Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
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Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Ein Projekt des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) betreut vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Werkstatt: Praxis In der Schriftenreihe Werkstatt: Praxis veröffentlicht das Bundes ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) aus gewählte, praxisorientierte Ergebnisse aus der Ressortforschung. IMPRESSUM Herausgeber Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin Wissenschaftliche Begleitung Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn Bearbeitung Analyse & Konzepte, Hamburg (Auftragnehmer) Matthias Klupp Jens Töpper Tanja Tribian Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung, Bonn Wolfgang Neußer Matthias Waltersbacher Druck Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn Bestellungen [email protected] Stichwort: Werkstatt: Praxis Heft 68 Nachdruck und Vervielfältigung Alle Rechte vorbehalten Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Bitte senden Sie uns zwei Belegexemplare zu. Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch. ISSN 1436 – 0063 (Schriftenreihe) ISBN 978-3-87994-968-7 Werkstatt: Praxis Heft 68 Berlin 2010 Inhalt Kurzfassung 1 Summary 5 1 Einleitung 9 1.1 Ziel des Forschungsprojektes 9 1.2 Untersuchungsdesign 9 2 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen 12 12 2.1 Wohnungsbautätigkeit in Ost- und Westdeutschland Wohnungsbau in Westdeutschland 12 Wohnungsbau in Ostdeutschland 12 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Ost- und Westdeutschland 13 2.2 Wohnungspolitische Einflüsse auf das Angebot 14 Wohnungsbauförderung in der Bundesrepublik 14 Bestandsorientierung 16 Frei finanzierter Wohnungsbau 16 Eigentumsbildung 16 2.3 Strukturtypen des Wohnungs- und Städtebaus 18 Großwohnsiedlungen 18 Blockrandbebauung und innerstädtische Wohnsiedlungen 21 2.4 Bauliche Probleme an Wohngebäuden der 70er und 80er Jahre 23 2.5 Sekundärdatenanalyse 24 Bautätigkeit in den Ländern 24 Kleinräumige Betrachtung der Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern 24 Reflexion Sekundärdatenanalyse 27 Datenlage in den Ländern 28 2.6 Entwicklungen seit 1990 31 Quantitative und qualitative Veränderungen des Wohnungsbestandes 31 Veränderungen der Eigentümerstruktur 34 3 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse 36 36 3.1 Eigentümerbefragung Erhebungsmethode Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen 43 Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen 55 Fazit Eigentümerbefragung 66 3.2 Bewohnerbefragung 36 67 Erhebungsmethode 67 Wohnungsstruktur 68 Haushaltsstruktur 69 Instandhaltungsmaßnahmen 69 Miethöhe 70 Wohnzufriedenheit und Nachbarschaft 70 Fazit Bewohnerbefragung 73 Fallstudien 74 3.3 4 Auswertung 4.1 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre Verteilung der Wohnungsbestände auf die Markttypen 4.2 Investitionsstrategien und Förderungen 76 76 77 78 Investitionen nach Baualtersklassen 78 Investitionsmaßnahmen im Bestand der 70er und 80er Jahre 78 Eigentümer im Vergleich 82 4.3 Typisierung der Bestände 83 5 Zusammenfassung und Empfehlungen 94 6 Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring 99 6.1 Beurteilung der vorhandenen Datenbasis 99 6.2 Referenzbestand und Datenabfrage 99 Abfrage der Bestandsstruktur 100 Abfrage der baulichen Investitionen 101 Literaturverzeichnis 102 Anhang 104 Abbildungs-/Tabellenverzeichnis Abbildung 1 Forschungsdimensionen Abbildung 2 Untersuchungsdesign Abbildung 3 Fertig gestellte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in West- und Ostdeutschland Abbildung 4 Bewilligungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau 1970 bis 1989 (alte Länder) Abbildung 5 Neubau Eigentums- und Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern Abbildung 6 WBS 70: Sektionsgrundriss 2.–5. Geschoss und Grundriss einer 4-Raum-Wohnung Abbildung 7 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 Abbildung 8 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 je 1.000 Einwohner Abbildung 9 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern der Baujahre 1969/70 bis 1990 Abbildung 10 Anteile Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1990 an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 2005 insgesamt Abbildung 11 Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen Abbildung 12 Befragungs- und Fallstudienorte Abbildung 13 Gründe für Absagen Abbildung 14 Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen nach Baualter und Ost- und Westdeutschland Abbildung 15 Marktsituation in Großwohnsiedlungen Abbildung 16 Marktsituation in Großwohnsiedlungen Abbildung 17 Mietniveau der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen Abbildung 18 Gründe für Leerstand in Großwohnsiedlungen Abbildung 19 Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen Abbildung 20 Investitionen in die Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen Abbildung 21 Gründe für Investitionen in Großwohnsiedlungen Abbildung 22 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in Großwohnsiedlungen Abbildung 23 Aktuelle Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen Abbildung 24 Zukünftige Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen Abbildung 25 Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen getrennt nach Baualter und Ost- und Westdeutschland Abbildung 26 Marktsituation aktuell und zukünftig in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 27 Mietniveau der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 28 Gründe für Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 29 Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 30 Investitionen in die Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 31 Gründe für Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 32 Gründe für nicht durchgeführte Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 33 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 34 Aktuelle Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 35 Zukünftige Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen Abbildung 36 Zufriedenheit nach Aspekten der Wohnung Abbildung 37 Zufriedenheit nach Aspekten des Wohnhauses Abbildung 38 Zufriedenheit nach Aspekten der Umgebung Abbildung 39 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er/80er Jahre Abbildung 40 Geplante Investitionen 2008 bis 2012 Abbildung 41 Geplante Investitionen 2008 bis 2012 pro Wohnung Abbildung 42 Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Energieagenturen Abbildung 43 Inanspruchnahme von Fördermitteln Abbildung 44 Bestandsstrategietypen 10 11 13 15 17 20 25 25 26 Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7 Tabelle 8 Tabelle 9 Tabelle 10 Tabelle 11 Tabelle 12 18 28 32 36 38 40 41 41 42 42 44 46 Eckpunkte deutscher Wohnungspolitik und Auswirkungen auf das Wohnungsangebot Datenlage in den Ländern Abgänge ganzer Wohngebäude Auswahl Kommunen: Matrix Ausgangsstichprobe Rücklauf nach Eigentümerstruktur Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten insgesamt Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten am Standort Anzahl Wohneinheiten nach Eigentümern Anzahl Wohneinheiten nach Markttypen Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen Markteinschätzung in Großwohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen 27 33 37 39 43 44 45 45 46 48 49 49 51 53 54 56 56 57 58 59 60 60 61 62 66 66 71 71 72 76 78 78 81 81 83 Tabelle 13 Tabelle 14 Tabelle 15 Tabelle 16 Tabelle 17 Tabelle 18 Tabelle 19 Tabelle 20 Tabelle 21 Tabelle 22 Tabelle 23 Tabelle 24 Tabelle 25 Tabelle 26 Tabelle 27 Tabelle 28 Tabelle 29 Tabelle 30 Tabelle 31 Tabelle 32 Tabelle 33 Tabelle 34 Tabelle 35 Tabelle 36 Tabelle 37 Tabelle 38 Tabelle 39 Tabelle 40 Tabelle 41 Tabelle 42 Tabelle 43 Tabelle 44 Tabelle 45 Tabelle 46 Tabelle 47 Tabelle 48 Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Gesamt Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Gesamt Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen in kleineren Wohnsiedlungen Markteinschätzung in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen Leerstandsquoten in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen und Ost- und Westdeutschland Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen Wohndauer Wohnungsgröße Wie viele Zimmer hat Ihre Wohnung? Haushaltsgröße Anzahl der Kinder Von Geburt an erlernte Sprache Durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen Gewünschte Instandhaltungsmaßnahmen Subjektive Mietpreise Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Wohnsituation? Nachbarschaftsverhältnis Veränderungen des Nachbarschaftsverhältnisses Gründe für einen Umzug Umzugsziel Anforderungen an das neue Umfeld Wohnungsbestand Investitionen in die Wohnungsbestände der 70er/80er Jahre – Gesamtbestand nach Wohnungsmarkttypen Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der 70er/80er Jahre – Wohnungsmarkttypen Auswahlmatrix Referenzstandorte 47 50 50 51 52 53 54 56 57 58 59 61 63 63 64 64 65 68 68 68 68 69 69 69 70 70 70 73 73 73 73 73 77 79 80 100 1 Kurzfassung Die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre spielen eine bedeutende Rolle bei der Wohnraumversorgung in Deutschland, denn rund ein Viertel der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist in dieser Zeit entstanden. Um die Bestände auch zukünftig marktgängig zu halten, sind Investitionen notwendig, deren Realisierung jedoch in hohem Maße von der jeweiligen Marktsituation und den Eigentümerzielen abhängt. Vor diesem Hintergrund sind die Investitionsprozesse der unterschiedlichen Eigentümergruppen für die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik von zunehmendem Interesse. Die vorliegende Untersuchung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre bildet einen Baustein eines Bestandsmonitorings, das als Basis für Prognosen und wohnungspolitische Handlungsempfehlungen dienen kann. Für dessen Entwicklung hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) inzwischen mehrere Untersuchungen vorgenommen. Ziel ist es, eine räumliche und methodische Strukturierung der betreffenden Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen zu ermöglichen. Auf dieser Basis sollen die Marktprozesse und die unterschiedlichen Bestandsstrategien und Ziele der Akteursgruppen analysiert werden, um daraus Rückschlüsse für die zukünftige Entwicklung des Wohnungsbestandes und daraus resultierende wohnungspolitische Implikationen zu ziehen. Das Untersuchungsdesign setzt sich aus fünf übergeordneten Bausteinen zusammen. In einem ersten Arbeitsschritt erfolgte eine Sekundärdatenanalyse. Dabei wurde eine Bestandsaufnahme der vorhandenen statistischen Daten und sonstigen qualitativen Informationen zu den Beständen der 70er und 80er Jahre vorgenommen. Mithilfe einer bundesweiten Eigentümerbefragung wurden weitere Hinweise zu der aktuellen Situation sowie den zukünftigen Entwicklungstendenzen bei der Investitionstätigkeit in den 70er und 80er-Jahre-Beständen generiert. Die Sicht der Bewohner wurde im Rahmen einer Bewohnerbefragung erfasst. Ein weiterer wesentlicher Baustein des Forschungskonzeptes war die Durchführung von Fallstudien an ausgewählten Referenzstandorten. Ziel war es, die standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informa- tionen zu ergänzen. Neben Expertengesprächen wurde hierzu ein übergreifendes Werkstattgespräch durchgeführt, bei dem einzelne Aspekte der Entwicklung der 70er und 80erJahre-Bestände vertieft und daraus resultierende Konsequenzen und Anforderungen diskutiert wurden. Im Anschluss an die Empirie wurden die Teilergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte zusammengeführt, um so die Ergebnisse im Gesamtzusammenhang interpretieren zu können. Darüber hinaus wurden im Zuge der Gesamtauswertung Empfehlungen über die Weiterentwicklung des Wohnungsbestandsmonitorings in inhaltlicher und methodischer Hinsicht gegeben. Abschließend wurden aus den Gesamtergebnissen Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung einer zukünftigen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik und den Umgang mit den Wohnungsbeständen abgeleitet. Im Ergebnis der empirischen Untersuchungsschritte wurden verschiedene Bestandsstrategietypen gebildet. Die Typisierung erfolgte nach den Kategorien, die bereits in der Sekundäranalyse und der Eigentümerbefragung verwendet worden sind: • die Region: Ost- und Westdeutschland • der Markttyp: wachsend/strukturstark und schrumpfend/stagnierend • der Bestandstyp: Großwohnsiedlung und kleinere Siedlungstypen • die Eigentümergruppe: kommunal, genossenschaftlich, privat bzw. institutionell Anhand dieser Kriterien wurden acht Strategietypen gebildet. Dabei haben sich deutliche Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten zwischen Ost- und Westdeutschland herauskristallisiert. Im Wesentlichen lassen sich folgende Ergebnisse formulieren: Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre haben eine wichtige Versorgungsfunktion Bei einer rein quantitativen Betrachtung muss zwischen Ost- und Westdeutschland unterschieden werden. Die höchste Bautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich hat im Verhältnis zu der Einwohnerdichte in der damaligen DDR stattgefunden. In den Regionen im Osten Deutschlands gibt es Anteile von 30 % und mehr am gesamten Wohnungsbestand. In Westdeutschland fand Wohnungsbau in den 70er und 80er Jahren 2 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 in Mehrfamilienhäusern insbesondere in den Agglomerationsräumen mit seinen Kernstädten und den verdichteten Kreisen statt. Die Anteile überschreiten in den Regionen jedoch nur selten die 30 %-Grenze. Es hat sich gezeigt, dass die untersuchten Wohnungsbestände eine große Bedeutung für die Wohnungsmärkte und die Wohnungsversorgung haben. Die Anteile einkommensschwacher Haushalte sind vor allem in den Großwohnsiedlungen vielfach überdurchschnittlich. Diese Situation wird sich zukünftig weiter verfestigen. Insbesondere in westdeutschen Großwohnsiedlungen in Märkten mit einer hohen Wohnungsnachfrage übernehmen sie eine wichtige Versorgungsfunktion für einkommensschwache Haushalte. Dort sind die Anteile mietpreis- und belegungsgebundener Wohnungen am höchsten. Die Marktfähigkeit ist in der Regel gut, in Abhängigkeit von der Lage und der baulichen Qualität Die Konkurrenzfähigkeit der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre hängt in erster Linie von der jeweiligen lokalen Marktsituation und der Lage im Stadtgebiet ab. Insbesondere die ostdeutschen Bestände befinden sich oft in einer ungünstigen Nachfragesituation. Verstärkt wird die ungünstige Nachfragesituation durch strukturelle Mängel der Baustruktur und des Wohnumfeldes der größeren Siedlungen, die sowohl im Osten als auch im Westen zu Benachteiligungen führen und Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung haben. Insgesamt ist die Vermietung in guten Marktsituationen aber in der Regel unproblematisch. Handlungserfordernisse gibt es hier insbesondere bei der Steuerung der Sozialstruktur. In Märkten mit hoher Nachfrage zeigt sich eine hohe Abhängigkeit von der kleinräumigen Lage. Im Osten Deutschlands ist in schrumpfenden Märkten auch zukünftig weiterhin mit Nachfragerückgang und weiteren Segregationsprozessen zu rechnen. Insgesamt ist die Wohnzufriedenheit bei den Bewohnern jedoch positiv. Energetische und altersgerechte Maßnahmen werden zukünftig an Bedeutung gewinnen Mehr als die Hälfte der befragten Eigentümer hat in den vergangenen fünf Jahren Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Die wichtigsten Handlungsbereiche umfas- sen hierbei Maßnahmen an der Gebäudehülle, wie Wärmedämmungen an Dächern und Fassaden sowie den Austausch von Fenstern. Insgesamt betrifft dies aber nur rund 10 % der Wohnungsbestände. Ein Großteil der Bestandsinvestitionen fließt derzeit noch in die Wohnungsbestände der 50er und 60er Jahre. Die Analysen haben deutlich gemacht, dass der Handlungsbedarf bei den untersuchten Beständen im Hinblick auf Energie einsparende Maßnahmen noch relativ gering ist. In der Regel weisen die Bestände vergleichsweise gute Verbrauchskennwerte auf. Umfangreichere Maßnahmen sind daher vielfach erst in den nächsten Jahren zu erwarten. Der Handlungsdruck ist dabei den Beständen der 70er Jahre deutlich spürbarer als bei den Beständen der 80er Jahre, die bisher noch nicht so stark im Fokus der Bestandsentwicklung stehen. Auch altengerechte Modernisierungen spielen bei den untersuchten Beständen bisher eine untergeordnete Rolle. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass die Altersstruktur häufig noch keine Überalterung aufweist. Weitere Maßnahmen im Bestand, wie Grundrissveränderungen, spielen bisher keine bedeutende Rolle und werden es auch zukünftig nicht tun. Der Wohnungsrückbau spielt im Untersuchungszusammenhang im Westen bisher praktisch keine Rolle. Allerdings deutet die Marktsituation an einigen Standorten bereits auf nachhaltige Nachfragerückgänge hin, die Rückbaumaßnahmen zukünftig notwendig machen können. Geringes Mieterhöhungspotenzial ist zentrales Investitionshemmnis Es gibt eine Vielzahl an Gründen, keine Modernisierungen durchzuführen. Dies hängt auch von den unterschiedlichen unternehmerischen Strategien ab. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur in sehr geringem Umfang getätigt und die Kosten möglichst gering gehalten. Einzelne Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, sofern die Vermietung gesichert ist. Dies erfolgt dann durch Preisnachlässe, Investitionszurückhaltung und eine geringe Steuerung der Mieterauswahl. Hinzu kommt, dass Investitionen durch unterschiedliche Förderpraktiken gehemmt werden können. Das zentrale Hemmnis für Modernisierungsmaßnahmen sind jedoch in der Regel zu enge Spielräume bei der Miet- Kurzfassung preisgestaltung. Gerade in Märkten mit Angebotsüberhängen reagieren die Mieter sehr preissensibel. Bei Beständen im preiswerten Segment ist häufig kein Spielraum nach oben vorhanden. Weitere Hemmnisse können die baulichen Anforderungen in Form von Richtlinien darstellen, wie sie die Energieeinsparverordnung (EnEV 2007, 2009) und die DIN 18025 für barrierefreies Bauen darstellen. Insbesondere mit der Energieeinsparverordnung 2009 wird die Befürchtung verbunden, dass diese sich ungünstig auf die Investitionstätigkeiten auswirken wird. Eine besondere Herausforderung stellen für die Wohnungseigentümer zudem die Anforderungen an den Brandschutz dar. Gerade die Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen häufig über große Gebäudehöhen, was bei Modernisierungsmaßnahmen hohe Kosten zur Folge haben kann. Hierbei besteht die Gefahr, dass aufgrund der umfangreichen Investitionen entsprechende Mittel für andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen. Bestandsentwicklung als Konsequenz aus Eigentümerstrategien Inwieweit sich der Wohnungsbestand verändern wird, hängt auch ganz wesentlich von den unternehmerischen Strategien ab. Die unterschiedlichen Strategien führen je nach Eigentümer und je nach Konstellation der Eigentümerstruktur vor Ort zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen. Als grobe Unterscheidung lassen sich zum einen die so genannten „Verwalter“ beschreiben, die eine Vollvermietung bei möglichst geringem Aufwand in der technischen Gebäudeunterhaltung und -anpassung anstreben. Strategische Überlegungen in Bezug auf die Mieterstruktur spielen eine geringere Rolle als bei anderen Vermietern. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur in sehr geringem Umfang getätigt, um die Kosten möglichst gering zu halten. Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, sofern dennoch die Vermietung gesichert wird. Die Vermietung wird dann unterstützt durch Preisnachlässe und Investitionszurückhaltung. Zum anderen gibt es die „Bestandsentwickler“, die verstärkt Wert auf eine zielgruppengerechte Bestandsentwicklung legen. Gesichtspunkte der Steuerung der Sozialstruktur spielen hier bei der Auswahl der Mieter eine größere Rolle. 3 Entscheidend für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung im Quartier sind die Eigentümer und die Kooperationen zwischen ihnen und mit der Kommune. Hier wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale in den Quartieren genutzt werden können. Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete Entwicklung der Infrastruktur sowie Wohnumfeldaufwertungen. Hilfreich sind hierbei Programme, wie die „Soziale Stadt“ oder Stadtumbau-Programme, die die Entwicklung der Quartiere durch ihre Förderkulissen unterstützen und Investitionen anregen. Zum Teil werden hierdurch Maßnahmen ermöglicht, die sonst nicht durchgeführt würden. Wichtiger noch ist der kooperative Charakter dieser Programme, die eine Basis für eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Stadtverwaltung liefern. Regional sind unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten Der Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre ist regional durch unterschiedliche Entwicklungen geprägt. In prosperierenden Märkten wird es auch weiterhin eine stabile Nachfrage geben. Insbesondere die Bestände in den größeren Wohnsiedlungen werden ein quantitativ bedeutendes Angebot im preiswerten Wohnungsmarktsegment darstellen. In Märkten mit geringerer Nachfrage werden diese Bestände aber auch zunehmend von Leerstand bedroht sein. Dort, wo ein Wohnungsüberangebot besteht, werden die Wohnungsbestände in den Großwohnsiedlungen eine ungünstigere Perspektive haben als 50er/60er Jahre-Bestände, da jene in der Regel eine bessere Lage haben und vielfach bereits weiter entwickelt sind. Damit hängen auch die Problembereiche der 70er Jahre Bestände zusammen, vielfach handelt es sich dabei um segregierte Gebiete mit den typischen Problembereichen hinsichtlich baulicher Mängel und Nachbarschaftsproblemen. Bei der Weiterentwicklung der untersuchten Wohnungsbestände handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den 50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die 4 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Weichen für eine Erneuerung dieser Bestände werden jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland wird der Handlungsschwerpunkt in näherer Zukunft vor allem bei den 70er Jahre-Beständen liegen, insbesondere auch bei denen, die im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind. Auslaufende Belegungsbindungen, die Entwicklung kommunaler Finanzhaushalte und die Bewirtschaftungskosten solcher Quartiere lassen Perspektiven offen. Aus der vorliegenden Untersuchung gehen keine näheren Erkenntnisse hervor, dass zukünftig mit weiteren größeren Veräußerungen zu rechnen ist. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass entsprechende Pläne entweder nicht bekannt sind oder der Verkauf als strategische Maßnahme nicht öffentlich gemacht wird. Auch Mieterprivatisierungen dürften in den untersuchten Beständen kaum eine Rolle spielen. 5 Summary Housing stock built in the 1970s and 1980s plays an important role in the housing supply in Germany because roughly one quarter of the flats in multiple dwellings was built during that period. In order to keep this stock marketable in the future there is a need for investment, the implementation of which depends very much on the individual market situation and owner objectives. Against this backdrop the investment processes of the different owner groups are of increasing interest for housing and urban development politics. The present analysis of the housing stock built in the 1970s and 1980s is one module of a stock monitoring system that can serve as a basis of forecasts and action recommendations in housing policy. The Federal Institute for Building, Urban and Regional Research (BBSR) has in the meantime completed several investigations to develop it further. The objective is to allow a regional and methodical classification of the housing stock according to owner groups. This is going to be the basis for analysing the market processes and the different stock management strategies and objectives of the groups of agents. Then statements on the future development of the housing stock and on the resulting implications for housing policy will be derived. The structure of the study consists of five high-level blocks. The first step is a secondary data analysis. It is about taking stock of the available statistical data and other qualitative information on the stock built in the 1970s and 1980s. In a nation-wide owner survey further evidence was generated regarding the current situation and the future development trends in investment into stock built in the 1970s and 1980s. A resident survey was used to capture the views of the residents. Another key building block of the research concept was the implementation of case studies in selected reference sites. The objective was to add well-founded qualitative information to the standardised owner survey. In addition to expert talks this involved an overarching workshop talk with an in-depth discussion on individual aspects of the development of the stock built in the 1970s and 1980s as well as on the resulting consequences and requirements. Following this empirical phase the partial results of the individual work steps were brought together so that the results could be interpreted in the over- all context. Beyond this the overall evaluation led to recommendations on the further development of the housing stock monitoring scheme in terms of content and methods. The last step was to derive from such overall results the action recommendations for shaping the future housing and urban development policy and for handling the housing stock. As a result of the empirical analysis steps various stock management strategy types were established. The types were established along the categories that had already been used in the secondary data analysis and in the owner survey: • the region: east and west Germany; • the market type: growing/structurally strong and shrinking/stagnating; • the housing stock type: large residential settlements and smaller settlement types; • the owner group: municipal, cooperative, private and institutional. Based on these criteria eight strategy types were established. In this process clear differences, but also common features between east and west Germany were identified. The main results are as follows: Housing stock built in the 1970s and 1980s has an important supply function In a purely quantitative analysis a distinction between east and west Germany is necessary. The most intensive multiple dwelling building activity relative to the population density took place in the former GDR. In the east German regions multiple dwellings account for 30 % of the overall number of units, and even more. In west Germany of the 1970s and 1980s multiple dwellings were mainly built in the agglomeration areas with its core cities and densely populated districts. However, in the regions their share hardly ever went beyond the 30 % level. It turned out that the analysed housing stock is of major importance for the housing markets and for housing supply. The share of lowincome households in major residential settlements is often higher than average. This situation will remain unchanged in the future. Especially in west Germany large settlements in markets with a high demand for housing have an important supply function for low- 6 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 income households. That is where the share of residential units with price control and occupancy regulations is the highest. Marketability is good in general, depending on location and building quality The competitiveness of housing stock built in the 1970s and 1980s depends in the first line on the local market situation and on the location in the city. Especially for the east German stock the demand situation is often unfavourable. The unfavourable demand situation is compounded by structural flaws of the building structures and in the living environment of larger settlements, which create disadvantages in the east and west alike and which have an influence on the tenant structure. All in all renting flats in a good market situation is usually unproblematic. The main need for action is in controlling the social structure. In markets with high demand a lot depends on the micro-location. In shrinking markets in the east of Germany we expect a further decline in demand and further segregation processes. However, the general level of residents‘ satisfaction with their housing situation is positive. Energy efficiency measures and adaptation to ageing residents will gain more importance in future More than half the owners covered by the survey have conducted modernisation measures in the past five years. The most important activities include measures on the building skin, such as thermal insulation of roofs and facades as well as the replacement of windows. However, that applies only to about 10 % of the housing stock. The bulk of stock investment is currently still going into the stock built in the 1950s and 1960s. The analyses have shown that the need for action regarding energy efficiency measures is relatively small in the analysed housing stock. Usually the buildings feature relatively good energy consumption values. So largescale measures are not to be expected in general until in a few years. The pressure to act is clearly more evident in stock built in the 1970s than in the 1980s stock, which has so far not been a strong focus of attention for housing stock development. For the stock analysed so far the role of modernisation for the needs of ageing residents has been rather subordinate. One reason is that the residents are not over-ageing yet. Further measures on the housing stock, such as changing the floor plans, have not played any important role so far, neither will they in the future. In the context of the study residential unit demolition has played virtually no role in the west so far. However, the market situation in several sites already indicates a lasting decline in demand, which might make demolition measures necessary in the future. Low rent increase potential is a central obstacle to investment There are manifold reasons why modernisation measures are not carried out. That also depends on various entrepreneurial strategies. Partly the enterprises make very little investment and keep the costs as low as possible. Individual examples show that this can indeed be a strategy in weak markets as long as occupancy is ensured. This includes price discounts, conservative investment and little control of the tenant selection. In addition the investment obstacles may also include various subsidisation practices. But usually the central obstacle in the way of modernisation measures is too little room for manoeuvre with rent prices. It is especially in markets with excess supply that tenants respond with much sensitivity to price. In the low-price segment there is often no potential for a rent increase. Further obstacles include building regulations and directives such as the Energy Efficiency Ordinance (EnEV 2007, 2009) and DIN 18025 for barrierfree building. Especially the 2009 Energy Efficiency Ordinance has led to concerns that it may have an unfavourable effect on investment activity. Another special challenge for flat owners includes the fire protection requirements. Especially the housing stock built in the 1970s and 1980s often includes fairly high buildings, which may entail high costs for modernisation measures. The risk is that due to such extensive investment the according funds may no longer be available for other measures. Stock development as a result of owners‘ strategies The change of the housing stock depends very much on entrepreneurial strategies. Depending on the owner and on the constellation of the local ownership structure the different strategies can lead to totally different development routes. A rough classification is that on the one hand there are the ‚mana- Summary gers‘, who aim at full occupancy with a minimum of effort and cost for technical building maintenance and adaptation. Strategic considerations regarding the tenant structure play a lesser role that they do for other landlords. Such enterprises partly minimise investment in order to keep the costs as low as possible. Examples have shown that this can also be a strategy in weak markets as far as occupancy is nevertheless ensured. Full occupancy is supported by rent discounts and investment restriction. On the other hand there are the ‚stock developers‘, who attach more importance to developing the housing stock for their target group. Aspects like controlling the social structure play a larger role for tenant selection. The decisive factors for successful housing stock development in a quarter include the owners, cooperation between them and cooperation with the municipality. Here the different local constellations will show what potential can be utilised in the urban quarters. Especially important points are the targeted development of the infrastructure and improvement of the living environment. Help can come from programs such as ‚Soziale Stadt‘ (social city) or urban redevelopment programs that provide subsidies in order to support the development of urban quarters and stimulate investment. Partly this makes measures possible which would not be taken otherwise. An even more important point is the character of such programs which form the basis of cooperation between the individual flat owners and the city administration. Regional variation of developments can be expected The housing stock built in the 1970s and 1980s is characterised by differences in regional developments. In prospering markets there will be further stable demand in the future. Especially housing in larger residential settlements will make up a significant quantity of the supply in the low-price residential market segment. However, in markets with less demand such housing stock will be increasingly threatened with vacancies. 