Red Flags in der Neurologie Christina Caporale

Transcrição

Red Flags in der Neurologie Christina Caporale
Red flags in der Neurologie
Christina Caporale OÄ Neurologie
Kopfschmerzen
Die häufigste Ursache für
neurologische Notfallkonsultationen!
Anamnese
Wie hat es begonnen:
Kennen Sie diese KS:
Vigilanz:
Alter:
Lageabhängigkeit:
Zusatzsymptome:
Temperatur:
HWS:
Medikamente:
Begleitkrankheiten:
Immunstatus:
Akuter Beginn
Der erste oder stärkste KS im Leben
Bewusstseinsstörung
Erstmalig KS >50J
Zunahme KS im Liegen
Fokal-neurologische Ausfälle
oder Papillenödem
Fieber
Meningismus
OAK
Tumorleiden
Immunsupprimierte Patienten
Falls die oben erwähnten Fragen mit JA
beantwortet werden, dann:
Vignette 1KS
• 30J ♀ bekannte Spannungskopfschmerzen seit
15Jahren.
• Klagt seit 3 Tage starke, für sie «unbekannte»
occipitale bis frontale drückende KS, fühlt sich
«krank».
• Keine fokale Defizite, Meningismus, Fieber
38.9°C
– «unbekannte»
– Fieber
– Meningismus
Meningitis
Symptome
Vignette 2KS
• 40J ♂ bekannte Spannungskopfschmerzen seit
20 Jahren.
• Vor 3 Tage bei Velofahren gestürzt, kein
Kopfanprall, aber mehrere Schürfwunden.
Seitdem neu nuchale starke KS und Zunahme
seiner bekannten KS
– neu
– starke
Vertebralis Dissektion
Vignette 3KS
• 32 J ♀ bekannte Spannungskopfschmerzen
seit 10 Jahren
• Im Wochenbett
• Für sie bekannte KS seit 3 Tage, aber stärker,
keine Besserung nach NSAR (üblicherweise
gutes Ansprechen)
– «stärker»
– Keine Besserung auf Schmerzmittel
Sinunsvenenthrombose
Vignette 4KS
• 60 J ♂ nie Kopfschmerzen
• Seit 3 Tage zunehmende «mässige» KS
• Unter OAK, seit dem Morgen leicht verwirrt
(wusste nicht mehr wie man den Kaffee
vorbereitet)
– Alter
– Neue KS
– OAK
– Neue neurologische Symptome
Hirnblutung
• Nach Kopfschmerzen die 2 häufigste
Ursache für neurologische Notfallkonsultation!
1
Stroke als Ursache Schwindel: 3.2%, die mit NUR Schwindel 0.7%
Lang C et al. Schwindel in der Notfallmedizin. Laryngo-Rhino-Otol 2011; 90: 622–637
Definition
• Bei Schwindel handelt es sich um keine eigenständige
Krankheit, sondern um ein so genanntes
multisensorisches Syndrom
• Als Schwindel bezeichnet man eine widersprüchliche
Information verschiedener Sinnesorgane an das
Gehirn. Daran beteiligt sind Informationen aus den
Augen, dem Gleichgewichtsorgan des Ohres und den
Stellungsfühlern (Sensoren, Propriozeptoren) der
Muskulatur, der Sehnen und der Gelenke
• Klinik: Empfinden eines Drehgefühls oder Schwankens
oder das Gefühl der drohenden Bewusstlosigkeit
• Man unterscheidet u. a. Dreh-, Schwank-, Lift-,
Bewegungs- und unsystematischen Schwindel
Anamnese
• Art des Schwindels
– Drehschwindel (wie im Karussell)
– Schwankschwindel (wie auf einem schwankenden Schiff)
– Gangunsicherheit (ungerichtet bzw. wie betrunken, Fallneigung in eine bestimmte
Richtung)
– Benommenheitsgefühl
• Dauer des Schwindels:
–
–
–
–
Sekunden bis einige Minuten
Minuten bis einige Stunden
Einige Tage bis Wochen
Wochen bis Monate
• Auftreten, Auslösbarkeit und Verstärkung des Schwindels
–
–
–
–
–
–
–
In Ruhe, dh ohne auslösende Umstände
Lageänderung des Kopfes (zB beim Hinlegen, beim Drehen im Liegen)
Bewegungen des Kopfes
Beim Aufstehen
Beim Gehen
Beim Husten, Pressen, Niesen
In bestimmten Situationen (zB Menschenansammlungen, im Kaufhaus, auf freien
Plätzen, auf Brücken, in Treppenhäusern, in leeren Räumen, im Restaurant)
Bezeichnung
Präzisierung
Begleitphänomene
Bedeutung
Drehschwindel
Umgebung dreht sich im
Kreise? Karussell?
