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Hochschule Ulm, Fakultät Mechatronik und Medizintechnik
Echtzeit-Implementierung einer
Röhrenvorstufe zur Verzerrung diskreter
Audiosignale
Bachelorarbeit im Sommersemester 2012
Philipp Bulling
Matr. Nr.: 3100823
8. Juli 2012
Mein Dank gilt der Firma d&b audiotechnik GmbH für die
Möglichkeit, diese Arbeit zu verfassen. Insbesondere danke ich
Dipl.-Ing. (FH) Sven Mörtel für die Betreuung vor Ort sowie den
Gutachtern der Hochschule Ulm, Prof. Dr.-Ing. Rainer Brucher und
Prof. Dr. Georg Schulz.
Diese Abschlussarbeit wurde von mir selbständig verfasst. Es wurden nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet. Alle wörtlichen und sinngemäÿen Zitate sind
in dieser Arbeit als solche kenntlich gemacht.
Ort, Datum
Philipp Bulling
3
Zusammenfassung
Der Klang eines analogen Röhrenverstärkers übt nach wie vor groÿe Faszination aus,
weshalb Röhrenschaltungen in der Audiowelt bis heute eine besondere Rolle spielen. Auf
der anderen Seite macht das digitale Zeitalter aber auch vor der Audiotechnik nicht halt.
In vielen Fällen können digitale Modelle ihre realen Vorbilder bereits derart gut nachbilden, dass klangliche Unterschiede kaum noch wahrnehmbar sind. Um den typischen
Klang eines Röhrenverstärkers mit digitalen Geräten nachzubilden, wird in dieser Arbeit ein Modell entwickelt, mit dem eine Röhrenschaltung implementiert werden kann.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Vorstufen mit Trioden, da diese einen besonderen
Einuss auf das klangliche Ergebnis haben.
Basierend auf physikalischen Eigenschaften realer Röhren wird zunächst ein Röhrenmodell entwickelt. In dieses mathematische Modell ieÿen die Ergebnisse theoretischer
Untersuchungen sowie die Analyse von Datenblättern mit ein. Das Modell wird dann
zur Berechnung einer kompletten Verstärkerschaltung herangezogen. Neben der Röhre
besteht eine solche Schaltung aus verschiedenen passiven Bauelementen. Letztere werden
im Bereich der digitalen Signalverarbeitung durch Dierenzengleichungen beschrieben,
welche wiederum rekursiv gelöst werden.
Der so entwickelte Algorithmus wird schlieÿlich auf einem digitalen Signalprozessor
implementiert und auf seine klanglichen Eigenschaften hin untersucht. Das Verhalten
des digitalen Modells entspricht dabei auf sehr zufriedenstellende Weise dem der realen
Verstärkerschaltung. Wichtige klangformende Eekte eines analogen Röhrenverstärkers
können auch beim digitalen Modell nachgewiesen werden.
Abstract
Since the sound of an analogue tube amplier has always exerted a strong fascination,
electrical circuits with tubes play a certain role in the world of audio engineering up to
now. On the other hand, audio technology becomes more and more digitised. In many
cases, digital models emulate real devices in such a way that dierences in sound are
hardly audible. In this work a model is developed which is able to emulate the typical
sound of a tube amplier on digital devices. Here the main focus is on preampliers with
triodes, since they have a particular inuence to the sound.
Based on the physical properties of real tubes, a tube model is developed rst. This
mathematical model includes results of theoretical studies as well as analysis of data
sheets.
The model is then used to implement an entire amplier circuit.
In addition
to the tube itself amplier circuits contain several passive elements. In the domain of
digital signal processing the latter are described by nite dierence equations, which are
solved recursively.
The resulting algorithm is nally implemented on a digital signal processor in order to
examine its tonal properties. The behavior of the digital model corresponds satisfactorily
to real amplier circuits. Important sound eects of analogue tube ampliers can also
be attested to the digital model.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
8
1.1.
Röhrenklang und Motivation
1.2.
Obertöne
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
9
1.3.
Entwicklungswerkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
I. Theoretische Grundlagen
11
2. Die Physik der Vakuumröhre
12
2.1.
Raumladungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.1.1.
Das Langmuir-Child'sche Raumladungsgesetz . . . . . . . . . . . .
14
2.1.2.
Perveanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.2.
Anlaufstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.3.
Sättigungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.4.
Kennlinie der Diode
18
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Röhrentypen
3.1.
3.2.
19
Grundsätzlicher Aufbau
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.1.1.
Triode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.1.2.
Tetrode
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3.1.3.
Pentode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
Kenngröÿen und Berechnungsgröÿen der Triode . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.2.1.
Kennlinie der Triode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.2.2.
Röhrenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.2.3.
Arbeitswiderstand
26
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Entwicklung des Algorithmus
29
4. Digitales Modell einer Triode
30
4.1.
4.2.
Mathematische Beschreibung des Kennlinienfeldes . . . . . . . . . . . . . .
30
4.1.1.
Perveanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
4.1.2.
Exponent
32
4.1.3.
Spezielle Exponentialfunktion mit zwei Parametern . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Modellierung des Übertragungsverhaltens
33
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
4.2.1.
Übertragungskurve mit ohmschen Arbeitswiderstand . . . . . . . .
38
4.2.2.
Verhalten bei induktivem Arbeitswiderstand . . . . . . . . . . . . .
42
6
5. Röhrenschaltungen mit Trioden
5.1.
5.2.
45
. . . . . . . . . . . . . . .
45
5.1.1.
Implementierung einer Kathodenbasis-Vorstufe
Gitterstrom-Eekt
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
5.1.2.
Automatische Gittervorspannungserzeugung . . . . . . . . . . . . .
51
5.1.3.
Röhre und ausgangsseitige Beschaltung
. . . . . . . . . . . . . . .
53
Mehrere Vorstufen hintereinander geschaltet . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.2.1.
58
Innenwiderstand der Kathodenbasis-Schaltung . . . . . . . . . . . .
6. Zusammenfassung
62
6.1.
Vergleich mit anderen Arbeiten, Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
6.2.
Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
Literaturverzeichnis
64
Abbildungsverzeichnis
66
Tabellenverzeichnis
68
7
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden auf physikalischer
Ebene theoretische Grundlagen der Vakuumröhre erläutert und wichtige Zusammenhänge
detailliert hergeleitet. Basierend auf den Ergebnissen der theoretischen Untersuchungen,
wird im zweiten Teil ein Algorithmus zur Echtzeitsimulation von Röhrenschaltungen
entwickelt. Im Zentrum stehen dabei auf der einen Seite das digitale Röhrenmodell,
auf der anderen Seite die Diskretisierung des zur Beschaltung der Röhre notwendigen
elektrischen Netzwerks.
In diesem einleitenden Abschnitt wird vorab kurz auf für das Verständnis wichtige
Begrie sowie die verwendeten Werkzeuge eingegangen.
1.1. Röhrenklang und Motivation
Die Elektronenröhre war lange Zeit das einzige elektronische Bauteil, mit dem Signale
gezielt verstärkt werden konnten. Ihre Einsatzzwecke reichten von Rundfunkempfängern
über Fernseh- und Computermonitore bis hin zu medizinischen Geräten. Als in den 50er
Jahren des vorigen Jahrhunderts die ersten Halbleiterbauelemente auf den Markt kamen, wurde sie jedoch mehr und mehr von Transistoren verdrängt. Letztere weisen vor
allem in Bezug auf Lebensdauer, Preis und Bauteilgröÿe deutlich bessere Eigenschaften
als Röhren auf. Zudem erfordern Röhren eine aufwändigere Beschaltung, da sie mit vergleichsweise hohen Versorgungsspannungen betrieben werden müssen. Weitere Nachteile
sind die benötigten Heizungen, die eine groÿe Wärmeverlustleistung verursachen, sowie
eine hohe Nichtlinearität.
Allerdings ist es gerade diese Nichtlinearität, die der Elektronenröhre im Audiobereich
seit einigen Jahren eine Art Revival beschert und sie damit vor dem völligen Aussterben
bewahrt. Sie kommt durch verschiedene physikalische Vorgänge im Inneren einer Röhre
zustande und ist die Ursache dafür, dass ein mit einer Röhre verstärktes Signal verzerrt
wiedergegeben wird. Normalerweise sind solche Verzerrungen unerwünscht und es wird
viel Aufwand betrieben, um sie zu vermeiden. Im Fall der Röhre jedoch handelt es sich
um eine Art der Klangverfremdung, die vom menschlichen Gehör als angenehm und
warm empfunden wird, weshalb sie in einigen Bereichen der Audiotechnik nach wie vor
eingesetzt wird.
In dieser Arbeit wird es darum gehen, ein digitales Modell zu entwickeln, das ebendiese klangverformenden Eigenschaften von Röhrenschaltungen aufweist. Dabei wird Wert
darauf gelegt, dass der Algorithmus ein zeitdiskretes Audiosignal möglichst in Echtzeit
verarbeiten kann.
8
Abbildung 1.1.: Clipping bei einer Sinusschwingung
1.2. Obertöne
Ein Klang besteht aus einer Grundschwingung mit einer bestimmten Amplitude und
Frequenz, der weitere Oberschwingungen überlagert sind. Sind die Frequenzen dieser
Oberschwingungen geradzahlige Vielfache der Grundfrequenz, empndet das menschliche Ohr diesen Klang als angenehm. Im musikalischen Sinne setzt sich ein solcher Ton
aus dem Grundton und mehreren darüberliegenden Oktaven zusammen. Es sind diese
geradzahligen Harmonischen, die dem Klang von der Röhre - vor allem von der Triode beigemischt werden und so für das charakteristische Röhrenklangbild sorgen.
Werden die Pegelspitzen einer Schwingung symmetrisch ab einer bestimmten Amplitude hart abgeschnitten, erzeugt dies ungeradzahlige Harmonische, d. h. Oberschwingungen
mit der drei-, fünf- und siebenfachen Frequenz der Grundfrequenz. Musikalisch gesehen
entspricht z. B. die dreifache Frequenz einer Quinte über der Oktave des Grundtons oder
die fünache Frequenz einer groÿen Terz über der zweiten Oktave [Sen02]. Einen solchen Klang nehmen wir als hart und kalt war. In Abb. 1.1 ist dies an einer einfachen
Sinusschwingung dargestellt. Die Schwingung hat die Amplitude 1 und eine Frequenz von
100 Hz (grün). Sie wird bei
±0, 7
symmetrisch beschnitten (blau). Im Spektrum erkennt
man deutliche Peaks bei ungeradzahligen Vielfachen der Grundfrequenz (300 Hz, 500 Hz
1
usw.) .
1
Bei den hohen Frequenzen im Spektrum sind auÿerdem Aliasing-Eekte zu sehen, die an dieser Stelle
nicht betrachtet werden.
9
1.3. Entwicklungswerkzeuge
Der Prototyp des Algorithmus sowie damit zusammenhängende Untersuchungen wurden
zunächst in
Scilab
implementiert. Bei
Scilab
handelt es sich um eine freie und quellof-
fene Mathematik-Plattform für numerische Berechnungen. Entwickelt und gepegt wird
French National Institute for Research
in Computer Science and Control ), welches seit 2008 Teil der Digiteo Foundation ist.
die Software von einem Konsortium des INRIA (
Scilab
wird unter der GPL-kompatiblen CeCILL-Lizenz vertrieben [Sci12]. Alle in die-
ser Arbeit abgebildeten mathematischen Funktionsgraphen wurden, sofern nicht anders
angegeben, mit
Scilab
erstellt.
In einem zweiten Schritt wurden die Algorithmen zur klanglichen Evaluierung auf einem digitalen Signalprozessor (DSP) implementiert und hinsichtlich ihrer Echtzeittauglichkeit optimiert. Hierfür stand das
Firma
Analog Devices, Inc.
ADSP-21489 EZ-KIT Lite
Sharc-DSP
VisualDSP++
Entwicklungsboard der
zur Verfügung. Der darauf bendliche A/D- bzw. D/A-
Wandler-Chip (AD-1939) versorgt den
mit wahlweise mit 48 kHz, 96 kHz
oder 192 kHz abgetastetem Audiomaterial und leitet dieses nach der Signalverarbeitung
an die Ausgänge weiter. Als Entwicklungsumgebung diente
nebst Debugger und diversen Analysewerkzeugen auch einen
tet [Ana12]. Im vorliegenden Fall wurde hauptsächlich in
Optimierungen in geringem Maÿe auch mit dem
10
Sharc
C
C++
, welches
Compiler beinhal-
programmiert, für diverse
-eigenen
Assembler.
Teil I.
Theoretische Grundlagen
11
2. Die Physik der Vakuumröhre
Um das Verhalten einer Elektronenröhre digital modellieren zu können, ist ein grundlegendes Verständnis über die Vorgänge im Inneren einer Vakuumröhre zwingend notwendig. Mathematische Hintergründe werden daher, sofern auf ihnen im weiteren Verlauf
aufgebaut wird, im Detail hergeleitet. Dies betrit vor allem die mathematische Beschreibung der Kennlinie einer Vakuumröhre, da diese eine ihrer wichtigsten Charakteristiken
darstellt. Die Kennlinie setzt sich im weitesten Sinne aus drei Bereichen zusammen, die
in den folgenden Abschnitten zunächst einzeln betrachtet und am Ende dieses Kapitels
zusammengefügt werden.
2.1. Raumladungsbereich
Wird an die Platten eines sich im Vakuum bendlichen Kondensators eine Spannung
angelegt, bildet sich im Inneren ein elektrisches Feld
E
gleichmäÿig verteilt, das elektrische Feld ist
Geht man im idealen Fall davon
homogen.
aus. Die Feldlinien sind dabei
aus, dass sich im Kondensator keinerlei Raumladung bendet, verläuft die Spannungsverteilung dementsprechend linear zwischen den Elektroden (vgl. Abb. 2.1a).
Thermische Emission
Erhitzt man nun die Kathode, d. h. die elektrisch negativ ge-
ladene Elektrode, wird den freien Elektronen im Metall Energie in Form von Wärme
zugeführt. Diese Energiezufuhr bewirkt, dass sich die Geschwindigkeit der Elektronen,
und damit ihre kinetische Energie, erhöht. Erreicht ein Elektron die Oberäche, kann es
aus dem Metall austreten, wenn die durch seine Geschwindigkeit
1
Wkin = me va2
2
va
festgelegte Energie
(2.1)
gröÿer ist, als die zur Emission benötigte Austrittsarbeit
Wa .
