Änderungen, Verschärfungen und Konkretisierungen
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Änderungen, Verschärfungen und Konkretisierungen
Sonderdruck aus 22 / 2013 Änderungen, Verschärfungen und Konkretisierungen Nach der Neufassung der Richtlinie VDI/DVGW 6023 steigen die Anforderungen an TGA-Planer, SHK-Fachbetriebe und Betreiber Bereits seit 1999 gibt es in Deutschland die VDI-Richtlinie 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“. Sie enthält Vorgaben zur Planung, Montage, Inbetriebnahme und Betriebsweise von Trinkwasser-Installationen. Im April dieses Jahres wurde gemeinsam von VDI und DVGW eine Neufassung des Werkes herausgegeben. Wir stellen die Änderungen, Verschärfungen und Konkretisierungen des Regelwerkes kurz und bündig vor. Betroffene Personengruppen In der Einleitung der Richtlinie hat der VDI/DVGW die Personengruppen genannt, die zum einen in der Zeitspanne von der „Planung bis zur Abnahme“ und „nach erfolgter Abnahme und somit Übernahme durch den Auftraggeber“ die Anforderungen an die Trinkwasser-Installation festlegen. Konkret werden Planer, Ingenieure, Hygieniker, Architekten, ausführende Unternehmen und Lieferanten Die VDI/DVGW Richtlinie 6023 enthält für alle Beteiligten einige bedeutende Änderungen, Verschärfungen und Konkretisierungen. Bild: Beuth Verlag Sonderdruck aus IKZ-HAUSTECHNIK 22/2013 genannt. Alle Beteiligten müssen sich der hohen Bedeutung der Trinkwasserhygiene bewusst sein. Es gilt nach wie vor der Grundsatz, dass vorsorgende/planende, benutzende/betreibende und erhaltende/ pflegende Handlungen und Maßnahmen gleichwertig sind. Erweiterter Anwendungsbereich Neu in der Einleitung der Richtlinie ist die Erweiterung auf die mobilen An- lagen, insbesondere auf die Kauffahrteischiffe. Darunter werden Handelsschiffe bezeichnet, bei denen eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Auch auf Schiffen (inkl. Binnenschiffen) ist die Infektionsgefahr durch Trinkwasser bekanntermaßen groß, weil hier erhöhte Konzentrationen an Krankheitserregern vorkommen können, aus den gleichen Ursachen (Stagnation, zu niedrige Warmwassertemperaturen, erhöhte Kaltwassertemperaturen, mangelnde Isolierungen) wie bei fest installierten Trinkwasserversorgungsanlagen innerhalb von Gebäuden. Die VDI/DVGW 6023 kann grundsätzlich auf alle Trinkwasser-Installationen angewendet werden, d. h. nicht nur auf gewerblich oder öffentlich genutzte Gebäude, wie z. B. Kliniken, Hotels, Frei- und Hallenbäder oder Sporteinrichtungen, sondern auch auf alle anderen Wasserversorgungsanlagen (z. B. auf Einfamilienhäuser). Alle in der Richtlinie genannten Vorgaben gelten sowohl für Neubauten als auch für bestehende Gebäude, insbesondere im Fall von Nutzungsänderungen, Rückbau und Erweiterung. Darunter fallen also alle Sanierungen von Trinkwasser-Installationen in Altbauten. Begriffsdefinitionen Im dritten Abschnitt sind viele Begriffe definiert, die in der Richtlinie gelten. Einige Begriffe sind neu hinzugekommen und einige Formulierungen sind besonders hervorzuheben, so z. B. der bestimmungsgemäße Betrieb. Zum bestimmungsgemäßen Betrieb gehört eine regelmäßige Kontrolle und Funktion der Trinkwasser-Installation, die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen und der Betrieb mit zugrunde gelegten Nutzungshäufigkeiten und Entnahmemengen. Auch auf die Einhaltung der Temperaturen und die Vermeidung von Sta- 1 Sanitärtechnik Regelwerk gnationen ist zu achten. Sowohl die Inhaber einer Trinkwasser-Installation als auch die Mieter und Nutzer müssen diese Vorgaben beachten. Der Begriff des bestimmungsgemäßen Betriebes hat sich inzwischen weitgehend etabliert. Er ist deshalb so wichtig, weil in der Richtlinie die Einhaltung sowohl vom Planer und Installateur bei der Planung, Montage und Inbetriebnahme als auch vom Inhaber und auch vom