Übelkeit, Erbrechen
vestibulär
Schwankgefühl in Ruhe
Kein Drehen, ohne
besonderer Auslöser
Festhalten, evt. Absitzen
z.B . zerebrale
Durchblutungsinsuffizienz
Umgebung schwankt
Rhythmisch?
Unregelmässig
Unscharfes Sehen,
Sehstörung,
Bewusstseinsstörung
zB Oscillopsie bei
Nystagmus, okulärer
Schwindel, zerebellärer
zirkulatorisch?
Unsicherheit bei Bewegung
Daneben greifen,
Gegenstände fallen lassen
Evtl. Nystagmus,
Hypodiadochokinese,
Ataxie
Zerebellär?
Unsicherheit beim Gehen
Breitbasig, spürt Boden
unter den Füssen nicht,
stampfend
Ataktische Bewegungen,
Parästhesie Zehen,
Gefühlsstörungen unteren
Extremitäten
Zerebellär, PNP? Peripherneuropathisch
Steif
Tonuserhöhung
Paraspastik oder Parkinson
Lücke im Bewusstsein
Absenzen oder
Automatismen
Epileptische Phänomene
(Absenzen,
Temporallappenepilepsie)
Drop Attacks
Basiläre
Durchblutungsstörung
Differenzierung der Angaben eines
Patienten über Schwindel
Kurz «weg»
Klinische Einteilung von Schwindel aufgrund anamnestischer Angaben
Gruppe
Anamnestische Angaben
(Dreh)schwindelattacken
(Sekunden, Minuten bis Stunden)
Morbus Meniere
Vestibuläre Migräne
TIA
Vestibularisparoxysmie
Vestibuläre Epilepsie
Familiärer episodischer Schwindel bzw Ataxie
Anhaltender (Dreh)schwindel
(Stunden bis Tage)
Neuritis vestibularis
Morbus Meniere
Vestibuläre Migräne
Lage- und Lagerungschwindel
BPLS
Alkoholischer Lageschwindel
Zentraler Lage- und Lagerungsschwindel
Perilymphfistel
Hyperviskositätssyndrom
Schwank- und
Benommenheitsschwindel
Phobischer Schwankschwindel
Upbeat- und Downbeat Nystagmussyndrom
Bilaterale Vistibulopathie
Kleinhirnerkrankungen
Hirnstammläsionen
Parkinsonsyndrom und Multisystematrophie
Sehstörungen
PNP
Orthostatische Dysregulation
Intoxikationen
Lang C et al. Schwindel in der Notfallmedizin. Laryngo-Rhino-Otol 2011; 90: 622–637
Warnsymptome!
In der Koje
Patienten mit einem Warnsymptom benötigen einen venösen
Zugang, der eine spätere Kontrastmittelgabe (mindestens 21
Gauge, grün) erlauben würde.
Ferner sollte ein EKG mit der Frage, ob Herzrhythmusstörungen
vorliegen, geschrieben werden.
Patienten, die auf Grund ihres Schwindels nicht mehr laufen
können, müssen vor einem Sturz gesichert werden und die
Patientenrufanlage sollte jederzeit erreichbar sein.
Laboruntersuchungen sind bei den allermeisten Schwindelformen
ohne Aussagekraft, ein Basislabor sollte ein kleines Blutbild,
Entzündungsparameter, Glykämie, die Elektrolyte und die
Blutgerinnung umfassen.