Letztere ist stark ma-
terialabhängig. Mathematisch beschrieben wird die bei der Glühemission auftretende
Stromdichte
J
durch die Richardson-Gleichung
− kWaT
J = Ar T 2 · e
B
,
mit der materialspezischen Richardson-Konstanten
und der Boltzmann-Konstanten
kB
(2.2)
Ar ,
der absoluten Temperatur
T
[Rei44].
Bei den folgenden Überlegungen wird davon ausgegangen, dass die Kathode so stark
erhitzt wird, dass in jedem Fall eine ausreichend groÿe Anzahl an Elektronen aus dem Material austreten kann, sodass die Bedeutung der Richardson-Gleichung erst in Abschnitt
2.3 zum Tragen kommt.
12
(a) Homogenes elektrisches Feld beim Plattenkondensator
(b) Die beheizte Kathode emittiert Elektronen und verzerrt dadurch das elektrische Feld
Abbildung 2.1.: Feldlinien und Spannungsverteilung
Raumladungswolke
Die freien Elektronen bilden eine
Raumladungswolke
um die Ka-
thode. Legt man an die Anode eine im Vergleich zur Kathode positive Spannung an, wird
erneut ein elektrisches Feld erzeugt. Da die Kathode jetzt jedoch von der Raumladungswolke verdeckt wird, können die Feldlinien nur vereinzelt bis zur Kathode durchdringen.
Bei den meisten technischen Anwendungen treten aus der Kathode sogar so viele Elektronen aus, dass sämtliche Feldlinien von der Raumladung abgefangen werden. Durch
diesen Eekt wird das Feld, und damit auch die Spannungsverteilung, stark verzerrt. In
Abb. 2.1b ist dies dargestellt [Ger/Mes10].
Zudem wird der Strom durch die Raumladung auf einen denierten Wert begrenzt.
Dies hängt damit zusammen, dass die Kurve der Spannungsverteilung
gekrümmt werden kann, bis ihre Steigung bei
x = 0,
U (x)
nur soweit
also direkt bei der Kathode, Null
wird. In diesem Fall dringt keine Feldlinie bis zur Kathode durch. Würde die Steigung
an der Kathode kleiner Null werden, wären die ausgetretenen Elektronen aufgrund der
Abstoÿung gleicher Ladung dazu gezwungen zur Kathode zurückzukehren. Dadurch würde die Raumladung solange verringert, bis die Steigung der Spannungsverteilungskurve
wieder Null wird. Bei einer positiven Steigung wäre genau das Gegenteil der Fall: Die Kathode würde verstärkt Elektronen aussenden, wodurch die Raumladung um die Kathode
zunehmen würde. Dadurch würde das Potential im direkten Umfeld um die Kathode
solange abnehmen, bis es direkt an der Kathode abermals Null wird [Spa48].
13
2.1.1. Das Langmuir-Child'sche Raumladungsgesetz
Der Umstand, dass sich an Stellen lokal hoher Ladungsträgerdichte
Feld
E(~r)
ρ(~r)
das elektrische
stark ändert, wird durch die Poisson-Gleichung zum Ausdruck gebracht:
∇E(~r) = −∇2 U (~r) =
Im Vakuum gilt
ρ(~r)
εr ε0
(2.3)
εr = 1. Auÿerdem soll hier nur der ebene, eindimensionale Fall betrachtet
werden, d. h. Anode und Kathode sind ach und rechtwinklig zur x-Achse angeordnet
(vgl. Abb. 2.1):
d2 U
ρ
=−
2
dx
ε0
(2.4)
Weiter gilt folgender Zusammenhang zwischen Stromdichte, Ladung und Geschwindigkeit:
J = −ρv
(2.5)
Die beim Verschieben eines einzelnen Elektrons verrichtete Arbeit
aus dem Produkt aus Elementarladung
Masse
me
e
und der Spannung
des Elektrons muss die kinetische Energie
U.
We
berechnet sich
Zur Beschleunigung der
1
2
2 me v aufgebracht werden. Es gilt
der Energieerhaltungssatz
1
me v 2 = eU.
2
(2.6)
Mit den bei Elektronenröhren verwendeten Spannungen werden Geschwindigkeiten erreicht, die deutlich kleiner als die Lichtgeschwindigkeit sind, weshalb die Relativitätstheorie nicht berücksichtigt werden muss.
Löst man Gleichung 2.6 nach der Geschwindigkeit
dungsdichte
ρ
v
und Gleichung 2.5 nach der La-
auf und setzt beides in Gleichung 2.4 ein, erhält man den Zusammenhang
d2 U
J
=
dx2
ε0
r
Gleichung 2.7 wird nun auf beiden Seiten mit
ˆ
2
Durch Substitution von
f=
d2 U dU
dx =
dx2 dx
me 1
√ .
2e U
2 dU
dx
2J
ε0
r
(2.7)
erweitert und integriert:
me
2e
ˆ
1
√ dU
U
dU
dx auf der linken Seite erhält man
ˆ
2
df
f dx = 2
dx
und damit als Lösung von Gleichung 2.8
14
ˆ
f df = f 2
(2.8)
dU
dx
2
r
4J me √
U + C1
=
ε0
2e
s r
4J me √
=
U + C1 .
ε0
2e
dU
dx
Wie oben beschrieben, ist an der Stelle
(2.9)
x = 0, direkt bei der Kathode, sowohl die Steigung
dU
dx , als auch das Potential U (x) gleich Null. Daraus folgt, dass auch die Integrationskonstante C1 = 0 sein muss. Erneutes Integrieren von Gleichung 2.10 führt zu
dU
dx
1
√
dU
4
U
ˆ
1
√
dU
4
U
3 3
U4
4
Die Integrationskonstante
Gleichung 2.10 nach
J
C2
s
=
s
4J
ε0
r
4J
ε0
s
r
me √
4
U
2e
me
dx
2e
r
ˆ
4J me
dx
=
ε0
2e
s r
4J me
=
· x + C2 .
ε0
2e
=
ist ebenfalls Null, da bei
x=0
das Potential
(2.10)
U =0
ist.
aufgelöst führt auf das Langmuir-Child'sche Raumladungsgesetz
4 ε0
J=
9 x2
r
2e 3
U2
me
(2.11)
[Spa48, Wil05].
2.1.2. Perveanz
Um von der Stromdichte
J
auf den Strom
I
rückschlieÿen zu können, muss Gleichung
2.11 über die stromdurchossene Querschnittsäche
Abstand
d
A
integriert werden. Für
x
wird der
zwischen den Elektroden eingesetzt:
ˆA
I =
I =
r
4 ε0 2e 3
U 2 dA
9 d2 me
r
4 A 2e 3
ε0
U2
9 d2 me
(2.12)
Fasst man in Gleichung 2.12 die bauartbedingten Variablen sowie die Konstanten zusammen erhält man
15
Abbildung 2.2.: Kennlinie einer Röhrendiode im Raumladungsgebiet
4 A
k = ε0 2
9 d
r
2e
.
me
(2.13)
k wird Perveanz genannt. Wie man leicht sehen kann, ist sie nur von den
d und A der Diode abhängig [Moe/Fri/Fro/Vas76].
Setzt man in Gleichung 2.12 für I den Anodenstrom Ia und für die Spannung U die
Spannung zwischen Anode und Kathode Uak ein, erhält man die für den RaumladungsDie Konstante
Abmessungen
bereich typische Kennlinie einer Röhrendiode mit der Funktionsgleichung
3
2
Ia = k · Uak
(2.14)
(Abb. 2.2).
2.2. Anlaufstrom
Wie bereits erwähnt, gilt Gleichung 2.12 nur im Raumladungsgebiet, d. h. nur, wenn
durch eine anliegende Anodenspannung die durch Glühemission von der Kathode emittierten Elektronen zur Anode hin beschleunigt werden. Ist die Spannung zwischen Anode
und Kathode
Uak = 0,
ist nach Gleichung 2.12 auch der Strom
Ia = 0.
In der Realität ieÿt allerdings auch ohne Anliegen einer Anodenspannung ein kleiner
Anodenstrom. Er kommt durch energiereiche Elektronen zustande, die es schaen, die
Kathodenoberäche zu verlassen und mit geringer Geschwindigkeit zur Anode gelangen
[Moe/Fri/Fro/Vas76].
Beschrieben wird die Kennlinie dieses sog. Anlaufstromes durch die Maxwell-Boltzmann'sche
Verteilung
Wi
BT
−k
ni = A · e
16
.
(2.15)
Abbildung 2.3.: Kennlinie der Diode im Anlaufbereich
Sie besagt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt, bei vorgegebenen Randbedingungen
eine denierte Anzahl
ni
an Teilchen die Energie
den durch die Temperatur
T,
Wi
besitzt. Die Randbedingungen wer-
die Boltzmannkonstante
kB
sowie die Konstante
A,
die
von den Eigenschaften des System abhängt, festgelegt [Alo/Fin88]. Für den Fall der
Elektronenröhre lässt sich Gleichung 2.15 schreiben als
−
Ia = I0 · e
mit der elektrischen Energie
e|Uak |
e|Uak |
kB T
,
(2.16)
sowie dem Anlaufstrom
I0 .
Abb. 2.3 zeigt den Verlauf der Diodenkennlinie bei einem negativen Anodenstrom:
Je negativer
Uak
wird, desto weniger Elektronen können die Energie aufbringen um die
Anode zu erreichen, bis der Stromuss schlieÿlich ganz zum Erliegen kommt. Auf der
rechten Seite schneidet die Kennlinie die y-Achse bei
sache entspricht, dass bei
Uak = 0
der Anlaufstrom
I0
Ia = I0 ,
was der dargelegten Tat-
ieÿt.
In der Praxis ist der Anlaufstrom allerdings meist so gering, dass er vernachlässigt
werden kann.
2.3. Sättigungsbereich
Wurden im Raumladungsbereich von der Kathode immer mehr Elektronen geliefert als
zur Anode gelangten, ist im Sättigungsbereich die Spannung zwischen Anode und Kathode so groÿ, dass sämtliche emittierten Elektronen der Raumladungswolke zur Anode
wandern. Das bedeutet, dass in diesem Bereich, trotz einer weiteren Zunahme der Anodenspannung, der Anodenstrom kaum mehr ansteigt. Der Anodenstrom ist also genauso
groÿ wie der Strom
Ik ,
der von der Kathode emittiert werden kann. Dieser wiederum ist
nach dem Richardson-Gesetz (Gleichung 2.2) allein von der Temperatur abhängig.
Ein Anstieg des Anodenstromes kann demnach nur noch durch erhöhen der Heiztemperatur an der Kathode realisiert werden (siehe auch Abb. 2.4 auf der nächsten Seite)
17
Abbildung 2.4.: Kennlinie einer Vakuumröhrendiode mit allen Bereichen für zwei verschiedene Heiztemperaturen
[Rei44].
2.4. Kennlinie der Diode
Fasst man die vorangegangenen Abschnitte zusammen, erhält man die in Abb. 2.4 schematisch dargestellte Kennlinie einer Vakuumröhrendiode. Der in der Abbildung gekennzeichnete Bereich 1 stellt dabei den Sperrbereich der Diode dar. Die Anodenspannung
ist hier so groÿ (negativ), dass jeglicher Stromuss unterbunden wird. Bereich 2 ist der
Anlaufbereich in dem ein Strom in geringem Maÿe ieÿen kann. Der in Abschnitt 2.1 beschriebene Raumladungsbereich wird durch den Kurvenverlauf im dritten Bereich abgebildet. Der Verlauf des Sättigungsbereichs (4) ist nach Abschnitt 2.3 für zwei verschiedene
Temperaturen
T1
und
T2
aufgezeichnet.
18
3. Röhrentypen
Während in Kapitel 2 ausschlieÿlich die Physik der Röhrendiode behandelt wurde, soll
in diesem Kapitel, basierend auf den vorangegangenen Ergebnissen, zunächst auf die
prinzipielle Funktionsweise der gängigen Mehrpolröhren eingegangen werden. In einem
zweiten Teil werden dann wichtige Berechnungen für die Auslegung und Verwendung von
Elektronenröhren durchgeführt. Da für die Signalverstärkung im niederfrequenten Audiobereich hauptsächlich Trioden und Pentoden eine Rolle spielen, werden Mehrpolröhren
wie Heptoden und Hexoden nicht behandelt.
3.1. Grundsätzlicher Aufbau
3.1.1. Triode
Das Schaltbild in Abb. 3.1 stellt den schematischen Aufbau einer Röhrentriode dar. Ohne
G entspricht der Aufbau der in Kapitel
H , der Kathode K und der Anode A.
das Gitter
Heizung
2 beschriebenen Röhrendiode mit der
Durch das Hinzufügen des Gitters ist der Anodenstrom bei der Triode nicht mehr allein
von der Anodenspannung abhängig, sondern auch von der am Gitter anliegenden Spannung
Ugk .
Liegt an
Ugk
eine im Vergleich zum Kathodenpotential negative Spannung
an, wird dadurch der Emissionsstrom an der Kathode und damit auch der Anodenstrom
geringer, da die Elektronen vom negativen Potential des Gitters zur Kathode zurück
gedrängt werden. Bei steigender negativer Spannung
Ugk
sinkt der Anodenstrom immer
weiter ab, bis beim Erreichen der Abschnürspannung der Stromuss an der Anode komplett gesperrt ist. Bei positiver Gitterspannung können die von der Kathode emittierten
Abbildung 3.1.: Schaltbild Triode
19
Abbildung 3.2.: Schaltbild Tetrode
Elektronen auch auf dem Gitter landen, wodurch ein Gitterstrom ieÿt. Wird dieser zu
groÿ, kann die Röhre zerstört werden. In der Praxis müssen hohe Gitterströme daher
vermieden werden.
1
Der Anodenstrom kann mit einer negativen Gitterspannung demnach leistungslos
gesteuert werden, weshalb das Gitter auch Steuergitter genannt wird [Dic08].
3.1.2. Tetrode
Ein Nachteil der Triode ist die Kapazität zwischen Kathode und Anode, da diese sich
bei der Übertragung von Wechselstromsignalen als störend erweisen kann. Durch Einfügen eines weiteren Gitters
G2
kann man dem Abhilfe schaen und erhält die in Abb.
3.2 dargestellte Tetrode. Dieses zweite Gitter schirmt die Anode elektrostatisch vom
Steuergitter
G1
ab. An
G2
liegt eine hohe positive Spannung an, wodurch es auf die
Elektronen dieselbe Auswirkung hat wie die Anode: Die Elektronen werden in Richtung
des Schirmgitters beschleunigt. Jedoch sind die Maschen dieses Gitters sehr weit, weshalb die meisten Elektronen durch das Schirmgitter hindurch zur Anode gelangen. Wie
noch gezeigt wird, sind durch diese Bauweise der Tetrode gröÿere Verstärkungsfaktoren
als mit einer Triode realisierbar.