Mieter oder Pächter einer Trinkwasser-Installation bei der Nutzung stets gefordert wird. Ein weiterer wichtiger Begriff ist der des Raumbuchs. Darunter versteht man ein abgestimmtes Dokument für ein Ge- Bei den baulichen Anforderungen (Abschnitt 6.2) wird für Trinkwasser kalt eine Temperatur unter 25 °C gefordert. Neu ist die Empfehlung, Trinkwasser kalt unter 20 °C zu halten. Bild: KME ser-warm (PWH: potable water hot) und Trinkwasser-Zirkulationsleitung (PWH-C: potable water hot circulation). In Planungsunterlagen werden diese Abkürzungen immer häufiger in dieser Schreibweise verwendet. Bei der Planung von Trinkwasser-Installationen sind die Gleichzeitigkeitsfaktoren zu berücksichtigen, bei Sanierungen kann aufgrund eines veränderten Nutzungsverhaltens das Volumen der Warmwasserspeicher verringert werden. Bild: Viega bäude mit schriftlich festgehaltener Nutzungsbeschreibung der einzelnen Räume. Besonders für hygienerelevante Gebäude, z. B. Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Hotels, Sport- und andere Freizeiteinrichtungen, ist ein Raumbuch zu erstellen. Für ein Einfamilienhaus muss es dagegen nicht unbedingt erstellt werden. Der Begriff des Raumbuchs wurde auch in der DIN 1988200 (Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe, Punkt 3.8 Planungs- und Ausführungsunterlagen) aufgenommen. Abkürzungen Im vierten Abschnitt sind drei englische Abkürzungen genannt für Trinkwasserkalt (PWC: potable water cold), Trinkwas- 2 •• Vermeidung einer Stagnation: im stehenden Wasser können sich Mikroorganismen hervorragend vermehren, wenn die anderen Einflussfaktoren (Temperatur, Nährstoffe, Sauerstoff, pH-Wert) für die Organismen optimal sind. Von daVermeidung von her muss eine StaLetztendlich profitieren Biofilmbildung gnation unbedingt Auftraggeber, Auftragnehmer und Biofilme sind orvermieden werganische Ablageden durch regelBetreiber von einem Raumbuch. rungen, in denen mäßigen Wasseraustausch und dem sowohl Bakterien, Pilze als auch Viren Einbau von Zirkulavorkommen. Diese Organismen können imtionspumpen. Saisonal bedingte Stagnamer wieder aus dem Biofilm in den „freitionen kommen z. B. im Hotelbereich, in Schulen und Sporteinrichtungen vor. en Wasserkörper“ gelangen und zu Infektionen beim Verbraucher führen. Biofilme •• Hydraulischer Abgleich des Zirkulationssystems: dieser Abgleich ist notwenkommen in Rohrleitungen, Speichern, Armaturen und auch Wasserbehandlungsgedig, damit das Warmwasser mit 60 °C räten vor. Zur Vermeidung und Einschränmöglichst nah an jede Zapfstelle innerkung einer Biofilmbildung sind im fünften halb des Gebäudes herangeführt wird. Abschnitt Maßnahmen genannt, die einzu- •• Verwendung von Installationswerkhalten sind: stoffen, von denen möglichst wenig ver•• Vermeidung von Überdimensionierung: wertbare Nährstoffe abgegeben werden: Hier ist eine Überdimensionierung bei die Anforderungen an Kunststoffe, z. B. Rohrleitungen und WarmwasserspeiKTW, sind zu beachten. chern gemeint. Bei Überdimensionie- •• Sachgerechte Inbetriebnahme und rungen findet kein ausreichender Wasdie Vermeidung von Temperaturen, bei denen Mikroorganismen wachsen seraustausch statt. Bei der Planung sind die Gleichzeitigkeitsfaktoren daher zu können: Bei Inbetriebnahme sind die berücksichtigen, bei Sanierungen kann vorgegebenen Temperaturen einzuaufgrund eines veränderten Nutzungsstellen und auch zu belassen. Nach verhaltens das Volumen der Warmwasder Inbetriebnahme muss der bestimmungsgemäße Betrieb erfolgen, serspeicher verringert werden. Wichtig ist, dass ein häufiger Wasseraustausch in vor allem die regelmäßige Wasserent der Trinkwasser-Installation stattfindet. nahme. Sonderdruck aus IKZ-HAUSTECHNIK 22/2013 Sanitärtechnik Regelwerk Zum bestimmungsgemäßen Betrieb gehört eine regelmäßige Kontrolle und Funktion der Trink