7 Where housing supply exceeds demand the prospects for housing stock in large residential settlements will be more unfavourable that for stock from the 1950s and 1960s because the latter units are usually in better locations and are already further developed. That also relates to the problem areas of the stock built in the 1970s. In many cases these are segregated areas with the typical difficulties regarding building flaws and neighbourhood problems. The development of the analysed housing stock is a long-term process. Other than the 1950s and 1960s stock the housing stock built in the 1970s and 1980s is still in the ‚preparation‘ phase, but the direction for renovating the stock is already being defined. In west Germany the focus of action in the near future will be mainly on the 1970s stock, especially on projects that were built as council housing. The expiry of occupancy regulation, the development of municipal budgets and the costs of managing such quarters leave the prospects open. The present investigations do not result in any findings that further major unit sales can be expected in the future. However, it should be taken into account that such plans are either not known or that the sale may be kept out of the public as a strategic measure. Tenant privatisation will hardly play a role for the stocks analysed here. 9 1 Einleitung 1.1 Ziel des Forschungsprojektes Die Bestände der 70er und 80er Jahre spielen eine bedeutende Rolle bei der Wohnraumversorgung in Deutschland. Rund ein Viertel der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist in dieser Zeit entstanden. Um die Bestände auch zukünftig marktgängig zu halten, sind Investitionen notwendig. Die Realisierung der zu erwartenden Investitionen hängt jedoch in hohem Maße von unterschiedlichen Marktsituationen und Eigentümerzielen ab. Gleichzeitig ist die Eigentümerlandschaft bei den 70er und 80er Jahre-Beständen inzwischen sehr breit gefächert und es werden vermehrt Bestände von – oftmals ausländischen – Fonds aus anlagestrategischen Gründen erworben, wodurch im Zusammenspiel mit sehr unterschiedlichen Entwicklungen auf den lokalen Märkten eine stark differenzierte Angebotsstruktur entsteht. Vor diesem Hintergrund sind die Investitionsprozesse der unterschiedlichen Eigentümer für die Wohnungspolitik und -forschung von zunehmendem Interesse. Daher soll ein Bestandsmonitoring entwickelt werden, das als Basis für Prognosen und wohnungspolitische Handlungsempfehlungen dienen kann. Für deren Entwicklung hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) inzwischen mehrere Untersuchungen vorgenommen, wie z.B. das Wohnungsbestandspanel für die neuen Bundesländer, die Studien „Perspektiven der Wohnungsbauinvestitionen in den neuen Bundesländern“, „Investitionsprozesse im privaten Mehrfamilienhausbestand“, „Investitionsprozesse im Bestand der 50er und 60 Jahre“ sowie letztlich auch das Wohnungsmarktbeobachtungssystem des BBSR. Im Rahmen dieser Forschungen werden u. a. folgende Ziele verfolgt: • Räumliche Strukturierung der zu untersuchenden Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen • Betrachtung der Marktprozesse sowie der unterschiedlichen Bestandsstrategien und Ziele der Akteursgruppen • Untersuchung der Bestandsinvestitionen im Hinblick auf baualtersspezifische Tendenzen • Bestandsinvestitionen und Marktperspektiven der Bestände in den unterschiedlichen Marktregionen in Abhängigkeit von den verschiedenen Wohnungs- und Eigentümertypen • Auswirkungen wohnungs- und städtebaupolitischer Instrumente, wie z.B. soziale Wohnraumförderung und Städtebauförderung auf die Investitionen • Identifizierung möglicher faktoren für Investitionen Wohnungsbestand Hemmin den • Untersuchung der energetischen Qualität der Wohnungsbestände und Ermittlung aktueller und zukünftig zu erwartender Maßnahmen sowie der Potenziale zur Minderung der Emissionen • Ermittlung der Standards und Potenziale im Hinblick auf das altengerechte Wohnen. Mit diesem Forschungsvorhaben kann nun ein Baustein durch die Darstellung der Investitionsprozesse in den Mietwohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre mit ihren spezifischen Strukturen hinzugefügt werden. Analyse & Konzepte wurde Ende Januar 2007 mit der Bearbeitung der Studie zum „Bestandsmonitoring zur dauerhaften Beobachtung von Investitionsprozessen im Wohnungsbestand unter besonderer Berücksichtigung der 70er und 80er Jahre-Bestände“ beauftragt. 1.2 Untersuchungsdesign Das Untersuchungsdesign setzt sich insgesamt aus fünf übergeordneten Bausteinen zusammen: Sekundärdatenanalyse Im ersten Arbeitsschritt erfolgte eine Sekundärdatenanalyse. In diesem Rahmen wurde eine Bestandsaufnahme der erfassbaren Daten zu den Beständen der 70er und 80er Jahre der statistischen Ämter sowie Erkenntnissen aus Forschungsprojekten vorgenommen (vgl. Kap. 2.5). Ziel der Bestandsaufnahme war es, einen Überblick über die vorhandene Daten- und Informationslage über den Bestand der 70er und 80er Jahre und dem 10 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 investiven Umgang mit ihm zu erstellen. Es wurde eine erste Systematisierung erarbeitet und Forschungslücken deutlich gemacht sowie erste Hypothesen zur Bestandsentwicklung entwickelt, die in der weiteren Untersuchung überprüft wurden. Eigentümerbefragung Primäres Ziel der Befragung war es, ein aussagekräftiges Bild der aktuellen Situation sowie den zukünftigen Entwicklungstendenzen der Wohnungsbauinvestitionen bei den 70er und 80er-Jahre-Beständen zu zeichnen (vgl. Kap. 3.1). Hierfür waren unterschiedliche unternehmerische Strategien zu erwarten, z. B. im Hinblick auf die Langfristigkeit des Engagements oder die Zielrichtungen der Bestandsentwicklung. Diese Strategien und Parameter werden jeweils stark durch den aktuellen baulichen Zustand des Wohnungsbestandes, die lokale Marktsituation und die dort zu erwartenden Entwicklungstendenzen sowie durch die politischen Rahmenbedingungen bestimmt. Vor diesem Hintergrund ging es in der Untersuchung darum, ein differenziertes Bild der Gegenwart, insbesondere aber auch der mittelfristigen Entwicklungen dieser Bestände zu zeichnen. Dabei sollten sowohl qualitative Aspekte als auch quantitative Größenordnungen herausgearbeitet werden, die eine fundierte Abschätzung der weiteren Entwicklungen in diesem Marktsegment ermöglichen. Abbildung 1 Forschungsdimensionen Inhaltliche Dimension Methodische Dimension Wohnungsbestand - Volumen - Wohnungstypen - Baustruktur - Siedlungstypen - Wohnungsmarkttypen - Datenlage/-qualität - Kompatibilität und - Fortschreibung - Bewertung der Daten Investitionsprozesse - Art und Umfang - Entscheidungsgründe Bestandsstrategien Bewohnerbefragung Um die aus den Investitionsprozessen resultierenden Folgen für die Bewohner in die Bewertung einbeziehen zu können, wurde an vier ausgewählten Fallstudienstandorten eine qualitativ orientierte Bewohnerbefragung durchgeführt. Dabei wurden Aspekte, wie die Wohnzufriedenheit, die Bewertung durchgeführter baulicher und sozialer Maßnahmen oder Umzugspläne abgefragt. In jedem der vier ausgewählten Fallstudiengebiete wurden 40 gültige telefonische Interviews mit Bewohnern durchgeführt. Fallstudien In einem weiteren Arbeitsschritt wurden an Referenzstandorten Fallstudien durchgeführt mit dem Ziel, die standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informationen zu ergänzen (vgl. Kap. 3.3). Auf diese Weise sollten insbesondere die strategischen Ausrichtungen und Planungen der Wohnungseigentümer und die daraus resultierenden Investitions-, Kooperations- und Bewirtschaftungsaktivitäten deutlicher als in der standardisierten Befragung abgebildet werden. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Fallstudien neben den Eigentümern auch grundlegende Planungen, programmatische Aktivitäten und Sichtweisen der Kommunalverwaltungen (Wohnungs-, Sozial-, Planungsämter), der Bewohner sowie anderer lokaler Akteure einbezogen. Durch diesen Arbeitsschritt können die durch die Eigentümer induzierten Investitionsbzw. auch Desinvestitionsprozesse mit ihren Folgen für die Stadtentwicklung identifiziert werden. Daraus konnten z.B. Erkenntnisse für den Umgang mit den entsprechenden Beständen aus Sicht der kommunalen Verwaltung und somit Handlungsmöglichkeiten für die Wohnungs- bzw. Stadtentwicklungspolitik abgeleitet werden. Neben Expertengesprächen wurde hierzu ein Werkstattgespräch durchgeführt, bei dem einzelne Aspekte der Entwicklung der 70er und 80er-Jahre-Bestände vertieft und daraus resultierende Konsequenzen und Anforderungen diskutiert wurden. Zusammenfassende Analysen Gesamtauswertung und Ableitung von Thesen Quelle: Eigene Darstellung In einem abschließenden Arbeitsschritt werden die Teilergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte zusammengeführt, um so die 11 Einleitung Ergebnisse im Gesamtzusammenhang interpretieren zu können (vgl. Kap. 4). Methodisch kam es hierbei darauf an, die quantitativ gewonnenen Ergebnisse durch die qualitativen Erkenntnisse zueinander in Beziehung zu setzen, um so die Forschungsleitfragen abschließend zu beantworten. monitorings des BBSR in inhaltlicher und methodischer Hinsicht gegeben. Abschließend werden aus den Gesamtergebnissen Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung einer zukünftigen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik und den Umgang mit den Wohnungsbeständen gegeben. Darüber hinaus werden mit der Gesamtauswertung Empfehlungen über die Weiterentwicklung des WohnungsbestandsAbbildung 2 Untersuchungsdesign 1. Hj. 2007 Projektphasen Vorbereitung Sekundäranalyse Vorbereitung Befragungen und Fallstudien Dokumentation/ Veranstaltungen 1. Sachstandsbericht 1. Zwischenbericht 2. Sachstandsbericht Durchführung Auswertung 2. Zwischenbericht Durchführung Fallstudien 2. Hj. 2008 1. Hj. 2008 2. Hj. 2007 Eigentümerbefragung Bewohnerbefragung 1. Hj. 2009 Begleitende Beratung Dokumentation Auswertung Fallstudien 2. Hj. 2009 Auswertung 1. Hj. 2010 Projektwerkstatt Veröffentlichung Quelle: Eigene Darstellung Zusammenfassende Analysen Endbericht 2 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen Die Sekundärdatenanalyse stellt den ersten Arbeitsschritt des Forschungsprojektes dar. Gegenstand der Bestandsaufnahme ist die vorhandene Daten- und Informationslage hinsichtlich des Wohnungsbestandes der 70er und 80er Jahre sowie die Ermittlung möglicher Daten- und Forschungslücken. Des Weiteren wird die Wohnungsbautätigkeit in den Kontext der Wohnungspolitik der 70er und 80er Jahre gestellt sowie ihre Rolle für den Wohnungsmarkt und die Wohnungsversorgung aufgezeigt. Ebenso erfolgt ein kurzer Überblick über ihre städtebauliche und stadtentwicklungspolitische Funktion. 2.1 Wohnungsbautätigkeit in Ost- und Westdeutschland Die Wohnungsbautätigkeit wird von konjunkturellen Entwicklungen sowie politischen Vorgaben geprägt. In beiden Teilen Deutschlands gab es in den 70er und 80er Jahren angesichts der unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutliche quantitative und qualitative Unterschiede in der Wohnungsbautätigkeit.1 Wohnungsbau in Westdeutschland Im früheren Bundesgebiet war Anfang der 70er Jahre ein starker Anstieg der Bauleistungen zu verzeichnen, der 1973 mit mehr als 700.000 fertig gestellten Wohnungen seinen Höhepunkt fand. Anfang der 70er Jahre galt damit der kriegsbedingte Wiederaufbau als abgeschlossen. Der Bauboom bewirkte sogar kurzfristig ein Überangebot insbesondere bei Eigentumswohnungen und im frei finanzierten Mietwohnungsbestand. (1) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 318. (2) Vgl. Topfstedt 1999, S. 533. Die Ursachen für den Bauboom Anfang der 70er Jahre lagen u. a. in hohen Inflationsraten und der allgemeinen Kapitalflucht in Immobilien sowie der umfangreichen Bereitstellung von Fördermitteln vonseiten des Bundes und der Länder. In der Folge sorgten jedoch die 1972 einsetzende Konjunkturkrise sowie steigende Zinsen und erhöhte Baukosten für einen raschen Rückgang der Baufertigstellungen. In der ersten Hälfte der 70er Jahre brachen die Fertigstellungszahlen im Geschosswohnungsbau geradezu ein. Bis 1984 wies dann der Wohnungsneubau ein gleichbleibendes Niveau von unter 400.000 Wohnungen im Jahr auf, bevor im Jahr 1988 der Tiefpunkt mit knapp über 200.000 fertig gestellten Wohnungen erreicht wurde. Besonders betroffen von diesem Rückgang war der Geschosswohnungsbau – 1979 wurde nur noch ein Viertel der Bauleistung aus dem Rekordjahr 1973 erreicht. Aufgefangen wurde der zahlenmäßige Rückgang von der Bautätigkeit im Ein- und Zweifamilienhausbau, der 1976 erstmals und bis 1989 fast durchgängig einen höheren Anteil der jährlichen Bauleistung hatte als der Mehrfamilienhausbau. Von den rund 3,5 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die zwischen 1970 und 1990 in Westdeutschland errichtet wurden, entstand nur rund ein Drittel in den 80er Jahren (vgl. Abb. 3). Wohnungsbau in Ostdeutschland Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Prozessen in der alten Bundesrepublik wurde der Wohnungsbau in der DDR auf der Grundlage von Fünf-Jahresplänen zentral gesteuert und unterlag somit weniger konjunkturellen Schwankungen als vielmehr sich verändernden politischen Vorgaben. Ein wesentlicher Einschnitt erfolgte durch die Aufstellung neuer Fünf-Jahrespläne mit Beginn der 70er Jahre. Bereits Ende der 60er Jahre zeichnete sich ab, dass die Bauwirtschaft nicht den Bedarf an Neubauwohnungen erfüllen konnte. Während in den 60er Jahren noch ein Schwerpunkt auf der Wiederherstellung der Innenstädte lag, liefen die Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau dem Bedarf hinterher. Es folgte mit einem staatlichen Wohnungsbauprogramm eine „gravierende baupolitische Kurskorrektur“2. Zur Verbesserung der Wohnsituation sollten in den 70er und 80er Jahren rund drei Millionen Wohnungen durch Neubau und Modernisierung fertig gestellt werden. Zwei Prämissen standen dabei im Zentrum der Umsetzung: • Senkung der Fertigungskosten • Schaffung von Mindeststandards Da sich gezeigt hatte, dass durch das Bauen in den innerstädtischen Bereichen die quantitativen Effekte zu gering und die Kosten gleichzeitig zu hoch waren, konnte angesichts der eingeschränkten wirtschaftlichen Gesamtleistung der Bauwirtschaft dieses hochgesteckte Ziel nur durch den komplexen industriellen Wohnungsbau erreicht werden. Im 13 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen Ergebnis wurden rund 90 % des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre in industrieller Bauweise geschaffen. In der gleichen Zeit wurde nur rund jede zehnte Wohnung als Eigenheim erbaut. Damit hat allerdings das Eigenheim auch an Bedeutung gewonnen, denn während in den Jahren 1971 bis 1974 gerade mal 5 % der Wohnungen jährlich in Eigenheimen errichtet worden sind, waren es in den Jahren 1975 bis 1989 bereits 11 %. Mit dem industriellen Wohnungsbau sollte insbesondere auch moderner Wohnraum mit ausreichender Infrastruktur geschaffen werden. Denn die Wohnungsfrage wurde im Verständnis der sozialistischen Ideologie auch als soziale Frage begriffen, die es zu lösen galt. Die Schaffung angemessener Wohnverhältnisse sollte vor allem als Grundlage für die weitere Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft dienen.3 Insbesondere Familien sollte Raum für Entfaltung gegeben werden. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Ost- und Westdeutschland In ganz Deutschland wurden von 1970 bis 1989 insgesamt mehr als zehn Millionen Wohnungen errichtet. Damit wurden rund (3) Junker 1973, S. 15. 30 % aller Wohnungen in dieser Zeit erbaut. Die Hälfte davon wurde im Geschosswohnungsbau realisiert. In der nachfolgenden Abbildung sind die Baufertigstellungen in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen im Neubau dargestellt. Nicht berücksichtigt sind Fertigstellungen durch Maßnahmen im Bestand, da der Fokus in der vorliegenden Untersuchung auf dem Neubau liegt. Außerdem nicht berücksichtigt werden Fertigstellungen von Wohnungen in Nichtwohngebäuden. In den 70er und 80er Jahren wurden jährlich zwischen 5.000 und 14.000 Wohnungen in Nichtwohngebäuden errichtet – rund 190.000 Wohnungen insgesamt. Dies macht einen Anteil von 5,5 % an den erstellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aus. Der geringe Anteil dieser Wohnungen, die sich z. B. in Geschäftsoder Verwaltungsgebäuden befinden (z. B. Hausmeisterwohnung), wird bei den weiteren Betrachtungen vernachlässigt. Nicht zuletzt auch, weil davon ausgegangen werden kann, dass die überwiegende Zahl der Eigentümer von Wohnungen in Nichtwohngebäuden in der Regel die Wohnungsverwaltung nur als Nebengeschäft betrachten und unter Abbildung 3 Fertig gestellte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in West- und Ostdeutschland 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 1989 Quelle: Eigene Darstellung Neue Bundesländer 1985 Alte Bundesländer 1980 1975 1970 0 anderen Prämissen handeln als andere Wohnungseigentümer und -vermieter. Anhand der Abbildung zeigt sich deutlich die rege Bautätigkeit Anfang der 70er Jahre in den alten Bundesländern. In den neuen Ländern hingegen zeigt sich – mit geringeren Amplituden – ein Ansteigen der Bautätigkeit in den 70ern und der Höhepunkt 1982 mit fast 97.000 industriell gefertigten Wohnungen.4 Für beide Teile Deutschlands stellen sich die Zahlen im Bereich des Mehrfamilienhausbaus wie folgt dar: 5 • In der damaligen Bundesrepublik wurden in den Jahren 1970 bis 1989 rund 3.475.700 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern durch Neubau fertig gestellt. Dies sind 47 % der in dieser Zeit fertig gestellten Wohnungen. • In Westdeutschland wurde in den Jahren 1970 bis 1975 über die Hälfte der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern errichtet (58 %). In der Zeit danach waren es bis 1989 nur noch 35 %. • Das Gros der Wohnungen entstand in der ersten Hälfte der 70er Jahre: mit rund 1.880.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurde mehr als die Hälfte (54 %) in den Jahren 1970 bis 1975 errichtet. (4) In der Statistik wird bei den neuen Ländern lediglich zwischen Fertigstellungen im Wohnungsneubau und darunter befindlichen Eigenheimen unterschieden. Die Abbildung bildet daher eine Annäherung an die tatsächlichen Fertigstellungszahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (5) Statistisches Bundesamt, lange Reihen 2006. (6) Statistisches Bundesamt, lange Reihen 2006: Anteil zum 31.12.1994. (7) Angaben dazu, wie sich der Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre auf die verschiedenen Eigentümergruppen verteilt gibt es nicht. (8) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 319. • In der DDR wurden rund 1.667.400 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern durch Neubau fertig gestellt. Der Anteil der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt damit bei 89 %. In der gleichen Zeit wurden allerdings auch 600.000 Altbauwohnungen vom Markt genommen. • Damit wurden insgesamt in den Jahren 1970 bis 1989 in Deutschland 5.143.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern neu gebaut, was zu Beginn der 90er Jahre einem Anteil von ca. 27 % an allen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entsprach.6 In der damaligen Bundesrepublik wurden diese Wohnungen zum größten Teil durch gemeinnützige und freie Wohnungsunternehmen errichtet. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft war seit den 60er Jahren ein wesentlicher Träger des Wohnungsbaus. Mit dem Rückgang der Fertigstellungszahlen im Sozialwohnungsbau nahm auch die Bedeutung dieser Anbietergruppe ab, während die freien Wohnungsunternehmen in den 80er Jahren an Bedeutung gewannen. Auch die öffentliche Hand und der Werkswohnungsbau trugen zum Wohnungsbau insgesamt bei, wenngleich mit geringeren Anteilen, so haben sie doch in beiden Jahrzehnten eine Rolle gespielt.7 In der damaligen DDR waren die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften ein wesentlicher Träger des Wohnungsbaus. Der genossenschaftliche Wohnungsbau erlebte seine neue Blüte mit dem Wohnungsbauprogramm der SED. Der Anteil stieg von 17 % im Jahr 1971 auf rund 45 % Mitte der 70er. In den 80er Jahren sank der Anteil wieder auf rund ein Viertel der Wohnungsbauleistung. 2.2 Wohnungspolitische Einflüsse auf das Angebot Wohnungsbauförderung in der Bundesrepublik Die Wohnungsbauförderung in der damaligen Bundesrepublik war nach dem Krieg durch die direkte Objektförderung geprägt. Durch die Vergabe von unverzinsten Baudarlehen aus Haushaltsmitteln des Bundes und der Länder gelang es entscheidend, die Kapitalmittelknappheit zu überwinden und auf diese Weise den Wohnungsbau zu fördern. Ende der 60er Jahre kam es wieder zu einer erhöhten Wohnungsnachfrage, die sich aus Zuwanderungen und Haushaltsverkleinerungen speiste. 1971 wurde mit einem langfristigen Wohnungsbauprogramm reagiert, welches dem sozialen Wohnungsbau noch einmal einen Schub verschaffte und eine kurzfristige Erhöhung der Bauleistung im öffentlichen Wohnungsbau zur Folge hatte. Anfang der 70er Jahre stellte sich erstmals ein rechnerisches Gleichgewicht zwischen der Zahl der Wohnungen und der Haushalte ein, wenngleich auch zu jener Zeit schon deutliche regionale Unterschiede bestanden. Die direkte Wohnungsbauförderung wurde in diesem Zuge nach und nach verringert, sodass die Zahl der Bewilligungen ab Mitte der 70er Jahre zurückging (vgl. Abb. 4). Die Zahl der geförderten Wohnungen verringerte sich bundesweit im Jahresdurchschnitt von rund 160.000 Wohnungen in den Jahren 1971 bis 1975 auf 120.000 Wohnungen von 1976 bis 1980 und rund 90.000 Wohnungen in den folgenden Jahren bis 1985.8 Der soziale Wohnungsbau begann sich von einer Förderung für den Massenwohnungsbau hin zu einer zielgerichteteren Förderung für bestimmte Gruppen zu entwickeln. Der durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Wohnungsbauprogramm in- 15 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen duzierte Wohnungsbauboom Anfang der 70er Jahre führte wenig später zu einer Ausweitung des Angebotes und sogar zu Leerständen. Diese Leerstände und die darauf begründete Investitionszurückhaltung der Bauwirtschaft hatten den Eindruck eines gesättigten Wohnungsmarktes erweckt. Eine spürbare Reduktion im öffentlich geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau war die Folge. Die Reduzierung der Fördermittel ging einher mit einem Rückgang der Bewilligungen und dem quantitativen Rückgang der Wohnungsfertigstellungen insgesamt (vgl. Abb. 3 und 4). Reduzierung der Wohnungsbauförderung In den 80er Jahren kam es durch verschiedene Faktoren wieder zu Engpässen auf dem Wohnungsmarkt. Der Staat reagierte auf die Wohnungsknappheit und steigende Mieten durch ein verstärktes Engagement im Wohnungsbau vor allem durch die Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für Mietwohnungen, höhere Förderung von Eigentumsbildung und Wiedereinstieg in den Sozialen Wohnungsbau. Mit dem „Sofortprogramm zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und zur Stärkung der Baunachfrage“ von 1983 sollte noch einmal der soziale Wohnungsbau angeregt werden mit dem Ziel, die wiederum entstandenen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt zu beheben. Dieses Pro- gramm bewirkte jedoch nur eine geringe Zunahme der Bewilligungen um ca. 5.000, sodass eine Steigerung des Angebotes im unteren Preissegment nur sehr begrenzt gelang. Insgesamt konnten aber vor allem durch den frei finanzierten Bereich bis 1984 erhebliche Neubaueffekte erzielt werden. Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau Mitte der 70er Jahre wurde auf verschiedene Markt-Phänomene reagiert. Die Einkommen der privaten Haushalte waren in dieser Zeit nicht in dem Maße gestiegen wie erwartet. Entsprechend wurden die Mietpreissteigerungen für viele Haushalte – insbesondere im Bereich der Sozialwohnungen – zur Belastung. Die Wohnungspolitik reagierte darauf mit Nachsubventionierungsmaßnahmen. Gleichzeitig sollten die Subventionsausgaben insgesamt gesenkt werden, was sich in der Folge an Mieter von Sozialwohnungen richtete, die die Einkommensgrenze mittlerweile überschritten hatten. Im Jahr 1981 folgte daher das Gesetz zum Abbau der Fehlbelegung. Diese sogenannte Fehlbelegungsabgabe hat neben der Verbesserung der Treffgenauigkeit der Förderung unter anderem zur Folge, dass besser verdienende Haushalte die Sozialwohnungsbestände möglicherweise häufiger verlassen haben und somit Segregationsprozesse verstärkt wurden. Abbildung 4 Bewilligungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau 1970 bis 1989 (alte Länder)* 200.000 150.000 100.000 50.000 *Eine Statistik zu den Fertigstellungen im sozialen Wohnungsbau wurde nur bis zum Jahr 1971 geführt. In der Zeit danach ist lediglich eine Orientierung an den Bewilligungszahlen möglich. 