Sekundärelektronen
Ein Problem, das bei der Tetrode auftritt, sind die Sekundärelek-
tronen. Die von der Kathode emittierten und durch das Schirmgitter
G2
beschleunigten
Elektronen treen mit groÿer Wucht auf die Anode. Durch den Aufprall sind sie in der
Lage, Elektronen aus der Anode herauszuschlagen. Andere Elektronen können nicht in
das Anodenmaterial eindringen, da sie aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit an der
Oberäche abprallen. Diese sog. Sekundärelektronen bilden eine Wolke um die Anode.
1
Da an dieser Stelle auf die Herleitung der Elektronenlaufzeit verzichtet werden soll, sei auf
[Moe/Fri/Fro/Vas76] verwiesen. Dort wird gezeigt, dass die Elektronenlaufzeit zwischen Kathode
und Anode vernachlässigbar gering ist und die Steuerung deshalb näherungsweise auch ohne zeitliche
Verzögerung abläuft.
20
Abbildung 3.3.: Schaltbild Pentode
Sinkt nun die Anodenspannung unter die Schirmgitterspannung, werden die Sekundärelektronen vom Schirmgitter angezogen und es entstehen Signalverzerrungen.
Um dieses Problem zu umgehen, kann man den Abstand zwischen Anode und Schirmgitter vergröÿern, was jedoch wiederum eine hohe Anodenspannung erfordern würde.
Eine zweite Lösung ist daher das Hinzufügen eines weiteren Gitters, was zur Bauweise
der Pentode führt.
3.1.3. Pentode
Bei der Pentode wird zwischen Schirmgitter und Anode ein drittes Gitter
G3 ,
das sog.
Bremsgitter, eingefügt (vgl. Abb. 3.3). Das Bremsgitter liegt auf dem gleichen Potential
wie die Kathode und stöÿt daher Elektronen ab. Dadurch, dass das Gitter sehr grobmaschig ist, können es die schnellen, von der Kathode kommenden Elektronen nahezu
ungehindert passieren. Die langsameren Sekundärelektronen werden jedoch abgestoÿen
und zurück zur Anode gedrängt.
Ein Nachteil der Pentode gegenüber der Triode ist das stärkere Eigen- bzw. Röhrenrauschen. Je mehr Gitter eine Röhre aufweist, desto gröÿer ist die an der Anode zu
messende Rauschspannung. Sie kommt durch die ungleichmäÿige Bewegung der Elektronen auf dem Weg von der Kathode zur Anode zustande. Durch die an den Gittern
anliegenden unterschiedlichen Potentiale werden die Elektronen immer wieder beschleunigt und abgebremst, wodurch innerhalb der Röhre eine ungleichmäÿige Stromverteilung
herrscht [Dic08].
3.2. Kenngröÿen und Berechnungsgröÿen der Triode
3.2.1. Kennlinie der Triode
Wie in Abschnitt 3.1 erläutert, hängt der Anodenstrom bei Mehrpolröhren nicht mehr
nur von der Anodenspannung ab, sondern auch von den verschiedenen Gitterspannungen.
Das bedeutet, dass Gleichung 2.12, die den Verlauf der Anodenspannung der Diode im
Raumladungsbereich beschreibt, für Mehrpolröhren angepasst werden muss.
21
Die Ladung der Kathode berechnet sich bei der Diode aus der Anodenspannung
und der Kapazität
Cak
Uak
zwischen Anode und Kathode zu
QkDiode = Uak · Cak .
(3.1)
Zu dieser Ladung kommt bei der Triode die Ladung von Gitter und Kathode. Diese
berechnet sich wiederum aus Gitterspannung
Ugk
und der Kapazität zwischen Gitter
und Kathode (Cgk ). Für die Gesamtladung folgt daraus
QkT riode
= Uak · Cak + Ugk · Cgk
!
Uak
.
= Cgk Ugk + C
(3.2)
gk
Cak
Das Kapazitätenverhältnis
µ=
Cgk
Cak kann dabei als Verstärkungsfaktor angesehen werden.
Es beschreibt, wie stark die Anode durch das Gitter elektrostatisch von der Kathode ab-
µ
geschirmt wird, d. h. je gröÿer
Ugk
wird, desto gröÿer wird der Einuss der Gitterspannung
[Spa48, Cha33].
Von der Kathode aus gesehen, kann nicht beurteilt werden, ob es sich um eine Diode
oder um eine Triode handelt. Der Grund dafür ist, dass die an der Kathode anliegende resultierende Ladung
Qk
für sich betrachtet keine Rückschlüsse auf die Bauart zulässt. Die
Summe der Spannungen
Ugk +
äquivalente Diodenspannung
Uak
µ wird aus diesem Grund
genannt. Dieses Prinzip, dass im statischen Zustand zu jeder Triode eine äquivalente Diode gefunden werden kann, führt in erster Näherung zur mathematischen Beschreibung
der Kennlinie der Triode. Nach [Spa48] kann experimentell gezeigt werden, dass, analog
zum Langmuir-Child'schen Raumladungsgesetz der Diode, für den Kathodenstrom
Ik
der
Triode gilt
3
Uak 2
Ik = Ia + Ig = k · Ugk +
µ
(3.3)
k
hier erneut eine bauartbe-
(vgl. Gleichung 2.14). Wie die Perveanz bei der Diode, ist
dingte Konstante, auf die weiter unten eingegangen wird.
Bei negativer Gittervorspannung können keine Elektronen auf dem Gitter landen, weshalb in diesem Fall der Gitterstrom
Ig = 0 ist. Wie bereits in Abschnitt 3.1.1 auf Seite 19
erläutert wurde, werden aus diesem Grund hohe positive Gitterspannungen in der Praxis
vermieden. Es gilt dann
Ik = Ia .
Gleichung 3.3 führt damit auf die beiden gängigen Darstellungsarten der Kennlinienfelder der Triode
Ia = f (Ugk )
(Abb. 3.4a) bzw.
Die Perveanz bei der Triode
Ia = f (Uak )
(Abb. 3.4b).
Um in Gleichung 3.3 die Perveanz
k
der Triode zu be-
stimmen, berechnet man jeweils die Stromdichte, die zum einen durch die Gitterspannung und zum anderen durch die Anodenspannung hervorgerufen wird. Dazu wird das
Raumladungsgesetz (Gleichung 2.11) nach der Spannung aufgelöst. Fasst man zudem die
22
(a) Ia = f (Ugk )
(b) Ia = f (Uak )
Abbildung 3.4.: Theoretische Kennlinienfelder der Triode
23
Naturkonstanten zu
Kathode und Anode
K =
(dak )
4
9 ε0
q
2e
me zusammen und setzt für
x
den Abstand zwischen
bzw. Gitter (dgk ) ein, erhält man
4
2
3
J 3 · dak
Uak =
(3.4)
2
K3
4
2
3
J 3 · dgk
Ugk =
2
.
(3.5)
K3
Diese beiden Spannungen werden in Gleichung 3.3 eingesetzt. Durch Teilen durch die
Querschnittsäche
A
erhält man dann die Stromdichte

J
und damit die Perveanz
=
J
2
3
4
3
3
J · dak
2
Ik
k

=
· J 3 · dgk +
A
A·K
µ
4
3
2
(3.6)
k
A·K
k=
4
3
dgk +
4
3
dak
!3 .
(3.7)
2
µ
Analog zur äquivalenten Diodenspannung kann der Abstand
deq
v
u
3
4
2
u
3
4
u
dak
3
t


=
dgk +
µ
(3.8)
als äquivalente Diodenabmessung angesehen werden [Spa48].
Auch hier ist, wie bei der Diode, die Perveanz ausschlieÿlich von den Abmessungen
der Triode abhängig.
3.2.2. Röhrenparameter
Im Datenblatt einer Röhre ndet man, neben den Kennlinienfeldern, auch Angaben zum
Verstärkungsfaktor µ bzw. Durchgri D sowie zur Steilheit S
Ri .
und zum
Innenwiderstand
Diese Parameter können in der Regel nur für den gewählten bzw. empfohlenen Be-
triebsbereich als annähernd konstant bestimmt werden. Die Werte gelten auÿerdem nur,
wenn eine Änderung des Anodenstromes keine Änderung der Anodenspannung hervorruft
und man sich im linearen Bereich der
Ia -Ugk -Kennlinie
bendet. Man spricht in diesem
Fall vom statischen Betriebsbereich. Die folgenden Zusammenhänge werden u. a. auch in
[Dic08] detailliert beschrieben.
24
Innenwiderstand
widerstand
Xi
Der Innenwiderstand setzt sich aus einem Wechselstrom- bzw. Blind-
und einem Gleichstromwiderstand
Ri
zusammen. Dass er nicht konstant
ist wird schnell klar, wenn man ihn anhand der statischen
Ia -Ugk -Kennlinie
berechnen
will. Der Gleichstromwiderstand berechnet sich gemäÿ dem ohmschen Gesetz aus dem
Quotient
Ri =
Uak
.
Ia
Bei vorgegebener, konstanter Anodenspannung
nung
Ugk .
Uak
(3.9)
ändert sich
Ia
mit der Gitterspan-
Betrachtet man Abb. 3.4a, erkennt man, dass der Innenwiderstand mit gröÿer
werdender negativer Gitterspannung ebenfalls ansteigt (Ia nimmt ab), bis er beim Erreichen der Abschnürspannung unendlich groÿ geworden ist. Dann ist
Ia = 0,
d. h. es ieÿt
kein Strom mehr durch die Röhre.
Der Wechselstromwiderstand berechnet sich analog dazu aus dem Quotient einer durch
eine Änderung der Anodenspannung
4Uak
hervorgerufene Anodenstromänderung
4Ia
bei konstanter Gitterspannung
Xi =
4Uak
4Ia
Ugk = const.
(3.10)
Auch hier wird aus Abb. 3.4a ersichtlich, dass für negativere Gitterspannungen bei gleicher Änderung der Anodenspannung der Widerstand zunimmt.
In Wechselstrom- wie im Gleichstromfall muss der Innenwiderstand demnach jeweils
für die gewählten Betriebsbedingungen neu berechnet werden.
Statische Steilheit
Die statische Steilheit wird berechnet aus dem Quotient
S=
4Ia
4Ugk
Uak = const.
Wie ihr Name vermuten lässt, beschreibt sie die Steigung der
(3.11)
Ia -Ugk -Kennlinie
bei kon-
stanter Anodenspannung. Da die Kennlinie keine Gerade beschreibt, gilt der im Datenblatt angegebene Wert nur für den linearen Bereich der Kennlinie.
Durchgri
Die Feldlinien, aufgrund derer die Elektronen zur Anode hin beschleunigt
werden, werden vom negativen Potential des Steuergitters behindert. Sind die Maschen
des Steuergitters sehr grob, können die Feldlinien besser
durchgreifen
als bei einem eng-
maschigen Gitter. Umgekehrt bedeutet dies, dass bei einem weitmaschigen Gitter eine
gröÿere Änderung der Gitterspannung notwendig ist, um bei konstantem Anodenstrom
eine Anodenspannungsänderung zu erreichen, als bei einer Röhre mit kleinem
Durchgri.
Dies führt auf die Formel zur Berechnung des Durchgris als Quotient aus Gitterspannung und Anodenspannung
D=
4Ugk
4Uak
Ia = const.
25
(3.12)
Er beschreibt den Einuss der Änderung der Gitterspannung auf die resultierende Änderung der Anodenspannung bei konstantem Anodenstrom.
In Verstärkerschaltungen liegt am Gitter der Röhre das Eingangssignal an, während
an der Anode das Ausgangssignal abgegrien wird. Mit den vorangegangenen Überlegungen wird deutlich, dass der Durchgri direkt mit dem Verstärkungsfaktor
µ
der Röhre
zusammenhängen muss. Liegt ein sehr engmaschiges Gitter vor, ist der Durchgri klein.
Der Einuss des Gitters ist damit jedoch groÿ, eine kleine Änderung der Gitterspannung
bewirkt eine starke Änderung der Anodenspannung. Die Röhre besitzt also einen hohen
Verstärkungsfaktor. Der Durchgri kann damit als Reziprokwert des Verstärkungsfaktors
µ=
1
D
(3.13)
aufgefasst werden.
Bei Röhren mit mehreren Gittern werden die Feldlinien stärker behindert, was zwangsläug zu einem geringeren Durchgri führen muss. Dies erklärt, weshalb der Verstärkungsfaktor einer Pentode generell gröÿer ist, als der einer Triode.
Barkhausen'sche Röhrenformel
Es erscheint naheliegend anzunehmen, dass die Para-
meter Steilheit, Durchgri und Innenwiderstand direkt zusammenhängen. Dieser Zusammenhang wird durch die
Barkhausen'sche Röhrenformel
Xi · S · D = 1
(3.14)
beschrieben.
3.2.3. Arbeitswiderstand
Mit der eingangsseitigen Steuerspannung wird zunächst einmal nur der durch die Röhre
ieÿende Strom gesteuert. Damit man daraus eine Spannungsverstärkung erhält, bendet
sich im Anodenkreis der Röhre der Arbeitswiderstand
Ra ,
bzw.
Z a.
An diesem fällt eine
Spannung ab, die von der Gröÿe und Art des Widerstandes, sowie vom Anodenstrom
Ia
abhängt. Da der Arbeitswiderstand zwischen der Versorgungsspannung
Ub
und der
Anode liegt, ändert sich, abhängig von Arbeitswiderstand und Anodenstrom, auch die
Spannung zwischen Anode und Kathode.
Ohmscher Widerstand
Im Falle eines ohmschen Widerstandes, der zwischen Versor-
gungsspannung und Anode liegt, berechnet sich der Anodenstrom gemäÿ dem ohmschen Gesetz. Das Schaltbild in Abb. 3.5 zeigt die Verhältnisse. Der Anodenstrom
Ia ,
der aufgrund des Potentialunterschiedes zwischen Anode und Kathode der Röhre verursacht und von der Gitterspannung Ugk gesteuert wird, verursacht einen Spannungsabfall
URa = Ia · Ra am Arbeitswiderstand. Nach der Maschenregel wird die wirksame Anodenspannung Uak , also der Potentialunterschied zwischen Anode und Kathode, um diese
Spannung verringert. Sie berechnet sich zu Uak = Ub − URa bzw. URa = Ub − Uak . Damit
gilt für den Anodenstrom die Beziehung
26
Abbildung 3.5.: Triode mit ohmschen Arbeitswiderstand
Ia =
URa
Ub − Uak
=
.
