Risiken des Klimawandels aus der Perspektive eines
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Risiken des Klimawandels aus der Perspektive eines
Risiken des Klimawandels aus der Perspektive eines internationalen Rückversicherers Eberhard Faust, GEO/CCC KLIFF-Tagung 2.-3. September 2013, Universität Göttingen Vom globalen Klimawandel zu regionalen Anpassungsstrategien Grundlegendes Risikoparadigma Risiko = Wahrscheinlichkeit eines Wettergefahrenereignisses x Schadenfolge Referenzzeitraum Referenzort = Funktion von: Wettergefahr, exponierte Werten, Schadenempfindlichkeit Schema Versicherungswirtschaft Kunden Erstversicherer Rückversicherer NatCatSERVICE® Anzahl der Schadenereignisse weltweit (1980 – 2012) Anzahl 1 200 1 000 800 600 400 200 1980 1982 1984 1986 Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch) 1988 1990 1992 1994 1996 Meteorologische Ereignisse (Sturm) 1998 2000 2002 2004 Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) 2006 2008 2010 2012 Klimatologische Ereignisse (Temperaturextreme, Dürre, Waldbrand) NatCatSERVICE® Wetterkatastrophen: Gesamt- und versicherte Schäden weltweit Mrd. US$ 300 250 200 150 100 50 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Gesamtschäden (in Werten von 2012) Versicherte Schäden (in Werten von 2012) Trendlinie Gesamtschäden Trendlinie versicherte Schäden 2012 Ist der Fit eines exponentiellen Trends angemessen? ABER: Trend der Werteentwicklung, hier approximiert über GDP ppp, ist exponentiell! Visser & Petersen, 2012: Nicht besser Trendkurve fitten, die dem variablen Verlauf mehr gerecht wird (also keine Annahme über die Struktur des antreibenden Prozesses voraussetzt)? Quelle: International Monetary Fund, 2012 Quelle: Visser, H., and A.C. Petersen, 2012, Clim. Past, 8, 265-286 Langfristig muss Schadenentwicklung der Werteentwicklung folgen. Also: antreibender Prozess bekannt Exponentieller Trend. Wesentliche Gründe für steigende Schadentrends Bevölkerungszunahme Von 4,1 Mrd. (1975) auf 6,9 Mrd. (2010) auf 8,0 Mrd. (2030) Steigender Die globale Mittelklasse wächst rasant Lebensstandard Konzentration von Bevölkerung Der Anteil städtischer Bevölkerung wächst beständig und Werten in Ballungsräumen von 37% (1975) auf 50% (2010) auf 57% (2025) („Urbanisierung“) Besiedlung und Vor allem Küsten und Flussufer Industrialisierung stark exponierter Regionen Steigende Versicherungsdichte Mit dem Pro-Kopf-Einkommen wächst die Versicherungsnachfrage und damit die versicherten Werte Quelle: Munich Re, 2011 Gründe für steigende Schadentrends Beispiel: Florida, USA Florida 1920 100.000 Einwohner 0 Touristen Florida 18 Millionen Einwohner 2005 86 Millionen Touristen 2 Zunahme der urbanen Zentren: 1975, 2009, 2025 1975 Urbaner Bevölkerungsanteil: 37% 2009 Urbaner Bevölkerungsanteil: 50% 2025 Urbaner Bevölkerungsanteil: 57% Quelle: United Nations, Department of Economic and Social Affairs, 2009 These: Zwei Forschergruppen bei Frage Klimawandel und Schäden involviert – Klimaforschung und (ökonom./sozialwiss.) Risikoforschung “The two areas of research that we have mentioned … indicate that current science on attribution of extreme impact events to climate change has not been integrated between disciplines so far. This is reflected in the contrasting conclusions about observed changes in extreme events and their attribution to climate change.