1989 ARGE 2000, S. 125, Statistisches Bundesamt, Lange Reihen 1985 1980 1975 Quelle: 1970 0 Standards von Sozialwohnungen Frei finanzierter Wohnungsbau Die Förderung war stets an Bedingungen geknüpft, die zum einen dafür sorgten, dass gewisse Mindeststandards eingehalten wurden und andererseits die Mieten für die Zielgruppen tragbar bleiben. Für den frei finanzierten Wohnungsbau sind im Wesentlichen die steuerlichen Rahmenbedingungen von Bedeutung. Die Steuergesetze haben den Wohnungsbauboom Anfang der 70er Jahre zusätzlich verstärkt. Als Reaktion auf diesen Boom wurde die Möglichkeit der degressiven Abschreibung ausgesetzt und erst 1977 wieder eingeführt. Der wesentliche Teil der Sozialwohnungen ist in den 50er und 60er Jahren entstanden. Zu dieser Zeit war der Sozialwohnungsbau noch durch die Schaffung kleiner Wohnungen geprägt. Mit der Zeit glichen sich die Standards im sozialen Wohnungsbau an die allgemeinen Standards an. Die Förderbedingungen wurden dann zu Beginn der 70er Jahre auf höhere Wohnqualitäten ausgelegt. Im Vergleich zum Sozialwohnungsbau der 50er und 60er Jahre wurde darauf hingewirkt, dass9 • ein ausdifferenzierteres Wohnungsangebot und neue Wohnformen für unterschiedliche Nachfragergruppen geschaffen wurden. • größere Wohnungen errichtet wurden, die den Bedürfnissen, insbesondere der Familien, entsprachen. • ein zeitgemäßer technischer Standard im Hinblick auf die Beheizung und die Sanitäranlagen erreicht wurde. So waren fast alle Wohnungen der 70er Jahre mit Zentralheizung und Badezimmer ausgestattet.10 Bestandsorientierung (9) ARGE 2001, S. 22 ff. (10) In den Statistiken wurden seit 1971 die Wohnungsausstattungen nicht mehr geführt, da davon ausgegangen wurde, dass sämtliche Wohnungen dem zeitgemäßen Standard entsprechen. (11) Wichtige gesetzliche Regelungen: Städtebauförderungsgesetz 1971, Wohnungsmodernisierungsgesetz 1976, Eigentumsförderung 1977, Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz 1978. (12) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 338. Zu Beginn der 70er Jahre verloren die Städte im Zuge verstärkter Stadt-Umland-Wanderungen an Einwohnern, sodass sich die Wohnungspolitik stärker auf den Bestand richtete.11 Bestandsverbesserungen und Modernisierungsmaßnahmen sollten u. a. durch städtebauliche Instrumente zur Stadterhaltung und gesetzliche Regelungen zur Wohnraummodernisierung forciert werden, wodurch u. a. die Umlegung der Modernisierungskosten auf die Miete ermöglicht werden konnte. Durch die Ausdehnung der Eigentumsförderung auf den Erwerb von Gebrauchtwohnungen und das Modernisierungs- und Ernergieeinsparungsgesetz gelang es, vermehrt privates Kapital zur Erneuerung der Altbausubstanz zu mobilisieren, jedoch war auch der Verlust preiswerter Altbaumietwohnungen und die damit verbundene Verdrängung von Mieterhaushalten eine Folge. Insgesamt entstand damit eine – bis heute wirksame – neue Konkurrenzsituation zwischen den Marktsegmenten des Altbaus und der 70er Jahre-Bestände. Seit Ende der 70er Jahre verschlechterte sich die Vorteilhaftigkeit des Wohnungsbaus als Anlagemöglichkeit massiv. Grund hierfür waren steigende Zinsen. Die Folge waren eine Reduzierung der Fertigstellungszahlen im frei finanzierten Wohnungsneubau und eine Verlagerung der Investitionen in den Bereich Aktien und ins Ausland. Anfang der 80er Jahre gewannen so genannte Bauherrenmodelle an Bedeutung. Bauherrengemeinschaften hatten als Zusammenschlüsse die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten ausgenutzt. Die Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit im Wohnungsbau durch diese steuerrechtlichen Konstrukte waren spürbar. Änderung des Mietrechtes zur Erhöhung des Wohnungsangebotes Die Liberalisierung des Wohnungsmarktes wurde 1982 mit dem „Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen“ vorangetrieben. Ansatzpunkt war die Annahme, dass sich ein zu rigides Mietrecht als Hemmnis für den Wohnungsneubau darstellen könnte. Ergebnis dieser Überlegungen waren u. a. die Möglichkeit, Staffelmietvereinbarungen zu treffen sowie Zeitmietverträge. Des Weiteren wurden die Mietspiegel marktgerechter ausgestaltet. Befürchtete Mietsteigerungen traten jedoch nicht ein, der relative Mietanstieg war in der Folgezeit nur geringfügig höher.12 Eigentumsbildung Die Eigentumsförderung war in den 50er und 60er Jahren durch die direkte Förderung von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt. Mit dem Wohnungsbauänderungsgesetz 1965 wurde die Eigentumsbildung im zweiten Förderweg direkt unterstützt und mit der Zeit durch Steuervorteile und Wohnungsbauprämien ergänzt. Mit dieser Förderung sollte insbesondere Haushalten mit mittlerem und niedrigem Einkommen der Zugang zum individuellen Wohneigentum ermöglicht werden. Eine Statistik zum Neubau von Eigentumswohnungen wird vom Statistischen Bundes- 17 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen amt erst seit 1983 geführt. Zwischen 1980 und 1990 war der Anteil der fertig gestellten Eigentumswohnungen bereits sehr hoch und in den meisten Jahren größer als der Mietwohnungsanteil. In der Spitze wurden im Jahr 1984 mehr als 100.000 Eigentumswohnungen errichtet. Zu unterscheiden ist dabei zwischen selbst genutzten Eigentumswohnungen und durch Kapitalanleger vermietete Eigentumswohnungen. Die Baufertigstellungsstatistik macht keine Angaben, ob die Wohnungen selbst genutzt oder vermietet sind. Laut Mikrozensus waren 1998 in den Baualtersklassen 1976 bis 1990 nur rund 17 % der bewohnten Eigentumswohnungen durch die Eigentümer selbst bewohnt. Bei der großen Mehrheit der Eigentumswohnungen handelt es sich somit um vermietete Eigentumswohnungen mit einem Eigentümer, der nicht selbst in den Beständen lebt. Die Eigentumsbildung wurde durch Förderungen forciert. Im Zuge der Angebotsausweitung Anfang der 70er Jahre und verstärkter Stadt-Umland-Wanderungen konzentrierte sich die Förderung stärker auf den Bestand und die Eigentumsbildung in den Städten. Der Schwerpunkt der Förderung verschob sich von der direkten auf die indirekte Förderung der Eigentumsbildung durch Steuervergünstigungen (§ 7b Einkommenssteuergesetz). Mit dem 1976 in Kraft getretenen „Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum“ sollte der überwiegende Teil der Fördermittel für die Bildung von Einzeleigentum in Form von Eigenheimen und Eigentumswohnungen verwendet werden.13 Die bis 1986 gezahlten Subventionen entsprachen etwa 40 % aller Finanzierungsmittel im Wohnungsneubau. Somit kam es Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre insgesamt zu einer verstärkten Eigentumsbildung. Die Eigentumswohnung in Mehrfamilienhäusern erhielt Auftrieb gegenüber dem bis dahin bevorzugten Eigenheim und gewann ab Mitte der 70er Jahre an Bedeutung.14 Unterstützt wurde diese Entwicklung durch stetig steigende Mietpreise. Gleichzeitig trugen Einkommensgewinne insbesondere der besser verdienenden Haushalte zu einer Steigerung der Kaufkraft bei. Schon 1984 war jede vierte neu gebaute Geschosswohnung eine Eigentümerwohnung. Ebenfalls kam es im Zuge einer Neuentdeckung der Innenstädte zu einer verstärkten Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Eigentumswohnungen unterscheiden sich im Vergleich zu Mietwohnungen durch Ausstattung und Wohnfläche. Die Gebäude- und Wohnungszählung 1987 hatte für die westdeutschen Mieter zu jenem Zeitpunkt eine zur Verfügung stehende Wohnfläche von 33 m² pro Person ermittelt. Personen in Eigentumswohnungen verfügten hingegen über mehr als 38 m². Ebenso standen Personen in Eigentümerwohnungen im Durchschnitt 1,88 Räume zur Verfügung, während Mieter mit 1,78 Räumen auskommen mussten. Abbildung 5 Neubau Eigentums- und Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 1980* 1981* 1982* Eigentumswohnungen 1983 1984 1985 Mietwohnungen Quelle: ARGE 2000, S. 122, Statistisches Bundesamt, Lange Reihen * 1980 bis 1982: Zahl der Baugenehmigungen im Vorjahr. 1986 1987 1988 1989 1990 (13) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 200. (14) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 366. Tabelle 1 Eckpunkte der Wohnungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland und Auswirkungen auf das Wohnungsangebot Jahr Maßnahme Ziel 1965 Wohnungsbauänderungsgesetz Verstärkte Eigentumsförderung – Etablierung des 2. Förderweges 1967 Änderung des II. Wohnungsbaugesetzes Ausweitung des 2. Förderungsweges auf den Mietwohnungsbau 1971 Wohnungsbauprogramm Erhöhung der Ende der 60er Jahre zurückgegangenen Bauleistungen Städtebauförderungsgesetz Verstärkter Fokus auf die Innenstädte Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau Eigentumsbildung: Förderung von Haushalten mit niedrigem und mittlerem Einkommen; Neubau von Eigentumswohnungen gewinnt an Bedeutung Wohnungsmodernisierungsgesetz Bestandsorientierung: Förderung von Modernisierungen durch Zuschüsse, Bürgschaften und Steuervergünstigungen 1978 Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz (ModEnG) Verstärkte Anreize zur Energieeinsparung im Wohnungsbestand 1982 Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen Abbau von Hemmnissen im Mietrecht gegen Investitionen im Wohnungsneubau 1983 Sofortprogramm zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und zur Stärkung der Baunachfrage Reaktion auf ein Wohnungsdefizit, jedoch nur geringe Zunahme der Bewilligungen 1986 Rückzug aus der Förderung des Mietwohnungsbaus Vermeidung weiterer Leerstände führt zum vorläufigen Rückzug des Bundes und vieler Länder aus der Förderung 1976 Quelle: Eigene Darstellung 2.3 Strukturtypen des Wohnungsund Städtebaus Großwohnsiedlungen (15) Vgl. www.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00377008.htm, Zugriff am 31.05.07. (16) Vgl. www.bbr.bund.de: ExperimentellerWohnungsStaedtebau Planspiel Leipzig, Zugriff am 31.05.07. Insgesamt gibt es heute in Deutschland mehr als 720 Großwohnsiedlungen mit jeweils mehr als 1.000 Wohnungen. Daraus ergibt sich ein Anteil am gesamten Wohnungsbestand von 6 %, was rund 2,3 Millionen Wohnungen entspricht. In der DDR wurden in den 70er und 80er Jahren 90 % aller Wohnungen im industriellen Wohnungsbau errichtet, mit der Folge, dass die Anteile insgesamt wesentlich höher sind als im Westen: Während der Wohnungsbau in Großwohnsiedlungen in den alten Bundesländern nur einen Anteil von 3 % ausmacht, sind es auf dem Gebiet der neuen Bundesländer 22 %. Dort befinden sich insgesamt mehr als 1,5 Millionen Wohnungen in 380 Großwohnsiedlungen. In einzelnen Kommunen machen Wohnungen in Großwohnsiedlungen den weit überwiegenden Teil aus, z. B. Schwedt mit 85 % oder Rostock mit 70 %.15 Großwohnsiedlungen sind somit ein wesentliches Element für die Wohnraumversorgung in Deutschland. Unabhängig von den unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Systemen in Ostund Westdeutschland sind die Entwicklungsphasen im Großsiedlungsbau – wenn auch zeitlich versetzt – vergleichbar. Der Bau von Großwohnsiedlungen hatte in Westdeutschland seinen Höhepunkt in den 70er Jahren, im Osten reichte der Neubau noch deutlich bis in die 80er Jahre. Diese Siedlungen stellen somit ein gesamtdeutsches, aber auch ein europäisches Phänomen des Wohnungs- und Städtebaus dieser Zeit dar.16 Sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland war die Plattenbauweise der Garant für die hohen Fertigstellungszahlen. Was in Ostdeutschland als Plattenbauweise bekannt wurde, ist in Westdeutschland als Großtafelbauweise bezeichnet worden. In der damaligen Bundesrepublik sind Plattenbauten in den Großwohnsiedlungen der 50er bis 70er Jahre entstanden. Beispiele für Siedlungen mit „Bauten in Großtafelbauweise“ sind die Quartiere Nürnberg-Langwasser, Berlin-Gropiusstadt, Frankfurt am Main-Nordweststadt, München-Neuperlach oder Hamburg Steilshoop. 19 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen Großwohnsiedlung Steilshoop in Hamburg Großwohnsiedlung mit 6.400 Wohnungen in Blockrandbebauung mit vier bis 13 Geschossen. Zum großen Teil in Tafelbauweise errichtet. Überwiegend großzügige, familiengerechte Wohnungen mit drei und mehr Zimmern. Erschließung durch ÖPNV durch U-Bahn-Station geplant, bis heute nicht realisiert. Bauträger: 55 Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften. Bauzeit 1969 bis 1975. Ab Mitte der 80er Jahre erste Leerstände (5,5 %) und bauliche Nachbesserungen.17 Foto: Eigenes Fotos Foto: Eigenes Fotos Foto: Eigenes Fotos Cottbus Sandow Das Wohnungsangebot in Cottbus ist geprägt durch den industriellen Wohnungsbau. Vor Beginn der Rückbaumaßnahmen im Jahr 2000 lag der Anteil der zwischen 1949 und 1991 gebauten Wohnungen bei 73 %, rund zwei Drittel wurden als Plattenbautyp P2 errichtet. Foto: Eigenes Fotos Prinzipiell handelt es sich um die gleichen Techniken. In der damaligen DDR wurde der industrielle Wohnungsbau jedoch noch intensiver betrieben. Ende der 80er Jahre wurden Neubauwohnungen zu 85 % in Plattenbauweise errichtet, weitere 9 % in industrieller Block- und Streifenbauweise, 3 % als industrieller Monolithbau und lediglich 4 % in traditioneller Bauweise. Während in der DDR zunächst noch einzelne Typenserien entwickelt worden waren, wurden seit 1961 dazu frei kombinierbare Elemen- te verwendet. Für dieses Baukastenprinzip sind für die 70er und 80er Jahre in der DDR im Wesentlichen zwei Typen relevant: • Der Typ P 2 wurde in den 60er Jahren entwickelt war noch bis in die Mitte der 70er Jahre der meist gebaute Wohnungstyp. • Wichtigster Bautyp zur Erfüllung des Wohnungsbauprogramms war jedoch die später entwickelte WBS 70-Serie. Mithilfe dieses Typs wurden Einsparungen im Materialaufwand und gleichzeitig Variationen in der Gebäudeform möglich (z. B. Berlin (17) Vgl. Schubert 2005. (18) Topfstedt 1999, S. 539. Marzahn, Erfurt Nordhäuser Straße). Erstmals eingesetzt wurde dieser Typ 1972 in Brandenburg. nachfolgende Abbildung zeigt einen Sektionsgrundriss und mögliche Aufteilungen im 2.–5. Geschoss. Wesentlich für die Bauweise ist, dass eine fast vollständige Vorfertigung der Bauteile im Werk erfolgte. Der eigentliche Wohnungsbau bestand im Zusammensetzen der Teile vor Ort. Die Plattenbauten entstanden vornehmlich als Fünf- und Sechsgeschosser ohne Fahrstuhl, aber auch mit elf Geschossen, wie in Berlin-Marzahn oder Leipzig-Grünau, des Weiteren wurde eigene Bauserien für Hochhäuser entwickelt. Die Hochhäuser sind ein wesentliches Merkmal des modernen Wohnungsbaus der Großsiedlungen, sie waren zu jener Zeit zum einen Ausdruck der technischen Machbarkeit und stellten zum anderen eine Möglichkeit dar, noch verdichteter zu bauen und städtebauliche Dominanten des Stadtbildes zu schaffen Abbildung 6 zeigt, dass zum großen Teil großzügige, familiengerechte Wohnungen mit drei und mehr Zimmern gebaut wurden. Trotz der Monotonie, die die Großwohnsiedlungen ausstrahlten, erfreuten sich die Neubauwohnungen besonders bei jungen Familien großer Beliebtheit. Angesichts der Situation in den Altbauquartieren, wo die Wohnungen schlecht ausgestattet waren und Defizite in der Instandhaltung bestanden, boten die Plattenbauwohnungen einen „bescheidenen Komfort“18. Dazu zählten eine Fernheizung, Warmwasserversorgung und ein WC in der Wohnung. Die nachfolgende Abbildungen zeigt Beispielgrundrisse eines WBS 70. Im Vergleich zur Vorgängerreihe P 2 zeichnete sich die Reihe WBS 70 durch größere Wohnungen und mehr Flexibilität in der Grundrissgestaltung aus. Beim WBS 70 wurden im Wesentlichen drei Grundsektionen mit Systemabmessungen verwendet. Durch die durchgeführten Rationalisierungsstufen und die unterschiedlichen Entwicklungen in den jeweiligen Kombinaten ergeben sich innerhalb der WBS 70-Reihe jedoch große Unterschiede. Die Abbildung 6 WBS 70: Sektionsgrundriss 2.–5. Geschoss (links) und Grundriss einer 4-Raum-Wohnung (rechts) Quelle: IEMB 1993, S 9ff. Gekennzeichnet waren die Wohnungen durch ihre familiengerechten Grundrisse. Die Bäder waren innen liegend und die Küchen oftmals vergleichsweise klein. Das Familienbild der damaligen DDR sah im Gegensatz zur Bundesrepublik weniger die Frau am Herd als vielmehr beide Partner als Arbeiter, die ihrer Werktätigkeit nachgingen und sich in der Kantine oder am Wochenende in der Wohngebietsgaststätte versorgten. Eine familiengerechte 3-RaumWohnung hatte zumeist eine Wohnfläche zwischen 65 und 75 m², eine 4-Raum-Wohnung hatte bis zu 90 m². 21 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen Allermöhe-Ost in Hamburg Kleinmaßstäbliche Großwohnsiedlung mit 3.700 Wohnungen in drei- bis viergeschossiger Bauweise. Mischung aus Geschosswohnungsbau und Reihenhäusern. Fleete als Struktur bildendes Element, verkehrsberuhigtes Erschließungssystem. Bauträger: verschiedene gemeinnützige und private Bauträger. Bauzeit: in Bauabschnitten 1984 bis 1994.19 Probleme und Fehlentwicklungen Großwohnsiedlungen in Westdeutschland leiden in der Regel an einem negativen Image, viele Stadtteile waren aufgrund ihrer sozialen Probleme infolge der Belegungspolitik schon frühzeitig stigmatisiert. Im Osten hingegen fand sich in den Großwohnsiedlungen meist eine sehr stabile Sozialstruktur, da hier gezielt junge Familien und Beschäftigte untergebracht wurden. Seit der Wende 1990 hat sich dort jedoch vor allem durch den Auszug einkommensstärkerer Haushalte die Sozialstruktur deutlich verändert. Im Wesentlichen lassen sich die Probleme in Großwohnsiedlungen den folgenden Kategorien zuordnen: • Baulich-funktionale Mängel • Unzureichende Infrastruktur • Ungünstige Lage im Stadtgebiet • Soziale Probleme Bauliche Mängel als Ergebnis einer unzureichenden Bauausführung treten vor allem in den Großsiedlungen der DDR auf. Für den Osten wie für den Westen werden gleichermaßen funktionale Mängel des Wohnungsbestandes und der Architektur konstatiert. Dies bezieht sich allerdings nicht nur auf den Bestand in Großwohnsiedlungen, sondern allgemein auf den staatlichen Wohnungsbau im Osten und den sozialen Wohnungsbau im Westen. Die Wohnungen sind in der Regel durch starre Funktionszuordnungen der Räume, die auf die Kleinfamilie ausgerichtet sind, gekennzeichnet. Hinzu kommen gestalterische Mängel, wie monotone Fassaden und Mängel in der Grüngestaltung. Nur in Ausnahmefällen gibt es privat nutzbare Grünflächen, wie Mietergärten.20 Die Überdimensionierung der Gebäude trägt nur wenig zur Aufenthaltsqualität bei und verstärkt soziale Konflikte durch eine zu große Zahl an Mietparteien je Eingang. Hinzu kommt, dass das Wohnumfeld meist wenig gestaltet Foto: Eigenes Fotos wird, da oftmals aus Kostengründen darauf verzichtet wird. Bemängelt wird häufig das unzureichende Infrastrukturangebot in den Großsiedlungen, das auf einer geringen Nutzungsmischung beruht und ebenfalls eine geringe Aufenthaltsqualität im Quartier zur Folge hat. Dies ist umso bedeutender, da die Großsiedlungen in der Regel weit entfernt von den anderen Versorgungseinrichtungen in den Stadtzentren liegen. Geplant, aber nicht immer realisiert, waren in den Siedlungen ausreichende Infrastruktureinrichtungen, wie Kinderkrippen, Schulen und Versorgungseinrichtungen, die den Wohnkomfort vervollständigten und insbesondere berufstätigen Eltern das Leben erleichterten. Sowohl im Osten als auch im Westen wurden zum Teil bereits zehn Jahre nach der Erstellung der Großsiedlungen erste Nachbesserungen vorgenommen. Dies liegt u. a. auch daran, dass vor allem bei Siedlungen, die über kurze Zeiträume aus einem Guss erstellt worden sind, mögliche Defizite erst nach der Erstellung deutlich wurden und im Planungsund Realisierungsprozess nicht auf Probleme reagiert werden konnte. Blockrandbebauung und innerstädtische Wohnsiedlungen Die Nachkriegszeit war durch eine Abwendung von den Kerngebieten der Städte geprägt, durch Stadterweiterungen sollte in erster Linie der bauliche Mangel ausgeglichen werden. Dieser Trend war sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland zu beobachten. In Ostdeutschland machte sich die begrenzte Leistungsfähigkeit der Bauwirtschaft jenseits der Platten-Werke bemerkbar, da große Teile der Innenstädte nicht ausreichend instand gehalten werden konnten. Durch die Konzentration auf den industriellen Wohnungsbau waren die Altbauquartiere derart vernachlässigt worden, dass zunehmend Wohnungen vom Markt genommen werden mussten oder (19) Vgl. Schubert 2005. (20) In der DDR wurde dieses Defizit durch die großflächige Ausweisung von Datschen-Gebieten teilweise kompensiert. die vorhandenen Wohnungen in so schlechtem Zustand waren, dass Abwanderungen der Bevölkerung einsetzten. Der kulturellen Entwertung der Innenstädte folgte in der damaligen Bundesrepublik in den 70er Jahren eine Rückbesinnung, als die negativen Folgen der Flächensanierungen deutlich wurden. Die Stadtbewohner entdeckten die Städte neu und die Merkmale gründerzeitlicher Strukturen gewannen an Bedeutung und Akzeptanz. Der historische und kulturelle Wert der Gründerzeitstrukturen sollte durch einen sozial- und umweltverträglichen Städtebau erhalten bleiben. Zentrales städtebauliches Merkmal der europäischen Stadt ist die Blockrandbebauung, die die Raumbildung in besonderer Weise prägt. Gleichzeitig stehen die Altbauquartiere für städtebauliche Dichte, Urbanität und Vielfalt, wie sie in den Großwohnsiedlungen neu geschaffen werden sollte und dennoch nicht erreicht wurde. Stadterneuerungsstrategien traten in den Vordergrund, die Stadtplanung konzentrierte sich verstärkt auf die innerstädtischen Bereiche. Die städtebauliche Erneuerung der Siedlungskerne erfolgte durch Baulückenschlie- ßungen sowie Abriss und Neubau. Die alten Wohnungsbestände wurden saniert und insbesondere Sanitär- und Heizungsanlagen erneuert. Erst dadurch wurden die Bestände für Wohnungsnachfrager attraktiv, die bis dahin nicht in den Innenstädten gelebt hatten, sodass es insgesamt zu einer Aufwertung und zu einem soziokulturellen Austausch in der Bevölkerung kam. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch kommunale Maßnahmen und Förderungen, wie der Wohneigentumsförderung. Auch in der damaligen DDR bahnte sich angesichts des drohenden Niedergangs der Innenstädte ein Paradigmenwechsel an. Das Programm der SED von 1976 hatte bereits die Rekonstruktion und Erneuerung von Wohngebieten zum Ziel. Allerdings waren die baulich-technischen Möglichkeiten der Bauwirtschaft beschränkt und nicht zuletzt aus Kostengründen wurde der Versuch unternommen, die Altstadtsanierung mithilfe des industriellen Wohnungsbaus zu vollziehen. Oftmals erfolgte Stadterneuerung lediglich durch Flächensanierungen und Neubau von Plattenbauten. Später in den 80er Jahren wurde aber auch bei der Rekonstruktion der Innenstädte verstärkt den Straßengrund- Eimsbütteler Chaussee, Hamburg Wohngebäude aus den 70er Jahren mit typischem Flachdach. Fünf Geschosse mit Staffelgeschoss, Erdgeschoss gewerblich genutzt. Eigentumswohnungen selbst genutzt und vermietet. Foto: Eigenes Fotos Foto: Eigenes Fotos Foto: Eigenes Fotos Wolfgang-Borchert-Siedlung in Hamburg „Kosten- und flächensparendes Bauen“ in konventioneller Bauweise mit Rotklinkerfassade und Satteldach. Kleinmaßstäbliche Nachbarschaften an Wohnhöfen mit ver- kehrsberuhigten Wohnstraßen. Mischung aus sozialem Wohnungsbau und Eigenheimen. Bauträger: verschiedene Wohnungsgenossenschaften. Bauzeit 1982 bis 1986. 23 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen rissstrukturen gefolgt. Dies lässt sich sehr gut an der Sanierung des Nikolaiviertels in Berlin erkennen, wo Plattenbauten durch individualisierte Bauformen in die Altstadtstrukturen integriert wurden. In architektonischer Hinsicht waren in Westdeutschland insbesondere in den 70er Jahren Wohnhäuser mit Flachdächern auf dem Vormarsch, während mit der Stadterneuerung der 80er Jahre eine Renaissance des konventionellen Bauens in Form von Backsteinbau und Satteldach einsetzte. Veranden und Wintergärten wurden als Klimaregler eingesetzt und etablierten sich zu beliebten Elementen der Fassadengestaltung, die dennoch rational blieb. Dabei erfolgte eine Orientierung an den neu restaurierten Gründerzeitfassaden in der Nachbarschaft.21 In den 80er Jahren wurden auch Stadtrandsiedlungen mit Block- und Hofbebauungen und Zeilen errichtet. Insbesondere die Stadtvilla erfreute sich steigender Beliebtheit. Insgesamt drückte sich in dem zeitgemäßen Wohnungsbau der Wunsch nach Kleinmaßstäblichkeit aus. Geschosswohnungsbau wurde in mäßigen Höhen realisiert. Die Grundrisse wurden zunehmend flexibler und somit den Bedürfnissen der verstärkt auf dem Markt erscheinenden „neuen Haushaltstypen“ besser gerecht. Das stärkere Gewicht auf die Grundrisse wurde auch wegen schwierigerer Vermietbarkeit und geringer Identifikationsmöglichkeiten der Nachfrager gelegt. Dazu zählen die Zusammenlegbarkeit von Wohnungen und Zimmern, die Berücksichtigung von Schaltzimmern und Schiebewänden. Ein weiterer Trend in diesem Zusammenhang war die Kombination von Wohnen und Arbeiten in der Wohnung, was immer öfter Berücksichtigung fand. Mitte der 80er Jahre war die intensive Phase der Stadterneuerung abgeschlossen. Nun begann die Zeit, in der versucht wurde, die Nachkriegssiedlungen zu verbessern.22 Wieder wurden Siedlungen am Stadtrand gebaut. Geschosswohnungsbau wurde kleinteiliger mit mäßigen Höhen errichtet und es wurde darauf geachtet, dass sich die neuen Objekte in das Bestehende einfügten. 2.4 Bauliche Probleme an Wohngebäuden der 70er und 80er Jahre Bauliche Probleme traten bei der Plattenbauweise sowohl im Osten als auch im Westen auf. So ergeben sich z. B. konstruktive Pro- bleme bei Plattenbauten im Bereich der Fugen oder Probleme mit der Entlüftung und der Schallisolierung bzw. Lärmbrücken. Ein ständiger Instandsetzungsschwerpunkt sind auch die Flachdächer. Hinzu kamen Mängel in der Verarbeitung, die insbesondere in der DDR Folge des ehrgeizigen Wohnungsbauprogramms von 1971 waren. Die Kombination von hohen Fertigstellungszahlen bei geringen Baukosten führte dazu, dass die Bauqualität vor allem in den 80er Jahren nachließ. Um eine höhere Wirtschaftlichkeit zu erreichen, wurden in den 70er und 80er Jahren verschiedene Rationalisierungsstufen durchlaufen. Oftmals wiesen die Objekte dadurch Mängel am Baukörper auf, z. B. im Bereich der Fenster und der Dächer, als auch die Wohnungsausstattungen, wie Küchen und Fußböden.23 Auch später tauchten Mängel und Bauschäden bei den Plattenbauten auf. Durch die allgemeinen Sparmaßnahmen wurden häufig wenig beständige Konstruktionen und Materialien verwendet. In den 80er Jahren blieben Maßnahmen zur Erhaltung des Bestands völlig aus, denn über die Folgekosten für die Instandhaltung machte man sich keine Gedanken. Der Hauptgedanke lag in der Errichtung der Wohnungen, bzw. in der quantitativen Planerfüllung. In der damaligen Bundesrepublik wurden bereits in den 70er Jahren qualitative Unterschiede zwischen den Wohnungen der gemeinnützigen Anbieter und der freien Wohnungsunternehmen und privaten Anbieter deutlich, sodass es zu einer Spaltung des Wohnungsangebotes kam. Auch der Wohnungsbau der 70er Jahre weist typische Merkmale auf, die nach zwei bis drei Jahrzehnten Nutzungsdauer zu Schäden führen bzw. nicht dem zeitgemäßen Standard entsprechen: • Mängel am Dach: Oftmals wurde nur eine Mindestdämmung des Daches vorgenommen, die nachträglich behoben werden muss. Unzureichenden Wärmeschutz weisen in der Regel auch die Außenwände auf. • Insbesondere bei Flachdächern ergeben sich Schäden durch veraltete KunststoffBahneindeckung, schadhafte Dachanschlüsse und Abschlüsse an Flachdächern. Die Folge können Schimmelbildungen in den Wohnräumen sein und Beeinträchtigungen der Wärmedämmung. (21) Gieselmann, in: Schneider 1997, S. 24. (22) Gieselmann, in: Schneider 1997, S. 24. (23) Vgl. Topfstedt 1999, S. 540. • Auch Fenster sind oftmals ungedämmt und mit unzureichend entwickelten Isolierverglasungen ausgestattet. • An Geschossdecken können an herausragenden Betonplatten bei Balkonen und Loggien Wärmebrücken entstehen. • Modernisierungsbedarf besteht außerdem oftmals an Heizungsanlagen und Sanitäranlagen, die nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und modernisiert werden sollten. Im Osten wie im Westen wurden weite Teile dieser Bestände bereits nachsaniert. Im Westen erfolgte die energetische Nachsanierung vielfach schon in den 80ern, in den neuen Ländern wurden weite Teile der Wohnungsbestände in den 90er Jahren modernisiert und dem allgemeinen Standard angepasst. 2.5 Sekundärdatenanalyse Die Sekundärdatenanalyse dient dazu, Mengengrößen der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre abzubilden. Als Datenquellen wurden im Wesentlichen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter genutzt. Eine einheitliche Datenbasis für die Wohnungsbestände gibt es in Deutschland nicht. Insbesondere die Verfahrensweisen der Statistikämter in den verschiedenen Bundesländern weisen deutliche Unterschiede auf. Hinzu kommen die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den alten und neuen Ländern. Im Folgenden werden zunächst Größenordnungen auf der Länderebene dargestellt, bevor die Verortung auf der Ebene der Raumordnungsregionen erfolgt. Abschließend werden die Datenquellen näher erläutert und Lücken diskutiert. Bei der Betrachtung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre wird folgenden Prämissen gefolgt: • Es werden nur Wohnungen in Mehrfamilienhäusern einbezogen. • Es werden nur fertig gestellte Wohnungen im Neubau berücksichtigt. • Bestandsmaßnahmen und Fertigstellungen in Nichtwohngebäuden bleiben unberücksichtigt. Bautätigkeit in den Ländern Bei der Betrachtung der Länderebene werden Unterschiede in der Intensität der Wohnungsbautätigkeit in den 70er und 80er Jahren deutlich, die mit der Bevölkerungsgröße korrelieren. Die Bautätigkeit war in dieser Zeit in den drei derzeit bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg am größten (vgl. Abb. 7). In Nordrhein-Westfalen ist in den 70er und 80er Jahren knapp eine Million Wohnungen in Mehrfamilienhäusern neu errichtet worden, in Bayern waren es rund 640.000 und in Baden-Württemberg rund 560.000 Wohnungen. Unter den neuen Ländern wurde in Sachsen mit 470.000 Wohnungen am intensivsten gebaut. Die geringste Bautätigkeit ist erwartungsgemäß in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie dem Saarland zu verzeichnen. Für eine realistische Einschätzung der Wohnungsbauleistungen reicht eine Betrachtung der reinen Fertigstellungszahlen jedoch nicht aus. Hilfreich ist hier die Darstellung des Verhältnisses zwischen den Fertigstellungen und den Bevölkerungszahlen (vgl. Abb. 7). Hierbei wird deutlich, dass die Bauleistungen in den neuen Ländern in den 70er und 80er Jahren von erheblichem Ausmaß waren. In jedem Bundesland kamen in dieser Zeit auf 1.000 Einwohner mindestens 100 neu errichtete Wohnungen, in Ost-Berlin sogar rund 170. Gleichzeitig relativiert sich die Bauleistung in Nordrhein-Westfalen, wo nur rund ein Drittel der Bauleistung Ost-Berlins erreicht wurde und rund die Hälfte des Volumens in Mecklenburg-Vorpommern. Kleinräumige Betrachtung der Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern Datenbasis In einem weiteren Schritt wurden die Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern anhand der vorhandenen statistischen Daten ermittelt und auf der Ebene der Raumordnungsregionen kartografisch dargestellt. Hierbei wurden für die westlichen Bundesländer die jährlichen Baufertigstellungen der Jahre 1970 bis 1990 kumuliert. Es handelt sich jeweils um fertig gestellte Wohnungen in neu errichteten Gebäuden. Bestandsmaßnahmen sowie Wohnungen in Nichtwohngebäuden wurden in diese Analyse nicht einbezogen. Da für die neuen Länder Baufertigstellungszahlen auf kleinräumiger Ebene erst für die Zeit nach der Wende vorliegen, wurde hier auf die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 1995 zurückgegriffen. Hier wurden die Baualtersklassen 1969 bis 1981, 1982 bis 1987 und 1988 bis 1990 übernommen, sodass für die neuen Ländern Woh- 25 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen nungen des Baujahres 1969 hinzukommen. Eine große Problematik zeigte sich bei allen Statistiken in der Verbindung der Merkmale „Wohnungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen“ und dem „Baualter“ der Wohnungen. Diese Verbindung wird in den veröffentlichten Statistiken in der Regel nicht hergestellt, wie sich auch bei der Standardveröffentlichung der GWZ 1995 zeigte, die die Anzahl der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und das Baualter der Wohnungen getrennt voneinander ausweist. Grundsätzlich ist es mit den vorhandenen Daten möglich, diese Verknüpfung herzustellen. Hierzu Abbildung 7 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0 Thüringen Schleswig−Holstein Sachsen−Anhalt Sachsen Saarland Rheinland−Pfalz NRW Niedersachsen Mecklenburg−V. Hessen Hamburg Bremen Brandenburg Berlin−West Berlin−Ost Bayern Baden−Wbg. Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen Stichtag Bevölkerungsstand: alte Länder und Berlin West 31.12.1990; neue Länder und Berlin Ost 31.12.1991 Abbildung 8 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 je 1.000 Einwohner Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden 200 150 100 50 0 Thüringen Schleswig−Holstein Sachsen−Anhalt Sachsen Saarland Rheinland−Pfalz NRW Niedersachsen Mecklenburg−V. Hessen Hamburg Bremen Brandenburg Berlin−West Berlin−Ost Bayern Baden−Wbg. Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen waren Sonderauswertungen notwendig, die jedoch nicht jedes Land liefern konnte. Aufgrund der unterschiedlichen Datenlage haben sich in einigen Ländern auf der Kreisebene Lücken ergeben, die durch Schätzungen gefüllt wurden. Die jeweilige Vorgehensweise wird in Abschnitt 2.7.3 beschrieben. Ergebnisse Abb. 9 zeigt die Anzahl der zwischen 1969 bzw. 1970 und 1990 errichteten Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern in den Raumordnungsregionen. Beim Vergleich zwi- Abbildung 9 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 2005 der Baujahre 1969/70 bis 1990 Kiel Hamburg Bremen Berlin Magdeburg Dortmund Düsseldorf Leipzig Kassel Köln Dresden Erfurt Frankfurt a. M. Nürnberg Saarbrücken Stuttgart München Anzahl Wohneinheiten bis 25.000 25.000 bis 50.000 50.000 bis 75.000 75.000 bis 100.000 über 100.000 In fünf Regionen in Sachsen und SachsenAnhalt wurden jeweils mehr als 100.000 Wohnungen errichtet. Dabei handelt es sich um die Agglomerationsräume um Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie verstädterte Räume um Magdeburg und Halle. Deutlich sticht Berlin hervor, wo im Ostteil über 200.000 Wohnungen und im Westteil Berlins weit mehr als 100.000 Wohnungen entstanden sind. Damit ist Berlin hinsichtlich der Bautätigkeit Spitzenreiter. Um die 200.000 Wohnungen wurden ebenfalls in hoch verdichteten Regionen wie Duisburg, Düsseldorf und Köln sowie Hamburg, Stuttgart, München und dem Rhein-MainGebiet errichtet. Rostock Hannover schen Ost und West erkennt man sehr deutlich die verschobenen Bautätigkeitsphasen im Wohnungsbau. Während der Wohnungsbau in Westdeutschland eher nachgelassen hat, wurden in der damaligen DDR große Teile der Wohnungsbestände errichtet. Nicht berücksichtigt sind hier die Wohnungsabgänge, die allerdings für die westdeutschen Länder nur marginal sind und sich für Ostdeutschland in einer Größenordnung von fünf bis sechs Prozent bewegen könnten. Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen. Geobasisinformationen © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (www.bkg.bund.de) In den eher ländlich geprägten Bundesländern Niedersachsen und Bayern finden sich mit Hannover und der Industrieregion Mittelfranken (Nürnberg) ebenfalls Gebiete mit mehr als 75.000 Wohnungen, die in den 70er und 80er Jahren errichtet wurden. Die hohe Bautätigkeit dieser Regionen ist in der Regel auf die Kernstädte dieser Agglomerationsräume zurückzuführen. So machte die Bautätigkeit in Hannover mit über 75.000 Wohnungen 90 % der Baufertigstellungen in der Raumordnungsregion aus, in der Industrieregion Mittelfranken entfallen rund 65 % der Fertigstellungen auf die Stadt Nürnberg. In der Region Stuttgart gab es allerdings auch in den hoch verdichteten Kreisen Böblingen, Esslingen und Ludwigsburg zahlreiche Baufertigstellungen. Insgesamt zeigt sich, dass die absoluten Fertigstellungszahlen in der Regel in denjenigen Räumen am höchsten sind, die auch vorher bereits hoch verdichtet waren. Dies zeigt sich an den Anteilen der Wohnungen an den Wohnungen in Mehrfamilienhäusern insgesamt (vgl. Abb. 10). Etwas anders stellt sich hingegen die Situation in den neuen Ländern dar. Abb. 10 zeigt die Anteile der 70er und 80er Jahre-Bestände in Mehrfamilienhäusern am Gesamtbestand der Wohnungen in Wohn- 27 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen gebäuden mit drei und mehr Wohnungen. Rund jede vierte Wohnung, die sich in einem Mehrfamilienhaus befindet, wurde in den 70er oder 80er Jahren errichtet. Die nachfolgende Karte (Abb. 10) stellt die Anteile dieser Bestände am Gesamtbestand der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern dar. Erwartungsgemäß gibt es in den neuen Ländern die höchsten Anteile an Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre. In Westdeutschland gibt es nur sieben Raumordnungsregionen, in denen der Anteil an Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre über 30 % beträgt. Hieran lassen sich sehr gut die Auswirkungen der unterschiedlichen wohnungspolitischen Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland ablesen. Da insbesondere die Wohnungsunternehmen einen hohen Anteil am Wohnungsbau in Mehrfamilienhäusern haben, gibt die GdW Jahresstatistik ebenfalls Hinweise dazu. Der zufolge stammen die Wohnungsbestände der Wohnungsunternehmen, die beim GdW organisiert sind, in den neuen Ländern zu rund 56 % aus der Zeit nach 1970 und im Westen zu 24 %.24 Bei der Betrachtung einzelner Regionen wird deutlich, dass verschiedene industriell geprägte Regionen über einen vergleichsweise geringen Anteil an Beständen aus dieser Zeit verfügen. Beispiele hierfür sind Ruhrgebietsregionen, wie Dortmund und Bochum, oder Regionen wie das Saarland und Braunschweig. Hier liegt die Vermutung nahe, dass zum einen aufgrund starker Zerstörungen der Wiederaufbau früher abgeschlossen war als in anderen Regionen und zum anderen die wirtschaftliche Prosperität bereits ab den 70er Jahren nachgelassen hat. Auch in Berlin, wo zwischen 1970 und 1990 die meisten Wohnungen aller Raumordnungsregionen entstanden sind, macht dies angesichts der hohen Bebauungsdichte nur einen geringen Anteil aus. Gleichzeitig verfügt eine Region wie die Mecklenburgische Seenplatte, wo im Mengenvergleich eine geringe Bautätigkeit herrschte, zu mehr als 50 % über Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre. Absolut gibt es allerdings auch nur rund 90.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Hinweise zu einzelnen Wohnungsmerkmalen finden sich in den Ergebnissen der Gebäude- und Wohnungszählungen 1987 und 1995 sowie den Mikrozensus-Zusatzerhebungen 1998, 2002 und 200625. Die Gebäude- und Wohnungszählungen liefern Daten bis auf Kreisebene und berücksichtigen zum Beispiel Merkmale wie das Baualter, Förderung, Wohnungsgrößen oder Heizungsart. Vor allem die gesonderte Betrachtung der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Die genannten Merkmale beziehen sich in der Regel auf den gesamten Wohnungsbestand. Für die neuen Länder konnten Sonderauswertungen erstellt werden. Inwieweit auch in den alten (24) Die GdW Jahresstatistiken weisen als Baualtersklassen 1971 bis 1980 und 1981 und später aus. Hierunter fallen also auch diejenigen Wohnungen, die nach 1990 errichtet worden sind. (25) Letztere konnte für die Auswertung nicht berücksichtigt werden. Abbildung 10 Anteile Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1990 an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 2005 insgesamt Kiel Rostock Hamburg Bremen Berlin Hannover Magdeburg Dortmund Düsseldorf Köln Leipzig Kassel Dresden Erfurt Frankfurt a. M. Nürnberg Saarbrücken Stuttgart München Reflexion Sekundärdatenanalyse Daten des Statistischen Bundesamtes Das Statistische Bundesamt verfügt für den gesamten Betrachtungszeitraum über Baufertigstellungszahlen auf Bundes- und Länderebene. Kleinräumigere Daten sind nur über die Statistischen Landesämter zu beziehen. bis 19 % 20 - 29 % 30 - 39 % 40 - 49 % 50 % und mehr Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen. Geobasisinformationen © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (www.bkg.bund.de) Tabelle 2 Datenlage in den Ländern (Wohnungen bzw. Fertigstellungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen nach Baualter auf Kreisebene) Daten sind vollständig vorhanden Daten einzelner Jahre fehlen Daten mehrerer Jahre fehlen Daten liegen nicht vor Brandenburg Schleswig-Holstein Bayern Sachsen-Anhalt Bremen Niedersachsen Baden-Württemberg Thüringen Hamburg Berlin Mecklenburg-Vorpom. Hessen Sachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Quelle: Eigene Darstellung Ländern die Ergebnisse der GWZ 1987 überhaupt noch verfügbar und auswertbar sind, bleibt fraglich. Beim Mikrozensus handelt es sich um eine 1 %-Stichprobe. Hier gibt es Daten teilweise bis auf Kreisebene. Da es sich um eine Stichprobe handelt, sind jedoch für die Fragestellungen des Projektes nur Daten bis auf Landesebene sinnvoll verwertbar. Auf den unteren Ebenen werden die Fallzahlen für gesicherte Aussagen zu gering. Die Baualtersklassen 1948 bis 1978 und 1979 und später lassen keine gesonderte Betrachtung der 70er Jahre-Bestände zu. Daten der Statistischen Landesämter Für die Betrachtung der Wohnungsbestände auf der Ebene der Raumordnungsregionen wurden von den Statistischen Landesämtern Daten auf Gemeindeebene verwendet und zu Raumordnungsregionen zusammengefasst. Die Datenverfügbarkeit in den einzelnen Ländern ist sehr unterschiedlich, sodass auftretende Lücken durch Schätzungen geschlossen werden mussten. Die Statistikämter der alten Länder führen eigene Baufertigstellungsstatistiken. Insbesondere für den Zeitraum zwischen 1970 und 1980 ergeben sich hierbei jedoch vielfältige Schwierigkeiten: • Baufertigstellungen wurden in den Ländern in Westdeutschland erst seit den siebziger Jahren systematisch registriert. Zum Teil erfolgte zunächst nur eine Registrierung der Wohngebäude, jedoch nicht der Wohnungen. Die Zahl der Wohnungen wurde zum Teil erst im Laufe des Jahrzehnts, oftmals nach der jeweiligen Gemeindegebietsreform, als eigenständige Kategorie aufgenommen. • Da diese Reformen zu unterschiedlichen Zeiten vollzogen wurden, beginnen auch die Statistiken der jeweiligen Länder zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Für einige Jahrgänge liegen in einigen Ländern daher zunächst lediglich Zahlen auf Landesund erst später auf Kreisebene vor. • Für Ostdeutschland existieren erst für die Zeit nach 1990 Statistiken zu Baufertigstellungen. Daher kann hier nur auf die Gebäude- und Wohnungszählung 1995 und auf die Zusatzerhebungen des Mikrozensus zurückgegriffen werden. Auch hier zeigen sich zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede in der Datenverfügbarkeit. • Weitere Merkmale, wie die Zahl der Räume, Wohnflächen, Eigentümer oder Ausstattungen lassen sich in der Regel nicht mit Baualtersklassen und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern verknüpfen. Datenlage in den Ländern Im Folgenden wird die Datenlage in den einzelnen Ländern beschrieben und die Verfahren zur Ergänzung der Lücken erläutert. In einigen Ländern liegen für bestimmte Jahre keine Zahlen zu den Baufertigstellungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern vor. Zwei Länder konnten keine Daten liefern. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen Die Statistischen Landesämter in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen haben anhand der Gebäude- und Wohnungszählung 1995 eine Auswertung der Datenbasis von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nach den Baualtersklassen 1969 bis 1981, 1982 bis 1987 und 1988 bis 1990 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen durchgeführt. Diese Daten wurden für den aktuellen Gebietsstand in den jeweiligen Ländern berechnet und sind direkt in die kartografischen Darstellungen eingeflossen. Bremen und Hamburg Das Statistische Landesamt Bremen und das Statistische Landesamt Nord konnten jeweils die Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen für die Jahre 1970 bis 1990 bereitstellen. Die Zahlen beinhalten ausschließlich den Neubau, Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude sind nicht berücksichtigt. Schleswig-Holstein Für Schleswig-Holstein liegen ebenfalls Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen ohne Bestandsmaßnahmen vor. Diese wurden auf Landes- und Kreisebene für die Jahre 1970 bis 1988 und 1990 zur Verfügung gestellt. Zahlen des Jahres 1989 fehlen demnach auf Landes- und Kreisebene, diese Zahlen wurden geschätzt. Dabei wurde der Anteil der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf Landesebene an den insgesamt fertig gestellten Wohnungen (Zahlen des Statistischen Bundesamtes) in Anlehnung an den Bundestrend geschätzt. Für die Zahlen der Kreisebene wurde der prozentuale Anteil der Kreise geschätzt und auf absolute Zahlen heruntergerechnet. Saarland Für das Saarland liegen Baufertigstellungszahlen für die Jahre 1976 bis 1990 vor. Auch hier handelt es sich um Wohnungen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern ohne Bestandsmaßnahmen auf Landes- und Kreisebene. Für die Jahre 1974 und 1975 wurden Daten auf Landesebene bereitgestellt. Zahlen vor 1974 liegen aufgrund einer 1974 erfolgten Gebietsreform nicht vor. Die fehlenden Daten wurden analog des Verfahrens für Schleswig-Holstein ermittelt. Dabei lagen für die Jahre 1974 und 1975 Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf Landesebene vor, sodass der Anteil auf Kreisebene abgeschätzt und in absolute Zahlen umgerechnet wurde. Für die vorangegangenen Jahre 1970 bis 1973 wurden die Zahlen der fertig gestellten Wohnungen im Mehrfamilienhausbereich auf Landesebene geschätzt und auf die Kreise herunter gebrochen. Niedersachsen Eine vergleichsweise gute Datenlage weist das Statistische Landesamt Niedersachsen auf. Hier liegen Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern für die Jahre 1972 bis 1990 vor. Diese Zahlen schließen Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude aus. Bis 1982 wurden jedoch Wohnungen in Wohnheimen mitgezählt. Die Daten der Baufertigstellung von Wohnungen für 1970 und 1971 fehlen sowohl auf Landes- als auch auf Kreisebene. Analog zu Schleswig-Holstein und dem Saarland wurde diese Lücke geschlossen, da der Versuch, die fehlenden Daten direkt über die Städte und Kreise zu erhalten, scheiterte. Das Problem hier liegt an der fehlenden statistischen Dokumentation und zudem an der veränderten Zuordnung von bestimmten Gebieten zu Stadt oder Landkreis (Gebietsreform). Deshalb wurden die Zahlen der Wohnungen auf Landesebene in Anlehnung an den Bundestrend geschätzt und auf die Kreise Niedersachsen heruntergerechnet. Bayern Das Statistische Landesamt Bayern stellte Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern für die Jahre 1979 bis 1990 auf Kreis- und Landesebene bereit. Für die Jahre 1970 bis 1978 liegen diese Daten nur auf Landesebene vor. Die vorliegenden Zahlen des Statistischen Landesamtes beinhalten keine Bestandsmaßnahmen und Wohnungen in Nichtwohngebäuden. Auch hier wurden die Anteile der Wohnungsbautätigkeit in den Kreisen und die dazugehörigen Anteile der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern geschätzt. Baden-Württemberg Für die Jahre 1979 bis 1990 hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg Daten der Baufertigstellung von Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern auf Kreisund Landesebene zur Verfügung gestellt. Für die Jahre 1970 bis 1978 dienten die Fertigstellungen von Mehrfamilienhäusern auf Kreisebene sowie die Anteile der Kreise an den je nach Baujahr fertig gestellten Mehrfamilienhäusern in Baden-Württemberg als Ausgangspunkt. Anhand einer Durchschnittswohnungszahl je Gebäude und Baujahr wurden die gewünschten Angaben annähernd berechnet. Des Weiteren erfolgte eine 29 Plausibilitätsprüfung anhand der Anzahl der geförderten Wohnungen aus der Gebäudeund Wohnungszählung 1987. Rheinland-Pfalz Für das Bundesland Rheinland-Pfalz liegen die Daten der Baufertigstellung von Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern für die Jahre 1975 bis 1990 auf Kreis- und Landesebene und für die Jahre 1970, 1973 und 1974 nur auf Landesebene vor. Die Daten der Jahre 1988 und 1989 beinhalten auch Maßnahmen an bestehenden Gebäuden. Die fehlenden Daten (1970 bis 1974) wurden durch ein Schätzverfahren ermittelt. Statt der Zahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegen für die Jahre 1970 bis 1974 nur Zahlen der Wohnungen insgesamt und die Anzahl der Gebäude des Ein- und Zweifamilienhausbereichs vor, diese jedoch auch auf Kreisebene. Somit wurde für die Jahre 1975 und 1976 jeweils der Anteil der Zweifamilienhäuser an den Ein- und Zweifamilienhäusern auf Kreisebene ermittelt und daraus ein KreisMittelwert errechnet. Im weiteren Verfahren wurden die Daten für jeden Kreis berechnet. Als Kontrolle konnten die Baufertigstellungszahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf Regierungsbezirksebene herangezogen werden. Hessen Für das Land Hessen wurden die Zahlen der Baufertigstellungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (Neubau) – ohne Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude – vom Statistischen Landesamt Hessen für die Jahre 1977 bis 1990 auf Landes- und Kreisebene zur Verfügung gestellt. Zudem liegen Daten zu Baufertigstellungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen auf Landesebene für die Jahre 1970 bis 1976 vor. Diese beinhalten allerdings den Neu- und Wiederaufbau von Wohngebäuden sowie den Umbau ganzer Gebäude. Analog dem Verfahren zur Ermittlung der fehlenden Daten für Rheinland-Pfalz wurde auch für Hessen verfahren. Es wurden Mittelwerte auf Kreisebene für die Anteile der Zweifamilienhäuser an den Ein- und Zweifamilienhäusern errechnet. Die Differenz zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern und den gesamten Wohnungen wurde als Mehrfamilienhausbestand identifiziert. Nordrhein-Westfalen Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern liegen für das Bundesland Nordrhein-Westfalen sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene jedoch nur für die Jahre 1983 bis 1990 vor. Diese Zahlen beinhalten Wohnheime, jedoch keine Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude. Baufertigstellungszahlen wurden erst nach der kommunalen Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen statistisch erfasst. Darüber hinaus konnten durch die Wohnungsbauförderungsanstalt in Nordrhein-Westfalen (Wfa) Fertigstellungszahlen für Wohnungen in Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern für die Jahre 1980 bis 1982 auf Kreisebene bereitgestellt werden. Da der Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen mengenmäßig von herausragender Bedeutung ist, ist eine weitere Recherche für dieses Bundesland besonders anzuraten. Berlin Die beiden unterschiedlichen politischen Systeme, nach denen Berlin bis 1990 aufgeteilt war, spiegeln sich auch in der Statistik wider. Für Ost-Berlin konnte auf die Gebäude- und Wohnungszählung 1995 zurückgegriffen werden. Das Statistische Landesamt in Berlin lieferte hierzu eine Auswertung der Wohnungen nach Größenklassen der Gebäude (Gebäude mit drei bis sechs und sieben und mehr Wohnungen). Daten zu West-Berlin liegen aus der Bautätigkeitsstatistik nicht vor. Stattdessen wurde ein Anteil der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern geschätzt. Sachsen-Anhalt und Thüringen Beim Statistischen Landesamt in SachsenAnhalt ist eine Sonderauswertung angefragt. Diese konnte nicht in dem vorgesehenen Zeitrahmen geliefert werden. Für das Bundesland Thüringen konnten aus der GWZ 1995 nicht die gewünschten Daten generiert werden. Die Daten stehen beim Landesamt aus personellen bzw. organisatorischen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Für beide Länder wurden daher für die einzelnen Kreise Schätzungen auf Basis der in der GWZ 1995 ermittelten Wohnungen der entsprechenden Baualtersklassen auf Kreisebene vorgenommen. Für die Zahl der Wohnungen wurde ein Mehrfamilienhausan- Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen teil von 87 % angenommen. Beim Vergleich mit vorhandenen Daten anderer Länder in Ostdeutschland hat sich gezeigt, dass diese Schätzmethode aufgrund des hohen Anteils an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die in dieser Zeit errichtet worden sind, zu sehr guten Ergebnissen führt. Im Rahmen der Sekundärdatenanalyse wurden über die Statistikämter hinaus weitere Quellen geprüft: Wohnungsmarktbeobachtung In acht Bundesländern in Deutschland gibt es Wohnungsmarktbeobachtungssysteme. Zur Schließung der Lücken insbesondere in den 70er Jahren in den bevölkerungsreichsten Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurde mit den jeweiligen Instituten Kontakt aufgenommen. Da die Institute ihre Daten ebenfalls von den Statistischen Landesämtern beziehen, konnten hier keine zusätzlichen Erkenntnisgewinne hinsichtlich der Bautätigkeit in den 70er Jahren erzielt werden. Daten des GdW Der Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft GdW führt ebenfalls Statistiken zu den Wohnungsbeständen der Mitgliedsunternehmen. In regelmäßigen Abständen werden die Unternehmen schriftlich befragt zu Unternehmensdaten und -kennzahlen sowie Angaben zu den Wohnungsbeständen. Es erfolgt eine Abfrage zu den Wohnungsbeständen nach Baualter (1971 bis 1980 und 1981 und später). Eine Verknüpfung zwischen der Anzahl der Wohnungen in Mehr-familienhäusern und dem Baualter ist jedoch auch hier nicht gegeben. Hinzu kommt, dass kleinräumige Angaben ebenfalls nicht gemacht werden können. Kreditanstalt für Wiederaufbau Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau wurden Daten zu geförderten Maßnahmen im Bestand seit 1990 angefragt. Dies bezog sich u. a. auf Programme zur Modernisierung und Instandhaltung von Gebäuden und durchgeführten Investitionen bei Wohnungsbeständen der Baujahre 1969 bis 1990 nach Investoren. Ausreichend differenzierte Daten zu Beständen nach Baualter scheinen der KfW nicht vorzuliegen. Da bisher keine Hin- weise dazu vorliegen, konnten hierzu keine Angaben gemacht werden. 2.6 Entwicklungen seit 1990 Im Folgenden werden einzelne Entwicklungslinien der 70er und 80er Jahre-Bestände beschrieben. Hierunter werden Aspekte gefasst, die im weiteren Forschungsverlauf betrachtet und konkretisiert werden. Quantitative und qualitative Veränderungen des Wohnungsbestandes Für das Jahr 1990 wurden im Rahmen dieser Bestandsanalyse für die Baujahre 1970 bis 1990 rund 5,3 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ermittelt. Für die Betrachtung der Wohnungsbestände nach aktuellem Stand ist es wichtig, die quantitativen Veränderungen durch Wohnungsabgänge zu berücksichtigen. Die Statistiken des Bundes weisen nur Abgänge ganzer Wohngebäude aus, unabhängig davon, ob es sich um Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäuser handelt, die Zahl der Wohnungen wird nicht gesondert festgehalten. Erst ab 2002 werden Abgänge von Wohngebäuden nach Baualtersklassen ausgewiesen. Die jüngste Baualtersklasse bezieht Wohngebäude der Baualtersklasse nach 1970 ein. Vor diesem Hintergrund können nur grobe Entwicklungen bzgl. der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre beschrieben werden: • Eine erste „Abrisswelle“ setzte in Westdeutschland bereits in der zweiten Hälfte der 80er Jahre ein. Vor allem die Großwohnsiedlungen der 70er Jahre wurden Gegenstand umfassender Erneuerungsstrategien. • Laut Statistik wurden von 2002 bis 2005 in Westdeutschland nur zwischen ca. 30 und 80 Wohngebäude jährlich als Abgang gemeldet. Das entspricht einem Anteil an allen Abgängen von unter 2 %. • In den neuen Ländern erfolgen seit 2002 intensive Rückbaumaßnahmen im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“. In 90 % der Kommunen bildet der Rückbau des DDR-Wohnungsbaus der 50er bis 80er Jahre einen Schwerpunkt im Stadtumbau Ost. • Während die älteren bis Mitte der 70er Jahre errichteten Siedlungen relativ sta- 31 bile Strukturen mit geringen Leerständen aufweisen, liegt der Schwerpunkt der Abrisstätigkeit bei den jüngeren Plattenbausiedlungen der 70er und 80er Jahre. Zwischen 2002 und 2008 wurden insgesamt ca. 221.000 Wohnungen des DDR-Wohnungsbaus abgerissen.26 Unter der Annahme, dass der überwiegende Teil der abgerissenen Wohnungen aus den 70er und 80er Jahren stammt, ergibt sich ein Anteil von ca. fünf bis sechs Prozent rückgebauter Wohnungen. rung zum Bestand angedeutet hatte, drückte sich insbesondere ab den 90er Jahren deutlich in Zahlen aus. Hierbei ging es allerdings nicht nur um die Altbaubestände der Innenstädte: ins Zentrum der baulichen Tätigkeiten rückten zunehmend Plattenbauten, die saniert und an die zeitgemäßen Wohnstandards angepasst wurden. Dieser Trend in den Bestand lässt sich anhand der getätigten Wohnungsbauinvestitionen belegen (vgl. Abb. 11). Seit 1999 fließt der größere Teil der Wohnungsbauinvestitionen in Deutschland in den Bestand, während das Neubauvolumen kontinuierlich sinkt. • Die Abgangsstatistik des Statistischen Bundesamtes (vgl. Tab. 3) weist jährliche Abgänge von Wohngebäuden des Baualters nach 1970 zwischen 1.150 und rund 2.000 als Abgang aus, insgesamt handelt es sich um mehr als 6.000 Wohngebäude. Für die Jahre 2006 bis 2008 liegen keine baualtersspezifischen Abgangsdaten vor. Insgesamt zeichnet sich ein leichter Rückgang der Abgänge auf das Niveau der 1990er Jahre ab. (26) BMVBS / BBR 2007, S. 39. Insbesondere in den Großwohnsiedlungen wurden umfangreiche Investitionstätigkeiten durch Förderprogramme des Bundes und der Länder unterstützt bzw. angeschoben. In den neuen Ländern setzte nach der Wende eine umfangreiche Modernisierungswelle ein, durch die es zu deutlichen Verbesserungen der Qualität der Wohnungen kam: • In den 90er Jahren wurden mit zwei Sonderkontingenten des KfW-WohnraumModernisierungsprogramms zusätzlich über 12 Mrd. DM an Förderdarlehen ver- Ein weiterer Aspekt sind die baulichen Veränderungen im Bestand. Was sich bereits seit den 70er Jahren mit einer stärkeren OrientieTabelle 3 Abgänge ganzer Wohngebäude* Alte Länder Neue Länder Deutschland Gesamt Baujahr nach 1970 Gesamt Baujahr nach 1970 Gesamt Baujahr nach 1970 1990 5.998 - - - - - 1991 6.494 - - - - - 1992 6.954 - 1.339 - 8.293 - 1993 7.481 - 1.789 - 9.270 - 1994 7.217 - 1.968 - 9.185 - 1995 6.748 - 2.096 - 8.844 - 1996 6.070 - 2.320 - 8.390 - 1997 6.437 - 2.297 - 8.734 - 1998 6.178 - 2.454 - 8.632 - 1999 5.920 - 2.343 - 8.263 - 2000 6.021 - 2.164 - 8.185 - 2001 5 698 - 2.591 - 8.289 - 2002 5.810 31 3.606 1.150 9.416 1.181 2003 5.193 87 4.565 1.336 9.758 1.423 2004 6.068 46 4.595 1.733 10.663 1.779 2005 5.451 47 4.296 2.069 9.747 2.116 *“Im Rahmen der Abgangsstatistik werden Gebäude und Gebäudeteile erfasst, die durch ordnungsbehördliche Maßnahmen, Schadensfälle oder Abbruch der Nutzung entzogen werden oder deren Nutzung zwischen Wohnund Nichtwohnzwecken (mit und ohne Baumaßnahmen) geändert wurde.“ Quelle: Statistisches Bundesamt, lange Reihen 1968 bis 2005 und Fachserie 5, Reihe 1 33 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen geben, die eine Investitionssumme von 18 Mrd. DM nach sich zogen.27 Insgesamt wurden rund 840.000 Plattenbauwohnungen modernisiert, was einem Anteil von rund 40 % aller Plattenbauten in Ostdeutschland entsprach. Aufgrund konstruktionsbedingter Mängel und Verschleißerscheinungen war der Instandhaltungsanteil mit 77 % sehr hoch. Dabei wurden insbesondere Maßnahmen an der Gebäudehülle vorgenommen. Seltener kam es zu Grundrissänderungen. • Landesprogramme sahen oftmals Maßnahmen hinsichtlich der Wohnumfeldverbesserung vor sowie Einbau von Fahrstühlen und Grundrissänderungen. Hinzu kamen deutliche energetische Verbesserungen. Großwohnsiedlungen wurden weiterentwickelt und „zu Ende gebaut“. • Im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost, dem der Stadtumbau West folgte, werden umfangreiche Rückbaumaßnahmen sowie die Erneuerung und Umstrukturierung von Großwohnsiedlungen gefördert. • Auch das Programm Soziale Stadt bezieht viele Großwohnsiedlungen ein. Im Zentrum stehen hier Wohnumfeldverbesserungen und Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur. Diese umfangreichen Maßnahmen haben zur Folge, dass heute bei kommunalen Wohnungsunternehmen im Westen die Gebäude- zustände anders sind als bei Wohnungsunternehmen im Osten, da durch den Stadtumbau Ost und die Förderungen der 90er Jahre umfangreichere Maßnahmen durchgeführt worden sind. Auch in Westdeutschland sind die Großwohnsiedlungen – hier bereits ab den 80er Jahren – zu einem wichtigen Aufgabenfeld der Stadterneuerungspolitik geworden. Anfang der 80er Jahre wurden erste Modellvorhaben zur Nachbesserung westdeutscher Großwohnsiedlungen durchgeführt. Diese Situation führt dazu, dass die Marktsituation für Wohnungen in den Großwohnsiedlungen in Ost und West insgesamt nach wie vor problematisch ist. Gründe hierfür können Defizite in der Infrastrukturausstattung, eine geringe Wohnungstypenvielfalt sowie soziale Probleme sein. Denn trotz aller Bemühungen ergeben sich in Ost- wie auch in Westdeutschland weiterhin strukturelle Probleme. So schreitet vielerorts die Entmischung der Sozialstruktur voran, sodass sich vor allem sozial benachteiligte Gruppen und ältere Menschen im Zuge einer Überalterung dort konzentrieren. Hinzu kommt, dass sich der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund und Aussiedlern durch diese Segregationsprozesse in vielen Teilen erhöht. Solche Entwicklungen verstärken das ungünstige Image von Großwohnsiedlungen. In vielen Regionen kann es weiterhin zu steigenden Leerständen kommen. Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung sind in vielen Großwohnsiedlungen weitere Maßnah- Abbildung 11 Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen 200 150 100 50 0 1995 1997 1999 Wohnungsbauvolumen insgesamt Quelle: DIW, Strukturdaten, 2008 2001 2003 2005 Bauleistung an bestehenden Gebäuden 2007 Neubauvolumen (27) BBR 2000. men im Wohnumfeldbereich sowie Modernisierungen erforderlich (z. B. altengerechtes Wohnen, neue Grundrisse). Veränderungen der Eigentümerstruktur In den 70er Jahren hatte der soziale Wohnungsbau große Auswirkungen auf die Eigentümerstruktur. Im Westen waren es insbesondere gemeinnützige Wohnungsunternehmen und freie Wohnungsunternehmen, die im Wohnungsbau tätig waren. Später kamen auch im Geschosswohnungsbau verstärkt private Anbieter hinzu. Mit dem Wandel der Wohnungspolitik nahm jedoch der Anteil der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen am Wohnungsneubau stetig ab. Während in den 60er Jahren noch jede vierte Wohnung von einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen errichtet wurde, waren es in den 70er Jahren mit 750.000 Wohnungen noch 15 % aller Neubauwohnungen und in den 80er Jahren nur noch 250.000 Wohnungen, was einem Anteil von rund 9 % entspricht. Auf den Markt drängte stattdessen der frei finanzierte Mietwohnungsbau, der in den 80er Jahren einen Anteil von 22 % ausmachte. Hinzu kamen in den 80er Jahren verstärkt Immobilienfonds und Versicherungsgesellschaften als Investoren auf den Markt. Der Strukturwandel in der Wohnungswirtschaft bewirkte in dieser Zeit eine Ausdifferenzierung der Eigentümerstruktur, die bis heute Bestand hat. Die Eigentümerstruktur in Ostdeutschland ist entsprechend der staatlichen Programme durch die kommunale Wohnungswirtschaft (KWV) und durch die Ende der 50er Jahre umfänglich neu gegründeten ArbeiterWohnungsgenossenschaften (AWG) geprägt. Beide Eigentümergruppen verfügen aktuell jeweils zu 60 % über Bestände aus den 70er und 80er Jahren. (28) Vgl. hierzu Analyse & Konzepte: Umsetzung der wohnungspolitischen Zielsetzungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes, 1996 im Auftrag des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. (29) BBR 2007. Seit den 80er Jahren haben sich auch diese Strukturen deutlich verändert. Verschiedene Entwicklungen sind hier zu beobachten: • Ein zentraler Einschnitt erfolgte durch den Konkurs der „Neuen Heimat“, die große Teile des Sozialwohnungsbaus in Westdeutschland mitgetragen hatte. Umfangreiche Bestände wurden im Zuge des Konkurses an die Länder verkauft und zum Teil an private Investoren weiter gegeben. • Aufgrund des Altschuldenhilfegesetzes wurden bis 1999 rund 260.000 Wohnungen privatisiert. Ursprünglich mussten die Wohnungsunternehmen vor der 2. Änderung des Altschuldenhilfegesetzes ursprünglich insgesamt 343.000 Wohnungen privatisieren. Bis Ende 1999 ist diese Auflage mit rund 260.000 verkauften Wohnungen zu 76 % erfüllt worden. Hiervon wurde der größte Teil im Bestand der DDR-Wohnungen realisiert. Dies ist vor allem durch die mieternahen Privatisierungsformen erreicht worden, so gingen allein 108.000 Wohnungen an Zwischenerwerber. Die eigentumsorientierten Genossenschaften sind hingegen mit rund 30.000 Privatisierungen ein deutlich weniger erfolgreiches Modell, vor allem aufgrund des hohen organisatorischen Aufwandes sowie geringerer wirtschaftlicher Effekte beim abgebenden Unternehmen.28 • Hinzu kommen die Privatisierungen von Wohnungen bzw. der Verkauf an Selbstnutzer. Verkäufe an Selbstnutzer erfolgen in der Regel insbesondere durch private Eigentümer (Kapitalanleger). • Eine weitere wichtige Gruppe sind heute die Bauträger, Investoren und institutionellen Anleger, die in verstärktem Maße als Zweiteigentümer am Markt auftreten. Waren die ersten Anlässe der Konkurs der Neuen Heimat bzw. Privatisierungsauflagen nach dem Altschuldenhilfegesetz, so werden aktuell vermehrt Bestände von – oftmals ausländischen – Fonds aus anlagestrategischen Gründen erworben. Diese Veränderungen in der Eigentümerstruktur wurden bereits im Rahmen eines Forschungsprojektes aufgearbeitet.29 Danach kann bei den von Transaktionen betroffenen Wohnungen der letzten Jahre auf dem deutschen Wohnungsmarkt zwischen Baualtersklassen unterschieden werden. Demnach gehören 50 bis 60 % der verkauften Wohnungen der Baualtersklasse der 50er und 60er Jahre an. Von den verkauften Wohnungen stammen nur 20 bis 25 % aus den 70er und 80er Jahren. Der größere Teil hiervon sind Wohnungsbestände der 70er Jahre. Die ermittelten Transaktionen erfolgten insbesondere durch Wohnungsunternehmen der öffentlichen Hand. 35 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen Vor diesem Hintergrund ist die Eigentümerlandschaft bei den 70er und 80er Jahre-Beständen inzwischen ziemlich breit gefächert, und im Zusammenspiel mit sehr unterschiedliche Entwicklungen auf und innerhalb der lokalen Märkte entsteht eine stark differenzierte Angebotsstruktur. Sozialwohnungen Eng verbunden mit der Eigentümerfrage ist die Entwicklung der Sozialwohnungen. Insbesondere die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen waren in Westdeutschland Träger des Sozialwohnungsbaus. Heute unterliegt immer noch ein großer Teil des Wohnungsbestandes einer Mietpreis- bzw. Belegungsbindung. Eine offizielle Statistik zum Umfang des Sozialwohnungsbestandes existiert nicht. Im Rahmen einer Untersuchung hierzu wurden für das frühere Bun- desgebiet für 2003 2,11 Millionen Mietwohnungen mit Sozialbindung ermittelt. Dies entspricht einem Anteil von 7 % am Gesamtwohnungsbestand.30 Insgesamt wurde nur ein geringer Teil der Sozialwohnungen der 70er und 80er Jahre aus der Bindung entlassen.31 Der Schwerpunkt liegt hier bei den Beständen der 50er und 60er Jahre. Größere Teile der Wohnungen aus den 70er Jahren werden erst in den nächsten Jahren aus der Bindung entlassen. Demnach bleiben rund 80 % der geförderten Wohnungen der 70er Jahre bis 2009 in der Bindung und 96 % der Wohnungen aus den 80er Jahren. Im Osten kommen zahlreiche Wohnungen hinzu, die durch Modernisierungskredite oder das Altschuldenhilfegesetz einer Mietpreisbindung und teilweise auch eine Belegungsbindung unterliegen. Diese wird jedoch in einigen Ländern aufgrund der Marktsituation nicht mehr ausgeübt. (30) IWU 2005, S. 11 f. (31) Ermittelt wurden diese Anteile am Beispiel Hamburg und durch Förderinstitutionen anderer Länder verifiziert, vgl. ARGE 2001, S. 40 ff. 3 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Um Hinweise für die Investitionstätigkeiten der Wohnungseigentümer zu ermitteln, wurde eine bundesweite Befragung durchgeführt. Nachfolgend wird zunächst die Vorgehensweise erläutert, im Anschluss werden die Ergebnisse dargestellt. 3.1 Eigentümerbefragung Erhebungsmethode Auswahl der Befragungsorte Für die Befragung wurden insgesamt 36 Kommunen ausgewählt. Die Auswahl der Kommunen erfolgte unter Berücksichtigung der vorher festgelegten Kriterien: • Wohnungsmarkttyp (nach BBSR-Typen, s. Tab. 4) • Ortsgröße • Bundesland Bei der Auswahl der Befragungsorte war des Weiteren zu berücksichtigen, welche Städte für die Durchführung der Fallstudien ausgewählt werden. Die Auswahl der Befragungsstädte und der Fallstudienorte erfolgte somit in einem diskursiven Verfahren. Bei der Auswahl wurde eine Matrix mit den Kriterien „Ortsgröße“ und „Wohnungsmarkttyp“ zugrunde gelegt (vgl. Tab. 4). Von der vorgesehenen Verteilung (vier bis fünf Kommunen je Feld) wurde hinsichtlich der Ortsgröße abgewichen, da vergleichsweise wenig geeignete Städte mit weniger als 100.000 Einwoh- nern gefunden werden konnten. Es befinden sich zwölf Kommunen mit bis zu 100.000 Einwohnern in der Auswahl. Mit Ingolstadt, Göttingen und Cottbus befinden sich allerdings drei Kommunen unter den Großstädten, die die Schwelle zur Großstadtgrenze knapp überschreiten (Cottbus 105.000, Göttingen 129.000 und Ingolstadt 121.000 , Stand: September 2007). Als Wohnungsmarkttypen wurden für Westdeutschland die Markttypen des BBSR zugrunde gelegt und für Ostdeutschland eine Einteilung des IÖR. Demnach befinden sich jeweils neun Kommunen in strukturstarken Regionen und Wachstumsregionen, acht Kommunen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Regionen und zehn Kommunen in schrumpfenden, altindustrialisierten Regionen. Die Spanne der Ortsgrößen nach Einwohnerzahlen bewegt sich zwischen 49.000 und 1.750.000 Einwohnern. Wachsende und strukturstarke Markttypen weisen eine positive Bevölkerungsdynamik im Zuge von Wanderungsgewinnen auf. Bei den strukturstarken Märkten ist diese Wachstumsdynamik etwas geringer als bei den wachsenden Märkten. Hierbei handelt es sich um die großen Metropolregionen, die über hohe Einpendlerüberschüsse und einen Zuzug vor allem junger Bewohner verfügen. Hierzu zählen z. B. Hamburg, Köln oder Wiesbaden. Im Gegensatz dazu befinden sich die wachsenden Regionen an den Rändern der großen Agglomerationsräume. Die Städte haben Tabelle 4 Auswahl Kommunen: Matrix strukturstarke Regionen Wohnungsmarkttyp Ortsgröße bis 100.000 Einwohner 100.000 und mehr Einwohner Wachstumsregionen stagnierende/ schrumpfende Regionen schrumpfende, altindustrialisierte Regionen Dormagen Troisdorf Arnsberg Dessau Freising Worms Gießen Schwerin Hof Zwickau Hanau Ludwigsburg Hamburg Darmstadt Bremen Bochum Köln Dresden Göttingen Cottbus Leverkusen Freiburg Hannover Dortmund Wiesbaden Ingolstadt Nürnberg Erfurt Karlsruhe Mainz Wolfsburg Gelsenkirchen Quelle: Eigene Darstellung Osnabrück Hamm Potsdam Magdeburg 37 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse eine Größe bis 300.000 Einwohner und überwiegend eine geringere Anziehungskraft für Arbeitnehmer und Zuziehende. Hierzu zählen z. B. Darmstadt, Ingolstadt oder Osnabrück. Beide Markttypen – wachsend und strukturstark – zeichnen sich durch eine relativ hohe quantitative Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt aus, weshalb die Markttypen für die später folgende Auswertung auch zusammengefasst werden. Insgesamt sind fast zwei Millionen Wohnungen der 70er und 80er Jahre diesem Typ zuzuordnen. • Soziale Situation, Mieterstrukturen Bei den stagnierenden bzw. schrumpfenden Regionen handelt es sich um Regionen, die spätestens seit den 1990er Jahren einen Strukturwandel durchleben und Bevölkerungsrückgänge verzeichnen. Dies trifft insbesondere auf die altindustrialisierten Regionen z. B. im Ruhrgebiet, aber auch in den Industrieregionen der östlichen Bundesländer zu. • Parameter der Entscheidungsgründe • Belegungs- und Mietpreisbindungen, Auslauf von Bindungen • Eigentümerstruktur • Rolle der Förderung • Aktuelle und geplante Investitionsstrategien und -tätigkeiten (bauliche Veränderung der Bestände, z. B. Grad der Modernisierung, Veränderung von Wohnungsgrundrissen, Abriss) • Kooperation der Eigentümer untereinander und mit der Kommune (z. B. Kooperationsvereinbarungen, Programme „Soziale Stadt“/„Stadtumbau“). Abbildung 12 Befragungs- und Fallstudienorte Tabelle 4 zeigt die Verteilung der ausgewählten Städte auf die Matrix. Auf die Bundesländer verteilen sich die Kommunen wie folgt: • Neun Kommunen befinden sich in Nordrhein-Westfalen Schwerin Hamburg • Jeweils vier in Niedersachen, Bayern und Hessen Bremen Wolfsburg • Drei in Baden-Württemberg • Jeweils zwei in Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen • Jeweils eine Kommune in MecklenburgVorpommern und Thüringen • Hinzu kommen die Stadtstaaten Bremen und Hamburg. • Nicht berücksichtigt wurden das Saarland, Schleswig-Holstein und Berlin. • Aktuelle Markt- und Nachfragesituation (Vermietbarkeit, Fluktuation, Leerstand etc.) • Erwartungen der Eigentümer im Hinblick auf die Marktentwicklung Postdam Cottbus Dessau Gelsenkirchen Dortmund Bochum Arnsberg Dormagen Leverkusen Köln Troisdorf Göttingen Erfurt Dresden Giessen Zwickau Wiesbaden Hanau Hof Darmstadt Nürnberg Worms Für die schriftliche Befragung wurde ein Fragebogen entwickelt, mithilfe dessen Informationen u. a. zu folgenden Aspekten ermittelt werden sollten: • Art der Bestände (Umfang, Verdichtung, Lage, Umfeld etc.) Magdeburg Hamm Mainz Fragebogen Hannover Osnabrück Karlsruhe Ingolstadt Ludwigsburg Freiburg i. Br. unter 100.000 Einwohner 100.000 Einwohner und mehr Fallstudienorte Freising Quelle: Geobasisinformationen © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (www.bkg.bund.de) Ziel war es, grundlegende Aussagen sowohl über die Bestandsstrukturen und ihre Entwicklung als auch die Handlungstendenzen der unterschiedlichen Eigentümergruppen zu treffen. Der Fragebogen wurde in Abstimmung mit dem Auftraggeber erstellt und gliedert sich in drei Hauptteile: verbände etc.) erfolgen. Konnte der Kontakt hergestellt werden, wurde schnell deutlich, dass eine Herausgabe der Kontaktdaten von den örtlichen Verbänden aus Datenschutzgründen durchweg abgelehnt wurde. Alternativ wurden daher zwei Verfahrensweisen bei den Verbänden verfolgt: • Einen ersten allgemeinen Teil zum Wohnungsbestand des Eigentümers sowie das Betätigungsfeld. • Einerseits wurden den regionalen bzw. lokalen Verbänden Fragebögen und Versandumschläge zur Verfügung gestellt sowie die Portokosten erstattet, sodass der Versand durch die Verbände erfolgen konnte. Hinweise, welche Eigentümer über entsprechende Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen, liegen allerdings auch den Verbänden nicht vor. • Einen Frageteil speziell zu Beständen in Großwohnsiedlungen der 70er und 80er Jahre. • Einen Teil zu kleineren Wohnsiedlungen. Im Wesentlichen geht es dabei um die Bestimmung der Bestandsstrukturen und die zu erwartenden Aktivitäten hinsichtlich der unterschiedlichen Bestände. Bezüglich der siedlungsstrukturellen Typen wurde eine Unterscheidung zwischen Großwohnsiedlungen und kleineren Wohnsiedlungen vorgenommen. Eine weitere Spezifizierung wurde für die Durchführung der Befragung als nicht praktikabel erachtet. Stichprobe Mit der Befragung sollten die unterschiedlichen Eigentümergruppen erreicht werden: kommunale bzw. öffentliche Gesellschaften, Genossenschaften und Eigentümer bzw. Gesellschaften der privaten Wohnungswirtschaft. Als Ergebnis der Recherche der Wohnungsunternehmen (öffentliche Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften) sind 305 Adressen ermittelt worden. Diese Unternehmen wurden komplett in die Befragung einbezogen. Die Gruppe der privaten Eigentümer setzt sich aus Kleineigentümern, privaten Wohnungsgesellschaften und anderen Unternehmen zusammen. Die Ermittlung der privaten Eigentümernamen und -adressen sollte neben einer Internetrecherche über die regionalen bzw. lokalen Verbände und Interessenvertretungen (Haus- und GrundeigentümerTabelle 5 Ausgangsstichprobe • Zum anderen wurden in einigen Fällen Fragebögen und Versandumschläge zur Verfügung gestellt und im Rahmen der üblich stattfindenden Beratungsgespräche durch die Mitarbeiter der Verbände weitergegeben. Auf diese Weise konnte im Gespräch geklärt werden, ob die jeweiligen Eigentümer über Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen. • In zwei Fällen wurde zusätzlich die Befragung in der Mitgliederzeitschrift angekündigt. Insgesamt konnte bei zwölf Verbänden erreicht werden, dass sich diese an der Befragung beteiligen. Allerdings wurde in den ostdeutschen Städten immer wieder darauf verwiesen, dass sich Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre ausschließlich im Eigentum der Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften befinden und eine Einbeziehung daher nicht zielführend sei. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurden in einer weiteren Adressenerhebung verstärkt Wohnungsverwaltungen berücksichtigt. In die Stichprobe wurden somit insgesamt 1.674 Kontakte einbezogen, die über eigene Bestände verfügen, die fremd verwalten bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften verwalten. Bei den Immobiliengesellschaften kam es häufiger vor, dass ein Unternehmen an verschiedenen Standorten vertreten war und somit mehrfach in der Stichprobe zu finden ist. Feldphase Öffentliche/kommunale Wohnungsunternehmen Genossenschaften 83 222 Private Eigentümer und Verwaltungen 1.674 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Gesamt 1.979 Die Feldphase begann in der letzten Januarwoche 2008 und erstreckte sich bis Ende März 2008, geplant war sie zunächst bis Ende Februar 2008. Verschiedene Rückmeldungen von 39 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Abbildung 13 Gründe für Absagen (N=905) Angaben in % Kein Interesse und/oder keine Zeit 49 Keine Bestände der 70er/80er Jahre 23 Zu lang/zu aufwendig 20 Keine Wohnungsbestände 4 Sonstiges 3 Grundsätzlich nicht 1 0 10 20 30 40 50 60 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Unternehmen deuteten jedoch darauf hin, dass diese z. T. mehr Zeit benötigten. Hinzu kam, dass einzelne Eigentümerverbände um eine Rücklaufzeit bis Ende März gebeten hatten. Letztlich wurden bis Mitte April eintreffende Fragebögen berücksichtigt. Die Angeschriebenen wurden gebeten, den Fragebogen innerhalb von zwei Wochen zurückzusenden. Mitte Februar wurde daher damit begonnen, bei den Befragten, von denen bis dahin keine Rückmeldung kam, intensiv telefonisch nachzufassen. Mit dem telefonischen Nachfassen wurden mehrere Ziele verfolgt: • Klärung des Verbleibs des Fragebogens (Ansprechpartner) zum • Motivation Fragenbogens Ausfüllen des • Klärung, ob Bestände der 70er und 80er Jahre vorhanden seien • Klärung möglicher Fragen. Die telefonische Nachfassaktion erfolgte bei allen angeschriebenen Eigentümern und Verwaltungen – insgesamt konnte in 905 Fällen ein Kontakt hergestellt werden. Zusammen mit den schriftlichen Antworten wurde somit bei mehr als 55 % der angeschriebenen Adressen eine Rückmeldung eingeholt. Die Bereitschaft zur Beteiligung an der Befragung war trotz des intensiven telefonischen Nachfassens insgesamt eher verhalten. Zum Teil gab es zwar großes Interesse an der Studie und den Ergebnissen, oftmals wurde aber auch eine Teilnahme generell mit dem Hinweis abgelehnt, dass man sich angesichts der großen Anzahl von Befragungen außerstande sehe, an allen Untersuchungen teilzunehmen. Der größte Teil der Befragten hatte kein Interesse an der Befragung oder verwies auf Zeitmangel. Jeder Fünfte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Fragebogen zu lang bzw. zu aufwendig sei. Dabei kommt zum Tragen, dass die Thematik vergleichsweise komplex ist und es nicht ausreichte, Einschätzungen zu geben, sondern konkrete Daten abgefragt wurden. Dies führte zu Problemen. Denn insbesondere kleinere Eigentümer haben ihre Bestandsdaten gar nicht aufbereitet (z. B. nach Baualtersklassen) oder nicht in einer Form vorliegen, die eine Beantwortung ermöglicht hätte. Insbesondere bei den Fragen zu Investitionen und deren Volumina konnte die Aufbereitung mit relativ viel Aufwand verbunden sein. Ebenso konnten vielfach keine differenzierten Angaben z. B. zu der Art der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen gemacht werden. Bei rund 23 % erfolgte keine Teilnahme, da sich keine Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre in dem jeweiligen Portfolio befinden. Weitere 4 % gaben an, gar nicht über Wohnungsbestände zu verfügen. Hierbei handelte es sich um Immobilienfirmen, die z. B. nur Gewerbeobjekte in ihrem Portfolio haben, oder andere Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Immobilienwirtschaft. Hinzu kommen sonstige Gründe – hierunter fallen z. B. familiäre Gründe oder andere Umstände, die dazu führten, dass kein Ansprechpartner erreicht werden konnte. Struktur des Rücklaufs nach Eigentümern Der Rücklauf stellt sich unter diesen Annahmen nach Eigentümergruppen wie in Tab. 6 dar. Die Struktur des Rücklaufs und die Zusammensetzung der Eigentümerstruktur stellen sich wie folgt dar: Hinsichtlich der Wohnungsunternehmen mit Beteiligungen der öffentlichen Hand und den Wohnungsgenossenschaften fällt die Ausschöpfung unter den getroffenen Annahmen mit 40 % bzw. 35 % sehr gut aus. Unter den übrigen privaten Eigentümern und Verwaltungen ist die Quote erwartungsgemäß geringer. Insgesamt liegt die Nettoausschöpfung bei rund 10 %. • Insgesamt wurden 1.979 Wohnungsunternehmen, Verwaltungen und Privateigentümer angeschrieben. Davon haben 201 der Angeschriebenen den Fragebogen zurück gesendet. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 10,1 %. • Von den Befragten, die einen Fragebogen zurück gesendet haben, verfügen nur rund 57 % über Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre. Eigentümerstruktur und Wohnungsbestand Die Struktur der Befragten (114 ausgewertete Fragebögen) stellt sich wie folgt dar: • Die Nettostichprobe lässt sich anhand der Rückmeldungen derjenigen Eigentümer hochrechnen, die überhaupt über Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen: • 38 % der befragten Unternehmen sind Wohnungsgenossenschaften und weitere 45 % private Eigentümer (auch WEG-Verwaltung). Bei rund 17 % der befragten Unternehmen handelt es sich um öffentliche oder kommunale Wohnungsunternehmen. Unter den zurückgesendeten Fragebögen finden sich 43 %, die angegeben haben, nicht über Bestände der 70er und 80er Jahre zu verfügen. • Unter denjenigen, die keinen Fragebogen zurückgesendet und einen Ablehnungsgrund genannt haben, verwiesen 23 % darauf, dass keine entsprechenden Bestände vorhanden sind. Hinzu kommen die Stichprobenfehler i. H. v. 4 %. Geht man davon aus, dass sich unter den Ablehnenden, die keine Begründung angegeben haben, ebenfalls Unternehmen befinden, die nicht über entsprechende Bestände verfügen, ist ein Anteil von 43 % an allen Befragten durchaus realistisch. • Die befragten Unternehmen verfügen über 707.750 eigene Wohnungen und 103.300 verwaltete Wohnungen. Insgesamt haben sie demnach 811.050 Wohnungen in ihren Beständen. • Rund 80 % der befragten Unternehmen verfügen über Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen. Zudem verfügt ein Drittel der Befragten über Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre in Großwohnsiedlungen. • Die Quote derjenigen, die über Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen, unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Eigentümergruppen. So wird diese Quote unter den großen Unternehmen deutlich höher ausfallen, bei privaten, insbesondere kleineren Eigentümern dürfte dieser Wert deutlich niedriger liegen. • Auffällig ist, dass die meisten Unternehmen (65 %) über Bestände mit mehr als 1.000 Wohnungen verfügen. In der folgenden Tabelle ist die Eigentümerstruktur der Wohnungen am angefragten Standort differenziert nach eigenen und verwalteten Wohnungen dargestellt. Tabelle 6 Rücklauf nach Eigentümerstruktur Öffentl./Komm. Wohnungsunternehmen Genossenschaften Private Eigentümer und Verwaltungen Gesamt Angeschrieben 83 222 1.674 1.979 davon mit Beständen der 70/80er 47 127 954 1.128 verwertbarer Rücklauf 19 44 51 114 40,4 % 34,7 % 7,8 % 10,1 % Ausschöpfung Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 41 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Tabelle 7 Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten insgesamt Öffentl./Komm. Wohnungsunternehmen Genossenschaften Private Eigentümer und Verwaltungen Gesamt bis 50 - - 11 11 51 –100 - - 2 2 101–250 - 1 9 10 251–500 - 2 2 4 501–1.000 1 5 7 13 1.001–2.500 1 15 8 24 2.501–5.000 5 9 5 19 Mehr als 5.000 12 12 6 30 Gesamt 19 44 50 113* Anzahl der WE * In einem Fall wurde keine Angabe gemacht. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 8 Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten am Standort Öffentl./Komm. Wohnungsunternehmen Genossenschaften Private Eigentümer und Verwaltungen Gesamt bis 50 - - 12 12 51–100 - - 3 3 101–250 - 2 8 10 251–500 1 1 3 5 501–1.000 1 6 11 18 1.001–2.500 1 14 7 22 2.501–5.000 4 9 2 15 Mehr als 5.000 12 12 3 27 Gesamt 19 44 49 112* Anzahl der WE * In zwei Fällen wurden keine Angaben gemacht. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Von den Wohnungsbeständen der Eigentümer und Gesellschaften befinden sich an den ausgewählten Befragungsstandorten 483.400 eigene und 44.900 verwaltete Wohnungen. Insgesamt verfügen die Unternehmen dementsprechend über 528.300 Wohnungen an den in die Untersuchung einbezogenen Standorten. Wichtige Hinweise auf die Aussagekraft der Befragung gibt die Betrachtung der Anzahl der einbezogenen Wohnungen der Baujahre 1970 bis 1989. Die Tabellen 9 und 10 geben einen Überblick über die Anzahl der Wohnungen nach Eigentümern und Markttypen. Die Anzahl der Wohnungen aus den 70er und 80er Jahren beträgt 173.750 (21 % des Gesamtbestandes der Unternehmen). Davon befinden sich 104.650 Wohnungen (60 % des 70er und 80er Jahre Bestandes)in Großwohnsiedlungen und 40 % (69.100 Wohnungen) in kleineren Wohnsiedlungen. Insgesamt wurden mit dieser Befragung 3,4 % der zwischen 1970 und 1989 errichteten Wohnungen in Deutschland erfasst. Bezogen auf die Befragungsstandorte ergibt sich eine rechnerische Verteilung von durchschnittlich knapp 5.000 Wohnungen je Standort. Bei den nachfolgenden Analysen, die sich auf die Eigentümergruppen und die Wohnungsmarkttypen beziehen, ergeben sich jedoch hinsichtlich der Datenlage methodische Unsicherheiten: • Nach Eigentümergruppen ergibt sich ein Schwerpunkt bei den kommunalen Unternehmen. Ein großer Teil der Bestände befindet sich im Eigentum kommunaler Gesellschaften aus Ostdeutschland, insbesondere aber auch ostdeutscher Genossenschaften, die in den 70er und 80er Jahren in großem Maß gebaut haben. Insgesamt stellt sich somit die Ausschöpfung bei den öffentlichen Wohnungsunternehmen und den Genossenschaften positiv dar. • Die Ausschöpfung unter den privaten Eigentümern ist erwartungsgemäß gering, wenngleich die Zahl der Fälle unter den drei Gruppen mit 51 am höchsten ist. Die Zahl der erfassten Wohnungen ist mit 14.250 jedoch sehr gering und beträgt nur 8 % der erfassten Bestände. Private Eigentümer oder Verwalter verfügen häufig über kleinere Bestandszahlen und waren – im Gegensatz zu den ehemals gemeinnützigen Unternehmen – nicht am Sozialen Wohnungsbau der 70er Jahre beteiligt. Dies wird besonders deutlich bei dem An- teil der Wohnungsbestände privater Eigentümer am erfassten Wohnungsbestand in Großwohnsiedlungen, der nur 1.900 Wohnungen bzw. knapp 2 % beträgt. • Die Verteilung der Wohnungsbestände nach Markttypen zeigt einen Schwerpunkt in den schrumpfenden Märkten in Ostdeutschland. Hier finden sich vor allem die umfangreichen Wohnungsbestände in den Großwohnsiedlungen. Entsprechend gering ist der Anteil der Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen ostdeutscher Städte mit nur knapp 9.000 bzw. 6.000 Wohnungen. In Großsiedlungen in westdeutschen schrumpfenden Märkten sind hingegen nur 3.430 Wohnungen erfasst. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Betrachtungen nach Markttypen und Eigentümergruppen an diesen benannten Stellen mit dem Hintergrund zu betrachten, dass zum einen die Anzahl der Fälle in ostdeutschen Marktregionen sehr klein ist und einzelne Angaben von Eigentümern mit um- Tabelle 9 Anzahl Wohneinheiten nach Eigentümern Öffentl./Komm. Wohnungsunternehmen Genossenschaften Private Eigentümer und Verwaltungen Gesamt im Bestand der Unternehmen 301.900 181.750 327.400 811.050 am jeweiligen Befragungsort 297.500 176.800 54.000 528.300 der 70er und 80er Jahre 85.600 73.900 14.250 173.750 davon in Großwohnsiedlungen 51.450 51.300 1.900 104.650 davon in kleineren Wohnsiedlungen 34.150 22.600 12.350 69.100 19 44 51 114 Anzahl Wohnungen Fälle (n=) Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 10 Anzahl Wohneinheiten nach Markttypen West Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend Stagnierend/wachsend Gesamt der 70er und 80er Jahre 17.620 54.230 71.540 30.360 173.750 davon in Großwohnsiedlungen 3.430 13.640 62.790 24.800 104.650 davon in kleineren Wohnsiedlungen 14.190 40.590 8.750 5.560 69.100 42 48 16 8 114 Anzahl Wohnungen Fälle (n=) Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 43 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse fangreichen Beständen auch große Auswirkungen auf die Ergebnisse haben. Zum anderen ist die Zahl der erfassten Bestände privater Eigentümer sehr gering, sodass Aussagen hierzu Tendenzen aufzeigen, im Detail jedoch keine ausreichend fundierte Basis haben. Mietpreis- und Belegungsbindungen Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen Das Auslaufen dieser Bindungen hat zumindest in den Städten Westdeutschlands deutliche Auswirkungen auf die Versorgung von Nachfragergruppen mit geringem Einkommen. In den folgenden fünf Jahren (2008 bis 2012) werden 7 % der Wohnungen ihre Mietpreisbindung verlieren und frei am Markt gehandelt. In den darauf folgenden fünf Jahren werden weitere 34 % aus den Mietpreisbindungen fallen. Somit werden bis 2017 41 % der heute preisgebundenen Wohnungen frei auf dem Markt verfügbar sein. (vgl. Tab. 11) Von den befragten Eigentümern und Verwaltern verfügt ein Drittel über Wohnungen in Großwohnsiedlungen. Insgesamt ergibt sich daraus ein Bestand von rund 105.000 Wohnungen. Der überwiegende Teil der Wohnungsbestände (67 %) entstammt den Baujahren 1970 bis 1980. Die in den 80er Jahren errichteten Wohnungen machen nur einen Anteil von einem Drittel aus. Dies spiegelt auf den ersten Blick den Verlauf der Bautätigkeit in den 70er und 80er Jahren in Deutschland sehr gut wider, da der Schwerpunkt der Baufertigstellungen mit 62 % in den 70er Jahren lag – in Westdeutschland insbesondere in der ersten Hälfte der 70er Jahre. Allerdings liegt hier ein deutliches Übergewicht bei den Beständen aus Ostdeutschland vor. Die hohe Bautätigkeit der 70er Jahre in Westdeutschland wird hier nur auf niedrigem Niveau abgebildet. (vgl. Abb. 14) Bei einer Betrachtung der Bestände nach den jeweiligen Standorten wird deutlich, dass es sich bei den erfassten Wohnungen zum überwiegenden Teil um Plattenbaustandorte, wie Magdeburg oder Dessau, handelt. Rund 58 % der Unternehmen mit Wohnungen in Großwohnsiedlungen verfügen über Wohnungen mit Belegungs- oder Mietpreisbindungen.32 Insgesamt handelt es sich dabei um einen Anteil von 21 % aller erfassten Wohnungen in Großwohnsiedlungen. Zu den Mietpreisanpassungen haben fast ausschließlich kommunale bzw. öffentliche Unternehmen Angaben gemacht. Danach ist zu erwarten, dass 20 % der Wohnungen preislich angepasst werden. Von Mietpreisanpassungen betroffen sind fast ausschließlich Wohnungen in wachsenden bzw. strukturstarken Märkten in Westdeutschland: insgesamt 60 % der Wohnungen in diesen Märkten in Großwohnsiedlungen werden demnach eine Mietpreissteigerung erfahren. Weitere Maßnahmen wie Verkauf, Privatisierung oder anderes wurden kaum als Schritte nach dem Auslaufen einer Belegungs- oder Mietpreisbindung genannt. Abbildung 14 Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen nach Baualter und Ost- und Westdeutschland Anzahl 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1970 1975 Ostdeutschland 1980 Westdeutschland Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 1985 1989 (32) Während in Westdeutschland Mietpreis- und Belegungsbindungen in der Regel im Zuge der sozialen Wohnraumförderung entstanden sind, handelt es sich in Ostdeutschland großteils um Mietpreisbindungen im Zuge von Modernisierungsförderungen. Diese Bindungen haben eine geringere Laufzeit und haben nicht zwangsläufig zur Folge, dass diese Wohnungen zum preiswerten Wohnungssegment zu zählen sind. Tabelle 11 Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen Anzahl Wohnungen Anteil an Wohnungen mit Mietpreis-/Belegungsbindung 2008 bis 2012 2013 bis 2017 nach 2017 1.442 6.748 11.572 7% 34 % 59 % Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Um festzustellen, welche Folgen dies tatsächlich für die Wohnungsmärkte hat, wurde gefragt, welche Strategien mit diesen Beständen verfolgt werden. Zwölf von 38 Befragten (32 %) gaben an, dass nach einem Wegfall der Mietpreisbindung die Mieten an das Marktniveau angepasst werden. Insgesamt ist damit etwa die Hälfte der gebundenen Bestände in Großwohnsiedlungen betroffen. Daraus ergibt sich, dass rund 10 % des gesamten erhobenen Bestandes in Großwohnsiedlungen nach Auslaufen der Bindungen eine Mietpreisanpassung erfahren werden. Diese Preisanpassungen erfolgen fast ausschließlich durch kommunale bzw. öffentliche Wohnungsgesellschaften (93 %). Mietpreiserhöhungspotenziale sehen die Eigentümer vor allem in wachsenden bzw. strukturstarken Märkten. Dort werden 60 % der betroffenen Bestände angepasst. Die Befürchtung, dass die betroffenen Wohnungsbestände sogar verkauft oder privatisiert werden, bestätigt sich zumindest bei den Großwohnsiedlungen nicht. Solche Maßnahmen wurden nicht von den Befragten benannt. Fragen zu Bestandsveräußerungen werden allerdings erfahrungsgemäß von den Eigentümern nur sehr zurückhaltend beantwortet. Hinzu kommt, dass Verwaltungen in der Regel keine langfristigen Informationen über Veräußerungspläne der Eigentümer haben. Marktsituation und Mietniveau Die Marktsituation für Großwohnsiedlungen wird insgesamt eher ungünstig eingeschätzt. Rund zwei Drittel der Befragten erkennen Angebotsüberhänge in den Quartieren. Die zukünftige Marktsituation wird sogar noch etwas schlechter eingeschätzt. Immerhin jeder Zehnte sieht in Großwohnsiedlungen eine viel größere Nachfrage nach Wohnungen als angeboten werden. Dies ist z. B. von Unternehmen aus den Städten Hamburg, Göttingen, Ingolstadt und Karlsruhe geäußert worden. Abbildung 15 Marktsituation in Großwohnsiedlungen (in % der befragten Vermieter (N=35)) Die Nachfrage ist... Angaben in % 12 viel größer als das Angebot 9 6 etwas größer als das Angebot 9 15 etwa so groß wie das Angebot 9 32 etwas geringer als das Angebot 41 35 viel geringer als das Angebot 32 0 10 aktuell 20 zukünftig Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 30 40 50 45 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Abbildung 16 Marktsituation in Großwohnsiedlungen (in % am Wohnungsbestand (N= 98.719 WE)) Die Nachfrage ist... Angaben in % 3 viel größer als das Angebot 2 1 etwas größer als das Angebot 2 10 etwa so groß wie das Angebot 10 37 etwas geringer als das Angebot 54 49 viel geringer als das Angebot 32 0 20 aktuell 40 60 80 100 zukünftig Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Bezogen auf die Wohnungsbestände, über die die jeweiligen Eigentümer verfügen, bedeutet dies, dass bei derzeit rund der Hälfte der Wohnungen das Angebot viel größer eingeschätzt wird als die Nachfrage. Die Vermieter wurden gefragt, welchem Mietniveau sie ihre Bestände der 70er und 80er Jahre in Relation zum lokalen Mietniveau zuordnen würden. Überwiegend ordnen die Befragten die Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen dem „mittelpreisigen“ Marktsegment zu (58 %). 