Ra
Ra
(3.15)
Diese Gleichung beschreibt eine Gerade mit der Variablen
Uak ,
der Steigung
− R1a
und
Ub
dem y-Achsenabschnitt
Ra . Die Gerade wurde in Abb. 3.6 in das Ia -Uak -Kennlinienfeld
einer Triode für einen Arbeitswiderstand von Ra = 10 kΩ und eine Betriebsspannung von
Ub = 250 V eingezeichnet. Sie schneidet die x-Achse bei Ia = 0 mA, also Ub = Uak = 250 V
U
und die y-Achse bei Uak = 0 V, d. h. Ia = b = 25 mA.
Ra
Induktivität
Da Röhrenverstärkerschaltungen meist sehr hochohmig sind, ist es not-
wendig die Last - z. B. einen Lautsprecher - über einen Übertrager anzukoppeln, um
die Impedanzen anzugleichen. Für den Arbeitsbereich bedeutet dies, dass im Anodenkreis der Röhre kein ohmscher Widerstand liegt, sondern die Spule der Primärseite des
Übertragers. Der Wechselstromwiderstand einer Spule ist wiederum frequenzabhängig.
Er nimmt für kleiner werdende Frequenzen ab, d. h. die negative Steigung der Arbeitswiderstandsgeraden wird für tiefe Frequenzen betragsmäÿig gröÿer.
Zur Festlegung der Betriebsspannung
Ub
wird zunächst der Gleichstromwiderstand
RL
der Spule herangezogen. Es ist darauf zu achten, dass die zulässige Anodenverlustleistung
Wa
der Röhre nicht überschritten wird. Im Arbeitspunkt ieÿt an der Anode der
Ruhestrom
pannung
Ub
IAP .
Er verursacht einen Spannungsabfall an
RL ,
welcher von der Betriebss-
abgezogen werden muss, um die wirksame Anodenspannung zu erhalten:
27
Abbildung 3.6.:
Ia -Uak -Kennlinienfeld
mit Arbeitswiderstandsgerade bei
Ra = 10 kΩ
Uak = Ub − IAP · RL
IAP
ist dabei der Strom, der bei der eingestellten Gittervorspannung
(3.16)
Ugk
durch die Röhre
ieÿt, wenn kein Signal anliegt.
Um die daraus resultierende Verlusleistung zu berechnen, muss Gleichung 3.16 mit
dem Ruhestrom multipliziert werden. Die Verlustleistung muss kleiner sein, als der im
Datenblatt der Röhre angegebene maximal zulässige Wert.
2
IAP · Ub − IAP
· RL ≤ Wa
(3.17)
Ist diese Bedingung erfüllt, ist der Arbeitspunkt der Röhre eindeutig festgelegt.
Ausgehend vom Arbeitspunkt muss als nächstes die Steigung der Arbeitswiderstands-
Ia -Uak -Kennlinienfeld ist diese gleich dem Betrag des BlindXL = ωL der Spule und damit, wegen ω = 2πf , abhängig von der Frequenz
f des anliegenden Signals. Eine Änderung 4Ia des Anodenstromes bewirkt also eine Änderung der Anodenspannung von 4Uak = XL · 4Ia [Dic08]. Ist die Frequenz f der Spannung Uak bekannt, kann die Arbeitswiderstandsgerade in das Kennlinienfeld gezeichnet
1
1
werden. Sie schneidet den berechneten Arbeitspunkt mit einer Steigung von
XL = 2πf ·L .
Ausgedrückt mit dem komplexen Widerstand Z L der Spule ergibt sich damit, analog
zum ohmschen Arbeitswiderstand, für den Anodenstrom Ia folgender Zusammenhang
geraden ermittelt werden. Im
widerstandes
Ia =
Ub − Uak
.
RL + jXL
28
(3.18)
Teil II.
Entwicklung des Algorithmus
29
4. Digitales Modell einer Triode
Damit eine Verstärkerschaltung mit einer Triode digital implementiert werden kann, muss
zunächst ein geeignetes Modell gefunden werden, mit dem das Verhalten einer einzelnen
Röhre mathematisch beschrieben werden kann. Ein solches Modell setzt sich im Idealfall
aus einer oder mehreren mathematischen Gleichungen mit bestimmten Eingangsparametern zusammen. Abhängig von diesen Eingangsparametern können die Ausgangsparameter für die gewählten Randbedingungen berechnet werden.
4.1. Mathematische Beschreibung des Kennlinienfeldes
Wichtigste Grundlage zur Beschreibung des Verhaltens einer Röhre ist das Kennlinienfeld. Aus ihm geht eindeutig hervor, wie die Röhre auf bestimmte Randbedingungen reagiert. Für das
Ia -Uak -Kennlinienfeld
bedeutet dies konkret, dass bei bekannter Betriebs-
und Gitterspannung der resultierende Anodenstrom und - bei gegebenem Arbeitswiderstand damit auch die Ausgangsspannung - abgelesen werden kann (vgl. Abschnitt 3.2).
Will man eine Röhre digital nachbilden, ist es demnach zwingend nötig, dass man das
Kennlinienfeld mathematisch möglichst genau beschreiben kann.
In Abschnitt 3.2.1 wurde gezeigt, dass das Kennlinienfeld der Triode in der Theorie
durch Gleichung 3.3 beschrieben wird. Im Vergleich mit den Kennlinienfeldern realer
Röhren treten allerdings groÿe Abweichungen von der Theorie auf. Vor allem für die
Röhren-Schaltungssimulation in der Simulationssoftware
Spice
existieren daher verschie-
dene angepasste Modelle zur Modellierung des Kennlinienfeldes. Am verbreitetsten sind
die Methoden nach Reynolds [Rey93], Leach [Lea95] und Koren [Kor12], die auch über
Spice
hinaus Anwendung gefunden haben. Die Notwendigkeit solcher Modelle wird in
den nächsten beiden Abschnitten klar.
4.1.1. Perveanz
Legt man der mathematischen Beschreibung des Kennlinienfeldes zunächst Gleichung
3.3 zugrunde, stellt man fest, dass in den Datenblättern gängiger Röhrenhersteller der
Wert für die Perveanz
k
nicht angegeben ist. Da zudem keine detaillierten Angaben zur
Dimensionierung einzelner Röhren gefunden werden konnten, war es auch nicht möglich
die Perveanz nach Gleichung 3.7 zu berechnen.
In sämtlicher Literatur wird die Perveanz als bauartbedingte Konstante behandelt.
Es wurde daher versucht, sie aus den Kennlinienfeldern realer Röhren zu bestimmen.
Dazu wurden die Werte von
Uak , Ia und Ugk bei vorgegebener Betriebsspannung Ub und
Ra abgelesen (vgl. Abb. 4.1) und daraus die Perveanz
3.3 nach k umgestellt wurde
verschiedenen Arbeitswiderständen
berechnet, indem Gleichung
30
Abbildung 4.1.: Kennlinienfeld einer ECC82 mit verschiedenen Arbeitswiderstandsgeraden [JJE12]
k=
Ia
Uak
µ
+ Ugk
1,5 .
(4.1)
Im vorliegenden Fall wird dies am Beispiel einer ECC82 Triode erläutert, man erhält analoge Ergebnisse für andere Röhrentypen. Dem Datenblatt entnimmt man für die ECC82
einen Verstärkungsfaktor von
µ = 17.
Wird
µ
zusammen mit den abgelesenen Werten
aus dem Kennlinienfeld in Gleichung 4.1 eingesetzt, erhält man für
k
keinen konstanten
Wert. Hält man beispielsweise die Gitterspannung konstant und entnimmt dem Datenblatt entlang einer Gitterspannungskennlinie verschiedene Werte für
sich der in Abb. 4.2 dargestellte Zusammenhang zwischen
k
und
Ia
und
Uak ,
ergibt
Ugk .
Man erkennt, dass die Perveanz, wenn sie auf diese Weise berechnet wird, einem Kurvenverlauf folgt. Sie ändert sich sowohl entlang einer konstanten Gitterspannung bei verschiedenen Arbeitswiderständen, als auch bei unterschiedlichen Gitterspannungen und
konstantem Arbeitswiderstand.
Nun steht man vor dem Problem, dass die Perveanz der Theorie nach nur von der
Bauart, nicht aber von der Gitterspannung abhängt. Sieht man darüber zunächst einmal
hinweg, gilt es für verschiedene Arbeitswiderstände Regressionskurven zu nden, mit denen die Perveanz abhängig von der Gitterspannung berechnet werden kann. Da zwischen
den Regressionskurven jedoch ebenfalls kein linearer Zusammenhang zu bestehen scheint,
ist es mit diesem Ansatz sehr schwer, ein allgemeingültiges Modell zu nden.
31
Abbildung 4.2.: Verlauf der nach Gleichung 4.1 berechneten Perveanz in Abhängigkeit
von der Gitterspannung
Ugk
4.1.2. Exponent
Eine weitere Literaturrecherche ergab, dass bei realen Röhren Gleichung 3.3 insofern nicht
n für verschiedene Gitterspannungen nicht konstant 1,5
≤ n ≤ 2,5 ändern kann [Rei44].
genau ist, als dass der Exponent
ist, sondern sich im Bereich 1,2
In einem zweiten Ansatz wurde daher versucht, sowohl die Perveanz als auch den
Exponenten als Variablen zu behandeln und die Werte anhand des Kennlinienfeldes einer
ECC82 zu berechnen. Dazu wurden entlang der Kennlinie einer Gitterspannung (vgl.
Abb. 4.1) für
Ia
und
Uak
jeweils zwei Werte entnommen (hier z. B. für
Ugk
Ia
Uak
-6 V
7 mA
180 V
-6 V
2,5 mA
130 V
Tabelle 4.1.: Werte aus der
Ia = f (Uak )
Ugk = −6 V):
Kennlinie einer ECC82
Man erhält somit aus Gleichung 3.3 zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten (k und
n)
n
180 V
= k·
− 6V
17
n
130 V
= k·
− 6V .
17
7 mA
2,5 mA
Löst man dieses Gleichungssystem nach
k und n, so erhält man die Funktionsgleichung für
32
Abbildung 4.3.: Berechnetes
Ia = f (Uak )
Kennlinienfeld, wenn
k
und
n
als Variablen
betrachtet werden
die gewählte Gitterspannung im
Ia -Uak -Kennlinienfeld. Diese Berechnung wurde für ver-
schiedene Gitterspannungen durchgeführt, wodurch man für jede Gitterspannung einen
Wert für
k
und
n
erhält:
Ugk
Tabelle 4.2.:
k
und
[V]
n
k
[
mA
Vn ]
0
1,2431
1,3126
-2
1,2609
1,1534
-4
1,2061
1,1742
-6
1,0050
1,5141
-8
0,8216
1,8253
-10
0,6333
2,0991
n
für verschiedene Gitterspannungen
Ugk
Betrachtet man das so festgelegte Kennlinienfeld, stellt man zweierlei fest. Erneut besteht zwischen der Gitterspannung
Ugk
und
k
bzw.
n
kein erkennbar Zusammenhang.
Ein gröÿeres Problem ist allerdings, dass mit dieser Berechnung für groÿe negative Gitterspannungen für den Exponenten
n
Werte herauskommen, die kleiner als 1,2 sind.
Dadurch sind die Kurven ab einer bestimmten Gitterspannung nach rechts gekrümmt,
was nicht mit dem realen Kennlinienfeld übereinstimmt (Abb. 4.3).
4.1.3. Spezielle Exponentialfunktion mit zwei Parametern
Persönliche Rücksprache mit dem slowakischen Röhrenhersteller
JJ Electronic
ergab,
dass die Kennlinienfelder durch Messungen an realen Röhren aufgenommen werden und
33
daher auf Herstellerseite keinerlei Informationen über die mathematische Beschreibung
eines Kennlinienfeldes vorliegen. Wie vermutet ist die Perveanz laut
JJ Electronic
ein
theoretischer Wert, der bei der Berechnung realer Röhren, aufgrund der hohen Nichtlinearität des Bauteils, in der Praxis keine Rolle spielt.
Da die vorangegangenen Ansätze auf keine geschlossene Lösung zur exakten Beschreibung des Kennlinienfeldes führten, wurde ein Ansatz gewählt, der zunächst einmal keinen
theoretisch begründeten Hintergrund aufweist.
Abgeleitet von Gleichung 3.3 dient als Grundlage eine Exponentialfunktion der Form
y = f (x1 , x2 ) = g ·
Zur Bestimmung der Parameter
g, h
und
n
x
2
h
+ x1
n
.
(4.2)
setzt man analog zu Gleichung 3.3
y = Ia
x1 = Ugk
x2 = Uak .
Ia und
Uak entnommen. Die hier gewählten Punkte sind die Schnittpunkte der 10 kΩ-, 50 kΩ- und
100 kΩ Arbeitswiderstandsgeraden mit der jeweiligen Gitterspannungskennlinie, wobei
Dem Datenblatt wurden wiederum entlang jeder Gitterspannung je drei Werte für
erneut die ECC82 als Vorbild dient. Ähnlich dem vorangegangenen Ansatz erhält man
nun also je Gitterspannung drei Gleichungen mit drei Unbekannten:
n
Uak1
0 = g·
+ Ugk
− Ia1
h
n
Uak2
0 = g·
+ Ugk
− Ia2
h
n
Uak3
+ Ugk
− Ia3
0 = g·
h
Powell-Hybrid Methode
Die
Powell-Hybrid
Methode ist ein numerisches Verfahren zur
Bestimmung der Lösung eines nichtlinearen Gleichungssystems. Details dazu können u. a.
in [Pow64] nachgelesen werden. Das numerische Mathematik-Programm
tet mit dem Befehl
fsolve
Scilab
beinhal-
eine Modikation des Powell-Algorithmus. Mit diesem wurde
das obenstehende Gleichungssystem für verschiedene Gitterspannungen gelöst. Man er-
g , h und n und damit die FunktionsgleiIa -Uak -Kennlinienfeld. Die so berechneten Werte
hält für jede Gitterspannung je einen Wert für
chung der Gitterspannungskennlinie im
sind für den vorliegenden Fall in Tabelle 4.3 auf der nächsten Seite einzusehen. Man erkennt, dass
n,
im Vergleich zur in Abschnitt 4.1.2 beschriebenen Methode, betragsmäÿig
zwar gröÿer ist (≈
3),
dafür aber deutlich konstanter zu sein scheint.
