Adenoviren

Transcrição

Adenoviren
Institut für medizinische &
molekulare Diagnostik AG
14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 250
Falkenstrasse
50 20
Adenoviren
1. Bedeutung
Adenoviren wurden erstmals in den 50er Jahren aus Tonsillen (griech. aden =
Drüse) isoliert und als Erreger von Erkrankungen der Atemwege beschrieben. Es
zeigte sich bald, dass diese Viren sehr weit verbreitet sind und auch eine
Vielzahl verschiedenster Wirte kennen. Sie wurden in fast allen Arten von
Säugetieren und Vögeln bis hin zu den Amphibien gefunden. Bis heute sind 51
menschenpathogene Serotypen bekannt. Sie wurden in Subgenera A-F
gruppiert, weil gewisse mehr oder weniger regelmässig mit bestimmten
Krankheitsbildern korrelieren, was aber klinisch und pro individuo selten von
Bedeutung ist. Adenoviren verursachen ein breitgefächertes Spektrum von
Erkrankungen. Die meistbetroffenen Organsysteme sind Atemwege, Augen und
Magendarmtrakt. Genitale Infektionen wie herpesähnliche Hautläsionen,
Urethritis, hämorrhagische Cystitis, Orchitis, Cervicitis wurden ebenfalls
beschrieben [1,2].
Infektionen der oberen und unteren Atemwege sind vor allem bei Kindern sehr
häufig, aber nicht auf diese Altersgruppe beschränkt. Die Erkrankungen gehen
meistens mit Fieber einher und manifestieren sich als Pharyngitis, Tonsillitis,
Bronchitis, Bronchiolitis oder Pneumonie. Manche Patienten husten anfallsartig,
als hätten sie Keuchhusten, was zur Bezeichnung “Pertussis-Syndrom” führte.
Eher selten sind Leber, Nieren und Zentralnervensystem mitbeteiligt. Solche
generalisierten Infekte können bei Kleinkindern und vor allem
immungeschwächten Patienten (Chemotherapie, Organtransplantation, AIDS) zu
schwerwiegenden Komplikationen mit Todesfolge führen [2].
Am Auge verursachen Adenoviren 1. das Pharyngokonjunktivalfieber,
charakterisiert durch plötzliches Fieber, akute Pharyngitis, Schwellung der
Halslymphknoten und follikuläre Entzündung der Bindehaut. Oft ist es begleitet
von Kopfschmerzen, Durchfall und Exanthem. Ein 2. Syndrom ist die
epidemische Keratokonjunktivitis, eine schwere Entzündung von Horn- und
Bindehaut. Die Läsionen der Hornhaut können zu wochenlangen Sehstörungen
führen. Ein 3. ist die akute hämorrhagische Konjunktivitis mit Fieber,
subkonjunktivalen Blutungen und Schwellung der vor dem Ohr gelegenen
Lymphknoten.
Adenovirusbedingte Gastroenteritiden unterscheiden sich klinisch nicht von
Durchfall-erkrankungen anderer Ätiologie. Bei Kleinkindern sind Adenoviren
nach Rotaviren die zweithäufigsten Erreger von Diarrhoe; für bis zu 15% der
wegen akuter Gastroenteritis hospitalisierten Kinder sind Adenoviren
verantwortlich.
Die Uebertragung von Adenoviren verläuft in erster Linie fäkal-oral durch
Schmier-infektion, aber auch über Wasser und Lebensmittel. Ein zweiter Weg
ist der aerogene mit Tröpfchen. Sporadische Erkrankungen treten ganzjährig
auf. Vorwiegend im Sommer werden Epidemien von Pharyngokonjunktivalfieber,
Institut für medizinische &
molekulare Diagnostik AG
14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 250
Falkenstrasse
50 20
vielfach ausgehend von Schwimmbädern, beobachtet. In der Wintersaison
klassisch sind Ausbrüche von Atemwegserkrankungen in Rekrutenschulen und
ähnlichen Situationen, in denen viele Personen auf engem Raum zusammen
hausen. Nosokomiale Infektionen der Atemwege durch Aerosole auf
Kinderabteilungen sowie epidemische Keratokonjunktivitiden durch
Schmierinfektion mit kontaminierten ophthalmologischen Geräten oder
Augentropfen in Augenkliniken sind seit langem beschrieben.