Lang C et al. Schwindel in der Notfallmedizin. Laryngo-Rhino-Otol 2011; 90: 622–637
VIDEO BEISPIELE (HINTS)
• HI: („head impulse test“)
http://stroke.ahajournals.org/content/vol0/issue20
09/images/data/STROKEAHA.109.551234/DC1/Katt
ah_Video1a_APV_HITabnormal.wmv
• N: Nystagmus
http://content.lib.utah.edu/u?/ehsl-dent,2
• TS: “test of skew“
http://stroke.ahajournals.org/content/vol0/issue20
09/images/data/STROKEAHA.109.551234/DC1/Katt
ah_Video3_LatMedullaStroke_SkewAltCover.wmv
Es Zuckt!
Fragen
• 1. Handelt es sich um einen epileptischen
Anfall?
• 2. Hat dieser Anfall eine primär
behandlungsbedürftige Ursache?
• 3. Handelt es sich bei dem Anfall um einen
akut symptomatischen Anfall?
• 4. Ist der erste Anfall bereits Beginn einer
Epilepsie?
?
• 1. Handelt es sich um einen epileptischen
Anfalles?
Augenstellung bei anfallsartigen Störungen
a = temporaler Anfall
b = extratemporaler
Anfall
c = psychogener nicht
epileptischer Anfall
d = Synkope
2. Hat dieser Anfall eine primär
behandlungsbedürftige Ursache?
• Labor: Blutbild, CRP, Na, K, Ca, Mg, Ph, CK,
Glykämie, Crea, g-GT, ASAT, ALAT, TSH, U-Status
ggf Alkohol
• LP: Immer bei Fieber, Meningismus, unklare
Wesensveränderung (in diesem Fall Infektfokus
auch im Blut mit Serologien für Borrelien, Lue
und HIV)
– ZZ, Protein, Glukose, OKB, PCR für Herpes simplex und
Zoster
– …. Aciclovir Behandlung immer gewichtadaptiert
beginnen und bis zum Erhalt des PCR durchführen!..
3. Handelt es sich bei dem Anfall um einen
akut symptomatischen Anfall?
4. Ist der erste Anfall bereits Beginn einer
Epilepsie?
• Diese Frage kann und muss nicht auf dem Notfall
beantwortet werden, aber ein EEG kann
weiterhelfen.
• EEG immer in der akut Phase (noch auf dem
Notfall schnellstmöglich machen). Ziel:
– eventuelle post-iktale Verlangsamungen die die
Verdachtsdiagnose unterstützen würden
– ETP die eine sofortige antiepileptische Therapie und ggf.
eine Benzodiazepinabschirmung befürworten würden.
– Typische EEG Muster die die Diagnose einer Epilepsie
ermöglichen und die weitere Diagnostik steuern
können
Immer mit der Ruhe!
• Einmaliger epileptischer Anfall nicht sofort
behandlungsbedürftig
• Meistens selbstlimitierend (<2 Min.), keine
unmittelbare Gefahr
• Benzodiazepine können die Abklärungen (z.B.
EEG, neurologische Beurteilung) fälschen
Es kribbelt!
•Durchblutungsstörungen der Extremitäten
•Krampfadern, Varizen, Besenreiser
•Schlaganfall
•Migräne: Kribbeln als Vorbote eines Migräneanfalls
•Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), bei schlechter Zuckereinstellung
•Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose)
•Bandscheibenvorfall, Diskushernie, Discusprolaps
•Nerveneinklemmung: Karpaltunnelsyndrom, Ischialgie
•Multiple Sklerose
•Alkoholsucht
•Infektionskrankheiten mit Viren z.B. Gürtelrose (Herpes zoster) oder
Bakterien, z.B. Borreliose
•Restless-Leg-Syndrom
•Verletzungen mit Nervenschädigung: Schulterverrenkung, Oberarmbruch
(Humerusfraktur), Unterarmbruch, Schleudertrauma
•Erfrierungen, Frostbeulen
•Vitaminmangelsyndrome (Vitamin B12), Magnesium - oder Eisenmangel
•Hyperventilation
•Angst - oder Panikattacken
•Hirntumoren, Rückenmarkstumoren
•Spina bifida, Offener Rücken
•Nebenwirkung einer Medikamenteneinnahme, nach Chemotherapie
•Schwermetallvergiftung
Sensibilitätsstörungen
Beginn/Progression
• Akut = meistens Notfall
• Sub-akut = kann Notfall sein
• Chronisch = meistens kein Notfall
• Immer gleich = meistens zentral
• Langsam progredient = meistens peripher
Etwas unklar? Fragen?
Alles klar?