Zur besseren Veranschaulichung des Verlaufs der einzelnen Parameter über die Gitterspannung, sind diese zusätzlich in Abb. 4.4 grasch dargestellt. Der Parameter
g
verläuft
näherungsweise entlang einer Kurve, die in der Abbildung durch eine exponentielle Regressionskurve der Form
34
g [10−12 VAn ]
h
n
0
9,634
0,0994224
2,9998009
-2
4,053
0,0960531
3,0000897
-4
2,373
0,1017016
2,9997796
-6
1,272
0,1020453
2,9997747
-8
0,706
0,1032707
2,9996268
-10
0,303
0,0967042
3,0009042
-12
0,177
0,0998966
3,0010683
-14
0,089
0,0985870
3,0003708
-16
0,044
0,1014778
2,9997104
Ugk
[V]
Tabelle 4.3.: Lösungen des Gleichungssystems
Abbildung 4.4.: Die Parameter
g, h
und
35
n
abhängig von der Gitterspannung
Abbildung 4.5.: Modelliertes Kennlinienfeld mit Arbeitswiderstandsgerade
g(Ugk ) = g(−∞) − [g(−∞) − g(0)] · e
Ugk
τ
(4.3)
mit
g(0) =
9,634
· 10−12
g(−∞) =
1,227
· 10−14
τ
=
A
V
n
A
V
n
2,9511207 V
angenähert wurde (rot). Da sowohl beim Verlauf des Parameters
ponent
n
als auch beim Ex-
keine Regelmäÿigkeit erkennbar ist, sind sie als prozentuale Abweichung vom
Mittelwert dargestellt.
±0,03 %,
h,
h
bewegt sich dabei im Bereich
±4 %, n
sogar nur im Bereich
weshalb beide in guter Näherung als konstant angenommen werden können.
Das auf diese Art eindeutig beschriebene
Ia -Uak -Kennlinienfeld
ist in Abb. 4.5 darge-
stellt. Zwar stimmen auch hier die Kurvenverläufe der Gitterspannungskennlinien nicht
genau mit den tatsächlichen Verläufen überein, jedoch sind für die Berechnung des Ausgangssignals in Abhängigkeit des Eingangssignals, wie in Abschnitt 4.2 auf Seite 38
noch beschrieben wird, nur die Schnittpunkte zwischen Kennlinienfeld und Arbeitswiderstandsgerade relevant. In den folgenden Tabellen sind die Schnittpunkte des berechneten
Kennlinienfeldes mit der
10 kΩ-Arbeitswiderstandsgeraden
gelesenen Schnittpunkten gegenübergestellt.
36
den aus dem Datenblatt ab-
Ugk
[V]
Uak
berechnet [V]
Uak
Datenblatt [V]
Abweichung [%]
-16
242,3
242,5
0,08
-14
237,3
235,0
-0,98
-12
229,0
225,0
-1,78
-10
216,3
212,5
-1,79
-8
199,0
197,5
-0,76
-6
178,3
180,0
0,94
-4
155,9
160,0
2,56
-2
133,5
137,5
2,91
0
112,5
112,5
0,00
Tabelle 4.4.: Anodenspannung an den Schnittpunkten der Gitterspannungskennlinien mit
der
Ugk
10 kΩ-Arbeitswiderstandsgeraden
[V]
Ia
berechnet [mA]
Ia
(ECC82)
Datenblatt [mA]
Abweichung [%]
-16
0,7661
0,75
-2,15
-14
1,2637
1,50
15,76
-12
2,0999
2,50
16,00
-10
3,3721
3,75
10,08
-8
5,0874
5,25
3,10
-6
7,1523
7,00
-2,18
-4
9,3912
9,00
-4,35
-2
11,6183
11,5
-1,03
0
13,7311
13,75
0,14
Tabelle 4.5.: Anodenstrom an den Schnittpunkten der Gitterspannungskennlinien mit der
10 kΩ-Arbeitswiderstandsgeraden
(ECC82)
Um die Flexibilität und Verwendbarkeit dieser Methode zu überprüfen, wurden die
Kennlinienfelder zahlreicher weiterer Röhrentrioden auf diese Weise nachgebildet. In Bezug auf die Abweichungen vom realen Kennlinienfeld erhielt man dabei ausnahmslos
vergleichbare Ergebnisse, wie bei der hier beschriebenen ECC82.
Fehlerbetrachtung
Da zur Analyse der Kennlinienfelder realer Röhren nur die Da-
tenblätter der Hersteller in mehr oder minder guter Qualität vorlagen, schleicht sich
zwangsläug ein Fehler ein. Dieser kommt zum einen durch Messfehler beim Aufnehmen
der Kennlinie auf Seiten des Herstellers zustande, wobei allerdings davon ausgegangen
wird, dass die Kennlinien hinreichend genau sind. Der weitaus gröÿere Fehler wird beim
Ablesen der Werte aus den Kennlinienfeldern gemacht. Die Skalengenauigkeit der vorliegenden Datenblätter liegt bei der
Ua -Achse
zwischen 5 V und 10 V, bei der
Ia -Achse
zwischen 0,1 mA und 5 mA. Im Falle der oben behandelten ECC82 ist die Skalierung der
Ua -Achse
beispielsweise
4u = 5 V
und die der
37
Ia -Achse 4i =
0,5 mA. Betrachtet man
nun z. B. in der Tabelle des Anodenstromes den Wert mit der gröÿten Abweichung (16 %
Ugk = −12 V), so liegt der abgelesene Anodenstrom bei einer Ablesegenauigkeit von
Ia−12V = (2,50 ± 0,25) mA. Wird bei der Lösung des Gleichungssystems
zur Berechnung von g , h und n an dieser Stelle die untere Grenze Ia−12V = 2,25 mA eingesetzt, so erhält man die Mittelwerte n̄ = 2,9999772 und h̄ = 0,1001608 (die Änderung
des Verlaufs von g ist vernachlässigbar gering). Erneute Berechnung des Kennlinienfeldes
bei
50 % im Bereich
mit den neuen Werten führt auf eine Abweichung zwischen berechnetem und abgelesenem
Wert bei
Ugk = −12 V von lediglich 6,67 %, während sich alle anderen Abweichungen nur
unwesentlich ändern.
Im Rahmen der Möglichkeiten ist diese Methode also über einen groÿen Bereich und
für verschiedene Röhrenmodelle ausreichend genau. Sie ist zudem exibel, da für andere
Röhrenmodelle lediglich die Parameter
g(0), g(−∞), τ
und
h̄
angepasst werden müssen.
Der Exponent wurde für alle untersuchten Modelle näherungsweise zu
n=
3,0
= const.
bestimmt. Dies hat den groÿen Vorteil, dass im folgenden Abschnitt mit einer kubischen
Gleichung gerechnet werden kann und der daraus entwickelte Algorithmus allgemein gültig ist.
4.2. Modellierung des Übertragungsverhaltens
Im vorangegangenen Abschnitt wurde eine Methode entwickelt, mit der das
Ia -Uak -
Kennlinienfeld einer Röhrentriode durch eine Gleichung der Form
Ia (Uak , Ugk ) = g ·
Uak
+ Ugk
h
3,0
(4.4)
g = g(−∞) − [g(−∞) − g(0)] · e
beschrieben werden kann. Zur Berechnung des Ausgangssignals
Eingangssignal
Ugk
Ugk
τ
Uak
benötigt man jedoch eine Gleichung der Form
in Abhängigkeit vom
Uak = f (Ugk ).
Dabei
muss zwischen dem Fall eines ohmschen- und eines induktiven Arbeitswiderstandes unterschieden werden.
4.2.1. Übertragungskurve mit ohmschen Arbeitswiderstand
Das Ausgangssignal ist zum einen abhängig vom ohmschen Arbeitswiderstand
Betriebsspannung
Ub
Ra und der
(vgl. Abschnitt 3.2.3), zum anderen vom Verlauf des Kennlinien-
feldes. Die Gitterspannung begrenzt den Strom, der aufgrund des Potentialunterschiedes
zwischen Anode und Kathode durch die Röhre ieÿt. Dies wird durch Gleichung 4.4
beschrieben. Zugleich verursacht dieser Strom einen Spannungsabfall an
Ra ,
womit das
Ausgangssignal als Dierenz zwischen Betriebsspannung und ebendiesem Spannungsabfall festgelegt ist. Dieser Zusammenhang steckt in Gleichung 3.15. Will man nun aus
dem Eingangssignal direkt das Ausgangssignal bestimmen, bedeutet dies mathematisch
38
gesprochen, dass die Schnittpunkte zwischen Arbeitswiderstandsgerade und Gitterspannungskennlinie bestimmt werden müssen. Dies wird durch Gleichsetzen von Gleichung
4.4 und 3.15 bewerkstelligt:
g·
Uak
+ Ugk
h
3,0
=
Ub − Uak
Ra
(4.5)
Multipliziert man die linke Seite aus, erhält man
g 3
g
g 2
Uak
Ub
2
3
U + 3 2 Ugk Uak
+ 3 Ugk
−
Uak + gUgk
=
h3 ak
h
h
Ra
Ra
g
g 2
1
Ub
g 3
2
3
Uak + 3 2 Ugk Uak
+ 3 Ugk
+
Uak + gUgk
−
= 0.
3
h
h
h
Ra
Ra
(4.6)
Durch Substitution von
g
h3
g
b = 3 2 Ugk
h
g 2
1
c = 3 Ugk
+
h
Ra
U
b
3
−
d = gUgk
Ra
a =
folgt daraus die kubische Gleichung
2
3
+ c · Uak + d = 0.
+ b · Uak
a · Uak
Lösung der kubischen Gleichung
(4.7)
Die Nullstellen dieser Gleichung sind die zu ermit-
telnden Schnittpunkte. Eine kubische Gleichung besitzt bekanntlich genau drei Lösungen,
wovon mindestens eine reell ist. Im vorliegenden Fall erhält man, wegen des Verlaufs von
Kennlinienfeld und Arbeitswiderstandsgerade, für alle in Frage kommenden Werte zwei
komplexe und eine reelle Lösung, wobei letztere den gesuchten Schnittpunkt darstellt.
Unter der Voraussetzung, dass gilt
a, b, c, d R,
berechnet sich die Lösung der kubischen
Gleichung nach [Kra01, Pap90] gemäÿ dem nachfolgend erläuterten Ansatz.
Zunächst teilt man Gleichung 4.7 durch
a.
Substitution von
Uak = y −
b
3a führt dann
auf die Gleichung
3
y +
c 1 b2
−
a 3 a2
y+
bc
d
2b3
− 2+
3
27a
3a
a
In dieser Gleichung werden die Terme in den Klammern zu
39
= 0.
(4.8)
3p =
q =
3ac − b2
3a2
bc
d
2b3
−
+
27a3 3a2 a
substituiert, wodurch man die vereinfachte Darstellung
y 3 + 3py + q = 0
erhält. Als nächstes setzt man
y =u+v
(4.9)
und löst nach
(u + v)3
auf:
(u + v)3 = −q − 3p(u + v)
u3 + v 3 + 3uv(u + v) = −q − 3p(u + v)
Man erkennt beim Koezientenvergleich, dass gelten muss
(4.10)
u3 + v 3 = −q , sowie uv = −p.
Durch Umformung erhält man daraus das Gleichungssystem
u3 + v 3 = −q
u3 · v 3 = −p3 .
Die Lösung dieses Gleichungssystems ist durch den
Satz von Vieta
gegeben. Danach
besteht zwischen den Parametern und den Lösungen der quadratischen Gleichung der
Zusammenhang
x2 + c1 x + c2 = 0
(4.11)
−(x1 + x2 ) = c1
x1 · x2 = c2 .
Setzt man
u3 = x1
v 3 = x2
q = c1
−p3 = c2 ,
so lässt sich Gleichung 4.11 schreiben als
x2 + qx − p3 = 0
mit der bekannten Lösung
40
(4.12)
Abbildung 4.6.: Übertragungsverhalten einer modellierten ECC82 bei
Ra = 10 kΩ
und
Ub = 250 V
x1,2 =
−q ±
p
q 2 + 4p3
.
2
(4.13)
Diese Formel wird im Zähler und im Nenner mit 4 erweitert. Rücksubstitution führt dann
auf die folgenden Lösungen für
u
und
u =
v =
v:
q
p
13
−4q + 4 q 2 + 4p3
2q
p
13
−4q − 4 q 2 + 4p3
2
(4.14)
(4.15)
Wie bereits erwähnt, ist hier nur die reelle Lösung von Belang. Diese erhält man, wenn
q 2 + 4p3 ≥ 0 ist. Durch weitere Rücksubstitution
b
u und v und damit schlussendlich Uak = y − 3a
.
die Diskriminante
Summe von
erhält man
y
als
Fasst man die Ergebnisse dieses und des vorangegangenen Abschnitts zusammen, ist
es jetzt möglich, das Übertragungsverhalten verschiedener Röhren in Form einer Übertragungskennlinie grasch darzustellen und für beliebige Werte explizit zu berechnen.
Dabei ieÿen die Werte für die Betriebsspannung und den Arbeitswiderstand in die Berechnung mit ein. In Abb. 4.6 ist diese Übertragungskennlinie für das Modell einer ECC82
dargestellt. In diesem Beispiel beträgt der Arbeitswiderstand
triebsspannung von
Ub = 250 V.
41
Ra = 10 kΩ
bei einer Be-
Abbildung 4.7.: Triode mit realer Spule im Arbeitskreis
4.2.2. Verhalten bei induktivem Arbeitswiderstand
Im Abschnitt 3.2.3 über den Arbeitswiderstand wurde die Notwendigkeit von Übertragern mit der hohen Impedanz von Röhrenschaltungen begründet. Dieser Umstand kommt
beispielsweise bei der Modellierung von Endstufen zum Tragen, da die Endstufe das letzte
Element der Verstärkerschaltung ist und damit in ihrem Arbeitskreis der Ausgangstransformator liegt. Es wurde ebenfalls bereits erläutert, dass die Steigung der Arbeitswiderstandsgeraden einer Spule im
Ia -Uak -Kennlinienfeld
frequenzabhängig ist.
Die Folge dieser Frequenzabhängigkeit ist, dass das für den ohmschen Arbeitswiderstand hergeleitete Modell nicht verwendet werden kann, wenn im Ausgangskreis der Röhre eine Spule liegt. Für diesen Fall muss ein neues Modell gefunden werden. Im ersten
Schritt wurde, analog zum ohmschen Arbeitswiderstand versucht, Gleichung 3.18 mit
der Gleichung des Kennlinienfeldes (4.4) gleichzusetzen, um so eine geschlossene Lösung
der Form
Uak = f (Ugk )
zu erhalten. Da die so erhaltenen Dierentialgleichungen jedoch
weder im Zeit- noch im Frequenzbereich ohne weiteres lösbar sind, wurde ein zweiter
Ansatz ausprobiert, bei dem der Strom rückgekoppelt wird.