“ GEWITTERSCHÄDEN – EIN WAHRSCHEINLICHER ZUSAMMENHANG MIT KLIMAWANDEL Abweichungen der Globalen Mitteltemperatur vom langjährigen Mittel (1961-1990), 1900 - 2012 Global mean temperature anomalies 1900 - 2012 relative to the 1961-1990 average 0.6 0.5 0.3 0.2 0.1 0.0 -0.1 -0.2 -0.3 -0.4 -0.5 Data source: Met Office / CRU -0.6 1850 1855 1860 1865 1870 1875 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Temperature Anomaly [°C] 0.4 Veränderungen der Meeresoberflächentemperaturen in tropischen Ozeanbecken mit Tropensturmaktivität (1968-2012) Five-year running mean Source: Munich Re, May 2013. Data source: HadISST, MetOffice, 2013 Zunehmende Feuchte in der Atmosphäre Spezifische Feuchte nahe der Erdoberfläche in den meisten Landregionen bereits angestiegen (1973-2012, HadCRU). 1973–2012 Source: Willett et. al. (2013), Clim. Past, 9, 657–677. Schwarze Punkte: signifikanter Trend - Attributierungsstudien basierend auf Klimamodellen: Anstieg wird durch die globale Erwärmung verursacht (Willet et al., 2010, Environ. Res. Letter, 5; Santer et al., 2007, PNAS, 104) Können zahlreicherer / intensivere Gewitter eine Folge sein? Nahe Reutlingen, 28.Juli 2013 Quelle: wetterfotografie.de/Bastian Werner Mittlere Positionen von großen Gewitterschadenereignissen (normalisierter Schaden > 250 Mill. US$) 273 Schadenereignisse (normalisiert auf Gebäudebestand) Source: Sander, J., J. Eichner, E. Faust, and M. Steuer, Weather, Climate, and Society, March 2013, DOI: 10.1175/WCAS-D-12-00023.1 Zunehmende Variabilität von Jahresschäden aus US-Schwergewittern östl. der Rockies (1970 – 2009) Gewitterereignisse und -schäden (Hagel, Gewitterböen, Tornados, Starkniederschlag) in den USA im Zeitraum 1970 – 2009 mit normalisierten Schäden von mindestens 250 Millionen US$. Transformation vergangener Schäden als seien sie an den heute exponierten Häusern, Autos, etc. entstanden (Normalisierung auf heutige Werte). Beseitigung des Signals des Wertewachstums. Schwellwert 250 Millionen US$ selektiert Schäden über mehrere Bundesstaaten hinweg, die zu jedem Zeitpunkt seit 1970 zuverlässig detektiert wurden Homogenität der Erfassung. Normalisierte Gewitterschäden aus Schadenereignissen > 250 Millionen US$ US-Originalschäden aus Gewittern östlich von 109° W (östlich der Rockies), März – Sept. Source: Sander, Eichner, Faust, Steuer, 2012: WCAS, 2013 © Munich Re, 2012 © Munich Re, 2012 Normalisierung, Selektion von Ereignissen (> 250 Mill.US$) Schäden durch große Gewitterereignisse in den USA östlich der Rocky Mountains haben Klima-getrieben seit Standardisiertes Aggregat Standardisierte Anzahl den 1970er Jahren zugenommen. Anzahl pro Jahr: Schwergewitter-Potenzial, norm. direkter Schaden orange: meteorologisches Gewitterpotenzial grün (blau): norm. Schaden count of TSP per grid point > 3,000 J kg-1 count of norm. loss events ≥ $250m (BS) count of norm. loss events ≥ $250m (GDP) Aggregat pro Jahr: Schwergewitter-Potenzial, norm. direkter Schaden orange: meteorologisches Gewitterpotenzial grün (blau): norm. Schaden aggr. TSP per grid point > 3,000 J kg-1 aggr. norm. losses ≥ $250m (BS) aggr. norm. losses ≥ $250m (GDP) BS, GDP: different normalization approaches using either building stock (BS) or GDP (GDP) as a proxy for wealth Aufsummierte potenzielle maximale Aufwindgeschwindigkeít in Schwergewittern (Maß für vorhandene potenzielle Schwergewitterenergie) Potenziell verfügbare SchwergewitterEnergie hat über die vergangenen 40 Jahre zugenommen. Klimamodelle: Getrieben über Zunahme der spezifischen Feuchte. Six-hourly wmax over period 1970-2010, aggregated per March – September season from analysis domain (NCEP/NCAR reanalysis). Threshold of SQRT(CAPE) = 42 m s-1 (corresponding to CAPEml ~ 1,760 J kg-1) was applied. Spezifische Feuchte ist sehr wahrscheinlich aufgrund von Klimawandel angestiegen. Schwere Hagelgewitter in Niedersachsen, NRW, BadenWürttemberg am 27. und 28. Juli 2013 Region Deutschland, jedoch größter Anteil aus den Ereignissen in Niedersachsen, NRW und Baden-Württemberg vom 27.