wasser-Installation, die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen und der Betrieb mit zugrunde gelegten Nutzungshäufigkeiten und Entnahmemengen. Bild: Judo •• Rückbau oder die Trennung von nicht mehr genutzten Anlagenteilen oder Leitungen unmittelbar am letzten durchströmten Abzweig der Anlage. Häufig diskutierte Leitungslängen von max. 5 x d oder 10 x d sind nicht zulässig. Auch in „kurzen“ Leitungsabschnitten ohne eine Entnahme stagniert Wasser, in dem sich Mikroorganismen dann ungehindert vermehren können wodurch die Trinkwasser-Installation ständig mit Organismen infiziert wird. Hinweise zu Planung, Montage und Inbetriebnahme Die Planung, Montage und Inbetriebnahme ist im sechsten Abschnitt ausführlich dargestellt. Neu in der gültigen Version vom April 2013 sind herausgehobene „Wichtige Hinweise“. Für die Planung gilt grundsätzlich als wichtiger Hinweis: „Bei den allgemeinen Planungsregeln wird der bestimmungsgemäße Betrieb zugrunde gelegt, bei dem sichergestellt ist, dass an jeder Stelle der Trinkwasser-Installation ein Wasseraustausch durch Entnahme innerhalb von 72 Stunden stattfindet. Fehlender Wasseraustausch über mehr als 72 Stunden gilt als Betriebsunterbrechung.“ Dieser Hinweis mit der Angabe einer konkreten Stundenanzahl ist neu, aus Hygienesicht aber grundsätzlich zu begrüßen, denn längere Stagnationszeiten sind auf jeden Fall zu vermeiden. Während der Stagnation können sich Mikroorganismen optimal vermehren. Wichtig ist zukünftig, dass diese Hinweise auch in der Praxis umgesetzt, kontrolliert und protokolliert werden. Sonderdruck aus IKZ-HAUSTECHNIK 22/2013 Weitere Planungsregeln (Auswahl): •• Offene Trinkwassersysteme: Der sogenannte Installationstyp B (Installationsteil, der nicht unter dem Druck aus der Versorgungsleitung oder einer Druck erhöhungsanlage steht), ist in Deutschland nicht erlaubt. Laut DIN 1988-200 ist der Installationstyp A vorgeschrieben. •• Bezug von Bauwasser und Rohrdimensionierung vor Beginn der Bauarbeiten: Auch in der Bauphase muss der Schutz des Trinkwassers gewährleistet sein und die Absicherung nach DIN EN 1717 erfolgen. Wird der Bauwasseranschluss nach Fertigstellung des Gebäudes weiter benutzt, müssen die Dimensionierung und der Werkstoff der Versorgungsleitung mit dem Wasserversorger abgestimmt sein. •• Überdimensionierungen bei Leitungen und Trinkwasserspeichern sind zu vermeiden. Nichtdurchströmte Leitungen und Apparate sind unzulässig, d. h. Bypass-Leitungen mit stehendem Wasser sind nicht erlaubt. Löschwasserleitungen, •• Bestehende nass, die an die Trinkwasser-Installation angeschlossen sind, können nicht hygienisch betrieben werden. Die VDI/ DVGW 6023 weist darauf hin, dass diese nach dem aktuellen Regelwerk umzurüsten, zu betreiben und instand zu halten sind (wesentlich DIN 1988-600). •• Bei Nicht-Trinkwasseranlagen (z. B. Regenwasser) ist zu beachten, dass deren Komponenten, einschließlich der Rohrleitungen, nicht in die Trinkwasser-Installation eingebunden werden dürfen, wenn diese nicht mehr genutzt werden. Festlegungen zur Probennahmeeinrichtung sind aufgeführt. •• Bei den baulichen Anforderungen (Abschnitt 6.2) wird für Trinkwasser kalt eine Temperatur unter 25 °C gefordert. Neu ist die Empfehlung, Trinkwasser kalt unter 20 °C zu halten. •• Rohrleitungen für zukünftige Gebäude dürfen verlegt, aber nicht angeschlossen sein (sie sind ungefüllt dicht zu verschließen). Auch hier gibt es einen neu- Die Richtlinie fordert den hydraulischen Abgleich des Zirkulationssystems, damit das Warmwasser mit 60 °C möglichst nah an jede Zapfstelle innerhalb des Gebäudes herangeführt wird. Außerdem sind Festlegungen zur Probennahmeeinrichtung aufgeführt. Bild: IKZ-HAUSTECHNIK 3 Sanitärtechnik Regelwerk en Hinweis: „Verringert sich der Wasser- renen Schifffahrtsrouten ist aus Hygiene- parate sind in sogenannte Instandhalbedarf im