Weibliche Altersarmut: Ursachen und Perspektiven
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Weibliche Altersarmut: Ursachen und Perspektiven
Weibliche Altersarmut: Ursachen und Perspektiven Vortrag für die LAG Gesundheit und Soziales am 6.11.2013 Worum geht es? • Was sind die Ursachen weiblicher Altersarmut ? • Wie ist die gesellschaftspolitische Situation heute? • Was sind die Perspektiven in der politischen Diskussion um Frauen, Armut und Alter? Ursachen weiblicher Altersarmut: • Frauen erreichen nicht ansatzweise die Beitragsjahre von Männern und sie haben i.d.R. geringere Beiträge in die Rentenkassen eingezahlt. • Frauen arbeiteten und arbeiten in Berufen, die ein eher niedriges Lohnniveau und wenig Aufstiegsmöglichkeiten haben. • Die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern besteht fort und wird bei derzeitigem Veränderungstempo noch um die 100 Jahre Bestand haben. Derzeit liegt der Gender Pay Gap bei 23%. Ursachen weiblicher Altersarmut • Rollenzuschreibungen und familiäre Arbeitsteilung sind dabei Hauptursachen weiblicher Armut, im Berufsleben und im Alter. • Die Versorgerehe und auch die Zuverdienstehe tragen als ökonomisches Modell nicht mehr – für Frauen ist der Verzicht auf eigene Erwerbsarbeit ein hohes Armutsrisiko. • Die Generation heutiger Rentnerinnen hatte aber kaum Wahlfreiheit in der Wahl ihres Lebensmodells: Insbesondere Mütter in Westdeutschland konnten nicht ausreichend auf unterstützende Infrastruktur zugreifen. • Auch heute gibt es in vielen Regionen zu wenig bezahlbare und gute Kinderbetreuung. Wie ist die Situation heute? • Zur Zeit liegen insbesondere die Renten westdeutscher Frauen dramatisch unter denen der Männer: Frauen bekommen durchschnittlich 487€, Männer 868€. Diese Differenz ist in Ostdeutschland mit 696€ zu 867€ weniger stark ausgeprägt, aber immer noch deutlich. • Die Restrukturierungen des Arbeitsmarktes unter neoliberaler Agenda haben die Bedingungen weiblicher Altersabsicherung nicht verbessert. • Insbesondere Frauen arbeiten weiterhin in prekären oder schlecht entlohnten Beschäftigungsverhältnissen. • Private Altersvorsorge ist für viele Frauen keine realistische Option. Wie ist die Situation heute? • Es gibt darüber hinaus die „Feminisierung“ von Arbeit, die zunehmend auch Männer betrifft. • Die Debatte um die Gleichstellung von Frauen ist vielfach eine Elitendiskussion, zum Beispiel beim Thema Quote für Aufsichtsräte, aber auch bei der Gleichsetzung von Vereinbarkeit und Karriere (anstelle von Beruf) oder dem Diskurs um Selbstverwirklichung durch Erwerbsarbeit. • Die Absenkung des Rentenniveaus wird noch mehr Frauen in die Altersarmut bringen. Gesellschaftspolitische Zusammenhänge aus feministischer Perspektive • Die Politik der „Aktivierung“ bzw. die „In-Wert-Setzung“ der weiblichen Arbeitskraft findet unter hegemonial-männlichen Bedingungen statt. • Der Fokus – häufig auch in Gleichstellungspolitiken – liegt in der Überbetonung der Lohnarbeit, sie gilt inzwischen als einzig legitimes Mittel zum Selbsterhalt. • Die androzentrische Trennung von Privat-Öffentlich wird in der Gegenüberstellung von Fürsorge und „richtiger Arbeit“ fortgeschrieben, zu Lasten all derer, die Fürsorgeverpflichtungen eingehen. Gesellschaftspolitische Zusammenhänge aus feministischer Perspektive • Frage: Gibt es eine „unappetitliche Wahlverwandschaft“ zwischen Feminismus und Neoliberalismus? • War es richtig, die Emanzipation von Frauen vorrangig an ihre eigenständige Existenzsicherung unter gegebenen Arbeitsbedingungen zu koppeln? • Liegt eine zentrale Ursache weiblicher Altersarmut in unserem Verständnis davon, welche Arbeit Wert hat und welche nicht? Ausblick • Unter derzeitigen Bedingungen wird weibliche Altersarmut ein Problem bleiben, trotz vermehrter Lohnarbeit von Frauen. • Korrekturen am bestehenden Rentensystem bewirken keine grundsätzliche Verbesserung für Frauen, insbesondere für Frauen, die wegen Fürsorgepflichten nicht ununterbrochen Vollzeit gearbeitet haben. • Der gesellschaftliche Arbeitsbegriff und die in ihm enthaltenen Kriterien, die zu einer ausreichenden Altersvorsorge berechtigen, benachteiligt Frauen, bzw. Menschen in „feminisierten Verhältnissen“ systematisch. • Insbesondere hinsichtlich der demografischen Entwicklung muss über Fürsorge neu verhandelt werden: Wer kümmert sich um die Kleinen, Alten und Kranken und welches Risiko geht damit einher? Muss ein Risiko damit einhergehen? • Der Einstieg in diese Debatte könnte z.B. über die Themen Arbeitszeit, Mütterrenten, Hausfrauenlohn, Grundeinkommen,… beginnen. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!