Eine leckere Adresse

REISE & URLAUB
Samstag, 21. August 2010
6 6 . Ja h r g a n g , N r. 2 2 5
WÜS - Seite 48
Eine leckere Adresse
Die Emilia Romagna bittet zu Tisch
Vom Grubenkäse bis zur Kiwi, von der Aprikose zum Salz – die Zutaten zur sanften Hügellandschaft Norditaliens schmecken
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S
Tipps zum Trip
Von unserer Mitarbeiterin
BARBARA BEDACHT
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Information: Comune di Bertinoro, Piazza
della Libertà 1, I - 47032 Bertinoro;
ü 00 39/05 43/46 92 13.
Comune di Brisighella, Via Naldi 2, I - 48013
Brisighella; ü 00 39/03 35/ 6 55 33 63.
Comune di Cervia, Circonvallazione Sacchetti
99, I - 48015 Cervia; ü 00 39/05 44/91 52 11.
Im Internet: www.comune.bertinoro.fc.it
www.terredifaenza.it
www.turismo.comunecervia.it
www.emiliaromagnaturismo.it
ie singen einfach los. Arianna fängt
an, Guido stimmt ein. „Romagna
mia, lontan da te non si puo star.“
Der kleine Reisebus schaukelt durch
die sanften Hügel. Die Reiseführer singen davon, dass sie nicht fern ihrer Heimat sein
können. Seit zwei Tagen sind wir mit Arianna und Guido in dem italienischen Landstich unterwegs, am liebsten würden wir mit
ihnen einstimmen in ihr Loblied auf die
Schönheit der Landschaft, auf die Köstlichkeiten, die der Boden hervorbringt, und auf
die Herzlichkeit der Menschen.
Vor 40 Jahren war die Emilia Romagna typisches Reiseziel deutscher Touristen. Zumindest jenes kleine Stück norditalienische
Adriaküste, das zur Romagna gehört. „Teutonengrill“ wurde in den 60er und 70er Jahren
von manch einem gespöttelt. Für viele andere bedeutete es einfach nur Bella Italia, am
Strand von Milano Maritima, von Rimini
oder Cervia in der Sonne zu dösen. Wenn’s
zu heiß wird, mal eben ins Meer hüpfen. Am
Abend Pizza und Pasta essen. Und natürlich
Eis, das viel besser schmeckt als in der Eisdiele daheim.
Wer die Romagna auf die Adria reduziert,
verpasst viel. In den Hügeln hinter der Küste
gibt es eine Landschaft zu entdecken, die der
berühmten Toskana in nichts nachsteht,
aber dennoch eine unbekannte Schöne geblieben ist. Mit Menschen, die herzlich auf
Touristen zugehen. Und die stolz sind auf ihr
Stück Bella Italia. Das schöne Italien, das sich
in vielen kleinen Dingen wieder findet. Und
vieles davon schmeckt so gut . . .
Wein, Fladenbrot und Schinken
Wie in der Fattoria Paradiso. Chefin Graziella Pezzi schwenkt das große Rotweinglas.
Da steht eine italienische Mama wie aus dem
Bilderbuch: voller Stolz auf ihren Wein und
die Tradition ihres Weinguts bei Bertinoro.
Sie hat Barbarossa im Glas, das ist eine eher
unbekannte Rebsorte, die es nur in der Fattoria Paradiso gibt. Wein von hier gab es zu
trinken, als US-Präsident Ronald Reagan
1982 zu Besuch in Rom war. Sogar Papst
Johannes Paul II. kam einst in die Fattoria Paradiso, eine Schmucktafel draußen an der
Wand erinnert daran. Im kühlen Weinkeller
hat die Familie Pezzi Schätze angesammelt.
Eigene Weine und Raritäten aus aller Herren
Länder finden sich im Keller – auch ein fränkischer Bocksbeutel.
Hochmodern und ebenso sehenswert ist
das Weingut Campo del Sole am Fuß der Mittelalterstadt Bertinoro. Wir verkosten weißen
Albana und den Rose Genovese. Dazwischen
knabbert man ein Stückchen Piadina, das für
die Romagna typische Fladenbrot, und
Schinken von den schwarzen Schweinen dieser Gegend, der Rasse Mora Romagnola.
Heute übernachten wir bei Antonio Sangiorgi im Landhaus Ca Balbi. Die Aprikosen
sind reif! Es ist eine Wonne, mit dem Signore
durch die Spalierreihen zu gehen. Sieben Sorten Aprikosen baut er an. Die Früchte sind
prächtig orange und süß. Der Landwirt exportiert über den Markt in Faenza nach
Deutschland und Österreich. Im November
werden dann die Kiwis reif, 6000 Bäume stehen hier. Und Oliven – auch die baut Antonio Sangiorgi an. Später, bei der Olivenölprobe im Haus der regionalen Spezialitäten in
Brisighella, lernen wir den Unterschied von
Anreise: Von Würzburg sind es etwa neun
Stunden Fahrt mit dem Auto, größtenteils
Autobahn. Alternativ: Mit dem Flugzeug am
besten nach Bologna, von dort sind es etwa
80 Kilometer bis Bertinoro.
Übernachtungen: Empfehlenswert ist Agriturismo, das sind Ferien auf dem Land. Das
Appartementhaus des Weingutes Fattoria Paradiso in der Nähe von Bertinoro zum Beispiel
liegt mitten in den Weinbergen und hat ein
Schwimmbad. Eine Ferienwohnung mit Küche
kostet für zwei Personen 84 Euro pro Nacht.