In Abb. 4.7 ist das Schaltbild einer Triode mit realer Spule im Arbeitskreis dargestellt.
Die Spule besitzt eine Induktivität
L
und einen Innenwiderstand
RL .
Der Anodenstrom
der Röhre berechnet sich nach Gleichung 4.4 im Diskreten zu
Ian = gn · Ugkn
Uakn
+
h
3
n = 0, 1, 2, ...
42
(4.16)
Stellt man diese Gleichung nach der gesuchten Anodenspannung um, erhält man
s
3
Uakn = h ·
Ian
− Ugkn
gn
!
.
(4.17)
Um
Uakn
Ian .
Dazu betrachtet man den Spannungsabfall an der Spule. Er kann als Summe der
nach Gleichung 4.17 berechnen zu können, benötigt man den Anodenstrom
Spannungsabfälle an Induktivität und Innenwiderstand berechnet werden zu
UL = Ia · RL + L ·
d
dt
Ia .
(4.18)
Für die digitale Implementierung wird die Ableitung durch den vorderen Dierenzenquotienten
d
dt
ersetzt. Hierbei ist
Ia →
Ian+1 − Ian
4t
(4.19)
4t gleich dem Reziprokwert der Abtastfrequenz (siehe auch [Fre/Bos08]).
Man erhält
ULn = Ian · RL + L ·
bzw. umgestellt nach dem zukünftigen Strom
Ian+1 = Ian +
Durch Verzögerung von
Uakn
benötigten Strom
Ian+1 − Ian
,
4t
(4.20)
Ian+1
4t
(ULn − Ian · RL ).
L
(4.21)
Ian+1 um ein Abtastintervall erhält man den zur Berechnung von
Ian . Weiter gilt aufgrund der Maschenregel
ULn = Ub − Uakn .
(4.22)
Diese Berechnungen sind in Abb. 4.8 in Form eines Blockschaltbildes dargestellt. Durch
Rückkopplung und Verzögerung des Stromes ist es nach dieser Methode möglich, bei
bekannten Anfangsbedingungen die Anodenspannung in guter Näherung zu berechnen.
43
Abbildung 4.8.: Blockschaltbild der Implementierung einer Röhre mit Spule als Arbeitswiderstand
44
5. Röhrenschaltungen mit Trioden
Im zweiten Schritt der Digitalisierung von Röhrenschaltungen werden die beschriebenen Röhrenmodelle zur Berechnung kompletter Verstärkerschaltungen mit verschiedenen
elektronischen Bauteilen herangezogen. Ziel ist es, das Ausgangssignal einer Schaltung,
abhängig von einem bekannten Eingangssignal, bei gegebenen Bauteildimensionierungen
numerisch berechnen zu können.
Systemtheoretisch betrachtet, stellt eine Röhrenverstärkerschaltung ein System mit
einer Eingangs- und einer Ausgangsgröÿe dar. Aufgrund der zur Beschaltung notwendigen Energiespeicher (Kondensatoren und Spulen), ist dieses System
dynamisch, d. h. das
Ausgangssignal hängt sowohl vom aktuellen, als auch einer bestimmen Anzahl vorangegangener Zustände ab. Wegen des nichtlinearen Übertragungsverhaltens der Röhren ist
nichtlinear und weil es
nicht ändert, ist es zeitinvariant [Fre/Bos08].
das System auÿerdem
sein Übertragungsverhalten mit der Zeit
Diese Eigenschaften des Systems führen zu seiner mathematischen Beschreibung in
Form von nichtlinearen Dierentialgleichungen im zeitkontinuierlichen, bzw. Dierenzengleichungen im zeitdiskreten Bereich. Da eine explizite Lösung dieser Gleichungen oftmals
nur schwer bis gar nicht ermittelt werden kann, werden die Dierenzengleichungen mit
numerischen Verfahren rekursiv gelöst.
Für die Implementierung eines Vorverstärkers hat die Kathodenbasis-Schaltung die
gröÿte Bedeutung, da sie in nahezu allen gängigen Audio-Röhrenverstärkern, evtl. mit
leichten Variationen, zum Einsatz kommt. Darüber hinaus wurden verschiedene weitere Vorstufenschaltungen, wie z. B. in [Dic08] beschrieben, implementiert. Da diese sich
jedoch nicht als zielführend erwiesen, wird hier nicht näher darauf eingegangen.
5.1. Implementierung einer Kathodenbasis-Vorstufe
Abb. 5.1 zeigt eine Kathodenbasis-Schaltung, wie sie u. a. auch in [Cas12, Dic08] beschrieben wird. Die Spannungsquelle
mit dem Widerstand
Ri
Uin
stellt das Eingangssignal dar. Sie bildet zusammen
die Ersatzspannungsquelle der vorangeschalteten Signalquelle.
Dabei kann es sich z. B. um einen Gitarrentonabnehmer oder eine weitere Röhrenstufe
handeln. Zur Berechnung der Spannung zwischen Anode und Kathode
Uak
mit dem in
Abschnitt 4.2.1 hergeleiteten Röhrenmodell, benötigt man die Spannung zwischen Gitter
und Kathode
zwischen
Ug
Ugk . Ugk
Uk
wiederum berechnet sich nach der Maschenregel aus der Dierenz
und
Ugk = Ug − Uk .
45
(5.1)
Abbildung 5.1.: Schaltbild einer Kathodenbasis-Vorstufe mit Triode
Es gilt also zunächst, abhängig vom Eingangssignal
Uin , die Spannung Ugk
zu bestimmen.
Dabei muss ein Eekt berücksichtigt werden, der bisher nur am Rande erwähnt wurde.
5.1.1. Gitterstrom-Eekt
In Abschnitt 3.1.1 wurde erklärt, weshalb bei einer positiven Spannung zwischen Gitter
und Kathode ein Strom über das Gitter zu ieÿen beginnt. Für die hier besprochene Schaltung bedeutet dies, dass ein Gitterstrom
Ig
dann ieÿt, wenn bei einer Pegelspitze des
Ug am Gitterableitwiderstand
Rg gröÿer wird als die Gittervorspannung Uk . In diesem Fall ist das Potential des Gitters
Ugk positiv im Vergleich zur Kathode, d. h. die Elektronen können auf dem Gitter landen.
Eingangssignals der daraus resultierende Spannungsabfall
Der Gitterstrom verursacht nun seinerseits einen Spannungsabfall am Innenwiderstand
der Quelle, welcher der Eingangsspannung entgegengerichtet ist. Damit wiederum verkleinert sich die Spannung am Gitter. Das bedeutet also, dass positive Spannungsspitzen
des Eingangssignals durch den einsetzenden Gitterstrom begrenzt bzw. abgeschnitten
werden und nicht durch Sättigungseekte innerhalb der Röhre zustande kommen.
Um diesen Eekt modellieren zu können, sind Kenntnisse über den Verlauf des Gitterstromes, abhängig von Gitter- und Anodenspannung, nötig. Zwar existieren verschiedene
Ansätze (z. B. in [Spa48, Rei44]) um den Gitterstrom als mathematische Funktion zu
beschreiben. Diese sind jedoch meist sehr aufwändig, da zahlreiche Vorgänge berücksichtigt werden müssen. Durch ein solches Modell würde auch die Berechnung des digitalen
Modells, vor allem hinsichtlich der zu lösenden Dierentialgleichung, um ein Vielfaches
komplexer.
46
Abbildung 5.2.: Ersatzschaltbild des eingangsseitigen Netzwerks aus Abb. 5.1
Akustische Untersuchungen ergaben, dass verschiedene Verläufe des Gitterstromes,
abhängig von der Gitterspannung, klanglich kaum zu unterscheiden sind, weshalb an
dieser Stelle eine Näherung gerechtfertigt erschien.
Die Näherung besteht darin, das System Gitter-Kathode als Röhrendiode aufzufassen.
Der Gitterstrom kann dann gemäÿ dem Langmuir-Child'schen Raumladungsgesetz nach
Gleichung 2.14 berechnet werden zu
3
2
Ig = kgk · Ugk
.
(5.2)
Wie das Kennlinienfeld der Triode ist diese Gleichung - und damit auch die Perveanz
kgk
- rein theoretischer Natur. Um die Gleichung dennoch in das Modell einbeziehen zu
können, musste für Perveanz
kgk
ein konstanter Wert gefunden werden, mit dem der
Verlauf des Gitterstromes durch Gleichung 5.2 möglichst genau angenähert wird. Als
Anhaltspunkt für die Gröÿenordnung in der sich
kgk
bewegen muss, dienten hierfür die
Untersuchungen in [Ble09, Spa48]. Dort werden für verschiedene Röhrentypen die Verläufe der Gitterströme, abhängig von denierten Randbedingungen, analysiert. Ausgehend
von diesen Untersuchungen wurde
kgk
im vorliegenden Fall empirisch so ermittelt, dass
der Gitterstrom-Eekt so realistisch wie möglich abgebildet wird.
Es ist zu beachten, dass nur der Realteil von Gleichung 5.2 von Interesse ist. Das
bedeutet, dass für negative Werte von
Ugk
der Gitterstrom
Ig = 0
ist, was der Tatsache
entspricht, dass bei negativen Gitterspannungen kein Strom über das Gitter ieÿen kann.
Aus dieser Überlegung lässt sich das in Abb. 5.2 dargestellte Ersatzschaltbild des eingangsseitigen Netzwerks aus Abb. 5.1 ableiten.
Ig
und
Ia
sind dabei als ideale Stromquel-
len dargestellt. Mit dem Ersatzschaltbild lassen sich zwei Gleichungen aufstellen. Zum
einen berechnet sich der Strom
Ix
- aufgrund der Knotenregel - als Summe von
dem Strom, der durch den Gitterableitwiderstand
Ix = Ig +
Rg
Ug
.
Rg
Zum anderen verursacht dieser Strom einen Spannungsabfall an
47
Ig
und
ieÿt
(5.3)
Ri
sowie am komplexen
Widerstand des Kondensators
1
jωCin . Dies führt mit der Maschenregel auf die zweite
Gleichung
Ug = −Ix
Löst man Gleichung 5.4 nach
Ix
1
+ Ri
jωCin
+ Uin .
(5.4)
auf, erhält man durch Gleichsetzen mit Gleichung 5.3
jωCin · (Uin − Ug )
Ug
= Ig +
1 + jωRi Cin
Rg
bzw. durch Multiplikation mit
(1 + jωRi Cin )
jωCin · (Uin − Ug ) = Ig +
Multiplikation mit
jω
(5.5)
Ug
Ug
+ jωRi Cin Ig + jωRi Cin .
Rg
Rg
im Frequenzbereich entspricht der Ableitung
[Fre/Bos08]. Damit erhält man die Dierentialgleichung
(5.6)
d
dt im Zeitbereich
Ug
Ri
+ Ri Cin I˙g +
Cin U̇g .
Cin U̇in − U̇g = Ig +
Rg
Rg
Den Gitterstrom
Ig
(5.7)
ersetzt man durch Gleichung 5.2, wobei zur Berechnung von
Ugk
Gleichung 5.1 herangezogen wird. Es wird noch gezeigt (vgl. Abschnitt 5.1.2), dass sich
auch
Uk
mit der Zeit ändert, was für die Ableitung von
Ig
nach der Zeit bedeutet
3
Ig = kgk (Ug − Uk ) 2
p
3
I˙g =
· kgk · Ug − Uk · U̇g − U̇k .
2
(5.8)
(5.9)
Setzt man diese beiden Gleichungen in Gleichung 5.7 ein und löst nach der höchsten
Ableitung des gesuchten Ausgangssignals (in diesem Fall
U̇g =
3kgk Rg Ri U̇k
U̇g )
auf, erhält man
3
Ug − Uk + 2Rg U̇in Cin − 2kgk Rg (Ug − Uk ) 2 − 2Ug
p
.
3kgk Rg Ri Ug − Uk + 2Ri + 2Rg Cin
p
(5.10)
Diese Dierentialgleichung kann numerisch gelöst werden. Dazu ersetzt man die Ableitungen durch den hinteren Dierenzenquotienten mit der Abtastzeit
4t.
Um Verwechs-
lungen zwischen den kontinuierlichen Ableitungsfunktionen (bezeichnet mit
Ẋ )
und den
einzelnen Werten der diskreten Ableitungsfolgen zu vermeiden, werden letztere fortan
mit Kleinbuchstaben (xn ) gekennzeichnet.
Uinn − Uinn−1
4t
Uk − Ukn−1
= n
4t
U̇in → uinn =
U̇k → ukn
48
(5.11)
n = 0, 1, 2, ...
(5.12)
Damit lässt sich Gleichung 5.10 rekursiv wie folgt berechnen:
3kgk Rg Ri ukn
ugn =
p
3
Ugn − Ukn + 2Rg uinn Cin − 2kgk Rg (Ugn − Ukn ) 2 − 2Ugn
p
3kgk Rg Ri Ugn − Ukn + 2Ri + 2Rg Cin
(5.13)
Ugn
wiederum erhält man durch numerische Integration von
ugn .
Nach dem expliziten
Euler-Verfahren berechnet sich diese zu
Ugn+1 = Ugn + ugn · 4t.
(5.14)
Wie bereits erwähnt, werden bei den Wurzelausdrücken nur die Realteile berücksichtigt.
Ist
Ug < Uk ,
ieÿt bekanntlich kein Gitterstrom. Die Wurzelausdrücke in Gleichung 5.10
werden damit Null und die Gleichung reduziert sich zu
U̇g =
Rg Cin U̇in − Ug
Cin (Ri + Rg )
Ug < Uk .
Löst man diese Gleichung im Frequenzbereich nach
(5.15)
Ug
Uin auf, erhält man die Übertra-
gungsfunktion
F (jω) =
Ug
jωRg Cin
.
=
Uin
1 + jωCin (Ri + Rg )
(5.16)
Dies entspricht einem einpoligen Hochpasslter (D-T1 Glied) mit Steigung 20 dB pro
Dekade und einer Grenzfrequenz von
f=
Ergebnis
1
.
2πCin (Ri + Rg )
(5.17)
Die Ergebnisse des so implementierten Algorithmus sind in den Abbildun-
gen 5.3a und 5.3b zu sehen. Als Eingangssignal dient eine sinusförmige Spannung mit
Frequenz 500 Hz. In beiden Beispielen ist die Kathodenspannung konstant 5 V, d. h. das
Gitter ist um -5 V negativ vorgespannt. In Abbildung 5.3a hat das Eingangssignal eine
Amplitude von 5 V (grün). Aufgrund der Filterwirkung des Hochpasses ist die Amplitude
von
Ug
geringfügig kleiner. Die in der Abbildung blau dargestellte Schwingung stellt die
Spannung zwischen Gitter und Kathode
von
Uk
Ugk
Ug um den Betrag
Ûg ≈ 5 V und einer Git-
dar, also die Spannung
nach unten verschoben. Bei einer Spitzenspannung von
tervorspannung von ebenfalls 5 V, ist die gröÿtmögliche Spannung, die zwischen Gitter
und Kathode abfallen kann
Ûgk = 0 V.
