der zahlreichen wirtschaftlichen Beziehungen ist ein Vergleich der beiden Länder nützlich. Eine Gegenüberstellung ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass in Deutschland bereits seit dem Jahr 2004 die Pflicht für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) bei Langzeitkrankenständen besteht. Österreich hat im Jahr 2011 mit „fit2work“ eine ähnliche Strategie in Gang gesetzt. Inwieweit Österreichs und Deutschlands Betriebe bereits Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung umsetzen ist ein weiterer Betrachtungspunkt dieser Arbeit. Ziel ist eine kritische Analyse der von Politik und Betrieben in Österreich und Deutschland verfolgten Strategien, um gegebenenfalls Änderungsbedarf aufzuzeigen. Zudem soll festgestellt werden, welche Anreize erforderlich sind, dass eine alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation in Betrieben umgesetzt wird. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen: 1. Welche Strategien werden von Politik und Betrieben in Österreich und Deutschland verfolgt, um ältere Arbeitnehmer gesund zu beschäftigen? 2. Besteht hinsichtlich der gewählten Strategien Änderungsbedarf? 3. Welche Anreize führen dazu, dass Betriebe Maßnahmen für gesunde Mitarbeiter umsetzen? 1.3 Aufbau und Methodik Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: die soeben vorgenommene Einleitung, den fünf Kapitel umfassenden Hauptteil sowie den zusammenfassenden Schluss. Der Hauptteil basiert auf einer ausführlichen Literaturrecherche und wird durch eine qualitative empirische Untersuchung ergänzt. In Kapitel 2 werden zunächst alle wesentlichen Grundlagen und Begriffe erläutert. Als wesentlich erscheinen dabei zunächst die Definition des „älteren Arbeitnehmers“, die Auswirkungen des demografischen Wandels, die derzeitige Beschäftigungssituation Älterer in Österreich und Deutschland, Best Practice Beispiele anderer Länder, die Betriebsgrößen und Branchenstruktur in Österreich und Deutschland, der Zusammenhang von Krankheitsgeschehen und Invalidität, die Unterscheidung der Fähigkeitskonzepte, das Konzept des Alter(n)smanagement sowie die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit. Am Ende dieses Abschnittes wird ein Zwischenfazit gezogen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 3 Kernkompetenzbereich Gesundheit Die Kapitel 3 und 4 beinhalten die Darstellung der politischen und betrieblichen Strategien Österreichs und Deutschlands. Dabei werden Maßnahmen in den Bereichen Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche Initiativen näher betrachtet. Darauffolgend wird in Kapitel 5 ein Vergleich der dargestellten Strategien Österreichs und Deutschlands vorgenommen. Unterschiede und Ähnlichkeiten der beiden Länder sollen identifiziert werden. Kapitel 6 hat die Bewertung der dargestellten Maßnahmen sowie das Erheben von Änderungsbedarf zum Ziel. Dazu werden qualitative Experteninterviews durchgeführt. Es soll die subjektive Sichtweise der unterschiedlichen Experten bezüglich der politischen und betrieblichen Strategien ermittelt werden. Durch diese Vorgehensweise können vielfältigere Erkenntnisse, Meinungen sowie Erfahrungen der Befragten erfasst werden. Zu Beginn des Kapitels erfolgt die Erläuterung der methodischen Vorgehensweise. Darauffolgend werden die Ergebnisse präsentiert und interpretiert. Der Abschluss dieser Arbeit wird mit Kapitel 7 vorgenommen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse sowie die Beantwortung der Forschungsfragen werden hier vorgenommen. Die Ergebnisse werden anschließend kritisch diskutiert und ein Ausblick wird vorgenommen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 4 Kernkompetenzbereich Gesundheit 2 GRUNDLAGEN In diesen einführenden Kapiteln werden die zugrundeliegenden Begriffe und Daten für die Betrachtung des Themas ältere Arbeitnehmer und Erhalt der Arbeitsfähigkeit dargestellt. 2.1 Definition „Ältere Arbeitnehmer“ Die Frage, ab welchem Lebensalter Menschen als „alt“ oder „älter“ zu bezeichnen sind, wird in der Literatur auf Grund verschiedener Sichtweisen kontrovers diskutiert. So existieren beispielsweise chronologische, biologische, soziale oder psychologische Definitionen für das Alter. Die sozialpolitische Definition älterer Mitarbeiter ist bei dieser Arbeit die naheliegendste – hier „werden soziale Risiken betrachtet, die den Anlass für sozialpolitisches Handeln geben. Zu diesen Risikobereichen zählen das Qualifikations-, das Krankheits-, das Arbeitslosigkeits- sowie das Pensionierungsrisiko (unfreiwillig oder vorzeitig)“ (Krüger, 2006, S. 20). Jedoch liegt auch innerhalb der sozialpolitischen Betrachtungsweise keine einheitliche Altersgrenze vor. Für den „älteren Arbeitnehmer“ wird daher in der vorliegenden Arbeit keine bestimmte Altersgrenze gewählt. 2.2 Auswirkungen des Demografischen Wandels auf die Arbeitswelt Die demografische Entwicklung hat auf alle Bereiche der Gesellschaft Einfluss. Im Rahmen dieser Arbeit wird jedoch der Fokus auf die Auswirkungen in der Arbeitswelt gelegt. Bei Vorhersagen der demografischen Entwicklung handelt es sich auf Grund vieler Unsicherheiten und Einflussgrößen nur um bedingte Prognosen. Dies ist eine Einschränkung mit der bewusst umgegangen werden muss. Nichts desto trotz sind Prognosen, wie beispielsweise jene über das zukünftige Arbeitskräfteangebot, für wichtige politische, aber auch betriebliche, Entscheidungen erforderlich (Helmrich & Zika, 2010, S. 13–14). Der Arbeitsmarkt wird in Zukunft von zwei Trends betroffen sein: insgesamt werden weniger Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen und im Durchschnitt werden die Arbeitnehmer älter sein. Obwohl die Bevölkerung im arbeits- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 5 Kernkompetenzbereich Gesundheit fähigen Alter mit dem Jahr 2010 begonnen hat abzunehmen, wird die Gesamtzahl der Beschäftigen in der EU bis 2017 auf Grund höherer Beschäftigungsquoten der Frauen zunächst zunehmen. Es wird jedoch erwartet, dass sich die Gesamtzahl der Beschäftigten zwischen 2010 und 2050 insgesamt um 30 Millionen verringert (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 5–6). Der dadurch steigende Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften stellt eine Chance für Arbeitslose dar, jedoch besteht für Unternehmen in gewissen Branchen die Gefahr, ihren Bedarf an qualifizierten Fachkräften nicht decken zu können (Helmrich & Zika, 2010, S. 15). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Deutschlands (BMFSFJ) berichtet von 70% der deutschen Unternehmen, die bereits heute Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden. Eine Prognose zeigt, dass bis zum Jahr 2030 eine Arbeitskräftelücke von 5,5 Millionen Personen zu befürchten ist. Es wird daher umso mehr eingefordert, ältere Beschäftigte weiterzubilden und in Beschäftigung zu halten, um diesem Trend entgegenzuwirken (BMFSFJ, 2011, S. 2). Allerdings, nicht jede Form von Fachkräftemangel muss ihre Ursache im demografischen Wandel haben. So kann es sich beispielsweise auch um eine lokale Knappheit an Auszubildenden oder um die spezifische Position eines Unternehmens handeln, warum ein Betrieb seine Stellen nicht mit Arbeitskräften einer bestimmten Qualifikation besetzen kann. Anstatt sich untätig über den demografischen Wandel zu beklagen, sollten sich jene Unternehmen um eine Verbesserung der eigenen Position auf dem Lehrstellenmarkt oder um Arbeitskräfte mit hohen Beschäftigungsreserven, wie Ältere und Frauen, oder Auszubildende aus Regionen mit Lehrstellenmangel bemühen. Ob angesichts der Arbeitslosenzahlen nicht eher von einem Arbeitskräfteüberschuss, als von einem Arbeitskräftemangel die Rede sein kann, wird ebenso diskutiert (Buck, Kistler & Mendius, 2002, S. 23–24). Dieser Aspekt kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter ausgeführt werden. Der zweite Trend, nämlich das „Älterwerden“ der erwerbsfähigen Personen wird in den Prognosen folgendermaßen dargestellt: der Anteil der älteren Arbeitnehmer (55 bis 64 Jahre) an den gesamten Arbeitskräften wird bis 2060 um 40% auf 18,7% in den EU-27 Ländern steigen, wobei der Anstieg bezogen auf das Alter bei den Frauen generell höher ist. In Deutschland zeigen die Prognosen eine Zunahme von 14,5% (2010) auf 18,9% (2060), in Österreich wird ein Anstieg von 11,6% (2010) auf 21,4% (2060) erfolgen. Das bedeutet, dass im Jahr 2060 der Anteil der älteren Dienstnehmer in Österreich höher sein wird, als jener in Deutschland (European Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 6 Kernkompetenzbereich Gesundheit Commission, 2011, S. 106–107). Die Altersstruktur der Erwerbstätigen in Österreich veränderte sich vor allem im vergangenen Jahrzehnt auf Grund der demographischen Entwicklung: Unter 30-Jährige machen nur noch 23,8% der Erwerbstätigen aus, wohingegen die Altersgruppe der 40- bis 49-jährigen Erwerbstätigen auf 29,6% angewachsen ist und über 50-jährige Erwerbstätige bereits 23,4% ausmachen (Fasching, Knittler, Moser & Stadler, 2011, S. 50). Die „Alterung“ der Erwerbsbevölkerung kommt auch durch den späteren Eintritt ins Berufsleben zustande (veränderte Lebensarbeitszeit). So hat in Deutschland bereits zwischen 1993 und 1998 ein deutlicher Anstieg der Über 55-jährigen Erwerbstätigen um 21%, bei gleichzeitiger Abnahme der Erwerbstätigen um etwa 1,5% stattgefunden. Das heißt die Verschiebung der Alterszusammensetzung ist längst in den Betrieben angekommen, ohne dass ein Verlust an Innovationskraft oder Wettbewerbsfähigkeit stattgefunden hätte (Buck et al., 2002, S. 24–25). Die zukünftige Entwicklung der Erwerbspersonen ist jedoch wesentlich durch nationale gesetzliche Veränderungen beeinflussbar. So spielen die Anpassung des Rentenalters, die Gestaltung der Altersteilzeit sowie Bedingungen für Erwerbsminderungsrenten eine große Rolle (Drosdowski, Wolter, Helmrich & Maier, 2010, S. 139). Auf Grund der bisher dargestellten demografischen Entwicklung, das heißt einer älteren Bevölkerung, ist es notwendig eine Steigerung der Beschäftigung älterer Männer und Frauen über 55 Jahre hinaus zu erreichen. Dazu sind allerdings weitreichende Reformen durchzuführen, die einerseits Anreize für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben beseitigen und andererseits auch mittels entsprechender Arbeitsmarktpolitik dafür sorgen, dass ein längeres Arbeitsleben tatsächlich möglich ist und Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer bestehen (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 10). Umfassende Konzepte wie jenes des „aktiven Alterns“ befassen sich mit diesen Begleitmaßnahmen zu den Pensionsreformen, die eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit zur Folge haben. Dabei geht es um die Beseitigung von Vorurteilen gegenüber älteren Menschen, das Bewusstsein schaffen, dass Lebenslanges Lernen wichtig ist, die Gestaltung des Zugangs zu Lebenslangem Lernen, die Einrichtung von flexiblen Ruhestandssystemen sowie den Erhalt einer guten körperlichen und geistigen Gesundheit (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2006, S. 10). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 7 Kernkompetenzbereich Gesundheit 2.3 Beschäftigungssituation Älterer In den folgenden Kapiteln wird an Hand der Arbeitsmarktdaten dargestellt, inwieweit Ältere in Österreich und Deutschland derzeit in das Erwerbsleben integriert sind. Die Darstellung der Pensionssysteme dient dem Vergleich des regulären sowie frühzeitigen (krankheitsbedingten) Ausstiegs aus dem Erwerbsleben in den beiden Ländern. 2.3.1 Arbeitsmarktdaten Älterer in Österreich In Österreich betrug die Erwerbstätigenquote (Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung in der Altersgruppe 15 bis 64 Jahre) im Jahr 2010 71,7% (Männer: 77,1%, Frauen: 66,4%), im Vergleich zu 2000 ist dies ein Anstieg um 3,4 Prozentpunkte. Die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer mit 55 bis 64 Jahren ist zwar sowohl bei Männern (51,6%), als auch bei Frauen (33,7%) ebenso im Zunehmen, ist jedoch mit 42,4% im Vergleich zum EU Durchschnitt (46,3%) noch immer relativ niedrig (s. Abbildung 1) (Fasching et al., 2011, S. 47; 49). Abbildung 1: Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen in ausgewählten EU-Staaten, BMASK (2011b, S. 18) Im Jahr 2010 waren insgesamt 188.200 Österreicher arbeitslos, 14,6% (60,9% Männer und 39,1% Frauen) davon waren 50 Jahre und älter. Das entspricht einer Arbeitslosenquote in der Altersgruppe der Über 50-Jährigen von 2,8 (Fasching et al., 2011, S. 356). Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies einen leichten Rückgang von rund Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 8 Kernkompetenzbereich Gesundheit 0,2 Prozentpunkten dar. Mit Ausnahme des Jahres 2008 ist ein stetiger Rückgang der Arbeitslosigkeit Älterer zu beobachten, im Gegensatz zu den Daten für junge Personen (s. Abbildung 2). Abbildung 2: Arbeitslosenquoten im Zeitvergleich bei jungen und älteren Personen, Fasching et al. (2011, S. 70) 2.3.2 Arbeitsmarktdaten Älterer in Deutschland Eurostat berichtet für Deutschland von einer Gesamtbeschäftigtenquote der 15- bis 64-Jährigen im Jahr 2010 von 71,1% (76% Männer, 66,1% Frauen), Zahlen die jenen Österreichs sehr ähnlich sind. Damit sind beide Länder – Deutschland und Österreich – diesbezüglich besser als der EU-Durchschnitt mit 64,1% (Eurostat, 2012, www). Die Erwerbstätigenquote älterer deutscher Arbeitnehmer (55 bis 64 Jahre) ist jedoch mit 57,7% (65% Männer, 50,5% Frauen) wesentlich höher als in Österreich (42,4%). Vergleicht man deutsche Frauen und Männer jeweils mit ihren österreichischen Altersgenossen, so ergeben sich eklatante Unterschiede: die Erwerbstätigenquote deutscher Männer in dieser Altersgruppe liegt um 13,4 Prozentpunkte höher, jene der Frauen um 16,8 Prozentpunkte höher. Auch verglichen mit dem EU-27 Durchschnitt schneidet Deutschland sehr gut ab (die EU27-Erwerbstätigenquote älterer Männer beträgt 54,6%, die der Frauen 38,6%). Deutschland weist daher sowohl im Vergleich mit Österreich, als auch mit den Durchschnittszahlen der EU-27 sehr gute Beschäftigtendaten im Bezug auf ältere Arbeitnehmer auf (Eurostat, 2012, www). Die Arbeitslosenquote Deutschlands betrug im Jahr 2010 7,7%: (Männer 7,9%, Frauen 7,5%), jene älterer Arbeitnehmer (50 bis 64 Jahre) betrug 8,4%. Dies stellt Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 9 Kernkompetenzbereich Gesundheit eine leichte Zunahme im Vergleich zum Vorjahr von 0,2 Prozentpunkten dar. Im Jahr 2010 gab es zwar eine Zunahme der absoluten Zahlen älterer Arbeitsloser von 2%, jedoch ist der Anstieg an Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe höher. Dies ist vor allem auf das Auslaufen der vorruhestandsähnlichen Regelungen der Paragraphen 428 SGB III und 252 Abs. 8 SGB VI Ende 2007 zurückzuführen. Nunmehr sind jene Personen die vormals durch diese Regelung in den Vorruhestand gingen, zu den Erwerbstätigen zu zählen (BA, 2010a, S. 5; 10). Problematisch ist die Tatsache, dass insbesondere ältere Arbeitnehmer von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Ab dem 45. Lebensjahr steigt der Prozentsatz der Arbeitslosigkeit von 1 Jahr und länger rasant an (s. Abbildung 3). Die Wiedereingliederungschancen sind, vor allem wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen, Behinderungen oder auch geringere Qualifikation hinzukommen, eher gering und es besteht die Gefahr einer „innerlichen Pensionierung“ der Betroffenen (Buck et al., 2002, S. 30–33). Abbildung 3: Arbeitslose nach Alter und Dauer der Arbeitslosigkeit in Deutschland, Buck et al. (2002, S. 33) 2.3.3 Pensionssystem in Österreich Das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter der EU-27 Länder ist im Zeitraum 20012009 um 1,5 Jahre auf 61,4 Jahre angestiegen (Männer 61,8; Frauen 61,0) und befindet sich weiterhin im Steigen (European Commission, 2011, S. 86). In Österreich liegt das gesetzliche Pensionseintrittsalter für Frauen derzeit bei 60 und für Männer bei 65 Jahren. Ab dem Jahr 2024 wird jedoch das Regelpensionsalter für Frauen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 10 Kernkompetenzbereich Gesundheit jährlich um 6 Monate bis auf 65 Jahre im Jahr 2033 erhöht (Felderer, Czypionka, Hofer, Schuh & Weyerstraß, 2011, S. 31; Wipfel, 2011, S. 15). Zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen wie die Invaliditäts-, Korridor-, Schwerarbeits- und Langzeitversichertenpension senkten jedoch das durchschnittliche Pensionseintrittsalter im Jahr 2010 bei Männern auf 59,1 und bei Frauen auf 57,1 Jahre. Damit liegt das faktische Pensionsantrittsalter bei Männern und Frauen unter dem EU-27-Durchschnitt. Die Zahlen von 2010 zeigen auch einen Rückgang im Vergleich zu 1970 um 2,8 Jahre bei Männern und um 3,3 Jahren bei Frauen. Betrachtet man die Pensionsarten getrennt voneinander, so zeigt sich, dass Männer mit durchschnittlich 62,6 und Frauen mit 59,3 Jahren in Alterspension gehen. Das bedeutet, auch ungeachtet der Invaliditätspensionen wird im Durchschnitt das gesetzliche Pensionseintrittsalter bei Männern nicht und bei Frauen knapp nicht erreicht. Besorgniserregend ist allerdings die Entwicklung der Invaliditätspensionen (s. Kapitel 2.6): sie machen bereits rund ein Drittel der Neuzugänge der Pensionen aus und das durchschnittliche Antrittsalter liegt bei 53,5 Jahren (Männer) bzw. 50,1 Jahren (Frauen). Bei den Pensionsneuzugängen auf Grund von Invalidität sind psychiatrische Krankheiten die häufigste Ursache, gefolgt von Skelett-, Muskel- und Bindegewebserkrankungen sowie Erkrankungen des Kreislaufsystems (HVSVT, 2011, S. 91). Anspruch auf Invaliditätspension haben jene Versicherte in erlernten oder angelernten Berufen, die innerhalb der letzten 15 Jahre mindestens 7,5 Versicherungsjahre erworben haben und deren Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte eines gesunden Versicherten vermindert ist. Für diese Versicherten besteht ein Berufsschutz. Das bedeutet, wenn der Beruf auf Grund einer Krankheit nicht mehr ausgeübt werden kann, darf der Betroffene nur auf Tätigkeiten innerhalb seiner Berufsgruppe verwiesen werden. Dieser „Schutz“ besteht nicht für ungelernte Beschäftigte. Sind sie auf Grund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage ihrem bisherigen Beruf nachzukommen, können sie auf jede andere zumutbare Tätigkeit verwiesen werden. Invaliditätspension erhalten diese Versicherten erst dann, wenn sie nicht mehr imstande sind, durch eine solche zumutbare Beschäftigung zumindest die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das ein gesunder Versicherter durch diese Tätigkeit erzielen kann (PVA, 2012, S. 2–3). Eine weitere Regelung, der Tätigkeitsschutz, führte bisher für alle Arbeitnehmer (auch ohne Qualifizierung) zu einem Anspruch auf Invaliditätspension ab vollendeFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 11 Kernkompetenzbereich Gesundheit tem 57. Lebensjahr. Voraussetzung ist, dass ein Versicherter seine bisherige Tätigkeit, die er in den letzten 15 Jahren mindestens 10 Jahre durchgeführt hatte, nicht mehr ausüben kann. Der Anspruch auf diese Regelung wird bis 2017 stufenweise auf das 60. Lebensjahr erhöht (BMASK, 2012a, S. 7). Seit dem 1.1.2011 muss, wenn die berufliche Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann, zunächst ein Antrag auf Rehabilitation gestellt werden. Dadurch wird zunächst geprüft, ob eine berufliche oder medizinische Rehabilitation möglich ist. Dies ist nunmehr die einzige Möglichkeit Invaliditätspension zu beantragen und steht unter dem Motto „Rehabilitation vor Pension“. Ein Anspruch auf Invaliditätspension besteht daher nur in jenen Fällen, wo eine solche Rehabilitation nicht möglich, nicht zielführend oder ohne Erfolg geblieben ist. Eine Zuerkennung einer Invaliditätspension wird auf maximal 2 Jahre befristet und kann mittels Antrag verlängert werden (Wipfel, 2011, S. 12–13). Die unternommenen Pensionsreformen der vergangenen 20 Jahre, die vor allem eine Anhebung des faktischen Pensionseintrittsalters zum Ziel hatten, blieben relativ erfolglos. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bleibt seit Jahren relativ stabil bei 59 bzw. 57 Jahren (Felderer et al., 2011, S. 30–33). Außerdem untergraben lange Übergangszeiten und viele spezielle Regelungen, beispielsweise die Verlängerung der Inanspruchnahme von Frühpensionierung auf Grund langer Versicherungszeit, die Signale an die Bevölkerung betreffend der Wichtigkeit des längeren Erwerbslebens (European Commission, 2010, S. 112–115). Modellberechnung bringen zum Ausdruck, dass auch durch die aktuelle Pensionsreform (2011) bezüglich des effektiven Pensionsantrittsalters nur ein mäßiger Effekt zu erwarten ist, wobei selbst dieser nur durch die Anhebung des gesetzlichen Eintrittsalters von Frauen herbeigeführt wird. Es wird auch keine wesentliche Verbesserung hinsichtlich der Invaliditätspensionen zu erwarten sein. In Summe ist durch die Pensionsreform die nachhaltige Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems nicht gewährleistet. Daher wird vom IHS eine weitere Reform mit tiefgreifenden und raschen Umgestaltungen gefordert, die sich vor allem auf die Änderung der vorzeitigen Alterspension sowie der Invaliditätspension beziehen (Felderer et al., 2011, S. 30–36). Im Februar 2012 wurden von der Österreichischen Bundesregierung Konsolidierungsmaßnahmen im Pensionsbereich und der Arbeitsmarktpolitik beschlossen. Diese zielen auf eine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters sowie eine Stabilisierung der Ausgaben bei den Pensionen ab. Unter anderem wurde das PensionsFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 12 Kernkompetenzbereich Gesundheit konto eingeführt, das eine lebenslange Durchrechnung zur Ermittlung der Pensionshöhe sowie eine laufende Kontrollmöglichkeit für die Versicherten ermöglicht. Jedes über das Regelpensionsalter hinaus gearbeitete Jahr bringt dem Versicherten ca. 6% mehr Pension. Dies ist durch das Pensionskonto besser sichtbar und damit ein Anreiz länger zu arbeiten. Zudem wurden die Abschläge bei vorzeitigem Pensionseintritt erhöht, der Tätigkeitsschutz bis 2017 stufenweise auf das 60. Lebensjahr angehoben und die ärztliche Begutachtung über die Arbeitsfähigkeit wird vereinheitlicht, d.h. die Gesundheitsstraße erweitert (BMASK, 2012a, S. 1–3, 7, 12). Im Bereich Arbeitsmarkt wurde vereinbart, dass die berufliche Rehabilitation ausgeweitet und damit für zusätzliche 32.000 Personen ermöglicht wird. Die Invaliditätspension auf Grund von Berufsschutz wird für unter 50-Jährige abgeschafft, die betroffenen Personen werden zukünftig beim Arbeitsmarktservice (AMS) berufliche Rehabilitation erhalten. Diese darf jedoch weiterhin nur auf Berufe mit gleichwertigem Qualifikationsniveau abzielen. Der Betroffene erhält währenddessen Rehabilitationsgeld in Höhe der Invaliditätspension. Der Pensionsvorschuss, der zwischen Antragsstellung auf Invaliditätspension und Zuerkennung gewährt wurde, wird durch Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld ersetzt. Dadurch können Betroffene in dieser Zeit in Wiedereingliederungsmaßnahmen einbezogen werden (BMASK, 2012b, S. 1, 5). 2.3.4 Pensionssystem in Deutschland In Deutschland betrug das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter im Jahr 2009 62,2 Jahre (Männer 62,6; Frauen 61,9). Deutschland liegt damit über dem EU-27Durchschnitt. Die letzte Reform im Jahr 2007 bringt ab 2012 eine stufenweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters von 65 auf 67 Jahre, in den nächsten 2 Jahrzehnten (European Commission, 2011, S. 75; 86). Wird über das gesetzliche Antrittsalter hinaus gearbeitet, so erhöht sich der Rentenanspruch – auch ohne weitere Beitragszahlung – um einen Zuschlag von 0,5 Prozent für jeden länger gearbeiteten Monat. Das bringt pro Jahr 6 Prozent. Auch wenn ab der Regelaltersgrenze eine Teilrente bezogen wird, jedoch weitergearbeitet wird, erhöht sich die spätere Vollrente, da weiterhin Beiträge bezahlt werden. Bei der Teilrente ist auch ein höherer Zuverdienst möglich, als bei einer Vollrente. Je geringer die Teilrente, desto höher ist die Zuverdienstgrenze. Zusätzlich erhöht sich durch die weiteren Rentenbeiträge die spätere volle Altersrente. Dies bietet einen Anreiz für einen gleitenden Wechsel in den Ruhestand (DRV-Bund, 2011a, S. 8–9; 28–29). Auch in Deutschland Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 13 Kernkompetenzbereich Gesundheit existieren Sonderregelungen wie die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, für langjährig Versicherte, für schwerbehinderte Menschen oder die Erwerbsminderungsrente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, die das durchschnittliche effektive Pensionsantrittsalter senken. Im Jahr 2010 machte der Anteil der neuzuerkannten Pensionen auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit rund 21% aus (53% Männer, 47% Frauen) (DRV-Bund, 2010, S. 64). Da das Zugangsalter von Erwerbsminderungsrenten kontinuierlich gesunken ist (2009: Männer 50,8 Jahre, Frauen 49,7 Jahre), wird davon ausgegangen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen immer früher einsetzen (Sozialpolitik-aktuell, 2010, www). Für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente müssen zumindest 5 Versicherungsjahre vorliegen und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge einbezahlt worden sein. Die Wartezeit kann allerdings, beispielsweise auf Grund eines Arbeitsunfalls, bereits ab einem einzigen Versicherungsbeitrag vorzeitig erfüllt sein. Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente wird zwischen 2012 und 2024 schrittweise auf das 65. Lebensjahr angehoben. Darunter ist mit Abschlägen von bis zu 10,8% zu rechnen. Folgende medizinische Voraussetzung muss gegeben sein: wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten zu können, nicht nur im eigenen, sondern in allen Berufen. Dies wird anhand ärztlicher Unterlagen von der Rentenversicherung geprüft. Je nachdem wie lange die betreffende Person täglich noch arbeiten kann, ist sie teilweise oder voll erwerbsgemindert. Ist eine Person nur noch in der Lage eingeschränkt zu arbeiten (auf nicht absehbare Zeit weniger als 6 Stunden aber mindestens 3 Stunden täglich), so hat diese Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Verbindung mit einer Teilzeitarbeit. Die Rente ist halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ist kein Teilzeitarbeitsplatz am Arbeitsmarkt verfügbar, so kann ein Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt werden (DRVBund, 2011c, S. 6–11; 25). Die Rente bei voller Erwerbsminderung ersetzt den Verdienst, wenn eine Person nur noch weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann. Diese volle Erwerbsminderung besteht grundsätzlich auch für jene Personen, die „in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer anderen beschützenden Einrichtung beschäftigt sind und wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können“ (DRV-Bund, 2011c, S. 12). Renten wegen Erwerbsminderung werden in der Regel befristet ausbezahlt. Hat sich nach Ablauf der Befristung der Gesundheitszustand nicht gebesFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 14 Kernkompetenzbereich Gesundheit sert, kann ein Antrag auf Weiterbewilligung gestellt werden. Die Anspruchsberechtigung wird regelmäßig von der Rentenversicherung überprüft. Ist es unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, wird eine unbefristete Rente gewährt (DRV-Bund, 2011c, S. 27). Deutschland hat es mittels Reformen geschafft, eine gute Balance zwischen Nachhaltigkeit und Angemessenheit in der Altersvorsorge herzustellen. Ob dies auf lange Sicht beibehalten werden kann, hängt vor allem davon ab, ob die erreichte Verbesserung der Beschäftigung, vor allem Älterer und Frauen, fortgesetzt werden kann (European Commission, 2010, S. 27–32). Von der Kommission der europäischen Gemeinschaften (2006, S. 6) wird attestiert, dass ältere Arbeitnehmer in vielen Ländern Europas nach wie vor einen verhältnismäßig geringen Anteil an den Erwerbstätigen haben. Dies liegt vor allem an ungünstigen Vorruhestandsregelungen, unzureichenden finanziellen Anreizen zur Aufnahme einer Arbeit in den Steuer- und Sozialsystemen sowie unzureichender Berücksichtigung altersspezifischer Erfordernisse am Arbeitsplatz. 2.4 Best Practice Beispiele anderer Länder Die vorliegende Arbeit vergleicht die Strategien der beiden Länder Österreich und Deutschland. In diesem Kapitel werden Maßnahmen weiterer europäischer Länder vorgestellt. Das Projekt „Survey on Health, Ageing and Retirement“ (SHARE), an dem 20 europäische Länder und Israel beteiligt sind, beschäftigt sich mit dem Erheben und Sammeln von Daten sowie der Forschung am Zusammenhang zwischen Beschäftigung, Gesundheit und Alterung. Ziel ist die Unterstützung bei der Gestaltung von nationalen Reformen des Gesundheits- und Pensionssystems (Börsch-Supan, 2012, S. 6–7). Europäische Länder wie Finnland, Großbritannien, Dänemark oder Schweden werden als besonders erfolgreich eingeschätzt. Dabei sind es vor allem Reformen der Vorruhestandsregelungen sowie die Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, die Wirkung zeigen. Ausgedrückt wird dieser Erfolg unter anderem durch Beschäftigtenquoten Älterer, Maßnahmen zum Lebenslangen Lernen sowie Krankheitsabwesenheiten der Arbeitnehmer (Richenhagen, 2007, S. 38–39). Die Strategien von vier erfolgreichen Ländern werden in Folge dargestellt. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 15 Kernkompetenzbereich Gesundheit Schweden ist das europäische Land mit den besten Beschäftigtenzahlen älterer Frauen und Männer. Bereits in den 1990er Jahren wurden in Schweden erste Maßnahmen gesetzt, um den drastischen Anstieg krankheitsbedingter Fehlzeiten älterer Arbeitnehmer zu reduzieren. Zahlreiche Reformen wie z.B. eine „verstärkte Zusammenarbeit mit Hausärzten bei der Erstellung von Krankenstandsgutachten, oder die erhöhte Verpflichtung für Arbeitgeber bei der Unterstützung von erkrankten ArbeitnehmerInnen bei der Wiedereingliederung“ (Gasior, Marin, Schmidt, Vanhuysse, Waginger & Zólyomi, o.J., S. 124) wurden durchgeführt. Um Langzeitkrankenständen und Invaliditätspensionen entgegenzuwirken, wurde die sogenannte „Rehabilitationskette“ eingeführt. Dabei steht die Arbeitsfähigkeit anstatt der Arbeitsunfähigkeit im Mittelpunkt und Früherkennung ist das Ziel. In Kooperation mit dem Arbeitgeber wird die Arbeitsfähigkeit „in regelmäßigen Abständen und unter klaren Vorgaben […] beurteilt“ (Gasior et al., o.J., S. 124). Strenge Regelungen im Zugang zu Invaliditätspensionen und flexible Pensionsgesetzgebung ergänzen das Erfolgsmodell Schweden (Gasior et al., o.J., S. 124–125). Finnland kann einen holistischen Ansatz im Umgang mit dem demografischen Wandel in der Arbeitswelt aufweisen. Zwischen 1998 und 2002 wurde das Programm „FINPAW – Finnish National Programme for Aging Workers“ umgesetzt. Es beinhaltete zahlreiche Maßnahmen und setzte auf mehreren Ebenen an. Der Fokus lag auf der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema sowie dem Anregen einer öffentlichen Diskussion. Aber auch Maßnahmen für Weiterbildung und Forschung sowie Gesetzesänderungen ergänzten das Programm. Obwohl das Problembewusstsein in der Bevölkerung gestiegen ist, blieb die Reintegration von älteren Arbeitslosen schwierig (Götz, Naylon & Natter, 2006, S. 28–29). Erfolgreich war das Projekt in dem Vorhaben ältere Arbeitnehmer, durch Maßnahmen auf betrieblicher und individueller Ebene, länger in Beschäftigung zu halten (Naegele, 2008, S. 123). „FINPAW“ gilt auf Grund seines holistischen Ansatzes mit Maßnahmen auf mehreren Ebenen und der Einbindung zahlreicher Akteure als internationales Vorbildprojekt (Götz & Natter, 2006, S. 2). In den Niederlanden wurde zunächst eine Arbeitsgruppe beauftragt, die Hemmnisse einer Erhöhung der Beschäftigtenquote Älterer identifizieren und entfernen soll. Zudem gibt es eine jährliche nationale Auszeichnung für Betriebe mit altersgerechter Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 16 Kernkompetenzbereich Gesundheit Firmenpolitik sowie finanzielle Förderung für deren Umsetzung. Tiefgreifende Veränderungen, die bereits große Erfolge zeigten, wurden von Seiten der Politik zur Reduktion der Invaliditätspensionierungen durchgeführt. Hervorzuhebende Besonderheit ist dabei, dass die Kosten für Rehabilitation und Reintegration von Arbeitnehmern nunmehr von Arbeitgebern zu tragen sind. Zur Förderung von präventiven Maßnahmen in den Betrieben wurde die Regelung eingeführt, dass Arbeitgeber bei Nichtgelingen der Rückkehr erkrankter Arbeitnehmer in das Erwerbsleben 70% des Gehalts der Betroffenen zwei Jahre lang weiterbezahlen müssen (Wirl, Knaller, Christ & Erdogan, o.J., S. 24–25). Auch Großbritannien hat mit „New Deal 50 Plus“ einen ganzheitlichen Ansatz gewählt. Bewusstseinsbildende Initiativen und Maßnahmen zur Reintegration Älterer stehen dabei im Mittelpunkt (Götz & Natter, 2006, S. 2). „Age Positiv“ ist ein nationales Gesundheitsprogramm mit dem Ziel einer positiven Einstellung gegenüber älteren Arbeitskräften und einer veränderten Personalpolitik. Zudem wurde ein Netzwerk aus Vertretern von Medien, Unternehmen und der Regierung gebildet, um bessere Chancen für ältere Arbeitnehmer zu schaffen (Wirl et al., o.J., S. 37–38). 2.5 Betriebsgrößen und Branchenstruktur in Österreich und Deutschland In diesem Kapitel werden die Betriebsgrößen und Branchenstrukturen in Österreich und Deutschland dargestellt, da dies für die weitere Betrachtung des Themas wesentlich ist. Für die Klassifizierung der Betriebsgrößen gibt es keine allgemeingültige Definition. Die Europäische Kommission hat jedoch eine Empfehlung herausgegeben, wonach vier Kriterien für die Zuordnung herangezogen werden sollen: Mitarbeiterzahl, Umsatz oder Bilanzsumme sowie Unabhängigkeit. Das aussagekräftigste und zumeist verwendete Kriterium ist jedoch die Mitarbeiteranzahl (s. Tabelle 1) (WKÖ, 2012, www). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 17 Kernkompetenzbereich Gesundheit Tabelle 1: Zuordnungskriterien der Unternehmensgröße nach Mitarbeiteranzahl, Eigene Erstellung in Anlehnung an WKÖ (2012, www) Kleinstunternehmen Kleinunternehmen Mittlere Unternehmen Großunternehmen Mitarbeiter bis 9 10 bis 49 50 bis 249 ab 250 Die folgenden Daten zur Darstellung der betrieblichen Struktur Österreichs sind nach der Systematik ÖNACE 1995 gegliedert. Es wird dabei nach Branchen und unselbständig Beschäftigten klassifiziert (Statistik Austria, 2001, www). Die kleinbetriebliche Struktur in Österreich ist klar ersichtlich (s. Abbildung 4). In den Unternehmen aller Branchen sind vor allem bis zu 9 Beschäftigte zu finden, es handelt sich daher vorwiegend um Kleinstunternehmen. In Zahlen ausgedrückt sind 87% der österreichischen Unternehmen als Kleinstunternehmen zu klassifizieren. Bei den Branchenunterschieden zeigen sich, dass Handel und Dienstleistungen kleinbetrieblicher strukturiert sind, als Betriebe in der Industrie oder im Bauwesen (Statistik Austria, 2011b, www). Abbildung 4: Zahl der österreichischen Unternehmen nach ÖNACE 2008-Abschnitten und Beschäftigtengrößenklassen für 2009, Statistik Austria (2011b, www) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 18 Kernkompetenzbereich Gesundheit Auch in Deutschland ist vorwiegend eine kleinbetriebliche Struktur zu finden, Kleinbetriebe machen beinahe 90% aller Unternehmen aus (s. Abbildung 5) und beschäftigen annähernd die Hälfte aller Arbeitnehmer (Bechmann, Dahms, Fischer, Frei, Leber & Möller, 2011, S. 87). Rechnet man Klein-, Kleinst- und Mittelunternehmen zusammen, beträgt der Anteil über 99%. Abbildung 5: Zahl der deutschen Unternehmen nach Betriebsgrößen und Wirtschaftsabschnitten, 2009, Eigene Erstellung (Datenquelle: Statistisches Bundesamt, 2011, www) Das Wissen über Betriebsgrößen und -branchen ist im Zusammenhang mit dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit wichtig, da die Tätigkeit der Beschäftigten in den verschiedenen Branchen unterschiedliche Belastungen mit sich bringen. Auf diese wird in Kapitel 2.9 eingegangen. Die Betriebsgröße hat Einfluss auf zahlreiche Möglichkeiten der Gestaltung und Bedingungen im Betrieb. So haben in Klein- und Mittelunternehmen (KMU) Arbeitgeber und -nehmer zwar einen engeren Kontakt, begrenzte finanzielle, zeitliche und personelle Ressourcen erschweren jedoch die Umsetzung von Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 19 Kernkompetenzbereich Gesundheit BGF und Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Zudem sind KMU in einem viel größeren Ausmaß von Fehlzeiten ihrer Mitarbeiter betroffen (ENWHP, 1998, S. 1). 2.6 Krankheitsgeschehen und Invalidität Wie schon oben ausgeführt müssen sich die Betriebe in Zukunft bzw. schon heute mit der Thematik des „Älterwerden“ der Belegschaft auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang ist es nicht unwesentlich auf den Gesundheitszustand älterer Beschäftigter zu Blicken. Dazu werden Daten der krankheitsbedingten Fehlzeiten und der Erwerbsunfähigkeitsstatistik herangezogen. Die Krankenstandsquoten von Männern und Frauen haben sich im Laufe der Jahre angeglichen. Zwischen den Altersgruppen bestehen jedoch Unterschiede in den krankheitsbedingten Fehlzeiten. Zwar weisen ältere Arbeitnehmer weniger Krankenstandsfälle auf, wenn jedoch ein Krankheitsfall auftritt, dauert dieser länger. Die Krankenstandsquote von Über 50-Jährigen ist daher deutlich höher als die der anderen Altersgruppen (s. Abbildung 6) (Leoni, 2011, S. III). Abbildung 6: Krankenstandsquote nach Alter und Geschlecht in Österreich, 2010, Leoni (2011, S. 23) Betrachtet man die unterschiedlichen Erkrankungen hinsichtlich der Altersgruppen so kann zusammengefasst werden, dass Verletzungen bei jüngeren Arbeitskräften häufiger vorkommen: ein Drittel der Krankenstandstage in dieser Altersgruppe geht auf Unfälle zurück. Mit steigendem Alter nehmen Erkrankungen auf Grund von Unfällen stetig ab. Infektiöse und parasitäre Erkrankungen und Krankheiten der Atmungsor- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 20 Kernkompetenzbereich Gesundheit gane kommen ebenfalls bei jüngeren Arbeitnehmern häufiger vor. Jedoch sind ältere Beschäftigte eher von Krankheiten des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes betroffen: bei den 50- bis 64-Jährigen sind dies beinahe ein Drittel der Krankheitsfälle und mehr als ein Drittel der Krankenstandstage. Besorgniserregend ist insgesamt die Zunahme an psychischen Erkrankungen, insbesondere da sie sehr häufig in eine Invaliditätspension münden (Leoni, 2011, S. 49). In Österreich wurden im Jahr 2010 29.593 Invaliditätspensionen zuerkannt. Fast die Hälfte dieser Personen sind männliche Arbeiter und zwei Drittel des gesamten Zuganges entfielen auf Männer. Blickt man auf die Gründe der Invaliditätspensionen so sind psychiatrischen Krankheiten mit 32% die häufigste Krankheitsgruppe, gefolgt von Skelett-, Muskel- und Bindegewebskrankheiten mit 31% sowie von Krankheiten des Kreislaufs mit 11% (HVSVT, 2011, S. 90–91). Der Fehlzeitenreport 2011 liefert gute Daten für den Zusammenhang von Gesundheit bzw. Krankheit und dem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch Arbeitsunfähigkeit. Die Statistik zeigt, dass in Österreich seit den 1990-er Jahren die Zahl der Krankenstände auf Grund von Arbeitsunfällen stetig abnimmt. Hingegen nehmen die Krankenstandstage auf Grund psychischer Erkrankungen erheblich zu. Dies kann auch in anderen Ländern beobachtet werden, beispielsweise in Deutschland. Der Anteil dieser Erkrankungen betrug in Österreich im Jahr 2010 zwar nur 6,9% der Krankenstandstage (Skelett- und Muskelerkrankungen liegen mit 22,7% immer noch an der Spitze), allerdings ist der ansteigende Trend besorgniserregend, da Personen mit langen Krankenstandstagen auf Grund psychischer Erkrankungen ein fast drei Mal so hohes Invaliditätsrisiko haben, als beispielsweise jene mit infektiösen Erkrankungen. Die Daten der medizinischen Ursachen für Invalidität bestätigen dies. Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen sind in 33,9% der Fälle Auslöser von Arbeitsunfähigkeit, wobei diese bei Frauen mit 47,6% Hauptanlass, bei Männern mit 26,3% zweithäufigster Grund sind. Bei Männern sind zumeist MuskelSkelett-Erkrankungen (32,5%) Ursache der Invalidität, bei Frauen sind diese der zweithäufigste Anlass (20%). Interessant ist auch, dass rund drei Viertel der Zugänge zur Invaliditätspension Arbeiter sind. Da in der Gruppe der Arbeiter überproportional viele Männer tätig sind, erklärt sich die hohe Invalidisierungsquote von 53,5% der Neuzugänge (Leoni, 2011, S. 47, 60, 73, 97; WIFO, 2011, S. 7–9). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 21 Kernkompetenzbereich Gesundheit Will man Maßnahmen gegen Arbeitsunfähigkeit setzen, so ist die Erkenntnis über den Zusammenhang von Krankenstandsquoten und Invaliditätspensionierungen wesentlich: Bereits sieben Jahre vor der Pensionierung aus Invaliditätsgründen sind die Krankenstandsquoten um 80% höher, als bei einer vergleichbaren Kontrollgruppe. Im Fall von 6-wöchigen Krankenständen wechselt etwa ein Viertel der Personen in den Folgejahren in Invaliditätspension. Im Fall von sehr langen Krankenstandsepisoden (über sechs Monate) wechselt die Hälfte der Personen innerhalb von sieben bis acht Jahren in Invaliditätspension (WIFO, 2011, S. 8–14). Langzeitkrankenstände können daher einen erheblichen Beitrag zur Erklärung von Invalidität liefern. Ist eine Person von gesundheitlichen Problemen und Arbeitslosigkeit betroffen, so ist die Wahrscheinlichkeit eines Übertritts in die Invaliditätspension besonders hoch. Daraus kann geschlossen werden, dass die hohe Zahl der Invaliditätspensionen von mehreren Faktoren beeinflusst wird, die sich auch gegenseitig bedingen können: Gesundheit, Arbeitsmarktperspektiven, Gestaltung des Sozialsystems sowie der Konjunkturzyklus (ebd., S. 8–14). Dass neben dem Gesundheitszustand auch die Beschäftigungssituation Einfluss auf die Invaliditätspensionen hat, zeigt sich durch folgende Feststellungen: jüngere Beschäftigte haben trotz einer hohen Zahl von Krankenstandstagen, bessere Chancen, weiterhin erwerbstätig zu bleiben, als ältere: fast die Hälfte der Unter 40-Jährigen bleibt nach einem vollen Jahr Krankenstand weiterhin am Arbeitsmarkt, während bei den Über 50-Jährigen die Invaliditätswahrscheinlichkeit bei über 80% liegt. 45% der Invaliditätspensionisten waren fünf Jahre vor Pensionsantritt ein Jahr oder länger arbeitslos (Leoni, 2011, S. 99–101). Dies darf bei der Betrachtung der Invaliditätspensionen nicht außer Acht gelassen werden. Die Erkenntnis über den starken Zusammenhang von Krankenstandstagen und Invalidität dient nun auch dazu, das Krankenstandsgeschehen als Vorlaufindikator zur Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko zu nutzen (Leoni, 2011, S. 101). Auf Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 22 Kernkompetenzbereich Gesundheit Grund der Feststellung, dass lange Krankenstände häufig in Invaliditätspension münden, „wird die Schwelle von sechs Krankenstandswochen sowohl in Deutschland als auch seit Kurzem in Österreich zur Identifikation von langzeiterkrankten Arbeitskräften und zur Aktivierung von gesundheitlichen Maßnahmen genutzt“ (Leoni, 2011, S. 101). In Österreich wurde im Jahr 2011 das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) erlassen (s. Kapitel 3.2), dass ebendiese Grenze nutzt, um bevorstehende gesundheitliche Probleme sowie ein erhöhtes Arbeitsunfähigkeitsrisiko zu erkennen. Mittels eines Maßnahmenangebots der Sozialversicherungsträger soll frühzeitig reagiert werden. In Deutschland gibt es seit dem Jahr 2004 das Gesetz zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) (s. Kapitel 4.2), wobei ebenfalls nach sechs Krankenstandswochen Aktivitäten gesetzt werden, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden bzw. erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen (Leoni, 2011, S. 95). 2.7 Fähigkeitskonzepte Im Zusammenhang mit der Herausforderung des demografischen Wandels sind die Begriffe Leistungs-, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zu unterscheiden, die in den folgenden Kapiteln beschrieben werden. 2.7.1 Leistungsfähigkeit „Als Leistungsfähigkeit bezeichnet man […] die Gesamtheit aller Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein Mensch in die Realisierung einer Arbeitsaufgabe einbringen kann“ (Richenhagen, o.J., S. 3). Damit sind beispielsweise Muskelkraft, Ausdauer, Reaktions- oder Rechenfähigkeiten gemeint. In Bezug auf den Alternsprozess ist natürlich interessant, wie sich die Leistungsfähigkeit eines Menschen verändert. Aus der Alternsforschung ist mittlerweile bekannt, dass Altern nicht naturgemäß einen Leistungsabbau sondern vielmehr einen Leistungsumbau mit sich bringt. Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten sind hauptsächlich auf die Beanspruchung im Berufs- und Privatleben zurückzuführen und sind nur zu einem kleinen Teil dem kalendarischem Alter zuzuschreiben (Richenhagen, o.J., S. 4–5). Zumeist war eher ein Defizit-Modell des älteren Beschäftigten im Vordergrund. Das heißt die Leistungsfähigkeit Älterer wurde durchwegs schlechter eingeschätzt als jene der Jüngeren. Das Bild wandelt sich jedoch nunmehr mit der Erkenntnis, dass sich die Leistungsfähigkeit im Alter verändert. Man spricht von einem Wandel der Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 23 Kernkompetenzbereich Gesundheit Leistungsfähigkeit (Fuchs, 2008, S. 47–51). Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt im Durchschnitt zwar ab, die psychischen Kapazitäten wie Aufmerksamkeit und Konzentration bleiben gleich, die geistig-sozialen Fähigkeiten nehmen sogar zu (Buck et al., 2002, S. 86). Ältere weisen eher positive Eigenschaften wie Erfahrung, Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen, Fleiß, Pünktlichkeit und Loyalität auf. Es kommt zwar zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit hinsichtlich Muskelkraft und Herz-Kreislauf-System, allerdings sind diese so individuell, dass keine generelle Aussage über alle älteren Arbeitnehmer getroffen werden kann. Im Bezug auf Koordination und Geschicklichkeit haben Ältere keine Nachteile. Die Bewegungsgeschwindigkeit und Reaktionsschnelligkeit lässt jedoch ab dem 40. Lebensjahr nach. Dies kann durch den Anstieg in Genauigkeit ausgeglichen sowie durch eine geeignete Arbeitsgestaltung abgefedert werden (Fuchs, 2008, S. 49; Buck et al., 2002, S. 86). Die kognitive Leistungsfähigkeit wird in kristalline (erfahrungsgebunden, zur Lösung vertrauter Probleme) und fluide (für die Bewältigung neuartiger kognitiver Probleme) Intelligenz unterschieden. Ältere behalten ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf die kristalline Intelligenz, sie nimmt sogar zu. Während die fluide Intelligenz abnimmt. Dies wird durch die nachlassende Umstellungsfähigkeit und Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung erklärt. Kontinuierliches Training und Anreize von außen können der Verminderung der fluiden Intelligenz entgegenwirken. Monotone Tätigkeiten können jedoch zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit und in Folge zu Dequalifizierung führen. Auch die praktische Intelligenz (Fähigkeit zur Lösung alltagspraktischer Probleme und Anforderungen) nimmt im Alter nicht ab. Insgesamt herrscht in der Wissenschaft nunmehr die Ansicht, dass Ältere nicht weniger, sondern anders leistungsfähig sind, sie weisen andere Stärken auf als Jüngere (Fuchs, 2008, S. 47–51). In der Altersforschung ist mittlerweile unumstritten, dass zumeist nicht das biologische Alter für möglicherweise auftretende mangelnde Leistungsfähigkeit verantwortlich ist, sondern „die langjährigen Auswirkungen von belastenden und einschränkenden Arbeitsbedingungen“ (Buck et al., 2002, S. 69). Die interpersonellen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit nehmen mit ansteigendem Alter zu. Aus dem Grund können keine pauschalen Aussagen über die Leistungsfähigkeit von Älteren gemacht werden. Es wird für eine individuelle Beurteilung der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Mitarbeiters plädiert (Buck et al., 2002, S. 87). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 24 Kernkompetenzbereich Gesundheit 2.7.2 Arbeitsfähigkeit Der Begriff Arbeitsfähigkeit wurde vor allem durch das von Ilmarinen und Tuomi entwickelte Konzept „Haus der Arbeitsfähigkeit“ geprägt (s. Abbildung 7). Arbeitsfähigkeit wird dabei als ein Haus mit vier Stockwerken beschrieben: Gesundheit, Kompetenz, Werte und Arbeit. Eine Balance und ein „guter Fit“ in den vier Stockwerken ergibt eine gute Arbeitsfähigkeit. Die Einflüsse der Ebenen aufeinander dürfen nicht unterschätzt werden. So haben die Stöcke 3 „Werte“ und 4 „Arbeit“ den größten Einfluss aufeinander. Positive oder negative Erfahrungen im Arbeitsleben haben Auswirkungen auf die Motivation und Einstellung des Arbeitnehmers (Ilmarinen, 2012, S. 2–3). Die Aspekte Gesundheit und Kompetenz beinhalten Weiterbildung, Gesundheitsprävention, -schutz und -förderung. Arbeitsfähigkeit wird daher nicht nur durch den einzelnen Beschäftigten beeinflusst, sondern vor allem durch die Arbeitsbedingungen, das heißt durch den Betrieb (Kistler, 2008, S. 39–40). Abbildung 7: Das Haus der Arbeitsfähigkeit, Ilmarinen (2007, S. 7) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 25 Kernkompetenzbereich Gesundheit 2.7.3 Beschäftigungsfähigkeit Beschäftigungsfähigkeit setzt nicht nur Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Individuums voraus, sie beinhaltet auch die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und die Beschäftigungs- und Einstellungsbereitschaft der Betriebe gegenüber dieser Person (s. Abbildung 8). Abbildung 8: Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, Kistler (2008, S. 39) Der Begriff Beschäftigungsfähigkeit wird daher als „andauernde Arbeitsfähigkeit in sich wandelnden Arbeitsmärkten“ bezeichnet (Richenhagen, o.J., S. 9). 2.8 Konzept des Alter(n)smanagement in Betrieben Im Zusammenhang mit dem Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit auf betrieblicher Ebene wird der Begriff des Alter(n)smanagement oder Age Management verwendet. Alter(n)smanagement beinhaltet nicht nur Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer, sondern zielt auch auf eine Arbeitsorganisation ab, die es jüngeren Beschäftigten ermöglicht ihre Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter aufrecht zu erhalten (AK OÖ, 2007, S. 5–6). Es darf nicht vergessen werden, dass Maßnahmen, die bei heute jüngeren Beschäftigten bereits unternommen werden, dem Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit dieser zukünftig älteren Beschäftigten dienen. Sie stellen eine Investition in die Prävention von Erkrankungen und frühzeitigem Erwerbsaustritt durch Invalidität dar (Kistler, 2008, S. 40). Man spricht von alter(n)sgerechter Arbeit, wenn Arbeitsbedingungen geschaffen werden, „die über die ganze Erwerbsbiografie so gestaltet sind, dass keine Spätfolgen auftreten und die Beschäftigten gesund, motiviert und produktiv das Rentenalter erreichen und auch danach noch ihren Ruhestand gesund erleben“ (Kistler, 2008, S. 40). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 26 Kernkompetenzbereich Gesundheit Auf drei der vier Ebenen des „Hauses der Arbeitsfähigkeit“ können Betriebe im Rahmen des Alter(n)smanagement Maßnahmen setzen: Gesundheit, Kompetenz und Arbeit (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 14; AK OÖ, 2007, S. 5–6). Die Ebene Gesundheit umfasst Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung. Durch Qualifizierung und Weiterbildung aller Arbeitnehmer wird auf das Stockwerk „Kompetenz“ eingewirkt und durch die Gestaltung der Unternehmenskultur und Arbeitsbedingungen auf die Ebene „Arbeit“ (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 14). Es konnte aufgezeigt werden, dass ein integrierter Ansatz in der Unternehmenspolitik einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für betriebliche Maßnahmen zum Thema alterns- und altersgerechter Arbeit ist. Als Beispiel wird von Kistler (2008, S. 41) angeführt, dass sich allein mit Gesundheitsprävention oder allein mit Weiterbildung, die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft nicht verbessern lasse. Es müsse ein Maßnahmenbündel sein, um dem demografischen Aspekt in den Betrieben ausreichend entgegnen zu können (s. Abbildung 9). Abbildung 9: Ansatzpunkte zur Berücksichtigung demografischer Aspekte in der Unternehmenspolitik, Wolf, Spieß & Mohr (2001, zitiert nach Kistler, 2008, S. 41) Eine langfristige Orientierung der Personalpolitik ist erforderlich, um Lebensbegleitendes Lernen und Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Dabei geht es um eine systematische Begleitung der Erwerbsbiographie der Mitarbeiter (Buck et al., 2002, S. 66). In Hinblick auf Weiterbildung und Lernen ist es wichtig zu wissen, dass Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 27 Kernkompetenzbereich Gesundheit in keinen der Forschungsergebnisse ein Zusammenhang zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit mit dem biologischen Alter belegt werden konnte. Vielmehr kann die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses und das Lerntempo abnehmen, wenn kein Anreiz zu stetigem Lernen vorhanden ist, sprich: wenn das Lernen verlernt wird. Zudem vergisst man mit der Zeit Lerntechniken zur Informationsbeschaffung, -aufnahme und -verarbeitung. Aus dem Grund stellt eine fehlende Weiterbildung bei Älteren (jedoch auch bei Jüngeren) ein großes Problem dar. Lernschwierigkeiten bei älteren Menschen können jedoch auch auftreten, wenn die Klarheit des Lernziels nicht erkennbar ist. Für Ältere ist es zudem schwieriger die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten. Sie sind leichter ablenkbar, vor allem unter Zeitdruck und bei schnell vermittelten Lerninhalten. In der Herangehensweise weisen ältere Menschen einen Unterschied zu jüngeren auf: sie versuchen eher an Erfahrungen anzuknüpfen und Vergleiche mit ähnlichen Situationen und Vorgehen zu ziehen. Als lernhemmend erweist sich auch die Angst Älterer vor Fehlern und Versagen, vor allem wenn sie sich schlechter als ihre jüngeren Kollegen einschätzen (Elmerich, Karl & Knauth, 2009, S. 150–151; 155–156). Die Ursache für unterschiedliche Anforderungen bei Weiterbildungsmaßnahmen für Ältere ist daher in einer langjährig gleichbleibenden Tätigkeit zu finden und gilt daher nicht nur für Ältere, sondern für alle Lernentwöhnten (Buck et al., 2002, S. 77). Weiterbildungsangebote sollten daher auf die spezifischen Lernbedingungen Lernentwöhnter, an das Lernverhalten sowie die Lernerfahrungen angepasst werden (z.B. Wiedererlernen von Lerntechniken, Aufbau der Motivation und ausreichend Zeit) (Fuchs, 2008, S. 116). Lernen und Qualifizierung sollte über das gesamte Erwerbsleben erfolgen und alter(n)sgerecht angeboten werden um eine Dequalifizierung zu verhindern. Dies muss allerdings durch entsprechende arbeitsorganisatorische und zeitliche Rahmenbedingungen in den Betrieben unterstützt werden (ebd., S. 116–117). Hinsichtlich der Arbeitsorganisation ist die generationenübergreifende Zusammenarbeit in altersgemischten Teams eine empfehlenswerte Vorgehensweise. Dies dient der idealen Ausnutzung der Stärken von Jüngeren und Älteren. Jüngere profitieren vom Erfahrungswissen der Älteren und ältere Mitarbeiter können bei physisch schwerer Arbeit von jüngeren Kollegen entlastet werden. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass innerhalb der Gruppe keine feste Aufgabenzuteilung besteht, da sonst eine einseitige Belastung und Stillstand in der Qualifikation entsteht sowie Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 28 Kernkompetenzbereich Gesundheit keinerlei Wissensaustausch stattfindet. Daher sollte altersgemischte Gruppenarbeit durch systematische Jobrotation ergänzt werden. Auch die Bildung von Tandems zur Übertragung von Wissen und Erfahrungen an Nachfolger sowie die Gestaltung ausgewogener bereichsspezifischer Altersstrukturen zur Vermeidung von Verrentungswellen, stellen Möglichkeiten der altersgerechten Arbeitsorganisation dar (Buck et al., 2002, S. 68–69; 72–75). Bezüglich der Arbeitszeiten ist ebenfalls eine Berücksichtigung des Alters wesentlich. Generell sollte ein Arbeitstag nicht länger als 8 Stunden dauern und ausreichend Pausen und Ruhezeiten eingeplant werden. Besonders bei Schichtarbeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Je älter ein Mensch wird, desto geringer die Fähigkeit sich an wechselnde Schlaf- und Wachzeiten anzupassen. In den Betrieben sollte daher mittels innovativer Arbeitszeitmodelle darauf Rücksicht genommen werden um die Belastungen für Ältere zu reduzieren (z.B. Verkürzung der Schichtdauer, Verringerung der Anzahl der Nachtschichten oder Verlängerung der Freizeit zwischen den Schichten) (Brenscheidt, 2008, S. 44–45). Unter Beachtung der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen sind für alle Mitarbeiter, aber insbesondere für ältere Mitarbeiter, flexible Arbeitszeitmodelle zur Erhaltung der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit empfehlenswert. Hierunter fallen beispielsweise Gleitzeit-, Teilzeit- oder Altersteilzeitmodelle, Langzeitkonten (Ansparen von Arbeitszeitguthaben mit individuellem Konsumieren des Guthabens), Sabbaticals oder zeitautonome Gruppenarbeit (Eberherr, Fleischmann, Hofmann & Weger, 2006, S. 39). Weitere empfehlenswerte Maßnahmen im Betrieb sind beispielsweise: eine „ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze, Maßnahmen zur Reduktion psychischer Arbeitsbelastungen […], Maßnahmen zur gesundheits- und alternsgerechten Erweiterung von Arbeitsaufgaben (Job Enrichment, Job Enlargement)“ (Eberherr et al., 2006, S. 76). Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sollte hinsichtlich des demografischen Wandels aus einem Maßnahmenmix bestehen: gezielte Maßnahmen für heute ältere Arbeitnehmer unter Beachtung der besonderen Bedürfnisse dieser Gruppe und altersgruppenübergreifende BGF-Maßnahmen (Meggeneder & Hirtenlehner, 2007, S. 482). Es wird von einer zukunfts- und alternsorientierten BGF gesprochen, die die verschiedenen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Arbeitnehmer in unterschiedlichem Alter berücksichtigt (Kriener, Neudorfer, Künzel & Aichinger, 2004, S. 26). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 29 Kernkompetenzbereich Gesundheit Um eine alter(n)sgerechte Unternehmenspolitik zu betreiben, wurden zahlreiche Maßnahmen (Tools) entwickelt, beispielsweise zu den Themen Arbeitszeitgestaltung, Know-how-Transfer, berufsbegleitende Weiterbildung. Kistler (2008, S. 42) kritisiert, dass diese zwar in zahlreichen Projekten getestet und angewandt wurden, jedoch sei nie eine ausreichende Evaluierung mit Ursachenanalysen für Erfolg oder Misserfolg durchgeführt oder publiziert worden. So kann bei weitem noch von keinem ausreichendem Wissen bezüglich Anwendbarkeit und Übertragbarkeit der Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten gesprochen werden. Ein Wissensbedarf und vor allem weiterer Forschungsbedarf besteht daher auf diesem Gebiet noch. Dies ist vor allem deshalb wichtig, da nicht jede Maßnahme für jeden Betrieb gleichermaßen geeignet ist. Auf Grund der Verschiedenheit der Branchen, der Betriebsgrößen sowie unterschiedlicher Berufsgruppen und Qualifikationen der Mitarbeiter müssen verschiedene Instrumente zum Einsatz kommen (z.B. verschiedene Anspracheformen bei Sensibilisierungskampagnen und verschiedene didaktische Lehrmaterialien) (ebd., S. 42). In Hinblick auf die oben beschriebenen betrieblichen Maßnahmen sind Unterschiede bezüglich Branche und Betriebsgröße zu beachten. So sind nicht alle Maßnahmen für Betriebe unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen gleichermaßen geeignet, erforderlich oder durchführbar. Prinzipiell können alle Betriebe BGF durchführen, allerdings sind größere Betriebe bevorteilt, da sie eher über ausreichende finanzielle Mittel und vorhandene Strukturen, wie Arbeitsmediziner und Sicherheitskräfte, verfügen. KMU haben jedoch den Vorteil, dass sie durch persönliche Beziehungen eine größere Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und ihrer Gesundheit aufweisen. In diesen kleineren Betrieben kann es notwendig sein, von umfangreichen Maßnahmen wie Gesundheitszirkeln abzusehen und andere geeignete Methoden zu finden. Der finanzielle Nachteil kleiner und mittlerer Unternehmen kann durch Teilnahme an Pilotprojekten ausgeglichen werden. Als nachhaltiger wird jedoch der Zusammenschluss in betriebsübergreifenden Netzwerken oder Verbünden innerhalb einer Branche oder Region beschrieben (Vogt & Elsigan, 2011, S. 17). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 30 Kernkompetenzbereich Gesundheit 2.9 Einschätzung der Arbeitsfähigkeit Der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer in den unterschiedlichen Branchen wird an Hand zweier Indizes in diesem Kapitel dargestellt. Die Befragung in Deutschland mittels sogenanntem „DGB-Index Gute Arbeit“ im Jahr 2008 brachte zu Tage, dass ein Drittel der Arbeitnehmer glaubt, die gegenwärtige Tätigkeit nicht bis zur Pensionierung ausüben zu können. Die Ergebnisse der Studie, in der die subjektive Erwartung der Arbeitsfähigkeit bis zur Pensionierung abgefragt wurde, sind auf Grund der Übereinstimmung mit Daten der Erwerbsminderungsrenten und Arbeitsunfähigkeitsstatistik als zuverlässig und valide anzusehen. Bedenklich stimmt jedoch nicht nur die Menge an Arbeitnehmern, die ihre Arbeitsfähigkeit derart schlecht einstuft, sondern auch die Detailergebnisse bezüglich der Berufsgruppen, Branchen und dem Qualifikationsniveau. Am schlechtesten schätzen Beschäftigte im Alter zwischen 35 und 54 Jahren, mit mittlerem Qualifikationsniveau (z.B. Lehrabschluss), in Betrieben mit 20 bis 199 Beschäftigten, in den Branchen Baugewerbe, Nachrichtenübermittlung, Gesundheits-/Sozialwesen, in Bau-, Verkehrs-, und Gesundheitsdienstberufen sowie Zeitbeschäftigte, ihre zukünftige Arbeitsfähigkeit ein. Über 55-jährige Beschäftigte sind in Bezug auf ihre Arbeitsfähigkeit zwar positiver als die Altersgruppe darunter, dies liegt aber vor allem am „healthy worker-Effekt“: Arbeitnehmer mit gesundheitlicher Beeinträchtigung oder niedrigem Qualifikationsniveau scheiden in der Regel früher aus dem Erwerbsleben aus und können daher bei diesen Befragungen nicht berücksichtigt werden (Kistler, Trischler & Ebert, 2008, S. 1–42). Höherqualifizierte haben eindeutig bessere Arbeitsbedingungen. Den stärksten Einfluss auf die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit haben die Faktoren „körperliche Schwerarbeit“ und „Arbeitshetze/Zeitdruck“. Liegt eine hohe körperliche Arbeitsbelastung vor, so kann jeder andere positiv bewertete Faktor der Arbeitsqualität (z.B. Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten) diese Belastung nicht ausgleichen. Das bedeutet: körperlich schwere Arbeit führt in der Einschätzung der zukünftigen Arbeitsfähigkeit immer zu negativen Werten (ebd.). Durch Gewichtung dieser belastenden Faktoren kann nun mittels Multiplikation die Wahrscheinlichkeit der beeinträchtigten Arbeitsfähigkeit errechnet bzw. geschätzt werden. Als Beispiel wird die Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 31 Kernkompetenzbereich Gesundheit Kranken- und Altenpflege angeführt. Hier liegen vor allem drei belastende Faktoren vor: körperlich schwere Arbeit erhöht die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens um das 3,2-fache, Arbeitshetze/Zeitdruck und das Verbergen von Gefühlen jeweils um das 1,6-fache. Dies ergibt in Summe eine um das 10-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit eines früheren Ausscheidens aus dem Erwerbsleben (Kistler, 2008, S. 46–47). Interessantes Ergebnis der Studie ist auch der Einfluss des erwerbsbiografischen Faktors: Arbeitsbelastungen der Vergangenheit können durch aktuell gute Arbeitsbedingungen nicht ausgeglichen werden. Daher wird gefordert nicht nur Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten, sondern auch kompetenzfördernde, gesundheitserhaltende und motivierende Arbeitsbedingungen für alle Altersgruppen, d.h. Maßnahmen für alternsgerechtes Arbeiten, zu setzen. Besonders vor dem Hintergrund, dass in Deutschland erst kürzlich das Pensionseintrittsalter auf 67 Jahre erhöht wurde und mit hohen Abschlägen bei vorzeitiger Pensionierung zu rechnen ist (s. Kapitel 2.3.4), wiegt der Befund der Studie schwer: die Voraussetzungen für ein längeres Arbeiten sind aus Sicht eines großen Anteils der Arbeitnehmer nicht gegeben (Kistler et al., 2008, S. 1–42). „Es sind deutlich eher die Beschäftigten mit belastenden Arbeitsbedingungen, geringerer Qualifikation und niedrigem beruflichem Status, die nicht glauben bis zum Rentenalter durchhalten zu können – für sie sind und bleiben unter den gegebenen Voraussetzungen weiterhin Möglichkeiten des vorzeitigen Renteneintritts (ohne abstrafende Abschläge!) unverzichtbar“ (Kistler et al., 2008, S. 12). Alternsgerechte, also gute Arbeitsbedingungen, finden sich vor allem eher in den akademisch geprägten und Verwaltungsberufen (Kistler, 2008, S. 45–46). Aus Erhebungen zum „DGB-Index Gute Arbeit“ konnte jedoch auch gezeigt werden, dass es in allen Berufsgruppen (mit Ausnahme der Hilfsarbeiter), selbst in jenen mit durchschnittlich schlechten Arbeitsbedingungen, einen bestimmten Anteil an Beschäftigten gibt, die gute Arbeitsbedingungen angeben. Daher liegt der Schluss nahe, dass vor allem die Gestaltung der Arbeitsbedingungen ausschlaggebend für die Erhaltung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit bis zum Pensionsalter ist. „Für jede Tätigkeit lassen sich Bedingungen schaffen, durch die sie zu einer Guten Arbeit wird“ (DGBIndex Gute Arbeit, 2007, S. 16). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 32 Kernkompetenzbereich Gesundheit In Österreich gibt es den „Arbeitsklima-Index“ der Veränderungen und langfristige Entwicklungen in der Arbeitswelt erfassen soll. Dabei werden bei den Beschäftigten Themenbereiche wie beispielsweise Belastungen (durch Veränderungen, Zeitdruck, schlechte Gesundheitsbedingungen am Arbeitsplatz, Unfall- und Verletzungsgefahr), und Zufriedenheit (mit Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Führungsstil, Arbeitszeitregelung) mittels Skalen abgefragt. Die Ergebnisse aus den Jahren 2006 und 2008 sind jenen der deutschen Befragung ähnlich: in den Branchen Verkehr, Transport, Nachrichten- und Bauwesen scheinen die schlechtesten Arbeitsbedingungen zu bestehen. Im Geld-, Versicherungs- und Unterrichtswesen hingegen sind die besten Bedingungen aus Einschätzung der Beschäftigten vorzufinden. Betrachtet man die Bewertung der Arbeitsbedingungen nach Art der Beschäftigung, so weisen Arbeiter seit mehr als zehn Jahren (seit Bestehen des „Arbeitsklima-Index“) geringere Werte auf, als Angestellte. Dies wird auf die physischen Arbeitsbelastungen zurückgeführt (Hofinger, Kien, Michenthaler & Raml, 2009, S. 125; 136–140). In einer Studie über die Arbeitszufriedenheit bei Wienern unter den sogenannten neuen Erwerbsformen (geringfügig Beschäftigte, freie Dienstnehmer, Arbeitskräfteüberlassung bzw. Zeitarbeiter und Neue Selbständige) konnte gezeigt werden, dass die Arbeitskräfteüberlassung bzw. Zeitarbeit am problematischsten ist. 30% der Zeitarbeiter sind nicht nur mit einer prekären finanziellen Situation konfrontiert, sondern auch unzufrieden, haben eintönige Arbeit verbunden mit Zeitdruck mit wenig beruflichen Aussichten. 29% werden als resignativ bezeichnet, da sie eine hohe Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation angeben, ihre Tätigkeit weit unter ihrem Qualifikationsniveau liegt und Arbeitszeiten, Zeitdruck sowie Zusammenarbeit mit Kollegen wenig zufriedenstellend erlebt werden, sie jedoch an dieser Situation nur wenig ändern können. Geringfügig Beschäftigte liegen an zweitletzter Stelle mit ihrer Einschätzung der Arbeitszufriedenheit, gefolgt von freien Dienstnehmern (Kaupa, Kien, Kreiml, Riesenfelder, Steiner, Weber & Wetzel, 2006, S. 3–4). 2.10 Zwischenfazit Während in Österreich die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer mit rund 42% noch relativ niedrig ist, liegt sie in Deutschland mit beinahe 58% bereits über dem EU-Durchschnitt (s. Kapitel 2.3). In beiden Ländern wird versucht das Pensionssystem durch zahlreiche Reformen an die demografische Entwicklung anzupassen. Unter anderem werden das gesetzliche Pensionsantrittsalter erhöht und Reformen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 33 Kernkompetenzbereich Gesundheit bei Invaliditätspensionen durchgeführt. Die Darstellung von Best Practice Beispielen zeigt, dass europäische Länder wie Finnland, Großbritannien, Schweden oder Niederlande sehr umfassende und erfolgreiche Programme zum Erhalt der Arbeitsund Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer umsetzen. Sowohl Österreich als auch Deutschland weisen eine kleinbetriebliche Struktur auf, die bei der weiteren Betrachtung berücksichtigt werden muss. Auf Grund der Erkenntnis, dass lange Krankenstände häufig in Invaliditätspension münden, wird das Krankenstandsgeschehen nun in Österreich und Deutschland als Vorlaufindikator zur Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko genutzt, Maßnahmen sollen frühzeitig eingeleitet werden. Das „Haus der Arbeitsfähigkeit“ zeigt, auf welchen Ebenen Aktivitäten zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit gesetzt werden müssen. Auf drei der vier Stockwerke (Gesundheit, Kompetenz und Arbeit) sind in den Betrieben im Sinne eines Age Managements Maßnahmen zu setzen. So sind Maßnahmen wie z.B. Arbeiten in altersgemischten Teams, Weiterbildung für alle Mitarbeiter (angepasst an Lernentwöhnte), alternative Arbeitszeitmodelle oder ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, durchzuführen. Befragungen in Deutschland und Österreich zeigten allerdings, dass für einen Großteil der Beschäftigten keine guten Arbeitsbedingungen bestehen. Arbeitnehmer mit belastenden Arbeitsbedingungen (Gesundheits-, Sozial-, Bau-, Verkehrs- und Transportwesen, Nachrichtenübermittlung), geringerer Qualifikation und niedrigem beruflichem Status, in Klein- und Mittelbetrieben und vor allem Zeitbeschäftigte schätzen ihre Arbeitsfähigkeit so schlecht ein, dass sie nicht glauben die Tätigkeit bis zur Pensionierung ausüben zu können. Diese Ergebnisse stimmen auch mit den Daten der Krankenstatistik und Invaliditätspensionen bzw. Erwerbsminderungsrenten überein. Diese Erhebungen zeigten jedoch auch, dass prinzipiell für jede Tätigkeit Bedingungen geschaffen werden können, durch die sie zu einer „Guten Arbeit“ werden. In den folgenden Kapiteln werden politische und betriebliche Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten in Österreich und Deutschland dargestellt und verglichen. Eine genaue Abgrenzung zwischen politischen und betrieblichen Maßnahmen ist schwer durchführbar, da diese häufig ineinandergreifen und auf beiden Ebenen wirken. Daher werden in dieser Arbeit politische und betriebliche Strategien zusammen betrachtet. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 34 Kernkompetenzbereich Gesundheit 3 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN ÖSTERREICH Als Schwerpunkte der zukünftigen Arbeitsmarktpolitik wurden Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention, Qualifizierung und berufliche Weiter- und Ausbildung identifiziert. Maßnahmen in diesen Bereichen waren jedoch bis zur Einrichtung von „fit2work“ eher vereinzelt und lokal zu finden (Cacace, 2012, S. 13). Noch im Jahr 2010 wurde beklagt, dass es in Österreich auf Grund mangelnder Finanzierung nicht gelingt, die Prävention von arbeitsbedingten Erkrankungen gesetzlich zu verankern. Dies ist mit Beginn des Jahres 2011 durch AGG nun doch erreicht worden (Buxbaum, Mitter, Panhölzl, Pirklbauer & Wöss, 2010, S. 14). Die Österreichische Regierung hat mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 das AGG erlassen und im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Regelungen eingeführt, die das Prinzip „Rehabilitation vor Pension“ verbindlich machen (Arbeit und Behinderung, 2012, www). Diese sekundär- und tertiärpräventiven Maßnahmen, wie auch primärpräventive Maßnahmen des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern sowie weitere Aktivitäten werden in den folgenden Kapiteln dargestellt. 3.1 Arbeitnehmerschutz Der gesetzlich verpflichtende Arbeitnehmerschutz kann als Primärprävention bezeichnet werden. Die Umsetzung der im österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) festgeschriebenen Maßnahmen in den Betrieben wird von der Arbeitsinspektion (AI) kontrolliert (Czeskleba & Ivansits, 2008, S. 76). Das ASchG basiert auf der EU Arbeitnehmerschutz-Rahmenrichtlinie (89/391/EWG). Es gilt abgesehen von wenigen Ausnahmen für „alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind“, auch für Zeitarbeiter (BMASK, 2009a, S. 1). Arbeitgeber sind verpflichtet die Arbeitsschutzbestimmungen einzuhalten, Arbeitnehmer haben gemäß der Unterweisung des Vorgesetzten eine Mitwirkungspflicht. Die Verantwortung bleibt jedoch beim Arbeitgeber (BMASK, 2009a, S. 1). Dieser muss bei der Übertragung der Aufgaben auf die Eignung des Beschäftigten Rücksicht nehmen. Insbesondere bezieht sich dies auf Körperver- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 35 Kernkompetenzbereich Gesundheit fassung, Leistungsfähigkeit, Alter und Eignung (Österreichische Bundesregierung, 1994, § 6, Abs. 1). Verpflichtend müssen vom Arbeitgeber Arbeitsplatzevaluierungen, auch Gefährdungsbeurteilungen genannt, durchgeführt werden. Dabei sind alle Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer systematisch zu erforschen und zu bewerten. „Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sind auch besonders gefährdete oder schutzbedürftige Arbeitnehmer sowie die Eignung der Arbeitnehmer im Hinblick auf Konstitution, Körperkräfte, Alter und Qualifikation […] zu berücksichtigen“ (Österreichische Bundesregierung, 1994, § 4, Abs. 2). Auf dieser Basis müssen geeignete Maßnahmen zur Gefahrenverhütung abgeleitet und in Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten festgehalten werden (BMASK, 2009a, S. 3). Eine Erhebung der AI zeigte auf, dass nur in 75% der untersuchten Betriebe Gefährdungsbeurteilungen vorhanden waren. Lediglich in 61% der Fälle wurden diese auch wie vorgeschrieben an sich ändernde Gegebenheiten oder auf Grund bestimmter Vorkommnisse angepasst. In 1.622 Fällen mussten Arbeitgeber aufgefordert werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen, bzw. Mängel zu beheben. Auffallend ist, dass in einem Drittel der Kleinbetriebe bis 10 Mitarbeiter keine Gefährdungsbeurteilungen vorlagen. Je größer der Betrieb, desto eher werden diese durchgeführt: in Betrieben über 100 Arbeitnehmer sind es beinahe 100%. Dies gilt auch für die Frage, ob der Bezug auf das Alter gemäß § 6 ASchG in den Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen wird. Weniger als ein Viertel der Betriebe bis 50 Mitarbeiter und ca. 40 % der Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern berücksichtigen das Alter. Das heißt, die Situation in größeren Betrieben ist zwar besser, jedoch nicht zufriedenstellend. Es wird von mangelnder Sensibilität der Betriebe dem Thema gegenüber ausgegangen (Piller, 2011, S. 8, 10–11). Im Rahmen der Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 soll unter anderem die Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen, beispielsweise durch Unterstützungsmaßnahmen für KMU, verbessert werden (AI, 2012, www). Werden von der AI Übertretungen des Arbeitsschutzes festgestellt, so kann je nach Schwere zunächst eine Aufforderung zur Einhaltung oder sofort eine Anzeige bei der Verwaltungsstrafbehörde eingereicht werden (Österreichische Bundesregierung, 1993, § 9, Abs. 1, 2, 3). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 36 Kernkompetenzbereich Gesundheit Betriebe ab 50 Mitarbeiter sind verpflichtet Präventivfachkräfte, das sind Arbeitsmediziner oder Sicherheitsfachkräfte, zu beschäftigen. (Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern stehen die Präventionszentren der Unfallversicherungsträger zur Verfügung.) Im Rahmen dieser Verpflichtung können auch im Ausmaß von 25% der Gesamtpräventionszeit Arbeitspsychologen eingesetzt werden. Diese sind Experten für die Gestaltung gesundheitsschonender und alter(n)sgerechter Arbeitsplatzgestaltung. Sie ermitteln durch Arbeitsplatzanalysen belastende und gesundheitsschädigende Faktoren und setzen gemeinsam mit Arbeitsmedizinern und Sicherheitsfachkräften Maßnahmen und Programme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Betrieb um (Eberherr et al., 2006, S. 76). Die Beschäftigung der Arbeitspsychologen, das soll hier nochmals hervorgehoben werden, ist freiwillig. Da psychische Erkrankungen im stetigen Zunehmen begriffen sind (s. Kapitel 2.6), stellt eine Beschäftigung dieser Arbeitspsychologen eine sinnvolle präventive Maßnahme dar. Für jeden Betrieb, der Mitarbeiter beschäftigt, besteht eine Verpflichtung zur sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung. Für KMU bis 50 Arbeitnehmer bietet die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) im Rahmen von „AUVAsicher“ kostenlose Beratung in ihren regionalen Präventionszentren an (ebd., S. 77). Die AI hat seit dem Jahr 2007 einen Schwerpunkt zu alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung gesetzt, wobei sie Beratung und Kontrollaktionen in KMU durchführen. Die Unternehmen sollen dabei angeregt werden „eine Altersstrukturanalyse durchzuführen, alterskritische Arbeitsvorgänge und Einwirkungen zu ermitteln und alter(n)sförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen“ (AI, 2010, www). Die Altersstrukturanalyse kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, dabei wird von der AI ein Erhebungstool zur Verfügung gestellt (ebd., www). 3.2 Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) – „fit2work“ Das AGG zielt auf die Umsetzung einer Gesamtstrategie zur Erhaltung der Arbeitsund Beschäftigungsfähigkeit ab und „fit2work“ ist das zentrale Element dieser Strategie. „fit2work“ wird als Navigationsinstrument zur Bekämpfung von Frühpensionierung und Langzeitarbeitslosigkeit bezeichnet. Auf Grund des erst jungen AGG – es besteht erst seit etwas mehr als einem Jahr – gilt es, diese Gesamtstrategie Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 37 Kernkompetenzbereich Gesundheit noch zu entwickeln, zu evaluieren und zu adaptieren. Vor allem eine verstärkte Vernetzung und bessere Nutzung sowie die Weiterentwicklung bereits bestehender Angebote stehen im Zentrum des AGG (Operschall, 2012, S. 8). Anlass zur Entwicklung des AGG war unter anderem der Ruf des Rechnungshofs (2005 und 2009) nach dem Bedarf an Koordinierung der Gesundheitsförderung zwischen Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträgern, da dort Effizienzverluste entstehen. Daraufhin wurden in drei Bundesländern Pilotversuche gestartet, die Beratungsstellen für Arbeitsfähigkeit, Gesundheit und Arbeitsplatzerhalt anbieten sollten. In Wien war dies das Projekt „Service Arbeit und Gesundheit“, in der Steiermark „Präventionsmanagement“ und in Niederösterreich „WorkFit“. Die Erkenntnisse aus diesen Pilotprojekten, wie auch Projekte aus Finnland und den Niederlanden dienten als Grundlage zur Erstellung des AGG. Im Jahr 2009 wurde vom WIFO empfohlen ein Angebot zu schaffen, das primäre Prävention mit diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen der sekundären und tertiären Prävention verknüpft. Dies ist nun einer der Grundsätze von „fit2work“. Die Projektpartner sind: AUVA, AI, AMS, BSB, Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HVSVT), Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK), Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bundesministerium für Finanzen (BMF) sowie Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) (BMASK, 2011a, S. 3; Operschall, 2012, S. 9). Die eigentliche Beratungsleistung (z.B. bezüglich Förderungen, Arbeitsplatzadaptionen, psychosozialen Unterstützungsmaßnahmen, Schulungen) wird jedoch durch externe Partner in jedem Bundesland erbracht (BMASK, 2010, S. 5). Die Umsetzung erfolgt schrittweise. Zunächst wurde die Personenberatung mit 1.9.2011 in der Steiermark und mit 3.10.2011 in Wien und Niederösterreich gestartet. Im Jahr 2012 folgen die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Tirol sowie die Umsetzung auf Betriebsebene (BMASK, 2011a, S. 3). Zum momentanen Zeitpunkt (Februar 2012) sind drei Beratungsstellen zur Personenberatung in Betrieb: Wien, Niederösterreich und Steiermark. Grundsätzliches Ziel von „fit2work“ ist ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsprozess zu verhindern und so das Know-how in den Betrieben zu halten. Dies soll durch die Verbesserung des Gesundheitszustandes sowie durch die Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 38 Kernkompetenzbereich Gesundheit Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Arbeitswelt erreicht werden (Operschall, 2012, S. 8). Am Ende der Maßnahmen soll eine berufliche (Re-)Integration, entweder am selben Arbeitsplatz, im selben Betrieb oder nach einem Arbeitsplatz/Betriebswechsel, stehen sowie durch präventive Maßnahmen die langfristige Erhaltung der Arbeitsfähigkeit erreicht werden (fit2work, 2011, S. 1–2). Arbeitnehmer sowie Kurzzeitarbeitslose (maximal drei Monate), die mehr als 40 Krankenstandstage innerhalb des vergangenen Jahres aufweisen, werden von der zuständigen Krankenkasse bzw. dem AMS kontaktiert und über das Beratungsangebot informiert (BMASK, 2010, S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7). Die Teilnahme ist grundsätzlich freiwillig und für die teilnehmende Person kostenlos. In manchen Fällen reicht eine Beratung in einem Gespräch aus. Ist dies nicht der Fall, werden die zu beratenden Personen mittels Case-Manager durch den Prozess begleitet. Zuerst wird ein Basischeck unter Berücksichtigung multipler Problemlagen und der privaten Gesundheitsrisiken durch arbeitsmedizinisch, arbeitspsychologisch und berufsdiagnostisch ausgebildetes Personal durchgeführt. Deren Ergebnisse bilden dann die Grundlage für den weiteren Entwicklungs- und Maßnahmenplan. Der Case Manager begleitet den Kunden während der Umsetzungsphase. Mögliche Maßnahmen sind individuelle gesundheitsfördernde Programme, Rehabilitationsmaßnahmen, Lebens- und Sozialberatung, Psychotherapie, berufliche Weiter- bzw. Ausbildung oder eine Adaptierung des Arbeitsplatzes. Die erfolgreiche nachhaltige Integration der Person auf einen gesundheitsadäquaten Arbeitsplatz bildet den Abschluss des Case Managements. Die Nachhaltigkeit wird nach sechs Monaten nochmals überprüft (Operschall, 2012, S. 11). Das Angebot für interessierte Betriebe und Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen wird in zwei Etappen aufgebaut. Zunächst bietet „fit2work“ als Erstanlaufstelle qualifizierten Weiterverweis an. Erst in der zweiten Ausbaustufe wird ein spezifisches Beratungsangebot entwickelt. Nehmen dann Betriebe eine Beratung in Anspruch, wird zunächst eine Kurz-Diagnostik des Betriebs (in der Regel im Rahmen von „AUVAsicher“) mittels einer StärkenSchwächen-Analyse und strukturierter Erhebung der Daten durchgeführt (s. Abbildung 10). Dazu wird mit den bestehenden betrieblich beauftragten Personen (Arbeitsmediziner, Sicherheitsfachkräfte) zusammengearbeitet. Anschließend fällt die Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 39 Kernkompetenzbereich Gesundheit Entscheidung über die weitere Vorgangsweise. Maßnahmen können beispielsweise eine adaptierte Arbeitsorganisation, die Implementierung von BGF, eine Arbeitsplatzadaptierungen, die Förderung der Arbeitsfähigkeit (auf Basis des finnischen Modells des Hauses der Arbeitsfähigkeit), Arbeitsbewältigungscoachings, Generationenmanagement, Lebenslanges Lernen oder Wissensmanagement sein. Diese werden in ein Lösungskonzept eingebettet und vom Betrieb umgesetzt. Nach sechs Monaten erfolgt ein Feedback-Gespräch zwischen dem Betrieb und „fit2work“ (BMASK, 2010, S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7). Abbildung 10: „fit2work“ Ablauf der Betriebsberatung, Operschall (2012, S. 10) Über „fit2work“ werden für Betriebe nur das betriebliche Eingliederungsmanagement (für Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen bzw. Menschen mit Behinderung) und der „Arbeitsbewältigungs-Index PlusTM“ (ABI PlusTM) organisiert. Dies soll gewährleisten, dass nur ergänzende Beratungsleistungen angeboten werden und keine Doppelgleisigkeiten zu den bestehenden Angeboten der Projekt- und Sozialpartner entstehen. Auch das Angebot für Betriebe ist kostenfrei. Vorgegebene Standards und Prozesse sollen die Qualität des Angebots garantieren (Operschall, 2012, S. 9–10; BMASK, 2010, S. 4; BMASK, 2011a, S. 6–7). Das Beratungsangebot für Personen und Betriebe soll durch Öffentlichkeitsarbeit bei den Zielgruppen bekannt gemacht werden. Den Menschen soll aufgezeigt werden, dass sie persönlich – durch den Erhalt ihrer Gesundheit und damit auch ihrer Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 40 Kernkompetenzbereich Gesundheit Arbeitsstelle – profitieren. Auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema „gesunde Arbeitswelt“ ist im Rahmen von „fit2work“ vorgesehen. Zur Öffentlichkeitsarbeit ist auch die Einrichtung der Homepage (www.fit2work.at) zu zählen. Sie dient als Wissensplattform zur Information aller interessierten Personen. Dabei können Erstinformationen eingeholt, Selbstchecks von Kunden und Betrieben durchgeführt und Best Practice Beispiele sowie Tipps eingeholt werden (Operschall, 2012, S. 11– 12). Die Finanzierung der Personal- und Sachaufwendungen des Angebots tragen zu 40% die Sozialversicherungsträger (1/6 Träger der Krankenversicherung, 1/6 Träger der Unfallversicherung, 2/3 Träger der PVA), zu ebenfalls 40% das BMASK zu Lasten der Gebarung Arbeitsmarktpolitik und zu 20% das BSB. Die Finanzierungsanteile werden jedes Jahr auf Grundlage der im Vorjahr verzeichneten Nutzung des Angebots neu berechnet. Personen, die Leistungen in Anspruch genommen haben, sind den finanzierenden Institutionen folgendermaßen zuzurechnen: begünstigte Behinderte dem BSB, Arbeitslose oder arbeitsuchend Vorgemerkte dem AMS und alle anderen Personen den Sozialversicherungsträgern (Österreichische Bundes- regierung, 2011, § 6). Die jährliche Evaluierung von „fit2work“ durch die Steuerungsgruppe ermöglicht erstmals eine systematische Bestandsaufnahme bestehender Maßnahmen. Deren Effektivität und Effizienz können eingeschätzt, Strukturen analysiert und fehlende Angebote und Versorgungslücken können aufgedeckt und beseitigt werden. Aber auch die Folgewirkungen der Beratungsleistungen und die budgetären Auswirkungen können somit überprüft werden (Operschall, 2012, S. 10). 3.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung Neben dem persönlichen Nutzen für die teilnehmenden Personen, wird auch ein Anstieg der Erwerbstätigenquote bei Älteren durch geringere Arbeitslosigkeit und geringere Invalidisierung erwartet. Dadurch sind Kostenersparnisse im Bereich der Kranken-, Pensions-, Unfall-, und Arbeitslosenversicherung zu erwarten. Zusätzliche Einnahmen durch längere Beschäftigung bringen auch Beiträge an die Sozialversicherung, wodurch der demografisch bedingte Druck auf die Lohnnebenkosten ge- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 41 Kernkompetenzbereich Gesundheit mindert sowie mittel- bis langfristig ein Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich erbracht wird. Auf Seiten der Betriebe sind Vorteile zu erwarten: - der Verbleib von betriebsinternem Wissen & Know-how durch ermöglichte längere Beschäftigung - eine Senkung der Kosten durch Krankenstände sowie - eine Reduktion der Aufwände für die Suche und den Einsatz von Ersatzarbeitskräften (BMASK, 2010, S. 1). Alle Teile des „fit2work“-Angebots, bestehend aus Informations- und Wissensplattform, begleitender Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Case Management für Personen sowie Beratung für Betriebe, wurden basierend auf den Erfahrungen der drei Pilotprojekte auf ihre Kosten geschätzt - Die tatsächlichen Kosten werden jedoch von der Akzeptanz durch die Personen und Betriebe abhängen. So soll jeder investierte Euro zumindest dreifach innerhalb eines Jahres zurückkommen. Allein die durchschnittliche Verzögerung des Anfalls der Invaliditätspension um ein Jahr bringt eine Ersparnis von rund 300 Mio. €. Bis zum Endausbau im Jahr 2013 ist bei rund 18.500 Beratungsfällen und zirka 500 Betriebsberatungen mit Gesamtkosten von rund 27,5 Mio. € und im Gegenzug mit Einsparungen von rund 66,5 Mio. € (geringere Ausgaben für Transferleistungen, höhere Steuer- und Beitragseinnahmen) zu rechnen. Insgesamt ergibt dies eine Ersparnis von 39 Mio. € pro Jahr (ebd., S. 3). Die Evaluation der drei Pilotprojekte zeigte, dass rund ein Viertel der Beratenen ihren Job behalten konnten und ca. 40% der ehemals Erwerbslosen auf Grund der Beratung wieder erwerbstätig wurden. Insgesamt gaben die Teilnehmer an, nach der Beratung ihre (neue) Tätigkeit weniger belastend zu empfinden und sich in ihrer Arbeit weniger eingeschränkt zu fühlen. Neben dem ökonomischen Nutzen ist auch der Gewinn an Lebensqualität nicht außer Acht zu lassen. Ist ein Arbeitsplatz gesundheitsadäquat, sinnstiftend und können durch die gesetzten Maßnahmen psychische und psychosoziale Probleme, Krankheit, Armut usw. verhindert werden, so ist ein Nutzen für die einzelne beratene Person jedenfalls erreicht (fit2work, 2011, S. 1; 3). 3.2.2 Bewertung von „fit2work“ „fit2work“ richtet sich zwar nicht gezielt an ältere Personen, wurde allerdings mit der Zielsetzung einer längeren Erwerbstätigkeit älterer Beschäftigter, also der Reduktion der Invaliditätspensionen, entwickelt. Die Maßnahmen werden älteren Personen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 42 Kernkompetenzbereich Gesundheit auch in hohem Maße zugutekommen, da der Fehlzeitenreport 2011 aufgezeigt hat, dass bei 55- bis 60-jährigen Beschäftigten die Summe der Krankenstandstage am höchsten ist und Krankenstände mit mehr als sechs Wochen gute Indikatoren für einen wahrscheinlichen Übergang in eine Invaliditätspension sind. Da „fit2work“ bei eben dieser Anzahl an Krankenstandstagen ansetzt, ist zu erwarten, dass das Case Management auf die richtige Personengruppe ausgerichtet ist. Aufgrund des Monitorings der Beschäftigungsfähigkeit im Rahmen von „fit2work“ wird erwartet, auch Erkenntnisse über das Krankheitsgeschehen (vor allem bei psychischen Erkrankungen) in Zusammenhang mit dem Invalidisierungsrisiko zu gewinnen und Maßnahmen dementsprechend anzupassen. Da das Zusammentreffen von Arbeitslosigkeit und Krankheit die Wahrscheinlichkeit eines Übertritts in die Invaliditätspension stark erhöhen, ist die Ausrichtung von „fit2work“ auf Arbeitslose mit gesundheitlicher Beeinträchtigung auch als positiv zu bewerten (Leoni, 2011, S. 28; 102). Ob eine gesundheitspolitische Strategie als ausreichend bezeichnet werden kann, die erst dann ansetzt, wenn vermehrte Krankenstandstage auftreten, ist fraglich. Denn Invaliditätspensionisten weisen laut Statistik bereits viele Jahre vor Pensionierung eine erhöhte Anzahl an Krankenstandstagen auf. Derzeit lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, zu welchem Zeitpunkt eine Früherkennung stattfinden muss, um erfolgreich zu sein. Diese Maßnahmen der sekundären und tertiären Prävention dürfen daher keinesfalls primäre Prävention ersetzen, sondern nur zusätzlich zu dieser stattfinden. Insgesamt gehen das AGG und das „fit2work“-Projekt in die richtige Richtung, um die Gesundheit und Erwerbsfähigkeit der österreichischen Beschäftigten zu stärken. Es ist allerdings nicht eindeutig abzuschätzen, in welchem Ausmaß Effekte auf die Invaliditätspensionen erreicht werden können. Auf Grund der geplanten Evaluierung der Angebote im Rahmen von „fit2work“ kann allerdings im Laufe der Zeit die Treffsicherheit und Effektivität erhöht werden. Jedoch darf die Tatsache, dass nicht nur die Gesundheit für den Zugang in die Invaliditätspension ausschlaggebend ist, sondern auch die Arbeitsmarktlage sowie die Gestaltung des Pensionssystems, bei der Bewertung des Effekts von „fit2work“ nicht außer Acht gelassen werden (Leoni, 2011, S. 103–104). Kritisch hinterfragt wird das AGG auch vom Dachverband berufliche Integration Österreich. Dieser meint in einer Stellungnahme zum Ministerialentwurf des Gesetzes, dass bei dem Angebot neue Strukturen aufgebaut werden, obwohl genau diese Aufgaben bereits seit vielen Jahren abgedeckt und erfolgreich genützt werden, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 43 Kernkompetenzbereich Gesundheit z.B. durch die Arbeitsassistenz. Weiters würden durch das gänzlich neue Angebot Expertisen, bereits gewonnene Erfahrungen sowie Synergien nicht genützt und Doppelstrukturen aufgebaut. Der Dachverband erwartet daher weder für betroffene Personen, noch für Betriebe eine positive Wirkung (Mayrhofer, 2010, S. 3–4). Der HVSVT kritisiert das AGG in der Hinsicht, dass lediglich Präventionsmaßnahmen im Setting „betrieblicher Lebensraum“ gesetzt werden. Dies sei zwar sehr bedeutend, allerdings nur ein Ausschnitt der Prävention (HVSVT, 2010, S. 1–3). Im Ministerialentwurf wurde zunächst wenig Rücksicht auf die bereits bestehenden Beratungsangebote für Betriebe genommen. Der HVSVT wies auf die Problematik der Doppelgleisigkeit hin und führte als Beispiel das Angebot des Österreichischen Netzwerks für betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) an. Hier würden bereits die Krankenversicherungsträger, AUVA, HVSVT und die Sozialpartner zusammenarbeiten. Es wurden Kompetenzen und Ressourcen in den Regionalstellen (zumeist bei den Gebietskrankenkassen) in allen Bundesländern aufgebaut. Daher könnte es bei dem zusätzlichen Angebot von „fit2work“ auch zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Partnern des Netzwerks kommen (ebd.). Auf Grund der vielfachen Stellungnahmen bezüglich des Aufbaus von Parallelstrukturen, wurde im Gesetz schließlich darauf eingegangen und formuliert, dass nur ergänzende Beratungsleistungen, nämlich das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und der ABI PlusTM im Rahmen von „fit2work“ angeboten werden. Die Wirtschaftskammer Österreichs (WKÖ) bezweifelt in Ihrer Stellungnahme vor allem den Einsparungseffekt von 66,5 Mio. € und ist der Meinung, dass eine Weiterführung der bereits laufenden Projekte wesentlich kostensparender aber ebenso zielführend sei und spricht von einem im AGG vorgesehenen „aufgeblähtem Verwaltungsapparat“. Die WKÖ zweifelt an einem Mehrwert des Gesetzes (Leitl & Hochhauser, 2010, S. 1–2). 3.3 Rehabilitation Rehabilitation ist Aufgabe der gesetzlichen Sozialversicherung, d.h. der Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung. Maßnahmen der Rehabilitation werden in Form von Sach- oder Geldleistungen erbracht. Die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Pensionsversicherung erbringen alle drei Arten: medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation. Während die Unfallversicherung nur Leistungen erbringt, die im Zuge von Arbeits- bzw. Dienstunfällen sowie auf Grund von Berufskrankheiten Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 44 Kernkompetenzbereich Gesundheit erforderlich sind, muss für Leistungen der Pensionsversicherung bereits Invalidität vorliegen oder in absehbarer Zeit eintreten. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation sind beispielsweise Maßnahmen zur Erhaltung des bisherigen Berufs oder Umschulungen zur Wiedererlangung der Berufsfähigkeit. Die gesetzliche Krankenversicherung erbringt nur Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Anschluss an die Krankenbehandlung (BMASK, 2009b, S. 17–19). Mit dem geltenden Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ wurde ein Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation geschaffen, das bedeutet, dass versicherte Personen ein Recht auf berufliche Rehabilitation haben, wenn sie die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension wahrscheinlich oder in absehbarer Zeit erfüllen (Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit). Umgekehrt heißt dies, dass ein Antrag auf Invaliditätspension zunächst ein Antrag auf berufliche Rehabilitation ist (HELP.gv.at, 2010, www). Diese Maßnahmen werden vom zuständigen Pensionsversicherungsträger erbracht. Der Betroffene erhält während der Rehabilitation ein Übergangsgeld im Ausmaß der fiktiven Pensionshöhe (PVA, 2012, www). Bevor eine versicherte Person eine frühzeitige Pension antritt, soll mittels Rehabilitationsmaßnahmen versucht werden die Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen und eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Der Versicherte hat dabei Mitwirkungspflicht, seine Zustimmung muss nicht eingeholt werden. Allerdings werden die Rehabilitationsmaßnahmen von den Betroffenen oftmals nicht mitgetragen, da sie mit dem Pensionsantrag bereits „gedanklich in Pension“ sind. Die Maßnahmen zur Rehabilitation werden also zu spät durchgeführt und sind dann wirkungslos. Es wird daher vorgeschlagen, einen eigenen Antrag auf berufliche Rehabilitation zu entwickeln, unabhängig von einem Ansuchen für eine Invaliditätspension (BMASK, 2009b, S. 3; 99). Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz (SRÄG 2010) wurde unter dem Titel „Gesundheitsstraße“ eine unbürokratische Feststellung der Arbeitsfähigkeit von gesundheitlich beeinträchtigten arbeitslosen Personen erreicht. Seither ist dazu nicht mehr nötig, zunächst einen Pensionsantrag bei der PVA zu stellen. Das AMS lässt die Arbeitsfähigkeit von Ärzten der PVA prüfen und akzeptiert das Ergebnis, wodurch die Verfahrensdauer verkürzt und medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen früher eingeleitet werden können. Durch diese frühzeitigen Maßnahmen soll Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 45 Kernkompetenzbereich Gesundheit kurz- und mittelfristig Arbeitslosigkeit und langfristig Invalidität vermieden werden (Buxbaum et al., 2010, S. 20). 3.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen Im Jahr 2010 wurden die ökonomischen Vorteile der beruflichen Rehabilitation im Auftrag der AK Wien errechnet. Für die Berechnung werden Annahmen von 2.000 Teilnehmern pro Jahr, im Durchschnitt 50 Jahre alt und einer Wiedereingliederungsquote von 80% getroffen. Für die Kosten der im Durchschnitt 18 Monate dauernden beruflichen Rehabilitation werden pro Person 26.000 € an Maßnahmenkosten und 21.000 € an Leistungskosten (Übergangsgeld) kalkuliert. Die Berechnungen zeigen, dass es durch die Rehabilitationsmaßnahmen gelingt, dauerhaft bis zu 9.600 Personen zusätzlich in Beschäftigung zu bringen. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Pensionsantritt durch die Maßnahmen im Durchschnitt um fünf Jahre verzögert. Die Effekte sind insgesamt beachtlich und zeigen trotz hoher individueller Investitionskosten eindeutig eine positive Bilanz: bereits ab dem vierten Jahr nach Anlaufen des Rehabilitationsprogramms (2014) ergeben sich erste Einsparungen für den öffentlichen Haushalt von 32 Mio. €, die bis zum elften Jahr (letztes Jahr der Berechnungen ist 2020) auf jährlich 159 Mio. € ansteigen (Buxbaum et al., 2010, S. 14– 19). Die Effekte der Rehabilitationsmaßnahmen durch die Gesundheitsstraße sind ebenso beachtlich. So wird bei vorliegender Berechnung davon ausgegangen, dass pro Jahr bis zu 5.000 arbeitslose Personen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung an den durch die Gesundheitsstraße empfohlenen Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen werden. Die Dauer der Maßnahmen wird im Durchschnitt mit 12 Monaten angenommen. Die Kosten belaufen sich auf 15.000 € pro Person. Die Berechnungen zeigen bei einer 60%igen Wiedereingliederungsrate über fünf Jahre bereits ab dem dritten Jahr nach Beginn eine positive Bilanz, dass heißt die Rückflüsse übersteigen die Kosten für die Gesundheitsstraße. Die Mehreinnahmen steigen auf bis zu 325 Mio. € im elften Jahr (letztes Jahr der Berechnungen ist 2020) an (ebd., S. 20– 23). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 46 Kernkompetenzbereich Gesundheit 3.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen Beschäftigungsfähigkeit wird als Schlüsselbegriff zukunftsorientierter Sozialpolitik beschrieben, da die Kombination von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter und schlechter Qualifikation sehr oft in Langzeitarbeitslosigkeit und in der Folge zu Frühpensionierungen wegen Invalidität führen. Denn ohne zielgerichtete medizinische und berufliche Rehabilitation bedeutet Arbeitslosigkeit für Menschen, die ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können, den Beginn einer schleichenden Dequalifizierung. So ist die Forcierung von Prävention und alter(n)sgerechten Arbeitsplätzen unabdingbar, um die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern und die Chancen von Menschen im höheren Erwerbsalter am Arbeitsmarkt zu verbessern (ebd., S. 14). Mit der beruflichen Rehabilitation kann sehr rasch ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im Alter geleistet werden. Dennoch wurden auf Grund von 76.000 gestellten Anträgen auf Invaliditätspension im Jahr 2009, nur 350 berufliche Rehabilitationen durchgeführt. Eine Ausweitung der beruflichen Rehabilitation ist jedenfalls erforderlich (ebd.). Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Gesundheitsstraße gibt aus Sicht der Sozialpartner. Es wird bei Bedarf eine Ausweitung der Gesundheitsstraße von derzeit ca. 5.000 auf 10.000 Personen gefordert, um die Pensionsanträge zu reduzieren. Rund 90% der Antragsteller kommen nach der Untersuchung bei der PVA mit einer Empfehlung zur beruflichen Rehabilitation zum AMS zurück. Hier gilt es, die Betreuung und Qualifikation dieser Personen beim AMS zu verbessern (Die Sozialpartner Österreich, 2011, S. 4). Die Koordinierung der Zuständigkeiten zwischen den Rehabilitationsträgern in Österreich ist durch eine unscharfe Formulierung der gesetzlichen Grundlagen schwierig. Zahlreiche Richtlinien und Vereinbarungen zwischen den Trägern sollen dem Problem entgegenwirken. Dennoch sind die Zuständigkeiten oftmals schwer nachvollziehbar. Eine eindeutige gesetzliche Formulierung würde eine effizientere Zusammenarbeit der Träger und patientenfreundlichere Administration ermöglichen (BMASK, 2009b, S. 21). Da nur Personen mit Berufsschutz Anspruch auf berufliche Rehabilitation haben, sind Arbeitnehmer ohne diesen Schutz von diesen Maßnahmen ausgeschlossen. Berufsschutz ist gegeben, wenn der bisher ausgeübte Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann, die betreffende Person aber vor der Verweisung in einen anderen Beruf geschützt wird. Auf Berufsschutz haben jene Personen Anspruch, die in den letzten 15 Jahren überwiegend in einem erlernten Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 47 Kernkompetenzbereich Gesundheit (angelernten) Beruf tätig waren. Das bedeutet: alle die keinen Berufsschutz haben, und das sind vor allem jene in unqualifizierten Tätigkeiten, können in andere Berufe verwiesen werden und haben keinen Zugang zu beruflicher Rehabilitation. Das sind jedoch genau jene Arbeitnehmer, die in Berufen mit hohen Belastungen tätig sind und eine frühzeitige Invalidisierung zu befürchten ist. Von der Arbeitsgruppe „Neugestaltung des Invaliditätsrechts“ wird daher empfohlen, „auch Personen ohne Berufsschutz unter bestimmten Voraussetzungen einen Zugang zur beruflichen Rehabilitation zu ermöglichen“ (ebd., S. 238). 3.4 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) Nach der Luxemburger Deklaration umfasst BGF „alle gemeinsamen Massnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz“ (ENWHP, 1997, S. 2). Gesundheitsförderung und Prävention sind Pflichtaufgaben der Krankenversicherungsträger (§ 116 ASVG), d.h. Leistungen sind im Ermessen der Träger zu erbringen. Im Setting Betrieb kann durch BGF arbeitsbedingten Erkrankungen vorgebeugt werden. Dies wird mittlerweile auch von allen Krankenkassen durchgeführt. BGF als Begriff ist jedoch in keinem österreichischen Gesetz zu finden, allerdings bietet das ASchG eine Umschreibung (BMASK, 2009b, S. 34): „Arbeitsmediziner haben die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes, der auf die Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheitsförderung und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen“ (Österreichische Bundesregierung, 1994, § 81, Abs. 1). BGF kann als Erweiterung und Ergänzung des Arbeitnehmerschutzes verstanden werden. Das ASchG schreibt den Arbeitnehmern eine eher „passive, auf Vermeidungshaltung gerichtete Rolle“ zu (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 18). Betriebliche Gesundheitsförderung bezieht jedoch den einzelnen Arbeitnehmer aktiv in die Prozesse und Interventionen mit ein (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 19). Arbeitnehmerschutz und BGF können innerhalb des Betriebes zu einem ergänzenden System zusammengeführt werden. Da das ASchG verpflichtend, BGF jedoch freiwillig durchzuführen ist, wird Letzteres noch eher selten umgesetzt. Das BMWFJ zeigt in einem Leitfaden für die Einführung eines Sicherheits- und Gesundheits- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 48 Kernkompetenzbereich Gesundheit managementsystem wie dieses ergänzende System in Betrieben gestaltet sein kann. Die AUVA hat dazu ein für Betriebe kostenpflichtiges Konzept „Sicherheits- und Gesundheitsmanagement“ (SGM) entwickelt (BMASK, 2009b, S. 42). Das im Jahr 1998 erlassene Gesundheitsförderungsgesetz, dessen Maßnahmen dem Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) übertragen wurden, hat auch der BGF Vorschub geleistet (ebd., S. 35). Österreich war das erste Land der Europäischen Union, das ein flächendeckendes nationales Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) aufgebaut hat. Im Jahr 1996 wurde das Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) gegründet und im Jahr 2000 das ÖNBGF. Die Kontakt- und Regionalstellen sind bei den Krankenversicherungsträgern angesiedelt, mit Ausnahme Vorarlbergs. Hier wurde von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse der Fonds Gesundes Vorarlberg beauftragt. Auch der HVSVT, die AUVA, die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA), die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), die Bundesarbeiterkammer (BAK), die WKÖ, der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Vereinigung der österreichischen Industrie (IV) sind am Netzwerk beteiligt. Der ÖNBGF hat die Verbreitung und Weiterentwicklung einer ganzheitlichen BGF in Österreich sowie die Einbindung der Sozialpartner zur Aufgabe. Wichtigste Aufgaben sind eine systematische Öffentlichkeitsarbeit sowie die Unterstützung der Betriebe bei der Umsetzung von BGF. Die Homepage des ÖNBGF enthält eine Projektdatenbank, Informationen über Gesundheitszirkelleiter für Betriebe und der seit dem Jahr 2002 vergebene BGF-Preis wird hier ausgeschrieben. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse bietet beispielsweise im Rahmen dieses Netzwerks für Betriebe ab 50 Mitarbeiter Krankenstandsauswertungen für die Suche nach geeigneten BGF-Maßnahmen an. Hat ein Unternehmen vor, ein ganzheitliches BGF-Projekt umzusetzen, ist diese Auswertung kostenlos (Leoni & Mahringer, 2008, S. 133–134; Kiesewetter & Hirtenlehner, 2006, S. 63–64; Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 33). Der FGÖ unterstützt KMU mit weniger als 100 Mitarbeitern bei der Umsetzung von BGF (Kohlbacher & Meggeneder, 2006, S. 35). Auch durch Förderungen und Finanzierungen in unterschiedlichem Ausmaß werden Betriebe durch den FGÖ sowie die Krankenversicherungen unterstützt. Ein von den Sozialpartnern initiiertes Projekt „Arbeit und Gesundheit“ bietet über die Homepage www.arbeitundgesundheit.at Informationen und Praxisbeispiele zur Durchführung von BGF und Arbeitsschutz an (Arbeit und Gesundheit, 2010, www). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 49 Kernkompetenzbereich Gesundheit 3.4.1 Nutzen von BGF BGF sollte hinsichtlich des demografischen Wandels aus gezielten Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer sowie altersgruppenübergreifenden Aktivitäten bestehen (s. Kapitel 2.8). Dies ermöglicht eine Reduktion von Invalidität und krankheitsbedingten Kosten. Ein verbessertes System der Gesundheitsvorsorge würde zu einem Einsparungsvolumen von bis zu 3,6 Mrd. € führen (1,4 Mrd. € durch verringerte Neuzugänge in die Invaliditätspension, 1 Mrd. € durch reduzierte Krankenstandskosten und 845 Mio. € auf Grund verringerter Ausgaben für die Krankenbehandlung) (Dür & Fürth, 2006, S. 109). BGF bringt für Betriebe, wenn rein der betriebswirtschaftliche Nutzen betrachtet werden soll, vor allem eine Verringerung der Kosten durch krankheitsbedingte Fehlzeiten und eingeschränkte Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer. Eine Reduktion der Krankenstände von bis zu 30% ist möglich. Auch eine Verbesserung des Unternehmensimages nach außen, ist ein positiver Effekt. Insgesamt wird ein „Return on Investment“ von 1:2,5 bis 1:10,1 angegeben (ebd., S. 108–109). 3.4.2 Bewertung der BGF-Maßnahmen Einer Studie der Arbeiterkammer (AK) zufolge hat BGF noch nicht den Stellenwert, den sie haben sollte. Nur 30% der befragten Arbeitnehmer hatten in den letzten 5 Jahren an BGF teilgenommen. Interessant ist jedoch, dass in Bezug auf das Alter geringe Abweichungen bestanden: 26% der Unter 39-Jährigen und 30,8% der 50- bis 54-Jährigen nahmen an BGF teil. Bei qualitätsgesicherten BGF-Maßnahmen waren es noch weniger (Fehlzeitenreport 2008) (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 15). Czeskleba & Ivansits (2008, S. 75) drücken die Problematik folgendermaßen aus: „Ausschließlich auf appellativem Wege ist kaum eine wirksame Präventions- und Gesundheitsförderung realisierbar“. Es herrschen zahlreiche Defizite wie Unverbindlichkeit, Ziellosigkeit und mangelnde Koordination: eine Bundeskoordination ist erforderlich. 3.5 Altersteilzeit Ein gleitender Übergang in den Ruhestand mit einer kontinuierlich reduzierten Arbeitszeit hat eine präventive Wirkung gegenüber arbeitsbedingten Erkrankungen, da Arbeitsbelastungen verringert werden. Dies ermöglicht auch Arbeitnehmern mit Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 50 Kernkompetenzbereich Gesundheit eingeschränkter Leistungsfähigkeit einen Verbleib im Erwerbsleben (Fuchs, 2008, S. 93–94). In Österreich besteht die Möglichkeit Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Die neue Regelung mit 1.1.2011 besagt, dass Männer ab einem Alter von 58 Jahren und Frauen ab 53 Jahren in Altersteilzeitarbeit übertreten können. Bedingungen für die Inanspruchnahme sind: der Arbeitnehmer muss zuvor mindestens 3 Monate in dem Unternehmen beschäftigt sein, innerhalb der letzten 25 Jahre mindestens 15 Jahre arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung nachweisen können, sowie spätestens 7 Jahre nach dem Beginn der Altersteilzeit das Regelpensionsalter erreicht haben. Das bedeutet, dass die Altersteilzeit mit einer Maximaldauer von 7 Jahren beschränkt ist. Bei dem Modell der Altersteilzeit wird die vorhergehende Arbeitszeit auf 40% bis 60% reduziert und der Arbeitnehmer erhält zwischen 70% und 80% seines bisherigen Einkommens. Es bestehen zwei Formen der Altersteilzeit: eine gleichbleibende Arbeitszeit über die gesamte Laufzeit – wobei der Dienstgeber vom AMS einen Kostenersatz von 90% des Mehraufwands erhält – oder eine Blockzeitvereinbarung. Diese liegt vor, wenn Schwankungen der Normalarbeitszeit von über 20% bestehen, die nicht innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden sowie eine Freizeitphase von maximal 2,5 Jahren. Hier beträgt der Kostenersatz für den Dienstgeber nur 50% (statt bisher 55%). Die Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung wird in der bisherigen Höhe vom Arbeitgeber weiter bezahlt. Er erhält jedoch einen Zuschuss des AMS. Auch von Teilzeitangestellten kann Altersteilzeit in Anspruch genommen werden, wenn die Arbeitszeit in den letzten 12 Monaten weniger als 80%, mindestens jedoch 60% der Normalarbeitszeit betragen hat (GPA, 2011, www; AMS, 2012, www). Im Jahr 2010 haben rund 17.700 Personen (9.857 Männer; 7.857 Frauen) die Möglichkeit der Altersteilzeit in Anspruch genommen. Im Vergleich zum Vorjahr waren das circa 7% weniger. Die wechselnd geltende/nicht-geltende Regelung der Einstellungspflicht eines (bevorzugt älteren) Arbeitslosen oder Lehrlings anstelle des durch Altersteilzeit nicht oder nur teilweise besetzten Arbeitsplatzes, führte je nach dem zu einer selteneren/häufigeren Inanspruchnahme des Modells. Die zumeist gewählte Art der Altersteilzeit war bisher die Blockvariante. Durch die Reduktion der Förderung dieser Variante (geringerer Kostenersatz), ist jedoch insgesamt ein Verringerung der Inanspruchnahme zu erwarten (Sprenger, Rath & Hauger, 2011, S. 8; Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 51 Kernkompetenzbereich Gesundheit Hilgart, 2011, S. 5; 8). Cacace (2012, S. 12) berichtet über einen Rückgang der Blockvariante von 70% auf 35%. Zudem wurde im März 2012 beschlossen, dass zukünftig bei der Wahl des Blockmodells verpflichtend eine arbeitslose Person oder ein Lehrling einzustellen ist. Während die kontinuierliche Altersteilzeit bis zum Erreichen des tatsächlichen Pensionsantrittsalters ausgedehnt wurde, bleibt die Blockvariante weiterhin auf maximal 5 Jahre beschränkt (BMASK, 2012b, S. 6; 8). 3.5.1 Bewertung der Altersteilzeit Marin (2008, www) kritisiert die österreichische Altersteilzeit-Variante aus folgenden Gründen: Über drei Viertel aller Arbeitnehmer wählen die Blockvariante und erreichen somit lediglich eine andere Art der Frühpensionierung. Dies wird durch das AMS bzw. den Steuerzahler finanziert. Zudem nehmen vor allem jene die Altersteilzeit in Anspruch, die es sich leisten können, auf Einkommen zu verzichten, und nicht jene Arbeitnehmer in belastenden, schlecht bezahlten Berufen. Nur ein Drittel kommen aus dem Bereich Produktion, der überwiegende Teil aus dem Dienstleistungssektor, öffentlichen Dienst, Banken, Versicherungen, Krankenhäuser und Handelsunternehmen. 0,7% der Beteiligten profitieren demnach durch die AltersteilzeitRegelung gewinnen, 99,3% verlieren jedoch. Er erkennt in dieser Maßnahme nur eine teure Schönung der Beschäftigungs- und Frühpensionsstatistiken. Das Modell der Altersteilzeit wird als reformierungsbedürftig angesehen. Um eine präventive Wirkung von arbeitsbedingten Erkrankungen durch den gleitenden Übergang in den Ruhestand zu erreichen, sollte die Blockvariante abgeschafft werden. Eine weitere Überlegung ist auch die Möglichkeit einer längeren Dauer der Altersteilzeit mit einer schrittweisen Reduktion der Arbeitszeit (Fuchs, 2008, S. 93–94). Meggeneder & Hirtenlehner (2007, S. 474) beschreiben die kontinuierliche Reduktion der Arbeitszeit im Alter sowie den gleitenden Übergang in den Ruhestand als Möglichkeit für produktives Altern. 3.6 Alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation In Österreich gibt es zahlreiche Musterbeispiele von großen bis zu kleinen Betrieben aus den verschiedensten Branchen, die bereits Programme für alter(n)sgerechtes Arbeiten hinsichtlich der Arbeitsorganisation umsetzen. Dies sind beispielsweise flexible Arbeitszeitorganisation, alternssensible Dienstplangestaltung, Anpassung der Schichtarbeit, Mentoringsysteme, Wissensstaffette, Jobrotation oder die aktive Ein- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 52 Kernkompetenzbereich Gesundheit bindung der Mitarbeiter. In der überwiegenden Anzahl der Betriebe wird das Alter bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation allerdings noch zu wenig berücksichtigt. (Buxbaum & Reifinger, 2010, S. 18; 29–35). Abbildung 11 zeigt, dass die meisten Unternehmen Aktivitäten auf die jüngere Belegschaft konzentrieren: in nur 45% der befragten Betriebe kommen altersgemischte Teams oder Arbeitsgruppen zum Einsatz und nur 11% beziehen ältere Beschäftigte in die Entwicklung von Laufbahnmodellen ein. Abb. 11: Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen, Rauch (2010, S. 9) „Meist nutzen Unternehmen das Wissen über Ursachen von physischen und psychischen (chronischen) Krankheiten im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen, Arbeitstätigkeiten oder Arbeitsumgebung zurzeit noch zu wenig“ (Vogt & Elsigan, 2011, S. 9). 3.7 Überbetriebliche Initiativen Die Umsetzung von Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeit ist vor allem für KMU eine Herausforderung. Aus dem Grund sind überbetriebliche Akteure wie Arbeitgeberund Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaften und politische Institutionen gefordert, um diese bei der Durchführung zu unterstützen (Buck et al., 2002, S. 69). In Österreich gibt es zahlreiche Initiativen der Sozialpartner, Interessenvertreter und Ministerien, durch die Informationen, Beratungsangebote oder Auszeichnungen für Betriebe be- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 53 Kernkompetenzbereich Gesundheit züglich alter(n)sgerechter Arbeit angeboten werden. Im Rahmen dieser Arbeit können nicht alle Initiativen und Projekte vorgestellt werden, ein Einblick in die derzeitigen Tätigkeiten soll jedoch in diesem Kapitel gewährt werden. Ein Gemeinschaftsprojekt von AK, ÖGB, IV und WKÖ unter dem Titel „Arbeit und Alter – Alternsgerechte Arbeitsorganisation“ bietet auf der Homepage www.arbeitundalter.at ausführliche Informationen über den demografischen Wandel und altersgerechte Arbeitsgestaltung. Auch Handlungsempfehlungen, Förderungsmöglichkeiten und Good Practice Beispiele von Betrieben sowie ein Überblick über die in Österreich bestehenden Projekte und Initiativen sind dort dargestellt. Ziel ist eine Wissensplattform für interessierte Betriebe zu schaffen, die Anreiz gibt, Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten umzusetzen (Arbeit und Alter, 2012, www). Das Projekt „Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“, finanziert von AUVA und PVA, zielt mittels Pilotprojekten in 20 Betrieben auf die Förderung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten in besonders beanspruchenden Branchen ab. Dies sind die Branchen Bau, Handel, Eisen und Metall, Beherbergungs- und Gaststättenwesen, Reinigung/Entsorgung, Verkehr, Gesundheit und Logistik. Auf Basis des „Haus der Arbeitsfähigkeit“ und unter Einsatz des ABI PlusTM werden in den Betrieben erforderliche Maßnahmen für eine alter(n)sgerechte Gestaltung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit identifiziert und umgesetzt. Der ABI Plus TM ist ein eigens für das Projekt weiterentwickelter Bewertungsscore. Er baut auf dem finnischen „Workability Index“ (WAI) auf und ermöglicht die Darstellung der derzeitigen, sowie eine Prognose der zukünftigen, Arbeitsbewältigungsfähigkeit von Arbeitnehmern. So werden gezielte Interventionen zur Förderung der Arbeitsbewältigung ermöglicht. Die durch das Projekt gewonnen Erkenntnisse sollen im Anschluss in weiteren Betrieben zum Einsatz kommen. Auf der Homepage www.wai-netzwerk.at können Informationen über dieses noch bis 2012 laufende Projekt eingeholt werden. Diese dient auch als Informationsplattform über den WAI mit der Möglichkeit einen Selbsttest durchzuführen (WAI Netzwerk Austria, o.J., www). Die WKÖ hat mit „proFITNESS“ eine spezifische Initiative für KMU gestartet. Ziel ist, diese Unternehmen bei der Umsetzung von Maßnahmen, vor allem durch Bündelung bereits bestehender Angebote, zu unterstützen. Auf der Homepage werden auf dem Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 54 Kernkompetenzbereich Gesundheit sogenannten „Marktplatz“ Unternehmen und Berater aufgelistet, die für die Umsetzung von Maßnahmen herangezogen werden können. Weiters bietet die Internetseite Informationen über Fördermöglichkeiten und Serviceangebote der Sozialversicherungen, des FGÖ und anderen Einrichtungen sowie die Vorstellung von KMUBest Practice Beispielen (proFITNESS, 2012, www). „Älter werden. Zukunft haben“ heißt das Projekt, das von den Sozialpartnern OÖ, dem Land OÖ und Partnerorganisationen im Rahmen des Programms „Regionale Wettbewerbsfähigkeit OÖ 2007-2013“ umgesetzt wird. Hierbei geht es vor allem um Netzwerkarbeit der Betriebe, um den Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausch bezüglich der Umsetzung von Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeit sowie BGF zu ermöglichen. Es wird beispielsweise eine Verbundberatung für KMU angeboten, bei der vier bis sechs Unternehmen gemeinsam mit Experten auf die einzelnen Betriebe abgestimmte Maßnahmen erarbeiten. Aber auch Age-ManagementBeratung für alle Betriebe (KMU und Großbetriebe) wird angeboten, d.h. maßgeschneiderte präventive Maßnahmen werden mit Unterstützung von Experten entwickelt (Netzwerk „Älter werden. Zukunft haben!“, o.J., www). Eine nationale Umsetzung des vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten EQUAL-Projekts wurde unter dem Titel „AEIOU – Arbeitsfähigkeit erhalten“ in den Jahren 2002 bis 2005 durchgeführt. Dabei wurden Pilotprojekte umgesetzt sowie Beratungs- und Forschungsstellen eingerichtet. Aus diesem Projekt gingen beispielsweise das Beratungsangebot „Service Arbeit und Gesundheit“ (SAG), das als Vorläufer von „fit2work“ gilt oder das von der AUVA durchgeführte „PFLEGEfit“-Projekt, dass sich auf die spezifischen Gesundheitsprobleme der Pflegekräfte konzentrierte, hervor (AEIOU, 2005, www). Von BMASK werden seit dem Jahr 2010 Unternehmen, die in Ihrem Betrieb Aktivitäten für alter(n)sgerechte Arbeit umsetzen mit dem Gütesiegel NESTOR GOLD ausgezeichnet. Dies soll die Sensibilisierung und Sichtbarmachung der Thematik „ältere Arbeitnehmer“ sowie die Umsetzung von alter(n)sgerechten Maßnahmen fördern. Der Zertifizierungsbeirat besteht aus Vertretern der Sozialpartner, des AMS, des BMWFJ und des BMASK. Im Rahmen eines Zertifizierungs-Assessments werden an Hand von 27 Indikatoren in den Handlungsfeldern Individuum, Organisation, Kultur Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 55 Kernkompetenzbereich Gesundheit und Vitalität überprüft, ob das Unternehmen alter(n)sgerechtes Arbeiten ermöglicht. Auf der Homepage www.nestorgold.at werden die ausgezeichneten Betriebe vorgestellt (Nestor Gold, o.J., www). Eine Auszeichnung speziell für KMU führen AUVA und WKÖ durch. Die „Goldene Securitas“ erhalten Klein- und Mittelbetriebe bis 50 Mitarbeiter, die „auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit vorbildliche Maßnahmen gesetzt haben“ (AUVA, o.J., www). Für die Auszeichnung im Jahr 2012 wurden auch Maßnahmen altersgerechten Arbeitens als Kategorie definiert (AUVA, o.J., www). Das 2012 von der Europäischen Kommission ausgerufene „Europäische Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ soll unter anderem mittels Pilotprojekten zu besseren Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen für ältere Menschen in Europa beitragen, die Bevölkerung für aktives Altern sensibilisieren und einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen (BMFSFJ, 2012, S. 1–2). In Österreich werden Aktivitäten wie Sensibilisierung, Erfahrungsaustausch, Schaffung von Rahmenbedingungen für nachhaltige Lösungen und Bekämpfung von Altersdiskriminierung vom BMASK koordiniert. Einer der vier Themenbereiche ist die Arbeitswelt, wobei Initiativen und Projekte zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und die Reduktion von arbeitsbedingten Erkrankungen im Zentrum stehen (BMASK, 2011c, S. 2–5). Auch in den nationalen „Arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben 2010“ wird auf die Zielgruppe der älteren Arbeitnehmer eingegangen. Das AMS wird darin aufgefordert die Strategie des „Productive Ageing“ zu verfolgen, bei der die Qualifizierungs-, Weiterbildungs- und Gesundheitsförderung der Beschäftigten im Mittelpunkt stehen (BMASK, 2011d, S. 12). Das AMS bietet in diesen Bereichen Beratung für Betriebe sowie für Beschäftigte an. Diese wird durch das AMS sowie den ESF finanziert (AMS, 2011, www). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 56 Kernkompetenzbereich Gesundheit 4 POLITISCHE UND BETRIEBLICHE STRATEGIEN IN DEUTSCHLAND 4.1 Arbeitnehmerschutz Das Deutsche Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gibt vor, dass der Arbeitgeber bei Maßnahmen des schutzbedürftige Arbeitsschutzes Beschäftigtengruppen“ „spezielle zu Gefahren berücksichtigen für besonders hat (Deutsche Bundesregierung, 1996, § 4). Wer unter die Bezeichnung „schutzbedürftig“ fällt, wird hier nicht näher definiert. Das ArbSchG wurde in Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG im Jahr 1996 reformiert. Durch dieses Gesetz ist nun vorgeschrieben, dass Arbeitgeber Gefährdungen für Arbeitnehmer im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und zu dokumentieren haben, sowie entsprechende Maßnahmen abzuleiten haben. Die Arbeitnehmer sind bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen mit einzubeziehen (ebd., § 5). Wird von einer Aufsichtsperson festgestellt, dass keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde, so wird der betreffende Arbeitgeber auf seine Verpflichtung hingewiesen und bezüglich Hilfestellungen beraten. Erforderlichenfalls kann auch eine Anordnung zur Durchführung erfolgen (GDA, 2011, S. 7). Die Reform des ArbSchG führte vor allem zu einer Deregulierung: von detaillierten Vorschriften, Verordnungen und Auflagen wird abgesehen und dem Wunsch nach Entbürokratisierung nachgegeben. Auf besondere Gegebenheiten und Eigenheiten in den Betrieben soll so besser Rücksicht genommen werden können. Der Gesundheitsschutz wurde somit auf die betriebliche Ebene verlagert. Allerdings bringt dies ein Problem mit sich: eine unzureichende Kontrolle der gesetzlichen Regelungen durch staatliche Aufsichtsbehörden. Es wird eine mangelhafte Umsetzung des Gesundheitsschutzes in den Unternehmen konstatiert. Die Gefährdungsbeurteilung dient oftmals lediglich als Fassade: gute Arbeitsbedingungen werden in den Vordergrund gestellt und problematische werden verborgen. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der Gefährdungen scheitert oftmals an deren Kosten. Dies passiert dann, wenn das Management der Betriebe lediglich die finanziellen Belastungen, nicht aber den Nutzeneffekt eines wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutzes Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 57 Kernkompetenzbereich Gesundheit (z.B. gestiegene Produktivität) in die Bilanzierung einfließen lässt (Becker, Brinkmann, Engel & Satzer, 2011a, S. 261–284). Im ArbSchG ist auch vorgeschrieben, dass Bund, Länder und Unfallversicherungsträger für ein abgestimmtes Vorgehen, eine gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) zu entwickeln haben (Deutsche Bundesregierung, 1996, § 20a). Diese arbeitet nun daran, die Arbeitsschutzmaßnahmen zu vereinheitlichen und transparent zu regeln sowie die Umsetzung in den Betrieben voranzutreiben (GDA, 2012, www). Dazu hat die GDA eine Leitlinie zur Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation herausgegeben. Dies ist notwendig, da die Gefährdungsbeurteilungen vor allem in den Kleinbetrieben nicht flächendeckend oder in erforderlichem Ausmaß durchgeführt werden. Es soll ein einheitliches Verständnis aller Beteiligter (auch des Aufsichtspersonals) zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilungen hergestellt werden (GDA, 2011, S. 4). Von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wurde eine Internetseite für Information rund um Gefährdungsbeurteilungen und Good Practice Beispiele eingerichtet (www.gefaehrdungsbeurteilung.de). Die verpflichtende Berücksichtigung von psychischen Belastungen als wesentlichen Bestandteil der Gefährdungsbeurteilungen war ebenso eine Neuerung der Reform von 1996. Es zeigte sich jedoch, dass nur etwa ein Viertel der Betriebe, die Gefährdungsbeurteilungen ausarbeiten, auch psychische Belastungen mit einbeziehen. Dies ist vor allem deshalb ein geringer Anteil, da nur etwa die Hälfte der befragten Betriebsräte angab, dass überhaupt Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt werden. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der festgestellten Gefährdungen findet demnach oft nicht statt. Befragungen zeigten auch, dass vor allem in Betrieben ohne Betriebsrat sowie in Kleinst- und Kleinunternehmen, Gefährdungsbeurteilungen selten umgesetzt werden. Gerade hier wäre eine intensivierte Kontrolle der Einhaltung des ArbSchG durch Behörden von Nöten. Eine überbetriebliche Unterstützung wie die von der IG Metall durchgeführte Umsetzungskampagne zur Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen, erweist sich als sehr erfolgreich. Um das Präventionspotential des ArbSchG zu nutzen ist noch wesentlicher Handlungsbedarf gegeben (Becker et al., 2011a, S. 261–284). Die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung hat sich in der Praxis als Präventionsinstrument bewährt. Sie könnte durch das Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 58 Kernkompetenzbereich Gesundheit BEM sowie vorausschauender Gefährdungsbeurteilung sinnvoll ergänzt werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen oder umzustrukturieren (ebd.). Die Befragung mittels „DGB-Index Gute Arbeit“ vom Jahr 2008 kam zu ähnlichen Ergebnissen: nur 30 Prozent der befragten Beschäftigten konnten angeben, dass für ihren Arbeitsplatz ein oder mehrere Male eine Gefährdungsanalyse erstellt wurde. Doch selbst diese Gefährdungsbeurteilungen waren häufig mangelhaft. Nur 29% der Arbeitnehmer wurden selbst umfassend befragt, 40% gar nicht. Vor allem in kleinen Betrieben werden demzufolge seltener Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt. Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte sind auch in diesem Punkt benachteiligt (DGB-Index Gute Arbeit, 2008, S. 30). In Bezug auf das Arbeitsschutzrecht konstatiert Pickshaus (2011, S. 15) Regulierungslücken. Ihm zufolge fehlen „konkrete und verbindliche Bestimmungen zur Prävention bei arbeitsbedingtem Stress“. In diesem Punkt sollten die Gefährdungsbeurteilungen, die im ArbSchG vorgeschrieben sind, konkretisiert werden. Denn in einer europäischen Unternehmensbefragung der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ESENER-Survey) gaben 90% der befragten Managementvertreter als Grund für die Befassung mit dem Gesundheitsschutz, die gesetzliche Vorschrift an. An zweiter Stelle der Motive für die Durchführung von Maßnahmen des Gesundheitsschutzes wurden Initiativen der betrieblichen Interessenvertretung angeführt (dies stimmt mit dem Ergebnis der Befragung im „DGBIndex Gute Arbeit“ überein, wonach bessere Arbeitsbedingungen herrschen, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist). Der Autor kommt zu dem Schluss, dass ohne gesetzliche Verpflichtung in 90% der Unternehmen der Anlass zum Gesundheitsschutz fehlen würde und deshalb nicht betrieben würde. Er plädiert „dafür, den Handlungsdruck auf die Unternehmen zu erhöhen, das heißt über stärker verpflichtende und konkretisierte Vorgaben auch zum arbeitsbedingtem Stress […] nachzudenken“ (Pickshaus, 2011, S. 15). Zudem sind die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Kontrollen über die Einhaltung des Arbeitsschutzes kontinuierlich reduziert worden, „die Qualität der staatlichen Aufsicht über die eigenen Gesetze lässt sehr zu wünschen übrig“ (Pickshaus, 2011, S. 16). Er ruft zu mehr Überwachung des Arbeitsschutzes auf. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 59 Kernkompetenzbereich Gesundheit Kritisiert wird die Umsetzung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes auch im Zusammenhang mit Leiharbeit. Im ArbSchG ist der Gesundheitsschutz von Zeitarbeitern durch § 8 dezidiert geregelt. Es ist eine Zusammenarbeit von Ent- und Verleihunternehmen vorgeschrieben. In der Praxis werden jedoch selten Maßnahmen oder Teilnahmemöglichkeiten für Leiharbeiter angeboten, die Arbeitsbedingungen für diese Gruppe sind zudem in der Regel schlechter (Becker, Brinkmann, Engel & Satzer, 2011b, S. 140–141). 4.2 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Bereits seit dem Jahr 2004 existiert in Deutschland nach § 84, Abs. 2, SGB IX, die gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, Arbeitnehmern, die in den vergangenen 12 Monaten mindestens 6 Wochen arbeitsunfähig waren, ein BEM-Verfahren anzubieten. Die Teilnahme des Beschäftigten ist jedoch freiwillig. Das Bestreben des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) liegt in einer „zielgerichteten Gesundheitsprävention, die den Arbeitsplatz bzw. das Arbeitsverhältnis des Beschäftigten dauerhaft sichern soll“ (ebd., S. 136). Es werden dabei mögliche arbeitsbedingte Belastungen und Ursachen für länger dauernde Erkrankungen geklärt. Mit entsprechenden Mitteln wird daraufhin eingegriffen, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten (Becker et al., 2011b, S. 136–139). Dafür können unterschiedlichste Maßnahmen erforderlich sein. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf „Maßnahmen der Prävention, der Rehabilitation, der Integration und der Gesundheitsförderung. Im Mittelpunkt stehen hierbei Maßnahmen der alters- bzw. alterns- und behinderungsgerechten Arbeitsgestaltung“ (Giesert & Wendt-Danigel, 2011, S. 50). Durch das BEM sollen Arbeitgeber mehr in die Pflicht genommen werden, die Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Ist ein Arbeitnehmer länger als 6 Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber verpflichtet ein BEM anzubieten. Die Zustimmung des Beschäftigten vorausgesetzt, werden mit der zuständigen Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat) bzw. bei schwerbehinderten Arbeitnehmern zusätzlich mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betroffenen selbst sowie dem Arbeitgeber, die Möglichkeiten abgeklärt, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden und in Zukunft erhalten bleiben kann. Der Arbeitgeber muss erforderlichenfalls Werks- oder Betriebsarzt sowie örtliche Servicestellen der Rehabilitationsträger (Krankenkasse, DRV, Bundesagentur für Arbeit (BA), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)) für Leistungen zur Teilhabe Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 60 Kernkompetenzbereich Gesundheit hinzuziehen oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben sowie das Integrationsamt beauftragen. Die zuständige Interessenvertretung bzw. die Schwerbehindertenvertretung hat die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über. Eine genaue Vorgabe, wie der BEM-Prozess ausgestaltet sein soll, wird im Gesetz bewusst nicht vorgeschrieben. Es ist notwendig, dass individuell passende Lösungen für jeden Betrieb gefunden werden. Zudem sind im Gesetz absichtlich keine Fristsetzungen, Strafmaßnahmen oder Anordnungsbefugnisse für die Umsetzung in den Betrieben festgeschrieben. Die Initiative für ein BEM sollte vor allem von den betrieblichen Interessenvertretungen ausgehen. Das heißt, ob ein BEM im Betrieb umgesetzt wird, ist stark von der Initiative der Interessenvertretungen abhängig (Jastrow, Kaiser & Emmert, 2010, S. 134; Blanke & Lafrenz, 2010, S. 10; Kiper, 2007, S. 1–2). In der Ausformulierung des Gesetzes wird die Selbstbestimmung der Beschäftigten besonders hervorgehoben. Arbeitnehmer haben jederzeit das Recht „ein BEM abzulehnen bzw. auch in der laufenden Umsetzung abzubrechen“ (Jastrow et al., 2010, S. 134). Auch in die Entscheidung über Art, Qualität, Zielsetzung und Ausmaß der BEM-Maßnahmen ist der Betroffene einzubeziehen (Jastrow et al., 2010, S. 134). BEM sollte in den Betrieben idealerweise mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, BGF sowie Maßnahmen zu alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung verknüpft werden. Dazu ist jedoch eine Kooperation und Kommunikation aller in diesen Bereichen im Betrieb Tätigen erforderlich, die Maßnahmen müssen miteinander abgestimmt werden (ebd., S. 135). Im Zuge der Ursachenklärung wird kontrolliert, ob eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die alle Belastungen erfasst und auch Maßnahmen abgeleitet wurden. Das BEM kann daher auch dazu genutzt werden, dass Gefährdungsbeurteilungen wirklich und in ausreichendem Umfang durchgeführt werden, da der Druck durch das Aufdecken in einem BEM-Verfahren erhöht wird. BEM ist ein Instrument, das sich konkret mit der Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen beschäftigt. Im Gegensatz zur Gefährdungsbeurteilung, die sich mit den Belastungen und Gefährdungen eines konkreten Arbeitsplatzes auseinandersetzt (Becker et al., 2011b, S. 136–139). Bei der Umsetzung von BEM ist es wichtig, darauf zu achten, nicht von den betrieblichen Belastungen abzukommen. Dies wird vielfach von Arbeitgebern versucht und in Richtung Ursachen, für die Arbeitgeber nicht verantwortlich sind zu lenken. Hier nehmen Betriebsräte, aber auch Arbeitnehmer selbst eine wichtige Lenkungs- und Kontrollfunktion ein (Becker et al., 2011b, S. 136–139). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 61 Kernkompetenzbereich Gesundheit Als motivierender Anreiz für Betriebe BEM durchzuführen ist im Gesetz die Möglichkeit in Aussicht gestellt, dass bei entsprechender Qualität Prämien oder Boni von den Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern an die Unternehmen vergeben werden können. Diese sind bisher jedoch nur in Einzelfällen gewährt worden. Weiters ist vor allem in KMU ein Informationsdefizit bezüglich BEM festgestellt worden: mehr als die Hälfte aller in einer Telefonumfrage von 1.441 Unternehmen bis 250 Mitarbeiter gaben an, BEM nicht zu kennen (Jastrow, et al., 2010, S. 136). 4.2.1 wirtschaftliche Folgenabschätzung des BEM In der Publikation von Jastrow et al. (2010, S. 144) wurde eine Berechnung des ökonomischen Nutzen für Betriebe an Hand eines Unternehmens mit ca. 1.300 Mitarbeitern durchgeführt. Als Kosten wurden Ausgaben für die Einmaldurchführung, laufende Kosten, Schaffung einer BEM-Stelle (in größeren Unternehmen) sowie mögliche Produktivitätsverluste eines Mitarbeiters auf Grund von BEM-Maßnahmen (z.B. durch Arbeitsplatzumsetzungen) berücksichtigt. Auf der Nutzenseite wurden Produktivitätsgewinne der Mitarbeiter, eine Reduktion der Arbeitsunfähigkeitstage, geringere Wiedereinstellungskosten, die BEM-Prämie sowie eine nicht zu zahlende Ausgleichsabgabe (wenn schwerbehinderte Mitarbeiter im Betrieb gehalten werden können) bewertet. Die kalkulierten Kosten des Beispielbetriebs beliefen sich auf ca. 310.000 €, wobei die Belastungen der einmaligen Durchführung des BEM mit 9.600 € einen geringen Anteil ausmachten. Die höchsten berechneten Ausgaben verursachte die geringere Produktivitätsstufe nach BEM. Der Gesamtnutzen belief sich auf ca. 1.500.000 €, die Produktivitätsgewinne machten mit über 1.100.000 € den größten Anteil aus. Dies ergibt ein Kosten-Nutzen-Verhältnis des BEM von 1:4,84. Andere Untersuchen ergaben sogar ein Verhältnis von 1:20 (Jastrow et al., 2010, S. 153). Neben den oben erwähnten quantifizierbaren Nutzen gibt es für Unternehmen auch Vorteile, die nicht direkt messbar sind. Sie sollten bei der Nutzenabwägung nicht außer Acht gelassen werden. Diese sind beispielsweise der Verbleib qualifizierter Mitarbeiter im Betrieb, der Erhalt von Bildungsinvestitionen für das Unternehmen, eine Verbesserung des Images oder Gewinn von Informationen über betriebliche Prävention (Niehaus, Magin, Marfels, Vater & Werkstetter, 2008, S. 118). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 62 Kernkompetenzbereich Gesundheit Wie der Effekt des BEM von Betrieben eingeschätzt wird zeigten Niehaus et al. (2008, S. 117). In einer bundesweiten Erhebung bestätigten 36% der befragten betrieblichen Vertreter, dass sich die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch BEM reduziert hätten. Zudem gaben 50% an, dass ein leistungsgerechter Einsatz ermöglicht wurde. Die Hälfte der Teilnehmenden konnte allerdings von keinem leistungsgerechten Einsatz berichten, da bis dato ein mangelnder Professionalisierungsgrad bestehe. Jeder sechste Befragte bestätigte eine Verbesserung der Erwerbsbeteiligung von Arbeitnehmern mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Die Studienautoren fassen zusammen, dass BEM in vielen Betrieben noch nicht lange genug betrieben wird, um genaue Aussagen über die Auswirkungen von BEM treffen zu können. Allerdings geben sie an, dass auf Grund des derzeitigen Wissens- und Forschungsstandes sowie der Projekterfahrungen davon auszugehen ist, dass BEM in der Lage ist, Krankenstände zu reduzieren, Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und Erwerbsbeteiligung zu sichern. 4.2.2 Bewertung des BEM Kiper (2007, S. 4) sieht in BEM ein Instrument, dass durch das rechtzeitige Erkennen und Einleiten von Rehabilitationsmaßnahmen dazu in der Lage ist, erfahrene Mitarbeiter und Wissensträger länger in Betrieben halten zu können. Durch ein eingeführtes BEM kann sich auch das Betriebsklima in einem Unternehmen verbessern und dazu führen, dass der Umgang mit älteren oder kranken Kollegen und Beschäftigten verbessert wird. Niehaus et al. (2008, S. 112–116) zeigen in ihrer Untersuchung, dass die Umsetzung des BEM in den Betrieben noch am Anfang steht. Nur in jedem zweiten der befragten Unternehmen wird BEM durchgeführt, wobei dies nur auf 30% der kleinen Betriebe zutrifft. Der Hinweis für die Betroffenen, dass die Teilnahme an BEM freiwillig ist, erfolgt in jedem fünften Unternehmen nicht. Weiters ist in vielen Betrieben nicht klar geregelt, wie mit Daten aus dem BEM-Verfahren umgegangen werden soll. Eine Systematisierung und Standardisierung des BEM in den Unternehmen mittels eines Integrationsteams sowie Integrations-, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen könnte diese Probleme beseitigen. Externe Unterstützung von den Rehabilitationsträgern nimmt nur die Hälfte der Betriebe in Anspruch. Eine von der gesetzlichen Rentenversicherung koordinierte trägerübergreifende Servicestelle mit regionalen Niederlassungen würde ebenso externe Beratung anbieten. Die Umfrage zeigte, dass dies den Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 63 Kernkompetenzbereich Gesundheit Betrieben kaum bekannt ist (Niehaus et al., 2008, S. 112–116). Insgesamt ist „die Bereitschaft der Arbeitgeber, Rahmenbedingungen für BEM und ein gesundes Altern durch Prävention zu schaffen, noch gering ausgeprägt […]“ (Niehaus et al., 2008, S.116). Blanke & Lafrenz (2010, S. 11–12) bezeichnen BEM als wirkungsvolles Instrument „um das vorzeitige Ausscheiden von Fachkräften aus Krankheitsgründen zu verhindern“. Es setzt genau da an, wo Probleme bestehen: im Betrieb. Jedoch besteht noch erheblicher Verbesserungsbedarf in der Qualität der Umsetzung des BEM bezüglich ausreichender Information der Betroffenen, Transparenz des gesamten Verfahrens und des Datenschutzes. Hierzu werden vor allem von der DGUV „BEMExperten“ ausgebildet, sogenannte Disability Management Professionals, die qualifizierte Unterstützung bei der Durchführung anbieten. Der Umsetzungsproblematik in KMU infolge mangelnder personeller und fachlicher Ressourcen, soll das Projekt „Gesunde Arbeit“ entgegenwirken. Bei diesem im Jahr 2007 gestarteten Projekt wurden fünf Regionalstellen zur Koordination von Beratungsleistungen eingerichtet. Eine Ausweitung der Regionalstellen auf weitere Regionen ist das langfristige Ziel. Es werden auch zahlreiche Hilfsmittel zur Durchführung des BEM in Betrieben angeboten. Wenn sich diese Strategie durchsetzen soll, braucht es nach Meinung der Autoren eine umfassende Präventionskultur und einen Mentalitätswandel in den Unternehmen, sodass BEM nicht als lästige gesetzliche Verpflichtung angesehen wird, sondern als Selbstverständlichkeit. Die DGUV bietet neben der bereits erwähnten Ausbildung von Disability Management Professionals auch eine Auditierung für Betriebe an. Betriebe können für ein gutes BEM ein internationales Zertifikat „Consensus Based Disability Management Audit“ erhalten. Daneben werden verschiedene Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe bei der Umsetzung von BEM angeboten, beispielsweise persönliche Ansprachen, Informationsveranstaltungen oder Seminare. Abzuklären gilt es, ob und in welchem Ausmaß Leistungen der Unfallversicherungsträger gesetzlich verankert werden sollen. Dies ist bisher nicht geklärt (Mehrhoff & Wetzstein, 2010, S. 13; 15). KMU haben, wie schon erwähnt, oft auf Grund mangelnder Ressourcen nicht die Möglichkeit BEM zu realisieren. Hier gewinnen vor allem Kooperationen in Industriegemeinschaften, Wirtschaftsverbänden, Kammern sowie Regionalstellen an Bedeutung. Diese sollten jedoch noch viel intensiver betrieben werden, um KMU zu unterFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 64 Kernkompetenzbereich Gesundheit stützen. Generell ist es für die Unternehmen wichtig, eine konkrete Ansprechperson zur Verfügung zu stellen. Das Projekt „Gesunde Arbeit“ hat dies mit der Einrichtung der Regionalstellen erreicht. Auf Wunsch konnten Unternehmen aus einer Hand alle Informationen beziehen und ein koordinierter Einsatz der unterschiedlichen Dienstleister angeboten werden. An diesem Vernetzungsprojekt waren die Sozialversicherungsträger, die Integrationsämter, zahlreiche Berufs- und Branchenverbände, Kammern und Innungen, die DGUV, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA) beteiligt (Jastrow & Kaiser, 2010, S. 19–20). Auch vom DGB wurde ein Handlungsleitfaden für die Einführung von BEM unter dem Titel „10 Schritte zum Ziel“ entwickelt, der die Interessensvertretungen in den Betrieben mit detaillierten Hinweisen und Beispielen bei der Einführung eines BEM unterstützt. Ziel sollte demnach die fixe Verankerung des BEM in Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen sein. Es sollte als Teil der Gesundheitspolitik im Betrieb – neben Arbeitsschutz und BGF – allen Arbeitnehmern zur Verfügung stehen (Giesert & Wendt-Danigel, 2011, S. 7–13). Weiters wird vom DGB-Bildungswerk seit dem Jahr 2010 das Projekt „Neue Wege im BEM“ betrieben, wobei es darum geht, den oftmals beklagten Zustand, dass BEM in der betrieblichen Praxis häufig nicht „nachhaltig“ implementiert ist und unzureichend geplant wird, zu beseitigen. In diesem Projekt sollen neue Ansatzpunkte zur Verbesserung des BEM in der Praxis erarbeitet werden (DBG Bildungswerk, o.J. www.) 4.3 Rehabilitation Im Jahr 2005 hat die Deutsche Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgelegt, die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung zu forcieren. Im Sozialgesetzbuch (SGB) sind die rechtlichen Grundlagen der Rehabilitation festgeschrieben, wo unter anderem auch die Vorschrift des BEM zu finden ist (Sepp, Osterkorn & Stadlmayr, 2009, S. 127). Die Zuständigkeiten der gesetzlichen Sozialversicherungsträger bezüglich Rehabilitation in Deutschland sind mit der in Österreich vergleichbar (s. Kapitel 3.3). Zusätzlich sind jedoch auch die BA, die Träger der Sozialhilfe & der öffentlichen Jugendhilfe sowie die Bundesgemeinschaft der Integrationsämter & Hauptfürsorgestellen für Maßnahmen der Rehabilitation verantwortlich. Insgesamt sind damit in Deutschland sieben verschiedene Träger für Rehabilitation verantwortlich (ebd., S. 130–131). Als Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 65 Kernkompetenzbereich Gesundheit Anlaufstelle für die Koordination, Beratung und Information der Versicherten wurden regionale Reha-Servicestellen eingerichtet, die unter anderem Beratung bezüglich BEM anbieten. Sie leiten auch Rehabilitationsanträge an zuständige Träger weiter (Deutsche Bundesregierung, 2001, § 22). Auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) spricht von dem Prinzip „Rehabilitation vor Rente“, d.h. zunächst muss überprüft werden, ob Maßnahmen der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation die Arbeitsfähigkeit wieder herstellen können. Unter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) – früher berufliche Rehabilitation – werden jene verstanden, die den Arbeitsplatz erhalten sollen oder die helfen, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen sowie berufliche Anpassungen, Fortbildungen, Ausbildungen und Umschulungen (DRV-Bund, 2012, S. 8–9). Diese Leistungen werden auch für Arbeitslose oder Erwerbsminderungsrentner angeboten. Es besteht grundsätzlich Mitwirkungspflicht für betroffene Personen (Deutsche Bundesregierung, 1975, § 64). Die LTA müssen individuelle Gegebenheiten sowie Alter und Geschlecht berücksichtigen und sie bedürfen der Zustimmung der Betroffenen. Während der Rehabilitationsmaßnahmen erhalten diese Übergangsgeld von den zuständigen Trägern (Deutsche Bundesregierung, 2001, § 9, Abs. 1; 4; § 45, Abs. 2). An Arbeitgeber werden Zuschüsse ausbezahlt, wenn eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung ermöglicht wird (DRV-Bund, 2012, S. 8–9). Ist eine volle Rückkehr in die berufliche Tätigkeit nach einer medizinischen Rehabilitation nicht sofort möglich, gewährt die DRV Übergangsgeld für eine stufenweise Wiedereingliederung. Die Stundenanzahl der betroffenen Arbeitnehmer wird schrittweise (zwischen sechs Wochen und sechs Monaten) bis zum Erreichen der vollen Arbeitsbelastung erhöht. Knapp 33.000 deutschen Versicherten konnte dadurch im Jahr 2009 ein beruflicher Wiedereinstieg ermöglicht werden (DRV-Bund, 2011d, S. 21). 4.3.1 Nutzen der Rehabilitationsmaßnahmen Im Jahr 2009 gingen 399.688 Anträge auf LTA ein, 132.259 wurden abgeschlossen. Der Nutzen der beruflichen Rehabilitation wird durch das Erreichen einer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit gemessen. 37% der Versicherten, die im Jahr 2006 eine berufliche Bildungsleistung abgeschlossen hatten, waren sechs Monate nach Beendigung in Beschäftigung. 2 Jahre nach Abschluss der Maßnahme sind es 48% (ebd., S. 44). Zusammengefasst heißt das: knapp die Hälfte der an beruflicher Rehabilita- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 66 Kernkompetenzbereich Gesundheit tion Teilnehmenden kann innerhalb von zwei Jahren wieder in den Erwerbsprozess eingegliedert werden. 4.3.2 Bewertung der Rehabilitationsmaßnahmen Obwohl es zahlreiche Bestrebungen gibt, die Heterogenität der Rehabilitation durch die Vielzahl der Träger zur überwinden, ist dies bis dato nicht gelungen. So wurde beispielsweise die „Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 20 Abs. 1 SGB IX“ der Rehabilitationsträger im Jahr 2003 oder der „Teilhabeplan“ zur nahtlosen, zügigen und einheitlichen Leistungserbringung „wie aus einer Hand“ im Jahr 2004 entwickelt. Diese Vorhaben wurden allerdings in der Praxis nicht oder nicht ausreichend umgesetzt. Es fehlt an einem einheitlichen, trägerübergreifenden und transparenten Vorgehen zur Feststellung und Durchführung der Leistungen zur Teilhabe (Zelfel, 2007, S. 79–89). Um die berufliche Rehabilitation frühzeitig und bedarfsgerecht zu gestalten, wurde vom BMAS das Projekt „RehaFutur“ gestartet. Die Arbeitsgruppen kamen zu dem Ergebnis, dass die Aktivitäten der „Gemeinsamen Servicestellen“ durch mehr Öffentlichkeitsarbeit und Ausweitung des Angebots, beispielsweise BEM-Beratung für KMU, ausgedehnt werden sollten (BMAS, o.J., S. 31–33). 4.4 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) In Deutschland spielen die gesetzlichen Krankenkassen eine große Rolle in der BGF. Durch § 20 im deutschen SGB V sind sie auf dem Gebiet Prävention und Gesundheitsförderung zur Handlung verpflichtet. Sie müssen „Leistungen zur primären Prävention erbringen und den Arbeitsschutz ergänzende Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durchführen“ (Sochert, 2006, S. 177). BGF ist damit im Unterschied zu Österreich eine Pflichtleistung der Krankenkassen. Während die Krankenkassen den Betrieben BGF anbieten müssen, sind Arbeitgeber nicht verpflichtet, diese durchzuführen. Werden in einem Betrieb Maßnahmen angeboten, so müssen diese bedarfsbezogen allen Mitarbeitern in gleichem Ausmaß zugänglich sein (EUOSHA, o.J., www). Seit dem Jahr 2000 existiert für alle Krankenkassen eine verbindliche Handlungsanleitung zur BGF, wobei BGF-Aktivitäten an den Qualitätskriterien des ENWHP zu orientieren sind. Die seit 2001 veröffentlichte jährliche Dokumentation aller Leistungen der Primärprävention und der BGF soll zur bundesweiten Transparenz führen. Die Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 67 Kernkompetenzbereich Gesundheit gesetzlich geforderte Zusammenarbeit der Krankenkassen und Unfallversicherungen haben zur Gründung der „Initiative Gesundheit und Arbeit“ (IGA) geführt, in der die Passgenauigkeit von Arbeitsschutz und BGF mittels Projekten weiterentwickelt wird. Auch in Deutschland gibt es eine nationale Kontaktstelle der ENWHP, das „Deutsche Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung“ (DNBGF). Die IGA, das DNBGF sowie die von der Bundesregierung gegründete INQA haben die Koordination bzw. Vernetzung der verschiedenen Aktivitäten im Bereich der BGF zum Ziel, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Der Abstimmungsprozess zwischen den Institutionen ist derzeit die größte Herausforderung (Sochert, 2006, S. 185–186). Das DNBGF versucht BGF in Deutschland weiter zu verbreiten und geht dabei auf die unterschiedlichen Anforderungen bezüglich der Betriebsgröße und -branche ein. Auch mittels Praxisbeispielen und Pilotprojekten, u.a. zum Thema Age-Management, soll Betrieben bei der Umsetzung geholfen werden (DNBGF, o.J., www). Seit dem 1. Jänner 2009 sind BGF-Maßnahmen steuerlich begünstigt. Bis zu 500 € pro Arbeitnehmer und Jahr können steuerfrei bleiben, wenn vom Arbeitgeber unternehmensintern oder extern durchgeführte BGF angeboten wird. So sollen auch KMU, die keine eigenen Angebote durchführen können, zu dieser Begünstigung kommen (INQA, o.J.a, www). Zudem dürfen die Krankenkassen nach § 65a, Abs. 2 SGB V auch einen Beitragsbonus an Arbeitgeber sowie an BGF teilnehmende Versicherte vergeben (EU-OSHA, o.J., www). Eine Umfrage der IGA zur Steuerbefreiung durch BGF-Maßnahmen hat gezeigt, dass dies zwar der überwiegenden Zahl der Unternehmen bekannt ist, jedoch nicht zu einer wesentlichen Zunahme an BGF-Angeboten in den Betrieben geführt hat. Die Abwicklung ist zu kompliziert und insgesamt der „Gewinn“ durch die Steuerbefreiung im Vergleich zu den Ausgaben zu gering (Hupfeld, 2011, S. 3). 4.4.1 Bewertung der BGF-Maßnahmen BGF ist vorwiegend in großen Unternehmen zu finden, von KMU wird BGF noch zu wenig betrieben. Da ein großer Anteil der deutschen Arbeitnehmer in KMU beschäftigt ist, ist dies ein Manko, das beseitigt werden muss. Vor allem fehlendes Wissen in Bezug auf Möglichkeiten der Umsetzung und Kooperationspartner scheint das Problem zu sein. Aber auch die fehlenden Ressourcen stellen ein Problem dar (BMG, 2011, S. 10). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 68 Kernkompetenzbereich Gesundheit Der Präventionsbericht 2007 zeigte, dass sich in der Zielgruppe von BGF nur 8% ältere Beschäftigte befinden. Die IGA hat dies zum Anlass genommen, Checklisten zu entwickeln, die helfen sollen BGF in punkto Planung, Organisation und Durchführung speziell für die Zielgruppe der älteren Beschäftigten auszurichten (Borkel, Rimbach & Wolters, 2011, S. 5). 4.5 Altersteilzeit Ab einem Alter von 55 Jahren haben Arbeitnehmer in Deutschland die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit zu halbieren. Voraussetzung ist eine mindestens 3-jährige versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der letzten 5 Jahre. Prinzipiell besteht kein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit, es handelt sich immer um Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (BA, 2010b, www). Dem Arbeitnehmer stehen das halbe Arbeitsentgelt sowie Aufstockungszahlungen von mindestens 20% durch den Arbeitgeber zu. Dieser muss auch zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Wurden mindestens 24 Monate Altersteilzeitarbeit geleistet, in denen die Arbeitszeit um die Hälfte reduziert wurde und sind alle anderen Anspruchsvoraussetzungen gegeben, so kann Altersrente nach Altersteilzeitarbeit in Anspruch genommen werden. Besetzt der Arbeitgeber den freigemachten Arbeitsplatz mit einem Ausgebildeten oder Arbeitslosen so erhält er bis zu 6 Jahre lang die Aufstockungsbeträge zum Verdienst und zum Rentenversicherungsbeitrag von der BA erstattet, vorausgesetzt die Altersteilzeitarbeit hat bis Ende 2009 begonnen. Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern können diese Förderungen auch dann erhalten, wenn sie nicht die freigewordene, sondern eine andere Stelle im Unternehmen neu besetzen (DRV-Bund, 2011b, S. 6–7). Diese Zuschüsse der BA wurden im Jahr 2009 eingestellt. Eine ungeförderte Altersteilzeit ist seither trotzdem möglich. In vielen Branchen wie beispielsweise Chemische Industrie oder Kunststoffverarbeitende Industrie gibt es seither Tarifabschlüsse, die die Altersteilzeit mit bisherigen Konditionen bis zum Jahr 2015 verlängert, vorrangig für Beschäftigte mit hoher Arbeitsbelastung und nur im Blockmodell. Eine Vielzahl verschiedener Regelungen in den Tarifverträgen verursachen unterschiedliche Bedingungen in den Branchen (Wanger, 2010, S. 175– 176). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 69 Kernkompetenzbereich Gesundheit 4.5.1 Bewertung der Altersteilzeit Auch in Deutschland ist das Blockmodell besonders beliebt (DRV-Bund, 2011a, S 18–19; DRV-Bund, 2011b, S. 6–7;). Bei 93,5% der im Jahr 2009 bewilligten Anträge auf Altersteilzeit wurde die Blockvariante gewählt. Das bedeutet, dass auch in Deutschland die Altersteilzeit von einem Instrument des gleitenden Übergangs in den Ruhestand zu einem der frühzeitigen Pensionierung wurde. Die kontinuierliche Reduktion der Arbeitsbelastungen sowie der Wissenstransfer von älteren zu jüngeren Mitarbeitern werden damit nicht erreicht. Zudem konnte nicht die erwünschte positive Wirkung auf die Arbeitslosenzahlen bewirkt werden. Die Zahl der nachrückenden Arbeitslosen auf Altersteilzeitstellen hat sich seit dem Jahr 1997 laufend reduziert (Deutscher Bundestag, 2010, S. 97). Dass die Förderung der Altersteilzeit nicht mehr gewährt wird zeigt, dass Deutschland diese Strategie nicht weiter verfolgt. 4.6 Alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation Maßnahmen für alter(n)sgerechtes Arbeiten werden, so die Ergebnisse des IABBetriebspanels 2006 (eine repräsentative Befragung von jährlich rund 16.000 Personalwirtschaftlichen), bisher viel zu wenig betrieben (s. Abbildung 12). Abbildung 12: Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte, Kistler (2008, S. 59) In nur 17% der Betriebe, die überhaupt über 50-Jährige beschäftigten, wurden Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten durchgeführt. Dies waren aber vor allem Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 70 Kernkompetenzbereich Gesundheit Altersteilzeitangebote, die auf Grund der vorrangig gewählten Blockvariante nicht zur Verlängerung der Beschäftigung Älterer, sondern zu deren Verkürzung beitragen. Der Anteil von Betrieben, die Aktivitäten setzen, ist im Vergleich zu 2002 noch dazu um 3% gesunken (Kistler et al., 2008, S. 1–42; Kistler, 2008, S. 59–60). Maßnahmen wie eine besondere Ausstattung der Arbeitsplätze für Ältere (1%), eine Herabsetzung der Leistungsanforderungen (ca. 2%) oder altersgemischte Arbeitsgruppen (5%) wurden in deutschen Betrieben eher selten umgesetzt. Das Arbeiten in altersgemischten Teams gilt jedoch als klassische Empfehlung für alters- und alternsgerechtes Arbeiten. Sowohl Junge können dabei durch Austausch von Erfahrung und Wissen profitieren, als auch Ältere vom Transfer von neuen Methoden und Verfahren. Es hat sich allerdings in Betriebsfallstudien gezeigt, dass altersgemischte Teams nicht für jeden Betrieb geeignet sind. Dies sollte geprüft werden, wenn Betriebe Gruppenarbeit praktizieren. Als problematisch erweist sich hierbei die Tatsache, dass nur ein Teil der Betriebe – vor allem größere – professionelle Personalpolitik betreiben. Diese ist jedoch für eine überlegte Personaleinsatzplanung und Arbeitsorganisation erforderlich. Zwischen dem Wissen über betriebliche Maßnahmen altersgerechten Arbeitens und der betrieblichen Praxis besteht also noch eine große Diskrepanz (Kistler, 2008, S. 64–66). Allerdings zeichnet sich eine Änderung der Sichtweise der Betriebe ab. Die Befragung der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH im Jahr 2008 auf der Basis des IW-Zukunftspanels zeigte, dass die Inanspruchnahme der Altersteilzeit zurückgeht (8,6%). In dieser Befragung waren es bereits 47,3% der Betriebe, die altersgemischte Teams einsetzen und weitere 7% planen dies für die Zukunft. Interessant ist auch, dass in 3 von 10 Unternehmen ältere Mitarbeiter ihre jüngeren Kollegen anleiten, beraten oder ausbilden und in einem von 10 Betrieben wird der gezielte Einsatz von Mitarbeitern über 50 Jahre als Trainer, Mentor oder Berater überlegt. Das Einbeziehen des Erfahrungswissens von Älteren in Entwicklungs- und Veränderungsprozesse praktizieren laut dieser Befragung rund 20% der Betriebe. Wesentliche Erkenntnis liefert die Befragung im Bereich der personalpolitischen Maßnahmen, die unmittelbar Kosten verursachen oder bei welchen Konflikte mit Interessenvertretung oder Mitarbeitern auftreten könnten. Bei diesen Maßnahmen (z.B. Versetzungen, Herabsetzung der Arbeitsanforderung), die auch eine Anpassung bei der Entlohnung zur Folge haben, sind Betriebe eher zurückhaltend (Deutscher Bundestag, 2010, S. 114). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 71 Kernkompetenzbereich Gesundheit Generell wird berichtet, dass Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten nur in größeren Betrieben in relevanter Zahl stattfinden. Wie in Kapitel 2.8 beschrieben, sollte ein Maßnahmenbündel, ein integrierter Ansatz, verfolgt werden. Doch gerade über die Verbreitung dieses integrierten Ansatzes in der betrieblichen Praxis stehen keine eindeutigen Zahlen und Informationen zur Verfügung (Kistler, 2008, S. 59). 4.7 Überbetriebliche Initiativen Auch für Deutschland können im Rahmen dieser Arbeit nur ausgewählte Initiativen betrachtet werden. Einzelne nationale und regionale Initiativen sowie Projekte, die gezielt KMU oder bestimmte Branchen ansprechen, werden in diesem Kapitel vorgestellt. Das Deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat in den Jahren 1996-2000 im Rahmen des Förderschwerpunkts „Demografischer Wandel und die Zukunft der Erwerbsarbeit“ 5 Projektverbünde mit ca. 5,4 Mio. € gefördert. Die Ergebnisse der Pilotprojekte sowie die Forschungsergebnisse werden auf der Homepage des Transferprojekts „demotrans – Öffentlichkeits- und Marketingstrategie demographischer Wandel“ (www.demotrans.de) präsentiert. Ziel ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit (z.B. durch Veranstaltungen, Veröffentlichungen und Vorträge), die Verbreitung des Wissens in den Betrieben, das Schaffen von Anreizen für die Umsetzung sowie die Hilfestellung bei der Durchführung von Maßnahmen in Betrieben. Deutschland weist damit ein nationales Programm auf, das sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt beschäftigt. Kritisiert wird jedoch, dass zu wenig auf bereits bestehendes Wissen aus anderen Ländern zurückgegriffen und unnötig neue Forschung betrieben wird (Kriener et al., 2004, S. 31; 67–68). Die gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen durch Projekte und Initiativen von Innungen, Branchennetzwerken, regionalen Verbünden etc. sind vor allem für Kleinbetriebe besonders wertvoll. Auf diesem Wege kann die Hürde der oft mangelnden Ressourcen in diesen Betrieben überwunden werden (ebd., S. 33). Als Beispiel kann der im Jahr 2006 abgeschlossene „Tarifvertrag zur Gestaltung des demografischen Wandels in der Eisen- und Stahlindustrie“ angeführt werden. Unter anderem werden (teilweise obligatorisch) Altersstrukturanalysen, die Ableitung von Maßnahmen gemeinsam mit dem Betriebsrat (z.B. Qualifizierung, Gesundheitsförderung, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 72 Kernkompetenzbereich Gesundheit altersgemischte Teams, Arbeitszeitgestaltung, Übernahme Ausgebildeter) und eine Initiative für einen gleitenden bzw. vorzeitigen Übergang in den Ruhestand empfohlen bzw. vorgeschrieben. Allesamt sind dies Punkte für eine stärker nachhaltig orientierte Personalpolitik. Die weiterhin bestehende Möglichkeit des frühzeitigen Ausscheidens ist aus Sicht der Gewerkschaften erforderlich, um die belastenden Arbeitsbedingungen in dieser Branche ausreichend zu berücksichtigen (Deutscher Bundestag, 2010, S. 119). Auch in der Chemiebranche wurde ein Tarifvertrag mit dem Titel „Lebensarbeitszeit und Demografie“ abgeschlossen, der Anreize für eine längere Beschäftigung zum Ziel hat. Der mit April 2008 gültige Tarifvertrag umfasst Elemente wie: - Demografieanalysen, - Maßnahmen zur alters- und gesundheitsgerechten Arbeitsgestaltung, - Aktivitäten zur Qualifizierung während des gesamten Arbeitslebens sowie - Maßnahmen für gleitende Übergänge zwischen Bildungs-, Arbeits- und Ruhestandsphasen (Deutscher Bundestag, 2010, S. 120). Einen tariflichen Anspruch auf Altersteilzeit gibt es seitdem nicht mehr. Dieser Vertrag stellt einen Einschnitt in der bisherigen Praxis der Tarifverträge dar: „Er basiert auf der Erkenntnis, dass Ältere enorme Potenziale für die Unternehmen bereithalten, die über gezielte Maßnahmen der Arbeitsgestaltung der Zeitpolitik, der Gesundheitsförderung, der Qualifizierung, des Wissensmanagements und der Familienförderung mobilisiert werden können“ (Deutscher Bundestag, 2010, S. 120). Die Interessengemeinschaft IG Metall betreibt auf Basis der Ergebnisse des „DGBIndex Gute Arbeit“ eine Initiative zur betrieblichen Alltagsgestaltung von Arbeitsbedingungen mit dem Titel „Gute Arbeit“. In den drei Themenbereichen „alters- & alternsgerechte Arbeitsgestaltung“, „Arbeitszeit- & Leistungsbedingungen“, „prekäre Beschäftigung & deren Auswirkung auf die Gesundheit" bietet die Initiative den Betrieben Hilfestellungen an. Beispielsweise: - eine verbesserte Schichtplan-Software für Betriebsräte mit Beispielschichtplänen, - Handlungshilfen und betriebliche Umsetzungskonzepte für Betriebe zur ganzheitlichen Erfassung aller Belastungen bei den Gefährdungsbeurteilungen, - Handlungshilfen für ein Einführungskonzept zum BEM, - Instrumente zur Qualifikationsanalyse, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 73 Kernkompetenzbereich Gesundheit - Analysen der betrieblichen Altersstruktur, - Gesundheitsförderung zur alternsgerechten Arbeitsgestaltung (Pickshaus, 2009, S. 279–283). Die nationale INQA ist eine seit 2002 bestehende Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern, Sozialversicherungsträgern, Gewerkschaften, Stiftungen sowie Unternehmen und ist organisatorisch bei der BAuA angesiedelt. Ziel der Initiative sind Sensibilisierung der Öffentlichkeit, gemeinsames Erarbeiten der Partner von praktischen Umsetzungsvorschlägen, der Wissenstransfer in Netzwerken, die Unterstützung und Förderung von Projekten, Unternehmensberatung sowie die Vorstellung von Good Practice Beispielen (INQA, o.J.b, www). Auf Initiative von INQA und BMAS wurde 2006 „Das Demographie Netzwerk“ (ddn) gegründet. Dabei handelt es sich um eine bundesweite Plattform an der sich Betriebe aller Branchen und Größen an Wissensgenerierung und -transfer beteiligen. Weiters wurden einzelne Netzwerke für spezifische Branchen (beispielsweise Bau, Pflege, Büro) sowie für KMU geschaffen, die somit auf deren besonderen Bedürfnisse bei der Umsetzung von Maßnahmen eingehen können (INQA, o.J.c, www). Ein Projekt zur regionalen Vernetzung von KMU ist „Gesunde Arbeitswelten im demografischen Wandel“ das von INQA, der Bertelsmann Stiftung sowie der HansBöckler-Stiftung durchgeführt wird. Dabei sollen KMU unterstützt werden eine alter(n)sgerechte Gesundheitspolitik im Betrieb einzuführen. Vor allem geht es hierbei um die Vernetzung der regionalen Betriebe und der betriebsexternen Gesundheitsakteure durch den Aufbau von Kompetenzzentren vor Ort. Gerade KMU profitieren am meisten von diesen regionalen Netzwerken (Bertelsmann Stiftung, o.J., S. 1). Auch in Deutschland werden Auszeichnungen für Betriebe, die Maßnahmen für altersgerechte Arbeit umsetzen, vergeben. Das „AGE CERT“ Qualitätssiegel wird von der Marie-Luise und Ernst Becker Stiftung an Betriebe mit einer altersgerechten Personalentwicklung vergeben. Mittels Visitation werden die Aktivitäten beurteilt und überprüft (AGE CERT, 2010, www). Von einigen deutschen Bundesländern (z.B. Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg) werden ebenso Preise für demografiefeste Unternehmen vergeben (ddn, 2011, www). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 74 Kernkompetenzbereich Gesundheit Im Rahmen des 2012 stattfindenden „Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ werden vom BMFSFJ rund 800.000 € für 46 Projekte zu verschiedensten Themen, z.B. demografischer Wandel und nachhaltiges Personalmanagement, zur Verfügung gestellt. Die beim BMFSFJ eingerichtete Koordinierungsstelle fördert und begleitet die Umsetzung der Projekte und präsentiert diese auf der eingerichteten Homepage www.ej2012.de, um eine Vernetzung und Wissenstransfer zu gewährleisten (BMFSFJ, 2012, S. 9–10). In Deutschland wurden bereits im Jahr 2001 im Rahmen des „Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplans 2001“ zahlreiche Maßnahmen zur Beschäftigung und Reintegration Älterer in den Arbeitsmarkt unternommen. Vorwiegend konzentrierten sich die Aktivitäten auf die Bereiche Lebensbegleitendes Lernen, Verbesserung der Altersteilzeit und Abbau von Vorurteilen gegenüber älteren Beschäftigten (Bundesrepublik Deutschland, 2001, S. 24–26). Auch in den Aktionsplänen der darauffolgenden Jahre wurde die spezielle Lage der älteren Arbeitnehmer behandelt. So wurde beispielsweise im „Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplan 2004“ die Qualität der Arbeit ins Zentrum der Strategie gerückt, u. a. durch die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit und einer effizienteren Kontrolle der Einhaltung durch eine zentrale Überwachungsstelle (Bundesrepublik Deutschland, 2004, S. 11). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 75 Kernkompetenzbereich Gesundheit 5 VERGLEICH DER ÖSTERREICHISCHEN UND DEUTSCHEN STRATEGIEN In Österreich ist die Berücksichtigung des Alters bei der Übertragung der Aufgaben sowie der Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen im Arbeitnehmerschutz vorgeschrieben. Vor allem Kleinbetriebe, aber auch größere Unternehmen, kommen jedoch dieser Verpflichtung nur unzureichend nach. Weniger als ein Viertel der Betriebe bis 50 Mitarbeiter und nur ca. 40 % der Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern berücksichtigen das Alter (s. Kapitel 3.1). Das heißt, die Situation in größeren Betrieben ist zwar besser, jedoch nicht zufriedenstellend. Auf freiwilliger Basis können Arbeitspsychologen als Präventivfachkräfte für alternsgerechte Arbeitsgestaltung eingesetzt werden. Altersstrukturanalysen können freiwillig im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Das deutsche ArbSchG sieht hingegen keine spezielle Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer vor. Die von allen Betrieben verpflichtend durchzuführende Gefährdungsbeurteilung, in denen auch psychische Belastungen erfasst werden müssen, lässt den Arbeitgebern großen Spielraum in der Ausgestaltung. Auch hier ist keine dezidierte Beurteilung der Gefährdungen für Ältere vorgesehen. Gefährdungsbeurteilungen werden jedoch vor allem in Kleinbetrieben noch nicht in ausreichendem Maße durchgeführt (s. Kapitel 4.1). Durch „fit2work“ werden vor allem Maßnahmen der Sekundär- und Tertiärprävention umgesetzt. Arbeitnehmern bzw. Kurzzeitarbeitslosen mit längeren Krankenständen wird dieses Beratungsangebot vorgeschlagen. Die Teilnahme daran ist jedoch freiwillig. Eine zweite Schiene des Beratungsangebots richtet sich an Betriebe. Vor allem an diesem Zweig wurde vielfach kritisiert, dass Doppelstrukturen aufgebaut werden. In der Ausgestaltung wurde daher festgelegt, dass nur das BEM (für Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen bzw. Menschen mit Behinderung) und der ABI PlusTM zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Angebot an Betriebsberatung durchgeführt werden. Die AUVA spielt in der Betriebsberatung eine große Rolle. Vor allem über das schon bestehende Programm „AUVAsicher“ wird eingangs eine KurzDiagnostik der Betriebe durchgeführt. Da die Beratung für Betriebe derzeit noch nicht Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 76 Kernkompetenzbereich Gesundheit angeboten wird, ist die genaue Ausgestaltung aus der vorliegenden Literatur nicht erkennbar. Fraglich bleibt daher auch, ob das Beratungsangebot für Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen verpflichtend wahrgenommen und Maßnahmen verpflichtend umgesetzt werden müssen. Durch „fit2work“ werden Kostenersparnisse im Bereich der Kranken-, Pensions-, Unfall-, und Arbeitslosenversicherung erwartet. „fit2work“ richtet sich zwar nicht gezielt an ältere Personen, wurde allerdings mit der Zielsetzung einer längeren Erwerbstätigkeit älterer Beschäftigter, also der Reduktion der Invaliditätspensionen, entwickelt. Die Maßnahmen werden älteren Erwerbstätigen auch in hohem Maße zugutekommen, da der Fehlzeitenreport 2011 aufgezeigt hat, dass bei den 55- bis 60-jährigen Beschäftigten die Summe der Krankenstandstage am höchsten ist und Krankenstände mit mehr als sechs Wochen gute Indikatoren für einen wahrscheinlichen Übergang in eine Invaliditätspension sind. Da „fit2work“ bei eben dieser Anzahl an Krankenstandstagen ansetzt, ist zu erwarten, dass das Case Management auf die richtige Personengruppe ausgerichtet ist (s. Kapitel 3.2). Das BEM in Deutschland ist direkt auf Arbeitgeber ausgerichtet. Sie sind verpflichtet ihren Arbeitnehmern, die mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig waren, Maßnahmen für BEM anzubieten. Die Durchführung ist jedoch abhängig von der Zustimmung des Beschäftigten, er hat jederzeit das Recht dies abzulehnen. Betriebs- oder Personalrat bzw. auch Schwerbehindertenvertretung müssen in das Vorgehen mit einbezogen werden. Sie haben auch die Kontrolle der Durchführung des BEM über. Eine genaue Vorgabe, wie der BEM-Prozess ausgestaltet sein soll, wird im Gesetz bewusst nicht vorgeschrieben. Es ist notwendig, dass individuell passende Lösungen für jedes Unternehmen gefunden werden, das BEM ist in den Betrieben aufzubauen. So besteht die Chance, dass in diesem Rahmen präventive Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie BGF ausgebaut und vorangetrieben werden. Die Rehabilitationsträger (Krankenkasse, DRV, BA, DGUV) müssen gegebenenfalls für Leistungen aufkommen, bieten jedoch auch Beratung hinsichtlich der Durchführung sowie in manchen Fällen Prämien oder Boni an. Eine mangelhafte Umsetzung sowie Informationsdefizite bezüglich BEM bestehen vor allem in KMU. Bei der Durchführung von BEM wird ein mangelhafter Professionalisierungsgrad attestiert, die Umsetzung in den Betrieben stecke noch in den Kinderschuhen. Nur in jedem zweiten der befragten Unternehmen wird BEM Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 77 Kernkompetenzbereich Gesundheit durchgeführt, wobei dies nur auf 30% der kleinen Betriebe zutrifft (s. Kapitel 4.2). Eine von der gesetzlichen Rentenversicherung koordinierte trägerübergreifende Servicestelle mit regionalen Niederlassungen könnte als externer Berater für die Betriebe in Betracht kommen. Sie ist den Unternehmen jedoch kaum bekannt. KMU haben oft auf Grund mangelnder Ressourcen nicht die Möglichkeit BEM zu realisieren. Hier gewinnen vor allem Kooperationen in Industriegemeinschaften, Wirtschaftsverbänden oder Kammern sowie Regionalstellen an Bedeutung. Sie sollten jedoch noch viel intensiver vorangetrieben werden, um KMU zu unterstützen. In Österreich besteht für Versicherte Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation, es herrscht jedoch auch Mitwirkungspflicht. Maßnahmen, die die Wiederherstellung von Arbeitsfähigkeit ermöglichen, müssen durchgeführt werden, bevor eine Invaliditätspension in Anspruch genommen werden kann. Die vorliegenden Daten zeigen jedoch, dass die berufliche Rehabilitation nicht den Stellenwert hat, den sie haben sollte. Überdenkt werden sollte, Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation frühzeitig und unabhängig von einem Invaliditätspensionsantrag einzusetzen sowie die Ermöglichung des Zugangs zu beruflicher Rehabilitation für Personen ohne Berufsschutz. Für arbeitslose Personen wurde eine Vereinfachung der Überprüfung der Arbeitsfähigkeit mit der Möglichkeit einer frühzeitigen Rehabilitation durch die Einrichtung der „Gesundheitsstraße“ eingerichtet. Verbesserungsbedarf besteht hierbei jedoch hinsichtlich der Ausweitung der Teilnehmer sowie der Betreuung beim AMS (s. Kapitel 3.3). Rehabilitation in Deutschland ist von einer Vielzahl an Trägern geprägt. Diese Heterogenität versucht man durch eigens eingerichtete Reha-Servicestellen zu überwinden. Wie in Österreich, herrscht auch in Deutschland das Prinzip „Rehabilitation vor Rente“. So wird versucht zunächst die Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, bevor eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt wird. Berufliche Rehabilitation (LTA) wird auch an Arbeitslose und Erwerbsminderungsrentner erbracht. Alle Rehabilitanden haben grundsätzlich Mitwirkungspflicht. Dabei bedarf es jedoch zuvor der Zustimmung des Betroffenen. Die stufenweise Wiedereingliederung ermöglicht erforderlichenfalls eine langsame Hinführung zur vollen Erwerbstätigkeit. Verbesserungswürdig erscheinen die Zusammenarbeit und das einheitliche Vorgehen der verschiedenen Rehabilitationsträger (s. Kapitel 4.3). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 78 Kernkompetenzbereich Gesundheit Eine Verpflichtung der Krankenkassen, Betrieben BGF anzubieten, besteht in Österreich nicht. BGF wird jedoch in Österreich durch zahlreiche Unterstützungsangebote, insbesondere für KMU, gefördert. BGF und Arbeitnehmerschutz können in einem Betrieb als einander ergänzende Systeme aufgebaut werden. Dies wird allerdings erst von wenigen Betrieben durchgeführt. In Österreich herrschen zahlreiche Defizite wie Unverbindlichkeit, Ziellosigkeit und mangelnde Koordination – eine Bundeskoordination der BGF-Maßnahmen ist erforderlich (s. Kapitel 3.4). In Deutschland sind im Gegensatz zu Österreich die Krankenkassen verpflichtet, Betrieben BGF-Maßnahmen anzubieten. Die Betriebe sind jedoch nicht verpflichtet, diese umzusetzen. Steuerliche Begünstigung und ein Beitragsbonus für Arbeitgeber und -nehmer bei Umsetzung von BGF sind möglich. BGF ist vorwiegend in großen Unternehmen zu finden. KMU müssten demzufolge durch mehr Information und Unterstützung zu BGF motiviert werden. Bisher wird BGF für ältere Beschäftigte noch zu wenig angeboten (s. Kapitel 4.4). Altersteilzeit mit einer gleichbleibenden Reduktion der Arbeitszeit bietet eine Möglichkeit die Arbeitsbelastungen im Alter zu reduzieren. Da jedoch sowohl in Österreich als auch in Deutschland zumeist die Blockvariante der Altersteilzeit gewählt wird, ist diese Maßnahme eher eine Strategie zum vorzeitigen Erwerbsausstieg. Zudem kommt das Modell der Altersteilzeit nicht jenen zugute, die den größten Arbeitsbelastungen ausgesetzt sind. In Österreich wird mit verschiedenen Maßnahmen versucht, die Blockvariante unattraktiver zu gestalten bzw. an Bedingungen zu knüpfen. Eine Abschaffung ist jedoch nicht geplant. In Deutschland wurde jedoch die Förderung der Altersteilzeit mittels Zuschüssen eingestellt (s. Kapitel 3.5; 4.5). Einige musterhafte Betriebe weisen bereits eine alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation auf. Jedoch konzentrieren die meisten Unternehmen ihre Aktivitäten noch auf die jüngere Belegschaft. Das Wissen über die Ursachen von Krankheiten im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen, -tätigkeiten oder der -umgebung und die daraus abzuleitenden Maßnahmen, wird in den Betrieben Österreichs und Deutschlands zu wenig genutzt. Da vor allem KMU oftmals Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeit haben, bedürfen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen diese besonderer 79 Kernkompetenzbereich Gesundheit Unterstützung durch überbetriebliche Akteure wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaften und politische Institutionen. In beiden Ländern bestehen zahlreiche Initiativen und Projekte für alter(n)sgerechte Arbeit. Dabei konzentrieren sich einige Projekte speziell auf die Bedürfnisse von KMU, besonders belastete Branchen oder regionale Netzwerke. Die Projekte tragen zum Wissensgewinn über die konkrete Umsetzung in den Betrieben, spezifische Hürden, erforderliche Unterstützungsmaßnahmen sowie zur Sensibilisierung der Thematik bei (s. Kapitel 3.6; 3.7; 4.6; 4.7). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 80 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6 BEWERTUNG DER ÖSTERREICHISCHEN UND DEUTSCHEN STRATEGIEN Im ersten Teil der Arbeit wurden die Aktivitäten und Strategien Österreichs und Deutschlands mittels Literaturrecherche dargestellt und verglichen (s. Kapitel 3–5). Für die Bewertung dieser Strategien sowie die Ermittlung von Änderungsbedarf wird eine qualitative empirische Untersuchung durchgeführt. Im folgenden Kapitel werden die Methode des Experteninterviews und die konkrete Vorgehensweise erläutert. Anschließend erfolgt die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse. 6.1 Darstellung der Methodik 6.1.1 Teilstandardisierte Experteninterviews Qualitative Befragungen bieten Einblick in die subjektive Perspektive des Interviewpartners (Bortz & Döring, 1995, S. 283). Da Ansichten, Meinungen und Erfahrungen der Experten mit der Befragung erhoben werden sollen, eignet sich ein qualitatives Design. Auf Grund des Zieles gegenwärtige Aktivitäten von Politik und Betrieben zu hinterfragen, wurde als Erhebungsinstrument eine mündliche Expertenbefragung gewählt. Dabei können Aussagen der Gesprächspartner hinterfragt und vertieft werden. Eine mündliche Befragung beinhaltet zwar die Gefahr einer Verzerrung durch den Interviewer – er nimmt schließlich direkten Einfluss auf das Gespräch – jedoch bietet sie auch den Vorteil gegenüber der schriftlichen Befragung kontrollieren zu können, wer, wann und wie die Fragen beantwortet werden (Atteslander, 2006, S. 125–126). Die Experten in Österreich wurden persönlich befragt, die Interviews mit deutschen Experten wurden angesichts der Entfernung telefonisch durchgeführt. Die Unterschiede in den Antworten, die zwischen telefonischen und persönlichen Interviews vormals als problematisch angesehen wurden, werden mittlerweile als gering beziffert (Diekmann, 2008, S. 504). Dennoch wurde darauf geachtet, dass sich die telefonischen Interviewpartner durch den frühzeitigen Erhalt des Interviewleitfadens gut auf das Gespräch einstellen und vorbereiten konnten. Eine teilstrukturierte Befragung kann dem Ziel der Erhebung am besten gerecht werden. Diese bietet die Möglichkeit mittels eines vorbereiteten Interviewleitfadens Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 81 Kernkompetenzbereich Gesundheit die Ergebnisse vergleichbar zu machen, im Gespräch jedoch die Abfolge der Fragen variieren und neue Themen einfließen lassen zu können (Atteslander, 2006, S. 125). 6.1.2 Interviewleitfaden Der Interviewleitfaden wurde an Hand der durch die Literaturrecherche gewonnenen Erkenntnisse sowie auf Grund persönlicher Interessen formuliert. Er ist in neun Fragenblöcke aufgeteilt, die die verschiedenen Aktivitäten von Politik und Betrieben hinterfragen. Bei der Formulierung der Fragen wurde darauf geachtet, dass keine Suggestivfragen und nur offene Fragen gestellt wurden. Denn Befragte müssen die Antworten bei offenen Fragen selbst formulieren, wodurch die jeweiligen Aussagen der Experten gut miteinander verglichen werden können (ebd., S. 136). Die erste Frage dient dem Einstieg in das Gespräch und soll zunächst die Bedeutung des Themas „ältere Arbeitnehmer“ für den Befragten wiederspiegeln. Auch die Relevanz der Thematik in der Organisation des Experten kann durch diese Frage interpretiert werden. Im zweiten Abschnitt wird der Änderungsbedarf im Arbeitsschutz hinsichtlich einer alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung aus Sicht des Interviewten hinterfragt. Der dritte Fragenblock bezieht sich in Österreich auf die Bewertung von „fit2work“ und in Deutschland auf das BEM. Dies zielt auf die Einschätzung der Eignung der jeweiligen Strategie für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie gegebenenfalls Änderungsbedarf ab. Die vierte Frage stellt einen Vergleich mit dem jeweils anderen Land dar. Österreichische Experten wurden nach ihrer Bewertung des deutschen BEM und deutsche Experten nach jener von „fit2work“ befragt. Auf diese Weise soll, durch die Sicht von nicht direkt betroffenen oder beteiligten Experten, die Sicht von außen auf die Strategien in die Betrachtung mit einbezogen werden. Der fünfte Fragenblock betrifft die Beurteilung der Rehabilitation im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit. Im sechsten Abschnitt wird nach erforderlichen Maßnahmen gefragt, um BGF und Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung auf betrieblicher Ebene flächendeckend zu ermöglichen. Ziel dieser Frage ist es, welche Voraussetzungen für mehr Maßnahmen in den Betrieben geschaffen werden müssten. Der siebente Fragenblock beleuchtet die Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen von Politik und Betrieben für Arbeitnehmer in belastenden Tätigkeiten. Dabei soll geklärt werden, ob die Aktivitäten auch für diese Gruppe Beschäftigter ein Erreichen des Regelpensionsalters in Gesundheit ermöglichen. Im achten Abschnitt sollen Experten Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 82 Kernkompetenzbereich Gesundheit darstellen, welcher Anreiz ihrer Meinung nach am wirkungsvollsten für Betriebe ist, um Aktivitäten für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu setzen. Dabei wurden den Experten Beispiele zur Ideenanregung aufgezählt. Die neunte und letzte inhaltliche Frage gibt Raum für zusätzliche Aspekte der Befragten und bietet die Möglichkeit weitere, möglicherweise bisher unbeachtete Themen zu erfassen. Abschließend wurden sozialstatistische Merkmale wie Geschlecht, Funktion im Unternehmen und Tätigkeitsdauer der angegebenen Position erhoben. 6.1.3 Auswahl der Experten Bei qualitativen Erhebungen steht nicht die Repräsentativheit im Vordergrund, sondern die Repräsentanz, das heißt es werden gezielt Personen befragt, die sogenannte „typische Fälle“ darstellen (Lamnek, 1995, S. 93). Bei der Auswahl der Experten wurde darauf geachtet, Vertreter verschiedenster beteiligter Institutionen wie Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter, Sozialversicherungen und Arbeitsschutzbehörde, zu befragen. So soll gewährleistet werden, dass Meinungen und Sichtweisen von möglichst allen Beteiligten vertreten sind und gegenübergestellt werden können. Mittels Internetrecherche wurden zuständige Personen bei den jeweiligen Institutionen ermittelt und per E-Mail kontaktiert (s. Anhang A.1). Dabei wurde bereits das grundsätzliche Ziel dargestellt und der Zeitraum der Befragung angeführt. Anschließend wurde ein Termin mit den Experten für das persönliche oder telefonische Interview vereinbart. Die nachfolgende Tabelle zeigt die befragten Experten sowie deren Organisation (s. Tabelle 2). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 83 Kernkompetenzbereich Gesundheit Tabelle 2: Auswahl der befragten Experten, Eigene Erstellung Teilnehmer Funktion I Arbeitsschutzexpertin II Fachexperte der Unfallversicherung III Arbeitnehmervertreterin IV Fachexperte der Sozialversicherung V Arbeitgebervertreterin VI Arbeitgebervertreter VII Fachexperte der Unfallversicherung VIII Arbeitnehmervertreterin IX Arbeitsschutzexpertin X Fachexperte der Betriebskrankenkassen Organisation Tätigkeit Österreich AI – ArbeitsLeiterin der Abteilung inspektion Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie Arbeitspsychologie AUVA – Arbeitspsychologe Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AK NÖ – Fachexpertin im Bereich Arbeiterkammer Wirtschaftspolitik, Niederösterreich Arbeitsmarktpolitik HVSVT – Sachbearbeiter in der Hauptverband der Abteilung SozialversicherGesundheitsförderung ungsträger und Prävention WKÖ – Referentin in der WirtschaftsAbteilung für Sozialpolitik kammer und Gesundheit Österreich Deutschland BDA – Leiter der Stabsstelle BundesvereinigArbeitswissenschaft ung der Deutschen Arbeitgeberverbände DGUV – Referatsleiter des Deutsche Disability Management Gesetzliche Unfallversicherung DGBKompetenzzentrumsleiteri Bildungswerk – n für Gesundheit und Deutscher Arbeit Gewerkschaftsbund BAuA – Wissenschaftliche Bundesanstalt für Direktorin der Stabsstelle Arbeitsschutz und Senior Policy Advisor im Arbeitsmedizin Fachbereich 1: Grundsatzfragen und Programme BKK – BundesReferent für Betriebliche verband, Gesundheitsförderung Spitzenorganisati on der Betriebskrankenkassen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen Tätigkeitsdauer in Jahren 5 25 3 9 7 8 4 22 1 15 84 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.1.4 Durchführung der Interviews Vor der Durchführung der Befragung wurde ein Pretest an einer der Zielgruppe entsprechenden Person durchgeführt. Der Interviewleitfaden wurde auf Verständlichkeit, Übersichtlichkeit des Layouts, Dauer und Durchführbarkeit der Beantwortung sowie Länge des Leitfadens überprüft. Die „lessons learned“ des Pretest wurden in den Interviewleitfaden eingearbeitet. Es wurden lediglich Formulierungen und Satzstellungen verändert, die Fragenblöcke konnten beibehalten werden. Die Interviewpartner erhielten eine Woche vor dem jeweiligen Gesprächstermin den Interviewleitfaden per E-Mail zugesandt. Dies sollte gewährleisten, dass sich die Gesprächspartner auf Fragen vorbereiten und gegebenenfalls vorab Informationen einholen konnten. Vor Beginn des Interviews wurde das Einverständnis der Befragten eingeholt, das Gespräch per Tonband aufnehmen zu dürfen. Das Interview wurde immer mit der Einstiegsfrage begonnen, dann wurde jedoch die Abfolge der Fragen je nach Gesprächsverlauf variiert. 6.1.5 Interviewauswertung Zur Auswertung wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt und nach dem Verfahren – wie von Bortz & Döring (1995, S. 304–306) beschrieben – vorgegangen. Zunächst wurden die Tonbandaufnahmen im mp3-Format mit fortlaufender Nummerierung gespeichert und anschließend nach den Transkriptionsregeln des Praxisbuch Transkription (Dresing & Pehl, 2011, S. 19–21) verschriftlicht. Um einen ersten Überblick über die erhaltenen Informationen zu bekommen, wurden kurze Fallbeschreibungen inklusive sozialstatistischer Merkmale sowie inhaltlicher Zusammenfassungen der Antworten von jedem Experten verfasst. Auf Basis dieser Fallbeschreibungen sowie der durch die Literaturrecherche gewonnenen Erkenntnisse konnte ein Kategorienschema inklusive Kategorien und Subkategorien entwickelt werden (s. Anhang A.3). Es handelt sich daher um eine Mischform aus induktivem und deduktivem Vorgehen (Bortz & Döring, 1995, S. 305). Die Interviewleitfäden wurden zunächst einer Einzelkategorisierung unterzogen, um anschließend eine Kategorisierung des Kollektivs mit dem Ziel der Generalisierung vornehmen zu können. Hierbei wurde nach Gemeinsamkeiten, Unterschieden sowie Grundtendenzen gesucht. Ein fortlaufender Abgleich mit den Originaltranskripten fand statt, um Fehlinterpretationen oder Verkürzungen aufzudecken. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 85 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.2 Darstellung und Interpretation der Experteninterviews in Österreich Die Ergebnisse der Experteninterviews werden in Folge dargestellt und interpretiert. Jedes Kapitel stellt eine der gebildeten Kategorien dar, so wie jedes Unterkapitel einer Subkategorie entspricht. Die Darstellung der Ergebnisse wird durch wörtliche Zitate der Befragten unterstützt. Um den Zusammenhang dieser Zitate besser verstehen zu können, wird für Interessierte ein Absatz vor und ein Absatz nach dem Zitat aus der Originaltranskription im Anhang angeführt (s. Anhang A.4). Dem Wunsch einer Expertin nicht wörtlich zitiert werden zu wollen, wurde nachgekommen. Am Ende jedes Kapitels wird eine Interpretation der gesamten Kategorie durchgeführt. 6.2.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel Diese Kategorie soll darstellen, inwieweit die befragten Experten Berührungspunkte mit der Thematik „ältere Arbeitnehmer“ in ihrer beruflichen Tätigkeit haben. So soll auch aufgezeigt werden, welche Relevanz das Thema in den Organisationen hat. Unabhängig von dem beruflichen Tätigkeitsbereich der Experten geben alle gewisse Berührungspunkte mit der Thematik an. Es wird berichtet von Schwerpunktaktionen zu alter(n)sgerechter Arbeit in den Betrieben, der Berücksichtigung der Thematik bei Seminaren und Vorträgen sowie der Erstellung von Prognosen um gegensteuernde Maßnahmen für eine längere Beschäftigung in Gesundheit entwickeln zu können. Der demografische Wandel spielt eine Rolle bei der Gesundheitsförderung und Prävention in allen Altersgruppen und Settings. Er hat Bedeutung bei der Ausarbeitung von Förderrichtlinien und Strategiefestlegung. „Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin zuständig für Gesundheitsförderung und Prävention von der Wiege bis ins hohe Alter und da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem, generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch außerhalb des Arbeitsplatzes.“ (TN IV, Zeile 5) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 86 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Ältere Arbeitnehmer“ und der demografische Wandel haben in der Tätigkeit aller Experten einen besonderen Stellenwert. In allen Organisationen der Befragten spielt die Thematik eine Rolle und eine Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel ist erforderlich. 6.2.2 Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz Die Tatsache, dass die Berücksichtigung des Alters im Rahmen des ArbeitnehmerInnenschutzes zwar vorgesehen ist, dem jedoch von den österreichischen Betrieben nur unzureichend nachgekommen wird, führt zur Frage nach Änderungsbedarf in diesem Gebiet. 6.2.2.1 Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz Die Mehrheit der Experten sieht keinen Änderungsbedarf im ASchG, sondern in der betrieblichen Umsetzung. „Das heißt im Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis.“ (TN V, Zeile 38) Das Gesetz ist eine gute Grundlage für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, Betriebe müssten jedoch mehr Information und Hinweis auf ihre gesetzliche Verpflichtung erhalten. Kontrollen über die Durchführung seien allerdings ebenso erforderlich. Die vorgesehenen Geldstrafen sind nach Meinung der Arbeitnehmervertreterin nicht ausreichend, sondern es solle mehr Sensibilisierung für das Thema betrieben werden. Das ASchG ist zudem sehr technisch ausgestaltet, wobei für ältere Arbeitnehmer vor allem die Gestaltung der Arbeitsabläufe, die Art der Organisation und die Arbeitszeitgestaltung wichtig wären. Ob dieses Gesetz der richtige Ort für Anpassungen an das Alter sei, bleibt fraglich. Eine eigene Verordnung über Ältere ist für die Arbeitsschutzexpertin in Zukunft vorstellbar. Einen inhaltlichen Mangel des Gesetzes ortet der Fachexperte der Unfallversicherung bezüglich psychischer Belastungen. 6.2.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene Die im Gesetz vorgeschriebenen Arbeitsplatzevaluierungen, die auch die Berücksichtigung des Alters beinhalten müssten, sind in vielen Kleinstbetrieben schlicht nicht bekannt. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 87 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Also bei unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es gibt irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas gehört haben oder so tun als hätten sie noch nie etwas gehört.“ (TN I, Zeile 1509) Zudem wird kritisiert, dass die Gefährdungen oftmals ermittelt und beurteilt werden, dann aber keine Maßnahmen folgen. Kleinbetriebe benötigen Unterstützung bei der Durchführung, welche nun durch „fit2work“ angeboten werde. Die Betreuung der Kleinbetriebe durch die AUVA sei zeitlich zu knapp bemessen. Einzelmeinung des Fachexperten der Unfallversicherung ist, dass die Gefahr bestehe, die Arbeitsplatzevaluierung zu überfrachten, die Beziehung auf das Alter solle gesondert vorgenommen werden. Betrieben müsse vor allem der Sinn der Vorschriften und Instrumente nahe gebracht sowie eine eigene Betroffenheit bewusst gemacht werden, dass es zur Umsetzung des ASchG kommt. „Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man den Betrieben sagt: es betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente, dort gibt es auch Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen nur einfach aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die auch Sinn machen.“ (TN IV, Zeile 54) Es lässt sich aus den Ergebnissen der Interviews ableiten, dass die Berücksichtigung des Alters im Gesetz ausreichend ist. Allerdings müsse die Umsetzung des Gesetzes in den Betrieben durch Information, Sensibilisierung und Kontrollen verbessert werden. Der Hinweis auf die technische Ausgestaltung des ASchG, wodurch nicht auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer eingegangen werden kann, lässt annehmen, dass dies auf betrieblicher Ebene oder wie von einer Expertin erwähnt in einer eigenen Verordnung gelöst werden müsse. Da psychische Erkrankungen stark im Zunehmen begriffen sind, ist die Bemerkung eines Experten bezüglich der mangelhaften Berücksichtigung psychischer Belastungen im ASchG ernst zu nehmen. Die Aussagen der Experten zeigen, dass Kleinbetriebe besondere Unterstützung bei der Umsetzung des ASchG benötigen. Die Unterstützung durch „fit2work“-Betriebsberatung muss daher auch in diesem Zusammenhang beobachtet werden. Wenn Betrieben der Sinn der Vorschriften klar ist, sollte es in Zukunft nicht mehr vorkommen, dass bei der Arbeitsplatzevaluierung Gefährdungen lediglich erfasst und beurteilt werden, sondern dass auch Maßnahmen gesetzt werden. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 88 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf gesetzlicher Ebene Dinge regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und notwendig, aber es muss letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und in den Betrieben. Die Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer Ebene, dass es unten wirksam wird und wie finden diese beiden Dinge zusammen, das ist für mich die zentrale Fragestellung.“ (TN IV, Zeile 24) 6.2.3 Bewertung von „fit2work“ Das in Österreich seit 2011 bestehende Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz findet mit „fit2work“ seine Umsetzung, das Beratungsangebot befindet sich derzeit noch im Aufbau. Dennoch wurde in den Interviews nach Einschätzung und Beurteilung dieses Beratungsangebots für Personen und Betriebe gefragt. 6.2.3.1 Betriebsberatung „fit2work“ bietet die Möglichkeit bereits Bestehendes in den Betrieben zu neuem Leben zu erwecken. Es bietet die Möglichkeit Arbeitsschutz, Betriebliche Gesundheitsförderung und Betriebliches Eingliederungsmanagement im Betrieb zu vereinen. Das Betriebsberatungsangebot wird jedoch nur für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten angeboten. Dies ist aus Datenschutzgründen und mangelnden innerbetrieblichen Ressourcen bei Kleinbetrieben erforderlich. Dass diese lediglich im Rahmen von „AUVAsicher“ betreut werden, ist auf Grund der zeitlichen Knappheit dieses Angebots (s. Kapitel 6.2.2.2) zu kritisieren. Mehrheitlich wird auf die Problematik der Kleinbetriebsbetreuung eingegangen: die Betriebsberatung ist vor allem auf größere Betriebe ausgerichtet. Doch vor allem Kleinbetriebe würden die Unterstützung benötigen. Auch insgesamt ist die Anzahl der geplanten Betriebsberatungen zu gering, die Ambitionen und finanziellen Mittel im Vergleich zur Personenberatung viel niedriger. „Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die Betriebe beraten werden, weil eben gerade KMUs haben es einfach schwerer da einfach, ja das Thema von sich aus aufzugreifen und Expertise einfach auch zu haben, spezielle dazu. Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das Betriebsberatungsangebot größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird.“ (TN V, Zeile 76) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 89 Kernkompetenzbereich Gesundheit Die freiwillige Teilnahme für Betriebe wird von den Experten unterschiedlich bewertet. Von manchen wird eine Verpflichtung der Betriebe als notwendig erachtet, da Betriebe schwer zur Teilnahme und Veränderung von Arbeitsplätzen zu motivieren sind. Gegenteiliger Ansicht ist der Fachexperte der Sozialversicherungen, denn Verpflichtung würde den Output nicht erhöhen. Die Arbeitsschutzexpertin erwartet sich einen Domino-Effekt: „Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. […] Das ist so ein Domino-Effekt. […] wo die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind. Und zu gewissen Themen sich austauschen und man hört eben was so läuft in den Betrieben und sie können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn die Betriebe sich gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche externen Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt, dass dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer mehr wird. Von Guten lernen.“ (TN I, Zeile 698) 6.2.3.2 Personenberatung Besonders wichtig im Rahmen der Personenberatung ist das Anschreiben. Dieses müsse zur Teilnahme motivieren, da die Teilnahme am Beratungsangebot für Personen ebenso freiwillig ist. Ob eine Verpflichtung für die Teilnahme der Personen empfehlenswert wäre, wird widersprüchlich gesehen. Die Arbeitsschutzexpertin erachtet dies als kontraproduktiv, da eine Verpflichtung Druck aufbauen und bei den Vielfach bestehenden psychischen Erkrankungen mehr Probleme bringen würde. Bei einer freiwilligen Teilnahme hingegen besteht ein Bedürfnis der Veränderung. Im Gegensatz dazu ist der Fachexperte der Unfallversicherung der Ansicht, dass dies eine Überlegung wert wäre: „[…] ich denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen Personen gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch machen. Und bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit beansprucht, könnte man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine Verpflichtung ist, Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und einmal wirklich zu schauen, was kann ich denn noch machen?“ (TN II, Zeile 186) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 90 Kernkompetenzbereich Gesundheit Von besonderer Bedeutung ist jedenfalls, dass Personen frühzeitig erreicht werden, bevor eine „innere“ Pensionierung stattgefunden hat. Ob dies mit „fit2work“ erreicht werden kann, ist nach Meinung aller Experten erst nach Evaluierung des Projekts zu beurteilen. Ein Problem, dass sich durch die Personenberatung ergibt, bezieht sich nach Ansicht einer Befragten auf die Vielzahl an psychisch Erkrankten. Da es in Österreich zu wenige finanzierte Psychotherapieplätze gibt, werden Bedürfnisse geweckt, die nicht erfüllt werden könnten. 6.2.3.3 Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung Dass Personen und Betriebe getrennt voneinander beraten werden, führt zum Aufbau einer Parallelstruktur, Verbindungen zwischen den beiden Ansätzen entstehen nur zufälligerweise. Eine bessere Integration der beiden Ansätze sei wünschenswert, so die mehrfache Meinung. Widersprüchlich ist die Aussage, dass beide Ansätze erforderlich sind und die Trennung der Beratung aus Datenschutzgründen wichtig ist. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich die Personenberatung aus der Betriebsberatung der teilnehmenden Betriebe heraus entwickelt. „Ich denke es braucht beide Ansätze, die Frage ist, wie gut sind diese beiden Ansätze gekoppelt.“ (TN IV, Zeile 83) Die Verknüpfung von Personen- und Betriebsberatung scheint noch nicht ganz klar zu sein. Konträr wird gesehen, ob Casemanager auf Grund einer Personenberatung auf den betreffenden Betrieb zugehen bzw. mit Zustimmung des Betroffenen erfolgen kann. In den vorangegangenen Pilotprojekten hat diese Verbindung bestanden, wie dies nun bei „fit2work“ sei, ist derzeit nicht erkennbar. Die Verbindung zwischen Personen- und Betriebsberatung in speziellen Anlassfällen ist gerade für Klein- und Mittelbetriebe wichtig. „Es ist die Frage immer und das bringen wir immer wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe.“ (TN V, Zeile 93) Die Betriebsberatung ohne Konnex zu betroffenen Personen wird allerdings als „fiktive Angelegenheit“ bezeichnet. Eine Verpflichtung zur Umsetzung von Maßnahmen in diesen Betrieben geht aus dem Gesetz jedenfalls nicht hervor. Allerdings ist Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 91 Kernkompetenzbereich Gesundheit es wichtig, dass die Fokussierung nicht immer nur auf ein Gesetz erfolgt: die Verpflichtung zur Umsetzung von Maßnahmen bestehe schließlich auf Grund anderer Gesetze. 6.2.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen Dass eine große Öffentlichkeitskampagne für die Erreichung der Zielgruppen geplant ist, wird von der Arbeitgebervertreterin kritisiert. Sie hätte mehr Schwerpunkt und finanzielle Mittel für die Betriebsberatung als sinnvoll erachtet. Unklarheit herrscht offensichtlich auch noch in der Frage, ob durch „fit2work“ Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen aktiv angesprochen werden. „Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen.“ (TN I, Zeile 667) „Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja auch die Betriebe akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen […]“ (TN V, Zeile 179) 6.2.3.5 Vernetzung Die Vernetzung des bereits bestehenden Beratungsangebots ist eines der Ziele von „fit2work“. Ob das erreicht wird – hier sind sich alle Experten einig – kann noch nicht beurteilt werden. Die Arbeit daran steht noch am Anfang. Da dieses Ziel jedoch gesetzlich verankert ist und alle Sparten der Sozialversicherung beteiligt sind, existiert prinzipiell die Möglichkeit einer besseren Kommunikation. Derzeit bestehen allerdings noch Abgrenzungsprobleme, Streit um Betriebe sowie Angst um Personalstellen und finanzielle Mittel. Das Erreichen eines abgestimmten Herangehens an die Betriebe sollte für eine transparente Struktur sorgen. Wichtig wäre es zudem, die Angebote auf den Bedarf der Betriebe auszurichten und nicht an den Strukturen zu orientieren. „Weil das Problem ist ja aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen heraus Angebote und nicht sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf die Unternehmen. Also meine Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja eigentlich schauen, dass die Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was möglich ist.“ (TN IV, Zeile 165) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 92 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.2.3.6 Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit Zunächst ist anzumerken, dass alle Experten der Meinung sind, dass die flächendeckende Umsetzung sowie Evaluierung abzuwarten ist, bevor eine abschließende Beurteilung vorgenommen werden kann. Positiv angemerkt wird, dass es sich um ein standardisiertes Verfahren mit Schwerpunkt auf der Maßnahmenumsetzung handelt und die Pilotprojekte Erfolge gezeigt haben. „Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit auch Schwerpunkt auf die Maßnahmenumsetzung und Steuerung durch die Steuerungsgruppe, wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen, dass das etwas gebracht hat.“ (TN I, Zeile 340) „Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden.“ (TN III, Zeile 175) Dadurch würden gute Chancen bestehen hiermit eine geeignete Strategie gefunden zu haben. Ein laufender Optimierungsbedarf sei jedoch trotzdem gegeben. Kritische Stimmen unter den Befragten sind allerdings, dass es kein abgerundetes Konzept durch die Trennung der Personen- und Betriebsberatung sei. Es ist abzuwarten inwieweit Personen und Betriebe erreicht werden können. Wünschenswert wäre es auch, die Angebote mehr aus Sicht der Betroffenen und weniger aus institutioneller Sicht zu entwickeln. Dass das Betriebsberatungsangebot an größere Unternehmen gerichtet ist und dass keine Verknüpfung dieser mit der Personenberatung gegeben ist, lässt sich durchaus als ein Manko von „fit2work“ bezeichnen. Die von allen Experten thematisierte Verknüpfung der beiden Beratungsangebote ist wesentlich für den Erfolg des Projekts. Denn, wenn für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit etwas getan werden soll, muss auch der Ort des Geschehens – der Arbeitsplatz – Teil der Maßnahmen sein. Dass diese Verknüpfung in der Planung von „fit2work“ nicht vorgesehen ist, ist ein zu kritisierender Punkt. Inwieweit diese in der Praxis erfolgt, wird die Evaluierung zeigen. Ob die Freiwilligkeit der Teilnahme für Betriebe zu einer ausreichenden Inanspruchnahme Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 93 Kernkompetenzbereich Gesundheit führt, wird sich in Zukunft zeigen. Auch die Beurteilung der Personenberatung bezüglich des rechtzeitigen Einsetzens der Maßnahme und der Inanspruchnahme kann erst nach Evaluierung des flächendeckenden Angebots beurteilt werden. „fit2work“ bietet eine gute Möglichkeit für die Vernetzung der Angebote verschiedener Institutionen, diese Chance sollte genutzt werden. Die Berichte der befragten Experten über Zwistigkeiten zwischen den Institutionen lassen allerdings skeptisch bleiben. Die Eignung der Strategie zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit kann derzeit nicht beurteilt werden. Die Erkenntnisse aus den Interviews hinterlassen einen gemischten Eindruck. Erst die Erfahrungen mit dem Projekt werden aufzeigen, ob in Österreich damit ein richtiger Weg eingeschlagen wurde. 6.2.4 Vergleich „fit2work“ und BEM Die österreichischen Experten wurden auch über ihre Meinung zu der von Deutschland gewählten Strategie – das Betriebliche Eingliederungsmanagement – mit verpflichtender Umsetzung auf betrieblicher Ebene, befragt. Der Mehrzahl der Experten war das Betriebliche Eingliederungsmanagement in Deutschland nicht oder nicht im Detail bekannt. Nach Schilderung der Eckdaten und Unterschiede zum österreichischen „fit2work“ durch den Interviewer wurde vor allem die Verpflichtung der Betriebe kritisch beurteilt. Eine Verpflichtung alleine bringe noch keine Umsetzung bzw. ist die Arbeitgebervertreterin der Auffassung, dass wenn eine Verpflichtung bestehe diese für beide, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gelten sollte. Gegenteiliger Ansicht ist die Fachexpertin der AK. Sie ist der Meinung, dass nur eine freiwillige Teilnahme zielführend ist. „Und ich glaube, dass gerade im gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann wirklich zielführend sind, wenn sie wirklich freiwillig durchgeführt werden können.“ (TN III, Zeile 211) Eine positive Einzelmeinung ist, dass die innerbetriebliche Lösung Deutschlands den Vorteil der Beteiligung von Gewerkschaft und Betriebsrat mit sich bringt. Mehrfach wird diese auf betrieblicher Ebene angesiedelte Variante jedoch als Nachteil gegenüber der österreichischen Strategie beurteilt. Da Österreich eine kleinere betriebliche Struktur habe und diese vor allem externe Unterstützung und Beratung benötigen, wäre das BEM für Österreich nicht geeignet. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 94 Kernkompetenzbereich Gesundheit Eine Verpflichtung der Betriebe kann auf Grund der Ergebnisse als eher negativ bewertet werden. Auch die Ansiedelung auf betrieblicher Ebene wird als Nachteil gesehen. Eine eindeutige Aussage darüber, welche Lösung besser ist, kann sicherlich erst nach ersten Evaluierungen von „fit2work“ gemacht werden. 6.2.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation In den vergangenen Jahren wurden im Bereich der Rehabilitation zahlreiche Änderungen vorgenommen. Mit den befragten Experten wurde weiterer Änderungsbedarf diskutiert. Die Mehrheit der Befragten führte einen Bedarf an weiteren Verbesserungen im Bereich der Rehabilitation an. Vor allem die Beteiligung vieler unterschiedlicher Rehabilitationsträger und damit einhergehende Schnittstellenproblematiken werden als Problem gesehen. „Was wir sicher auch noch haben ist die unterschiedlichen Zugänge und Zuständigkeiten der Rehabilitation, die ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger. Auch hier denkt man nach, vielleicht würde es Sinn machen, dass das in einer Hand wäre.“ (TN IV, Zeile 327) Zudem müssten medizinische und berufliche Rehabilitation besser ineinandergreifen. „fit2work“, so die Hoffnung, soll auch in diesem Bereich eine Verbesserung bringen. Die von der AUVA durchgeführte medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation nach Schadensfällen funktioniere nach Ansicht des Fachexperten der Unfallversicherung sehr gut. Sie wird schließlich „aus einer Hand“ angeboten. Die Gesundheitsstraße wird mehrheitlich als gute Entwicklung bezeichnet, bedarf aber weiterer Projekte, da die Gutachten in der Praxis weiterhin problematisch sind. „[…] weil es zwar die Gutachten zwar von beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS. Aber das was herauskommt, den Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt noch ausübbar. Da sind dann zum Teil zusätzlich noch Projekte notwendig um das herauszufiltern. Die Problematik, dass das alles mit medizinischen, berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen wir ja eben aus diesen Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn eben der Antrag auf Invaliditätspension gestellt wird.“ (TN III, Zeile 266) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 95 Kernkompetenzbereich Gesundheit Mehrmals wird die Notwendigkeit des Informationsbedarfes der Mitarbeiter in den Organisationen angesprochen. Die Personen, auf die die Betroffenen in den Institutionen treffen, werden oftmals zu wenig informiert, sind zeitlich überlastet und daher nicht motiviert. Zudem ist es erforderlich, dass Betriebe mehr über Fördermöglichkeiten wie beispielsweise für Arbeitsplatzadaptierungen oder Umschulungen informiert werden. Vor allem Kleinbetriebe hätten nicht die Zeit, sich auf Internetseiten zu informieren. Auch hier wird von „fit2work“ erwartet eine Vernetzung der Betriebe mit den zuständigen Stellen zu erreichen. Diskussionsbedarf ist auch bezüglich der Rehabilitationsdauer gegeben, da ein langes Fernbleiben vom Betrieb die Wiedereingliederung erschwere, manche Betroffene jedoch eine lange Rehabilitationsdauer benötigen würden. Als Herausforderung für die Rehabilitation wird ebenso mehrmalig die psychische Rehabilitation erwähnt: ein Ausbau in diesem Bereich wird hier jedenfalls benötigt. Auch die Formen – stationär oder ambulant – sowie die Indikationen für Rehabilitation müssten mehr diskutiert werden. Auch die Problematik der „gedanklichen Pensionierung“ wird angesprochen, die mit dem Weg zur Pensionsversicherungsanstalt verbunden ist. Betroffene sollten die Rehabilitation mit der Krankenversicherung und dem AMS abwickeln. „[…] aber sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen einfach schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder wiedereinzugliedern in den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl auch unser Bestreben gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und dann möglichst schnell zum Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach gar nicht den Gedanken haben, sie wollen oder sie werden in Pension gehen.