späteren Betrieb, ist dennoch gründen nicht erlaubt. tungsklassen (A, B und C) und in Bewerein ausreichender Wasseraustausch situngsgruppen (1 bis 4) einzuteilen. Die cherzustellen, nötigenfalls ist die Lei- Betriebsunterbrechung Verantwortlichkeiten für die Trinkwassertungsdimensionierung anzupassen“. Der Abschnitt „Maßnahmen bei Be- Installationen sind im Abschnitt 8.3 gere•• Neu sind auch Festlegungen zur Be- triebsunterbrechung“ wurde neu formu- gelt. In der Anlage A (Instandhaltung) ist füllung und Dichtheitsprüfung: Eine liert. Eine Nichtnutzung von mehr als eine Checkliste enthalten, die alle KompoDichtheitsprüfung und das Befüllen 72 Stunden stellt eine Betriebsunterbre- nenten einer Trinkwasser-Installation entchung dar und ist hält und die für die Instandhaltungsplader Trinkwasser-Installation unbedingt zu ver- nung und auch für die Gefährdungsanaist nur zulässig, meiden. Diese Frist lyse verwendet werden kann. Auch in der Bauphase wenn spätestens kann auf maximal muss der Schutz des Trinkwassers 72 Stunden da7 Tage verlängert Schlussbemerkung nach der bestimDie VDI/DVGW Richtlinie 6023 ist an werden, aber nur gewährleistet sein. mungsgemäße in Gebäuden, die vielen Stellen konkretisiert und neu formuBetrieb erfolgt keinen besonderen liert worden. Die Zahl der Änderungen und Anforderungen un- neuen Textteile ist so bedeutend und hoch, (Abschnitt 6.9). Längere Stillstandzeiten sind nicht terliegen und bei denen die Trinkwasser- dass alle Beteiligten (Planer, Installateure, zulässig, es muss spätestens nach beschaffenheit über diesen Zeitraum er- Betreiber) gut beraten sind, Schulungen zur 3 Tagen eine Wasserentnahme an al- halten bleibt. Eine längere Betriebsunter- VDI/DVGW 6023 zu besuchen, denn die nolen vorhandenen Entnahmearmaturen brechung (> 7 Tage) vellierte Trinkwaserfolgen! Vor der Befüllung mit Trink- ist ein nicht-bestimserverordnung forwasser muss eine Hygiene-Erstinspek- mungsgemäßer Bedert die Einhaltung Eine Nichtnutzung von mehr tion durch fachkundige Personen er- trieb. Neu geregelt der allgemein anerals 72 Stunden stellt eine Betriebs folgen. Diese Inspektion umfasst die sind auch die Maßkannten Regeln der Prüfung der Unterlagen, Prüfung der nahmen bei einer unterbrechung dar und ist unbedingt Technik. TeilnehAnforderungen des Raumbuchs und Unterbrechung des mer, die nach erfolgzu vermeiden. Prüfung der Anschlüsse von Feuer- Betriebes von mehr reicher Prüfung ein Zertifikat erhalten, löschleitungen bzw. Nichttrinkwas- als sechs Monamüssen ihre Qualiser-Installationen. Als zusätzlicher, ten: Kontrollunterfachlicher Nachweis wird hier eine suchungen nach der Trinkwasserverord- fikation aus dem Sanitärbereich nachweiSchulung nach VDI/DVGW 6023, Typ nung (Trinkwasser kalt und warm), Un- sen. Die Schulung nach Typ A (zweitägig) tersuchung auf Legionellen, Maßnahmen ist für planende, verantwortlich errichtenA gefordert. nach DVGW W 557 (bei Belastungen) und de und prüfende Tätigkeiten ausgerichtet, Im Abschnitt 6.9.3 sind Festlegungen zusätzlich Maßnahmen nach DVGW W 551 die Schulung nach Typ B (eintägig) für erfür Wasserfahrzeuge genannt: Vorgaben für den Warmwasserkreislauf. richtende und instand haltende Tätigkeiten. für die Befüllung von Schiffen mit und Eine Schulung nach VDI/DVGW 6023 erohne eigene Wassergewinnungsanlagen. Instandhaltung setzt nicht die nach den einschlägigen VorEine Wassergewinnung im küstennahen Die Instandhaltungsplanung ist im Ab- schriften geforderte Qualifikation für ArBereich, in Flüssen und auf stark befah- schnitt 8.2 beschrieben. Anlagen und Ap- beiten an Trinkwasser-Installationen. ■ Autor: Dr.-Ing. Heinz Rötlich, Schulungsdirektor Europa bei der Judo Wasseraufbereitung GmbH, Winnenden www.judo.eu Biofilmbildung durch Mikroorganismen in Rohrleitungen. 4 Bild: Judo Sonderdruck aus IKZ-HAUSTECHNIK 22/2013