39 % sehen diese Beständen im preiswerten Segment. Nur 3 % der Befragten sehen die Bestände im „höherpreisigen“ Segment. Für „hochpreisig“ hält keiner der Befragten die Bestände in Großwohnsiedlungen. (vgl. Abb. 17) auf dem mittelpreisigen Bereich. Je nach Wohnungsmarkttyp werden 70–95 % der Wohnungsbestände dem mittelpreisigen Segment zugeordnet (vgl. Tab. 12). Preiswerte Bestände befinden sich demnach zu größeren Teilen in den Märkten mit höherer Nachfrage in Ost- und Westdeutschland. Im Unterschied zu den Beständen in kleineren Wohnsiedlungen gibt es praktisch keine höherpreisigen Bestände. Abbildung 17 Mietniveau* der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=36) höherpreisig (3%) preiswert (39%) Rund 60 % der Vermieter ordnen ihre Wohnungsbestände ohne Mietpreisbindung der Mietpreisspanne von 4 €–5 €/m² nettokalt zu. Bei jeder fünften Wohnung liegt der Mietpreis für die Netto-Kalt-Miete unter 4 €. Im oberen Bereich gibt es vereinzelt Nennungen ab 6 € und höher. Für die Wohnungen mit Mietpreisbindung ergeben sich nur leichte Abweichungen. Auffällig ist, dass nur jeder zehnte Vermieter über Wohnungen mit Mietpreisbindung verfügt, die im preiswerten Bereich unter 4 €/m² nettokalt liegen. Bezogen auf den Wohnungsbestand zeigt sich ein noch deutlicherer Schwerpunkt mittelpreisig (58%) Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 *Netto-Kalt-Miete, die Einstufung in die Kategorien erfolgte durch subjektive Einschätzungen entsprechend der jeweiligen Marktlage. Leerstand Der Leerstand in Großwohnsiedlungen ist im mittleren und preiswerten Mietpreissegment vorherrschend. 11,3 % aller preiswerten Wohnungen der Befragten stehen leer. Im Bereich des mittleren Preissegmentes sind es 9,7 %. Insgesamt standen zwischen 2005 und 2007 9,6 % der Wohnungen länger als drei Monate leer. Dieser Leerstand tritt neben den schrumpfenden und stagnierenden Regionen auch in den Wachstumsregionen auf. Die Gründe für Leerstände liegen nach Einschätzung der Befragten insbesondere in der Marktsituation und dem Wohnumfeld. Jeweils ein Viertel der Befragten sieht dies als sehr bedeutend bei der Beurteilung der Leerstände an. Hinzu kommen Probleme mit der Nachbarschaft. Bauliche Gründe, wie ein geringer Modernisierungsgrad oder die Wohnungsgrundrisse und -größen, folgen mit jeweils 36 % der Nennungen (vgl. Abb. 18). Das Ergebnis der hohen Leerstandsquote in den Wachstumsregionen liegt vor allem in der hohen Leerstandsquote in Dresden von 16,7 % begründet. In den anderen befragten Städten der Wachstumsregionen liegen die Leerstandsquoten zwischen 0,3 % und 4,9 %. Tabelle 12 Markteinschätzung in Großwohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen West Stagnierend/ schrumpfend Preiswert Hochpreisig Schrumpfend Stagnierend/ wachsend 557 3.759 1.225 5.998 % 16 29 2 24 2.868 9.267 59.679 18.808 84 71 95 76 % Höherpreisig Wachsend/ strukturstark WE WE Mittel Eher untergeordnet sind mögliche Emissionsbelastungen oder die Lage und Erreichbarkeit der Großwohnsiedlungen. Keine oder nur eine geringe Rolle spielen Leerzüge wegen baulicher Maßnahmen wie Rückbau oder Modernisierungen. Ost WE Vor allem Wohnungsgenossenschaften in Westdeutschland gaben an, dass die ungünstige Marktsituation weniger bedeutend/unbedeutend als Grund für Leerstände ist. Diese befragten Unternehmen sehen die Gründe des Leerstandes eher im schlechten Wohnumfeld, Nachbarschaftsproblemen und im geringen Modernisierungsgrad der Wohnungen. 1.884 % 3 WE % Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 18 Gründe für Leerstand in Großwohnsiedlungen Angaben in % ungünstige Marktsituation 23 schlechtes Wohnumfeld 23 27 ungünstige Wohnungsgrößen /Grundrisse 32 11 Leerzug wegen Rückbau 15 8 Leerzug wegen Modernisierung 32 N =28 32 32 N =25 63 N =27 31 42 4 N =26 N =26 69 40 sehr bedeutend N =26 42 1 19 0 N =27 32 46 16 hohe Emissionen N =26 26 11 23 ungünstige Lage/Erreichbarkeit 16 33 29 4 N =26 42 30 7 geringer Modernisierungsgrad 42 19 11 Nachbarschaftsprobleme 8 bedeutend Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 60 weniger bedeutend 80 unbedeutend 100 47 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Vorwiegend Wohnungsgenossenschaften schätzen die Wirtschaftlichkeit als gut ein. Einschätzung der Wohnungsbestände Für mehr als ein Drittel der Befragten, vor allem Wohnungsgenossenschaften, ist die Vermietbarkeit der Wohnungen der 70er und 80er Jahre in Großwohnsiedlungen gegenüber anderen Wohnungen „schlecht“ oder „eher schlecht“. Demgegenüber werden der bauliche Zustand und der energetische Zustand nur von jeweils 11 % der Befragten als „eher schlecht“ eingestuft, was darauf hindeutet, dass die vergleichsweise schlechte Vermietbarkeit auf andere Faktoren zurück zu führen ist. Immerhin zwei Drittel der Bestände werden positiv eingeschätzt. Zur Veranschaulichung werden in einer weiteren Auswertung die Einschätzungen, unterteilt nach Markttypen und Eigentümergruppen, in Form von Noten dargestellt. Eher schlechte Beurteilungen erhalten die Wohnungsbestände vor allem in stagnierenden bzw. schrumpfenden Märkten in Westdeutschland. Dort werden alle vier Aspekte am ungünstigsten beurteilt. Günstiger fallen die Beurteilungen in Ostdeutschland aus. Insbesondere beim baulichen und energetischen Zustand ergibt sich ein deutlicher Unterschied zwischen stagnierenden/ schrumpfenden Märkten in Westdeutschland und stagnierenden/wachsenden Märkten in Ostdeutschland. In Ostdeutschland werden die Bestände deutlich besser beurteilt. Die Wirtschaftlichkeit der Wohnungen wird insgesamt eher positiv gesehen. 42 % beurteilen diese als „gut“ bzw. „sehr gut“ und die Hälfte der Befragten als durchschnittlich. Tabelle 13 Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (Durchschnittsnoten)* West Aspekte Öffentl./Komm. WU Wirtschaftlichkeit Vermietbarkeit Baulicher Zustand Energetischer Zustand Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend 3,5 2,7 2,6 2,6 2,1 Genossenschaften Private Eigentümer 3,5 2,8 Gesamt 3,5 2,6 2,3 Öffentl./Komm. WU 3,5 3,8 3,2 2,0 2,9 Genossenschaften 4,0 3,3 Gesamt 3,8 3,1 3,0 Öffentl./Komm. WU 3,5 3,5 2,8 2,7 2,5 3,5 3,1 Gesamt 3,5 3,1 2,6 Öffentl./Komm. WU 3,0 3,3 2,6 2,7 2,4 Private Eigentümer 3,5 3,1 Gesamt 3,3 2,9 * 1= sehr gut; 2 = gut; 3 = durchschnittlich; 4 = eher schlecht; 5 = schlecht Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 2,6 3,5 2,0 Private Eigentümer Genossenschaften 2,8 2,0 Private Eigentümer Genossenschaften Stagnierend/ wachsend 3,2 2,3 2,0 2,2 2,5 1,0 2,5 2,2 Abbildung 19 Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=36) Angaben in % Wirtschaftlichkeit 8 Energetischer Zustand 3 Vermietbarkeit 3 baulicher Zustand 34 50 39 47 22 39 28 0 11 33 61 20 sehr gut 8 40 gut durchschnittlich 3 11 60 eher schlecht 80 100 schlecht Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Investitionen Unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen wurden von den Befragten in den vergangenen fünf Jahren Investitionen in Höhe von 395,7 Mio. € bei rund 80 % der Wohnungen getätigt. Das gesamte Investitionsvolumen verteilt sich auf die Maßnahmenbereiche wie folgt: • Instandhaltungsmaßnahmen: 164 Mio. € bzw. 3.200 € je Wohnung. Rund 80 % der Befragten haben bei 49 % der Wohnungen Maßnahmen zur Instandhaltung durchgeführt. • Modernisierungsmaßnahmen: 160 Mio. € bzw. 9.100 € je Wohnung. Knapp 70 % der Befragten haben 17 % der Wohnungen modernisiert. • Wohnumfeldmaßnahmen: 17,5 Mio. € bzw. 1.250 € je Wohnung. 60 % der Befragten haben entsprechende Maßnahmen in rund 13 % der Wohnungen durchgeführt. • Abriss bzw. Teilrückbau: 32,2 Mio. € bzw. 2.600 € je Wohnung. Rund 25 % der Befragten investierte in den letzten fünf Jahren in den Rückbau von 12.500 Wohnungen. • Grundrissveränderungen: 2,1 Mio. € bzw. 11.400 € je Wohnung. Jedes fünfte befragte Unternehmen hat Grundrissänderungen vorgenommen. Davon waren allerdings nur 0,2 % der Wohnungen betroffen. Da nicht jedes Unternehmen das Volumen der Investitionen und die Anzahl der betroffenen Wohnungen zuordnen konnte, ergibt sich eine Differenz von 19,9 Mio. €, die keinem Maßnahmenbereich zugeordnet werden können. Für die nächsten fünf Jahre sind nach Angaben der Befragten nur insgesamt 297 Mio. € für Investitionstätigkeiten vorgesehen. Rund 70 % der Wohnungen werden davon betroffen sein, dabei werden voraussichtlich im Durchschnitt rund 4.100 € je Wohnung investiert. Wohnumfeldmaßnahmen wollen nur 30 % der Befragten zukünftig durchführen. Für die Modernisierung von Wohnungen planen die befragten Unternehmen Investitionen von rund 11.400 €, für den Rückbau sind es 1.100 € je Wohnung. Instandhaltungsmaßnahmen werden mit insgesamt 174 Mio. € kalkuliert, das bedeutet je Wohnung eine Summe von 4.100 €. Die Mehrzahl der Befragten hält den Gebäudezustand an sich für das bedeutendste Argument für Modernisierungsmaßnahmen – 82 % gaben dies an. Eine wichtige Rolle spielt auch die Energiebilanz. Für 38 % der Eigentümer spielt die Behebung des Leerstandes die wichtigste Rolle bei der Durchführung von Maßnahmen. Die Steigerung von Mieteinnahmen im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen spielt eine weniger wichtige Rolle. Diese Angaben deuten darauf hin, dass nicht die Aufwertung der Wohnungsbestände und damit die Erzielung höherer Mieten das primäre Ziel ist, sondern die Wahrung oder Herstellung der Marktgängigkeit der Wohnungen. 49 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Die Aufschlüsselung der durchgeführten Investitionen in den Zeiträumen 2003 bis 2007 und 2008 bis 2012 nach der Anzahl der Wohnungen wird in den nachfolgenden Tabellen 14 bis 16 dargestellt. Die Analyse erfolgt für die insgesamt erfassten Bestände nach den Eigentümergruppen und den Wohnungsmarkttypen. Zusammengefasst zeigen sich folgende Tendenzen: • Bei rund der Hälfte der Wohnungsbestände wurden im Zeitraum 2003 bis 2007 Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Modernisierungen wurden bei 17 % der Wohnungsbestände durchgeführt (vgl. Tab. 14). Abbildung 20 Investitionen in die Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=38) Angaben in % 82 Instandhaltung 66 68 Modernisierung 55 60 Wohnumfeldmaßnahmen 34 26 Abriss/Teilrückbau 24 21 Umbau/Zusammenlegung 16 0 20 40 60 in den letzten 5 Jahren 80 100 in den nächsten 5 Jahren Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 21 Gründe für Investitionen in Großwohnsiedlungen (N=38) Angaben in % Gebäudezustand 29 ungünstige Energiebilanz 53 17 Behebung Wohnungsleerstand 55 38 Steigerung der Mieteinnahmen 7 Ausnutzen von Fördermitteln 11 19 37 18 0 14 12 20 sehr bedeutend 26 39 40 bedeutend 60 weniger bedeutend Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 17 31 30 25 4 18 80 100 unbedeutend • Bei den privaten Eigentümern liegt der nahmen spielen bei den privaten Eigentümern offenbar keine Rolle. Zukünftig sind laut Befragung praktisch keine konkreten Modernisierungsmaßnahmen geplant. Schwerpunkt der Investitionen auf Instandhaltungsmaßnahmen. 80 % der Bestände wurden in der Vergangenheit Instandhaltungsmaßnahmen unterzogen, • Die größten Aktivitäten bei Modernisierungsmaßnahmen zeigen die Wohnungsgenossenschaften, die bei fast je- nur jede fünfte Wohnung wurde modernisiert (vgl. Tab. 15). Alle weiteren Maß- Tabelle 14 Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Gesamt 2003 bis 2007 2008 bis 2012 51.377 42.060 49 40 17.513 7.041 17 7 14.014 9.200 13 9 12.487 14.439 % 12 14 WE 1 5 % 0 0 185 301 0 0 WE Instandhaltung % WE Modernisierung % Wohnumfeldmaßnahmen WE % WE Abriss/Teilrückbau Dachgeschossausbau/ Aufstockung Umbau/Zusammenlegung WE % Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 15 Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien 2003 bis 2007 Instandhaltung Modernisierung Wohnumfeldmaßnahmen Abriss/Teilrückbau Dachgeschossausbau/Aufstockung Umbau/Zusammenlegung WE Öff./kom. WU Genossenschaft Private Eigentümer Öff./kom. WU Genossenschaft Private Eigentümer 23.686 26.180 1.511 20.124 20.606 1.330 46 51 80 39 40 71 5.534 11.645 334 951 6.083 7 11 23 18 2 12 0 5.346 8.665 3 1.754 7.446 10 17 0 3 15 8.034 4.453 3.159 11.280 16 9 6 22 % WE % WE % WE 2008 bis 2012 % WE 1 5 % 0 0 WE 21 156 8 105 188 8 % 0 0 0 0 0 0 Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 51 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse der vierten Wohnung Maßnahmen durchgeführt haben. Gleiches gilt für Wohnumfeldmaßnahmen. nommen, je nach Markttyp zu 32 % bzw. 25 %, in Ostdeutschland sind es 14 % bzw. 15 % (vgl. Tab. 16). • Modernisierungen werden in etwas stärkerem Maß in Westdeutschland vorge- • Der Rückbau von Wohnungen erfolgte in der Vergangenheit in erster Linie Tabelle 16 Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 1.100 WE Instandhaltung WE WE Schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend Stagnierend/ wachsend 8.746 28.523 13.008 1.488 9.972 21.030 9.570 32 64 45 52 43 73 33 39 1.088 3.423 9.451 3.551 204 607 4.663 1.567 32 25 15 14 6 4 7 6 1.068 2.340 9.136 1.470 1.268 772 7.160 31 17 15 6 37 6 11 11.617 870 14.131 308 19 4 23 1 % WE Abriss/Teilrückbau % Dachgeschossausbau/Aufstockung Umbau/Zusammenlegung Ost Stagnierend/ schrumpfend % Wohnumfeldmaßnahmen West Stagnierend/ wachsend % Modernisierung Ost WE 1 5 % 0 0 WE 14 1 35 % 135 28 1 1 85 1 Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 22 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in Großwohnsiedlungen (N=38) Angaben in % Austausch Fenster 53 40 Wärdedämmung Dach/Fassade 37 Erneuerung Sanitäranlagen 34 47 37 37 37 Modernisierung Treppenhaus Erneuerung Heizungsanlage 32 26 Erneuerung Elektroinstallation 29 24 Balkonanbau 26 16 Umbau/Zusammenlegung 18 Herstellung Barrierefreiheit 13 Einbau Heizungssystem 8 0 10 24 16 11 20 in den letzten 5 Jahren 30 40 in den nächsten 5 Jahren Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 50 188 60 durch kommunale Wohnungsgesellschaften – rund zwei Drittel der rückgebauten Bestände wurden durch kommunale Gesellschaften abgerissen. Zukünftig planen jedoch Genossenschaften in höherem Umfang Rückbaumaßnahmen. Insgesamt findet Rückbau nur in Ostdeutschland statt. • Umbauten und Zusammenlegungen werden in geringem Maß von den Genossenschaften und den öffentlichen Unternehmen durchgeführt, ohne dass hier größere Mengeneffekte erreicht werden. Bei der Einordnung dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die hier betrachtete Datenbasis zum Teil sehr gering ausfällt. Insbesondere für Westdeutschland liegt mit rund 17.000 Wohnungen eine relativ geringe Grundgesamtheit vor (vgl. Tab. 10). Tabelle 17 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Gesamt Grundrissänderung/ Zusammenlegung Erneuerung Heizungsanlage Einbau Heizungssystem Erneuerung der Sanitäranlagen Austausch der Fenster Elektroinstallation Modernisierung Treppenhaus Wärmedämmung Dach/Fassade Balkonanbau Barrierefreiheit sonstige Modernisierungsmaßnahmen WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % 2003 bis 2007 2008 bis 2012 350 458 0 0 3.677 4.682 4 4 108 180 0 0 5.859 1.652 6 2 9.399 2.578 9 2 4.606 6.454 4 6 3.114 4.390 3 4 8.972 2.739 9 3 1.965 1.155 2 1 1.105 230 1 0 3.023 471 3 0 Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Modernisierungsmaßnahmen Bei der Betrachtung der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen wird ein Schwerpunkt bei den Fenstern und den Wärmedämmungen deutlich: • Die Mehrheit der Befragten hat in den vergangenen fünf Jahren Maßnahmen an den Fenstern vorgenommen (vgl. Abb. 22). 53 % der Wohnungsanbieter haben bei rund 9 % der Wohnungen die Fenster ausgetauscht. Bei ebenso vielen Wohnungen wurden Maßnahmen zur Wärmedämmung vorgenommen. Sanitäranlagen sowie Heizungsanlagen wurden bei rund 6 % bzw. 3,5 % der Wohnungen erneuert. • Für den Zeitraum 2008 bis 2012 ist zu erwarten, dass bezogen auf den Wohnungsbestand vor allem Elektroinstallationen, Heizungsanlagen und die Treppenhäuser Gegenstand der Modernisierungstätigkeiten werden (vgl. Tab. 17). • Unter den Eigentümergruppen sind es vor allem die Genossenschaften, die energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle vornehmen (Austausch Fenster, Wärmedämmung) (vgl. Tab. 18). Nach Markttypen sind es insbesondere die Regionen im Westen, in denen in größerem Umfang Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden (vgl. Tab. 19). Mieterstruktur Die Eigentümer und Verwalter wurden nach der vorherrschenden Mieterstruktur in den jeweiligen Wohnungsbeständen befragt. Dazu wurden jeweils der Anteil einzelner Haushaltstypen und deren zukünftige Entwicklung abgefragt. Die vorgegebenen Haushaltstypen wurden anhand von Merkmalen gebildet, die sich teilweise überschneiden können, die unterschiedlichen Typen jedoch am besten wiedergeben: • Laut Aussage der Befragten leben in Großwohnsiedlungen zu einem überdurchschnittlichen Anteil einkommensschwache Haushalte (70 %) und Haushalte mit Migrationshintergrund (44 %). • 87 % der befragten Unternehmen gaben an, dass einkommensstarke Haushalte unterdurchschnittlich häufig in Großwohnsiedlungen leben. Ebenso sind Wohngemeinschaften (72 %) kaum vorhanden. Aber auch Starterhaushalte mit ein bis zwei Personen unter 30 Jahren sind nach Ansicht von 41 % der Befragten unterdurchschnittlich vertreten. 53 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Tabelle 18 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien 2003 bis 2007 Öff./kom. WU Grundrissänderung/ Zusammenlegung 325 30 428 0 1 0 1 3.200 476 1 350 4.132 200 6 1 0 1 8 11 106 2 176 Einbau Heizungssystem Erneuerung der Sanitäranlagen WE Austausch der Fenster WE % % 2.172 % WE WE Wärmedämmung Dach/Fassade WE 0 526 0 1.122 4 7 1 1 2 0 6.594 71 1.230 734 614 5 13 4 2 1 33 1.810 2.765 31 350 6.100 4 4 5 2 1 12 0 990 2.108 16 3.456 934 2 4 1 7 2 2.157 6.579 236 800 1.736 203 4 13 13 2 3 11 547 1.418 276 879 % % WE 0 17 4 % Modernisierung Treppenhaus 0 3.670 4 2.734 % sonstige Modernisierungsmaßnahmen Private Eigentümer Genossenschaft 25 WE Barrierefreiheit Öff./kom. WU % WE Balkonanbau Private Eigentümer WE Erneuerung Heizungsanlage Elektroinstallation Genossenschaft 2008 bis 2012 % 1 3 1 2 WE 18 1.087 152 78 % 0 2 0 0 WE 2.673 350 61 410 5 19 0 1 % Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 23 Aktuelle Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen Angaben in % einkommensschwache Haushalte 70 Haushalte mit Migrationshintergrund 22 44 41 24 Haushalte mit Kindern 1−2−Personenhaushalte 30−75 J. 12 Wohngemeinschaften 1−2−Personenhaushalte unter 30 J. N=30 N=29 28 16 72 52 N=25 N=29 41 13 0 N=29 10 55 7 einkommensstarke Haushalte 17 67 17 1−2−Personenhaushalte über 75 J. N=27 15 59 23 N=27 8 N=23 87 20 überdurchschnittlich Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 40 60 durchschnittlich 80 100 unterdurchschnittlich Tabelle 19 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Stagnierend/ schrumpfend Grundrissänderung/ Zusammenlegung WE Erneuerung Heizungsanlage WE Einbau Heizungssystem WE Erneuerung der Sanitäranlagen WE Austausch der Fenster WE Elektroinstallation Ost Wachsend/ strukturstark 45 0 Stagnierend/ schrumpfend Stagnierend/ wachsend Schrumpfend 10 % West 295 Ost Wachsend/ strukturstark Schrumpfend 20 Stagnierend/ wachsend 25 413 0 1 1 0 2 1.143 838 1.660 36 200 218 3.914 350 33 6 3 0 6 2 6 1 176 440 800 % 108 4 0 1 0 1 191 398 204 208 % % 2.590 2.680 6 3 4 11 6 2 1 3 766 1.266 1.767 5.600 754 714 530 580 5 % 22 9 3 23 22 WE 216 15 2.385 1.990 204 6 0 4 8 6 % 1 2 2.250 4.000 0 4 16 Modernisierung Treppenhaus WE 666 158 390 1.900 650 750 2.680 310 % 19 1 1 8 19 5 4 1 Wärmedämmung Dach/Fassade WE 300 1.814 2.935 3.923 600 449 850 840 9 13 5 16 18 3 1 3 397 865 703 375 760 20 3 % WE Balkonanbau Barrierefreiheit sonstigen Modernisierungsmaßnahmen % 3 1 3 1 0 WE 1 1.059 45 152 78 % 0 2 0 0 0 1.190 1.833 161 310 9 3 0 1 WE % Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 24 Zukünftige Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen Angaben in % 76 einkommensschwache Haushalte 21 64 1−2−Personenhaushalte über 75 J. 1−2−Personenhaushalte 30−75 J. 18 45 1−2−Personenhaushalte unter 30 J. 15 Haushalte mit Kindern 14 4 einkommensstarke Haushalte 53 77 57 0 20 nimmt zu Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 3 N=29 4 N=27 11 N=28 8 N=26 N=28 29 35 N=26 61 40 bleibt gleich 60 N=29 N=28 55 36 Wohngemeinschaften 18 52 41 Haushalte mit Migrationshintergrund 3 80 nimmt ab 100 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse • Nach Einschätzung von drei Viertel der befragten Unternehmen wird die Zahl der einkommensschwachen Haushalte in Großwohnsiedlungen auch in der Zukunft noch weiter ansteigen. Ebenso sehen 64 % eine deutliche Zunahme der Senioren-Haushalte. • Zudem sind 61 % der Befragten der Meinung, dass die Zahl der einkommensstarken Haushalte rückläufig ist. Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen Insgesamt 71 % der befragten Unternehmen verfügen über Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen. Dabei wurden 69.100 Wohnungen erfasst. Bei der Betrachtung der Baualtersklassen der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen ist eine ähnliche Verteilung wie bei den Wohnungsbeständen in Großwohnsiedlungen erkennbar (vgl. Abb. 14), wobei Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen deutlich häufiger in Westdeutschland errichtet wurden als in Ostdeutschland. Der Schwerpunkt der Bautätigkeit liegt in den frühen 70er Jahren, eine zweite Phase Anfang bis Mitte der 80er Jahre. Auch hier sind die meisten Wohnungsbestände zwischen 1970 und 1980 erbaut worden (vgl. Abb. 25). Ein Anstieg ist in der ersten Hälfte der 80er Jahre erkennbar, der vor allem auf die Bautätigkeit in Westdeutschland zurückzuführen ist. Ein zeitlicher Zusammenhang besteht hier mit Steuersparmodellen, die Anfang der 1980er Jahre genutzt worden sind und sich indirekt stimulierend auf die Wohnungsbautätigkeit des frei finanzierten Sektors ausgewirkt haben. 33 Mietpreis- und Belegungsbindungen • Gut die Hälfte (52 %) der Unternehmen, die Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen haben, verfügen dort über Wohnungen mit Belegungs- oder Mietpreisbindungen. Mit rund 30.650 ist die Zahl dieser preisgebundenen Wohnungen deutlich größer als in den Großwohnsiedlungen mit rund 21.500 Wohnungen. Der Anteil an dem gesamten Wohnungsbestand in den kleineren Wohnsiedlungen ist ebenfalls mit 47 % höher als in den Großwohnsiedlungen mit 21 %. • In dem Zeitraum 2008 bis 2012 werden 9 % der Wohnungen, die Mietpreis- bzw. Belegungsbindung besitzen, auslaufen und dem Markt zur Verfügung stehen. In den darauf folgenden fünf Jahren werden 55 weitere 15 % aus den Mietpreisbindungen fallen. Das Gros der Wohnungen mit Mietpreisbindung wird jedoch erst nach 2017 die Bindung verlieren. • Mietpreisanpassungen werden zukünftig zu großen Teilen durch kommunale bzw. öffentliche Unternehmen erfolgen. Danach ist zu erwarten, dass knapp 60 % der Wohnungen preislich angepasst werden. • Von Mietpreisanpassungen betroffen sind fast ausschließlich Wohnungen in wachsenden Märkten in Westdeutschland: insgesamt 60 % der Wohnungen in diesen Märkten in Großwohnsiedlungen werden demnach eine Mietpreissteigerung erfahren. • Weitere Maßnahmen wie Verkauf, Privatisierung oder andere wurden kaum als Schritte nach dem Auslaufen einer Belegungs- oder Mietpreisbindung genannt. Marktsituation Die Verteilung des in die Befragung einbezogenen Wohnungsbestandes nach Markttypen zeigt ein Übergewicht bei den strukturstarken Regionen (52 %). Rund ein Viertel der Wohnungen befindet sich in schrumpfenden Regionen, während sich 13 % in Wachstumsregionen und 12 % in stagnierenden bzw. schrumpfenden Regionen befinden. Die Marktsituation wird aktuell wie auch zukünftig überwiegend als ausgeglichen gesehen. Diese Einschätzung teilen 37 % der Befragten. Jeweils ein Viertel der Befragten schätzt die Nachfrage etwas größer bzw. etwas geringer als das Angebot ein. Erwartungsgemäß wird die Nachfrage in strukturstarken Regionen sowohl aktuell als auch zukünftig als größer eingeschätzt als das Angebot und in schrumpfenden Märkten kleiner als das Angebot. (vgl. Abb. 26) Von Eigentümern aus den Städten Hamburg, Ingolstadt, Karlsruhe und Schwerin wird für die Zukunft ein Angebotsdefizit prognostiziert, während in Bremen, Darmstadt, Dessau, Dortmund, Dresden und Osnabrück Angebotsüberhänge erwartet werden. Einige Eigentümer sehen dabei eine zunehmende Verlagerung zu unausgeglichenen Marktsituationen, wie deutliche Überoder Unterangebote an Wohnungen auf dem lokalen Wohnungsmarkt. Die Unternehmen wurden danach befragt, welchem Marktsegment sie ihre Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre zuordnen würden. 70 % der Unternehmen sehen ihre Bestände im „mittelpreisigen“ Marktsegment, (33) Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990, S. 363. Vgl. Kap. 2.2. 56 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Abbildung 25 Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen getrennt nach Baualter und Ost- und Westdeutschland Anzahl 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1970 1975 1980 1985 1989 Westdeutschland Ostdeutschland Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 26 Marktsituation aktuell und zukünftig in kleineren Wohnsiedlungen (in % an den befragten Vermietern (N=76, aktuell; N=70, zukünftig)) Die Nachfrage ist... Angaben in % 4 viel größer als das Angebot 7 26 etwas größer als das Angebot 23 37 etwa so groß wie das Angebot 37 25 etwas geringer als das Angebot 23 8 viel geringer als das Angebot 10 0 10 zukünftig 20 30 40 50 aktuell Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 20 Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen in kleineren Wohnsiedlungen Anzahl Wohnungen Anteil an Wohnungen mit Mietpreis-/Belegungsbindung 2008 bis 2012 2013 bis 2017 nach 2017 2.800 4.900 23.200 9% 15 % 76 % Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 57 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse weitere 21 % werden zu den „preiswerten“ gezählt. Nur 8 % der Befragten sehen die Bestände im „höherpreisigen“ Segment. Für „hochpreisig“ hält nur 1 % der Befragten die Bestände in den kleineren Wohnsiedlungen (vgl. Abb. 27). Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen ordneten ihre Bestände ohne Mietpreisbindung in die Mietpreisspannen 4,00–5,00 €/m² nettokalt (36 %) und 5,00–6,00 €/m² nettokalt (40 %) ein. Mit Mietpreisbindung verlagert sich die Preisspanne eher zu 4,00–5,00 €/m² nettokalt (60 %). Damit ordnet ein geringerer Teil der Vermieter die Wohnungsbestände in kleineren Abbildung 27 Mietniveau* der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen (N=76) hochpreisig (1%) höherpreisig (8%) preiswert (21%) mittelpreisig (70%) Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 *Netto-Kalt-Miete, die Einstufung in die Kategorien erfolgte durch subjektive Einschätzungen entsprechend der jeweiligen Marktlage. Wohnsiedlungen dem preiswerten Segment zu als bei Großwohnsiedlungen. Hier liegt zudem der Großteil der Wohnungen ohne Bindungen im Bereich zwischen 4,00–5,00 €/m² nettokalt, zum Teil sogar darunter. In der Tendenz ist die Marktsegmentzuordnung differenzierter. Zwischen den Unternehmenskategorien ist kein signifikanter Unterschied erkennbar, sodass sich kein Hinweis auf eine spezifische Mietpreispolitik bestimmter Eigentümergruppen findet. Leerstand In den vergangenen zwei Jahren (2006 und 2007) standen insgesamt 1.150 Wohnungen länger als drei Monate leer. Dies entspricht einem Anteil von rund 1,6 % am Gesamtwohnungsbestand in den kleineren Wohnsiedlungen. Dies ist gegenüber den Großwohnsiedlungen mit 9,6 % Leerstand ein weitaus geringerer Anteil. Die höchste Leerstandsquote liegt mit 5,7 % in den „Wachstumsregionen“ vor. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich 97 % des gesamten Leerstandes in Dresden befindet. In den Wohnungsmarkttypen „stagnierende und schrumpfende Region“ und „schrumpfende Region“ liegt die Leerstandsquote bei 0,8 % bzw. 3,5 %. Strukturstarke Regionen haben mit 0,2 % Leerstand am gesamten Wohnungsbestand den geringsten Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen. Bei der Betrachtung der Gründe für Leerstand lassen sich nur geringe Ausprägungen erkennen. Leerstand im Zuge von Abriss oder Modernisierungen spielt kaum eine Rolle, ebenso die Belastung durch Emissionen. Wichtiger sind hingegen eine ungünstige Erreichbarkeit der Wohnungsbestände, ein geringer Modernisierungsgrad derWohnungen, nicht markt- Tabelle 21 Markteinschätzung in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen West Preiswert Mittel Höherpreisig Hochpreisig Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 1.371 6.704 58 148 10 17 1 2 11.909 32.622 5.385 5.370 % 84 82 92 97 WE 830 291 427 44 6 1 7 1 WE % WE % Schrumpfend WE % Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Stagnierend/ wachsend gerechte Wohnungsgrößen oder -grundrisse sowie das Wohnumfeld und Nachbarschaftsprobleme. Im Vergleich zu der Situation in Großwohnsiedlungen spielt die Marktsituation eine untergeordnete Rolle, zumal die Hälfte der Befragten dies als unbedeutend erachtet (vgl. Abb. 28). Einschätzung der Wohnungsbestände Die Vermietbarkeit der Wohnungen wird insgesamt eher positiv gesehen. 58 % beurteilen diese als „gut“ bzw. „sehr gut“ und weitere Tabelle 22 Leerstandsquoten in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen und Ost- und Westdeutschland Wohnungsmarkttyp Westdeutschland Ostdeutschland Deutschland insgesamt Leerstandsquote Stagnierend/schrumpfend 2,3 % Wachsend/strukturstark 0,2 % Insgesamt 0,8 % Schrumpfend 2,8 % Stagnierend/wachsend 8,1 % Insgesamt 4,9 % Stagnierend/schrumpfend; Schrumpfend 2,5 % Wachsend/strukturstark; Stagnierend/wachsend 1,2 % Insgesamt 1,6 % 32 % der Befragten als durchschnittlich. Auch die Wirtschaftlichkeit wird vielfach positiv eingeschätzt. 44 % der Befragten Unternehmen gaben an, dass diese „gut“ sei, weitere 44 % beurteilten sie durchschnittlich. Fast ein Viertel der Befragten beurteilt den energetischen Zustand der Wohnungen der 70er und 80er Jahre in kleineren Wohnsiedlungen gegenüber sonstigen Wohnungen als „schlecht“ oder „eher schlecht“. (vgl. Abb. 29) Investitionen und Förderungen Unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen wurden von den Befragten in den vergangenen fünf Jahren Investitionen in Höhe von 392 Mio. € bei rund 60 % der Wohnungen getätigt. Das gesamte Investitionsvolumen verteilt sich auf die Maßnahmenbereiche wie folgt: • Instandhaltungsmaßnahmen: 223 Mio. € bzw. 7.650 € je Wohnung. Rund 73 % der Befragten haben bei 42 % der Wohnungen Maßnahmen zur Instandhaltung durchgeführt. • Modernisierungsmaßnahmen: 129 Mio. € bzw. 13.800 € je Wohnung. Knapp 60 % der Befragten haben 14 % der Wohnungen modernisiert. • Wohnumfeldmaßnahmen: 24 Mio. € bzw. 6.600 € je Wohnung. 25 % der Befragten haben entsprechende Maßnahmen in rund 5 % der Wohnungen durchgeführt. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 28 Gründe für Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen Angaben in % schlechtes Wohnumfeld 6 39 geringer Modernisierungsgrad 8 34 ungünstige Wohnungsgrößen/Grundrisse 7 35 Nachbarschaftsprobleme 4 33 24 6 18 Leerzug wegen Modernisierung 4 22 0 N=52 25 42 sehr bedeutend bedeutend Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 60 weniger bedeutend N=52 N=50 N=51 74 40 N=52 N=51 47 76 20 N=57 N=51 25 37 Leerzug wegen Rückbau 25 31 38 21 hohe Emissionen N=51 19 28 27 ungünstige Marktsituation 4 24 39 37 10 ungünstige Lage/Erreichbarkeit 31 80 unbedeutend 100 59 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Abbildung 29 Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen im Vergleich zu sonstigen Beständen (N=77) Angaben in % Vermietbarkeit 10 baulicher Zustand 48 3 energetischer Zustand 32 36 1 52 29 Wirtschaftlichkeit 47 44 0 9 sehr gut 40 gut 6 3 21 2 44 20 11 60 durchschnittlich 80 eher schlecht 1 1 100 schlecht Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 23 Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen (Durchschnittsnoten)* West Markttyp Aspekte Wirtschaftlichkeit Vermietbarkeit Baulicher Zustand Energetischer Zustand Unternehmen Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend Stagnierend/ wachsend Öffentl./Komm. WU 2,5 2,4 2,5 3,0 Genossenschaften 2,8 2,7 2,7 2,6 Private Eigentümer 2,5 3,0 4,0 2,0 Gesamt 2,6 2,8 2,9 2,4 Öffentl./Komm. WU 2,5 1,8 2,7 2,7 Genossenschaften 2,6 2,2 2,8 1,8 Private Eigentümer 2,6 2,6 4,0 2,0 Gesamt 2,6 2,3 2,9 1,8 Öffentl./Komm. WU 2,5 2,4 2,7 2,7 Genossenschaften 2,7 2,7 2,8 2,3 Private Eigentümer 2,6 2,9 5,0 3,0 Gesamt 2,6 2,7 3,0 2,4 Öffentl./Komm. WU 2,4 2,4 2,7 2,7 Genossenschaften 3,0 3,1 3,2 2,5 Private Eigentümer 3,0 3,3 5,0 2,0 Gesamt 2,8 3,1 3,2 2,4 * 1= sehr gut; 2 = gut; 3 = durchschnittlich; 4 = eher schlecht; 5 = schlecht Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 • Abriss bzw. Teilrückbau: 5,5 Mio. € bzw. 3.600 € je Wohnung. Rund 4 % der Befragten investierte in den letzten fünf Jahren in den Rückbau von 1.550 Wohnungen. In Zukunft sind vor allem Instandhaltungsund Modernisierungsmaßnahmen geplant. Mehr als die Hälfte der Befragten plant entsprechende Maßnahmen: • Grundrissveränderungen: 4,5 Mio. € bzw. 23.700 € je Wohnung. 5 % der befragten Unternehmen haben Grundrissänderungen vorgenommen. Davon waren allerdings nur 200 Wohnungen betroffen. • Instandsetzungen: 78 Mio. € bzw. 7.200 € je Wohnung bei 16 % der Wohnungen. • Modernisierungen: 69 Mio. € bzw. 11.700 € je Wohnung bei 9 % der Wohnungen. Abbildung 30 Investitionen in die Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen (N=81) Angaben in % 73 Instandsetzung 57 59 Modernisierung 52 25 Wohnumfeldmaßnahmen 20 7 Dachgeschossausbau 3 5 Umbau/Zusammenlegung 4 4 Abriss/Teilrückbau 4 0 20 40 in den letzten 5 Jahren 60 80 100 in den nächsten 5 Jahren Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 31 Gründe für Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen Angaben in % Gebäudezustand 32 ungünstige Energiebilanz 52 17 54 8 Steigerung der Mieteinnahmen 7 Ausnutzen von Fördermitteln 0 21 39 18 Behebung Wohnungsleerstand 14 19 28 20 sehr bedeutend 8 42 26 11 37 35 30 40 bedeutend 2 60 weniger bedeutend Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 80 100 unbedeutend 61 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse • Abriss und Teilrückbau: 9,5 Mio. € bzw. 23.750 € je Wohnung 0,6 % der Wohnungen ment für Modernisierungsmaßnahmen. Dies gaben 82 % an. In der Rangfolge der meisten Zustimmungen folgt die Energiebilanz der Gebäude. Für jeden fünften Vermieter ist die Behebung des Leerstandes sehr wichtig, demgegenüber spielt dies für 37 % gar keine Rolle. Hauptsächlich Genossenschaften und Private Eigentümer halten die Behebung des Leerstandes für (sehr) bedeutend. Erwartungsgemäß handelt es sich hierbei um schrumpfende Wohnungsmarktregionen, die sich jedoch in Westdeutschland befinden. • Umbaumaßnahmen: 1,5 Mio. € bzw. 50.000 € je Wohnung bei insgesamt 30 Wohnungen • Dachgeschossausbau bzw. die Aufstockung: 200.000 € je Wohnung bei lediglich 14 Wohnungen. Die Mehrzahl der Befragten hält den Gebäudezustand an sich für das bedeutendste Argu- Abbildung 32 Gründe für nicht durchgeführte Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen Angaben in % Gebäudezustand 32 nicht refinanzierbar 45 7 63 fehlendes Eigenkapital 17 fehlende Förderungen keine Unterstützung durch Banken Verkauf geplant 14 14 14 14 8 30 36 36 32 40 69 69 19 20 0 sehr bedeutend 10 30 16 4 10 20 23 15 Abriss geplant 13 40 60 bedeutend 80 weniger bedeutend 100 unbedeutend Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 24 Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt Instandhaltung Modernisierung Wohnumfeldmaßnahmen Abriss/ Teilrückbau Dachgeschossausbau/ Aufstockung Umbau/Zusammenlegung WE % WE % WE % WE % WE % WE % 2003 bis 2007 2008 bis 2012 29.158 10.787 42 16 9.325 5.885 13 9 3.651 2.975 5 4 1.556 397 2 1 126 14 0 0 192 30 0 0 Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Sofern keine Maßnahmen durchgeführt worden sind, wird dies überwiegend mit einem zufriedenstellenden Gebäudezustand begründet. Ein sehr großer Teil von 70 % verweist allerdings auch darauf, dass entsprechende Maßnahmen nicht refinanzierbar seien. 41 % der Wohnungsanbieter haben bei rund 4 % der Wohnungen die Fenster ausgetauscht. 40 % der Befragten gaben an, die Sanitäranlagen modernisiert zu haben, davon waren ebenfalls rund 4 % der Wohnungen betroffen. Investitionen Auch bei der Aufschlüsselung nach Wohneinheiten zeigt sich, dass Maßnahmen an der Gebäudehülle eine wichtige Rolle spielen. Bezogen auf die Wohneinheiten sind Maßnahmen an den Heizungsanlagen sowie den Elektroanlagen ebenso wichtig (vgl. Tab. 27). Die meisten Maßnahmen werden auch in kleineren Wohnsiedlungen von Wohnungsgenossenschaften durchgeführt. Dies wird voraussichtlich auch zukünftig so bleiben (vgl. Tab. 28). Untergliedert nach Wohnungsmarkttypen zeigt sich in einzelnen Bereichen eine rege Tätigkeit in schrumpfenden Märkten (Sanitäranlagen und Elektroinstallationen jeweils mehr als 10 %). In diesem Feld ist allerdings nur eine geringe Anzahl an Eigentümern befragt worden. Auch bei der Aufschlüsselung der Maßnahmen nach Wohnungsbeständen zeigt sich ein deutliches Übergewicht bei den Instandhaltungsmaßnahmen. Modernisierungsmaßnahmen werden insbesondere von kommunalen Unternehmen und Wohnungsgenossenschaften durchgeführt. In den letzten fünf Jahren wurde von 43 % der Unternehmen die Wärmedämmung an Dach und Fassade erneuert. (vgl. Abb. 33) Diese Maßnahme betraf 4.400 Wohnungen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 19,5 Mio. € (4.450 € je Wohnung). Weitere 42 % der befragten Unternehmen haben in den letzten fünf Jahren die bestehenden Heizungsanlagen erneuert. Diese Maßnahme betraf insgesamt 3.200 Wohnungen und kostete insgesamt 6,7 Mio. € (2.100 € je Wohnung). Abbildung 33 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in kleineren Wohnsiedlungen (N=81) Angaben in % 43 42 Wärmedämmung Dach/Fassade 42 Erneuerung Heizungsanlage 31 41 Austausch Fenster 30 40 Erneuerung Sanitäranlagen 31 31 Modernisierung Treppenhaus 25 27 Erneuerung Elektroinstallation 25 21 Balkonanbau 16 17 16 Einbau Heizungssystem 11 10 Umbau/Zusammenlegung 5 Herstellung Barrierefreiheit 9 0 10 in den letzten 5 Jahren 20 in den nächsten 5 Jahren Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 30 40 50 63 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Tabelle 25 Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien 2003 bis 2007 Instandhaltung Modernisierung Wohnumfeldmaßnahmen Abriss/Teilrückbau Dachgeschossausbau/Aufstockung Umbau/Zusammenlegung WE Öff./kom. WU Genossenschaft Private Eigentümer Öff./kom. WU Genossenschaft 18.947 8.833 1.378 4.900 4.973 914 55 39 11 14 22 7 4.798 3.991 536 442 4.621 822 14 18 4 1 20 7 1.380 1.844 427 1.318 1.657 4 8 3 4 7 1.231 325 385 12 4 1 1 0 % WE % WE % WE 2008 bis 2012 % WE 22 104 14 % 0 1 0 WE % 192 30 1 0 Private Eigentümer Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Tabelle 26 Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Instandhaltung Modernisierung Wohnumfeldmaßnahmen Abriss/Teilrückbau Dachgeschossausbau/Aufstockung Umbau/Zusammenlegung Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 2.518 % WE West Ost Schrumpfend Stagnierend/ wachsend Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend 17.845 6.027 2.768 2.578 3.663 3.939 607 18 44 69 50 18 9 45 11 729 5.221 2.893 482 1.452 856 2.000 1.577 5 13 33 9 10 2 23 28 561 1.929 798 363 1.425 50 1.500 4 5 9 7 10 0 17 WE 30 1.231 295 129 268 % 0 14 5 1 3 WE % WE % WE 124 2 14 % 1 0 0 WE 12 160 20 30 % 0 0 0 0 Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Stagnierend/ wachsend Tabelle 27 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 2003 bis 2007 Grundrissänderung/ Zusammenlegung WE 452 % Erneuerung Heizungsanlage WE Einbau Heizungssystem WE 1 3.213 1.722 5 2 1.127 666 % WE 2 1 2.473 2.468 4 4 2.738 1.617 % WE Austausch der Fenster % WE Elektroinstallation 4 2 2.440 2.796 % WE Modernisierung Treppenhaus 4 4 1.482 685 % WE Wärmedämmung Dach/Fassade 2 1 4.424 2.286 6 3 891 578 1 1 208 176 % WE Balkonanbau % WE Barrierefreiheit % sonstigen Modernisierungsmaßnahmen WE 844 1 % Erneuerung der Sanitäranlagen 2008 bis 2012 0 0 1.860 594 3 1 % Mehrfachnennungen sind möglich. Tabelle 28 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 2003 bis 2007 Öff./kom. WU Grundrissänderung/ Zusammenlegung WE % Erneuerung Heizungsanlage WE Einbau Heizungssystem WE Erneuerung der Sanitäranlagen WE Austausch der Fenster WE Elektroinstallation Balkonanbau Barrierefreiheit sonstigen Modernisierungsmaßnahmen 844 2 4 437 400 883 4 1 4 4 176 771 180 556 110 1 3 1 240 2.198 35 474 439 2 1 1.964 30 1 10 0 1 9 0 498 2.085 155 700 788 129 1 9 1 2 3 1 100 2.240 100 200 2.526 70 0 10 1 1 11 1 160 1.110 212 100 285 300 % Wärmedämmung Dach/Fassade 452 Private Eigentümer 11 % WE Genossenschaft 2.498 % Modernisierung Treppenhaus Öff./kom. WU 1 % WE Private Eigentümer 278 % WE Genossenschaft 2008 bis 2012 % 0 5 2 0 1 2 344 3.790 290 244 1.708 334 1 8 3 % WE % WE % WE % Mehrfachnennungen sind möglich. 1 17 2 876 15 578 4 0 3 148 60 24 152 1 0 0 1 1.675 185 74 275 245 7 1 0 1 2 65 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Tabelle 29 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Stagnierend/ schrumpfend Grundrissänderung/ Zusammenlegung Erneuerung Heizungsanlage Einbau Heizungssystem Erneuerung der Sanitäranlagen Austausch der Fenster Elektroinstallation Modernisierung Treppenhaus Wärmedämmung Dach/Fassade Balkonanbau Barrierefreiheit sonstigen Modernisierungsmaßnahmen Ost Wachsend/ strukturstark Schrumpfend West Stagnierend/ wachsend Stagnierend/ schrumpfend Ost Wachsend/ strukturstark Schrumpfend Stagnierend/ wachsend 172 260 20 184 50 30 580 1 1 0 1 0 0 10 699 2.374 140 851 871 5 6 2 6 2 381 427 319 516 150 3 1 6 4 0 641 652 1.180 824 534 1.110 5 2 13 6 1 13 792 1.444 183 319 1.140 445 32 6 4 2 6 8 1 0 568 450 1.083 339 637 300 1.000 859 4 1 12 6 4 1 11 15 247 1.131 100 4 445 140 100 2 3 1 0 3 0 1 797 2.977 183 467 641 997 500 148 6 7 2 8 5 2 6 3 194 215 163 319 180 228 170 1 1 2 6 1 1 2 148 60 52 124 % 1 0 0 0 WE 1 1.407 83 369 183 386 25 % 0 3 1 7 1 1 0 WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE Mehrfachnennungen sind möglich. Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Mieterstruktur Im Gegensatz zu den Großwohnsiedlungen findet sich bei den Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen kein deutliches Übergewicht an einkommensschwachen Haushalten. Nur 25 % der Befragten Vermieter schätzen den Anteil als „überdurchschnittlich“ ein. Demgegenüber findet sich bei der Hälfte der Nennungen die Einschätzung, dass der Anteil der einkommensstarken Haushalte durchschnittlich ist. Es zeigt sich, dass der Anteil kleiner Haushalte mit ein oder zwei Personen ab 30 Jahren in vielen Wohnungsbeständen überdurchschnittlich ist (35 % bzw. 27 %). Haushalte mit Migrationshintergrund sind bei 37 % der Befragten unterdurchschnittlich vertreten. Die Mieterstruktur wird sich nach Ansicht der überwiegenden Zahl der Befragten zukünftig dahingehend verändern, dass es mehr einkommensschwache Haushalte (57 %) und mehr Seniorenhaushalte (55 %) geben wird. Abbildung 34 Aktuelle Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen Angaben in % 35 1−2−Personenhaushalte 30−75 J. 62 27 1−2−Personenhaushalte über 75 J. einkommensschwache Haushalte 45 25 Haushalte mit Migrationshintergrund 12 1−2−Personenhaushalte unter 30 J. 11 Haushalte mit Kindern 28 58 17 51 37 63 7 26 66 einkommensstarke Haushalte 2 27 51 47 14 Wohngemeinschaften 3 86 0 20 40 überdurchschnittlich 60 80 durchschnittlich 100 unterdurchschnittlich Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 35 Zukünftige Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen Angaben in % 35 1−2−Personenhaushalte 30−75 J. 62 27 1−2−Personenhaushalte über 75 J. einkommensschwache Haushalte 45 25 Haushalte mit Migrationshintergrund 12 1−2−Personenhaushalte unter 30 J. 11 Haushalte mit Kindern 28 58 37 63 26 66 einkommensstarke Haushalte 2 27 51 47 14 0 17 51 7 Wohngemeinschaften 3 86 20 40 überdurchschnittlich 60 durchschnittlich 80 100 unterdurchschnittlich Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Fazit Eigentümerbefragung Ausgewählte Ergebnisse • Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Wohnungsbestände aus den 70er und 80er Jahren fällt in allen Siedlungstypen relativ gut aus. 88 % bzw. 92 % halten diese für „durchschnittlich“ bzw. „gut“ oder sogar „sehr gut“. Obwohl den Großwohnsiedlungen von mehr als einem Drittel der Vermieter eine eher schlechte Vermietbarkeit attestiert wird, fällt die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nur bei 8 % der Vermieter „eher schlecht“ aus. • Die Leerstandsproblematik ist bei den Beständen in Großwohnsiedlungen deutlich stärker ausgeprägt. Die Quote liegt hier bei 10 %, in kleineren Wohnsiedlungen unter 2 %. Während bei den Großwohnsiedlungen insbesondere die jeweilige Marktsituation für Leerstände verantwortlich gemacht wird, spielen in kleineren Wohnsiedlungen eher die Erreichbarkeit und das Wohnumfeld eine Rolle. Hinzu kommen in beiden Siedlungstypen Hinweise auf Nachbarschaftsprobleme oder auch wohnungs-bezogene Defizite, wie den Modernisierungsgrad oder die Wohnungsgrößen bzw. -grundrisse. Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse • Die betrachteten Wohnungsbestände werden zum jeweils überwiegenden Teil dem mittelpreisigen Marktsegment zugeordnet. Dabei haben sie aber auch eine wichtige Funktion bei der Versorgung mit preiswertem Wohnraum: 39 % der Befragten ordnen die Wohnungen in Großwohnsiedlungen dem preiswerten Segment zu, 21 % bei den kleineren Wohnsiedlungen. Gleichzeitig werden nur bei 3 % bzw. 9 % der Befragten die Wohnungen dem „höher-“ bzw. „hochpreisigen“ Segment zugeordnet. Inwieweit die Bestände der 70er und 80er Jahre tatsächlich auch in höherpreisigen Segmenten eine Rolle spielen, sollte in den folgenden Untersuchungsschritten näher geprüft werden. • Die Versorgungsfunktion der Wohnungsbestände ergibt sich auch aus der Betrachtung der Mietpreisbindungen. Rund die Hälfte des Wohnungsbestandes in den kleineren Wohnsiedlungen ist noch preisgebunden, in den Großwohnsiedlungen noch jede fünfte Wohnung. In den nächsten fünf Jahren werden 9 % bzw. 7 % der Wohnung ihre Bindung verlieren, bis 2017 werden es jeweils 24 % bzw. 3% sein. • Insgesamt wird die Marktsituation für Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen schlechter eingestuft als in kleineren Wohnsiedlungen. Hier schätzt die überwiegende Zahl der Vermieter die Nachfrage geringer ein als das Angebot. In kleineren Wohnsiedlungen fällt die Beurteilung ausgeglichener aus. Hierbei besteht ein enger Zusammenhang mit der jeweiligen Ausgangslage in den lokalen Märkten, da es sich bei den Großwohnsiedlungen überwiegend um schrumpf-ende bzw. stagnierende Märkte handelt. • Ein Großteil der Investitionen in die Wohnungsbestände der vergangenen Jahre wurde für Instandhaltungsmaßnahmen aufgewendet, gefolgt von Modernisierungen und Wohnumfeldmaßnahmen. Letztere spielen insbesondere in den Großwohnsiedlungen eine wichtige Rolle. • Zu den wichtigsten Modernisierungsmaßnahmen zählen in Großwohnsiedlungen das Austauschen der Fenster sowie Dämmungsmaßnahmen an der Fassade und am Dach. Hinzu kommen die Erneuerung der Sanitäranlagen sowie die Modernisierung von Treppenhäusern. In kleineren Wohnsiedlungen spielt die Erneuerung der Heizungsanlage eine besondere Rolle. • Zukünftig sind laut Befragung insgesamt weniger Modernisierungsmaßnahmen zu erwarten, was aller Wahrscheinlichkeit nach aber auch auf das Antwortverhalten der Befragten zurückzuführen ist. Eine wichtige Rolle werden dabei weiterhin Wärmedämmungen sowie Maßnahmen im Sanitärbereich spielen. Vor allem Genossenschaften planen vielfach Maßnahmen. Schlussfolgerungen zur Methodik Bei der Eigentümer- bzw. Vermieterbefragung ergeben sich hinsichtlich der Ausschöpfung verschiedene Unschärfen: • Die Repräsentativität ist angesichts des relativ geringen Rücklaufs insbesondere bei differenzierten Auswertungen eingeschränkt. Besonders bei untergeordneten Auswertungen nach Markttypen oder Eigentümergruppen macht sich dies deutlich bemerkbar. • Es gibt zudem hinsichtlich des Rücklaufs deutliche Unterschiede zwischen Eigentümergruppen. Die öffentlichen Unternehmen und die Wohnungsgenossenschaften sind deutlich überrepräsentiert. Erfahrungsgemäß ist die Teilnahmebereitschaft bei den Unternehmen, die ihr Kerngeschäft in der Wohnungsvermietung haben, am größten. Private Wohnungsunternehmen sind dementsprechend deutlich unterrepräsentiert. • Probleme beim Rücklauf gab es dann vor allem aufgrund der Komplexität des Themas und des umfangreichen Fragebogens. 3.2 Bewohnerbefragung Um die aus den Investitionsprozessen resultierenden Folgen für die Bewohner in die Bewertung einbeziehen zu können, wurde an vier ausgewählten Fallstudienstandorten eine qualitativ orientierte Bewohnerbefragung durchgeführt. Erhebungsmethode Im Rahmen der Befragung wurden die aus den Investitionsprozessen resultierenden Folgen für die Bewohner ermittelt, indem verschiedene Aspekte im Hinblick auf den Wohnungsbestand und die Wohnzufriedenheit abgefragt wurden. Dabei ging es insbesondere um die folgenden Themen: • Wohnzufriedenheit, soziales Klima 67 • Bewertung durchgeführter baulicher und sozialer Maßnahmen • Mietenentwicklung • Umzugspläne • Soziodemographische Merkmale (Alter, Bezug von Transfereinkommen etc.). Tabelle 30 Wohndauer (Anteile in Prozent) < 2 Jahre 8 2 bis < 5 Jahre 16 5 bis < 10 Jahre 19 10 bis < 20 Jahre 28 20 Jahre und mehr 29 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 31 Wohnungsgröße (Anteile in Prozent) bis < 45 m2 3 45 m2 bis < 60 m2 21 60 m2 bis < 75 m2 28 75 m2 bis < 90 m 41 2 90 m2 bis < 120 m 7 2 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 32 Anzahl der Zimmer (Anteile in Prozent; inkl. halbe Zimmer, aber ohne Küche und Bad) 1 Zimmer 2 2 Zimmer 27 3 Zimmer 54 4 und mehr Zimmer 17 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 33 Haushaltsgröße (Anteile in Prozent) Befragte Deutschland* 1 Person 21 39 2 Personen 43 34 3 Personen 19 13 4 Personen 10 10 5 Personen 2 Mehr als 5 Personen 6 4 * Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Die Bewohnerbefragung wurde an vier Fallstudienstandorten als qualitativ orientierte Befragung durchgeführt. Es wurden folgende Standorte ausgewählt: • Hamburg/Allermöhe Ost: Großsiedlung der 80er Jahre, sozialer Wohnungsbau; strukturstarke Region • Ingolstadt/Pius-Viertel: (Groß-)siedlung der 50er bis 70er Jahre, sozialer Wohnungsbau und Werkswohnungsbau; Wachstumsregion • Wolfsburg/Westhagen: 70er und 80er Jahre, z. T. sozialer Wohnungsbau; stagnierende/schrumpfende Region • Dessau/Zoberberg: Großsiedlung der 70er und 80er Jahre, industrieller Wohnungsbau; schrumpfende Stadt. Die Auswahl der Standorte gewährleistete eine gute regionale Verteilung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktsituationen. Die jeweiligen Quartiere stehen stellvertretend für unterschiedliche Siedlungs- bzw. Bautypen. In jedem der vier ausgewählten Fallstudiengebiete wurden 40 gültige telefonische Interviews durchgeführt. Die Adressengenerierung erfolgte über eine Recherche im Telefonbuch. Auf diese Weise wurde eine Zufallsstichprobe gezogen, die unterschiedliche Vermieter einbezieht. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 15 Minuten. Die Ausschöpfung lag bei 27 %. Wohnungsstruktur Für die Analyse der Wohnungsstruktur wurden die Bewohner der vier Fallstudienorte nach ihrer Wohndauer, der Größe und Zimmeranzahl der Wohnung gefragt: • Zwei Drittel der Bewohner lebt seit mehr als zehn Jahren in der Wohnung. Bei fast einem Drittel der Bewohner beträgt die Wohndauer mehr als 20 Jahre. Somit kann davon ausgegangen werden, dass es dabei zu einem großen Teil um Erstbezieher der Wohnung handelt (vgl. Tab. 30). • Fast die Hälfte der Wohnungen ist mindestens 75 m² groß. Hier zeigt sich ein struktureller Unterschied zu Wohnungen älterer Baualtersklassen, insbesondere der 50er und 60er Jahre, die vielfach über kleinere Wohnflächen verfügen (vgl. Tab. 31). • Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei Betrachtung der Zimmeranzahl. Mehr als zwei Drittel der Wohnungen verfügen über mindestens drei Zimmer (vgl. Tab. 32). 69 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Haushaltsstruktur Um Aussagen über die Haushalte in den Fallstudienorten zu erhalten wurden die interviewten Bewohner unter anderem gefragt, aus wie vielen Personen ihr Haushalt besteht und wie viele Kinder und Jugendliche in dem Haushalt leben: • In 37 % der Haushalte leben drei und mehr Personen. Auffällig ist der hohe Anteil an sehr großen Haushalten mit fünf und mehr Personen, der unter den Befragten rund 8 % beträgt (vgl. Tab. 33). Damit ist er doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. • Bei der Betrachtung der Anzahl der Haushalte mit Kindern wird deutlich, dass sich die Unterschiede in der Haushaltsstruktur insbesondere bei den großen Haushalten bzw. den Haushalten mit mehreren Kindern (vier und mehr) zeigen (vgl. Tab. 34). Tabelle 34 Anzahl der Kinder (Anteile in Prozent) Befragte Deutschland* 77 78 1 Kind 9 11 2 Kinder 8 8 3 Kinder 1 2 4 Kinder 4 5 und mehr Kinder 1 keine Kinder * Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 35 Von Geburt an erlernte Sprache (Anteile in Prozent, an den Befragten die nicht Deutsch als erste Sprache angaben) • Um Hinweise auf die Herkunft der Bewohner zu erhalten, wurde nach der von Geburt an erlernten Sprache gefragt. Von den Befragten gaben 34 % an, Deutsch nicht als erste Sprache erlernt zu haben. Die Anteile dieser Personen an der Stichprobe sind wie in Tab. 35 dargestellt. Russisch Instandhaltungsmaßnahmen Für eine Einschätzung über die Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen wurden die Bewohner der vier Fallstudienorte über die in den letzten fünf Jahren durchgeführten aber auch gewünschten Maßnahmen befragt. Dabei sollte auch eine Einschätzung der erbrachten Leistungen abgegeben werden. • Bei 41 % der Befragten wurden Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen am Wohngebäude durchgeführt. Lediglich 36 % dieser Gruppe gaben an, dass sie sich mittels Umlage an den Modernisierungskosten beteiligen mussten. Fast alle (92 %) sind mit dem Ergebnis zufrieden. • Jene 59 %, in deren Wohngebäude keine Modernisierung stattfand, konnten in der Befragung angeben, welche Maßnahmen sie für nötig erachten. Schönheitsreparaturen, wie Farbanstriche, spielen dabei eine geringe Rolle. Auffallend ist jedoch der Wunsch nach einer Wärmedämmung. Hier sehen die Bewohner neben den Fenstern den zweitgrößten Handlungsbedarf. •Die Bereitschaft, für eine Modernisierung eine höhere Miete zu zahlen, ist bei knapp der Hälfte (47 %) der Befragten vorhanden. 0,5 11 Zweisprachig (eine davon Deutsch) 7 Türkisch 4 Polnisch 4 Sonstige osteuropäische Sprache 3 Westasiatische Sprachen 3 Westeuropäische Sprache 1 Afrikanische Sprache 1 Gesamt 34 * Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 36 Durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen (Anteile in Prozent) Fenster 24 Fassade 21 Gemeinnutzungsflächen 20 Anstrich 13 Wärmedämmung 7 Sanitärmaßnahmen 6 Sanierung 2 Elektroinstallation 2 Heizung 1 Sonstiges 2 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 37 Gewünschte Instandhaltungsmaßnahmen (Anteile in Prozent) Tabelle 39 Wohnzufriedenheit (Anteile in Prozent) Fenster 25 Sehr zufrieden 20 Wärmedämmung 15 Zufrieden 49 Fassade 12 Teils, teils 20 Sanitärmaßnahmen 11 Unzufrieden 6 Sanierung 10 Sehr unzufrieden 4 Gemeinnutzungsflächen 8 Heizung 5 Fußboden 5 Außenanlagen 3 Küche 1 Sonstiges 4 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Miethöhe Die Mieter der Fallstudienorte wurden nach ihrer subjektiven Einschätzung der Miethöhe sowie zur Wunschmiete befragt: • Obwohl die Miete bei 68 % der Befragten in den letzten fünf Jahren erhöht wurde, empfinden die meisten diese nicht als zu hoch. Tabelle 38 Subjektive Mietpreise (Anteile in Prozent) sehr günstig 4 günstig 18 angemessen 43 hoch 23 viel zu hoch 11 kann ich nicht beurteilen 1 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 • Die Wunschmiete der Befragten liegt zwischen 400 und 800 €. In Hamburg ist die Zahlungsbereitschaft mit einem Mittelwert von 694 € am höchsten, während diese in Ingolstadt mit 511 € am niedrigsten ist. Wohnzufriedenheit und Nachbarschaft Die Bewohner der Fallstudienorte wurden nach ihrer Wohnzufriedenheit hinsichtlich verschiedener Aspekte in Bezug auf ihre Wohnung, das Wohngebäude und das direkte Wohnumfeld befragt. Darüber hinaus wurde die allgemeine Zufriedenheit mit der Wohnsituation thematisiert: Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 • Bei der Bewertung der Zufriedenheit mit der Wohnung zeigt sich eine grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Wohnungszuschnitt und dem Zustand der Wohnung. Geringe Zufriedenheitswerte erhielten das Badezimmer und die Wärmedämmung (vgl. Abb. 36). • Die Mieter wurden auch gefragt, wie zufrieden sie insgesamt mit der Wohnsituation sind. Hier zeigt sich eine insgesamt hohe allgemeine Zufriedenheit. Mehr als zwei Drittel der Befragten sind (sehr) zufrieden mit ihrer Wohnsituation (vgl. Tab. 39). • Ein weiterer entscheidender Indikator für die Wohnzufriedenheit ist der Anteil derer, die Freunden und Bekannten einen Zuzug in das Wohngebiet empfehlen würden. Fast alle (sehr) Zufriedenen (60 % der Befragten) würden dies tun. Jene Mieter, die unzufrieden mit ihrer Wohnsituation waren, wurden nach den Gründen gefragt. Hierbei waren Mehrfachnennungen möglich. Die Hauptgründe für tendenzielle Unzufriedenheit (teils/teils, unzufrieden, sehr unzufrieden) sind: • Umgebung des Hauses (15 %) • Zustand der gemeinsam genutzten Areale des Hauses wie Treppenhaus, Eingang, Fahrstuhl etc. (14 %) • Nachbarn (11 %) • Zustand von Fenstern und Türen innerhalb der Wohnung (8 %) • Wohnungsgröße (7 %) • Lärm (7 %) • Ausländer im Haus (6 %) • Miete zu hoch (6 %) • Unzureichende Wärmedämmung (6 %). Insgesamt ist auffällig, dass die Befragten vor allem mit dem Wohnumfeld und dem sozia- 71 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Abbildung 36 Zufriedenheit nach Aspekten der Wohnung Angaben in % Grundriss und Zuschnitt der Wohnung 20 63 15 Zustand der Türen Ausstattung der Küche 60 19 Zustand der Fenster 58 20 Nutzbarkeit der Abstellräume 48 11 Sicherheit der Wohnungstür 12 14 Ausstattung Badezimmer Wärme−Dämmung 11 9 Größe des Badezimmers 0 2 40 Zufrieden 3 7 11 13 17 6 14 13 18 60 Teils, teils 7 14 24 20 Sehr zufrieden 10 16 14 43 3 15 17 48 12 14 13 46 4 2 16 51 11 11 14 48 4 15 11 56 16 Schall−Isolierung 12 56 15 Zustand der Balkone 11 54 17 Zustand des Fußbodens 13 6 80 Unzufrieden 100 Sehr unzufrieden Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Abbildung 37 Zufriedenheit nach Aspekten des Wohnhauses Angaben in % Beleuchtung des Treppenhauses und der Flure 16 Beleuchtung des Hauseinganges 15 70 68 Persönliche Sicherheit im Haus 12 70 Zustand der Sprech−/Klingelanlage 12 69 10 Funktionstüchtigkeit der Fahrstühle Sicherheit der Hauseingangstür 11 Zustand der Fassade 11 Allgemeiner Zustand 9 Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen und Fahrräder 8 56 54 54 Sehr zufrieden 40 Zufrieden Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Teils, teils 60 Unzufrieden 5 6 9 3 7 16 13 4 19 11 5 22 15 3 5 11 16 1 4 9 53 20 6 11 52 0 3 1 10 70 15 Sauberkeit des Treppenhauses 10 11 15 80 Sehr unzufrieden 4 11 100 len Umfeld unzufrieden sind. Der allgemeine Zustand der Wohnung und die Miethöhe führen zwar zu einer erhöhten Unzufriedenheit, haben insgesamt jedoch einen geringeren Stellenwert im Vergleich. für eine Verschlechterung der nachbarschaftlichen Beziehungen ist die Abwanderung von Freunden (14 %). Umzugsabsichten Die Bewohner wurden nach ihren Umzugsabsichten und gegebenenfalls nach ihren Umzugsorten gefragt: Nachbarschaft Im Zusammenleben der Bewohner der Fallstudienorte auf sehr engem Raum und für die allgemeine Zufriedenheit mit der Wohnsituation ist das Verhältnis den Nachbarn sehr wichtig: • 23 % der Befragten ziehen einen Umzug innerhalb der nächsten zwei Jahre in Betracht. Sie konnten drei Gründe für dieses Vorhaben nennen. Zusammengefasst nach Themengebieten ergibt sich folgendes Bild, dargestellt in Tab. 42. • Im Großen und Ganzen erscheint das Nachbarschaftsverhältnis positiv. 