12-17 Herzog_deMeuron

Transcrição

12-17 Herzog_deMeuron
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TRANSFORMATION
DES RASTERS
Herzog & de Meuron: 40 Bond, New York Im Quartier NoHo von
nehmen. Das neueste Projekt wurde von Herzog & de Meuron
Manhattan ist ein Luxuswohnkomplex für Ian Schrager entstanden.
geplant: Das Wohnhaus 40 Bond in NoHo, in dem Serviceleis-
Die auffällig grünliche Fassadenstruktur greift auf historische
tungen ebenfalls über Gramercy Park angeboten werden. Er
Bautypologien der Stadt zurück und interpretiert sie zeitgemäss.
habe seinerzeit einen Club gegründet, weil ihm keiner gefallen habe; er habe Hotels gegründet, weil ihm die bestehenden nicht gefallen hätten; und nun realisiere er Apartments,
Text: Hubertus Adam
weil ihm keine gefielen, liess Schrager unlängst wissen. Fol-
Ende der Siebzigerjahre wurde Ian Schrager als Mitbegrün-
gerichtig bezieht er jetzt ein Penthouse auf dem Dach von 40
der des legendären Nightclubs Studio 54 in New York be-
Bond. Kontakt mit den Basler Architekten hatte der umtrie-
kannt. Mit dem von Andrée Putman gestalteten Morgans
bige Entrepreneur übrigens schon vorher aufgenommen: Ge-
wechselte er 1984 ins Hotelbusiness. Das erste Boutique-
meinsam mit Rem Koolhaas planten Herzog & de Meuron
Hotel war geboren, dem eine Reihe weiterer folgen sollte,
2001 ein Hotel am Astor Place – ein Projekt, das kurz darauf
nunmehr zumeist inszeniert von Philippe Starck. 2005 ver-
scheiterte.
liess Schrager die Hotelgruppe und begann wiederum mit ei-
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ner neuen Geschäftsidee, dem «carefree living». Im boomen-
Condo-Boom
den Markt der Luxus-Condominiums sieht er ein Potenzial;
Im Rahmen des Immobilienbooms in Manhattan, der von der
dann nämlich, wenn noch mehr Luxus und Qualität geboten
Bankenkrise unberührt bleibt, rücken auch Gegenden ins
werden. Zunächst entstand – nach Plänen von John Pawson
Blickfeld, die bislang eher nicht als Top-Lagen galten. Die
– das Gramercy Park Hotel, dem ein Apartmentgebäude an-
Bond Street, die sich zwischen Lafayette Street und Bowery
geschlossen ist; die Bewohner können je nach Bedarf die
erstreckt, zählte bis vor wenigen Jahren nicht zu den presti-
Dienstleistungen des Beherbergungsbetriebs in Anspruch
geträchtigen Adressen. Doch das hat sich vollständig ge-
1 Gesamtansicht
Bond Street
(Fotos 1–5, 10: Iwan
Baan)
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2 Fassadendetail
3 Vestibül
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wandelt, wie ein Besuch vor Ort zeigt. Galerien wechseln mit
diversen Kreativdienstleistern, und beinahe jedes Haus besitzt – wie Plakate und Banner beweisen – inzwischen eine
eigene Website.
Herzog & de Meuron ging es um eine Alternative zu den
derzeit gängigen Apartmenttypologien in Manhattan. Üblich
sind für Luxus-Condos seit einiger Zeit Vollglasfronten, sodass die Fassaden nicht anders wirken als die eines Bürohauses. Dem setzte das Schweizer Büro ein Konzept entgegen, das auf subtile Weise die für diesen Teil Manhattans
typische Bautradition aufgreift und mit eigenen Mitteln fortspinnt. Die unteren beiden Geschosse bestehen aus vier
zweigeschossigen townhouses, die gleichsam durch das Volumen hindurchgesteckt sind. Einwärts geknickte Fronten
lassen kleine Vorplätze entstehen, auf der Rückseite ist jeder
dieser Wohnungen ein kleiner Hof zugeordnet. In den Ebenen
darüber liegen die Apartments. Jeweils vier Wohnungen befinden sich im 2. bis 5. Obergeschoss, wobei nur die äusseren
beidseitig orientiert sind. Noch grosszügiger wirken die
jeweils zwei Wohnungen im durch das Setback bedingten
schmaleren 6. bis 9. Obergeschoss.
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4 Innenansicht
Apartment
5 Innenansicht
townhouse
6+7 Grundrisse
EG und 1. OG
(townhouses)
1:750
8 Normgrundriss
2.–5. OG
9 Normgrundriss
6.–9. OG
10 Foyer im EG
1' 5'
10'
Foot
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11 Konstruktionsdetail Fassade
12 Modellstudien
für Fassaden
und Gitter der
townhouses
(Abbildungen
12+13:©Herzog &
de Meuron)
13 Modellstudien
für die Fassade
der Apartmentgeschosse
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Hoher Ausstattungskomfort war gewünscht, selbst wenn
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manche Räume unerwartet klein ausfallen: Die Wohnungen
enthalten Cheminées, die Böden bestehen aus Eichenholz,
die Badausstattungen aus Corian. Den wirklichen Luxus stellen indes die opulenten Raumhöhen von 3 Metern dar. Gerade
von den höheren Etagen aus sind die Ausblicke über die
Dachlandschaft von New York und die charakteristischen hölzernen Wassertürme schlicht atemberaubend.
Ornament und Struktur
Was 40 Bond indes für Manhattans Stadtlandschaft einzigartig macht, ist die Fassade, in der sich die Stapelung der Wohnungstypen abzeichnet. Filterartige Zäune fungieren in der
Erdgeschosszone als Sichtschutz für die townhouses. Sie
bestehen aus massivem, gegossenem Aluminium, fast unsichtbar sind die Türen zum Vorplatz in die ornamentale
Struktur eingelassen, die sich aus der digitalen Modifikation
von Graffiti ergeben hat. Ein vergleichbares Muster, nunmehr
Relief, überzieht auch die metallische Fassadenverkleidung
der townhouses sowie Wände, Boden und Decke des überhohen Vestibüls, das zu den Apartments führt. Hinter der
Eingangstür umhüllt den Besucher eine wellenförmige
Wandverkleidung aus weissem Corian, die an Vorhänge erinnert.
Prägend für die Wirkung des Gebäudes ist die Fassade der
Apartmentgeschosse. Sie besteht aus einem Raster von
Stahlbetonstützen, die in schmalerem oder weiterem Abstand zueinander stehen. Kaschiert wird diese primäre Konstruktion von sich vorwölbenden polierten Stahlblechen, die
wiederum mit einer im Schnitt parabelförmigen Struktur aus
grünlich laminiertem Glas abgedeckt sind. Im wechselnden
Licht beginnt die Fassade mitunter beinahe surreal zu leuchten – und kann doch als eine zeitgemässe Transformation
klassischer Hausfronten im Cast Iron District verstanden werden.
Architektur: Herzog & de Meuron, Basel;
Partner: Jacques Herzog, Pierre de Meuron,
Ascan Mergenthaler; Projektarchitekten:
Mark Loughnan (Associate), Sarah Cremin;
Projektteam: Roman Aebi, Marcos Carreno, Julie
Firkin, Volker Helm, Kenatro Ishida, Donald
Mak, Götz Menzel, Severin Odermatt, Philipp
Schaerer, Günther Schwob, Charles Stone, Caro
van de Venne; Gesamtplanung: Handel
Architects LLP, New York; Tragwerksplanung:
Desimone Consulting Engineers, New York;
Auftraggeber: Ian Schrager Company, New York
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