Die Erstinfektion erfolgt im frühen Kindesalter. Sie hinterlässt eine
serotypspezifische Immunität, die nicht vor Reinfektion schützt, aber weitere
Erkrankungen mit anderen Typen mitigieren soll. Adenoviren können in Tonsillen
oder Lymphknoten persistieren. Im Stuhl werden sie evt. über Monate nach
Genesung des Patienten ausgeschieden. Deshalb sind sie teilweise auch bei
Gesunden nachweisbar [1,3].
2. Nachweismethoden
Die klassische Labordiagnose kann mit einer ganzen Reihe von Methoden mit
unter-schiedlichem Aufwand an Technik und Zeit geführt werden:
Elektronenmikroskopie EM, Viruskultur, Antigennachweis (IF, EIA, LatexAgglutination etc.) und Serologie mittels KBR und EIA u.a. Die enteralen
Adenoviren sind schwierig zu kultivieren und werden daher entweder
EMikroskopisch oder durch Antigennachweis im Stuhl erfasst. Die Serologie hat
sich bestens bewährt für Infekte im unteren Respirationstrakt. Für die Diagnostik
von Infektionen der oberen Atemwege, des Auges und des Gastrointestinaltraktes ist sie weniger geeignet, da diese eine zu schwache Antikörperantwort
auslösen.
Die PCR ist momentan die sensitivste und gleichzeitig schnellste Methode. Ihren
ersten Einsatz erfuhr sie zum Nachweis der kulturell problematischen enteralen
Adenoviren [4]. Inzwischen sind PCR Systeme beschrieben worden, die durch
Amplifikation einer stark konservierten Region aus dem für das Hexon (Kapsid)
kodierenden Gen alle Serotypen umfassen. Im Bedarfsfall, z.B. zur Abklärung
einer Epidemie, kann anschliessend der ursächliche Serotyp durch
Sequenzierung eruiert werden [5].
3. Therapie
Keine spezifische verfügbar.
Institut für medizinische &
molekulare Diagnostik AG
14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 250
Falkenstrasse
50 20
4. Untersuchungsmaterialien
Folgende Materialien sind für eine Untersuchung auf Adenoviren geeignet:
• Bronchial-Sekret/-Lavage
• Rachenspülflüssigkeit
• Rachen-/Nasopharyngealabstrich
• Nasopharyngealsekret
• Augenabstrich
• Liquor
• Urin
• Stuhl nativ
• Isolat
________________________________________________________________________
_________________________
Literatur:
[1] G. W adell, A. Allard, J.C. Hierholzer. Adenoviruses, p. 970-982. In: Manual of
Clinical Microbiology, 7th edition.
P.R. Murray, E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H. Yolken (ed.). American
Society for Microbiology,
W ashington D.C. 1999.
[2] J.C. Hierholzer. Adenoviruses in the immunocompromised host. Clin. Microbiol.
Rev. 1992, 5:262-274.
[3] W .C. Russell. Adenoviruses, p. 281-290, Vol. 1. In: Topley & W ilson’s
Microbiology and Microbial Infections,
9th edition. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.). Arnold, London 1998.
[4] A.K. Allard,R. Girones, P. Juto, G. W adell. Polymerase chain reaction for
detection of adenoviruses in stool
samples. J. Clin. Microbiol. 1990, 28:2659-2667.
[ 5] M. McDonough, O. Kew, J. Hierholzer. PCR detection of human adenoviruses, p.
389-393. In: Diagnostic
molecular microbiology: Principles and applications. D.H. Persing, T.F. Smith,
F.C. Tenover, T.J. W hite (ed.).
American Society for Microbiology, W ashington D.C. 1993.