“ (TN V, Zeile 307) Der Bereich Rehabilitation ist für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit von besonderer Bedeutung. In den Interviews wurde die Notwendigkeit zahlreicher Veränderungen insbesondere im Bereich der Schnittstellen dargestellt. Informationen müssen sich zudem in den Institutionen bis zur kleinsten Einheit „an die Front“ fortbewegen, andernfalls sind angestrebte Vorhaben nur Theorie. Hoffnungen werden hier auch in „fit2work“ gesetzt. Die Zukunft wird zeigen, ob die Erwartungen erfüllt werden. Der Anstieg der psychischen Erkrankungen zieht sich Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 96 Kernkompetenzbereich Gesundheit wie ein roter Faden durch die Gespräche mit den Experten. In allen Bereichen, so auch in der Rehabilitation, stellt dies eine Herausforderung für die Zukunft dar. 6.2.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen Die Erkenntnis, dass in Österreichs Betrieben Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung und Betriebliche Gesundheitsförderung nicht in einem breiten Ausmaß angeboten werden, führte zu der Frage, welche Voraussetzungen bestehen müssten, um dies zu verbessern. Schließlich stellt sich auch die Frage, welche Voraussetzungen im Speziellen Klein- und Mittelbetriebe benötigen. 6.2.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung Die Sensibilisierung für das Thema ist besonders wichtig, Betrieben müsste zunächst die eigene Betroffenheit aufgezeigt werden, beispielsweise durch eine Altersstrukturanalyse. „Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool, […] wir haben dann eben in Betrieben, 308 Betrieben dieses Tool auch angeboten und eingesetzt, also dass man direkt auf einem Laptop diese AltersstrukturAnalyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf gekommen, dass Betriebe gar keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in fünf, zehn Jahren.“ (TN I, Zeile 84) Vor allem sind Aktivitäten von der Einstellung der Führungskräfte abhängig, es sollte mehr in deren Information und Motivation investiert werden. Von der Arbeitsschutzexpertin wird zudem erwähnt, dass in dem Feld tätige Institutionen wie die Sozialpartner und Sozialversicherungen hier Vorbildwirkung haben, jedoch bisher in ihren Organisationen selbst wenig getan hätten. Ein Hindernis im Aktivwerden der Betriebe stellt zudem der Glaube dar, dass alle Maßnahmen mit hohen Kosten verbunden seien. Jedoch haben auch kleine Schritte und kostengünstige Maßnahmen Wirkung. Wichtig in dem Bereich scheint ebenso die Unternehmenskultur zu sein. So würden bei schlechter Unternehmenskultur Krankheiten oder Einschränkungen von den Mitarbeitern verschwiegen und eine Verbesserung könne erst gar nicht in Angriff genommen werden. Mehrheitlich wird ein Aufholbedarf im Bereich der Einstellung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geortet. Es müsse eine massive öffentliche Umorientierung stattfinden: Arbeitgeber benötigen eine andere Einstellung gegenüber Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 97 Kernkompetenzbereich Gesundheit Älteren und bei den Arbeitnehmern müsste eine Abkehr vom „Lebensziel Pension“ erfolgen. „Und was wir schon in Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese Tendenz zur Pension. […] ab einem gewissen Alter oder generell ist es so ein Lebensziel der Österreicher rasch in Pension zu gehen. Es hat sicher auch geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss man ansetzen.“ (TN IV, Zeile 275) 6.2.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung Die BGF habe sich zwar gut weiterentwickelt, eine breite Umsetzung sei allerdings noch nicht gegeben. Der Grund liege allerdings nicht im mangelnden Wissen, sondern in der fehlenden Umsetzung: vom Wissen zum Tun. Betriebe würden zu wenige Prioritäten setzen und zudem nicht die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen, nachhaltige Prozesse müssten in Gang gesetzt werden. „Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act, von dem wir immer reden.“ (TN I, Zeile 321) Die nunmehrige Prozessfinanzierung durch Krankenkassen und FGÖ stellt dafür eine Chance dar. Generell ist die Finanzierung eine Motivation für Betriebe. Kritisiert wird zudem auch die Trennung von Arbeitsschutz und BGF. Diese sollten im Betrieb gleichwertig sein, BGF auf dem Arbeitsschutz aufbauen. 6.2.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben Österreich weist einen hohen Anteil an Klein- und Kleinstbetrieben auf. Daher ist es problematisch, dass die meisten Modelle von Großbetrieben ausgehen. In KMU werden zudem andere Projektstrukturen und Beratungsformate benötigt. „Hier braucht es einerseits zeitlich machbare Formate der Betrieblichen Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose und Umsetzung und andere Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze.“ (TN IV, Zeile 385) Es müsste jedoch mehr in die Entwicklung von attraktiven und lösungsorientieren Maßnahmen für diese Betriebe investiert werden. Gegensätzliche Ansichten gibt es darüber, ob Klein- und Mittelbetriebe die Zielgruppe der „fit2work“ Betriebsberatung sind. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 98 Kernkompetenzbereich Gesundheit Wenn Klein- und Mittelbetriebe ausreichendes Wissen über Unterstützungsmöglichkeiten und Förderungen hätten, könnten sie ebenso Maßnahmen setzen wie größere Betriebe. Zunächst jedoch sei es wichtig den Arbeitnehmerschutz umzusetzen: „[…] also gerade in kleinen und mittleren Betrieben, da sind ja Begriffe wie Arbeitnehmerschutz nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem sehr niederen Niveau. Da ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal, hinzuschauen und die Basics zu realisieren.“ (TN II, Zeile 263) Ob Zusammenschlüsse in regionalen oder Branchennetzwerken für KMU eine zielführende Möglichkeit darstellen, wird gegensätzlich beurteilt. Von manchen wird dies als guter und zielführender Weg, gerade für KMU, erachtet. Als Zukunftsidee wird formuliert, dass innerhalb der Netzwerke neue Tätigkeiten für ältere Arbeitnehmer gefunden werden könnten. Denn gerade KMU mangelt es an alternativen Arbeitsplätzen für diese Beschäftigten. „Das heißt ich brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der in einer größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt man bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken […]“ (TN II, Zeile 301) Einige sehen in der Konkurrenz der Betriebe ein Hindernis. Zum Zweck der Information, Kommunikation und Verbreitung von Modellen könnten diese Netzwerke allerdings genutzt werden. „Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber, da kenne ich eigentlich keine Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert. […] Sie sind wohl am Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen, dass die Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus auch ein Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen, aber sehr klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und die Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein.“ (TN IV, Zeile 405) Gerade für Kleinbetriebe im ländlichen Gebiet müssten zunächst reale Chancen und Möglichkeiten geschaffen werden, neue Ideen entwickelt werden. Eine Forderung auf ältere Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen allein reiche nicht. Betriebe würden mit ihrem Dilemma allein gelassen werden. Immer wieder gäbe es Projekte und Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 99 Kernkompetenzbereich Gesundheit regionale Angebote, an langfristigen, flächendeckenden Lösungen mangelt es aber. BGF und Arbeitsfähigkeitserhaltung haben zwar unterschiedliche Ziele, sollten aber von den Krankenkassen die Kleinbetriebe beraten vernetzt angeboten werden. Im Bereich BGF und alter(n)sgerechte Maßnahmen ist noch viel an Sensibilisierung und Information der Betriebe erforderlich. Immer wieder wird die Vernetzung der Bereiche Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeit auf betrieblicher Ebene von den Experten angeführt. In den Betrieben sind daher neue Strukturen in diesen Arbeitsbereichen gefragt. Auf KMU sollte auf Grund ihrer Vielzahl in Österreich eigentlich besonders Rücksicht genommen werden. Aus den Kommentaren der Experten lässt sich schließen, dass dies bisher nicht ausreichend der Fall war. Ob „fit2work“ dies bieten kann, wird sich in Zukunft zeigen. Dass es in der Frage der alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung insbesondere für KMU neue Ideen und Ansätze braucht, ist ein Auftrag an alle Beteiligten. Außerdem ist ein gesellschaftlicher Wandel gefragt. Wie allerdings die Einstellung des erwähnten „Lebensziel Pension“ der Österreicher erreicht werden kann, ist fraglich. 6.2.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten Arbeitnehmer, die auf Grund der Daten aus Krankenstands- und Invaliditätsstatistiken als besonders belastet gelten, sind Arbeiter und Beschäftigte in den Branchen Verkehr, Transport, Nachrichten- und Bauwesen sowie Zeitarbeiter. Die Frage, ob die Maßnahmen von Politik und Betrieben für diese Arbeitnehmer ausreichend für einen Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter sind, wurde den Experten gestellt. Die Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass die Maßnahmen für diese Beschäftigten noch ausgebaut werden müssten. „Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. […] Was auch wichtig ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken passieren muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne verantwortlich, weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher Seite so gesehen wird.“ (TN III, Zeile 334) Es ist vor allem der Arbeitsplatz, der Abnützungen bei den Beschäftigten mit sich bringt und daher sei es eine Verpflichtung der Arbeitgeber in die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu investieren. Es ist erforderlich, dass dies in Österreich anerkannt wird. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 100 Kernkompetenzbereich Gesundheit Grundsätzlich ist eine Abkehr von der Einstellung, dass jeder Arbeitnehmer bis ins Alter körperlich fit sein muss, vonnöten. Denn gerade geistige Fähigkeiten sind im Transport- und Nachrichtenwesen gefragt und im Alter eher besser ausgeprägt. In den Branchen Verkehr und Transport sind vor allem Pausengestaltung und Arbeitszeiten ausschlaggebend für die Gesunderhaltung. Die Experten sind größtenteils der Meinung, dass es branchen- und betriebsbezogene Lösungen braucht und die gibt es für alle Branchen. „Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe und einerseits branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch.“ (TN I, Zeile 1390) Eine gezielte Analyse des Betriebs ist dazu notwendig, die durch „fit2work“ angeboten wird. Zu beachten ist, dass Betriebe zwar voneinander lernen können und sollen, aber Patentrezepte gebe es nicht. Für körperliche Belastungen gibt es bereits ausreichende Konzepte wie bspw. Hebehilfen. Wenn diese technischen Maßnahmen nicht ausreichen, so müssten auf organisatorischer Ebene Maßnahmen wie etwa Bereichswechsel gesetzt werden. Schlichtweg können jedoch manche körperliche Tätigkeiten nicht bis zum Regelpensionsalter ausgeführt werden. Durch Sensibilisierung der Bevölkerung soll erreicht werden, dass Arbeitgeber in die Arbeitsorganisation investieren und Arbeitnehmern bewusst gemacht wird, dass sie sich rechtzeitig über alternative, körperlich weniger belastende Tätigkeiten informieren. Qualifizierung ist bei diesen Arbeitnehmern besonders wichtig. „So dass man eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit durch, die werde ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere mich rechtzeitig darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe ich? Was brauche ich dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine Tätigkeit auszuüben, in der ich körperlich weniger belastet bin. Und nicht als einzigen Ausweg, ich arbeite mich kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann eben auch vielleicht schon ein bisschen älter bin, dann ist der Weg nur mehr in Pension. Sondern wirklich vorzeitig schon irgendwie gegensteuernde Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelperson aber genauso auch als Betrieb.“ (TN III, Zeile 351) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 101 Kernkompetenzbereich Gesundheit Da Beschäftigte in den genannten Branchen sowie Zeitarbeiter immer wieder mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sind, nehmen diese schlechtere Arbeitsbedingungen in Kauf. Dadurch entstehen neben dem ohnehin hohen Druck erneute Belastungen. Zeitarbeit ist nach mehrfacher Meinung in jedem Alter, nicht nur bei Älteren, problematisch, da keine Langzeitperspektive bestehe. Viele hoffen auf eine feste Anstellung und arbeiten dadurch sehr hart und leistungsorientiert. Man müsste die Überlasser hier mehr in die Pflicht nehmen, aber insgesamt sollte Zeitarbeit reduziert werden. Dazu benötige es aber eine Lösung auf europäischer Ebene. Auch in Zukunft wird es Tätigkeiten – vor allem körperliche – geben, die nicht bis zum Regelpensionsalter ausgeführt werden können. In den Interviews hat sich gezeigt, dass es vor allem Maßnahmen der Arbeitsgestaltung branchen- und betriebsbezogen braucht, um Belastungen in diesen Tätigkeiten abzufedern. Doch auch Arbeitnehmer müssen für das Thema sensibilisiert werden und aktiv in ihre Qualifizierung investieren. Bei Zeitarbeit sind jedenfalls neue Lösungen gefragt, da diese Gruppe nicht durch Maßnahmen in einem Betrieb zu erreichen sind und unter besonderem Druck stehen. Ob Zeitarbeit reduziert wird oder Maßnahmen für diese Beschäftigten gefunden werden, die Aktivitäten müssen jedenfalls ausgebaut werden. 6.2.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben Nachdem Voraussetzungen für Aktivitäten in den Betrieben diskutiert wurden, soll nun beleuchtet werden, welche Anreize Betriebe dazu bringen Arbeit alter(n)sgerecht zu gestalten. Die Mehrzahl der Experten ist der Meinung, dass es einen Mix aus Maßnahmen erfordert, die gut zusammenspielen. Denn bereits handelnde Betriebe müssten weiter motiviert, auf andere der Druck erhöht werden. Es müssten Maßnahmen auf mehreren Ebenen in ein politisches Gesamtkonzept eingebettet werden. Dabei sollte es sich um Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung sowie Beratung und Unterstützung handeln. Ist dies gegeben, so ist auch eine Verpflichtung der Betriebe sinnvoll. „Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung, sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 102 Kernkompetenzbereich Gesundheit unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das Herausfordernde dabei.“ (TN IV, Zeile 265) Zudem habe sich der Druck durch Personalmangel sowie durch die öffentliche Diskussion bisher bei manchen Unternehmen als wirkungsvoller Anreiz erwiesen. Gesetzliche Verpflichtungen alleine reichen nicht aus, Betriebe müssen die Wirksamkeit, Notwendigkeit und auch den Nutzen der Maßnahmen erkennen, Betriebsinhaber einen emotionalen Zugang und eigene Betroffenheit spüren. Daher ist Sensibilisierung in Verbindung mit Beratungsangeboten erforderlich. In Bezug auf finanzielle Anreize sind die Experten verschiedener Ansicht. Einige sind der Meinung, dass finanzielle Anreize im Sinne eines Bonus-Malus-Systems wirkungsvoll sind, sie müssten aber beworben werden und unkompliziert sein. „Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. […] Also nicht rein die Strafe, sondern eben so, wenn es in beide Richtungen denkbar, dann glaube ich schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist.“ (TN III, Zeile 420) Im Gegensatz dazu gibt es die Einzelmeinung, dass materielle Anreize nicht dauerhaft wirken würden und generell keinen Anreiz im Sinne der Motivationspsychologie darstellen. Zudem würde das System unübersichtlich. Lediglich Ausgleichszahlungen für Wiedereingegliederte wären wirksam. „Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen, dass man eine Zeit lang, von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem sozialen Topf für die geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit lang erbringt aber eine Dauerlösung kann es nicht sein.“ (TN II, Zeile 421) Ein Malus-System könnte auch problematisch für manche Betriebe sein, die dann auf Grund der Tätigkeit Strafzahlungen leisten müssten. Bisher sind alternative Tätigkeiten für ältere Arbeitnehmer auf Grund des Wegfalls der Zulagen gescheitert. Daher wären befristete Lohnkostenzuschüsse für Betriebe oder Arbeitnehmer sinnvoll. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 103 Kernkompetenzbereich Gesundheit Scheinbar bedarf es einer Mischung aus zahlreichen Anreizen, um die alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in den Betrieben voranzutreiben. Aber es sind nicht nur Anreize für Betriebe, sondern auch gesamtgesellschaftliche Ansätze, die alle Beteiligten sensibilisieren und Anstoß zu Aktivitäten geben müssen. Nur auf die Hoffnung zu setzen, dass der Druck auf Grund des Personalmangels auf die Betriebe irgendwann groß genug wird, um diese zum Handeln zu bewegen, ist zu wenig. Vielmehr ist auch in dieser Frage ein Zusammenspiel aller zuständigen Politikbereiche gefragt, was dies zu einer besonderen Herausforderung macht. 6.2.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe Die bereits in vorangegangenen Kategorien vorgekommenen Herausforderungen werden in dieser Kategorie nochmals zusammengefasst dargestellt, da diese den besonderen Handlungsbedarf für Politik und Betriebe darstellen. Die Tatsache, dass die hohe Anzahl psychischer Erkrankungen in Österreich auch auf die Arbeitswelt Einfluss nimmt, wird von beinahe allen Experten angeführt. Vor allem bei der psychischen Rehabilitation wird der Bedarf an weiterem Ausbau aufgezeigt, aber auch der Arbeitsschutz müsse mehr auf psychische Belastungen eingehen. Es müssten zudem noch Lösungen im Umgang mit psychisch kranken Arbeitnehmern gefunden werden. „Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen Erkrankungen, wie man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet.“ (TN IV, Zeile 454) Eine weitere Herausforderung auf betrieblicher Ebene stellt der Konnex zwischen Arbeitsschutz und BGF dar. Diese beiden sollten im Betrieb gleichwertig sein und können so voneinander profitieren. „Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend kann man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste eigentlich das Gesetz sein, dass das eingehalten wird.“ (TN I, Zeile 1116) Die dargestellten Herausforderungen stellen einen Auftrag an Politik und Betriebe sowie alle anderen Akteure dar. Vor dem Hintergrund, dass Psychotherapie in Österreich nur in geringem Ausmaß von den Krankenkassen finanziert wird, zeigt, dass der Problematik noch nicht das Ausmaß an Aufmerksamkeit gewidmet wird, die sie Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 104 Kernkompetenzbereich Gesundheit benötigt. Auch Betriebe müssten sich auf Veränderungen in ihren Strukturen einlassen und vernetzt denken. 6.3 Darstellung und Interpretation der Experteninterviews in Deutschland Die Ergebnisse der Interviews mit deutschen Experten werden im folgenden Kapitel dargestellt. Die Vorgehensweise entspricht der von Kapitel 6.2. 6.3.1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel Auch von den deutschen Experten wurde zunächst die Bedeutung „älterer Arbeitnehmer“ in ihrer konkreten beruflichen Tätigkeit abgefragt, um Wissen über die Relevanz der Thematik für die Befragten zu erhalten. Berührungspunkte mit dem Thema gibt es in der Tätigkeit aller befragten Experten. Als Hauptschwerpunkte führen manche Experten die ergonomische Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation sowie betriebliche Präventionsansätze und Organisationsmodelle für die arbeitsmedizinische Betreuung der Beschäftigten an, bei welchen speziell auf ältere Arbeitnehmer eingegangen werden muss. Auch die Tätigkeit eines Befragten als Ausbildner der Disability Manager, welche für das Betriebliche Eingliederungsmanagement in den Betrieben zuständig sind, und als BEM-Beauftragter in der Organisation zeigt, dass die Thematik eine große Rolle spielt. Weiters wird von Anfragen durch Betriebe zum Thema ältere Beschäftigte und Bedarf an Wissen bei den Betriebskrankenkassen berichtet. Auch von der Entwicklung von Seminaren und Projekten wird gesprochen: „[…] dass wir aber auch schon proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch Vorabüberlegungen versuchen, was kann man denn schon einmal proaktiv entwickeln, entweder aus eigenen Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die Unternehmen oder auch die Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu machen.“ (TN X, Zeile 12) Die vielfach bestehenden Berührungspunkte der befragten Experten mit der Thematik lassen darauf schließen, dass es sich hierbei um ein aktuelles Thema handelt und die getätigten Aussagen der Befragten auf Erfahrungen in der Praxis fußen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 105 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.3.2 Änderungsbedarf im Arbeitsschutz Der Umstand, dass das deutsche ArbSchG ältere Arbeitnehmer nicht dezidiert berücksichtigt und Gefährdungsbeurteilungen nicht flächendeckend durchgeführt werden, führte zu der Frage, ob bzw. welcher Änderungsbedarf hier besteht. 6.3.2.1 Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz Keiner der befragten Experten sieht die Notwendigkeit Änderungen im ArbSchG bezüglich älterer Arbeitnehmer vorzunehmen. Einzelmeinung einer Befragten ist, dass Ältere im Gesetz durch die Formulierung der besonders schutzbedürftigen Beschäftigtengruppen in ausreichendem Ausmaß berücksichtigt sind. Die Mehrzahl ist der Meinung, dass für ältere Beschäftigte keine Unterscheidung erforderlich ist. „Wenn diese Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine große Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern.“ (TN VI, Zeile 29) Dies hätten auch die Projekte von INQA bestätigt, denn Belastungen und unergonomische Arbeitsgestaltung sind bereits bei jungen Arbeitskräften und das gesamte Erwerbsleben über zu vermeiden. Eine Ausnahme wird allerdings angeführt, das ist jene der Nacht- und Schichtarbeit. Hier muss (und ist zum Teil auch schon) durch Vereinbarungen in Tarifverträgen eine Begrenzung hinsichtlich des Alters vorgenommen werden. In bestimmten besonders belastenden Bereichen müsste daher sehr wohl auf das Alter Rücksicht genommen werden. 6.3.2.2 Umsetzung auf betrieblicher Ebene Vor allem in der Umsetzung des ArbSchG wird mehrheitlich Änderungsbedarf ausgemacht. Es besteht in erster Linie noch Bedarf an Wissen, wie man das Gesetz in der Praxis umsetzt. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, auf die individuellen Gegebenheiten und vorhandenden Beschäftigten im speziellen Betrieb gezielt einzugehen sowie Schwerpunkte zu setzen. Hat der Betrieb einen höheren Anteil an älteren Beschäftigten, so muss auch in der Umsetzung des Arbeitsschutzes auf bestimmte Gefährdungsfaktoren für diese eingegangen werden (bspw. Lichtverhältnisse, Lärm, Arbeitsabläufe). Auf eine flächendeckende Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung sollte vor allem die Arbeitnehmervertretung im Betrieb drängen. „Das auch die Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert und da auch hinterher ist das durchzuführen.“ (TN VII, Zeile 58) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 106 Kernkompetenzbereich Gesundheit Sie hätte durch das Betriebsverfassungs- und Bundespersonalvertretungsgesetz die Möglichkeit dazu. Die Qualifizierung der Betriebs- und Personalräte sei dafür jedoch noch nicht ausreichend. Auch in die Qualifizierung der Führungskräfte müsse investiert werden, dass diese Fragen des Arbeitsschutzes im Vorfeld berücksichtigen, nicht erst wenn Beschäftigte erkranken. Dafür ist auch Sensibilisierung notwendig. Zudem müsste die Wirkung von gesetzten entlastenden Maßnahmen auch nachgeprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden, wie auch das Gesetz es vorschreibt. Hier mangelt es an der Kontrolle der Arbeitsschutzbehörden. „Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir haben ja früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile […] hat man die deutschen Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die in die Betriebe gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle findet eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit.“ (TN VIII, Zeile 111) Nach Ansicht der Arbeitnehmervertreterin sei schon wichtig Betriebe zu informieren und zu beraten, aber auf Grund des bereits seit 1996 bestehenden Gesetzes, ist es an der Zeit die Umsetzung auch zu kontrollieren und gegebenenfalls mit Geldstrafen einzugreifen. Diese sind auch sehr effektiv. Aber auch von Bonuszahlungen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird berichtet, die bei korrekter Durchführung der Gefährdungsbeurteilung von Krankenkassen ausgezahlt werden. Diese sind vor allem an Kleinbetriebe gerichtet und eine sinnvoll Maßnahme. Der Arbeitgebervertreter erachtet Information, Unterstützung und Beratung der Betriebe durch die Berufsgenossenschaften für wichtig. Der fähigkeitsgerechte Personaleinsatz ist das Wesentliche, da so Gefährdungen überhaupt vermieden werden könnten. Die größten Defizite in der Umsetzung, hier sind sich die Experten einig, bestehe in Kleinbetrieben. Bereits am Basiswissen der Rechtsgrundlagen mangelt es. Welche Hilfestellungen von diesen benötigt werden, sei allerdings noch unklar, Vorschläge dazu werden jedoch erarbeitet. Es besteht offenbar kein Änderungsbedarf im deutschen ArbSchG. So wie auch in Österreich, scheitert es an der Umsetzung. Reduktion der Belastungen und Gefährdungen in den Betrieben für Beschäftigte in jedem Alter, ob dies nun durch Sensibilisierung, mehr Kontrollen, Straf- oder Bonuszahlungen, Einsatz der BerufsgenossenFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 107 Kernkompetenzbereich Gesundheit schaften oder der Arbeitnehmervertreter geschieht, scheint oberste Priorität zu sein. Insbesondere für Kleinbetriebe müssten Lösungen erarbeitet werden, um grundlegende Maßnahmen des Arbeitsschutzes in die Unternehmen zu bringen. 6.3.3 Bewertung des BEM Das Betriebliche Eingliederungsmanagement wird in der Literatur vielfach kritisiert und eine flächendeckende Umsetzung wurde vor allem in Klein- und Mittelbetrieben nicht erreicht. Wie die Experten das BEM bewerten und welche Änderungsmöglichkeiten sie sehen, wird im folgenden Kapitel dargestellt. 6.3.3.1 Änderungsbedarf Mehrheitlich wird ein Verbesserungsbedarf hinsichtlich des BEM geortet. Es ist vor allem der formale Prozess, der es schwierig mache, das BEM in den Betrieben einzuführen. „Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und das ist natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit einem großen Aufwand erst eingebaut werden muss.“ (TN VI, Zeile 78) Ein koordiniertes Vorgehen und Zusammenspiel der Sozialversicherungen für eine lückenlose Betreuung der Betroffenen müsse erreicht werden. Wartezeiten im System stellen vor allem bei psychischen Erkrankungen ein Problem dar. Denn Betriebliches Eingliederungsmanagement kann nur dann effektiv sein, wenn alle Kommunikationsprobleme zwischen den Stellen gelöst sind. „Das klappt umso besser, umso weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen haben und umso lückenloser die Leute miteinander zusammenarbeiten.“ (TN VI, Zeile 101) Da die Bereitschaft der Betriebe gering ist, sollte die Umsetzung nach Meinung des Fachexperten der Unfallversicherung durch finanzielle Sanktionen verbessert werden. Eine Verpflichtung ohne Sanktionen ist nicht zielführend. Dass es keine systematischen Kontrollen durch den Staat gibt, meint die Arbeitsschutzexpertin, ist jedoch für den Handlungsspielraum der Betriebe wichtig. Das Reflektieren in den Betrieben über die gesetzten Maßnahmen ist erforderlich. Die Überzeugung der Betriebe über die Sinnhaftigkeit des BEM sowie das Wissen über gesetzliche Rahmenvorgaben und Unterstützungsmöglichkeiten stehe an erster Stelle. Hierfür sind INQA und die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie aktiv. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 108 Kernkompetenzbereich Gesundheit Klein- und Mittelbetriebe würden BEM oft auf Grund mangelnder personeller Ressourcen nicht durchführen. Dienstleister, die das BEM anbieten, wären eine mögliche Lösung, müssten allerdings bekannter werden. Auch die Berufsgenossenschaften haben sich auf die Information und Motivation von Kleinbetrieben in Seminaren spezialisiert, welche jedoch mehr beworben werden sollten. Generell sei das BEM, nach Ansicht des Fachexperten der Betriebskrankenkassen, so ausgestaltet, dass auch Klein- und Mittelbetriebe dies durchführen können, es seien keine aufwändigen Strukturen oder Ressourcen erforderlich. Viel Informationsbedarf bestehe zudem bei den Beschäftigten. Viele wissen gar nicht, dass sie Anspruch auf ein BEM hätten oder haben Angst davor, weil sie dies mit disziplinarischen Krankenstandsrückkehrgesprächen verwechseln würden. „Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik gemacht werden. (.) Also dass die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den meisten Betrieben wissen die Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid.“ (TN VIII, Zeile 205) Eine breite öffentliche Informationskampagne sei hier erforderlich. Es müssten Lösungen gefunden werden, wie Beschäftigte erreicht werden können, bevor sie erkranken. Als besonders schwierig stellt sich das mangelnde Vertrauen der Beschäftigten heraus. Um ein offenes Gespräch der Arbeitnehmer mit den BEM-Beauftragen zu ermöglichen, ist eine gute Unternehmenskultur erforderlich, die in vielen Betrieben erst aufgebaut werden müsste. Weiters werden vielfach Fehler in der Umsetzung des BEM gemacht, die zu weiteren Hindernissen in der Teilnahme der Beschäftigten führen. BEM-Beauftragte sollten neutrale Personen sein, weder Betriebsrat noch Personalverantwortliche und auch die Aufbewahrung von Unterlagen des BEM darf nicht in der Personalakte erfolgen. Hier ist viel Informationsbedarf und Qualifizierung notwendig. Im Betrieb sollte das BEM in ein umfassendes Betriebsgesundheitsmanagement eingebunden werden. „Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches Eingliederungsmanagement in so ein umfassenderes Betriebsgesundheits- management einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze miteinander also parallel nebeneinander laufen lassen.“ (TN X, Zeile 58) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 109 Kernkompetenzbereich Gesundheit So könnten BGF und BEM gemeinsam abgewickelt werden und voneinander profitieren. Denn BGF kann Probleme, die hinderlich für das BEM sind, wie etwa mangelndes Vertrauen, schlechte Kommunikation und Unternehmenskultur, vorab bearbeiten. Schnittstellen zwischen den Bereichen BGF und BEM auf Grund zweier unterschiedlicher Sozialgesetze erschweren dies jedoch. Die fehlende „Nachhaltigkeit“ des BEM wird vom Fachexperten der Betriebskrankenkassen angeführt. Beschäftigte würden sich nach Abschluss des BEM alleingelassen fühlen. Eine, möglicherweise externe, Weiterbegleitung wäre hier wünschenswert um Rückfälle zu vermeiden. 6.3.3.2 Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit Die Eignung des BEM wird von den Experten unterschiedlich beurteilt. Mehrheitlich wird der Grundgedanke des BEM gut geheißen, die Ausgestaltung sei allerdings verbesserungswürdig. Das Warten auf lange Ausfallzeiten, um dann eine Wiedereingliederung vorzunehmen, wird kritisiert. BEM sollte mehr als Präventionsinstrument eingesetzt werden und schon beginnen, bevor lange Krankenstände entstehen. Dies sollte auch im zugrunde liegenden Gesetz so definiert sein. Gegenteilige Meinungen existieren zur Bewertung der Wirkung des BEM. Die Strategie sei nicht unzweifelhaft, da keine großen Erfolge sichtbar sind, so der Arbeitgebervertreter. Konträrer Ansicht ist die Arbeitnehmervertreterin: sie beschreibt das BEM als eine besonders gut geeignete Strategie: „Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn Menschen rechtzeitig unterstützt werden, dass dann vieles aufgehalten werden kann, beziehungsweise schlimmeres gar nicht entstehen kann. Also ganz viele Fallbeispiele, die wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz eindeutig belegen.“ (TN VIII, Zeile 318) Der Fachexperte der Unfallversicherung setzt entgegen, dass Erfolge in konkreten Einzelfällen nicht messbar sind, da nicht nachvollzogen werden könne, ob die konkrete Arbeitsunfähigkeit verkürzt wurde. Im BEM besteht offenbar noch viel Informations- und Veränderungsbedarf. Im Gesetz wurde keine klare Vorschreibung über die konkrete Umsetzung in den Betrieben vorgenommen. Dies scheint dazu geführt zu haben, dass in der Praxis Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 110 Kernkompetenzbereich Gesundheit viele Fehler passieren. Problematisch zeigt sich dies, da es auf Kosten der Inanspruchnahme der Beschäftigten geht. Es muss daher noch viel in Qualifizierung und Information aller Beteiligten investiert werden. Wesentlich erscheint auch hier, so wie es sich auch in der Befragung in Österreich gezeigt hat, eine Verknüpfung der Themen Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeit (hier BEM) innerhalb des Betriebs. Eine gute Unternehmenskultur ist zudem Grundvoraussetzung, dass das BEM funktionieren kann. Ob nun Sanktionen und Kontrollen oder eher die Sensibilisierung für das Thema hilfreich für eine flächendeckende Umsetzung sind, kann auf Grund der Befragung nicht beantwortet werden. Auch eine abschließende Beurteilung über die Eignung des BEM als Strategie für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit kann nicht vorgenommen werden, es wird allerdings eher an der Ausgestaltung als an der Strategie insgesamt gezweifelt. 6.3.4 Vergleich BEM und „fit2work“ Die Verschiedenartigkeit des deutschen BEM und des österreichischen „fit2work“ sowie deren Vor- und Nachteile wurde mit den Experten diskutiert, die Ergebnisse werden folgend abgebildet. Der Mehrzahl war „fit2work“ nicht bekannt, die Eckdaten wurden daher im Gespräch vom Interviewer dargestellt. Überwiegend wird die in Deutschland gegebene Verpflichtung der Arbeitgeber als Vorteil gesehen. „Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber Deutschland, dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Dass es also keine gesetzliche Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das tatsächlich zu tun. […] Das hat ein bisschen mehr Druck, als so ein freiwilliges Angebot von Sozialversicherungsträgern.“ (TN VII, Zeile 179) „Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist.“ (TN VIII, Zeile 295) Der Arbeitgebervertreter erachtet den Ansatz in Österreich zunächst die Betroffenen anzusprechen als gut, meint jedoch der Konnex zum Arbeitsumfeld müsse gegeben sein, da dort sonst keine Änderungen vorgenommen werden können. Die Loslösung der Personenberatung aus dem Betrieb sieht die Mehrzahl der Experten nur im Falle einer schlechten Unternehmenskultur als Vorteil. Der interne Weg des BEM sollte erste Wahl sein und kann so auch als Werkzeug für eine bessere Unternehmens- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 111 Kernkompetenzbereich Gesundheit kultur dienen. Der Vorteil der externen Beratung der Personen, könnte jedoch in der besseren Wahrung des Datenschutzes gesehen werden. Das BEM biete aber wiederum die Möglichkeit Führungskräfte zu involvieren und betriebliche Bedingungen wie Arbeits- und Pausengestaltung besser einfließen lassen zu können. Zudem ist bei der externen Beratung ein viel größerer Informations-, Beratungs- und Koordinierungsaufwand als bei der internen Lösung gegeben. Man müsse daher abwägen, was wichtiger ist: die anonyme, datengeschützte Beratung außerhalb des Betriebs oder die gute Kenntnis über Strukturen und Abläufe, die der innerbetriebliche Weg bietet. Welche Strategie nun die bessere sei, kann jedoch erst nach Erfahrungen mit „fit2work“ beurteilt werden. Die Arbeitnehmervertreterin führt das Gedankenexperiment aus, beide Möglichkeiten für Betriebe anzubieten: „Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte. Also jeder Betrieb könnte sich irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich mir vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte man sozusagen auch den internen Weg wählen.“ (TN VIII, Zeile 278) 6.3.4.1 Tipps für „fit2work“ Die Experten wurden auch nach Erfahrungen mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement gefragt, die bei der Umsetzung oder Adaptierung von „fit2work“ dienen könnten. Dass bei dem Projekt keine Gewerkschaften involviert sind, wird als Verbesserungsmöglichkeit aufgeführt. Da Maßnahmen im Betrieb auch Betriebsratsbelange betreffen könnten und Betriebsräte in Deutschland stark in der Überzeugungsarbeit engagiert seien, sollten diese unbedingt beteiligt sein. Weiters sollten für interessierte Betriebe als erster Schritt umfangreiche Informationen auf der Internetseite zu finden sein. Als wesentlichen Punkt für die Teilnahme der Beschäftigten wurde das Anschreiben identifiziert. Dieses muss einen Anreiz darstellen und den Nutzen für die Person aufzeigen. Die Verbindung zwischen Personenberatung und Betrieb wird mehrmals als wesentlich angeführt. „Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier Arbeitsbedingungen schafft, die eben letztendlich auch für eingeschränkt, gesundheitlich Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind.“ (TN VI, Zeile 238) Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 112 Kernkompetenzbereich Gesundheit Von den deutschen Experten wird die Freiwilligkeit für die Betriebe offenbar als Nachteil empfunden. Sie setzen zudem auf die innerbetriebliche Lösung des BEM, auch wenn hierbei in der Praxis Fehler gemacht werden. Der Vorschlag der Wahlmöglichkeit für Betriebe: interne Lösung oder externe Beratung ist durchaus weiterzuverfolgen. Zudem ist der Hinweis, Gewerkschaften bei „fit2work“ zu involvieren, hervorzuheben. Der von österreichischen Experten angeführte Punkt der Verbindung von Personen- und Betriebsberatung, wird auch von den deutschen Befragten kritisiert. Dies ist in der Umsetzung von „fit2work“ sicherlich zu beobachten. 6.3.5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation Ob und inwiefern die Gestaltung der Rehabilitation in Deutschland einer Verbesserung hinsichtlich des Erhalts bzw. der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bedarf, ist Inhalt dieser Kategorie. Die Vernetzung und Koordination der Vielzahl an zuständigen Sozialversicherungen wird mehrfach zur Sprache gebracht. So gut wie Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten funktionieren, die alle Leistungen aus einer Hand erbringe, sollte dies auch bei allen anderen Rehabilitationsträgern der Fall sein. Durch Zuständigkeitsschwierigkeiten gehe viel Zeit verloren und vor allem die Rehabilitation der Betroffenen leide darunter. „Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen und Mitarbeiter, die erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen und von einem Träger zum anderen geschickt werden und praktisch diese ganze Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein, das ist auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus.“ (TN VII, Zeile 295) Aber dafür ist auch das BEM eingerichtet worden, in dem der BEM-Beauftragte eine Lotsenfunktion für den Beschäftigten übernimmt. In der Rehabilitation fehlt in aller Regel der Arbeitsbezug, der wichtig für die Art der Rehabilitation ist. Eine Kommunikation zwischen Reha-Verantwortlichen und BEM-Beauftragten wäre hier zielführend. Employee Assistance Programs (EAP), die immer häufiger von großen Betrieben eingesetzt werden, bieten Beratungsleistungen für Beschäftigte, die auch bei der Komplexität des Gesundheitswesens helfen können. Auf diese Weise könnten Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 113 Kernkompetenzbereich Gesundheit Betriebe zu einer effizienten Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten beitragen. Auch für KMU stellt dies eine Möglichkeit dar, die Expertise dieser externen Berater in Anspruch zu nehmen. Insgesamt sind noch viele kreative Lösungen zu entwickeln, denn die Pensionierung werde immer noch zu schnell beantragt. Von der gesetzlichen Ausgestaltung sollte es keine Unklarheiten über Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger geben, meint die Arbeitsschutzexpertin. Wie dies allerdings in der Praxis aussieht, könne sie nicht einschätzen. Die Arbeitnehmervertreterin ist der Ansicht, dass vor allem bei psychischen Erkrankungen noch die Courage fehlt: „Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns oft noch der Mut, bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da auch wieder ins Arbeitsleben zurück zu kommen.“ (TN VIII, Zeile 371) Es sind Projekte und einfaches Ausprobieren gefragt, um Wissen und Erfahrungen in dem Bereich zu erhalten. Dieses Wissen müsse dann in die Breite getragen werden, damit mehr Menschen Mut dazu erlangen. So wie in Österreich, zeigt sich, dass auch Deutschland im Bereich der Schnittstellen zwischen den Rehabilitationsträgern Verbesserungsbedarf hat. Dass Lotsen beauftragt werden müssen, um den Betroffenen eine lückenlose Betreuung zu ermöglichen, bestätigt dies. Es werden also neue Vehikel geschaffen, anstatt das Problem zu beseitigen. Auch im Zusammenhang mit der Rehabilitation werden psychische Erkrankungen als Herausforderung dargestellt. In diesem Bereich ist mehr Mut von allen Beteiligten gefragt. 6.3.6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen Welche Voraussetzungen gegeben sein müssten, um Deutschlands Betriebe – insbesondere Klein- und Mittelbetriebe – zu mehr Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung und Betrieblicher Gesundheitsförderung zu motivieren, ist Inhalt dieser Kategorie. 6.3.6.1 Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung Alternative Arbeitszeitgestaltung ist auf Grund von Wiederständen der Arbeitnehmervertreter sowie der Arbeitnehmer selbst schwierig umzusetzen. Gewohnheiten würden nicht gerne verändert und bei Schichtarbeit stellten sich empfohlene Wechsel der Arbeitszeiten für die Freizeitgestaltung als schwierig dar. Hier müsse noch Über- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 114 Kernkompetenzbereich Gesundheit zeugungsarbeit geleistet werden, beispielsweise durch die verpflichtende Durchführung von Altersstrukturanalysen. Dies ist bereits in manchen Tarifverträgen gegeben, schafft dadurch Bewusstsein für die Problematik und erzeugt Handlungsdruck. „Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann wird erst letztendlich der Handlungsdruck erzeugt.“ (TN VI, Zeile 568) Der Druck durch Fachkräftemangel führt zu mehr Bereitschaft der Betriebe Maßnahmen zu setzen, er bietet aber auch die Möglichkeit, das Thema positiv zu besetzen und „nachhaltige“ Konzepte zu entwickeln. Das Projekt Demotrans, welches vor einigen Jahren gestartete wurde, hat Instrumente und Wege alter(n)sgerechter Arbeit in die Öffentlichkeit getragen. Der Sensibilisierungsgrad sei dadurch in Deutschland bereits sehr hoch, aber es gibt viele unterschiedliche Ansätze und ungebündelte Angebote sowie eine fehlende Qualitätssicherung, die es den Betrieben schwer macht, die Übersicht zu behalten oder die Qualität beurteilen zu können. Eine Standardisierung wäre in dem Bereich wünschenswert. 6.3.6.2 Betriebliche Gesundheitsförderung Mehrheitlich wird die Vielzahl der Krankenkassen sowie deren fehlende Vernetzung als Hürde für die Betriebe darstellt, die zu mangelnder Orientierung und Übersicht über das Angebot führt. Zudem kommt in Deutschland der marktwirtschaftliche Aspekt der Krankenkassen hinzu. In einem Betrieb können dadurch mehrere konkurrierende Krankenkassen mit unterschiedlichen Angeboten vertreten sein. Auf Grund dessen ist es noch schwieriger, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Erfolgreiche BGF gibt es fast nur in Betrieben mit Beschäftigten der gleichen Krankenkasse. „Aber wenn sie dann eben eine Mischstruktur haben, wo fünf Kassen in einem Betrieb sind, wird es schwierig, die richtigen Ansprechpartner zu finden.“ (TN VI, Zeile 208) Das Angebot der Krankenkassen ist zudem nicht ausreichend am Bedarf der Betriebe ausgerichtet. Die unterschiedlichen Interessen und Ziele der tätigen Institutionen führen zu einer unübersichtlichen Fülle von Maßnahmen, die einen Ansprechpartner, der den Überblick hat und eine Lotsenfunktion übernimmt, erfor- Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 115 Kernkompetenzbereich Gesundheit dert. Es mangelt an einer bundesweiten Institution, die sich um eine flächendeckende Umsetzung kümmert. Eine Chance, dass in Betrieben mehr BGF betrieben wird, ist die Entwicklung, Maßnahmen immer öfter zur Steigerung der Unternehmensattraktivität und zum Recruiting zu nutzen. Der bereits merkbare Fachkräftemangel lässt dem Thema außerdem mehr Bedeutung zukommen. Für Betriebe müsste jedoch auch noch viel besser der Nutzen von BGF aufgezeigt und mehr Best Practice Beispiele veröffentlicht werden, damit sie erkennen, dass sich diese Investitionen lohnen. Regionale Zusammenschlüsse von Betrieben für BGF werden von einigen Befragten als sinnvoll erachtet, da Betriebe innerhalb einer Region oft die gleichen Fragestellungen hätten. Sensibilisierung für das Thema und Information ist ganz wesentlich. Es scheitert zudem oft auch an finanziellen Mitteln. Die Steuerbegünstigung bei Durchführung von BGF müsste, wenn sie mehr in Anspruch genommen werden sollte, durch Öffentlichkeitsarbeit beworben und unkompliziert gestaltet sein. Generell ist eine große Gesundheitskampagne vom Gesundheitsministerium, eingebunden in eine nationale Präventionsstrategie mit Anschlussfähigkeit an alle Lebenswelten, insbesondere die Arbeitswelt, erforderlich, so der Arbeitgebervertreter. So würden Betriebe mit der Thematik nicht alleine gelassen, sondern ein emotionales Umfeld für BGF geschaffen und auch zur Teilnahme der Beschäftigten motiviert. 6.3.6.3 Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben Da kleinere Betriebe gegenüber größeren Unternehmen schlichtweg weniger Möglichkeiten haben BGF umzusetzen, ist es insbesondere für KMU wichtig, bundesweit regionale Netzwerke zu gründen. Komplizierte und unübersichtliche Angebote oder Finanzierungsmöglichkeiten erschweren für KMU die Inanspruchnahme am deutlichsten. In Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten haben Betriebs- und Personalräte die Möglichkeit durch das Betriebsverfassungs- und Bundespersonalvertretungsgesetz im Rahmen von Betriebsvereinbarungen eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung festzulegen. Da Kleinbetriebe diese Möglichkeit nicht haben, sind Vereinbarungen in Tarifverträgen sinnvoll, so wie dies beispielsweise bereits mit Altersstrukturanalysen der Fall ist. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 116 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Und in kleineren Betrieben würde ich das über Tarifverträge machen, wo in den Tarifverträgen auch bestimmte Instrumente verankert werden, um eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzuführen.“ (TN VIII, Zeile 406) Zur Sensibilisierung für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung bei den Betrieben wurde in Deutschland bereits viel unternommen. Allerdings scheint erst der Druck durch den Fachkräftemangel, also ein Spüren der Problematik im eigenen Betrieb, ein Faktor zu sein, der zum Handeln führt. Eine verpflichtende Durchführung einer Altersstrukturanalyse sowie Beratungsangebote für die Betriebe scheint ein guter Weg zu sein, damit Betriebe vorzeitig Handlungsbedarf erkennen und Maßnahmen setzen. In Deutschland stellt sich die Vernetzung der Krankenkassen bezüglich BGFAngebote als besonders wichtig dar. Da mehrere Krankenkassen in einem Betrieb vorzufinden sind, wurde der Betrieblichen Gesundheitsförderung eine zusätzliche Hürde in den Weg gelegt. Die Abstimmung der Angebote der unterschiedlichen Anbieter sowie die Anpassung an den Bedarf der Betriebe zeigen jedenfalls Handlungsbedarf auf. Um Betriebe zu motivieren BGF durchzuführen, bedarf es zudem noch an Sensibilisierung. Regionale Netzwerke sowie Regelungen über Tarifverträge müssten ausgebaut werden, da vor allem Klein- und Mittelbetriebe davon profitieren würden. 6.3.7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten Maßnahmen von Politik und Betrieben in Deutschland wurden im Hinblick auf Tätigkeiten, die als besonders belastend gelten, mit den Experten diskutiert. Insbesondere wurde hinterfragt, ob diese ausreichend sind, um für diese Beschäftigten ein Erreichen des Regelpensionsalters in Gesundheit zu ermöglichen. Die Mehrzahl der Experten gibt an, dass für diese Beschäftigtengruppen noch mehr Maßnahmen erforderlich sind. „Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der Vergangenheit viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden.“ (TN VII, Zeile 393) Es sind zwar ausreichend Konzepte für alle Branchen vorhanden, die Umsetzung in der Praxis ist allerdings verbesserungswürdig. Im Gesundheits-, Sozial-, Bauwesen und im Verkehr werden bereits viele Aktivitäten gesetzt, lediglich im Transport sind Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 117 Kernkompetenzbereich Gesundheit Maßnahmen schwer durchzuführen, da viele der Beschäftigten kaum im Unternehmen anzutreffen sind. Die Arbeitnehmervertreterin sieht hingegen vor allem im Bauwesen noch Bedarf an neuen Ideen und Lösungen. Insbesondere die Schichtarbeit wird vielfach als problematisch eingeschätzt. Diese sowie schwere körperliche Tätigkeit können schlichtweg nur bis zu einem bestimmten Alter durchgeführt werden und sollten daher von vornherein bezüglich Dauer und Altersgrenze eingeschränkt werden. Für Beschäftigte in diesen Tätigkeiten ist das Lebenslange Lernen von besonderer Bedeutung. „Dass man eben sagen muss, bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur zehn Jahre jetzt machen oder Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man das eben wirklich begrenzt von vornherein, dass man sagt, kann man nur eine bestimmte Anzahl von Jahren machen und innerhalb dieser Jahre können das Menschen bis 45 machen oder so. Und das man es wirklich begrenzt, weil das eben besonders schwere Arbeit ist.“ (TN VIII, Zeile 444) Es ist von besonderer Wichtigkeit, Branchenspezifika ernst zu nehmen und gezielte, maßgeschneiderte Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Das BEM ist natürlich auch in diesem Bereich ein wirkungsvolles Instrument. Während manche Experten Zeitarbeit generell als problematisch bezeichnen, sehen andere dies sehr branchenspezifisch. Es kommt dabei auf den Einsatzbereich an und je nachdem müssten passend zu der jeweiligen Branche und dem jeweiligen Betrieb Aktivitäten gesetzt werden bzw. sind bei Zeitarbeitern beispielsweise in Bürotätigkeit keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Die Herausforderung ist es, Schnittstellen zwischen Beschäftigten, Zeitarbeitsunternehmen und Kundenunternehmen zu schaffen und Lösungen mit den drei Gruppen zu finden. Auch in Deutschland müssen offenbar noch mehr Maßnahmen für Beschäftigte mit belastender Tätigkeit gesetzt werden. Eine Alters- und Zeitraumbegrenzung von belastenden Tätigkeiten oder Schicht- und Nachtarbeit ist eine sinnvolle Anregung, die jedenfalls von der Politik in Angriff genommen werden sollte. Für bestimmte Branchen, aber insbesondere für die Zeitarbeit, werden noch mehr Ideen und Lösungen benötigt, denn Maßnahmen müssen branchenspezifisch gesetzt werden. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 118 Kernkompetenzbereich Gesundheit 6.3.8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben Auch die deutschen Experten wurden bezüglich ihrer Meinung nach wirkungsvollen Anreizen für Betriebe befragt. Diese Kategorie beinhaltet die Ergebnisse dieser Einschätzungen. Eine knappe Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass Betriebe vor allem auf Grund von Beratung und handfesten Beispielen zum Handeln schreiten. Die Unternehmen könnten gut voneinander lernen, aber neue Ideen und Anpassungen sind in der sich rasch verändernden Gesellschaft besonders wichtig. Daher ist die Beratung der Betriebe auch ein wesentlicher Faktor. Diese müsse für alle Betriebe zur Verfügung stehen und könne genauso gut über eine Hotline oder das Internet angeboten werden. Gesetzliche Verpflichtungen könnten die Verschiedenartigkeit der Betriebe nicht ausreichend berücksichtigen und müssten daher so breit ausgestaltet sein, dass sie wiederum keine ausreichende Wirkung brächten, so der Arbeitgebervertreter. Gegenteiliger Ansicht ist der Fachexperte der Unfallversicherung: gesetzliche Verpflichtungen mit ausreichender Kontrolle werden als Anreiz für Betriebe benötigt. „[…] gesetzliche Verpflichtungen können immer nur dann greifen, wenn tatsächlich die Umsetzung des Gesetzes auch kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch entsprechend gemacht wird, was dort im Gesetz steht.