Ebenfalls mit Schwimmbad, inmitten von Aprikosen- und Olivenbaumhainen, kann man im
Landhaus Ca Balbi bei Brisighella wohnen –
zu 70 Euro für zwei Personen pro Nacht.
Köstlichkeiten der Romagna: Wein, Fladenbrot und Schinken von schwarzen Schweinen sind ein Klassiker (oben). Grubenkäse (links) ist
eine Spezialität. Antonio Sangiorgi erntet Aprikosen (Mitte) und Graziella Pezzi (rechts) hat ein Weingut.
FOTOS: BARBARA BEDACHT
gewöhnlichem und allerfeinstem Olivenöl.
In der Romagna sind die Oliven kleiner: 100
Kilo davon ergeben etwa zehn Liter Öl, in der
Toskana kommen drei bis fünf Liter mehr
raus. Direkt neben dem Olivenhain auf dem
Landgut Ca Balbi liegt der Pool, ein Bad in
der Abendsonne tut gut. Zum Meer ist es von
hier aus für ein kurzes Bad zu weit, mindestens eine halbe Stunde mit dem Auto. Was
soll’s – hier haben wir das Schwimmbecken
und die Liegen drum herum für uns.
Dennoch müssen wir weiter, andere Köstlichkeiten locken. Aufs Mittelalter geht die
Käseproduktion in Sogliano al Rubicone zu-
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rück. Etwa 40 Gruben gibt es unter den Häusern auf der Berghöhe, sieben davon gehören
Marino Brandinelli, zweieinhalb Tonnen Käse reifen dort. Die größte Grube hat einen
Durchmesser von etwa sechs Metern. Bevor
der Käse eingelagert wird – entweder aus
Schaf- und Kuhmilch gemischt oder nur aus
einer Milchsorte, wird die Höhle mit Feuer
gereinigt, dann mit Holzbrettern und Stroh
ausgelegt. Drei Monate liegen die Käselaibe
in ein Tuch eingeschlagen in der Höhle; was
danach ans Tageslicht kommt, ist ein Hochgenuss. Gut 25 Euro kostet das Kilo, wenn
man es direkt beim Erzeuger kauft in Soglia-
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no al Rubicone, im Delikatessladen in Mailand muss man mit dem Doppelten rechnen.
Der Käse ist weicherem Parmesan ähnlich, er
hat einen intensiven Geschmack, ist ein Genuss zu kräftigem Rotwein oder auch als
Frischkäse zubereitet etwas abgemildert mit
einem Klecks Marmelade darauf.
Essen – in der Romagna bedeutet das Verwöhnen. Allein beim Blick auf die handgeschriebenen Tafeln der Restaurants läuft
einem das Wasser im Mund zusammen. Was
wir als Tortellini kennen, heißt in der Romagna Capeloni. Unbedingt probieren empfiehlt sich auch für die Strozzapreti. Die ge-
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Sehenswert: Ein Besuch in Faenza mit etwa
60 Keramikwerkstätten und dem internationalen Keramikmuseum lohnt sich.
Nicht versäumen sollte man auch einen Bummel durch die Textildruckerei von 1826 in
Gambettola; in der antiken Bottega Pascucci
wird noch heute Leinen handbedruckt. Hier
kann man sich den passenden Tropfenfänger,
eine Art Schürze für die Weinflasche, mit nach
Hause nehmen.
Etwas Zeit sollte man für das interreligiöse
Museum in Bertinoro einplanen. Es gibt Einblicke in drei Weltreligionen und ihre verbindenden Elemente.
In Casola Valsenio lockt der Giardino delle
Erbe; in dem Kräutergarten werden Pflanzen
zu medizinischen Zwecken gezüchtet.
drehten kleinen Nudeln ohne Eier waren früher eine Speise für arme Leute und heißen so
etwas wie „abgewürgte Priester“.
Für gute Nudeln braucht es Salz, am besten aus Cervia. Jetzt sind wir doch noch am
Meer, wie erwartet steht am Strand Liege an
Liege. Mit einem Motorboot geht es vom Fischerhafen in den Kanal zur Saline. Dort wartet Africo, der die meiste Zeit seines Lebens
an diesen Salzbecken verbracht hat. Heute
zeigt er nur noch Touristen, wie in den flachen Becken Salz geschöpft wird. Gutes Cerviasalz, mit dem der gegrillte Fisch im Restaurant im Hafen einfach klasse schmeckt.
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