-28.7.2013 * Schadenermittlung noch nicht abgeschlossen Gesamtschaden im Juli/August Versicherter Schaden im Juli/August ≈ € 4.8bn* € 3.6bn* Source: New York Times 20 Wellenstörung mit Gewittern unterwegs von Frankreich nach Niedersachsen (Infrarot-Bild) Quelle: www.lightningmaps.org Schwere Hagelgewitter in Deutschland, 27. und 28. Juli 2013 Hagel <3cm oder unbekannt 3-3,9cm 7-7,9cm 8cm Starker Wind Starkniederschlag Stadtgebiete © 2013 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, Stand August 2013 Quelle: Munich Re basierend auf Daten der ESWD NatCatSERVICE Naturkatastrophen in Deutschland 1980 – 2012 Anzahl konvektive Ereignisse Anzahl 35 30 25 20 15 10 5 1980 1982 1984 1986 1988 Unwetter 1990 1992 Sturzflut 1994 1996 Hagelsturm 1998 2000 Tornado © 2013 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE – Stand August 2013 2002 2004 Blitzschlag 2006 2008 2010 2012 NatCatSERVICE Naturkatastrophen in Deutschland 1980 – 2012 Gesamtschäden und versicherte Schäden aus konvektiven Ereignissen (Mio. EUR) 4 000 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 1980 1982 1984 1986 1988 1990 Gesamtschäden (in Werten von 2012) 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Versicherte Schäden (in Werten von 2012) © 2013 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE – Stand August 2013 2010 2012 Beobachtete Änderungen bei Schwergewittern im Südwesten Deutschlands Anzahl von Tagen mit Hagelschaden gemäß Versicherung Relative Änderungen beim Gewitterpotenzial Potenzial für schwere Gewitter steigt stärker an als Potenzial für leichte Gewitter. Quelle: MR unter Verwendung von Daten aus Kunz et al. (2009), Int. Journal of Climatology Quelle: M. Kunz et al. (2009), Int. Journal of Climatology Modellierungsansatz PIK Sommerliche Gewitter (Hagel) - Wohngebäudeschäden Klimamodellierung gemäß dem A1B Szenario: 1984/2008 2011/2040 – 1984/2008 Promille Mittlere Änderung: +15% Sommerhalbjahr 2041/2070 – 1984/2008 Mittlere Änderung: +47% Quelle: GDV-Studie „Auswirkungen des Klimawandels…“, Abschlussbericht zum Teilbereich Sturm/Hagel, Dezember 2011 Überschwemmung in Deutschland Dortmund 2008 Überschwemmung in Deutschland Baiersdorf/Mittelfranken (7000 Einwohner) 1000 Häuser unter Wasser 70 – 80 mio € Schaden 21. Juli 2007 Hochwasser und Überschwemmungen in Deutschland seit 1990 Monat/ Jahr 1993 1994 1995 1997 1998 1999 2002 2002 2005 2006 2007 2008 2010 betroffene Region Gesamtschaden [mio Euro] Rheingebiet 530 Saale-Unstrut-Gebiet 300 Rheingebiet 270 Oder 330 ganz Deutschland 220 Rhein- und Donaugebiet 410 westliches Bayern 100 Elbe- und Donaugebiet 11 600 Donaugebiet 175 Elbe 80 Mittelfranken (Baiersdorf) 90 Baden-Württemberg (Killertal) 400 Sachsen 1 000 versicherter Schaden [mio Euro] 160 150 100 30 45 72 50 1 800 40 16 100 400 vers. Anteil [%] 30 50 41 9 20 18 50 14 23 20 25 40 Überschwemmungen in Europa Mai/Juni 2013 Wahrscheinlich teuerste Naturkatastrophe in Deutschland! Anhaltende Trogstruktur der Druck- und Strömungsverhältnisse in der Höhe Source: GDV Quelle: NCEP/NCAR Reanalysen/ NOAA/ESRL Region Deutschland, Österreich, Tschechische Republik Gesamtschaden Vers. Schaden US$ > 16 bn* US$ ~3.9 bn* * Schadenabschätzung noch nicht abgeschlossen Tote 22 Source: New York Times Überschwemmungen an Elbe und Donau, August 2002 Region Deutschland Gesamtschaden Vers. Schaden Tote € 11.6 bn € 1.8 bn 21 Wetterlage Trog Mitteleuropa 20 Anzahl Tage pro Jahr der Wetterlage Trog Mitteleuropa hat zugenommen. 