“ (TN VII, Zeile 417) Das Wissen über Möglichkeiten von Maßnahmen alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung in Kombination mit finanziellen Anreizsystemen ist der wirkungsvollste Anstoß für Betriebe nach Meinung der Arbeitsschutzexpertin. Bonuszahlungen von Berufsgenossenschaften oder Krankenkassen würden bereits Wirkung zeigen. Konträr sieht dies der Fachexperte der Betriebskrankenkassen, da Motivation nur durch eigene Betroffenheit und nicht durch finanzielle Mittel erreichbar ist. Die Arbeitnehmervertreterin ist der Meinung, dass alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu einem Qualitätsstandard werden sollte, erkennbar durch ein nachvollziehbares Zertifikat. Dies würde einen Anreiz im Wettkampf um Kunden und Mitarbeiter darstellen. In der Frage der wirkungsvollen Anreize kann auf Grund der Befragung nicht eine einzige Strategie als die richtige ermittelt werden. Dass Beratung, Information und Best Practice Beispiele sicherlich eingesetzt werden sollten, darüber sind sich die Experten einig. Daher sollte darauf auf keinen Fall verzichtet werden. Ob zusätzlich Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 119 Kernkompetenzbereich Gesundheit finanzielle Anreize oder gesetzliche Verpflichtungen mit Kontrollen eingesetzt werden sollten, kann auf Grund der Interviews nicht beantwortet werden. Ein Zertifikat für alter(n)sgerechte Betriebe zu entwickeln, so wie es in Österreich das Gütesiegel NESTORGOLD gibt, ist sicherlich auch für Deutschland empfehlenswert. 6.3.9 Herausforderungen für Politik und Betriebe In dieser Kategorie werden jene von Experten angeführte Bereiche zusammengefasst, die derzeit und auch in Zukunft für die Thematik „ältere Arbeitnehmer“ eine Rolle spielen. Teilweise sind Nennungen in dieser Kategorie bereits bei vorherigen Kategorien erläutert worden, sie sollen jedoch an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden, da sie von besonderer Bedeutung für die Politik und für betriebliche Akteure sind. Die Veränderung des Arbeitsschutzes von der reinen Unfallvermeidung hin zum Gesundheitsmanagement erfordert ein Aufbrechen der traditionellen Strukturen. In Betrieben müsste der Arbeitsschutz mit BGF und Human Ressource Management verknüpft werden. Oftmals stehen dabei jedoch die betrieblichen Strukturen im Weg. „Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche besser miteinander verzahnt sind, besser zusammenarbeiten in den betrieblichen Strukturen, ist natürlich unser Problem. Und das man hier zu einem gemeinsamen Grundverständnis kommt. Also da ist noch viel zu tun. Weil diese starke Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht mehr so gestalten.“ (TN VI, Zeile 555) Hier ist noch ein großer Änderungsbedarf in den Betrieben gegeben, da generell das Bewusstsein für diese Verzahnung fehlt. Da die Arbeitsprozesse komplexer geworden sind, ist noch ein Bedarf an Wissen über ergonomisches Arbeiten gegeben. Die ergonomische Gestaltung von Arbeitsprozessen durch Bewertung von Gesamtbelastungen, mentalen Belastungen und kognitiven Herausforderungen sei ein Auftrag an die Wissenschaft. Dass Lebenslanges Lernen in der heutigen Arbeitswelt von besonderer Bedeutung ist, den Beschäftigten dies aber auch positiv vermittelt werden muss, sodass keine Ängste erzeugt und psychische Erkrankungen ausgelöst werden, führt auch zur nächsten und wahrscheinlich größten Herausforderung für Politik und Betriebe: der erhebliche Anstieg an psychischen Erkrankungen. Dies ist auch erkennbar im BEM, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 120 Kernkompetenzbereich Gesundheit wo diese bereits 70% der Fälle ausmachen würden. In allen zuvor angeführten Kategorien und von allen Experten wurden psychische Erkrankungen als Herausforderung dargestellt. Jedoch müssen dafür übergreifende Lösungen und Konzepte gefunden werden, auch unabhängig von der Arbeitswelt. Denn die Ursachen finden sich auch im privaten Bereich, auf den die betrieblichen Akteure keinen Einfluss haben. „Und die sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man natürlich nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: nicht immer nur aus der Arbeitswelt, sondern auch aus dem privaten Bereich.“ (TN VII, Zeile 439) Sollen auch in Zukunft Betriebe für das Thema alter(n)sgerchte Arbeitswelt erreicht werden, müsse auf neue Bezeichnungen zurückgegriffen werden. Begriffe wie „Demografie“ oder „Demografiemanagement“ würden sich im Laufe der Zeit abnützen. In Deutschland wird nun dazu übergegangen, von „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit“ oder „länger, sicher und gesund arbeiten“ zu sprechen. Das Reagieren auf Veränderungen und neue Bedingungen ist für die Gestaltung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt für Politik, Betriebe und alle beteiligten Akteure eine Herausforderung. Diese muss allerdings in Angriff genommen werden, wenn „nachhaltige“ Erfolge erreicht werden sollen. Gerade psychische Erkrankungen verlangen einen multidisziplinären Ansatz, d.h. Aktivitäten in allen Lebenswelten und politischen Bereichen zu setzen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 121 Kernkompetenzbereich Gesundheit 7 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND AUSBLICK Auf Grund der demografischen Entwicklung wird das Thema ältere Arbeitnehmer in der Europäischen Union sowie in den einzelnen Ländern vermehrt diskutiert. Oftmals stehen Beschäftigungsquoten dieser Altersgruppe sowie Pensionsdebatten im Vordergrund der Diskussionen. Eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, die sowohl Maßnahmen für die Gesunderhaltung der Arbeitnehmer über das gesamte Erwerbsleben, als auch spezielle Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer beinhaltet, ist im Hinblick auf die lange Lebenserwerbszeit von großer Bedeutung. Als bedeutsam haben sich Aktivitäten in den Bereichen Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche Initiativen erwiesen. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, Problemlagen auf den Ebenen der Gesunderhaltung der Arbeitnehmer zu identifizieren und anschließend durch Befragung von Experten Änderungsbedarf zu ermitteln. Auch Anreizsysteme für das Aktivwerden der Betriebe wurden untersucht. Diese Arbeit soll dazu beitragen mehr Wissen über alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung zu erlangen und benötigte Änderungen in politischem oder betrieblichem Vorgehen anzuregen. Im folgenden Kapitel wird zunächst eine Zusammenschau der einzelnen Kapitel geboten. Anschließend werden die formulierten Forschungsfragen beantwortet, wofür die Resultate der Expertenbefragung mit einbezogen werden. Zuletzt erfolgen eine kritische Diskussion der Ergebnisse sowie ein Ausblick in Bezug auf die Thematik. 7.1 Zusammenfassung Kapitel 2 beinhaltet jene Grundlagen, die für das Thema wesentlich sind und zunächst abgegrenzt wurden. Eine Definition des „älteren Arbeitnehmers“, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Arbeitswelt, die Beschäftigungssituation Älterer in Österreich und Deutschland, die Betriebsgrößen und Branchenstruktur der beiden Länder sowie Best Practice Beispiele anderer Länder wurden zu Beginn dargestellt. Der Zusammenhang von Arbeitsunfähigkeit und Invalidität wurde aufgezeigt, da nunmehr in Österreich und Deutschland lange Krankenstände als Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 122 Kernkompetenzbereich Gesundheit Vorlaufindikator zur Erkennung von erhöhtem Invaliditätsrisiko genutzt werden. Die Darstellung der Fähigkeitskonzepte – bestehend aus Leistungs-, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit – beinhalteten auch das „Haus der Arbeitsfähigkeit“. Dieses Modell zeigt die Handlungsebenen für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit auf: Gesundheit, Kompetenz, Arbeit und Werte. Die Möglichkeiten für betriebliche Maßnahmen wurden durch das Konzept des Alter(n)smanagement erläutert. Schließlich konnten mittels der Befunde des „DGB-Index Gute Arbeit“ in Deutschland und des „Arbeitsklima-Index“ in Österreich Arbeitnehmer identifiziert werden, die ihre Arbeitsbedingungen besonders schlecht beurteilen und ein Erreichen des Regelpensionsalters als unwahrscheinlich einschätzen. Dabei handelt es sich insbesondere um Beschäftigte im Baugewerbe, der Nachrichtenübermittlung, dem Gesundheitsund Sozialwesen, dem Verkehrswesen sowie um Zeitbeschäftigte. Da diese Einschätzungen mit den Daten der Kranken- und Invaliditätstatistiken übereinstimmen, zeigt sich hier Handlungsbedarf. In Kapitel 3 und 4 wurden die politischen und betrieblichen Strategien Österreichs und Deutschlands dargestellt. Arbeitnehmerschutz, „fit2work“ bzw. BEM, Rehabilitation, BGF, Altersteilzeit, alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation sowie überbetriebliche Initiativen wurden dabei als wesentlich identifiziert. Anschließend folgte in Kapitel 5 ein Vergleich der dargestellten Strategien Österreichs und Deutschlands. Im Unterschied zu Österreich, sieht das deutsche Arbeitsschutzgesetz keine spezielle Berücksichtigung des älteren Arbeitnehmers vor. In Deutschland müssen dagegen psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung verpflichtend erhoben werden. In beiden Ländern werden Gefährdungsbeurteilungen jedoch nicht flächendeckend durchgeführt. Während in Österreich mit „fit2work“ ein außerbetriebliches Beratungsangebot für Betriebe und Personen zum Erhalt bzw. der Wiedererlangung der Gesundheit von Arbeitnehmern angeboten wird, ist in Deutschland seit nunmehr acht Jahren das BEM als innerbetriebliche Lösung von Arbeitgebern verpflichtend Beschäftigten mit mehr als 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit anzubieten. Bei beiden Strategien sind kritische Stimmen zu vernehmen, die im nächsten Kapitel diskutiert werden. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 123 Kernkompetenzbereich Gesundheit Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ wird in Österreich und Deutschland verfolgt, in beiden Ländern besteht die Problematik einer Vielzahl an Trägern und damit einhergehende Kommunikationsprobleme. Deutsche Krankenkassen sind verpflichtet Betrieben BGF-Maßnahmen anzubieten. In Österreich ist dies nicht der Fall, dennoch bestehen zahlreiche Angebote von Krankenkassen. In beiden Ländern wird allerdings die mangelnde Koordination der Maßnahmen kritisiert. Altersteilzeit als Instrument der Belastungsreduktion für ältere Arbeitnehmer wird in Deutschland und Österreich überwiegend in der Blockvariante gewählt. Da dies eher eine Strategie zum vorzeitigen Erwerbsausstieg darstellt, wird in Österreich versucht die Blockvariante unattraktiver zu gestalten, in Deutschland wurde die Förderung der Altersteilzeit gänzlich eingestellt. Obwohl in beiden Ländern zahlreiche Projekte und Initiativen zu alter(n)sgerechter Arbeitsgestaltung zu finden sind, ist eine breite Umsetzung in den Betrieben nicht festzustellen. Weiterer Unterstützungsbedarf, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, ist daher gegeben. Kapitel 6 beinhaltet die Darstellung und Interpretation der durchgeführten Experteninterviews. Mit fünf österreichischen und fünf deutschen Experten wurden die durch Bearbeitung der Literatur identifizierten Bereiche diskutiert und Änderungsbedarf erhoben. Die Ergebnisse der Befragung sowie die Erkenntnisse der Literaturrecherche dienen der Beantwortung der anfangs gestellten Forschungsfragen. 1. Welche Strategien werden von Politik und Betrieben in Österreich und Deutschland verfolgt, um ältere Arbeitnehmer gesund zu beschäftigen? Die in Kapitel 3 und 4 dargestellten und in Kapitel 5 verglichenen Ebenen stellen die verfolgten Strategien Österreichs und Deutschlands dar. Einerseits ist dies der Arbeitnehmerschutz, der sich im Laufe der Jahre von der reinen Unfallvermeidung zu einem breiten gesundheitsfördernden Ansatz weiterentwickelt hat. Während das österreichische ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gezielt auf das Alter eingeht, wird in Deutschland lediglich von „besonders schutzbedürftigen Beschäftigtengruppen“ gesprochen. Aber auch die direkt auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit abzielenden Maßnahmen „fit2work“ und BEM können als wesentliche Strategien bezeichnet werden. Im Bereich der Rehabilitation wird mittels Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 124 Kernkompetenzbereich Gesundheit versucht, eine Strategie der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsprozess zu erreichen. Auch die Betriebliche Gesundheitsförderung, die einen breiten Ansatz hat und daher nicht auf eine bestimmte Beschäftigtengruppen abzielt, kann dennoch als Maßnahme für eine gesunde Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bezeichnet werden, denn schließlich profitieren alle Beschäftigten eines Unternehmens von BGF. Auf Grund des geringen Umsetzungsgrades von BGF in deutschen und österreichischen Unternehmen ist jedoch eine Ausweitung wünschenswert. Die Altersteilzeit wäre in Form einer gleichbleibend reduzierten Arbeitszeit eine Strategie zur Entlastung älterer Arbeitnehmer. Da diese Art selten gewählt wird, wird in Deutschland von dieser Strategie eher abgegangen, in Österreich wird versucht, durch Lenkungsmaßnahmen die oben erwähnte förderliche Form der Altersteilzeit attraktiver zu gestalten. Die alter(n)sgerechte Arbeitsorganisation kann als betriebliche Strategie bezeichnet werden, die jedoch in Österreich und Deutschland bisher zu wenig verfolgt wird. Überbetriebliche Initiativen und Projekte sollen alle Beteiligten informieren und mobilisieren und können als Strategien zur Sensibilisierung aufgefasst werden. 2. Besteht hinsichtlich der gewählten Strategien Änderungsbedarf? Der Arbeitnehmerschutz ist in Österreich und Deutschland bezüglich der betrieblichen Umsetzung verbesserungswürdig. Für eine vermehrte Durchführung müssten den Betrieben – insbesondere Klein- und Mittelbetrieben – die gesetzlichen Grundlagen und deren Sinn durch Information und Sensibilisierung nahe gebracht werden. Aber auch vermehrte Kontrollen über die Einhaltung sind empfehlenswert. Die gesetzliche Ausgestaltung des Arbeitsschutzes hinsichtlich des Alters wird in beiden Ländern als ausreichend angesehen. Im österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sind jedoch psychische Belastungen nicht ausreichend berücksichtigt. Das in Österreich erst seit etwas mehr als einem Jahr bestehende und noch nicht flächendeckend ausgebaute „fit2work“ ist vor allem in Bezug auf die fehlende Verknüpfung von Personen- und Betriebsberatung, die als Erfolgsfaktor bezeichnet wird, zu kritisieren. Da dies in der Planung nicht vorgesehen ist, in der Praxis jedoch möglicherweise doch erfolgt, kann derzeit noch nicht von einem Änderungsbedarf gesprochen werden. Die Ausrichtung der Betriebsberatung auf Betriebe ab 15 Beschäftigte lässt Kleinbetriebe außen vor. Ob bei „fit2work“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen diesbezüglich 125 Kernkompetenzbereich Gesundheit Anpassungsbedarf besteht oder ob eine andere passende Lösung für Kleinbetriebe gefunden werden sollte, ist abzuwarten. Die freiwillige Teilnahme der Betriebe kann nicht grundsätzlich negativ bewertet werden. Einerseits ist eine Verpflichtung nicht immer zielführend, andererseits kann sich der fehlende Druck auf Betriebe in mangelhafter Teilnahme auswirken. Sowohl die Teilnahmeraten der Betriebe, als auch der Personen werden sich in der ersten Evaluation zeigen und gegebenenfalls Anpassungen erforderlich machen. Dass Gewerkschaften nicht am Projekt beteiligt sind, kann als Verbesserungsmöglichkeit angeführt werden. Das deutsche, bereits seit 2004 bestehende, BEM ist vor allem in der betrieblichen Umsetzung verbesserungswürdig. Viele Fehler wie der Umgang mit den Daten aus dem BEM oder mit der Auswahl der BEM-Verantwortlichen passieren auf Grund mangelhafter Information der Betriebe. Ein wichtiger Punkt ist daher die Qualifizierung und Information der Beteiligten. Aber auch die Information der Beschäftigten ist bisher mangelhaft gewesen, die Inanspruchnahme sollte durch Öffentlichkeitsarbeit erhöht werden. Da das BEM nicht flächendeckend in deutschen Betrieben durchgeführt wird, muss von der Politik eine Lösung gefunden werden. Ob bisher nicht durchgeführte Kontrollen erforderlich sind, mit finanziellen Sanktionen vorgegangen werden soll oder die Sensibilisierung Mittel der Wahl ist, bleibt ungeklärt. Jedenfalls muss vor allem die Umsetzung in Klein- und Mittelbetrieben vorangetrieben werden, beispielsweise durch Bekanntmachen von Dienstleistern für das BEM oder Informationen der Berufsgenossenschaften. Eine fehlende „Nachhaltigkeit“ des BEM, das heißt eine Weiterbetreuung der betroffenen Beschäftigten, ist eine weitere Verbesserungsmöglichkeit. Positiv wird das BEM im Hinblick auf die Möglichkeit dieses als Instrument für eine gute Unternehmenskultur zu benutzen, gesehen. Betrieben eine Wahlmöglichkeit zwischen BEM oder dem externen Weg von „fit2work“ anzubieten, ist eine Lösung, die die Problematik des mangelnden Vertrauens der Mitarbeiter bei der Betreuung innerhalb des Betriebes lösen könnte. Bei beiden Strategien – „fit2work“ und BEM – kann Kritik im Hinblick auf den Zeitpunkt des Einsetzens der Maßnahmen geübt werden. Beide setzen erst dann ein, wenn bereits längere Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgetreten sind. Diese Strategien eher als Präventionsinstrument zu begreifen und Maßnahmen früher zu setzen, wäre eine Verbesserung im Sinne des Erhalts der Arbeitsfähigkeit. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 126 Kernkompetenzbereich Gesundheit In der Rehabilitation bedarf es sowohl in Österreich als auch in Deutschland weiterer Änderungen. Die Schnittstellenproblematik stellt in beiden Ländern eine große Hürde für eine effiziente Rehabilitation und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dar. Für Österreich gilt insbesondere, dass nicht nur zwischen den einzelnen Institutionen, sondern auch innerhalb dieser Organisationen der Informationsfluss verbessert werden muss. Möglicherweise kann „fit2work“ hier Verbesserungen herbeiführen. Für beide Länder stellt die psychische Rehabilitation eine große Herausforderung dar, eine Verbesserung ist in dem Bereich wiederum die Optimierung der Schnittstellen für eine rasche und lückenlose Rehabilitation sowie in Österreich eine Ausweitung der finanzierten Psychotherapieplätze. Generell ist hier der Mut von allen Beteiligten – auch von Arbeitgebern – sowie das Finden neuer Lösungen gefragt, damit Arbeitnehmer nach psychischer Rehabilitation weiter erwerbstätig bleiben können. In Österreich besteht zudem Diskussionsbedarf in Bezug auf die Formen der Rehabilitation (ambulant oder stationär), den Weg der Inanspruchnahme (Krankenversicherung statt Pensionsversicherung) sowie die Ausweitung der Information der Betriebe über Fördermöglichkeiten (Arbeitsplatzadaptierungen, Umschulungen). Die BEMBeauftragten übernehmen für deutsche Arbeitnehmer eine Lotsenfunktion, auch in Bezug auf die Rehabilitation. Damit das gut funktionieren kann, besteht Änderungsbedarf in der Kommunikation der einzelnen Zuständigen. Um einen Arbeitsbezug in der Rehabilitation herzustellen, ist ein geregelter Informationsaustausch zwischen Rehabilitations-Verantwortlichen und BEM-Beauftragten empfehlenswert. Als Voraussetzungen, dass Österreichs und Deutschlands Betriebe eine alter(n)sgerechete Arbeitsgestaltung betreiben, können Sensibilisierung und Information der Unternehmen genannt werden. Das Bewusstsein über die eigene Betroffenheit des Betriebes sollte beispielsweise über Altersstrukturanalysen erzeugt werden. Eine gute Unternehmenskultur ist zudem Voraussetzung, dass Probleme bei der Arbeitsgestaltung von Beschäftigten angesprochen und gelöst werden können. In Österreich besteht ein massiver Änderungsbedarf in der Einstellung von Arbeitgebern und -nehmern gegenüber Alter und Arbeit. Für Deutschland gilt zudem, dass das breite unübersichtliche Angebot und die fehlende Qualitätssicherung einen Änderungsbedarf hinsichtlich Standardisierung erfordern. Für die BGF in Österreich sind vor allem eine ausreichende Finanzierung (bspw. durch Krankenkassen) sowie das Setzen von Prioritäten und Überprüfen der WirkFachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 127 Kernkompetenzbereich Gesundheit samkeit wichtig. In Deutschland müssten für Hürden der BGF, wie mangelnde Ausrichtung des Angebots der Krankenkassen an dem Bedarf der Betriebe, Unübersichtlichkeit des Angebots und der Vielzahl an tätigen Krankenkassen innerhalb eines Betriebes, Lösungen gefunden werden. Eine bundesweite Institution zur Koordination stellt eine Möglichkeit dar. Problematisch für die Umsetzung von BGF und alter(n)gerechter Arbeitsgestaltung in Klein- und Mittelbetrieben erweisen sich Modelle, die hauptsächlich auf Großbetriebe ausgerichtet sind. Da Österreich eine Vielzahl an Kleinbetrieben aufweist, besteht Änderungsbedarf hinsichtlich der Projektstrukturen, Beratungsformate und eben der Modelle. Möglicherweise sind auch Branchen- und Regionalnetzwerke eine Lösung, wie BGF und alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in Klein- und Mittelbetrieben gut funktionieren kann. Für deutsche Klein- und Mittelunternehmen müssten die Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten vor allem unkomplizierter und übersichtlicher werden. Von verpflichtenden Vereinbarungen in Tarifverträgen, wie etwa Maßnahmen der alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung, profitieren Klein- und Mittelbetriebe besonders. Für Arbeitnehmer in belastenden Tätigkeiten sind branchen- und betriebsbezogene Lösungen zu finden. Die Maßnahmen für diese Beschäftigten sind weder in Österreich noch in Deutschland ausreichend. Eine Sensibilisierung der Bevölkerung ist in diesem Bereich erforderlich: Arbeitgeber müssen in die Arbeitsorganisation, Arbeitnehmer in ihre Qualifizierung investieren. Zudem könnte eine Alters- und Zeitraumbegrenzung von belastenden Tätigkeiten oder Schicht- und Nachtarbeit vorgeschrieben werden. Neue Lösungen müssen jedenfalls für Zeitarbeiter gefunden werden, da diese unter besonderem Druck stehen, jedoch schwer zu erreichen sind. Neue Herausforderungen und viel Änderungsbedarf für Österreichs und Deutschlands Politik und Betriebe erweisen sich im Umgang mit psychischen Erkrankungen. Die hohe Anzahl dieser Erkrankten erfordert in Österreich einen Ausbau der psychischen Rehabilitation und eine größere Berücksichtigung im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Der Umgang mit und die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern nach psychischer Rehabilitation ist in Österreich und Deutschland noch zu lösen. Vor allem übergreifende Konzepte, die auch unabhängig von der Arbeitswelt auf die vermehrte Problematik psychischer Erkrankungen eingeht, sind gefordert. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 128 Kernkompetenzbereich Gesundheit Auf betrieblicher Ebene erfordert die Veränderung des Arbeitsschutzes von der reinen Unfallvermeidung hin zu einem breiten gesundheitsförderlichen Ansatz ein vernetztes Denken. Traditionelle Strukturen im Betrieb müssen aufgebrochen und die Bereiche Arbeitsschutz, BGF, Arbeitsfähigkeitserhaltung sowie Human Ressource Management verknüpft werden. Politik und Betriebe müssen auf Veränderungen und neue Gegebenheiten in der Arbeitswelt mit passenden Lösungen reagieren. Einen Überblick über den Änderungsbedarf in Österreich und Deutschland gibt Abbildung 13. Die in der Abbildung dargestellten roten Balken symbolisieren Österreichs und blaue Balken Deutschlands Änderungsbedarf. Je länger der Balken, desto mehr politischer bzw. institutioneller oder betrieblicher Änderungsbedarf ist gegeben. Dies basiert auf den Ergebnissen der Literaturrecherche sowie den Erkenntnissen aus der Befragung der Experten und stellt eine eigene Einschätzung des daraus resultierenden Änderungsbedarfs dar. Unter dem Begriff „institutionell“ sind die jeweils zuständigen Organisationen, wie beispielsweise Arbeitsschutzbehörden, Sozialversicherungsträger oder Berufsgenossenschaften, zu verstehen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 129 Kernkompetenzbereich Gesundheit Abbildung 13: Zusammenfassende Darstellung des Änderungsbedarfs in Österreich und Deutschland, Eigene Erstellung Gut zu erkennen ist in dieser Darstellung, dass trotz der Unterschiede in der Ausgestaltung der Ebenen zwischen Österreich und Deutschland die Tendenz des Änderungsbedarfs in Richtung betrieblicher oder politischer/institutioneller Seite ähnlich gelagert ist. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 130 Kernkompetenzbereich Gesundheit 3. Welche Anreize führen dazu, dass Betriebe Maßnahmen für gesunde Mitarbeiter umsetzen? Eine Mischung aus zahlreichen gut zusammenspielenden Anreizen, eingebettet in ein Gesamtkonzept mit Beteiligung aller Politikbereiche, kann als zielführend bezeichnet werden. Wird eine ausreichende Unterstützung und Beratung angeboten, kann auch eine Verpflichtung der Betriebe zur Umsetzung von Maßnahmen sowie deren Kontrolle sinnvoll sein. Grundsätzlich müssen Betriebe jedoch den Nutzen und die Notwendigkeit der Maßnahmen erkennen, weshalb Sensibilisierung, Beratung und Best Practice Beispiele im Vordergrund stehen. Finanzielle Anreize können nicht eindeutig als wirkungsvoller Anstoß bezeichnet werden, befristete Ausgleichzahlungen scheinen jedoch eine gute Möglichkeit zu sein. Ein in Deutschland bisher fehlendes nachvollziehbares Zertifikat für eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung, könnte ein weiterer Anreiz für Betriebe sein. 7.2 Diskussion der Ergebnisse Mit dieser Arbeit sollte dargestellt werden, in welchen Bereichen Aktivitäten für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer gesetzt werden und inwiefern ein Änderungsbedarf besteht. Mittels Vergleich der Strategien Österreichs und Deutschlands wurde aufgezeigt, welche Unterschiede bestehen. Eine Schlussfolgerung, welches Land erfolgreicher ist oder bessere Maßnahmen setzt, war nicht das Ziel und ist auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Dass ein großer Änderungsbedarf in Österreichs und Deutschlands Politik und Betrieben gegeben ist, konnte mit dieser Arbeit aufgezeigt werden. Wenn die Bevölkerung das nunmehr längere Erwerbsleben sowie die anschließende Pensionierung in Gesundheit verbringen soll, müssen Aktivitäten auf allen Ebenen gesetzt werden. Auch auf der individuellen Ebene – welche in dieser Arbeit nicht im Fokus stand – müssen Änderungen herbeigeführt werden. Arbeitnehmer benötigen eine positive Einstellung zur Arbeit, eine Abkehr vom „Lebensziel Pension“ muss erreicht werden. Schlagwörter wie Lebenslanges Lernen und Qualifizierung sind hier wesentlich. Die Frage ob bei „fit2work“ Änderungsbedarf besteht, konnte nicht beantwortet werden, da das Projekt noch nicht bundesweit ausgerollt ist und bisher keine Evaluierungen vorliegen. Insgesamt wird „fit2work“ aber auf Grund der Pilotprojekte als eine wahrscheinlich geeignete Strategie beurteilt. Ebenso wie das BEM, das eher in der Ausgestaltung an Änderungen bedarf. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 131 Kernkompetenzbereich Gesundheit Besondere, übergreifende Herausforderungen für Politik und Betriebe konnten identifiziert werden. Die bereits durch das Literaturstudium aufgezeigte Problematik der psychischen Erkrankungen hat sich auch in den Experteninterviews bestätigt. Dies stellt eine der größten zu lösenden Aufgaben für alle Akteure dar, denn hier sind multidisziplinäre Lösungen gefragt. Auch die Verknüpfung der Bereiche Arbeitsschutz, BGF und Arbeitsfähigkeitserhalt in den Betrieben ist nunmehr notwendig und erfordert neue Strukturen in den Unternehmen. Zusammengefasst heißt das, Betriebe und Politik müssen sich rascher auf neue Gegebenheiten in der Arbeitswelt einstellen und entsprechend reagieren. Wird die methodische Herangehensweise betrachtet, ist zu erwähnen, dass die Ergebnisse auf Grund der Anzahl der befragten Experten nur eingeschränkt gültig sein können. Auch die telefonische Befragung der deutschen Experten wäre durch persönliche Interviews verbesserungsfähig. Der zeitliche Rahmen dieser Arbeit erlaubte es jedoch nicht, diese Defizite zu beseitigen. Die Auswahl der Experten wurde allerdings so vorgenommen, dass Ansichten von möglichst allen wesentlichen Organisationen einbezogen werden können. Zudem erhielten alle Befragten vorab Informationen über den Hintergrund der Befragung sowie den Interviewleitfaden, um sich ausreichend auf das Interview vorbereiten zu können. Trotzdem kann diese Arbeit einen wertvollen Beitrag leisten, um Änderungsbedarf aufzuzeigen und Verbesserungen anzuregen. Die vorliegende Arbeit berücksichtigt beide Geschlechter gleichermaßen, betrachtet jedoch nicht die Unterschiede, die möglicherweise in Bezug auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehen. Dies könnte Inhalt einer weiteren Masterarbeit sein. 7.3 Ausblick Angesichts der Befragungsergebnisse konnte gezeigt werden, dass das Thema ältere Arbeitnehmer und alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung in allen Organisationen (Arbeitgebervertretung, Arbeitnehmervertretung, Sozialversicherung, Unfallver- sicherung, Krankenversicherung, Arbeitsschutzbehörden) von Bedeutung ist. Dass jedoch in diesen Organisationen selbst, im Bereich der eigenen Mitarbeiter, erst Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 132 Kernkompetenzbereich Gesundheit zögerlich Maßnahmen gesetzt werden bestätigt, dass auf der betrieblichen Ebene noch viel umgesetzt werden muss. Illusionslos muss die besonders häufig als notwendig bezeichnete Vernetzung und bessere Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen auf Grund der Erfahrungen als schwer bewältigbar bezeichnet werden. Neue Erkenntnisse und Forschungsbedarf sind über Belastungen in den immer komplexer werdenden Arbeitsprozessen erforderlich. Es ist viel über Beanspruchungen einzelner Tätigkeiten bekannt, nicht aber in Bezug auf Gesamtbelastungen einschließlich kognitiver und mentaler Belastungen. Hier ist weiterer Forschungsbedarf angezeigt. Sollen auch in Zukunft Betriebe für das Thema alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung gewonnen werden, müssen „Demografiemanagement“ traditionelle durch neue Begriffe wie Bezeichnungen „Demografie“ und wie der „Erhalt Beschäftigungsfähigkeit“ oder „länger, sicher und gesund arbeiten“ ersetzt werden. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 133 Kernkompetenzbereich Gesundheit 8 VERZEICHNISSE 8.1 Literaturverzeichnis AK OÖ. (2007). Umsetzung Handlungsleitfaden für von Age-Management Betriebsräte/-innen. Linz. im Betrieb. Verfügbar Ein unter: http://www.wage.at/fileadmin/user_upload/Content_MEDIA/Leitfaden_Consult.pdf [17.01.2012]. Alavinia, S. M. & Burdorf, A. (2008). Unemployment and retirement and ill-health: a cross-sectional analysis across European countries. 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S. 10 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 152 Kernkompetenzbereich Gesundheit Abbildung 4: Zahl der österreichischen Unternehmen nach ÖNACE 2008Abschnitten und Beschäftigtengrößenklassen für 2009, Statistik Austria (2011b, www) ....................................................................... S. 18 Abbildung 5: Zahl der deutschen Unternehmen nach Betriebsgrößen und Wirtschaftsabschnitten, 2009, Eigene Erstellung (Datenquelle: Statistisches Bundesamt, 2011, www) ........................................................... S. 19 Abbildung 6: Krankenstandsquote nach Alter und Geschlecht in Österreich, 2010, Leoni (2011, S. 23) ............................................................ S. 20 Abbildung 7: Das Haus der Arbeitsfähigkeit, Ilmarinen (2007, S. 7) ..................... S. 25 Abbildung 8: Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, Kistler (2008, S. 39) ............. S. 26 Abbildung 9: Ansatzpunkte zur Berücksichtigung demografischer Aspekte in der Unternehmenspolitik, Wolf, Spieß & Mohr (2001, zitiert nach Kistler, 2008, S. 41) ....................................................................................... S. 27 Abbildung 10: „fit2work“ Ablauf der Betriebsberatung, Operschall (2012, S. 10) .. S. 40 Abbildung 11: Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer in den Unternehmen, Rauch (2010, S. 9) ......................................................................................... S. 53 Abbildung 12: Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte, Kistler (2008, S. 59) .................................................................................................. S. 70 Abbildung 13: Zusammenfassende Darstellung des Änderungsbedarfs in Österreich und Deutschland, Eigene Erstellung ....................................... S. 130 8.3 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zuordnungskriterien der Unternehmensgröße nach Mitarbeiteranzahl, Eigene Erstellung in Anlehnung an WKÖ (2012, www) .... S. 18 Tabelle 2: Auswahl der befragten Experten, Eigene Erstellung ............................ S. 84 Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 153 Kernkompetenzbereich Gesundheit 8.4 Abkürzungsverzeichnis ABI PlusTM Arbeitsbewältigungs-Index PlusTM AGG Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz AI Arbeitsinspektion AK Kammer für Arbeiter und Angestellte AMS Arbeitsmarktservice (Österreich) ArbSchG Arbeitsschutzgesetz (Deutschland) ASchG ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (Österreich) ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (Österreich) AUVA Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Österreich) BA Bundesagentur für Arbeit (Deutschland) BAK Bundesarbeiterkammer BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Deutschland) BEM betriebliches Eingliederungsmanagement BGF Betriebliche Gesundheitsförderung BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Deutschland) BMASK Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Österreich) BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (Deutschland) BMF Bundesministerium für Finanzen (Österreich) BMG Bundesministerium für Gesundheit (Österreich) BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Deutschland) BMWFJ Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Österreich) BSB Bundessozialamt (Österreich) BVA Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (Österreich) ca. circa bzw. beziehungsweise ddn Das Demographie Netzwerk (Deutschland) DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung d.h. das heißt DNBGF Deutsches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung DRV Deutsche Rentenversicherung Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 154 Kernkompetenzbereich Gesundheit € Euro ENWHP Europäisches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung ESF Europäischer Sozialfonds etc. et cetera EU Europäische Union EU-OSHA European Agency for Safety and Health at Work FGÖ Fonds Gesundes Österreich GDA Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie GPA Gewerkschaft der Privatangestellten (Österreich) HVSVT Hauptverband der Sozialversicherungsträger (Österreich) IGA Initiative Gesundheit und Arbeit (Deutschland) INQA Initiative Neue Qualität der Arbeit (Deutschland) IV Vereinigung der österreichischen Industrie KMU Klein- und Mittelunternehmen LTA Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Mio. Millionen Mrd. Milliarden ÖGB Österreichischer Gewerkschaftsbund ÖNBGF Österreichisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung PVA Pensionsversicherungsanstalt (Österreich) SGB Sozialgesetzbuch (Deutschland) SVA Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (Österreich) usw. und so weiter WAI Workability Index WKÖ Wirtschaftskammer Österreich z.B. zum Beispiel Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 155 Kernkompetenzbereich Gesundheit Anhang A.1 Anschreiben A.1.1 Anschreiben österreichischer Experten Sehr geehrte/r Frau / Herr … Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Fachhochschule Pinkafeld, Studiengang Management im Gesundheitswesen, führe ich Interviews zum Thema Aktivitäten der Gesunderhaltung von älteren Arbeitnehmern in Österreich und Deutschland durch. Ein besonderes Augenmerk wird in der Arbeit auf „fit2work“ in Österreich und „Betriebliches Eingliederungsmanagement“ in Deutschland gelegt. Das Interview wird ungefähr 30 bis 45 Minuten dauern und wird zwecks besserer Auswertbarkeit per Audio-Aufnahmegerät aufgezeichnet. Den Interviewleitfaden würden Sie vorab erhalten. Es besteht auf Wunsch die Möglichkeit das Interview zu anonymisieren. Würden Sie für ein Interview im Mai zur Verfügung stehen? Sie helfen mir dabei, im Rahmen meiner Masterarbeit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Mit freundlichen Grüßen Petra Story A.1.2 Anschreiben deutscher Experten Sehr geehrte/r Frau / Herr … Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Fachhochschule Pinkafeld in Österreich, Studiengang Management im Gesundheitswesen, führe ich telefonische Interviews zum Thema Aktivitäten der Gesunderhaltung von älteren Arbeitnehmern in Österreich und Deutschland durch. Ein besonderes Augenmerk wird in der Arbeit auf das „Betriebliche Eingliederungsmanagement“ in Deutschland und das „fit2work“Projekt in Österreich gelegt. Das Interview wird ungefähr 30 bis 45 Minuten dauern und wird zwecks besserer Auswertbarkeit per Audio-Aufnahmegerät aufgezeichnet. Den Interviewleitfaden Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 156 Kernkompetenzbereich Gesundheit würden Sie vorab erhalten. Es besteht auf Wunsch die Möglichkeit das Interview zu anonymisieren. Würden Sie für ein telefonisches Interview im Mai zur Verfügung stehen? Sie helfen mir dabei, im Rahmen meiner Masterarbeit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Mit freundlichen Grüßen Petra Story A.2 Interviewleitfaden A.2.1 Interviewleitfaden Österreich 1. Inwieweit kommen Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Thematik „ältere Arbeitnehmer“ und demografische Entwicklung in Berührung? 2. Der Arbeitsschutz kann wesentlich zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beitragen. Die Berücksichtigung des Alters von Arbeitnehmern ist im Arbeitsschutzgesetz bei der Übertragung der Aufgaben und bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen vorgeschrieben. Gefährdungsbeurteilungen werden jedoch vor allem in Kleinbetrieben nicht flächendeckend durchgeführt und die dabei vorgesehene Berücksichtigung des Alters findet generell unzureichend statt. a) Inwieweit besteht im Arbeitsschutz Änderungsbedarf hinsichtlich einer alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung? 3. Langzeitkrankenstände werden in Österreich und Deutschland als Vorlaufindikator von Invalidität genutzt, um frühzeitig Maßnahmen einleiten zu können. Arbeitnehmer mit mehr als 40 Tagen Arbeitsunfähigkeit erhalten in Österreich im Rahmen von „fit2work“ ein freiwilliges Beratungsangebot zu präventiven und rehabilitativen Maßnahmen. a) Inwieweit sind Betriebe verpflichtet, Maßnahmen die im Rahmen der Personenberatung von „fit2work“ als erforderlich erkannt werden (bspw. Adaptionen für eine alter(n)sgerechte Arbeit im Betrieb) umzusetzen und selbst zu finanzieren? Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 157 Kernkompetenzbereich Gesundheit b) Wie wird die Betriebsberatung von „fit2work“ gestaltet sein? c) Wird Ihres Erachtens die durch „fit2work“ angestrebte Vernetzung des Beratungsangebots der Sozialversicherungsträger, Gebietskörperschaften und anderer Anbieter erreicht? d) Erachten Sie „fit2work“ als geeignete Strategie, um Invalidität zu vermeiden und Arbeitsfähigkeit zu erhalten? In welchen Bereichen sehen Sie Änderungsbedarf bei „fit2work“? 4. Arbeitnehmer mit mehr als sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit müssen in Deutschland verpflichtend Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) von ihren Arbeitgebern angeboten bekommen, die Teilnahme des Beschäftigten ist jedoch freiwillig. a) Wie bewerten Sie „fit2work“ im Vergleich zu BEM in Deutschland? (Vorteile/Nachteile) 5. Wie beurteilen Sie die Gestaltung der Rehabilitation in Österreich (bspw. „Rehabilitation vor Pension“, „Gesundheitsstraße“, berufliche Rehabilitation)? Sehen Sie Änderungsbedarf hinsichtlich des Erhalts Gesundheitsförderung (BGF) der Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer? 6. Betriebliche alter(n)sgerechten Altersstrukturanalysen, Arbeitsorganisation Arbeiten in sowie (bspw. altersgemischten Maßnahmen Durchführung Teams, zur von alternative Arbeitszeitmodelle oder ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze) werden in den Betrieben derzeit noch zu wenig durchgeführt. Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben sind bisher wenige Maßnahmen zu finden. a) Wie könnte die Umsetzung von BGF und Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeit in den Betrieben (insbesondere KMU) gesteigert werden? 7. Insbesondere Arbeiter, Beschäftigte in den Branchen Verkehr, Transport, Nachrichten- und Bauwesen sowie Zeitarbeiter geben in Befragungen schlechte Arbeitsbedingungen an. Daten aus Krankenstands- und Invaliditätsstatistiken bestätigen diesen Umstand. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 158 Kernkompetenzbereich Gesundheit a) Sind die in Österreich (von Politik und Betrieben) gesetzten Maßnahmen in der Lage die Belastungen dieser Arbeitnehmer so abzufedern, dass ein Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter ermöglicht wird? b) Welche Maßnahmen müssten speziell für diese Gruppe an Arbeitnehmern gesetzt werden? 8. Welche Maßnahme stellt Ihres Erachtens für Betriebe einen wirkungsvollen Anstoß dar, um die Gestaltung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt voranzutreiben? (bspw. gesetzliche Verpflichtungen, Kontrollmaßnahmen, Beratungsangebote, Sensibilisierungskampagnen, finanzielle Anreize) 9. Gibt es aus Ihrer Sicht noch wichtige Aspekte zum Thema, die Sie hinzufügen möchten? Vielen Dank für das Gespräch! A.2.2 Interviewleitfaden Deutschland 1. Inwieweit kommen Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Thematik „ältere Arbeitnehmer“ und demografische Entwicklung in Berührung? 2. Der Arbeitsschutz kann wesentlich zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beitragen. Das Arbeitsschutzgesetz sieht keine dezidierte Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes vor, auch nicht bezüglich der Gefährdungsbeurteilungen. Zudem werden Gefährdungsbeurteilungen vor allem in den Kleinbetrieben nicht flächendeckend oder in erforderlichem Ausmaß durchgeführt. a) Inwieweit besteht im Arbeitsschutz Änderungsbedarf hinsichtlich einer alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung? 3. Langzeitkrankenstände werden in Deutschland und Österreich als Vorlaufindikator von Invalidität genutzt, um frühzeitig Maßnahmen einleiten zu können. Seit 2004 besteht für Arbeitgeber die Verpflichtung, Arbeitnehmern mit mehr als sechswöchiger Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 159 Kernkompetenzbereich Gesundheit Arbeitsunfähigkeit BEM anzubieten. Trotzdem ist in vielen Betrieben (v.a. Klein- und Mittelbetrieben bis 250 Mitarbeitern) BEM nicht oder nicht nachhaltig implementiert. a) Wie sollte die Umsetzung von BEM in den Betrieben verbessert werden? b) Erachten Sie BEM als geeignete Strategie, um Invalidität zu vermeiden und Arbeitsfähigkeit zu erhalten? In welchen Bereichen sehen Sie Änderungsbedarf bei BEM? 4. In Österreich erhalten Arbeitnehmer mit über sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit im Rahmen von „fit2work“ ein freiwilliges Beratungsangebot zu präventiven und rehabilitativen Maßnahmen. Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen erhalten ebenso ein Beratungsangebot. a) Wie bewerten Sie „fit2work“ in Österreich im Vergleich zu BEM in Deutschland? (Vorteile/Nachteile) b) Kann Österreich bei der Umsetzung von „fit2work“ etwas vom deutschen BEM lernen? Worauf sollte geachtet werden? 5. Wie beurteilen Sie die Gestaltung der Rehabilitation in Deutschland (bspw. Prinzip „Rehabilitation vor Rente“, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Stufenweise Wiedereingliederung)? Sehen Sie Änderungsbedarf hinsichtlich des Erhalts der Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer? 6. Betriebliche Gesundheitsförderung alter(n)sgerechten Altersstrukturanalysen, (BGF) Arbeitsorganisation Arbeiten in sowie (bspw. altersgemischten Maßnahmen Durchführung Teams, zur von alternative Arbeitszeitmodelle oder ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze) werden in den Betrieben derzeit noch zu wenig durchgeführt. Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben sind bisher wenige Maßnahmen zu finden. Auch die Möglichkeit der Steuerbegünstigung hat zu keiner wesentlichen Zunahme an BGF in den Betrieben gesorgt. a) Wie könnte die Umsetzung von BGF und Maßnahmen für alter(n)sgerechte Arbeit in den Betrieben (insbesondere KMU) gesteigert werden? 7. Insbesondere Arbeiter, Beschäftigte in den Branchen Verkehr, Transport, Nachrichten-, Bau-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Zeitarbeiter geben in Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 160 Kernkompetenzbereich Gesundheit Befragungen schlechte Arbeitsbedingungen an. Daten aus Krankenstands- und Invaliditätsstatistiken bestätigen diesen Umstand. a) Sind die in Deutschland (von Politik und Betrieben) gesetzten Maßnahmen in der Lage die Belastungen dieser Arbeitnehmer so abzufedern, dass ein Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum Rentenalter ermöglicht wird? b) Welche Maßnahmen müssten speziell für diese Gruppe an Arbeitnehmern gesetzt werden? 8. Welche Maßnahme stellt Ihres Erachtens für Betriebe einen wirkungsvollen Anstoß dar, um die Gestaltung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt voranzutreiben? (bspw. gesetzliche Verpflichtungen, Kontrollmaßnahmen, Beratungsangebote, Sensibilisierungskampagnen) 9. Gibt es aus Ihrer Sicht noch wichtige Aspekte zum Thema, die Sie hinzufügen möchten? Vielen Dank für das Gespräch! A.3 Kategorienschema A.3.1 Kategorienschema Österreich K„1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel K„2 Änderungsbedarf im Arbeitnehmerschutz - Änderungsbedarf im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - Umsetzung auf betrieblicher Ebene K„3 Bewertung von „fit2work“ - Betriebsberatung - Personenberatung - Getrennter Ansatz der Personen- und Betriebsberatung - Öffentlichkeitsarbeit und Erreichen der Zielgruppen - Vernetzung - Eignung von „fit2work“ zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit K„4 Vergleich „fit2work“ und BEM Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 161 Kernkompetenzbereich Gesundheit K„5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation K„6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen - Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung - Betriebliche Gesundheitsförderung - Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben K„7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten K„8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben K„9 Herausforderungen für Politik und Betriebe A.3.2 Kategorienschema Deutschland K„1 Berührung mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ und demografischer Wandel K„2 Änderungsbedarf im Arbeitsschutz: - Änderungsbedarf im Arbeitsschutzgesetz - Umsetzung auf betrieblicher Ebene K„3 Bewertung des BEM: - Änderungsbedarf - Eignung des BEM zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit K„4 Vergleich BEM und „fit2work“ - Tipps für „fit2work“ K„5 Änderungsbedarf bezüglich Rehabilitation K„6 Voraussetzungen für betriebliche Maßnahmen - Alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung - Betriebliche Gesundheitsförderung - Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben K„7 Maßnahmen für Arbeitnehmer mit besonders belastenden Tätigkeiten K„8 Anreize für die Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit in Betrieben K„9 Herausforderungen für Politik und Betriebe Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 162 Kernkompetenzbereich Gesundheit A.4 Teiltranskriptionen Zitate zu Interview 1 Zitat (S. 46, Zeile 1509): „Also bei unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es gibt irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas gehört haben oder so tun als hätten sie noch nie etwas gehört.“ B: Wenn die Frage war nach Alter, dann könnte ich jetzt nicht sagen, sind es nur die Jungen, die nicht, oder die Alten, die nicht, weiß ich nicht. Aber wenn wirklich sind Ältere drinnen gestanden ist. Ich glaube, das ist eines der wenigen Ergebnisse dieser Befragung, die ich sogar glaube. Die anderen Befragungen, die Ergebnisse die relativ schön sind, glaube ich eigentlich so NICHT. Also 70 Prozent so eine gute Evaluierung haben, also das glaube ich, ist mehr ein Wunschdenken, vor allem in den Kleinst- und Kleinbetrieben hört man eigentlich etwas anderes. ► Also bei unserem Schwerpunkt Hotel- und Gastgewerbe ist herausgekommen, es gibt irrsinnig viele Kleinstbetriebe, die von Evaluierungen überhaupt noch nie etwas gehört haben oder SO TUN als hätten sie noch nie etwas gehört. (..) Natürlich ist das, wie man mit Altern jetzt so bei der Evaluierung umgeht, sicher etwas noch ausdehnenswertes und verbesserungswürdiges Thema. Deswegen machen wir jetzt gerade unter vielen verschiedenen Dingen / Wir haben ja heuer das Jahr des Alterns, schön, das Jahr des Alterns, Aktives Altern. Ist ja ein Thema und da machen wir jetzt gerade, sind wir dabei, auf Grund unserer Schwerpunktaktion von 2 7, 2 8 und unseren Pilotprojekten in der Arbeitsinspektion Leitfaden für Betriebe zu entwickeln, wo dann irgendwie drinnen steht, wie sie es angehen sollten oder was die Themen sind und was für Lösungen sind. Also (.) zusammen, weil auch das Gütesiegel Nestor, das kennen Sie ja wahrscheinlich auch, da sitze ich auch im Beirat, das habe ich vergessen bis jetzt. Da sitze ich auch im Beirat drinnen, da haben wir auch erst eine Handvoll, naja, weniger als eine Handvoll Betriebe (lacht), drei Betriebe, also die letzten, die da alle zwei Jahre werden Betriebe, heuer wieder, ausgezeichnet. Zitat (S. 22, Zeile 698): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 163 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. […] Das ist so ein Domino-Effekt. […] wo die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind. Und zu gewissen Themen sich austauschen und (.) man hört eben was so läuft in den Betrieben und sie können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn die Betriebe sich gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche externen Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt, dass dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer mehr wird. Von Guten lernen.“ B: Also es ist unsere Erfahrung auch im Arbeitsschutz. Es gibt so zehn bis 15 Prozent ganz Tolle und es gibt zehn bis 15 Prozent ganz Schlimme. Die rechnen jeden Tag mit Konkurs oder dass sie auswandern in ein anderes Land. Und dazwischen gibt es eine größere Masse von (.) nicht klar. (..) Wir werden wahrscheinlich am Anfang eher die Besseren bekommen oder vielleicht die am Rande zu den Besseren und nicht die ganz Schlechten. Weil es eben keine gesetzliche Verpflichtung ist. (.) ► Nur, ich hoffe, dass das so ein Läufer ist. Also wenn ich schon einmal / Das ist so ein Domino-Effekt. Wenn die, die gut sind / Und das Netzwerk zur Arbeitsfähigkeit erhalten, das finde ich, war schon sehr gut, dass die eben immer wieder so diese Treffen machen. Also ich war auch schon bei diesen Treffen. Future-Circle, wo die Betriebe zusammen kommen, die dabei sind. Und zu gewissen Themen sich austauschen und (.) man hört eben was so läuft in den Betrieben und sie können sich gegenseitig erzählen. Weil es ist immer gut, wenn die Betriebe sich gegenseitig erzählen, was sie so tun. Und nicht nur irgendwelche externen Organisationen oder Expertinnen. Also ich hoffe, dass durch diesen Effekt, dass dann 250 Betriebe oder so das gemacht haben und darüber reden, das immer mehr wird. Von Guten lernen. Ob dann, wenn man gleichzeitig, irgendwer sagt, das ist jetzt dann auch eine gesetzliche Verpflichtung / Wobei ich schon glaube, allein schon diese öffentliche Diskussion: die Betriebe müssen zahlen, wir können uns das nicht mehr leisten und so. Und andere Länder eben auch hinaufsetzen des Pensionsalters und so. Ich glaube das wird, die Gesellschaft wird immer mehr Druck werden, für die Betriebe. Und eben dass sie auch sehen, dass ich keine Leute mehr bekomme, die qualifiziert sind. (..) Rundherum tut sich etwas und zusammen mit dem / Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 164 Kernkompetenzbereich Gesundheit Zitat (S. 21, Zeile 667) „Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen.“ I: Eine Detailfrage habe ich jetzt noch zur Betriebsberatung. Und zwar habe ich gefunden, dass Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen, angesprochen werden. Jetzt ist die Frage für mich: bekommen die eine Einladung mitzumachen oder? ►B: Nein, also von der Betriebsberatung werden sie nicht angesprochen. Also das sind ja / Also bei den Personen ist es so, dass die Gebietskrankenkasse die Ausschreibung macht. Die schreibt alle mit 40 Tagen Krankenstand / Und das sind auch, das ist auch nach unserer jetzigen Stand des Wissens, der häufigste Grund, warum man dort hinkommt. Ist über dieses Anschreiben von der Gebietskrankenkasse. Wo sie eben informieren über fit2work Personenberatung. Die Betriebe mit mehr als 50 Krankenstände / Zitat (S. 11, Zeile 340) „Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit auch Schwerpunkt auf die Maßnahmenumsetzung und Steuerung durch die Steuerungsgruppe, wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen, dass das etwas gebracht hat.