Es ieÿt also noch kein Gitterstrom.
In Abb. 5.3b hat das Eingangssignal eine Amplitude von 10 V. Auch hier ist die Amplitude von
Ug
wegen des Hochpasses minimal gedämpft. Zwischen Gitter und Kathode
würden dadurch bei den positiven Spannungsspitzen des Eingangssignals
10 V − 5 V = 5 V
Ûgk = Ûg −Uk ≈
Ugk
abfallen. Dazu kommt es jedoch nicht, denn sobald die Spannung
positiv wird, beginnt der Gitterstrom zu ieÿen und begrenzt durch den Spannungsabfall
am Quellwiderstand die Spannung am Gitter.
49
(a) Gitterspannung wird nicht begrenzt
(b) Gitterstrom begrenzt die Gitterspannung
Abbildung 5.3.: Eekt des einsetzenden Gitterstromes bei positiver Gitterspannung in
einer Kathodenbasis-Schaltung
50
5.1.2. Automatische Gittervorspannungserzeugung
Bei dieser Schaltung kommt die automatische Gittervorspannungserzeugung mittels Kathodenwiderstand
Rk
und Kathodenkondensator
Ck
zum Einsatz.
Rk
und
Ck
liegen par-
allel zwischen der Kathode und dem Null-Volt-Potential. Ein Spannungsabfall
Rk ||Ck
Uk
an
hebt das Potential der Kathode an und spannt dadurch das Gitter negativ vor.
Der Spannungsabfall wird durch den Kathodenstrom hervorgerufen. Dieser wiederum
setzt sich zusammen aus dem Gitterstrom und dem Anodenstrom
Ik = Ig + Ia .
(5.18)
Gitterstrom und Anodenstrom sind u. a. abhängig vom am Gitter liegenden Eingangssignal. Liegt kein Eingangssignal an, wird das Gitter über den Gitterableitwiderstand auf
das Null-Volt-Potential gezogen und es ieÿt lediglich der Ruhestrom
IAP ,
der aufgrund
des Potentialunterschiedes zwischen Anode und Kathode zustande kommt. Bei anliegendem Eingangssignal ändert sich mit der Gitterspannung
Strom
Ik
und damit wiederum auch
Uk .
Da
Uk
Ug
der durch die Röhre ieÿende
den Arbeitspunkt festlegt, liegt hier eine
Gegenkopplung vor: Wird die Gitterspannung negativer, wird der Elektronenstrom durch
die Röhre begrenzt. Dadurch fällt am Kathodenwiderstand eine geringere Spannung ab,
was zur Folge hat, dass die negative Gittervorspannung betragsmäÿig kleiner wird.
Ausschlaggebend ist also der Kathodenstrom. Zur Berechnung wird zunächst der Strom
der durch
Rk
ieÿt nach der komplexen Stromteilerregel betrachtet
IRk = Ik ·
Damit gilt für die Spannung
1
jωCk
Rk +
1
jωCk
= Ik ·
1
.
1 + jωRk Ck
(5.19)
Uk
Uk = Rk · IRk = Rk · Ik ·
1
.
1 + jωRk Ck
(5.20)
Bei Gleichung 5.20 handelt es sich um die Übertragungsfunktion eines Tiefpasslters
erster Ordnung (P-T1 Glied) mit der Eingangsgröÿe
Rk · Ik
und der Ausgangsgröÿe
Uk .
Analog zur Dierentialgleichung bei der Berechnung des Gitterstromes, kann auch diese
Übertragungsfunktion zunächst in den Zeitbereich überführt und dann numerisch gelöst
werden. Man erhält die rekursiv lösbare Dierenzengleichung
Ukn+1 =
Ergebnis
∆t
(Rk · Ikn − Ukn ) + Ukn
T
T = R k Ck .
(5.21)
Wegen der erläuterten Rückwirkung auf Eingangs- und Ausgangssignal, kann
der Verlauf der Kathodenspannung nach Gleichung 5.21 nur im Zusammenhang mit
der kompletten Verstärkerschaltung sinnvoll simuliert und untersucht werden. Die hier
durchgeführten Untersuchungen sind daher ein Teilergebnis der im nächsten Abschnitt
beschriebenen gesamten Schaltung.
51
Abbildung 5.4.: Verlauf der Kathodenspannung
gangssignals
Mithilfe von
Rk
Uk
bei Sprung der Amplitude des Ein-
Uin
wird, wie oben beschrieben, die Gittervorspannung und damit der
Arbeitspunkt festgelegt. Der lineare Arbeitsbereich einer ECC82 liegt laut Datenblatt
bei einer Gittervorspannung von ca. 5 V. Dem Kennlinienfeld der Röhre entnimmt man,
dass bei einer Betriebsspannung
Ub = 250 V
und einem Arbeitswiderstand
im gewählten Betriebsbereich ein Ruhestrom von
IAP ≈ 8 mA
Ra = 10 kΩ
ieÿt. Damit aufgrund
dieses Ruhestromes am Kathodenwiderstand ein Spannungsabfall von 5 V entsteht, muss
für
Rk
gemäÿ dem ohmschen Gesetz zu
5V
= 625 Ω
8 mA
mit Ck einen Tiefpass.
Rk =
gewählt werden.
Rk
bildet zusammen
Bei der automatischen Git-
tervorspannungserzeugung bestimmt die Zeitkonstante dieses Tiefpasses, wie schnell die
Röhre ihren Arbeitspunkt an ein sich änderndes Eingangssignal anpasst, denn abhängig
vom aktuellen Eingangspegel verschiebt sich auch der Arbeitspunkt. Ein gängiger Wert
für die Grenzfrequenz ist ca. 2 Hz. Wird die Frequenz niedriger, dauert es hörbar länger
bis sich der neue Arbeitspunkt eingestellt hat. Wird sie dagegen höher, fängt
Uk
mit
den tiefen Frequenzanteilen des Eingangssignals zu schwingen an. Für die Kapazität des
Kathodenkondensators bedeutet dies, dass sie sich im Falle von 2 Hz Grenzfrequenz zu
Ck =
1
≈ 127 µF
2π · 625 Ω · 2 Hz
52
berechnet.
In Abb. 5.4 (oben) liegt am Eingang eine sinusförmige Schwingung mit Frequenz 800 Hz
an, deren Amplitude von 0 V auf 5 V springt. Damit vergröÿert sich auch der Strom durch
die Röhre und der Gleichspannungsanteil von
Uk
wandert, ähnlich der Sprungantwort
eines P-T1-Gliedes, nach oben. Dass es sich hierbei nicht exakt um die Sprungantwort
eines P-T1 Gliedes handelt liegt daran, dass zwischen Eingangssignal und Kathodenstrom
- und somit auch Kathodenspannung - kein linearer Zusammenhang besteht. Dies ist im
unteren Schaubild von Abb. 5.4 deutlich zu sehen.
Vergleichbare Ergebnisse für den Verlauf von
Uk
erhalten im Übrigen auch M. Karja-
lainen und J. Pakarinen mit ihrer in [Kar/Pak06] beschriebenen Methode zur Simulation
eines Röhrenverstärkers.
5.1.3. Röhre und ausgangsseitige Beschaltung
In Abschnitt 5.1.1 wurden die Gleichungen 5.13 bzw. 5.14 hergeleitet, mit denen die Spannung zwischen Gitter und Null-Volt-Potential (Ug ) abhängig vom Eingangssignal
Uin
berechnet werden kann. Die in Abschnitt 5.1.2 beschriebenen Berechnungen führten auf
Gleichung 5.21. Diese dient zur Berechnung der Gittervorspannung
des Kathodenstromes
Ik .
Uk
in Abhängigkeit
Zusammen mit dem in Abschnitt 4.2.1 hergeleiteten Röhren-
modell für den ohmschen Arbeitswiderstand hat man nun fast alle Bausteine zusammen,
um das Ausgangssignal der Kathodenbasis-Schaltung für ein gegebenes Eingangssignal
numerisch berechnen zu können.
Der in Abb. 5.5 dargestellte Signalussplan zeigt den prinzipiellen Ablauf des Algorithmus. Zunächst wird
Ug
nach Gleichung 5.14 berechnet. Von
um so die Spannung zwischen Gitter und Kathode
von der Betriebsspannung
Ub
Ugk
Ug
wird
Uk
abgezogen,
zu erhalten. Ebenfalls muss
Uk
abgezogen werden, damit man die wirksame Betriebsspan-
nung, bezogen auf das Kathodenpotential, erhält. Bei gegebenem Arbeitswiderstand
Ra
kann man daraus, durch Lösen der kubischen Gleichung (vgl. Abschnitt 4.2.1), die Spannung zwischen Anode und Kathode (Uak ) berechnen. Die Spannung zwischen Anode und
Null-Volt-Potential erhält man wiederum aus der Summe von
gel). Da
Ua
Uk
und
Uak
(Maschenre-
an dieser Stelle einen groÿen Gleichspannungsanteil aufweist, bendet sich
am Ausgang ein weiterer Kondensator (Cout ), dessen Aufgabe es ist, diesen Gleichspannungsanteil zu unterdrücken. Ausgangsseitig bendet sich ein zweiter Widerstand
Rg . Er
stellt den Gitterableitwiderstand der nachfolgenden Stufe dar und bildet zusammen mit
Cout
einen frequenzabhängigen Spannungsteiler der Form
Uout = Ua ·
jωCout Rg
.
1 + jωCout Rg
(5.22)
Man erkennt, dass es sich hierbei erneut um einen einpoligen Hochpass mit Grenzfrequenz
f=
1
2πCout Rg
handelt. Die rekursive Lösung der Übertragungsfunktion lautet
53
Abbildung 5.5.: Signalussplan
des
Algorithmus
Kathodenbasis-Schaltung mit Triode
54
zur
Implementierung
einer
Abbildung 5.6.: Eingangs- und Ausgangssignal der simulierten Kathodenbasis-Schaltung
bei 5 V Gittervorspannung
Uoutn+1 = Uan+1 − Uan
∆t
+ Uoutn 1 −
T
Rückkopplung der Kathodenspannung
die Ströme
Ia
und
Ig
T = Cout Rg .
Die Kathodenspannung
Uk
berechnet sich über
(Gleichungen 4.4 und 5.2), welche abhängig von
Da zur Berechnung von
Uak
und
Ugk
(5.23)
Uak
und
Ugk
sind.
aber wiederum die Kathodenspannung bekannt
sein muss, muss diese zurück gekoppelt werden. Dadurch ergibt sich zwangsläug eine
Verzögerung des rückgekoppelten Signals um einen Abtastwert. Wegen des Tiefpasses
ändert sich
Uk
jedoch nur in einem kleinen Bereich und im Vergleich zum Eingangssignal
sehr langsam, weshalb dieser Fehler ohne negative Auswirkungen in Kauf genommen
werden kann (siehe auch [Kar/Pak06]).
55
Abbildung 5.7.: Eingangs- und Ausgangssignal der simulierten Kathodenbasis-Schaltung
bei 12 V Gittervorspannung
Ergebnis
Als Testsignal dient erneut eine sinusförmige Schwingung, hier mit Frequenz
1000 Hz. Die Betriebsspannung beträgt 250 V, der Arbeitswiderstand
Ra = 10
kΩ. In
Abb. 5.6 ist das vom Algorithmus berechnete Ausgangssignal (blau) bei einer eingangsseitigen Amplitude von 5 V (grün) dargestellt. Als Röhrenmodell dient abermals eine
ECC82, deren Arbeitspunkt, wie in Abschnitt 5.1.2 beschrieben, zunächst auf ca. 5 V
eingestellt wurde. Damit kommt es bei den positiven Halbwellen des Eingangssignals
noch nicht zum Clipping durch Gitterstrom. Auch auf negativer Seite ist der Aussteuerungsbereich der Röhre so groÿ, dass es noch nicht zu nennenswerten Sättigungseekten
kommt. Dennoch sind im Spektrum in Abb. 5.6 deutliche Peaks bei 2000 Hz und 3000 Hz
zu erkennen. Das nichtlineare Übertragungsverhalten der Röhre verursacht demnach Verzerrungen in Form der zweiten und dritten Harmonischen K2 und K3.
Noch stärker tritt die zweite Harmonische hervor, wenn der Arbeitspunkt absichtlich
weiter in den negativen Bereich verschoben wird. In Abb. 5.7 liegt der Arbeitspunkt
daher bei
Uk = 12 V,
was durch einen Kathodenwiderstand von
56
Abbildung 5.8.: Zwei Kathodenbasis-Stufen hintereinander geschaltet
Rk =
erreicht wird (IAP
≈
12 V
2,5 mA
= 4800 Ω ≈ 5 kΩ
2,5 mA aus Datenblatt, vgl. Abschnitt 5.1.2). Damit die Grenzfre-
quenz nach wie vor bei ca. 2 Hz liegt, ist ein Kathodenkondensator von
Ck =
1
≈ 16 µF
2π · 5 kΩ · 2 Hz
nötig. Da die Röhre nun im stark nichtlinearen Bereich arbeitet, nehmen die Verzerrungen, vor allem die zweite Harmonische, zu. Der neue Arbeitspunkt hat auÿerdem zur
Folge, dass der Verstärkungsfaktor abnimmt, was ebenfalls aus dem Vergleich von Abb.
5.6 und Abb. 5.7 hervorgeht.
Weiter erkennt man in beiden Fällen eine Phasenverschiebung des Ausgangssignals im
Vergleich zum Eingangssignal um 180°. Sie kommt aufgrund des im Anodenkreis liegenden Arbeitswiderstandes
Ra
zustande. Die positive Halbwelle des Eingangssignals be-
wirkt, dass die negative Spannung am Gitter betragsmäÿig kleiner wird. Dadurch nimmt
der Strom
Ia durch die Röhre zu, was zu einem gröÿeren Spannungsabfall an Ra führt. Da
die Anodenspannung, also das Ausgangssignal, gleich der Dierenz zwischen Betriebsspannung und
URa
ist, nimmt diese folglich ab. Umgekehrt ist das Gegenteil der Fall:
Die negative Halbwelle des Eingangssignals hat eine Erhöhung der Anodenspannung zur
Folge.