18 14 [Days] 12 10 8 6 4 2 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 0 year summer Anzahl Tage/Jahr Anzahl Tage/Jahr 16 winter Einer der möglichen Gründe: Höhere Persistenz durch geringere Verlagerungsgeschwindigkeit der Großwetterlagen Klimaforschung diskutiert die These, ob die relativ stärkere Erwärmung der hohen Breiten (arctic amplification) für diese Verlangsamung verantwortlich ist. (Francis and Vavrus 2012) Data source: Katalog der Grosswetterlagen Europas (1881-2009). PIK Report No. 119. Abweichung [mm] vom Mittel 1961-1990 Globale Entwicklung des Tagesniederschlags, der nur in 5% der Niederschlagstage auftritt Quelle: Donat et al., 2012: Updated analyses of temperature and precipitation extreme indices, AGU, accepted Modellansatz PIK Flussüberschwemmungen Schadenhöhe [Mio. EURO] Projizierte Jahresschaden-Entwicklung Zunahme bis 2011/40: ca. 80% Fazit: Verkürzung der Wiederkehrperioden (häufigere Überschwemmungen) Derzeit durchschnittlicher Jahresschaden: ca. € 500 Mio. Verdopplung bis Ende des Jahrhunderts möglich. Ereignisse mit einer Wiederkehrperiode von 50 Jahren können künftig doppelt so teuer werden Quelle: GDV-Studie „Auswirkungen des Klimawandels…“, Abschlussbericht zum Teilbereich Überschwemmungen, Dezember 2011 Wie können sich Städte an den Klimawandel anpassen? Entsiegelung von Oberflächen (Speicherung von Niederschlagswasser, kühlere Oberflächen im Sommer) Auslegung der städtischen Entwässerungssysteme für zukünftig zu erwartende Niederschlagsraten Keine Ausweisung von Bauland in Überschwemmungsgebieten (auch zukünftig zu erwartenden) Verstärkung des Hochwasserschutzes (Klimawandelzuschlag) Schaffen von sozialen Netzwerken, um Risikogruppen in der Bevölkerung bei Hitzewellen und Naturkatastrophen zu helfen. Unterstützung von Kampagnen (z.B. Bayern, Sachsen) zur weiteren Verbreitung der Elementarschadenversicherung Zusammenfassung Das Geschäftsmodell eines Rückversicherers baut auf Diversifikation von Spitzen-Naturgefahrenrisiken in diversen Regionen/Märkten. Das bedingt die globale Aufstellung. Der sich global auswirkende Klimawandel findet daher das besondere Interesse eines Rückversicherers. Seit den 1970er Jahren hat die bodennahe spezifische Feuchte im Jahresmittel über weiten Teile der Landoberflächen zugenommen. Das ist eine der Voraussetzungen für Gewitter- und Niederschlagsbildung. Starke Hagelschläge wie Ende Juli in Niedersachsen oder Überschwemmungen an der Elbe wie im Mai/Juni sagen als Einzelereignisse nichts über Klimawandel. Gleichwohl können solche Ereignisse unter den Randbedingungen des Klimawandels künftig intensiver ausfallen. Ebenso Starkniederschlagsereignisse in der Fläche. Stadt und Land werden durch schwere Niederschläge betroffen. Städte sollten insbesondere auf Oberflächenversiegelung, die Auslegung von Entwässerungssystemen, und Hochwasserschutz achten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Eberhard Faust © 2013 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft © 2013 Munich Reinsurance Company