“ B: // Das soll das, das soll das. // Ja eben, weil es ein standardisiertes Verfahren jetzt ist. Weil wir eben auch die Evaluierung gleichzeitig machen. Also Evaluierung jetzt nicht nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, sondern (.) begleitend eine externe Evaluierung. Das wir schauen / Und die müssen auch Berichte schreiben, die Auftragnehmer, die das jetzt bekommen haben, jährliche Berichte. Das heißt / Und die Steuergruppe vom AGG wacht jetzt sage ich einmal als Dach (lacht), was da so passiert. ► Also ich hoffe durch dieses einheitliche, standardisierte Vorgehen mit auch Schwerpunkt auf die Maßnahmenumsetzung und Steuerung durch die Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 165 Kernkompetenzbereich Gesundheit Steuerungsgruppe, wir dann noch Ende 2013 oder wenn es weitergeht, dann sehen, dass das etwas gebracht hat. Und nicht jetzt, alle tun irgendwas, blinder Aktionismus, ohne Ergebnisse, (.) ohne Wirkung. Wir reden jetzt ja alle von wirkungsorientiertem Vorgehen und man spürt halt die Wirkung noch nicht wirklich. Nicht einmal in Großbetrieben, muss ich sagen. Also es ist noch nicht so, dass ich sagen könnte / Und es wird sicher auch eine Auswertung sein, ob jetzt die Zahl der Frühpensionen gesenkt werden kann. Weil das ist das Ziel. Erreichen des faktischen Pensionsalters. Es geht jetzt nicht um Well-being und Wohlfühlen jetzt insgesamt (lacht) oder Gesundheit, so schwammig, meines Erachtens. Sondern es geht tatsächlich um harte Fakten. (.) In den Betrieben (.) und für die Gesellschaft. Zitat (S. 3, Zeile 84): „Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool, […] wir haben dann eben in Betrieben, 308 Betrieben dieses Tool auch angeboten und eingesetzt, also dass man direkt auf einem Laptop diese AltersstrukturAnalyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf gekommen, dass Betriebe gar keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in fünf, zehn Jahren.“ B: Also wenn man Bedingungen schafft für alle Gruppen: Ältere, Jüngere, Behinderte, Schwangere das sind alles so diese Gruppen wo es immer darum, wo es besonders auffällig ist. Dann schafft man Bedingungen wo alle arbeiten können. Weil um das geht es ja bei diesem Thema, auch beim Arbeitsschutz, dass man Arbeitsplätze schafft wo möglichst viele Menschen arbeiten können und nicht in die Arbeitslose oder Frühpension gehen müssen oder getrieben oder ge / ist ein bisschen hart aber (lacht). Gerade manche Firmen schon, da gibt es so eine Schwindsucht, also anorektische Tendenz, dass man alle Personen die nicht mehr voll Leistungsfähigkeit sind, abbaut. Und da haben wir auch schon Schwerpunktaktionen gesetzt schon 2007 und 2008 wo wir überhaupt mit unseren / ► Wir haben auch auf unserer Webseite auch dieses Altersstrukturanalyse-Tool, also wir auch, andere Organisationen auch. Aber wir haben dann eben in Betrieben, 308 Betrieben dieses Tool auch angeboten und eingesetzt, also dass man direkt auf einem Laptop diese Altersstruktur-Analyse durchgeführt hat. Und da sind wir drauf gekommen, dass Betriebe gar keine Ahnung haben wie es mit ihnen ausschaut in Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 166 Kernkompetenzbereich Gesundheit fünf, zehn Jahren. Also vor allem Betriebe im Gesundheitsbereich, die haben ja eher ältere Beschäftigte auch, dass dann in fünf, zehn, 20 Jahren, dass sie einfach auch weniger Beschäftigte haben. In dem Zusammenhang sind wir darauf gekommen dass auch die Arbeitsinspektion in ein paar Jahren keine Beschäftigte mehr hat. Es war nicht so nur nach außen / Weil es ist für mich auch immer so, die Organisationen die da beteiligt sind bei diesem Thema, schauen immer nur auf die anderen aber kaum auf sich selbst. Und wir sind dann eben auch eher weil wir es ausprobiert haben, die Altersstrukturanalyse oder zufällig draufgekommen, dass für uns das genauso gilt. Zitat (S. 10, Zeile 321): „Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act, von dem wir immer reden.“ B: Also es ist schon ambitioniert. Weil wenn wir so viele Betriebe hätten, die etwas tun, ist das mehr auf alle Fälle, als was wir jetzt haben. Also die vor allem, (.) für mich wichtig, also einheitlich vergleichbar etwas tun. Die eben mit diesem ABI Plus, Arbeitsbewältigungsindex Plus, beginnen, dann eben auch mit Steuergruppen, (.) mit Präventivfachkräfte einbeziehen, sonstige Experten, was notwendig ist. Dann eben auch ABI Coaching anbieten, dieses Arbeitsbewältigungscoaching anbieten für einzelne Situationen und aus dem Maßnahmen (.) schließen die eben auch nach dem Haus der Arbeitsfähigkeit zugeordnet werden sollen, diesen Stockwerken. Damit wir wissen, was ist auch das Ziel von den Betrieben. Weil eben einerseits die Betriebe viel analysieren, viel vielleicht auch schon wissen, aber dann für mich zu wenig Prioritäten setzen. Pläne erstellen, weil es muss ja nicht alles sofort, aber vielleicht in ein paar Jahren / ► Das man so einen Plan hat. Eines nach dem Anderen umsetzt und dann die Wirksamkeit überprüft der Maßnahmen. Das ist so auch dieser Plan, Do, Check, Act, von dem wir immer reden. Aber es stoppt. Es bleibt immer / Beim Planen sehe ich schon, dass da irgendwelche Einzelkämpfer, Kämpferinnen irgendetwas planen ohne dass sie die Führungskräfte dabei haben oder dass sie die Beschäftigten dabei haben. Dann wird irgendetwas ausgearbeitet, Pläne analysiert Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 167 Kernkompetenzbereich Gesundheit und dann fehlt die Zustimmung der Führungskräfte und dann fehlt die Zustimmung der Beschäftigten und dann ist es aus. Zitat (S. 42, Zeile 1390) „Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe (…) und (...) einerseits branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch.“ Aber wie gesagt, bei dieser Schwerpunktaktion haben wir gemerkt, (..) also Hotels noch mehr als Gaststätten und natürlich gehobenere Gaststätten auch mehr als nicht so gehobene, die haben Interesse, da auch etwas zu tun. Um ihre Leute zu halten und um die Qualität vor allem gegenüber den Kunden aufrecht zu erhalten. Also es ist nicht immer so dieses edle Motiv, gerade bei der Dienstleistung ist das edle Motiv menschengerechte Arbeitsbedingungen (.) eher im Hintergrund, sondern es geht eher darum wenn ich zufriedene Beschäftigte habe, habe ich auch zufriedene Kunden. SO kann man es dort auch am besten verkaufen. Und nur manche sagen ich habe eine soziale Verantwortung auch und eigentlich müsste ich da schauen. ► Also ich glaube, es gibt für alle Branchen Lösungen, nur muss man wirklich branchenspezifische Lösungen, man kann nicht für alle dasselbe (…) und (...) einerseits branchenspezifisch und dann wieder betriebsspezifisch. Also die unterscheiden sich / Also wir haben es mit dem Handel mit großen Handelsketten auch jetzt Diskussionen wegen der psychischen Belastungen (.) im Handel, was auch sichtbar ist, wenn man irgendwo im Handel beobachtet, Kassiererinnen oder so. Man braucht ja eigentlich nur mit offenen Augen durch die (lacht) Welt gehen und sieht was sich so abspielt in diesem Dienstleistungsbereich vor allem. (...). Natürlich, da ist fast jede Filiale hat eine andere Kultur. Also in einer geht es gut und die Filialleiterin ist voll dahinter und schaut auf die Gesundheit ihrer Leute. Und den anderen ist das völlig wurscht. Das kann man ja vergleichen. Es hängt immer eben auch davon ab wie die Führungskräfte dazu steht. Zitat (S. 34, Zeile 1116): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 168 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend kann man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste eigentlich das Gesetz sein, dass das eingehalten wird.“ B: Und je nach dem mit wem sie reden von der Gesundheitsförderung: manche sagen nein, es ist super, die anderen sagen unter der Hand, um Mitternacht: nein, es ist nicht so super, weil keine (.) Strukturen in den Betrieben wirklich geschaffen wurden für die Gesundheitsförderung. Und wenn ich dann lese, dass wollte ich sagen bei Mental health Schwerpunkt, also psychische Gesundheit, good practiceBeispiele, und ich lese dann, was sind die Inhalte von diesen good-practiceBeispielen, die auch dann diese Preise bekommen: (.) Arbeitszeit einhalten. Dann sage ich: „Was ist das jetzt?“. Das ist Arbeitsschutz alt. Also das ist eigentlich immer schon gewesen, dass man die Arbeitszeit einhaltet, dass hat überhaupt nichts mit Gesundheitsförderung in dem Sinn zu tun. (.) Mir kommt vor, das ist dann so / Natürlich ist die Gesundheitsförderung so / ► Ich habe immer gesagt, der Arbeitsschutz ist die Basis und darauf aufsetzend kann man Betriebliche Gesundheitsförderung (.) machen. Aber die Basis müsste eigentlich das Gesetz sein, dass das eingehalten wird. Und wir leider jetzt vom Arbeitsschutz immer wieder erleben, dass als besonderer Erfolg die Einhaltung des Arbeitsschutz dann aufscheint. Und da werde ich einerseits grantig (lacht), weil natürlich, das versuche ich / Weil in den 90er Jahren, das ist so historisch, hat die Gesundheitsförderung, damit, weil es ein freiwilliges Angebot ist, gefördert, sich scharf abgegrenzt von dem Arbeitsschutz. Der Arbeitsschutz war das böse, alte, verpflichtende, gesetzliche und so, expertenorientierte (.) und so. Und die Gesundheitsförderung war das neue, progressive, geförderte, freiwillige, motivierte, beteiligungsorientierte, GUT (lacht). Ich halte das für willkürlich, diese Trennung, aber es war politisch so, weil das eine, das wollte man fördern, auch finanziell und den Arbeitsschutz hat es sowieso gegeben. Zitate zu Interview 2 Zitat (S. 6, Zeile 186): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 169 Kernkompetenzbereich Gesundheit „[…] ich denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen Personen gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch machen. Und bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit beansprucht, könnte man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine Verpflichtung ist, Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und einmal wirklich zu schauen, was kann ich denn noch machen?“ B: Aber ich persönlich, würde schon sagen, wenn ich betroffen wäre von einem sozusagen und ein Case-Management durchlaufen würde, wäre ich froh wenn die AUVA sich Gedanken machen würde, wie sie mich wieder eingliedert (lacht), ehrlich gesagt. Und nicht irgendein anderer Betrieb oder so. Also unabhängig davon natürlich, was ich alles in Anspruch nehmen kann. Aber, da finde ich, (.) ja, ich verstehe das einerseits aus Schutzbedürfnissen heraus, der betroffenen Personen aber auf der anderen Seite, denke ich mir, müsste man da schon ein bisschen eine stärkere Verpflichtung auch hineinbringen. I: Verpflichtung für wen, jetzt meinen Sie? B: Für die Betriebe, für die Betriebe. Naja, ich meine man muss / Ich würde, ► ich denke eine gewisse Verpflichtung könnte man auch den betroffenen Personen gegenüber veranschlagen, weil, man muss ja andere Sachen auch machen. Und bevor man sozusagen dann Leistungen aus der Öffentlichkeit beansprucht, könnte man, kann ich mir schon vorstellen, dass es auch eine Verpflichtung ist, Beratungsangebote durchzulaufen oder zu durchlaufen und einmal wirklich zu schauen, was kann ich denn noch machen? Also wir haben ja ein großes Problem in dieser ganzen Invaliditätspensionsdiskussion. Wir müssen die Leuten erwischen bevor sie innerlich die Entscheidung getroffen haben in Pension zu gehen. Denn nachher ist es ziemlich, es ist sinnlos. Das heißt die Energie die man nachher investiert die verpufft weil die Menschen immer irgendetwas erfinden werden, warum es nicht geht. Und das heißt die Kunst würde eher darin bestehen die sehr früh zu erreichen, solange sozusagen noch die innere Bereitschaft überhaupt da ist, noch ein Stück zu arbeiten. Aber gleichzeitig brauchen wir dann die Betriebe die sozusagen die Pflicht haben müssten adäquate Arbeitsplätze zur Verfügung zu Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 170 Kernkompetenzbereich Gesundheit stellen. Und solange das nicht zusammengeht, wird das nicht wirklich erfolgreich sein. (.) Glaube ich. Zitat (S. 8, Zeile 263): „[…] also gerade in kleinen und mittleren Betrieben, da sind ja Begriffe wie Arbeitnehmerschutz nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem sehr niederen Niveau. Da ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal, hinzuschauen und die Basics zu realisieren.“ I: Gut, ja wird spannend. Die nächste Frage die ich mir gestellt habe: Eines der Ziele bei fit2work war ja die Vernetzung des bereits bestehen Angebots von Gebietskrankenkassen, von (.) Gebietskörperschaften und anderen Anbietern. Weiß nicht wie weit Sie da Einblick haben, inwieweit sie das wissen, ob diese Vernetzung auch wirklich erreicht wird? Weil die große Angst war ja, dass wieder Doppelstrukturen, dass wieder ein zusätzliches Angebot aufgebaut wird. B: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. (.) Ich meine, prinzipiell ist die Idee der Vernetzung wichtig und gut. Aber bei vielen Betrieben habe ich das Gefühl, da braucht man erst nicht einmal viel vernetzen, sondern die müssen überhaupt einmal wissen, was es überhaupt einmal gibt. Also ich meine im Sinne von, ► also gerade in kleinen und mittleren Betrieben (lacht), da sind ja Begriffe wie Arbeitnehmerschutz nahezu Fremdwörter. Also da reden wir ja noch von einem sehr niederen Niveau. Da ist es vielleicht auch sinnvoll dort überhaupt einmal, hinzuschauen und die Basics zu realisieren. Also (.) wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir sozusagen, wenn man die österreichischen Betriebe anschaut, eher erstens einen sehr, sehr großen Anteil von Klein- und Kleinstbetrieben haben und die aber sozusagen von unseren Modellen fast immer von Großbetrieben ausgehen, mit einer, mit einer differenzierten Binnenstruktur mit ausreichend Fachressourcen im Betrieb, von Leuten die sich darum kümmern können, die sich auskennen, die Zeit haben und so weiter. Das ist ja, das trifft ja für, das trifft ja für 80 Prozent der Betriebe in Österreich überhaupt nicht zu. Zitat (S. 10, Zeile 301): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 171 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Das heißt ich brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der in einer größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt man bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken […]“ B: // Zum Beispiel, ja. Branchenkonzepte, Branchenkonzepte //, Regionalkonzepte (..), das, das / weil, weil es ist ja nicht so einfach was tut man mit dem 55 Jährigen, sagen wir, bleiben wir beim Dachdecker. Der innerlich noch bereit wäre zu arbeiten, aber der zum Beispiel aus körperlichen Gründen nicht mehr kann. Und der Betrieb wäre vielleicht auch bereit den zu halten, aber wenn er seine Leistung nicht mehr bringen kann dann kann er nicht. Also was macht man dann? ► Das heißt ich brauche sozusagen in der Region vielleicht ein Netz vielleicht kann der in einer größeren Dachdeckerei koordinative Tätigkeiten übernehmen. Das heißt man bräuchte hier sozusagen schon neue Ideen und neue Gedanken, weil es ist alles wunderschön, recht und schön und ich bin absolut als Arbeitnehmerschützer auf Seiten der zu Beschützenden. Aber gleichzeitig kann man die Wirklichkeit der Betriebe nicht ausblenden. (lacht) Also vielleicht ist das jetzt Spinnerei aber (.) also ich denke wir haben in dieser ganzen Präventionsdiskussion unabhängig jetzt um welche inhaltliche Fragen es geht immer nur den Betrieb im Fokus und nie eine übergeordnete Struktur. Sei es Regionalstruktur oder sei es eine Branchenstruktur. Zitat (S. 13, Zeile 421): „Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen, dass man eine Zeit lang, von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem sozialen Topf für die geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit lang erbringt aber eine Dauerlösung kann es nicht sein.“ B: Naja ich muss ja gestehen ich bin kein großer Fan des Auflösens von bestehenden Schutzverhältnissen. Denn wo geht das dann weiter? Dann macht man das für die Frauen, weil die sind ja ab und zu schwanger und dann macht man das für die Jugendlichen, weil die können ja nicht so richtig arbeiten. Für alle zahlen wir dann weniger. Und irgendwann ist das System so durchlöchert, dass wir es nach unten nivellieren. (..) ► Wenn schon finanzielle Anreize, dann kann ich verstehen, dass man eine Zeit lang, von mir aus, Ausgleichsleistungen kriegt aus irgendeinem Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 172 Kernkompetenzbereich Gesundheit sozialen Topf für die geringere Leistungen die ein Wiedereinzugliedernder eine Zeit lang erbringt aber eine Dauerlösung kann es nicht sein. Also als Dauerlösung finde ich sowieso materielle Anreize nicht unbedingt wirksam, weil sie sich vernutzen. Das ist sozusagen das Wesen eines materiellen Anreizes. Dass das was heute etwas Wert ist, morgen nur mehr zwei Drittel wert ist und übermorgen nur mehr ein Drittel. Also das ist sozusagen von der Motivationspsychologie her nicht wirklich ein Anreiz. Ein Anreiz ist es dann, wenn ein Betrieb erkennt welche Ressourcen ein älterer noch hat und wenn er die Chance hat die zu nutzen. Ansonsten kann ich nur sagen, ja, müsste man, kann man sicherlich über Ausgleichszahlungen reden, ja. Ich meine, wir haben ja auch für Behinderte ein Einstellungsgesetz und (..) die Betriebe können sich da zwar freikaufen aber letztlich gibt es natürlich auch, könnte man auch sagen, es gibt eine bestimmte Verpflichtung sozusagen einen Dienst der Gesellschaft zu leisten und nicht nur die olympiareifen zu Beschäftigen. Das würde ich sozusagen als grundlegende (.) Doktrin schon akzeptieren und auch befürworten. Zitate zu Interview 3 Zitat (S. 6, Zeile 175): „Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden. I: Gut. Dann so eine allgemeine Einschätzung Ihrerseits: fit2work soweit jetzt schon beurteilen kann. Würden Sie meinen, ist es geeignet um diese hohe Anzahl an (.) Invaliditätspensionen, an Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden. Oder sehen Sie irgendwo, nein, das sollte man anders machen, oder Sie hätten das anders gemacht im Rahmen von fit2work? ► B: Also ich denke einmal, es wird schon eine geeignete Strategie sein. Weil sonst hätten wir nicht auch beim Pilotprojekt auch Erfolge gehabt. Also auch da sind die Zahlen derjenigen, die Pensionsanträge dann gestellt haben, niedriger geworden. Einfach dadurch, dass sie eben auch / Oder auch die Krankenstandstage sind weniger geworden. Also weil das (.) Projekt oder auch dieses Pilotprojekt schon seine Erfolge gezeigt hat. Ob es einen Änderungsbedarf gibt, kann man momentan einfach noch nicht ansprechen. Also Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 173 Kernkompetenzbereich Gesundheit damals die Pilotprojekte in Niederösterreich waren ja zum Beispiel auch auf zwei Bezirke konzentriert, also auf Neunkirchen und Wiener Neustadt. (.) Jetzt ist Niederösterreich-weit. Also ich glaube, dass muss man sich wirklich erst anschauen, wie gut das funktioniert. Und (.) dann im Fall, wenn man es eben beobachtet und evaluiert, einen Änderungsbedarf feststellen. Zitat (S. 7, Zeile 211) „Und ich glaube, dass gerade im gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann wirklich zielführend sind, wenn sie wirklich freiwillig durchgeführt werden können.“ B: Also vom (..) Betrieblichen Eingliederungsmanagement in Deutschland, muss ich sagen. so, habe ich jetzt noch nichts gehört. Kann ich jetzt dazu relativ wenig sagen. Wenn es in die Schiene läuft, so wie es in Österreich zum Teil mittlerweile auch vorkommt, dass Krankenstandsrückkehrgespräche stattfinden, dann ist es eigentlich eher kritisch zu sehen. Weil auch oft dadurch die Gefahr besteht, dass eben MitarbeiterInnen, genauso wie Sie vorher gesagt haben, was ist wenn über fit2work herauskommt, dass ein Arbeitsplatz nicht passt und die Personen haben dann halt Angst, dass hier Daten weitergegeben werden, unter Anführungszeichen. Das halt solche Krankenstandsrückkehrgespräche genauso dazu genutzt werden, dass dann Sachen in Erfahrung gebracht werden, die nicht unbedingt vom Betroffenen sonst dem Dienstgeber mitzuteilen sind. Beziehungsweise die auch dann vielleicht in weiterer Folge Nachteile für den Dienstnehmer mit sich bringen. Also wenn es in die Richtung geht, dann glaube ich einmal, dass das nicht so sinnvoll ist. Vor allem wenn so Krankenstandsrückkehrgespräche dann verpflichtend eingeführt sind. Die Teilnahme an fit2work ist freiwillig. ► Und ich glaube, dass gerade im gesundheitlichen Bereich Maßnahmen nur dann wirklich zielführend sind, wenn sie wirklich freiwillig durchgeführt werden können. Aber, ja. Ich weiß, wie gesagt, nicht wie Betriebliches Eingliederungsmanagement in Deutschland genau läuft. Ob das extern angeboten wird oder direkt vom / Zitat (S. 9, Zeile 266): „[…] weil es zwar die Gutachten (..) zwar von beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS. Aber (..) das was herauskommt, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 174 Kernkompetenzbereich Gesundheit den Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt noch ausübbar. Da sind dann zum Teil zusätzlich noch Projekte notwendig um das herauszufiltern. Die Problematik, dass das alles mit medizinischen, berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen (.) wir ja eben aus diesen Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn eben der Antrag auf Invaliditätspension gestellt wird.“ B: Es hat ja auch jetzt eben im Herbst 2011 in Bad Ischl diesen Dialog der Sozialpartner gegeben, der jetzt quasi Grundlage ist auch für all das was momentan mit Stabilitätspakt in Zusammenhang ist und eben wo es eben darauf hinausläuft, dass eine Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters erreicht werden soll. Auch da ist man davon ausgegangen, dass noch viel mehr und weitere Maßnahmen zu setzen sind. Momentan (findet?) es sich meines Wissens noch nicht wirklich. Eben jetzt diese begleitenden Maßnahmen in der gesetzlichen Ausformulierung. Das muss man sich dann erst wirklich noch einmal anschauen. (.) Ein Punkt, der ja auch schon seit längerem am Laufen ist, auch über ein Pilotprojekt gestartet hat, ist ja diese Gesundheitsstraße. Die am Anfang nach den Rückmeldungen, die jetzt wir als Kammer haben, sehr gut funktioniert hat. (.) Allerdings mittlerweile auch schon ein bisschen problematischer gesehen wird, ► weil es zwar die Gutachten (..) zwar von beiden Seiten anerkannt sind. Sowohl Pensionsversicherungsanstalt, als auch AMS. Aber (..) das was herauskommt, den Berater vom AMS, glaube ich, oft nicht weiterhilft mit, welcher Beruf ist jetzt noch ausübbar. Da sind dann zum Teil zusätzlich noch Projekte notwendig um das herauszufiltern. Die Problematik, dass das alles mit medizinischen, berufskundlichen Gutachten sehr schwierig ist, kennen (.) wir ja eben aus diesen Pensionsverfahren, die eigentlich geführt werden, wenn eben der Antrag auf Invaliditätspension gestellt wird. Und in weiterer Folge dann eben eine Ablehnung kommt, (.) derjenige wieder zurück zum AMS geschickt wird. Das ist ja genau der Grund, warum die Gesundheitsstraße eigentlich ins Leben gerufen worden ist. Wie gesagt, am Anfang hat es etwas besser funktioniert, vielleicht auf weil die klaren Fälle über diese Gesundheitsstraße gelaufen sind. Und natürlich, die hat man sich vielleicht aufgehoben, im Wissen, es kommt jetzt das. Oder hat sich eben so ergeben. Und dann, wenn dann die weniger eindeutigen Fälle kommen, dann hat man wiederum erneut irgendwie ein bisschen die Problematik, dass man zwar dann ein Gutachten hat, wo steht, dass der eben zwar arbeitsfähig Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 175 Kernkompetenzbereich Gesundheit ist, aber eben nur mehr im beschränkten Ausmaß. Und dass dann erst recht wieder die Frage ist, ja aber was kann die Person dann tun. Ich glaube, dass diese ganzen Problematiken momentan noch nach wie vor da sind und das man da, wie gesagt, ganz viel an Maßnahmen noch setzen muss. Und dieses Ineinandergreifen von den verschiedenen Systemen auf jeden Fall wachsen muss und hoffentlich über fit2work auch wächst. Zitat (S. 11, Zeile 351): „So dass man eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit durch, die werde ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere mich rechtzeitig darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe ich? Was brauche ich dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine Tätigkeit auszuüben, in der ich körperlich weniger belastet bin. Und nicht als einzigen Ausweg, ich arbeite mich kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann eben auch vielleicht schon ein bisschen älter bin, dann ist der Weg nur mehr in Pension. Sondern wirklich vorzeitig schon irgendwie gegensteuernde Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelperson aber genauso auch als Betrieb.“ B: Also es gehört einfach das Umdenken: Weg vom individuellen Beschäftigten mit Gesundheit, sondern dass das wirklich irgendwie gesellschaftlich auch so anerkannt wird, dass auch der Arbeitgeber dafür seinen Beitrag zu leisten hat. Also das denke ich schon. (.) Außerdem muss auch (.) in den Gruppen, die eben jetzt in Invaliditätspension sind / Wenn man jetzt das Ziel erreicht, das man sagt, die Menschen können auf Grund von gesetzten Maßnahmen länger gesund bleiben. Auch dieses Umdenken (.) ich bin krank, ich gehe in Pension, weil ich habe schon ein gewisses Alter erreicht, auch gesellschaftlich wirklich (.) einen Wandel irgendwie herbeiführen. ► So dass man eben wirklich sagt: Rechtzeitig ich führe eine belastende Tätigkeit durch, die werde ich nicht MEIN Leben lang durchführen können. Ich kümmere mich rechtzeitig darum, dass ich schaue, was für andere Möglichkeiten habe ich? Was brauche ich dafür? Umschulungen zum Beispiel. Um später eine Tätigkeit auszuüben, in der ich körperlich weniger belastet bin. Und nicht als einzigen Ausweg, ich arbeite mich kaputt und wenn ich so kaputt bin und dann eben auch vielleicht schon ein bisschen älter bin, dann ist der Weg nur mehr in Pension. Sondern wirklich vorzeitig schon Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 176 Kernkompetenzbereich Gesundheit irgendwie gegensteuernde Maßnahmen, wie gesagt, als Einzelpension aber genauso auch als Betrieb. Die ArbeitnehmerInnen in den genannten Branchen haben oft einen besonderen Druck, da zum Beispiel im Bauwesen und bei den ZeitarbeiterInnen man immer wieder mit Zeiten der Arbeitslosigkeit konfrontiert ist. Das ist eine enorme Belastung und dadurch nimmt man oft schlechte Bedingungen bei der nächsten Tätigkeit in Kauf. Diese belasten körperlich neuerlich, aber auch Arbeitslosigkeit belastet psychisch sehr. Qualifizierung ist bei diesen Branchen eine sehr wichtige Maßnahme! Zitate zu Interview 4 Zitat (S. 1, Zeile 5): „Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin zuständig für Gesundheitsförderung und Prävention von der Wiege bis ins hohe Alter und da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem, generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch außerhalb des Arbeitsplatzes.“ I: Die erste Frage bezieht sich auf Ihre Tätigkeit, inwieweit da die Alternsthematik eine Rolle spielt, das Thema demografischer Wandel. Ist das bei Ihnen ein Thema oder eher nicht? ► B: Es ist ein großes Thema, ein größeres als das Ihrer Arbeit, nämlich ich bin zuständig für Gesundheitsförderung und Prävention (..) von der Wiege bis ins hohe Alter und da spielt natürlich auch der demografische Wandel im Gesundheitssystem, generell in der Gesellschaft eine Rolle, sowohl am Arbeitsplatz als auch außerhalb des Arbeitsplatzes. I: Ja, dann gleich zum Arbeitsschutz, ich weiß nicht inwieweit das bei Ihnen auch eine Rolle spielt. Da ist für mich so der Unterschied Österreich Deutschland aufgefallen, dass Österreich im Arbeitsschutzgesetz den Älteren oder das Alter dezidiert erwähnt. Deutschland nicht, also die haben das so insbesondere Schutzbedürftige, also die haben das so ein bisschen schwammiger, den Begriff. Dennoch ist es sowohl in Österreich, als auch in Deutschland so, dass Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 177 Kernkompetenzbereich Gesundheit Gefährdungsbeurteilungen eher mangelhaft in Bezug auf das Alter durchgeführt werden, laut Untersuchung der Arbeitsinspektion. Wie beurteilen Sie das, ist da Ihrer Ansicht nach ein Änderungsbedarf im Gesetz gegeben oder eher in der Ausführung in den Betrieben, jetzt auf den Arbeitsschutz bezogen und auf das Alter bezogen? Zitat (S. 2, Zeile 24): „Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf gesetzlicher Ebene Dinge regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und notwendig, aber es muss letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und in den Betrieben. Die Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer Ebene, dass es unten wirksam wird und wie finden diese beiden Dinge zusammen, das ist für mich die zentrale Fragestellung.“ B: Muss ich gleich vorwegschicken, der Experte für ArbeitnehmerInnenschutz bin ich nicht. Ich bin wohl am Rande ein Stück weit involviert und habe ein Stück weit Wissen darüber. ► Was meine Wahrnehmung ist, man kann sozusagen auf gesetzlicher Ebene Dinge regeln, das braucht es auch, das ist auch sinnvoll und notwendig, aber es muss letztendlich dann auch bei den Menschen ankommen und in den Betrieben. Die Frage ist: wie sehr reglementiert man sozusagen auf oberer Ebene, dass es unten wirksam wird (lacht) und wie finden diese beiden Dinge zusammen, das ist für mich die zentrale Fragestellung. Ob man dort noch einen Feinschliff im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz macht im Hinblick auf spezielle Zielgruppen, (…) bin ich jetzt ein bisschen überfragt. Ich glaube eher, es hinkt dann wahrscheinlich auch ein bisschen bei der/ Oder die Herausforderung ist dann die Umsetzung. Wie es gelingt sozusagen, diese Ansprüche, die man hat sozusagen Arbeitsfähigkeit auch zu erhalten, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie die Gesundheit nicht gefährden, Stichwort ArbeitnehmerInnenschutz aber auch Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie die Gesundheit fördern, das ist die Herausforderung. Zitat (S. 3, Zeile 83): „Ich denke es braucht beide Ansätze, die Frage ist, wie gut sind diese beiden Ansätze gekoppelt.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 178 Kernkompetenzbereich Gesundheit B: Es gab ja bei fit2work auch so etwas wie eine Pilotphase. Also bevor dieses berühmte Arbeits-und-Gesundheit-Gesetz gekommen ist, gab es ja auch Piloten in einigen Bundesländern, die auch diese zwei Zugänge hatten und ich glaube beide Zugänge sind legitim. Man muss einerseits sozusagen dem Individuum helfen, in der Situation ihn unterstützen durch ExpertInnen, Experten, durch CasemanagementAnsätze und man muss natürlich auch schauen, dass sich nicht nur, dass nicht nur das Individuum Unterstützung bekommt und auf seinen individuellen Bedarf abgestimmte sozusagen Unterstützungen, sondern auch, dass sich das Arbeitsumfeld ändert, sprich der Betrieb. Was ich mich erinnern kann, das erste ist immer sehr gut gelaufen, sozusagen die individuelle Ansprache, das Casemanagement bei Betroffenen. Was meines Wissens eher die Schwierigkeit war, war Betriebe dafür zu gewinnen auch am Arbeitsplatz etwas zu verändern. Also diese Betriebsberatung überhaupt einzuleiten, die Dinge auch umzusetzen, das ist auch immer die große Herausforderung. ► Ich denke es braucht beide Ansätze, die Frage ist, wie gut sind diese beiden Ansätze gekoppelt. Was sicher ein (..) Manko ist, aber das Ganze ja freiwillig für die Betriebe. Auch für den Betroffenen selber, die Beratung und für die Betriebsberatung, soweit ich das weiß und verstanden habe, muss ja auch der Betroffene zustimmen, dass sozusagen / Es gibt, erste Stufe ist die Beratung des Betroffenen und wenn der es will, sozusagen kann auch mit dem Betrieb Kontakt aufgenommen werden. Unabhängig davon gibt es natürlich auch Betriebsberatung für Betriebe, die sozusagen irgendwie aus dem üblichen Raster herausfallen, entsprechend hohe Krankenstände, die über dem Branchendurchschnitt liegen oder dergleichen. Wo man sieht, da gibt es Belastungen, dass man auch aktiv auf Betriebe zugeht. (seufzt) Hängt auch ein Stück damit zusammen, dass dieses Thema Datenschutz, inwiefern will der Betroffene überhaupt, dass das Thema thematisiert wird im Unternehmen. Kann ja unterschiedlichste Gründe haben, warum der Betroffene länger krank ist. Muss ja nicht NUR im Arbeitsumfeld liegen. Und da ist die Frage inwiefern, muss man auch den (…) Arbeitnehmer schützen, vor Dingen die er vielleicht seinem Arbeitgeber nicht preisgeben will. Und dahingehend diese Trennung. Ob es sich bewährt und wie es dann in der Praxis dann in der Fläche aussehen wird, dass muss man sich dann ansehen. Ich glaube, es macht durchaus Sinn. Das Manko ist diese Freiwilligkeit, (..) ein Stück weit. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 179 Kernkompetenzbereich Gesundheit Zitat (S. 6, Zeile 165): „Weil das Problem ist ja aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen heraus Angebote und nicht sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf die Unternehmen. Also meine Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja eigentlich schauen, dass die Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was möglich ist.“ B: Da arbeitet man daran, dass diese Vernetzung passiert. Ich denke der Punkt ist, wir haben in Österreich diese Diskussionen (lacht). Muss man ganz vorne anfangen: was ist Gesundheitsförderung, was ist Prävention, Primär-, Sekundärprävention und wie kommen diese Dinge zueinander. Die waren de facto, und das stimmt schon ein Stück weit schon, immer getrennt, die waren nicht sehr integrativ. Und dort wird sicher die Herausforderung sein, die einzelnen Stakeholder zusammen zu holen und das ist ja auch schon passiert, sich abzustimmen, Synergien zu suchen und hier abgestimmter letztendlich an den Betrieb heranzugehen. ► Weil das Problem ist ja aus meiner Sicht, man denkt immer aus den Strukturen heraus Angebote und nicht sozusagen auf den Bedarf ausgerichtet, sprich auf die Unternehmen. Also meine Kritik dahingehend war immer, wir müssen ja eigentlich schauen, dass die Unternehmen verstehen, was angeboten wird, was möglich ist. Und dann gibt es unterschiedlichste Player, die mit unterschiedlichsten Expertisen beraten und auch Betriebe unterstützen können. Und dort erhoffe ich mir doch, dass es hier zu einem Dialog kommt und zu einem Austausch und zu einer Abstimmung auch der Initiativen und Maßnahmen, weil letztendlich, denke ich mir, haben wir alle das gleiche Ziel. Ob jetzt Arbeitsfähigkeit darüber steht oder ob Gesundheitsförderung darüber steht, wir wollen die Menschen gesund halten, wir wollen sie leitungsfähig halten, das ist auch im Interesse der Wirtschaft. Zitat (S. 10, Zeile 327): „Was wir sicher auch noch haben ist die unterschiedlichen Zugänge und Zuständigkeiten der Rehabilitation, die ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger. Auch hier denkt man nach, vielleicht würde es Sinn machen, dass das in einer Hand wäre.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 180 Kernkompetenzbereich Gesundheit B: Also die Gesundheitsstraße läuft jetzt seit zwei Jahren, glaube ich, knapp oder eineinhalb Jahren. Gibt immer wieder kleinere Herausforderungen aber im Grunde sind das gute und sinnvolle Bemühungen die Rehabilitation zu optimieren. Ich glaube vor diesem Anspruch Rehab vor Pension, da gibt es ja auch noch rechtlichen Diskurs, (..) wie verpflichtend das ist. Auch dann immer wieder die Einzelfallentscheidung, was ich halt sehe, es geht halt dann um die Entscheidung: ist der rehabilitierbar, macht dort eine Rehabilitation noch Sinn? Das ist sicher eine Schnittstelle, wo es an ALLEN Stellen Bewusstsein braucht, dass man nicht zu früh auch Leute aufgibt und in die Pension schickt. (seufzt) ► Was wir sicher auch noch haben ist die unterschiedlichen Zugänge und Zuständigkeiten der Rehabilitation, die ist ja auch verteilt auf unterschiedliche Träger. Auch hier denkt man nach, vielleicht würde es Sinn machen, dass das in einer Hand wäre. Wie dort die Diskussion ist, bin ich jetzt im Detail auch nicht wirklich drinnen, da gibt es andere Experten bei uns im Haus. Aber es gibt gute Bemühungen, würde ich einmal feststellen, sicher noch Optimierungsbedarf und vielleicht auch den Diskussionsbedarf und sich vielleicht auch ein bisschen die Formen der Rehabilitation sich anzuschauen. Stichwort stationär, ambulant: auch dort gibt es Herausforderungen. Und der letzte Punkt, den ich noch sehe, ist auch das Thema der Indikationen, für welche Bereiche sollte es oder sind Rehab-Maßnahmen sinnvoll und dort ist glaube ich die größte Herausforderung Stichwort psychische Erkrankungen, psychische Belastungen, wie man damit auch im Kontext der Rehabilitation auch umgehen wird. Das sind so die Herausforderungen und Eckpunkte, die ich jetzt in diesem Kontext sehe. Zitat (S. 12, Zeile 385): „Hier braucht es einerseits zeitlich machbare Formate der Betrieblichen Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose und Umsetzung und andere Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze.“ B: Gesundheit ist etwas, also etwas sehr breiter als nur Arbeitsfähigkeit. Wie gesagt die beiden Dinge hängen zusammen. Und dort glaube ich muss auch dann die Vernetzung passieren, wo speziell jetzt auch die Krankenversicherungen in Betriebe gehen und verstärkt auch in Klein- und Kleinstbetriebe gehen wollen, dort auch die Dinge gut zu vernetzen. Und zu sagen, wenn man Belastungen sieht oder Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 181 Kernkompetenzbereich Gesundheit Ressourcen, die auch mit dem Thema in einem Zusammenhang stehen, entsprechend zu vernetzen und zu beraten. Was im Bereich der BGF schon passiert ist, ist dass dieses Thema ältere ArbeitnehmerInnen und jüngere ArbeitnehmerInnen, weil ich glaube man muss es immer auch im Konnex sehen, zu thematisieren, Ansatzpunkte zu finden und auch im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung mit aufzunehmen, das ist passiert. Was im Segment der kleinen und mittleren Betrieben sicher der Fall ist, dass es hier andere Beratungsformate braucht. Es macht keinen Sinn in einem kleinen Betrieb von zehn Mitarbeitern eine Projektstruktur aufzubauen mit einem Gesundheitsausschuss, einer Steuerungsgruppe und dergleichen. ► Hier braucht es einerseits zeitlich machbare Formate der Betrieblichen Gesundheitsförderung auch im Hinblick auf die Diagnose und Umsetzung und andere Projektstrukturen und da gibt es schon gute Ansätze. Da ist ein Modell entwickelt worden, wie man dieses Segment auch zeitnah, und Zeit ist ja gerade in Klein- und Mittelbetrieben immer ein großer Faktor, berät, Ist-Analysen durchführt und Maßnahmen mit ihnen entwickelt, die sie dann auch umsetzen können. Und dort, denke ich mir, wenn das Problem auch thematisiert wird oder virulent wird, muss man auch entsprechend vernetzen und intervenieren. Zitat (S. 13, Zeile 405): „Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber, da kenne ich eigentlich keine Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert. […] Sie sind wohl am Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen, dass die Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus auch ein Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen, aber sehr klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und die Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein.“ B: Da gibt es Ansätze. Wir haben auch einmal eine Studie in Auftrag gegeben, die ist auch im Netz zu finden. Zum Thema Unternehmensnetzwerke. Dort war die Idee bestehende Netzwerke zu nutzen, also nicht primär Netzwerke zu Gesundheit, sondern, weiß nicht, Branchencluster und dergleichen zu nutzen und dort das Thema Gesundheit hineinzutragen. Ich glaube, das sind Möglichkeiten um zu informieren, zu kommunizieren (...) das Thema auch auf den Tisch zu bringen und Modelle zu zeigen wie es gehen kann. (..) ► Ein Umsetzen im Cluster oder im Netzwerk selber, Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 182 Kernkompetenzbereich Gesundheit da kenne ich eigentlich keine Erfolgsmodelle, muss ich sagen, dass das funktioniert. Weil sich da die Betriebe auch wenn sie einen Branchen-Cluster haben, da wird sich der eine Betrieb ja vom anderen Betrieb hineinschauen lassen, was der für Probleme hat. Sie sind wohl am Austausch interessiert, aber ich glaube nicht, dass sie wollen, dass die Konkurrenz im Detail weiß, was bei denen läuft. Also dort sehe ich durchaus auch ein Stück weit Limitationen. Aber man muss sicher Netzwerke nutzen, aber sehr klar sein, wozu nutzt man sie denn. Ich glaube Kommunikation und die Verbreiterung von Modellen kann ein Ansatz sein. Das Umsetzen, wie gesagt, ich kenne kein Modell, das sich hier irgendwie bewährt hat, dass man GEMEINSAM Projekte umsetzt. Das würde ich eher sagen nein. Zitat (S. 9, Zeile 275): „Und was wir schon in Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese Tendenz zur Pension. […] ab einem gewissen Alter oder generell ist es so ein Lebensziel der Österreicher rasch in Pension zu gehen. Es hat sicher auch geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss man ansetzen.“ Und dann braucht es aus meiner Sicht sicher noch ergänzend dieses BewusstseinSchaffen bei den Unternehmen, ihr seid darauf angewiesen zukünftig, weil ihr keine jüngeren ArbeitnehmerInnen mehr bekommen werdet. Und dann sind sie sehr existentiell betroffen auch die Unternehmen. Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das herausfordernde dabei. Ob es Deutschland oder Österreich jetzt richtig oder besser macht. Es sind Ausschnitte. Sicher auch immer kontextgebunden, warum Regelungen so möglich sind, wie sie möglich sind. Und in Österreich wird man sehen, ob dieser Zugang dann Wirkung zeigt und vor allem, und das wird dann das Spannende sein, in welcher Breite er Wirkung zeigt. Es ist freiwillig, man wird sehen, wie viele Betriebe und wie viele Einzelpersonen das überhaupt annehmen. ► Und was wir schon in Österreich auch haben, muss man auch dazusagen, diese Tendenz zur Pension. Das, weiß nicht, Sie sind noch relativ jung, aber ab einem gewissen Alter oder generell ist es so ein Lebensziel der Österreicher (lacht) rasch in Pension zu gehen. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 183 Kernkompetenzbereich Gesundheit Es hat sicher auch geschichtliche Hintergründe und auch, denke auch DARAN muss man ansetzen. Weil Arbeit wird oft als etwas Belastendes empfunden. Sie ist zum Teil auch sehr belastend in gewissen Bereichen. Jetzt bin ich ein Gesegneter, weil ich einen Arbeitsplatz habe, der mir vieles ermöglicht, arbeitsmäßig, wo ich Gestaltungsspielraum habe, wo ich mich verwirklichen kann. Das hat jemand am Fließband nicht, das ist mir schon klar. Und der hat auch ganz andere Herausforderungen und auch BELASTUNGEN. Aber Arbeit und das wissen wir auch seit den Studien von Marienthal, hat auch etwas gesundheitsförderliches, es strukturiert den Tag, gibt auch Lebenssinn und in Österreich hat man echt so dieses Gefühl ab einem gewissen Stadium, ich freue mich eigentlich nur mehr auf die Pension. (..) Was ich damit sagen will, wie gesagt, man muss an unterschiedlichsten Ebenen ansetzen: es ist sicher der Arbeitnehmer auch. Aber auch, und da muss man auch die Arbeitgeber, in die Verpflichtung der Arbeitgeber der Rahmenbedingungen schaffen muss, ein Verständnis dafür entwickeln muss, der vielleicht auch ein anderes Bild vom älteren Arbeitnehmer bekommen muss, weil auch dort gibt es bestimmte Bilder, der kann ja dieses oder jenes nicht mehr. (…) Das heißt auf unterschiedlichen Ebenen beim Individuum ansetzen, in den Lebenswelten aber auch natürlich und das wird es sicher brauchen, Rahmenbedingungen zu schaffen auf gesetzlicher Ebene. Zitat (S. 11, Zeile 334) „Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. […] Was auch wichtig ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken passieren (.) muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne verantwortlich, weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher Seite so gesehen wird.“ I: Ja, dann der siebente Fragenblock. (..) Es gibt eben so besonders belastende, vor allem körperliche Tätigkeiten in diesen viel bekannten Branchen wie Bauwesen, Gesundheitswesen, Verkehr und so weiter. Und generell sind es eher auch die Arbeiter, als die Angestellten, die belastende körperliche Tätigkeiten ausführen. Und dann auch noch die Gruppe der Zeitarbeiter. Das sind so die Bereiche, die herausgefunden habe, die problematisch sind, sage ich jetzt einmal. Was sich auch in den Krankenstandstagen und auch in der Invaliditätsstatistik wiederfindet. Und wie Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 184 Kernkompetenzbereich Gesundheit ist da Ihre Einschätzung, (.) sind da die Maßnahmen für diese Zielgruppe ausreichend, sollte da noch mehr getan werden, dass auch diese Gruppe das Pensionsantrittsalter, das reguläre, erreichen kann? ► B: Also die Maßnahmen müssen sicherlich ausgebaut werden. Es muss sicher auch viel, wie gesagt, (.) sensibilisiert werden, einfach generell in der Bevölkerung. Was auch wichtig ist, ist glaube ich, dass generell in der Gesellschaft ein Umdenken passieren (.) muss. Nicht nur hin für die eigene Gesundheit ist der Einzelne verantwortlich, weil ich glaube, dass das doch Großteils gerade von betrieblicher Seite so gesehen wird. Die Abnützungen erfolgen Großteils am Arbeitsplatz. Und es ist einfach eine gesellschaftliche Verpflichtung auch der Arbeitgeber, in die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen etwas zu investieren, (.) weil sie, wie gesagt, am Arbeitsplatz genauso auch damit konfrontiert werden, dass sie ihrer Gesundheit schaden. Und weil das halt einfach ein Kreislauf ist. Also es gehört einfach das Umdenken: Weg vom individuellen Beschäftigten mit Gesundheit, sondern dass das wirklich irgendwie gesellschaftlich auch so anerkannt wird, dass auch der Arbeitgeber dafür seinen Beitrag zu leisten hat. Also das denke ich schon. Zitat (S. 9, Zeile 265) „Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das herausfordernde dabei.“ B: Das Problem ist, man setzt oft auf Good-Will von Institutionen, von Personen, (..) aber mit dem individuellen gut zureden und zu sagen, ihr müsst das tun, erreicht man oft sehr wenig. Es braucht auch immer ein Stück weit Strukturen, die ein bestimmtes Verhalten auch fördern. Ich glaube, das sind Ansätze wo man noch einmal hinschauen könnte und wo man vielleicht noch etwas lernen könnte. Und Deutschland und Österreich haben jetzt zwar ein bisschen konträre Wege gewählt, aber in Deutschland sieht man auch, der Zwang alleine, sozusagen im Sinne von gesetzliche Grundlage führt noch lange nicht dazu, dass die Dinge auch lebenswirklich werden. Und dann braucht es aus meiner Sicht sicher noch ergänzend dieses Bewusstsein-Schaffen bei den Unternehmen, ihr seid darauf angewiesen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 185 Kernkompetenzbereich Gesundheit zukünftig, weil ihr keine jüngeren ArbeitnehmerInnen mehr bekommen werdet. Und dann sind sie sehr existentiell betroffen auch die Unternehmen. ► Ich glaube, diesen Mix aus Maßnahmen braucht es. Man darf sich nicht erwarten, man dreht eine Schraube und dann läuft das Werkl in die richtige Richtung sondern man muss unterschiedliche Hebel in Bewegung setzen auf unterschiedlichen Ebenen (..) und das ist das herausfordernde dabei. Ob es Deutschland oder Österreich jetzt richtig oder besser macht. Es sind Ausschnitte. Sicher auch immer kontextgebunden, warum Regelungen so möglich sind, wie sie möglich sind. Und in Österreich wird man sehen, ob dieser Zugang dann Wirkung zeigt und vor allem, und das wird dann das Spannende sein, in welcher Breite er Wirkung zeigt. Es ist freiwillig, man wird sehen, wie viele Betriebe und wie viele Einzelpersonen das überhaupt annehmen. Zitat (S. 13, Zeile 420): „Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. […] Also nicht rein die Strafe, sondern eben so, wenn es in beide Richtungen denkbar, dann glaube ich schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist.“ B: Also, (.) ich kann mir schon vorstellen, dass die Betriebe bei denen tatsächlich besonders viele Krankenstandstage bei den Beschäftigten auftreten, man ein bisschen mehr in die Pflicht nimmt. Eben über so (..) Sachen, dass man, dass die zum Beispiel nicht nur höhere Kosten in der Krankenversicherung dann verursachen, sondern dass sie eben da auch mehr Beiträge einzahlen. (..) Und ja, die Kosten, wie gesagt, kommen ja auf Krankenstandsebene, auf Pensionierungsebene et cetera. Sie verursachen, tragen vielleicht nicht das dazu bei, was notwendig wäre. Würden sie die Maßnahmen setzen, im Betrieb, würde es zu dem nicht kommen, würde es irgendwie im Allgemeinen natürlich alles viel weniger kostenintensiv sein. (..) Ja, so gesehen, wären quasi diese Bußgelder schon eine recht sinnvolle Maßnahme. (.) ► Man kann natürlich dann auch wieder umgekehrt sagen, die Gruppe die halt sich besonders schlecht verhält, muss so quasi Strafe zahlen. Die Gruppe, die sich besonders gut verhält, die könnte dann eben andererseits auch irgendwie die Maßnahmen die sie setzt, gefördert bekommen. Wenn sich das dann / Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 186 Kernkompetenzbereich Gesundheit Wird vielleicht dann doch dazu führen, dass die Arbeitgeber sagen: Ja lieber schaue ich, dass ich etwas bekomme, als dass ich irgendwie etwas zahlen muss. Und ich denke, das ist dann im Sinne der ganzen Sache. I: Also ein sinnvoller Anreiz in Ihren Augen? ► B: Denke schon. Also nicht rein die Strafe, sondern eben so, wenn es in beide Richtungen denkbar, dann glaube ich schon, dass das ein sinnvoller Anreiz ist. Zitat (S. 14, Zeile 454): „Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen Erkrankungen, wie man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet.“ B: Man kann wohl innerhalb der Branche lernen, wie haben es andere gemacht. Aber es wird keine Patentrezepte geben für bestimmte Branchen und für bestimmte Belastungen. Gibt wohl Einzelbaustellen und Module, die man anbieten kann, aber letztendlich muss man auf (…) das, was man vor Ort vorfindet, damit umgehen. Da gibt es Methoden dafür und Lösungen vor Ort finden, die auch anschlussfähig sind. Sowohl beim Arbeitnehmer, als auch beim Arbeitgeber und die letztendlich dazu führen, dass die Belastungen abgebaut werden. Gibt es auch ganz gute Beispiele, was das Thema Stütz-Bewegungsapparat betrifft, wo mit einfachen Investitionen körperliche Belastungen schon reduziert werden können. Vor allem auch durch Fehlhaltungen, die durch gewisse Umstände entstehen, reduziert werden, ein Beispiel. ► Das Herausforderndste aus meiner Sicht, sind die psychischen Erkrankungen, wie man damit umgeht. Wie man hier Lösungen findet. I: Okay. Dann habe ich jetzt noch so die übergreifende Frage: die man jetzt aus dem Gespräch schon herausgehört hat, wie so da Ihre Meinung ist. Aber vielleicht noch einmal zum Abschluss. Was ist Ihrer Meinung nach die wirkungsvollste Maßnahme oder der wirkungsvollste Anreiz um jetzt Betriebe dazu zu bringen, alternsgerechte Arbeitsgestaltung voranzutreiben oder in ihrem Betrieb umzusetzen? Ich glaube, Verpflichtung und Kontrolle, habe ich bei Ihnen schon herausgehört, ist jetzt nicht so unbedingt an erster Stelle, am wirkungsvollsten. Also ich habe so die Pole aufgeführt Verpflichtung und Kontrolle oder Sensibilisierung und Beratungsangebot oder dann Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 187 Kernkompetenzbereich Gesundheit gäbe es noch finanzielle Anreize, wie zuvor schon erwähnt. Wenn es Ihnen möglich ist, das zu reihen, wie würden Sie das so, was würden Sie auf Platz eins als Anreiz setzen? B: Da gebe ich Ihnen die Antwort, die ich Ihnen schon gegeben habe: die Dinge vernetzt zu sehen. Ein integriertes Modell zu überlegen und nicht zu glauben, wenn man einen Knopf drückt, dass am anderen dann das herauskommt, was man will. Sondern die Systeme sind viel komplexer. Und einen integrativen Ansatz zu finden, der alle drei Ebenen mitnimmt, nämlich die Rahmenbedingungen, das Stichwort rechtliche Verpflichtung und rechtliche Regelungen, Bewusstsein zu schaffen in den Lebensräumen und natürlich auch bei den einzelnen Individuen, sowohl beim Arbeitnehmer als auch beim Arbeitgeber. Wobei wir schon wissen, dass sozusagen / Zitat (S. 2, Zeile 54): „Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man den Betrieben sagt: es betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente, dort gibt es auch Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen nur einfach aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die auch Sinn machen.“ B: Ich glaube, da mangelt es noch an Bewusstsein auch bei den Betrieben, ja. Das es letztendlich auch für sie zukünftig eine große Herausforderung sein wird sozusagen entsprechende Arbeitskräfte zu finden. Weil das ist ja sozusagen das zentrale für die Unternehmer, dass sie sozusagen leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die auch Kompetenzen haben. Und wenn sie keine Fachexperten mehr bekommen, weil sozusagen die Gesellschaft überaltert oder älter wird und es zum Arbeitskräftemangel kommt, den man jetzt noch ein Stück weit kompensieren kann durch Migration, dann muss man sich dieser Frage ganz zwangsläufig stellen. ► Und ich glaube, darum geht es auch sozusagen, dass man den Betrieben sagt: es betrifft euch ganz essentiell. Und dort gibt es Instrumente, dort gibt es auch Vorschriften auf die man schauen sollte. Und die nicht sozusagen nur einfach aus einer gesetzlichen Verpflichtung heraus entstanden sind, sondern die auch SINN machen. Diesen Konnex auch herzustellen und natürlich wird es auch eine Überprüfung brauchen. Werden die Maßnahmen umgesetzt, die gesetzlich Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 188 Kernkompetenzbereich Gesundheit vorgeschrieben sind, werden die (schlagen?) und werden die von den Betrieben auch mitgetragen? Zitate zu Interview 5 Zitat (S. 2, Zeile 38): „Das heißt im Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis.“ B: Also vorerst, das ist sicherlich nicht mein Spezialgebiet, der Arbeitnehmerschutz. Ich wollte auch kurz mit der Kollegin vorher noch sprechen, nur ich habe sie leider nicht erreicht. Ich meine, generell im Arbeitnehmerschutzgesetz ist ja das Thema Alter sehr wohl erwähnt. Arbeitnehmerschutzgesetz und nicht Arbeitsschutzgesetz, nur zur Information. Also in Österreich heißt es Arbeitnehmerschutzgesetz. Da ist das Alter ja sehr wohl ein Thema, das heißt, ich darf nur die Arbeiten entsprechend dem Alter und der Möglichkeiten dementsprechend (..) verteilen. ► Das heißt im Gesetz, denke ich, ist es sehr wohl ausreichend berücksichtigt. Bei den Gefährdungsbeurteilungen, natürlich fehlt mir da sehr wohl die Praxis. Nur ich habe, so wo ich, von welcher Schiene aus ich die Informationen habe, ist fit2work, das Sie auch in der Folge ansprechen. Und da ist ja sehr wohl geplant jetzt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung das Thema Alter oder Altersstrukturanalyse besonders anzubieten. Und das natürlich, das meinen wir, dass das sehr wohl auch ein wichtiges Element ist, dass man einfach vor allem auch Klein- und Mittelbetrieben das Thema näher bringt. Und das ist (.) sicherlich eine Möglichkeit. Nur ich meine, man kann überhaupt nicht sagen, inwiefern, das funktionieren wird oder nicht, weil das beginnt ja erst. Also daher glaube ich, kann man einfach nur gespannt schauen und warten: wie funktioniert es. Zitat (S. 3, Zeile 76): „Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die Betriebe beraten werden, weil eben gerade KMUs haben es einfach schwerer da einfach, ja das Thema von sich aus aufzugreifen und Expertise einfach auch zu haben, spezielle dazu. Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das Betriebsberatungsangebot größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird.“ (Interview 5, Zeile 76). Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 189 Kernkompetenzbereich Gesundheit B: Ja, wie gesagt, man wird sehen, (..) welche Erfolge es haben wird. Einerseits wird man sehen, wie es erreicht wird, wie die Personen erreicht werden oder die Betriebe erreicht werden. Die Ambitionen der Politik sind ja sehr hoch gewesen. Und jetzt, ja muss man versuchen irgendwie doch dieses Ziel zu erreichen und Personen und auch Betriebe zu erreichen. ► Uns ist natürlich generell es wichtig, dass auch die Betriebe beraten werden, weil eben gerade KMUs haben es einfach schwerer (.) da einfach (…) ja das Thema von sich aus aufzugreifen und (..) Expertise einfach auch zu haben, spezielle dazu. Daher hätten wir uns sicher gewünscht, dass das Betriebsberatungsangebot größer ausfällt, als es jetzt angeboten wird. Es sind jetzt ja zirka geplant in den nächsten Jahren soweit ich es jetzt im Kopf habe 200 Betriebe zu erreichen mit diesem speziellen Betriebsberatungsangebot. Das ist natürlich im Hinblick auf (..) doch (lacht) die Zahl der Betriebe, verschwindend klein. Und es ist ein sehr (..) tolles, nobles Instrument, das wirklich über einen großen Zeitraum hinweggeht. Und wir glauben, dass es notwendig wäre auch speziell, bei einem speziellen Problem Unterstützung bei fit2work zu bekommen. Das heißt unser Beispiel immer ein Tischler zum Beispiel, der jetzt gerade mit einem Mitarbeiter das Problem hat, das er erkrankt ist. Jetzt bräuchte es gerade in DEM Fall schnell ein Beratungsangebot, was kann man machen, was gibt es für Unterstützungsmöglichkeiten, gibt es Fördermöglichkeiten. Das er da schnell eine Hilfe bekommt, um den Einzelnen zu beschäftigen. Das kann fit2work, (..) ja, ich meine, es ist die / Die Betriebsberatung sicher nicht. Es ist die Frage immer und das bringen wir IMMER wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe. Dass der Betrieb der ihn wirklich / Zitat (S. 3, Zeile 93): „Es ist die Frage immer und das bringen wir immer wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe.“ B: Und wir glauben, dass es notwendig wäre auch speziell, bei einem speziellen Problem Unterstützung bei fit2work zu bekommen. Das heißt unser Beispiel immer Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 190 Kernkompetenzbereich Gesundheit ein Tischler zum Beispiel, der jetzt gerade mit einem Mitarbeiter das Problem hat, das er erkrankt ist. Jetzt bräuchte es gerade in DEM Fall schnell ein Beratungsangebot, was kann man machen, was gibt es für Unterstützungsmöglichkeiten, gibt es Fördermöglichkeiten. Das er da schnell eine Hilfe bekommt, um den Einzelnen zu beschäftigen. Das kann fit2work, (..) ja, ich meine, es ist die / Die Betriebsberatung sicher nicht. ► Es ist die Frage immer und das bringen wir IMMER wieder ein, dass im Rahmen der Personenberatung auch da Betriebe beraten werden sollten. Also irgendwo bräuchte es da sehr wohl im konkreten Anlassfall eine Hilfe. Dass der Betrieb der ihn wirklich / I: Also so die Verknüpfung? B: Ja genau, genau. Und auch für KMUs. Weil eben gerade das Betriebsberatungsangebot ist ja für große Betriebe da. Und wie gesagt, kann ja nicht die Masse abdecken. Und da bräuchte es halt wirklich für den einzelnen Betrieb, der entweder sich informieren will / Ich meine da könnte man sagen, da ist diese Gefährdungsbeurteilung, diese ausgeweitete im Rahmen der AUVA, eine Möglichkeit, wird man sehen. Aber natürlich braucht es auch im konkreten Anlassfall eine Unterstützung. Wird vereinzelt offenbar im Rahmen der Personenberatung sehr wohl gemacht. Wird man sehen, wie sich das entwickelt oder nicht. DAS wäre uns ein Anliegen, ja. Zitat (S. 6, Zeile 179) „Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja auch die Betriebe akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen […]“ I: Und wissen Sie das, ich habe auch wo gelesen, dass Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Krankenstandstagen angesprochen werden sollen, inwiefern oder wer das macht? ► B: Das soll über die AUVA dann geschehen offenbar. Das soll, die AUVA soll ja auch die Betriebe (..) akquirieren, die dafür zur Verfügung stehen, wobei natürlich, ich meine beim Betriebsberatungsangebot muss man sagen sind ja die Ambitionen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 191 Kernkompetenzbereich Gesundheit nicht, ich meine, nicht so hoch. Weil ja da die budgetären Mittel nicht in diesem Umfang haben. Im Vergleich zum Personenberatungsangebot. I: Also da ist das Verhältnis schon eher Richtung Personenberatungsangebot, würden Sie sagen? B: Ja. Aber das ist (lacht). Ja, ja das ist massiv mehr Unterstützung im Rahmen der Personenberatung. Wobei eben da gerade die Frage ist, ob ich nicht gerade im Rahmen der Personenberatung wo es ja um die konkreten Anlassfälle oder sagen wir jetzt Problemfälle geht, dass ich da sehr wohl auch Unterstützung den Betrieben ermögliche. Zitat (S. 9, Zeile 307) „[…] aber sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen einfach schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder Wiedereinzugliedern in den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl auch unser Bestreben gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und dann möglichst schnell zum Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach gar nicht den Gedanken haben, (..) sie wollen oder sie werden in Pension gehen.“ I: Da wird ja oft auch kritisiert, inwieweit dann berufliche Rehabilitation wirklich rechtzeitig oder überhaupt gewährt wird, weil es da ja auch eine Diskrepanz gibt zwischen diesen Anträgen auf Invaliditätspension, die ja jetzt gleichzeitig ein Antrag auf Rehabilitation sind. Also da gibt es eine Anzahl an Personen, die diesen Antrag stellen und dann davon ein sehr kleiner Teil nur der eine berufliche Rehabilitation wirklich auch machen oder gewährt bekommen. Also da wird kritisiert, dass da oft eine große Diskrepanz ist und sich die Frage stellt, brauchen so viele dieser Antragsteller keine Rehabilitation oder wird es noch zu wenig gewährt? Also das sind so die Fragen, die da auftreten, wo ich mir die Frage gestellt habe, muss da noch viel getan werden, im Bereich der Rehabilitation? B: Sicher, sicher. Ich meine, das Problem ist auch, dass das einfach auch sehr wohl eine große Schnittstellenproblematik ist. (..) Glaube ich. Und natürlich jetzt, ich habe Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 192 Kernkompetenzbereich Gesundheit jetzt zu wenig Einblick in (..) die Pensionsversicherungsangelegenheiten, ► aber sicherlich, klar ist, dass die Personen, die zur Pensionsversicherung gehen einfach schon die Pension auch im Kopf haben und dann sie wieder Wiedereinzugliedern in den Arbeitsmarkt ist enorm schwer. Darum ist sehr wohl auch unser Bestreben gewesen, sie einerseits zur Krankenversicherung und dann möglichst schnell zum Arbeitsmarktservice zu bringen. Damit sie einfach gar nicht den Gedanken haben, (..) sie wollen oder sie werden in Pension gehen. Zitate zu Interview 6 Zitat (S. 2, Zeile 29): „Wenn diese Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine große Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern.“ B: Ja, also das Arbeitsschutzgesetz hat ja im Prinzip bei uns schon das Ziel menschengerechte Arbeit. Das ist ja letztendlich das gesamte Feld der Ergonomie, der möglichst belastungsoptimierten Gestaltung der Arbeitsaufgaben. ► Wenn diese Dinge konsequent umgesetzt werden, haben wir sicherlich auch keine große Differenzierung nötig zwischen älteren und nicht so alten Mitarbeitern. Weil (.) auch die ganzen Projekte die wir in INQA gemacht haben, haben eigentlich immer erwiesen, dass es eine Arbeitsgestaltung für Ältere gesondert eigentlich gar keine Anforderungen gibt. Sondern man muss sehen, dass es eben über die gesamten Lebensphasen keine Aufaddierung von irgendwelchen starken Belastungsfaktoren, die nachher negative Beanspruchungsfolgen (.) als Ergebnis haben, geben sollte. Also eine gute ergonomisch gestaltete Arbeit, ist das ganze Leben lang über notwendig, um eben sicher und gesund mit 67 in Rente zu gehen. Insofern ist eine Differenzierung für ältere Mitarbeiter meines Erachtens nicht erforderlich. Es gibt kleine Ausnahmeregionen, wenn es um Nacht- und Schichtarbeit geht. Zitat (S. 3, Zeile 78): „Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und das ist natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit einem großen Aufwand erst eingebaut werden muss.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 193 Kernkompetenzbereich Gesundheit I: Okay, gut. (.) Gehen wir zum nächsten Fragenblock. Das ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement. (.) Und zwar ist es ja so, das seit dem Jahr 2004 (.) das eigentlich schon verpflichtend vorgeschrieben ist, für Betriebe. Und was ich so herausgefunden habe, ist es vor allem auch wieder in Klein- und Mittelbetrieben eher problematisch. (.) Und dass es nicht oder nicht nachhaltig implementiert ist, das Betriebliche Eingliederungsmanagement. Wie würden Sie das einschätzen (.), wie diese Umsetzung in den Betrieben, vor allem in Klein- und Mittelbetrieben, verbessert werden könnte? ► B: Ja erst einmal ist es so, dass (.)dieser Prozess ziemlich bürokratisch ist. Und das ist natürlich erst einmal schwierig, was Neues zu implementieren, das eben mit einem großen Aufwand erst eingebaut werden muss. Der Geist, der hinter dem Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement steht, den Vorgaben, ist sicherlich zu begrüßen. (.) Wir haben hier natürlich auch bestimmte Rahmenbedingungen die auch bei den Beschäftigten nicht immer auf (.) große Gegenliebe stoßen. Man muss ja doch einiges von seinen persönlichen, gesundheitlichen Situationen auch darstellen, um hier letztendlich dann eine Wiedereingliederung positiv zu unterstützen. (.) Hier gibt es noch Hemmnisse sowohl von Unternehmen, als auch von Beschäftigten, die sich in diesen Prozess begeben, um hier letztendlich auch gegenseitiges vertrauengestütztes gemeinsames Vorgehen auch zu implementieren. (.) Was natürlich auch sinnvoll ist, dass man möglichst eine Wiedereingliederung vermeidet, indem gegensteuert und man hier bei ernsthaften letztendlich Erkrankungen eine bessere möglichst frühzeitig Zusammenarbeit der Sozialversicherung organisiert. Das ist gerade bei uns aufgetreten. In Deutschland haben wir auch das Phänomen der sehr stark aufgetretenen psychischen Störungen bei Mitarbeitern (.) und hier funktioniert die Zusammenwirkung der verschiedenen Sozialversicherungen nicht optimal. Mit anderen Worten, es gibt ganz viele Wartezeiten im System und wenn Leute meinetwegen Angststörungen oder depressive Verstimmungen haben, ist es ganz wichtig, dass die Leute möglichst ohne Lücken therapiert werden. Erst eine Krankenbehandlung erfahren, dann beruflich orientierte Rehabilitation erfahren, um dann wieder vernünftig im Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, in den Arbeitsprozess zurückgeführt werden können. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 194 Kernkompetenzbereich Gesundheit Zitat (S. 4, Zeile 101): „Das klappt umso besser, umso weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen haben und umso lückenloser die Leute miteinander zusammenarbeiten.“ B: In Deutschland haben wir auch das Phänomen der sehr stark aufgetretenen psychischen Störungen bei Mitarbeitern (.) und hier funktioniert die Zusammenwirkung der verschiedenen Sozialversicherungen nicht optimal. Mit anderen Worten, es gibt ganz viele Wartezeiten im System und wenn Leute meinetwegen Angststörungen oder depressive Verstimmungen haben, ist es ganz wichtig, dass die Leute möglichst ohne Lücken therapiert werden. Erst eine Krankenbehandlung erfahren, dann beruflich orientierte Rehabilitation erfahren, um dann wieder vernünftig im Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, in den Arbeitsprozess zurückgeführt werden können. ► Das klappt umso besser, umso weniger Wartezeiten sie in den ganzen Stationen haben und umso lückenloser die Leute miteinander zusammenarbeiten. Also die betrieblichen Akteure, da sind es überwiegend die Betriebsärzte, die müssen eben möglichst frühzeitig erkennen, dass ein Mitarbeiter Probleme hat und Unterstützung braucht. Dann muss man eine gezielte und effektive Krankenbehandlung anschließen. Das muss natürlich mit den Krankenkassen in Deutschland abgestimmt werden. Nach der Akutkrankenbehandlung muss dann, direkt angegliedert wieder eine Rehabilitation erfolgen. Das ist bei uns meistens in der Rentenversicherung der Fall. Und dann muss man bei der betrieblichen Wiedereingliederung so etwas wie ein Casemanagement oder so ein Coaching machen, dass man die Leute letztendlich in dieser sensiblen Phase, so unterstützt, dass es eben keine Rückfälle gibt und dass eben auch das betriebliche Umfeld mit den eventuell noch vorhandenen Einschränkungen des Mitarbeiters hier sich arrangieren kann und hier ein Erfolg eben auch organisiert werden kann. Zitat (S. 8, Zeile 238): „Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier Arbeitsbedingungen schafft, die eben letztendlich auch für eingeschränkt, gesundheitlich Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 195 Kernkompetenzbereich Gesundheit I: Genau. Und die zweite Schiene bei fit2work ist dann eben schon die Betriebsberatung. (..) Und hier wird eben ein Betrieb der hier bereit ist Maßnahmen für seine Mitarbeiter zu setzen, beraten. Zunächst einmal kostenlos, es ist ein kostenloses Angebot. Und dann wenn es zur Maßnahmenumsetzung geht, wenn der Betrieb weiter (..) Beratung benötigt, bei der Maßnahmenumsetzung ist es dann schon kostenpflichtig. Aber in einer ersten Stufe ist es ein kostenloses Angebot. Und hier können dann diese zwei Schienen auch, wenn gewünscht, zusammengeführt werden. Also die Personenberatung und die Betriebsberatung. Also es ist / ► B: Ja, wichtig ist eben, dass man wirklich auch die Schwerpunkte in der Arbeitsgestaltung erkennt, die es eventuell zu überprüfen gäbe. Also das man hier Arbeitsbedingungen schafft, die eben letztendlich auch für eingeschränkt, gesundheitlich Eingeschränkte ohne Schwierigkeit zu bewältigen sind. (.) Also da sind, wie gesagt, auch sicherlich nicht alle Erkenntnisse präsent, die man dafür braucht. Für (unv.) wäre dann eben auch an solche Dinge eben sicher auch in Österreich relevant ist. Mit den neuen Techniken, Entgrenzung der Arbeit, wieviel Informationsmengen kann der Mensch wirklich verarbeiten, was ist noch zumutbar. Da gibt es noch viel Unsicherheit, wie man Arbeit so gestalten kann, das es eben nicht über Gebühr belastend und nachher fehlbeanspruchend wird. (..) Also da gibt es verschiedene Handlungsfelder. Also erst einmal finde ich diesen Ansatz den Sie geschildert haben, sehr gut. Das man eben erst einmal versucht, die Eigenverantwortung letztendlich anzusprechen. Und den Mitarbeiter eben (.) zu eigenen Aktivitäten versucht zu bringen. Aber wichtig wäre für mich eben auch, dass in den Betrieben, wenn Leute von so einer Reha-Maßnahme wieder kommen, genau bekannt ist: Was kann der Mann noch machen? Wo können wir ihn eventuell hin entwickeln, dass er nachher letztendlich genau so zufrieden die neue Funktion dann innehaben kann, wie die die er vielleicht vor der Erkrankung hatte? Zitat (S. 17, Zeile 568): „Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann wird erst letztendlich der Handlungsdruck erzeugt.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 196 Kernkompetenzbereich Gesundheit B: Also gerade beim Thema Demografie muss man sich genau überlegen, welche Fähigkeitsprofile brauche ich meinetwegen in zehn Jahren und wie kann ich meine Mitarbeiter dahin entwickeln. Wer kann dann was noch tun? (..) Also hier muss man einfach die (.) traditionellen Strukturen versuchen aufzubrechen. Eine stärkere Zusammenarbeit organisieren und gegenseitig mehr Informationen geben. (..) Das ist ein generelles Problem, dass Unternehmen haben. Wir haben sicherlich in vielen Bereichen große Fortschritte erzielt: dass man meinetwegen auch in Tarifverträgen wie in der deutschen Chemieindustrie, die Altersstrukturanalyse erst einmal schon verpflichtend vorgegeben haben. ► Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche (lacht) Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann wird erst letztendlich der Handlungsdruck erzeugt. Also viele, gerade kleine und mittelständische Unternehmen, haben sich da vor ein paar Jahren gar keine Gedanken gemacht. (.) Da man ja laufend Neue rekrutieren konnte, war es ja auch kein Problem. (.) Wird natürlich in Zukunft schlechter. Insofern haben wir auch mit der (.) Fachkräftesituation, wo man eben hier immer weniger Nachwuchs hat, vielleicht eine Möglichkeit das Thema Demografie positiver zu besetzen und hier für Nachhaltigkeit eher auch Konzepte zu entwickeln. I: Das heißt, Sie meinen, wenn der Druck dann für die Betriebe groß genug ist, dann werden sie ohnehin nach Lösungen suchen? B: Die Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen wird natürlich wesentlich höher. Und dann eben die Potenziale die man letztendlich in der Mitarbeiterschaft hat, die aber dann meinetwegen durch gesundheitliche Einschränkungen nicht mehr voll nutzbar sind, die versucht durch eben andere Karrieren, Horizontalkarrieren so umzulenken, dass die Leute wo anders noch irgendwo ihren Einsatz bringen können. Da würde es mehr an Flexibilität geben. Ich glaube, das ist zum Nutzen aller. Zitat (S. 7, Zeile 208): „Aber wenn sie dann eben eine Mischstruktur haben, wo fünf Kassen in einem Betrieb sind, wird es schwierig, die richtigen Ansprechpartner zu finden.“ B: Dann ist das schon einmal eine bessere Struktur. Weil in Deutschland klappen eigentlich die besten Projekte nur, wo sie geschlossene BKK nahmen. Also wo sie Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 197 Kernkompetenzbereich Gesundheit fast jeden Mitarbeiter in der gleichen Krankenkasse haben. Da sind die Krankenkassen natürlich auch gerne bereit, solche übergreifenden (.) Strukturen und Konzepte wie so ein integriertes Versorgungskonzept aktiv mit zu befördern. Wenn sie nachher, weiß ich, fünf konkurrierende Krankenkassen in einem Betrieb haben, ist es natürlich schwierig, das so zu organisieren, dass nachher dabei das gleiche herauskommt. I: Ja ist richtig, hört sich sehr kompliziert an. B: Ja, es klappt ja auch meist nicht (lacht). Das ist ja das Problem (lacht). Die Krankenkassen, die wollen überwiegend nur Mitglieder werben und natürlich auch einmal etwas Gutes tun. Es gibt sehr gute AOK Projekte, so ist es nicht. Also die ganz großen machen schon etwas Schönes. ► Aber wenn sie dann eben eine Mischstruktur haben, wo (.) fünf Kassen in einem Betrieb sind, wird es schwierig, die richtigen Ansprechpartner zu finden. I: Ja ich denke, dann wäre vielleicht so wie in Österreich das fit2work jetzt gedacht ist oder begonnen wird umzusetzen / Es ist nämlich auf zwei Stufen oder zwei Schienen. Das eine ist das Personenberatungskonzept, das ist unabhängig von den Betrieben. (.) Und Personen mit eben 40 Tagen Krankenstand (.) bekommen dieses Beratungsangebot (.) freiwillig, also sie können es natürlich auch ablehnen. Aber an und für sich wird es ihnen angeboten und (.) der Betrieb hat mal erst gar nichts damit zu tun. Und das könnte natürlich auch ein Vorteil sein, aus der Angst heraus oder der Hemmnis, wie Sie zuvor gesagt haben, vieler Arbeitnehmer, dass im Betrieb etwas bekannt wird. Das hier einmal für die Person direkt etwas getan wird. Und die zweite Schiene / B: Das klingt ja so nach einem persönlichen Coaching, sozusagen. Um die eigene Beschäftigungsfähigkeit letztendlich positiv zu beeinflussen. Das ist sicher auch in unserem Sinne, also dass man die eigene Gesundheitskompetenz erhöht und hier versucht eben auch durch Selbstmanagement sich in eine bessere Position zu bringen. Zitat (S. 17, Zeile 555): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 198 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche besser miteinander verzahnt sind, besser zusammenarbeiten in den betrieblichen Strukturen, ist natürlich unser Problem. Und das man hier zu einem gemeinsamen Grundverständnis kommt. Also da ist noch viel zu tun. Weil diese starke Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht mehr so gestalten.“ B: Nein, eigentlich nicht. Ich hatte mir nur das Wort, Stichwort aufgeschrieben, aber das haben wir schon verarbeitet, dass man letztendlich so Gesundheitskampagnen möglichst in der gesamten Gesellschaft etabliert. Und die Arbeitswelt nicht immer so gesondert sieht. Sondern es ist ein Teil von dem Gesamten. Aber ohne die Arbeitswelt läuft die ganze (lacht) Volksgemeinschaft nicht, läuft die ganze Gesellschaft nicht. Insofern, einfach (.) versuchen, Dinge zusammenzuführen, das wäre ganz wichtig. Und (.) wir haben zunehmend das Problem, dass man früher den Arbeitsschutz, die Arbeitsgesundheit nur bei diesen Arbeitsschutzexperten, die überwiegend die Unfallvermeidung im Kopf hatten, in den Betrieben verankert hat. Das Thema ist jetzt viel anspruchsvoller geworden. Wir haben jetzt ja letztendlich so etwas wie Gesundheitsmanagement, was natürlich zum Teil bei den Betriebsärzten angesiedelt ist. Aber wenn wir jetzt meinetwegen lebensphasenorientierte Personaleinsatz haben oder Gesundheitsprogramme werden meist vom Human Ressource Management gesteuert. ► Wir müssen hier sehen, dass die Bereiche besser miteinander verzahnt sind, besser zusammenarbeiten in den betrieblichen Strukturen, ist natürlich unser Problem. Und das man hier zu einem gemeinsamen Grundverständnis kommt. Also da ist noch viel zu tun. Weil diese starke Kästchendenkerei kann man in Zukunft nicht mehr so gestalten. Also gerade beim Thema Demografie muss man sich genau überlegen, welche Fähigkeitsprofile brauche ich meinetwegen in zehn Jahren und wie kann ich meine Mitarbeiter dahin entwickeln. Wer kann dann was noch tun? (..) Also hier muss man einfach die (.) traditionellen Strukturen versuchen aufzubrechen. Eine stärkere Zusammenarbeit organisieren und gegenseitig mehr Informationen geben. (..) Das ist ein generelles Problem, dass Unternehmen haben. Wir haben sicherlich in vielen Bereichen große Fortschritte erzielt: dass man meinetwegen auch in Tarifverträgen wie in der deutschen Chemieindustrie, die Altersstrukturanalyse erst einmal schon verpflichtend vorgegeben haben. Dadurch wurde vielen erst einmal bewusst, welche (lacht) Probleme sie eventuell mit der Demografie haben könnten. Und dann wird erst Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 199 Kernkompetenzbereich Gesundheit letztendlich der Handlungsdruck erzeugt. Also viele, gerade kleine und mittelständische Unternehmen, haben sich da vor ein paar Jahren gar keine Gedanken gemacht. (.) Da man ja laufend Neue rekrutieren konnte, war es ja auch kein Problem. (.) Wird natürlich in Zukunft schlechter. Insofern haben wir auch mit der (.) Fachkräftesituation, wo man eben hier immer weniger Nachwuchs hat, vielleicht eine Möglichkeit das Thema Demografie positiver zu besetzen und hier für Nachhaltigkeit eher auch Konzepte zu entwickeln. Zitate zu Interview 7 Zitat (S. 2, Zeile 58): „Das auch die Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert und da auch hinterher ist das durchzuführen.“ I: Das heißt es sollte (.) auch von Seiten der Mitarbeiter mehr vielleicht Sensibilität herrschen, dass // das wichtig wäre? // B: // So ist es. ► Das auch die // Arbeitnehmervertretung sich mehr darum kümmert und da auch hinterher ist das durchzuführen. I: Okay, das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, ist es aus Ihrer Sicht eher wichtiger hier die Aufmerksamkeit, die Sensibilität zu erreichen, als jetzt mehr in Kontrolle und Verpflichtung zu gehen. B: So ist das. Genau. Zitat (S. 6, Zeile 179): „Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber Deutschland, dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Das es also keine gesetzliche Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das tatsächlich zu tun. […] Das hat ein bisschen mehr Druck, als so ein freiwilliges Angebot von Sozialversicherungsträgern.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 200 Kernkompetenzbereich Gesundheit I: Ja, das ist es noch die Frage. Also es soll eine Öffentlichkeitskampagne gestartet werden. Bis jetzt gibt es leider nur eine Homepage, die (..) durch Zufall wahrscheinlich eher angetroffen wird. Also, da ist noch sehr viel im Aufbau. Aber an und für sich soll eine Öffentlichkeitskampagne gestartet werden. ► B: Also da sehe ich schon einmal den Nachteil in Österreich gegenüber Deutschland, dass es eben nicht gesetzlich fixiert ist. Das es also keine gesetzliche Grundlage gibt, die den Unternehmer und den Arbeitgeber auffordern, das tatsächlich zu tun. Ich meine gut, wir haben sie auch schwach, diese Grundlage, in dem gesagt wird es ist zu tun, aber ohne Sanktionen wenn man es nicht tut. Aber immerhin steckt eine gesetzliche Grundlage dahinter. Das hat ein bisschen mehr Druck, als so ein freiwilliges Angebot von Sozialversicherungsträgern. I: Nein, also es ist in Österreich komplett freiwillig. Also da besteht keine Verpflichtung. B: Ja und dann wäre es natürlich interessant zu wissen, was passiert, wieviel Prozent der Unternehmen nehmen das Angebot an und wieviel das nicht. Diese Werte haben Sie ja zur Zeit noch gar nicht. Zitat (S. 10, Zeile 295): „Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen und Mitarbeiter, die erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen und von einem Träger zum anderen geschickt werden und praktisch diese ganze Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein, das ist auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus.“ B: Also ich muss es jetzt einmal ganz vorsichtig ausdrücken. Wir haben ja, wir müssen ja einmal unterscheiden in Deutschland, ob jemand erkrankt und dann eine Rehabilitation benötigt oder ob er einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit hat. Die beiden Punkte wollen wir einmal unterscheiden, zunächst. Wenn jemand einen Arbeitsunfall hat oder eine Berufskrankheit hat, ist die Berufsgenossenschaft zuständig. Das heißt also der gesetzliche Unfallversicherungsträger. UND DIE LEISTEN ALLES AUS EINER HAND. Das heißt also jemand hat einen Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 201 Kernkompetenzbereich Gesundheit Verkehrsunfall, da kommt der Notarztwagen, der wird finanziert, dann kommt er in die Erstbehandlung, das läuft alles über die Berufsgenossenschaft. Dann kommt er in die Rehabilitation, dann bekommt er sagen wir einmal eine Stufenweise Wiedereingliederung oder er bekommt eine Umschulung, ALLES zahl die BG, EIN Kostenträger, null Problem. (.) Bei Krankheit ist es so, dass die Leistungen zwar durch das SGB neun koordiniert sind, aber im Grunde genommen für jede Einzelleistung ein anderer Träger zuständig ist. (.) Das heißt also für die Krankenbehandlung ist die Krankenversicherung zuständig. Für eine betriebliche (.) Umsetzung wäre der Betrieb zuständig. Für eine Umschulung wäre zum Beispiel die Rentenversicherung zuständig. Und auch die Rentenversicherung wäre für eine Reha zuständig. ► Das heißt hier haben wir oft das Problem, dass die (..) Kollegen und Mitarbeiter, die erkranken, in dem gegliederten System sich nicht so auskennen und von einem Träger zum anderen geschickt werden und praktisch diese ganze Zuständigkeitswust dadurch die Reha ein bisschen leidet. Das soll nicht so sein, das ist auch gesetzlich alles geregelt, aber in der Praxis sieht es eben so aus. Zum Beispiel jetzt hatte ich eine Kollegin die hatte eine psychische Erkrankung, die brauchte dringend eine Reha, dann ist sie zur Krankenversicherung gegangen, weil sie dachte die wäre zuständig. Und die Krankenversicherung hat ihr Vordrucke gegeben, (.) um das ganze bei der Rentenversicherung zu beantragen, um das Ding jetzt loszuwerden. Daraufhin habe ich mich eingesetzt, jetzt greift das BEM wieder, und habe der Krankenkasse klargemacht, dass in solchen Akutfällen auch die Krankenkasse eine Reha zu bezahlen hat. Das steht so im Gesetz. Wollten die aber erst einmal nicht. Die wollten das lieber an die Rentenversicherung weitergeben. Und durch dieses hin und her, zwischen den einzelnen Sozialversicherungsträgern kann passieren, dass Reha und die Versorgung der Person LEIDET. Das soll nicht so sein. Gesetzlich, wie gesagt, alles geregelt, dass das nicht sein darf und nicht sein kann. Aber faktisch ist es so. Zitat (S. 12, Zeile 393): „Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der Vergangenheit viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden.“ B: Also wie gesagt, einmal ist es das BEM natürlich jetzt einmal eingeführt in Deutschland. Das ist eine Maßnahme. Ja und Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen dann natürlich die 202 Kernkompetenzbereich Gesundheit Arbeitsplatzgestaltung selbst. Ich habe das jetzt gesehen viel in der Autoindustrie, da ist viel, viel passiert. Da hat man die Arbeitsplätze sehr sanft gemacht, dass also die Belastungen des Körpers hier deutlich zurückgehen, gerade bei Montagetätigkeiten im Autobereich, da ist also sehr viel gemacht worden. Aber das sind dann natürlich auch immer so Vorzeigefirmen, die natürlich auch das Geld und das Know-how haben das entsprechend umzusetzen. Was natürlich die Arbeitsbelastungen angeht in anderen Betrieben, die man nicht so sieht, kann ich schlecht etwas dazu sagen, wie die das im Einzelnen umsetzen. I: Aber sind Sie der Meinung, dass hier noch viel getan werden muss in den Bereichen? ► B: Da muss noch sehr viel getan werden, ja. Es ist, glaube ich, in der Vergangenheit viel passiert, aber es muss noch viel mehr gemacht werden. Ich sehe das ja bei uns, wenn jemand zum Beispiel Rückenprobleme hat, bekommt er ohne Probleme einen höhenverstellbaren Schreibtisch, wo er auch daran stehen kann, zum Beispiel. Aber in kleinen Betrieben ist das ein Finanzierungsproblem. So ein Ding kostet 700, 800 Euro und so ein kleiner Laden, der sagt, ich kann nicht für jeden Mitarbeiter so einen Tisch anschaffen, das können wir finanziell nicht stemmen. Zitat (S. 13, Zeile 417): „[…] gesetzliche Verpflichtungen können immer nur dann greifen, wenn tatsächlich die Umsetzung des Gesetzes auch kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch entsprechend gemacht wird, was dort im Gesetz steht.“ I: Okay. Ja, dann so eine übergreifende Frage habe ich noch, die Frage acht. So generell, was jetzt für Betriebe, Ihres Erachtens nach, der wirkungsvollste Anstoß oder Anreiz ist, Maßnahmen für eine alternsgerechte Arbeitswelt zu setzen. Denken Sie, es sind eher Kontrollen und Verpflichtungen oder eher die Sensibilisierung oder Best Practice-Beispiele. Was sehen Sie da am wirkungsvollsten an? B: Also Best Practice ist immer ganz gut. Das bestimmte Firmen, die entsprechende Modelle gemacht haben, das auch veröffentlichen und praktisch bekannt machen. Das andere Betriebe sich daran nach richten und das auch umsetzen können. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 203 Kernkompetenzbereich Gesundheit Gesetzliche Verpflichtungen, wie gesagt, ► aber gesetzliche Verpflichtungen können immer nur dann greifen, wenn tatsächlich (.) die Umsetzung des Gesetzes auch kontrolliert wird. Und geschaut wird, ob das auch entsprechend gemacht wird, was dort im Gesetz steht. Das ist also ganz wichtig. Ja. I: Und wenn Sie es reihen müssten. Was würden Sie als wichtig erachten, die gesetzliche Verpflichtung mit Kontrolle oder eher so die Best-Practice-Beispiele und die Öffentlichkeitsarbeit? B: Also ehrlich gesagt die gesetzliche Verpflichtung mit Kontrolle. Denn Best-Practice ist zwar schön und das schauen sich manche an, setzen es aber trotzdem nicht um, weil sie keinen Druck haben. Also das ist schon wichtiger. Und wie gesagt, BEM war der erste Schritt, da etwas zu tun. Aber wie gesagt, auch so ein bisschen zahnloser Tiger. Zitat (S. 14, Zeile 439): „Und die sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man natürlich nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: nicht immer nur aus der Arbeitswelt, sondern auch aus dem privaten Bereich.“ I: Okay. Gut, dann wäre ich eigentlich mit meinen Fragen durch. Haben Sie noch irgendeinen wichtigen Punkt, den ich jetzt in meine Fragen nicht drinnen hatte, den Sie zu dem Thema noch erwähnen möchten? B: Vielleicht können Sie, wenn Sie diese Arbeit schreiben, ich weiß nicht inwieweit Sie das machen, diese Tendenz eben zu diesem ERHEBLICHEN Anstieg der psychischen Erkrankungen. Das ist also ganz, ganz deutlich zu sehen, von allen BEM-Fällen, die ich habe, sind 70 Prozent mit psychischen Belastungen. ► Und die sind, in der Regel, und das ist nämlich das interessante und da kann man natürlich nicht viel machen, das finde ich ganz wichtig: NICHT immer nur aus der Arbeitswelt, sondern auch aus dem privaten Bereich. Denn ich merke das in den Gesprächen: da gibt es dann Probleme am Arbeitsplatz und dann mit dem Vorgesetzten das klappt nicht so und die Arbeit ist so viel oder vielleicht auch zu wenig Arbeit. Das muss man auch beleuchten, das Leute UNTERFORDERT sind und dadurch krank werden, das Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 204 Kernkompetenzbereich Gesundheit geht auch, das gibt es auch. Aber dann kommt meistens ein großes Paket aus dem privaten Bereich, ob es die Kindererziehung ist oder mit dem Ehepartner oder Geldnöte und sonst und sonst und sonst. Und DA kann natürlich der Betrieb eigentlich gar nichts machen. Das ist ein Gesichtspunkt, den muss man berücksichtigen. Zitate zu Interview 8 Zitat (S. 4, Zeile 111): „Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir haben ja früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile […] hat man die deutschen Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die in die Betriebe gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle findet eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit.“ B: Das ist richtig, das wird leider nicht flächendeckend gemacht. Die Gefährdungsbeurteilung körperliche Belastungen, die wird schon in vielen Betrieben gemacht. Aber die Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen in vielleicht ein Drittel der Betriebe und da müsste man sich auch noch einmal anschauen, ob das wirklich ein richtiges Vorgehen ist. Also ob das wirklich auch richtig abgearbeitet wird. I: Und was denken Sie, wäre notwendig, dass es mehr betrieben wird, diese Gefährdungsbeurteilung? Sind hier mehr Kontrollen notwendig oder wiederum mehr Sensibilisierung für das Thema? B: Ja. ► Also ich glaube, dass wir ohne Kontrolle da nicht weiterkommen. (..) Wir haben ja früher eine Kontrolle gehabt. Jetzt mittlerweile ist, jedenfalls in Deutschland, hat man die deutschen Arbeitsschutzbehörden ziemlich weit abgebaut und wenn die in die Betriebe gehen, machen sie eigentlich meist nur noch Beratung. Kontrolle findet eigentlich kaum noch statt und das ist, denke ich mir, ein großes Defizit. Ja ich finde es richtig, dass man erst einmal darauf hinweist, dass das gemacht werden muss. Aber wir haben ja diese Pflicht jetzt schon seit 1996, das heißt, wir haben jetzt das Jahr 2012 und ich denke die Betriebe hatten lange genug Zeit gehabt, um diese Dinge umzusetzen und wenn es jetzt immer noch nicht erfolgt, dann muss man glaube ich, jetzt doch einen deutlichen Fingerzeig machen, um eben hier auch Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 205 Kernkompetenzbereich Gesundheit einmal zu schauen, wie das irgendwie umgesetzt werden kann. Denn sonst sind ja Gesetze auch unglaubwürdig, wenn sie einfach nur so, ja nur so einfach auf dem Papier stehen und gar nicht umgesetzt werden müssen, obwohl das eigentlich eine zwingende Vorschrift auch ist. Zitat (S. 7, Zeile 205): „Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik gemacht werden. (.) Also das die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den meisten Betrieben wissen die Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid.“ I: Und da haben meine Recherchen wiederum gezeigt, dass es vor allem wieder die Klein- und Mittelbetriebe sind, die da bei der Umsetzung wieder etwas schlechter dastehen und generell wird so die Umsetzung überhaupt in Deutschland ein bisschen kritisiert. Wie sehen Sie das? Wäre da etwas verbesserungswürdig, jetzt in der Umsetzung von den Betrieben? B: Ja, also in jedem Fall. ► Also ich denke, das müsste mehr in den Betrieben publik gemacht werden. (.) Also das die Beschäftigten etwas darüber erfahren. In den meisten Betrieben wissen die Beschäftigten eigentlich gar nicht Bescheid. Es ist natürlich immer diese Schwierigkeit: wenn ich nicht krank bin, dann interessiert mich das ja eigentlich auch gar nicht, was ein Betriebliches Eingliederungsmanagement ist. Weil (..) in dem Moment wo ich krank bin, da interessiert es mich eigentlich erst. Dieser Zeitpunkt (lacht), der ist natürlich immer schlecht abpassbar, für die Geschäftsführung. Von daher sollte man Lösungen finden, wie man eben Menschen auch dafür interessiert, dass sie in dem Moment wo sie dann krank werden oder überlastet sind, dann eben auch wissen, (..) was auf sie zukommt. Weil das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ja freiwillig bei uns. Das heißt ich kann es annehmen oder auch ablehnen. I: Und was ich auch so gesehen habe, ist es oft eine Hürde, dass Mitarbeiter oder Beschäftigte hier zaghaft sind, weil sie Angst haben, dass im Betrieb ihre Krankengeschichte auch bekannt wird. Das ist auch so ein Manko. B: Genau. (unv.) sozusagen bekannt werden und sie dadurch ausgegrenzt werden. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 206 Kernkompetenzbereich Gesundheit Zitat (S. 10, Zeile 318): „Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn Menschen rechtzeitig unterstützt werden, dass dann vieles aufgehalten werden kann, beziehungsweise schlimmeres gar nicht entstehen kann. Also ganz viele Fallbeispiele, die wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz eindeutig belegen.“ I: Genau. Zurück zu Deutschland zum BEM. Generell jetzt, wie ist Ihre Beurteilung: finden Sie das gut so, ist es eine geeignete Strategie, um die Invalidität zu vermeiden und um Arbeitsfähigkeit auch bei Älteren zu erhalten? B: Ja, in jedem Fall. ► Also da gibt es auch schon klare Belege dafür, (..) dass wenn Menschen rechtzeitig unterstützt werden, dass dann vieles aufgehalten werden kann, beziehungsweise schlimmeres gar nicht entstehen kann. Also ganz viele Fallbeispiele, die wir da auch schon gesammelt haben, die das auch ganz eindeutig belegen. I: Und so wie es im Gesetz jetzt festgeschrieben ist, von der Ausgestaltung, von der Formulierung, sehen Sie da Änderungsbedarf oder eher nur in der Umsetzung bei den Betrieben? B: Also ich würde mir das mehr wünschen, dass das BEM noch als Präventionsinstrument sozusagen klarer herausgestellt wird, dass man das BEM nicht nur nutzt wenn jemand sechs Wochen krank ist, sondern das als Präventionsinstrument noch eher nutzt. Also es ist ja auch schon festgehalten in Deutschland, dass (..) die Beschäftigten selber von sich aus arbeitsmedizinische Untersuchungen machen können und sich den Rat von einem Arbeitsmediziner holen können, wenn sie in einer schwierigen Situation sind. Also das heißt, sie sind noch nicht krank, sie merken aber: oh, ich bin überlastet oder mir geht es nicht so gut. Und da gibt es ja eine freiwillige arbeitsmedizinische Untersuchung in diesem Zusammenhang. Das ist sozusagen schon ein Schritt in die richtige Richtung (..) und da würde ich mir eben auch noch wünschen, dass man beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement, dass man das eben auch bei Menschen (.) starten Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 207 Kernkompetenzbereich Gesundheit kann, also dass das auch so drin steht ganz bewusst im Gesetz, dass man darauf schauen muss, das Menschen gar nicht erst krank werden, sondern im Vorfeld schon das nutzen soll, damit die Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt. Zitat (S. 9, Zeile 295): „Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist.“ I: Und EIN Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist ja auch, dass es in Österreich die Betriebsberatung trotzdem freiwillig ist. In Deutschland das Betriebliche Eingliederungsmanagement eben bei diesen Personen auf die diese sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zutrifft aber verpflichtend ist. B: Für den Betrieb. I: Für den Betrieb. Genau. ► B: Ist schon wichtig, dass das verpflichtend ist. I: Sehen Sie da Chancen für Österreichs Betriebe mit dieser Freiwilligkeit voranzukommen? B: Ja das muss man abwarten (lacht). (…) Wie man so schön sagt: Schauen wir mal. Das weiß ich nicht so genau. Also das müsste man einmal schauen, wie das mit der österreichischen Kultur ist. Zitat (S. 9, Zeile 278): „Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte. Also jeder Betrieb könnte sich irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich mir vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte man sozusagen auch den internen Weg wählen.“ Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 208 Kernkompetenzbereich Gesundheit I: Also sozusagen wäre das BEM dann ein Tool, ein Werkzeug, um die Kultur zu ändern? Das wäre ja eine riesen Chance, an und für sich. ► B: Ich glaube es wäre gut, wenn man so unterschiedliche Möglichkeiten hätte. Also jeder Betrieb könnte sich (lacht) irgendetwas aussuchen. Also einmal könnte ich mir vorstellen, dass das externe viel besser ist, wenn man eben eine bestimmte Kultur hat. Und bei anderen Betrieben ist man schon weiter und dann könnte man sozusagen auch den internen Weg wählen. Das ist schon der bessere, aber ich kann einen internen Weg nicht wählen, wenn ich so eine Misstrauenskultur habe, geht ja gar nicht. I: Und EIN Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist ja auch, dass es in Österreich die Betriebsberatung trotzdem freiwillig ist. In Deutschland das Betriebliche Eingliederungsmanagement eben bei diesen Personen auf die diese sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zutrifft aber verpflichtend ist. B: Für den Betrieb. Zitat (S. 12, Zeile 371): „Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns oft noch der Mut, bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da auch wieder ins Arbeitsleben zurück zu kommen.“ B: Also ich sehe, dass wir da noch am Anfang stehen und dass wir da sicherlich noch viele kreative Lösungen entwickeln können, individuelle Lösungen, die geeignet sind um die Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu erhalten. Ich sehe, dass sehr schnell auch (…) die Rente beantragt wird oder das doch eher gesagt wird / Ich sage jetzt einmal einen Fall, den ich kenne von der Polizei. Da ist eine Beamtin, die ihr volles Gehalt bekommt, weiterhin bekommt, über eineinhalb Jahre (..) krank und soll jetzt mit 45 Jahren in die Pension geschickt werden. (..) Obwohl sie eigentlich arbeiten möchte, wieder. Es ist eine psychische Erkrankung, eine Depression gewesen. ► Und ich denke, da fehlen uns oft noch so, (..) da fehlt uns oft noch der MUT, bestimmte Dinge auszuprobieren und Menschen zu begleiten, da Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 209 Kernkompetenzbereich Gesundheit auch wieder ins Arbeitsleben zurück zu kommen. Wir haben, durch unsere Projekte, haben wir die Möglichkeit also gute Dinge zu initiieren und auch zu begleiten. Und wir sehen eben immer wieder, wenn auch Arbeitsmediziner zum Beispiel den Mut haben bestimmte Dinge im Betrieb zu kreieren und Menschen zu begleiten, (..) zum Beispiel auch bei Psychosen, (..) dann können die Menschen trotzdem im Arbeitsleben bleiben. So ist es eben. Ich glaube manchmal fehlt so der Mut, gerade bei psychischen Erkrankungen, (..) Menschen weiter im Arbeitsleben zu belassen. Also bei Psychosen oder Depressionen oder so etwas. Weil da wissen wir noch zu wenig. Ich würde mir wünschen, dass durch dieses Ausprobieren wir immer mehr Erfahrungen machen und diese (..) guten Beispiele, die wir dann haben auch weitergeben, damit mehr Menschen Mut bekommen, so etwas auszuprobieren und nicht die Menschen einfach dann in die Erwerbsrente zu schicken. (…) Weil da werden sie nämlich noch kränker. Zitat (S. 13, Zeile 406): „Und in kleineren Betrieben würde ich das über Tarifverträge machen, wo in den Tarifverträgen auch bestimmte Instrumente verankert werden, um eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzuführen.“ I: Welche Möglichkeiten sehen Sie sonst noch, um Betriebe dazu zu bewegen hier Maßnahmen zu setzen? Sei es jetzt in großen oder auch in kleineren Betrieben, generell hier (..) Anreize zu schaffen oder in den Betrieben die Erkenntnis zu schaffen, das hier etwas zu tun wäre? B: Also (..) Strukturen legen ist ganz etwas Wesentliches dabei. Das heißt bei Betrieben mit Betriebs- und Personalräten würde ich (…) Betriebsvereinbarungen einsetzen, (..) die das genau beschreiben, wie ich praktisch die Arbeit gesundheitsgerecht für alle gestalten kann. ► Und in kleineren Betrieben würde ich das über Tarifverträge machen, wo in den Tarifverträgen auch bestimmte Instrumente verankert werden, um eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzuführen. I: In den Tarifverträgen wäre das dann etwas was für die Betriebe verpflichtend ist? Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 210 Kernkompetenzbereich Gesundheit B: Ja, das wäre dann verpflichtend. Also natürlich nur wenn die als Arbeitgeber auch beim Arbeitgeberverband sind, das ist natürlich wieder die Schwierigkeit dabei. Zitat (S. 14, Zeile 444): „Dass man eben sagen muss, bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur zehn Jahre jetzt machen oder Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man das eben wirklich begrenzt von vornherein, dass man sagt, kann man nur eine bestimmte Anzahl von Jahren machen und innerhalb dieser Jahre können das Menschen bis 45 machen oder so. Und das man es wirklich begrenzt, weil das eben besonders schwere Arbeit ist.“ B: Natürlich das ist nicht ausreichend, sondern da müssen wir noch mehr Lösungen finden. Also gerade für die Bauberufe, denn bestimmte Berufe kann man einfach nur bis zu einem bestimmten Alter ausüben und dann muss man einfach etwas anderes machen. Also dieses Lebenslage Lernen, das ist, denke ich mir, ein ganz wesentlicher Punkt, den man berücksichtigen muss. ► Dass man eben sagen muss, bestimmte Berufe, Tätigkeiten kann ich, weiß ich, nur zehn Jahre jetzt machen oder Nacht- und Schichtarbeit zum Beispiel. Dass man das eben wirklich begrenzt von vornherein, dass man sagt, kann man nur eine bestimmte Anzahl von Jahren machen und innerhalb dieser Jahre können das Menschen bis 45 machen oder so. Und das man es wirklich begrenzt, weil das eben besonders schwere Arbeit ist. I: Okay. Ja und dann habe ich noch so eine übergeordnete Frage, jetzt insgesamt: was Sie für den wirkungsvollsten Anstoß erachten, um Betriebe dazu zu bewegen, eine alternsgerechte Arbeitswelt zu schaffen? Sehen Sie da eher so gesetzliche Verpflichtungen und Kontrollmaßnahmen als wirkungsvoll an oder die Beratungsangebote, Sensibilisierungskampagnen, so in diese Richtung? Eher, wenn ich es jetzt zusammenfassen kann, positive oder negative Anreize? B: Also ich würde zum Beispiel mir wünschen, dass es zu einem bestimmten Qualitätsstandard gehört. Dass man sich sozusagen mit einem bestimmten Zertifikat ausweisen kann, dass man eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung durchführt, zum Beispiel. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 211 Kernkompetenzbereich Gesundheit Zitate zu Interview 10 Zitat (S. 1, Zeile 12): „[…] dass wir aber auch schon proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch Vorabüberlegungen versuchen, was kann man denn schon einmal proaktiv entwickeln, entweder aus eigenen Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die Unternehmen oder auch die Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu machen.“ I: Inwieweit ist denn die Thematik ältere Arbeitnehmer bei Ihrer konkreten Tätigkeit ein Thema, also inwieweit spielt denn das eine Rolle bei Ihnen? B: Also das ist auf unterschiedlicher Art und Weise. Also zum Einen bekommen wir ja auch als Verband von den einzelnen Betriebskrankenkassen aber auch von weiteren Partnern so Bedarf zurückgemeldet, dass schon gesehen wird in einzelnen Betrieben, wenn die einmal eine Altersstrukturanalyse machen, dass die sehen, dass die teilweise doch eine sehr, sehr hohen Altersdurchschnitt haben. Und dann, wenn die sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigen, dann ja, überlegen was können sie überhaupt machen, was gibt es an Instrumenten, was gibt es an Maßnahmen, die man da einsetzen kann. Das ist so unsere ja Dienstleistungsfunktion mehr oder weniger. Ist, das was wir haben. Und das zweite ist, ► dass wir aber auch schon proaktiv selber im Rahmen von Projekten und auch Vorabüberlegungen versuchen, was kann man denn schon einmal proaktiv entwickeln, entweder aus eigenen Bedarfserhebungen, um die Betriebe und die Unternehmen oder auch die Krankenkassen zu unterstützen, etwas zu machen. Also ein konkretes Beispiel ist, dass wir, wir haben einmal in einer Befragung das Thema Zusammenarbeit in Teams untersucht und haben da herausbekommen, dass es sehr, (.) ja das es ein Thema der altersgerechten Führung und alternsgerechten, muss ich sagen, Führung, dass es da bisher ja Defizite gibt und daraufhin haben wir jetzt die Entwicklung eines Seminars zur alternsgerechten und gesundheitsgerechten Führung entwickelt. Also das sind so die beiden Hauptfokusse. Zitat (S. 2, Zeile 58): Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 212 Kernkompetenzbereich Gesundheit „Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches Eingliederungsmanagement in so ein umfassenderes Betriebsgesundheitsmanagement einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze miteinander also parallel nebeneinander laufen lassen.“ I: Gut dann zur dritten Frage, das Betriebliche Eingliederungsmanagement. Wo sehen Sie da Verbesserungspunkte, weil es ja doch immer wieder auch kritische Stimmen gibt, vor allem weil die Umsetzung jetzt gerade in Kleinbetrieben nicht so ist, wie man sich es wünschen würde. Sehen Sie da Punkte, wo Sie sagen würden da und da sollte das verbessert werden? ► B: Also ich finde eine wichtige Maßnahme ist zu versuchen so ein Betriebliches Eingliederungsmanagement in so ein umfassenderes Betriebsgesundheitsmanagement einzubinden. Also man sollte nicht beide Ansätze miteinander also parallel nebeneinander laufen lassen, weil über die Herstellung der Gesundheit oder der Förderung der Gesundheit und auch alles was damit zusammenhängt auch Unternehmenskultur, Vertrauen das im Unternehmen ist, einer guten Kommunikation, kann man schon sehr viele Schwierigkeiten die bei der Umsetzung des Betrieblichen Eingliederungsmanagement ist, schon vorab klären beziehungsweise reduzieren. Es ist natürlich, (.) weiß nicht wie es in Österreich geregelt ist, aber es sind ja zwei unterschiedliche Sozialgesetze. Das ist natürlich schon einmal sehr schwierig die Schnittstellen zwischen diesen einzelnen Bereichen herzustellen. Für die Unternehmen selbst, glaube ich, dass der Prozess noch transparenter gemacht werden muss, sowohl für die Beschäftigten, als auch für die Führungskräfte also auch Schulungen für die unterschiedlichen Gruppen um einfach auch diese Angst die damit verbunden ist, das könnte jetzt genutzt werden zum Beispiel um mich zu entlassen, also ein Kündigungsgrund, was ja auch (..) zwar nicht direkt sein darf, also das sieht das ja nicht vor beziehungsweise das schließt das ja aus. Aber wenn das jetzt so ein individueller Ansatz ist und man da seinen (.) Vorgesetzten gegenübersitzt oder auch dem Betriebsrat, dann ist das schon eine kritische Situation. Also und für so etwas sind die meisten Beschäftigten auch und auch die Führungskräfte überhaupt gar nicht vorbereitet darauf. Fachhochschul-Masterstudiengang Management im Gesundheitswesen 213