5.2. Mehrere Vorstufen hintereinander geschaltet
Da bei realen Röhrenverstärkern die zu verstärkenden Spannungen im Bereich einiger
Millivolt liegen, müssen meist mehrere Vorstufen hintereinander geschaltet werden, da-
57
mit insgesamt höhere Verstärkungsfaktoren erzielt werden. Die erste Stufe verstärkt das
Eingangssignal dabei noch weitgehend linear. Das verstärkte Signal sorgt jedoch dafür,
dass die nachfolgende Stufe bereits sehr viel weiter ausgesteuert wird. Je mehr Stufen
das Signal durchläuft, desto gröÿer werden demnach auch die Verzerrungen. Dies wird
z. B. bei Röhrenverzerrern für die E-Gitarre ausgenutzt.
Auch dieser Eekt kann, zusammen mit dem Wissen aus dem vorigen Abschnitt, digital nachgebildet werden. Prinzipiell muss das Signal dazu lediglich den KathodenbasisAlgorithmus mehrmals durchlaufen.
5.2.1. Innenwiderstand der Kathodenbasis-Schaltung
Abb. 5.8 zeigt einen Vorverstärker aus zwei hintereinander geschalteten KathodenbasisVorstufen, wobei
Riq
und
Uin
zusammen die Signalquelle darstellen. Die beiden Stufen
berechnen sich jeweils ähnlich, wie im Signalussplan in Abb. 5.5 beschrieben. Lediglich am Ausgang der ersten- bzw. am Eingang der zweiten Stufe sind Anpassungen im
Algorithmus notwendig.
Zunächst einmal entspricht der ausgangsseitige Hochpass der ersten Stufe dem eingangsseitigen RC-Netzwerk der zweiten Stufe und muss daher nicht extra berechnet werden. Bei der Berechnung der Eingangsbeschaltung der zweiten Stufe muss dann darauf
geachtet werden, dass der zur Berechnung benötigte Innenwiderstand der ersten Stufe (Ri1 ) nicht konstant ist, sondern signalabhängig. Ursache dafür ist der in Abschnitt
3.2.2 beschriebene Wechselstromwiderstand der Röhre. Dieser bildet in Parallelschaltung
mit dem Arbeitswiderstand
Ra
den Innenwiderstand
Ri1
der ersten Stufe. Er kann nach
Gleichung 3.10 als Steigung der Tangente der Gitterspannungskennlinie im aktuellen Betriebspunkt aufgefasst werden. Der Betriebspunkt ist durch die von der Gitterspannung
Ugk
hervorgerufenen Anodenspannung
Uak
eindeutig festgelegt. Es gilt dann nach Glei-
chung 3.10
1
4Ia
=
Xi
4Uak
Ugk = const.
(5.24)
Für eine innitesimal kleine Schrittweite entspricht dies der Ableitung der Gitterspannungskennlinie (Gleichung 4.4). Man erhält für den Wert der Steigung bei der aktuellen
Anodenspannung
Uak
1
dIa
g
Uak 2
=
= 3 · · Ugk +
Xi
dUak
h
h
Ugk = const.
(5.25)
Zusammengefasst bedeutet dies, dass für ein gegebenes Eingangssignal bei der ersten
Stufe
Ugk
bestimmt wird. Damit kann mithilfe des Röhrenmodells
Uak
berechnet werden,
welche wiederum zur Berechnung des Innenwiderstandes der Röhre herangezogen wird.
Schlussendlich erhält man daraus den Innenwiderstand der ersten Stufe
Ri1 =
Ra · Xi
.
Ra + Xi
58
(5.26)
Mit diesem kann nun die Gitterspannung der zweiten Stufe berechnet werden, wobei als
Eingangssignal das Ausgangssignal
Ergebnis
Ua1
der ersten Stufe dient.
Die so simulierte Schaltung wurde abermals mit einer sinusförmigen Schwin-
gung getestet. Die Arbeitspunkte beider hier verwendeter ECC82-Röhren wurden gemäÿ
Abschnitt 5.1.2 zu ca. 5 V gewählt. Abb. 5.9 auf der nächsten Seite zeigt Signalverläufe an
verschiedenen Stellen der Schaltung. Grün dargestellt ist das Eingangssignal
Uin , hier mit
Frequenz 1000 Hz und Amplitude 1 V. Der rote Spannungsverlauf im mittleren Schaubild
ist die Spannung am Ausgang der ersten Stufe (Ua1 ). Sie wird vor dem Kopplungskondensator
Ckop
abgegrien, hat an dieser Stelle also noch einen hohen Gleichspannungsanteil.
Man erkennt, dass diese Spannung eine nahezu unverzerrte Sinusschwingung darstellt,
d. h. die erste Stufe verstärkt das Eingangssignal annähernd linear. Die Amplitude von
über 10 V dieser Schwingung sorgt allerdings dafür, dass die zweite Stufe das Signal nicht
mehr linear verstärken kann und daher stark übersteuert. Dies ist am blau gezeichneten
Ausgangssignal
anteils von
Ua1
Uout
zu erkennen. Bei den negativen Pegelspitzen des Wechselspannungs-
ist der Stromuss durch die zweite Röhre komplett gesperrt. Die Röhre
kann das Signal ab einem bestimmten Wert nicht mehr weiter verstärken und begrenzt
das Ausgangssignal. Die positiven Halbwellen verursachen bei den Pegelspitzen eine positive Spannung am Gitter der zweiten Röhre. Dadurch beginnt der Gitterstrom zu ieÿen
und die Gitterspannung wird begrenzt. Aufgrund der Phasenverschiebung um 180° ist
dieser Eekt deutlich an den negativen Halbwellen des Ausgangssignals zu erkennen.
Diese Ergebnisse spiegeln sich auch im Frequenzspektrum der Signale wieder (Abb. 5.10
auf Seite 61). Man erkennt dort minimale Verzerrungen bei
Ua1
in Form von Peaks bei
den ersten Harmonischen, sowie einen sehr groÿen Obertonanteil beim Ausgangssignal
Uout .
59
Abbildung 5.9.: Signalverläufe
bei
zwei
hintereinander
Stufen
60
geschalteten
Kathodenbasis-
Abbildung 5.10.: Spektren der Signalverläufe aus Abb. 5.9
61
6. Zusammenfassung
Leider war es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, die Ergebnisse anhand einer real aufgebauten Schaltung im Detail zu verizieren. Um dennoch eine Aussage über die
Qualität der Simulation treen zu können, wird im Folgenden ein Vergleich zu den Ergebnissen anderer Arbeiten gezogen. Zu guter Letzt wird ein Ausblick auf weiterführende
Themen gegeben.
6.1. Vergleich mit anderen Arbeiten, Beurteilung
Merlin Blencowe untersucht in [Ble09] das Verhalten sowie verschiedene Eekte realer
Röhrenschaltungen. Zwar beziehen sich die Ausführungen dort auf Schaltungen mit einer ECC83, dennoch lässt sich eine hohe Übereinstimmung mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit feststellen. Vor allem die von Blencowe mit Sinusschwingungen durchgeführten Messungen des Verzerrungs- und Sättigungsverhaltens realer Röhren belegen,
dass sich die simulierten Ergebnisse sehr gut mit der Realität decken. Auch der Verlauf
des Ausgangssignals bei Einsetzen des Gitterstromes weist eine groÿe Ähnlichkeit mit
der Simulation auf.
Darüber hinaus existieren verschiedene andere Ansätze zur digitalen Modellierung von
Röhrenschaltungen. Eine übersichtliche Zusammenfassung zahlreicher Methoden kann
in [Pak/Yeh09] gefunden werden. Bereits erwähnt wurde die Arbeit von Matti Karjalainen und Jyri Pakarinen, die, im Gegensatz zu dieser Arbeit, einen Röhrenverstärker
mithilfe von Wellendigitalltern nachbilden [Kar/Pak06]. Ein weiterer Unterschied deren
Arbeit ist, dass dort das Röhrenmodell nach Norman Koren zum Einsatz kommt [Kor12].
Letzteres wird auch von Ivan Cohen und Thomas Helie verwendet [Coh/Hel09]. Deren
akribisch nachgebildetes Modell berücksichtigt zudem parasitäre Eekte und hat daher
den Anspruch, äuÿerst genau zu sein. Trotz allem sind auch diese Ergebnisse vergleichbar
mit denen der vorliegenden Arbeit.
Eine uneingeschränkte Übereinstimmung mit den physikalischen Eigenschaften kann
aufgrund der notwendigen Näherungen mit dem digitalen Modell nicht erreicht werden.
Hinzu kommt, dass u. U. eine ganze Reihe weiterer Eekte eine Rolle spielen, die im
hier beschriebenen Modell noch nicht berücksichtigt wurden. Dazu gehört beispielsweise
der
Miller-Eekt,
der nach [Coh/Hel09] Auswirkungen auf das hörbare Frequenzspek-
trum hat. Letztendlich entscheidet jedoch vor allem das akustische Ergebnis über die
Verwendbarkeit des digitalen Modells. Klangliche Untersuchungen führten zu sehr zufriedenstellenden Resultaten. Das Modell reagiert dynamisch auf verschiedenste Testsignale, ohne dass störende Fragmente hörbar sind. Selbst groÿe Übersteuerung, also ein
hoher Verzerrungsgrad, resultiert stets in natürlichen und warmen Klängen. Doch auch
62
Signale mit geringen Eingangspegeln, bei denen noch keine starken Verzerrungen wahrnehmbar sind, klingen voluminöser und erhalten mehr Tiefe. Grund dafür sind die durch
die Nichtlinearität zum Signal hinzugefügten Obertöne. Die zu Beginn der Arbeit herausgestellten gewünschten Eigenschaften realer Röhrenschaltungen konnten damit auch
bei der Simulation überzeugend festgestellt werden.
6.2. Ausblick
In dieser Arbeit lag der Schwerpunkt auf der Kathodenbasis-Schaltung mit einer Röhrentriode. Da in realen Audioverstärkern die Vorstufe nur ein Element der Verstärkungskette ist, gilt es für die Simulation eines kompletten Verstärkers noch zahlreiche weitere
Glieder zu untersuchen. Im Bereich der Vorstufe gehört dazu z. B. die AnodenbasisSchaltung, mit der die Impedanz der Vorstufe an die Endstufe angepasst werden kann.
Ein weiteres wichtiges Element sind dann natürlich die Endstufen selbst. Diese sind meist
mit Pentoden aufgebaut, d. h. es muss zudem ein Modell zur digitalen Modellierung der
Übertragungseigenschaften von letzteren gefunden werden. Wenn es sich um GegentaktEndstufen handelt, wird auÿerdem eine Phasenumkehrschaltung benötigt, die erneut mit
Röhren realisiert wird. Schlieÿlich hat der Ausgangsübertrager auch keinen völlig linearen
Frequenzgang und spielt damit ebenfalls eine klangformende Rolle in der Kette.
Für viele dabei auftretende Probleme können die Ergebnisse und Erfahrungen dieser
Arbeit herangezogen werden.
63
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65
Abbildungsverzeichnis
1.1.
Clipping bei einer Sinusschwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.1.
Feldlinien und Spannungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.2.
Kennlinie einer Röhrendiode im Raumladungsgebiet
. . . . . . . . . . . .
16
2.3.
Kennlinie der Diode im Anlaufbereich
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.4.
Kennlinie einer Vakuumröhrendiode mit allen Bereichen für zwei verschiedene Heiztemperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
3.1.
Schaltbild Triode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.2.
Schaltbild Tetrode
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3.3.
Schaltbild Pentode
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.4.
Theoretische Kennlinienfelder der Triode . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.5.
Triode mit ohmschen Arbeitswiderstand
3.6.
Ia -Uak -Kennlinienfeld
4.1.
Kennlinienfeld einer ECC82 mit verschiedenen Arbeitswiderstandsgeraden
[JJE12]
4.2.
4.3.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
mit Arbeitswiderstandsgerade bei
Ra = 10 kΩ
. . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
28
31
Verlauf der nach Gleichung 4.1 berechneten Perveanz in Abhängigkeit von
Ugk
Ia = f (Uak )
der Gitterspannung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Berechnetes
Kennlinienfeld, wenn
k
und
n
als Variablen be-
trachtet werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
g, h
n
4.4.
Die Parameter
4.5.
Modelliertes Kennlinienfeld mit Arbeitswiderstandsgerade
4.6.
Übertragungsverhalten einer modellierten ECC82 bei
Ub = 250 V
und
32
abhängig von der Gitterspannung . . . . . . . .
. . . . . . . . .
Ra = 10 kΩ
33
35
36
und
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.7.
Triode mit realer Spule im Arbeitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.8.
Blockschaltbild der Implementierung einer Röhre mit Spule als Arbeitswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
5.1.
Schaltbild einer Kathodenbasis-Vorstufe mit Triode . . . . . . . . . . . . .
46
5.2.
Ersatzschaltbild des eingangsseitigen Netzwerks aus Abb. 5.1
47
5.3.
Eekt des einsetzenden Gitterstromes bei positiver Gitterspannung in einer Kathodenbasis-Schaltung
5.4.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verlauf der Kathodenspannung
gangssignals
5.5.
Uin
. . . . . . .
Uk
50
bei Sprung der Amplitude des Ein-
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Signalussplan des Algorithmus zur Implementierung einer KathodenbasisSchaltung mit Triode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
54
5.6.
Eingangs- und Ausgangssignal der simulierten Kathodenbasis-Schaltung
bei 5 V Gittervorspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.7.
55
Eingangs- und Ausgangssignal der simulierten Kathodenbasis-Schaltung
bei 12 V Gittervorspannung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
5.8.
Zwei Kathodenbasis-Stufen hintereinander geschaltet . . . . . . . . . . . .
57
5.9.
Signalverläufe bei zwei hintereinander geschalteten Kathodenbasis-Stufen .
60
5.10. Spektren der Signalverläufe aus Abb. 5.9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
67
Tabellenverzeichnis
Ia = f (Uak )
4.1.
Werte aus der
4.2.
k
4.3.
Lösungen des Gleichungssystems
4.4.
Anodenspannung an den Schnittpunkten der Gitterspannungskennlinien
und
n
mit der
4.5.
Kennlinie einer ECC82
. . . . . . . . . . . . .
32
. . . . . . . . . . . . . . .
33
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
für verschiedene Gitterspannungen
10 kΩ-Arbeitswiderstandsgeraden
Ugk
(ECC82) . . . . . . . . . . . . .
37
Anodenstrom an den Schnittpunkten der Gitterspannungskennlinien mit
der
10 kΩ-Arbeitswiderstandsgeraden
68
(ECC82)
. . . . . . . . . . . . . . .
37

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