85 % beschreiben ihr Verhältnis zum Nachbarn als mittelmäßig oder besser. Nur ein geringer Anteil (2 %) hat Probleme mit seinem Nachbarn (vgl. Tab. 40). (34) Grundlage für diese Einordnung sind zahlreiche Befragungen, die das Forschungsinstitut Analyse & Konzepte in den vergangenen Jahren durchgeführt hat. (35) Alle Vergleichszahlen aus: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 - Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5/Heft 1. • Mehr als drei Viertel der Befragten haben keine Änderung im Verhältnis zu ihren Nachbarn in der letzten Zeit festgestellt (vgl. Tab. 41). Wie anhand der Gründe für den Umzug bereits zu vermuten war, liegt das Ziel eines Umzuges nicht unbedingt in der Ortsveränderung, sondern darin, eine andere Wohnung zu beziehen. Dass ein Drittel der Befragten einen Umzug innerhalb des Quartiers bevorzugt, deutet auf eine Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld hin. • Eine Verschlechterung des Nachbarschaftsverhältnisses wird fast immer auf Zuzug neuer Nachbarn zurückgeführt. So sehen 39 % der Unzufriedenen generell neue Mieter als Grund dafür, 21 % zugezogene Familien mit kleinen Kindern und für 14 % ist ein steigender Ausländeranteil der Auslöser. Der zweite wichtige Grund Auch hierbei stehen die Eigenschaften der Wohnung an sich im Mittelpunkt. In 41 % der Antworten (Mehrfachantworten waren möglich) sind Grundriss, Preis, Sanierungsstand oder Komfort die entscheidenden Merkmale der neuen Wohnung. Die übrigen Wünsche teilen sich wie in Tab. 44 dargestellt auf (Einfachnennungen blieben unberücksichtigt). Abbildung 38 Zufriedenheit nach Aspekten der Umgebung Angaben in % Beschilderung des Hauseinganges 17 Sauberkeit der Grünanlagen 16 63 56 8 Wegebeleuchtung Zustand der Hof−Anlagen 18 63 13 14 Bepflanzung der Außenanlagen 13 Spielplatzangebot 12 0 Sehr zufrieden 60 Teils, teils 14 80 Unzufrieden 2 5 9 16 40 4 11 23 50 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 1 10 18 52 Zufrieden 9 9 21 52 20 2 4 1 18 59 Parkplatzsituation 8 24 56 9 Gestaltung des Hauseingangsbereichs 11 3 8 100 Sehr unzufrieden 73 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse Fazit Bewohnerbefragung Die Mehrheit der Befragten ist mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Ein wesentlicher Indikator hierfür ist die Bereitschaft der Bewohner, ihre Wohnung/ihren Vermieter an Bekannte weiterzuempfehlen. Mit 60 % ist der Anteil der Weiterempfehlenden höher als bei vergleichbaren Befragungen.34 Das Maximum beläuft sich hier auf 55 % und der Mittelwert beträgt lediglich 38 %. Insgesamt haben die Wohnungen nach Ansicht der Befragten ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, ohne zu überragen. Die Einstellung der Befragten zur Wohnung ist nicht von Extremen geprägt, wenige sind sehr unzufrieden mit einem Aspekt, aber auch wenige sind sehr zufrieden. Kontinuität und Stabilität im Wohnumfeld sind erwünscht und auch vorhanden. Die Abneigung gegen Zuzug, die geringe Fluktuation und auch die konservativen Umzugsziele spiegeln diese Einstellung wider. Eine weitere Erklärung für die negative Besetzung von Zuzug könnte das gute Nachbarschaftsverhältnis sein. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist das äußere Erscheinungsbild der Gebäude. Offensichtlich wurde dies vonseiten der Eigentümer erkannt, da an Fenstern, Fassade und Gemeinnutzungsflächen bereits vielerorts Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden. In den übrigen Fällen wünschen sich die Befragten auch genau diese Maßnahmen. Die Notwendigkeit wird bei der Analyse vergleichbarer Befragungen besondersdeutlich. Demnach ist die Zufriedenheit mit den folgenden Aspekten unterdurchschnittlich: • dem allgemeinen Zustand des Hauses, • der Wärmedämmung, • dem Zustand der Fenster, • dem Zustand der Fassade, • der Sicherheit der Haustür, • der Gestaltung des Hauseingangsbereichs und • der Beleuchtung im Treppenhaus. Tabelle 40 Nachbarschaftsverhältnis (Anteile in Prozent) Ich bin mit Nachbarn befreundet 8 Ich kenne meine Nachbarn näher, gutes Verhältnis 42 Ich kenne meine Nachbarn mittelmäßig 35 Ich kenne meine Nachbarn kaum oder gar nicht 13 Ich komme mit meinen Nachbarn überhaupt nicht aus 2 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 41 Veränderungen des Nachbarschaftsverhältnisses (Anteile in Prozent) Ja, es hat sich verbessert 8 Ja, es hat sich verschlechtert 12 Nein, es ist immer noch gleich gut 73 Nein, es ist immer noch gleich schlecht 4 Das kann ich nicht beurteilen 4 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 42 Gründe für einen Umzug (Anteile in Prozent) 1. Grund 2. Grund 3. Grund Wohnungseigenschaften 33 47 57 Umgebung/Nachbarschaft 31 20 29 Private Gründe 17 13 Eigentumswunsch 8 13 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 43 Umzugsziel (Anteile in Prozent) In der Stadt 44 Innerhalb des Quartiers 33 Ins Umland 14 Ins Ausland 6 In eine andere deutsche Stadt 8 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Tabelle 44 Anforderungen an das neue Umfeld (Anteile in Prozent) Schönes Wohnumfeld 16 Angenehme Nachbarn 12 Guter Anschluss an Bus/Straßenbahn 7 Die Zufriedenheit mit dem Zustand der Balkone stellt sogar eine neue Tiefmarke dar. Das etwas ungepflegte Umfeld steht relativ hohem wohnungsbezogenem Komfort zu günstigen Preisen gegenüber. Gute Einkaufsmöglichkeiten 6 Zusätzliche(r) Dienstleistungen/Service 5 Nähe zu Eltern/Kindern 3 Kindergarten/-tagesstätte 2 Die Wohnungen der Befragten sind tendenziell groß. Mehr als 75 % haben eine Wohnfläche von mehr als 60 m², im Vergleich zu 65 % deutschlandweit35. Besonders große Spielplätze/Angebote für Kinder 2 Gute Freizeit-, Sport-, Kulturangebote 2 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008 Wohnungen sind jedoch nicht vorhanden. So geben lediglich 2,5 % der Befragten eine Wohnfläche von über 100 m² an (bundesweiter Durchschnitt sind 13 %). Sämtliche Wohnungseigenschaften, die Abstellmöglichkeiten (Kinderwagen, Fahrräder und Autos) sowie Sauberkeit und persönliche Sicherheit werden überdurchschnittlich positiv bewertet. Hervorzuheben sind hier • die Ausstattung der Küche, • die Schallisolierung und • die Funktionsfähigkeit der Fahrstühle, welche Maximalwerte erzielten. Auch die nachbarschaftlichen Beziehungen werden deutlich überdurchschnittlich positiv dargestellt. Diese funktionalen Wohnungen ziehen besonders große Familien an. Zwar ist der Anteil von Familien mit Kindern nicht wesentlich höher als im Bundesdurchschnitt (23 % bzw. 22 %), es gibt jedoch zehnmal so viele Haushalte mit vier und mehr Kindern (5 % bzw. 0,5 %). Auffällig ist die hohe Wohndauer bei einem relativ großen Anteil der Bewohner. Bei rund einem Drittel der Bewohner, welche länger als 20 Jahre in der Wohnung leben, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es sich um Erstbezieher handelt. Bei der Einordnung der Ergebnisse sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Die Auswahl der Standorte gewährleistet insgesamt eine gute regionale Verteilung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktsituationen. Die jeweiligen Quartiere stehen stellvertretend für unterschiedliche Siedlungsbzw. Bautypen. Entsprechend der Verteilung der Gesamtbestände befinden sich drei von vier Befragungsorten in Westdeutschland. Dies hat zur Folge, dass spezifische Eigenschaften ostdeutscher Bestände von den Antworten aus westdeutschen Siedlungen überlagert werden. Bei den Einschätzungen der Bewohner ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um subjektive Eindrücke handelt. Insbesondere die Beurteilung technischer Maßnahmen kann daher auch von tatsächlich durchgeführten Maßnahmen abweichen. 3.3 Fallstudien (36) Keine Reaktion Potsdam. kam aus In einem weiteren Arbeitsschritt wurden an acht Referenzstandorten Fallstudien durchgeführt. Mithilfe der Fallstudien sollte die standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informationen ergänzt werden, indem die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Arbeitsschritten in persönlichen Gesprächen vertieft wurden. Auf diese Weise sollten insbesondere die strategischen Ausrichtungen und Planungen der Wohnungseigentümer und die daraus resultierenden Investitions-, Kooperations- und Bewirtschaftungsaktivitäten deutlicher als in der standardisierten Befragung abgebildet werden. Vorgehen Dies erfolgt im Rahmen persönlicher Gespräche mit den größeren Wohnungsunternehmen vor Ort sowie mit den zuständigen Personen in den Stadtplanungsämtern. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Fallstudien neben den Eigentümern auch grundlegende Planungen, programmatische Aktivitäten und Sichtweisen der Kommunalverwaltungen (Wohnungs-, Sozial-, Planungsämter), der Bewohner sowie anderer lokaler Akteure einbezogen. Durch diesen Arbeitsschritt konnten die durch die Eigentümer induzierten Investitions- bzw. auch Desinvestitionsprozesse mit ihren Folgen für die (soziale) Stadtentwicklung identifiziert werden. Daraus konnten z. B. Erkenntnisse für den Umgang mit den entsprechenden Beständen aus Sicht der kommunalen Verwaltung und somit Handlungsmöglichkeiten für die Wohnungs- bzw. Stadtentwicklungspolitik abgeleitet werden. Die Kontaktaufnahme zu der Wohnungswirtschaft erfolgte bei den jeweiligen Unternehmenstypen unterschiedlich: die kommunalen Wohnungsunternehmen haben in fast allen Fällen36 ihre Teilnahmebereitschaft erklärt. Auch die ansässigen Wohnungsgenossenschaften waren vielfach an einem Gespräch interessiert. Wie erwartet, waren insbesondere die privaten Eigentümer nur schwer zu erreichen und oft nicht für eine Teilnahme zu gewinnen. Dies trifft grundsätzlich auf die Hausverwaltungen ebenso zu wie auch auf größere Investoren, Aktiengesellschaften bzw. Fonds. Neben Expertengesprächen wurde im März 2009 ein Werkstattgespräch durchgeführt, bei dem einzelne Aspekte der Entwicklung der 70er und 80er-Jahre-Bestände vertieft und daraus resultierende Konsequenzen und Anforderungen diskutiert wurden. Teilnehmer waren neben den Auftraggebern Vertre- Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse ter aus den verschiedenen Fallstudien. Die Auswahl der Fallstudien erfolgte nach regionalen Gesichtspunkten, nach Wohnungsmarkttypologien sowie nach Ortsgrößen. Dabei wurden jeweils konkrete Quartiere als Untersuchungsräume ausgewählt, um die Entscheidungsprozesse und Investitionstätigkeiten am Beispiel diskutieren zu können. Dabei handelte es sich um Standorte der 70er und 80er Jahre, die z.T. gemischt bebaut, vielfach aber als reine 70er JahreStandorte entstanden sind. Die Einzelbeschreibungen finden sich in Form von Steckbriefen im Anhang. Die Ergebnisse aus den Fallstudien fließen insbesondere in die Gesamtauswertung in Kapitel 6 mit ein. Zusammenfassende Ergebnisse Insgesamt ist deutlich geworden, dass es sich bei den Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre um einen sehr differenzierten Wohnungsbestand handelt. Während die Bestände der 80er Jahre in Westdeutschland weitgehend problemlos sind, treten beim sozialen Wohnungsbau der 70er und beim industriellen Wohnungsbau der 70er und 80er Jahre in Ostdeutschland vergleichbare Problembereiche auf. Hierzu zählen charakteristische Defizite der Großwohnsiedlungen, wie z. B. eine ungünstige Verkehrsanbindung oder Mängel in der Infrastrukturausstattung. Darüber hinaus gibt es aber auch deutliche Unterschiede hinsichtlich der Bautypen, die im Zeitverlauf entstanden sind und insbesondere in Ostdeutschland zu unterschiedlichen baulichen Qualitäten geführt haben, wie auch regionale Unterschiede. Hinzu kommen unterschiedliche unternehmerische Strategien, die verfolgt werden und je nach Eigentümer sowie Konstellation der Eigentümerstruktur vor Ort zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen führen können (vgl. Kap. 4.2). Insgesamt wurde auf die große Bedeutung der Wohnungsbestände der 70er Jahre in Westdeutschland hingewiesen. Diese haben nicht nur eine stabilisierende Wirkung für den Wohnimmobilienmarkt, sondern auch für den Immobilienmarkt insgesamt, was derzeit angesichts der internationalen Immobilienkrise von herausragender volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Bei der Weiterentwicklung der untersuchten Wohnungsbestände handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den 50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen für eine Erneuerung dieser Bestände werden jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland wird der Handlungsschwerpunkt zukünftig vor allem bei den 70er Jahre-Beständen, die im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind, liegen. Entscheidend für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung sind die Eigentümer und die Kooperationen zwischen ihnen (Private, Investoren) und der Kommune. Hier wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale in den Quartieren genutzt werden können. Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete Entwicklung der Infrastruktur sowie Wohnumfeldaufwertungen. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Programme der Städtebauförderung. In fast allen Fällen wurden in den untersuchten Quartieren mit der Sozialen Stadt oder dem Programm Stadtumbau Ost/West Maßnahmen zur Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen in den jeweiligen Quartieren durchgeführt. Dies hat nach Aussage der jeweiligen Eigentümer spürbare Auswirkungen auf die Entwicklung der Wohnungsbestände. Diese Programme tragen dazu bei, dass Investitionen angeregt und die Kooperation mit der Kommune und ggf. anderen Eigentümern gefördert werden. 75 4 Auswertung In einem abschließenden Arbeitsschritt werden nun die Teilergebnisse aus den einzelnen Projektphasen tegien der privaten Eigentümer, werden dabei vertieft behandelt. • Sekundäranalysen 4.1 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre • Eigentümerbefragung • Bewohnerbefragung • Fallstudien zusammengeführt. Ziel ist es, die Einzelergebnisse zueinander in Beziehung zu setzen, um so die zu Beginn gestellten Forschungsleitfragen abschließend beantworten zu können. Dabei kommt es insbesondere darauf an, den Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre in seiner Vielfältigkeit zu beleuchten, zu typisieren und somit Erkenntnisse zu gewinnen im Hinblick auf: • die Perspektiven dieses Wohnungsbestandes insgesamt sowie der unterschiedlichen Teilsegmente • den Handlungsbedarf zur marktgerechten Weiterentwicklung. Eine erste Typisierung der Wohnungsbestände erfolgt anhand der Ergebnisse der Sekundärdatenanalyse. In einem weiteren Schritt werden die bisher gewonnenen Erkenntnisse auf den gesamten Wohnungsbestand übertragen. Einzelne Themenbereiche, wie energetische Maßnahmen, altengerechte Modernisierungen und die Investitionsstra- Die Aufgabenstellung des vorliegenden Forschungsberichtes und die Struktur des Bestandsmonitorings gehen von einer Betrachtung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre aus. Dies ist die letzte Dekade der vor der Wende entstandenen Wohnungen. Neubau wird ab 1990 als solcher bezeichnet und entwickelt bisher nur geringen Handlungsbedarf. Die Analyse und Ausdifferenzierung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre erfolgte anhand einer Sekundärdatenauswertung und einer Primärerhebung in Form einer Eigentümerbefragung. Die Sekundäranalyse hat bereits zahlreiche Hinweise darauf gegeben, dass die Wohnungsbestände in ihrer Struktur sehr differenziert zu betrachten sind. Ziel dieses Arbeitsschrittes war es, Erkenntnisse über die Eigenschaften und somit die Determinanten hinsichtlich der Marktgängigkeit zu ermitteln. Zum einen muss eine Differenzierung zwischen dem Wohnungsbau in der ehemaligen DDR und in Westdeutschland erfolgen, da hier grundsätzlich unterschiedliche Rahmenbedingungen vorliegen. Unterschiede er- Abbildung 39 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er/80er Jahre West 1970 Großwohnsiedlungen - Urbanität durch Dichte, Funktionstrennung 1980 Ost - ca. 1,0 Mio. Wohnungen 1990 Quelle: Eigene Darstellung Großwohnsiedlungen Sozialer Wohnungsbau - ca. 1,9 Mio. Wohnungen Innerstädtischer Wohnungsbau - Rückbesinnung auf die Stadt - Stadterneuerung - Eigentumsbildung - ca. 1,3 Mio. Wohnungen - Urbanität durch Dichte, Funktionstrennung - ca. 1,5 Mio. Wohnungen Innerstädtischer Wohnungsbau - Stadterneuerung durch Plattenbau 77 Auswertung geben sich zum anderen aus dem zeitlichen Rahmen. Im Laufe des Betrachtungszeitraumes haben sich die wohnungspolitischen und wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend geändert – mit deutlichen Auswirkungen auf den Wohnungsbau und die Struktur der errichteten Bestände. Auf der Grundlage der Analyse wurden folgende Strukturtypen des Wohnungsbaus identifiziert, die in Abb. 39 abgebildet sind. Gebiet, Rheinland und Ruhrgebiet sowie Hamburg und Hannover im Norden. In Ostdeutschland befinden sich die Schwerpunkte insbesondere in den industriell geprägten südlichen Regionen um Leipzig, Dresden sowie in Berlin und Magdeburg. Der weitaus größte Teil des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre in Ostdeutschland ist ebenfalls in Großwohnsiedlungen entstanden. Der weit überwiegende Teil des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre ist in Westdeutschland in der ersten Hälfte der 1970er Jahre entstanden. In den Jahren 1970 bis 1975 wurden rund 1,9 Mio. Wohnungen fertig gestellt. Dies ist mehr als die Hälfte des Neubaus aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in den 70er und 80er Jahren. Sowohl im frei finanzierten als auch im geförderten Wohnungsbau wurden hier die höchsten Fertigstellungszahlen erreicht. Die größten Mengeneffekte erzielten jedoch die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen.37 Verteilung der Wohnungsbestände auf die Markttypen Die in der Sekundäranalyse ermittelten Bestandszahlen wurden in einem weiteren Schritt den unterschiedlichen Wohnungsmarkttypen zugeordnet: Die Zuordnung der Wohnungsmarkttypen in „stagnierende/schrumpfende“ und „wachsende/strukturstarke“ Wohnungsmarkttypen wurde für die westdeutschen Raumordnungsregionen mittels der Einteilung der Wohnungsmarktregionstypen des BBSR vorgenommen.38 Dabei wurden die Wohnungsmarkttypen „strukturstarke Region mit geringer Wachstumsdynamik“ und „Regionen mit stärkerer Wachstumsdynamik“ zur Kategorie „wachsend/strukturstark“ und die Typen „stagnierende und schrumpfende Region“ und „schrumpfende Region“ zur Kategorie „stagnierend/schrumpfend“ zusammengefasst. Der Wohnungsbau dieser Zeit wurde deutlich durch den Großsiedlungsbau geprägt. Für Westdeutschland kann davon ausgegangen werden, dass sich rund eine Million Wohnungen in Großwohnsiedlungen befinden. Die meisten Bestände aus den 70er und 80er Jahren liegen in Westdeutschland in den Ballungsräumen – hierzu zählen München und Stuttgart im Süden, das Rhein-Main- (37) 56 % der Wohnungsbestände der Wohnungsunternehmen im GdW stammen aus der Zeit nach 1970. (38) Vgl. BBR - Berichte Band 18 – Wohnungsmärkte in Deutschland, S. 112. Tabelle 45 Wohnungsbestand West Ost Wohnungsmarkttyp Wohnungsmarkttyp Gesamt 17.600 54.250 71.850 71.550 30.350 101.900 173.750 Öffentliche/ Kommunale WU 10.250 33.150 43.400 42.200 0 42.200 85.600 Genossenschaften 1.550 12.800 14.350 29.300 30.200 59.500 73.850 Private 5.800 8.300 14.100 50 150 200 14.300 Anzahl WE insgesamt in MFH 7.357.700 9.220.000 16.577.700 2.924.900 1.823.100 4.748.000 21.325.700 Anzahl WE 70er/80er Jahre in MFH 1.576.700 1.948.100 3.524.800 1.135.500 665.300 1.800.800 5.325.600 Anteil 70er/80er Jahre an WE insgesamt 21 % 21 % 21 % 39 % 37 % 38 % 25 % Anteil WE Befragung an 70er/80er Jahre in MFH 1% 3% 2% 6% 5% 6% 3% davon Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008, GdW 2009 Stagnierend/ wachsend Gesamt Wachsend/ strukturstark Anzahl WE 70er/80er Jahre aus der Befragung Schrumpfend Gesamt Stagnierend/ schrumpfend Für die ostdeutschen Raumordnungsregionen wurde die Einteilung in die Kategorien „stagnierend/schrumpfend“ und „wachsend/strukturstark“ über die Veränderung der Bevölkerungszahl zwischen 1990 und 2005 vorgenommen.39 Bei einer deutlich negativen Bevölkerungsentwicklung der Raumordnungsregion erfolgte eine Zuordnung zu der Kategorie „schrumpfend“, bei stagnierender oder positiver Entwicklung erfolgte die Zuordnung zur Kategorie „stagnierend/wachsend“. 4.2 Investitionsstrategien und Förderungen Investitionen nach Baualtersklassen (39) Vgl. BBR - Berichte Band 29 – Raumordnungsprognose 2025/2050, S. 17. Die geplanten Investitionen werden zunächst für die Gesamtbestände der in die Befragung einbezogenen Unternehmen dargestellt. Dabei erfolgt eine Einordnung in die Investitionstätigkeiten für die anderen Baualtersklassen. Abbildung 40 Geplante Investitionen 2008 bis 2012 (Instandsetzung, Modernisierung, Umbau, Rückbau) 1.000 Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es im Vergleich der Baualtersklassen bei den Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre derzeit noch einen geringeren Instandhaltungsund Modernisierungsbedarf gibt. Insgesamt kann bei diesen Zahlen davon ausgegangen werden, dass die tatsächlichen Investitionen höher ausfallen werden, da einige Vermieter für diesen Zeitraum noch keine konkreten Planungen gemacht haben. in Mio. € 800 600 400 200 0 bis 1949 1950 − 1969 1970 − 1989 ab 1990 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Abbildung 41 Geplante Investitionen 2008 bis 2012 pro Wohnung (Instandsetzung, Modernisierung, Umbau, Rückbau) In €/WE Investitionsmaßnahmen im Bestand der 70er und 80er Jahre Für die Betrachtung der Maßnahmen, die im Bestand der 70er und 80er Jahre getätigt werden, erfolgte eine Hochrechnung der Daten aus den Befragungsergebnissen auf den Gesamtbestand für die einzelnen Markttypen: • Demnach wurden zwischen 2003 und 2007 rund 750.000 Wohnungen modernisiert. Verteilt auf die Wohnungsmärkte sind die Modernisierungstätigkeiten relativ gleich verteilt, die Anteile bewegen sich zwischen 10 % und 17 %. In der Summe fanden die meisten Modernisierungen in Westdeutschland in wachsenden/strukturstarken Märkten statt. 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 bis 1949 Für Instandsetzung, Modernisierung, Umbau und Rückbau planen die befragten Unternehmen demnach zwischen 2008 und 2012 insgesamt ca. 1,8 Mrd. € ein. Der Anteil am Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre beträgt 475 Mio. €. Auffällig ist, dass für die Wohnungsbestände der 50er und 60er Jahre insgesamt fast der doppelte Betrag investiert werden soll. Dies ist auf die derzeit noch höhere Sanierungstätigkeit in den Beständen der 50er und 60er Jahre sowie auf spezifische Anforderungen an die Gebäudetypen (z. B. Grundrisse, Balkone) zurückzuführen. Die Investition je Wohnung fällt bei den 70er und 80er Jahre-Beständen ebenfalls geringer aus. Dabei belaufen sich die Kosten pro Wohnung mit dem Baualter 1970 bis 1989 nur auf rund 10.500 €, während mit rund 19.300 € pro Wohnung in der Baualtersklasse zwischen 1950 und 1969 gerechnet wird. In der Summe sind für bauliche Maßnahmen in den Altbaubeständen zwar geringere Mittel vorgesehen, für die Modernisierung jeder einzelnen Wohnung sind hierfür mit 26.800 € jedoch höhere Summen notwendig. 1950 − 1969 1970 − 1989 ab 1990 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 • Die insgesamt umfangreichsten Maßnahmen erfolgten jedoch in schrumpfenden Märkten in Ostdeutschland. Sowohl im Bereich der Modernisierungen als 79 Auswertung auch bei den Wohnumfeldmaßnahmen und beim Rückbau werden die höchsten Werte erreicht. Auch zukünftig sind hier auf relativ hohem Niveau Maßnahmen vorgesehen. Die Datenbasis für die Hochrechnungen ist in diesem Markttyp am günstigsten, diesem Auswertungsfeld liegen mehr als 70.000 Wohnungen und damit 40 % der erfassten Wohnungen zugrunde. Allerdings wurden hier nur 16 Eigentümer erfasst, was dazu führen kann, dass die Angaben einzelner Eigentümer das Ergebnis deutlich positiv beeinflussen. gen somit das tatsächliche Rückbauvolumen von knapp 200.000 Wohnungen, das in der Zeit von 2002 bis 2007 im Rahmen des Stadtumbau Ost erreicht worden ist. Entsprechend werden die Zahlen hinsichtlich der Rückbaumaßnahmen bis 2012 zu hoch angesetzt sein. In den folgenden Jahren werden auch erstmals Rückbaumaßnahmen in Westdeutschland in nennenswertem Umfang benannt. Modernisierungsmaßnahmen Bei der Betrachtung der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen kristallisieren sich einzelne Maßnahmen mit großer Bedeutung heraus: • Zukünftig werden im Zeitraum 2008 bis 2012 nach Angaben der Befragten insgesamt 370.000 Wohnungen modernisiert. Dies entspricht einem jährlichen Durchschnitt von 74.000 Wohnungen. In allen Kategorien werden für die Zukunft weniger Maßnahmen an Wohnungen angegeben als durchgeführt worden sind. Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Planungen vieler Eigentümer keine gesicherten Aussagen für einen Fünf-Jahres-Zeitraum zulassen. • Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle (Austausch der Fenster, Wärmedämmung Dach/Fassade) mit jeweils mehr als 600.000 Wohnungen und die Erneuerung der Heizungsanlagen mit mehr als 500.000 Wohnungen. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Erneuerung der Elektroinstallationen, der Sanitäranlagen und der Treppenhäuser, wovon jeweils zwischen 350.000 und 450.000 Wohnungen betroffen sind. • Bei der Betrachtung des Rückbaus werden die Unschärfen, die in der vorhandenen Datenbasis liegen, deutlich. Die hier dokumentierten Rückbaumaßnahmen in den Jahren 2003 bis 2007 umfassen 231.000 Wohnungen und überstei- • In den stagnierenden/schrumpfenden Märkten in Westdeutschland werden auf Tabelle 46 Investitionen in die Wohnungsbestände der 70er/80er Jahre – Gesamtbestand nach Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Instandhaltung Modernisierung Wohnumfeldmaßnahmen Abriss/Teilrückbau Dachgeschossausbau/Aufstockung Umbau/Zusammenlegung WE % WE % WE % Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 331.100 Ost Schrumpfend Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark Schrumpfend Stagnierend/ wachsend 954.550 545.050 345.950 362.650 487.000 397.450 226.200 21 49 48 52 23 25 35 34 157.700 311.700 193.050 86.500 141.900 58.450 102.200 66.550 10 16 17 13 9 3 9 10 141.900 155.850 158.950 39.900 236.500 38.950 136.250 9 8 14 6 15 2 12 204.400 26.600 15.750 227.100 6.650 18 4 1 20 1 % % West Stagnierend/ wachsend WE WE Ost 15.750 1 WE % Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 6.653 1 relativ hohem Niveau Maßnahmen durchgeführt. Zukünftig (2008 bis 2012) werden hier die meisten Aktivitäten zu erwarten sein. • Die umfangreichsten Maßnahmen erfolgen in stagnierenden/wachsenden Märkten in Ostdeutschland im Hinblick auf den Austausch der Fenster (19 %) und Wärmedämmungen (14 %). Es ist nicht auszuschließen, dass es sich hierbei um Ausreißer durch einzelne Wohnungsunternehmen dieser Gruppe (n=8) handelt, die in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich viele Maßnahmen durchgeführt haben. • Im Bereich der Heizungssysteme werden vor allem Erneuerungen durchgeführt. Der Einbau neuer Systeme findet nur in geringem Maß statt. Auffällig ist, dass die Heizungssysteme in den ostdeutschen Wohnungsmärkten praktisch keine Rolle im Rahmen von Modernisierungen spielen. Heizungen dürften vielfach bereits in der ersten Modernisierungswelle in den 90er Jahren erneuert worden sein. • Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen zeigt sich in der Befragung, dass die Herstellung barrierefreien Zugängen zu den Wohnbereichen eine untergeordnete Rolle spielt. Maßnahmen zur Barrierefreiheit werden im Bereich von 0,2 % bis 1,0 % des Gesamtbestandes durchgeführt. Sofern entsprechende Maßnahmen durchgeführt werden, erfolgt dies zum weit überwiegenden Teil durch Wohnungsge- Tabelle 47 Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der 70er/80er Jahre – Wohnungsmarkttypen 2003 bis 2007 2008 bis 2012 West Grundrissänderung/ Zusammenlegung Erneuerung Heizungsanlage Einbau Heizungssystem Erneuerung der Sanitäranlagen Austausch der Fenster Elektroinstallation Modernisierung Treppenhaus Wärmedämmung Dach/Fassade Balkonanbau Barrierefreiheit sonstigen Modernisierungsmaßnahmen WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % WE % Ost Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 16.300 West Ost Schrumpfend Stagnierend/ wachsend Stagnierend/ schrumpfend Wachsend/ strukturstark 9.350 1.050 6.450 18.250 1.800 850 21.750 1 0,5 0,1 1 1 0,1 0,1 3 164.850 115.400 28.550 800 94.050 39.100 62.100 7.650 10 6 3 0,1 6 2 5 1 34.100 19.200 7.000 46.550 11.700 2 1 1 3 1 74.450 37.700 59.850 58.700 92.000 26.650 24.600 17.550 5 2 5 9 6 1 2 3 139.450 97.350 30.950 129.650 169.500 41.650 8.900 12.700 9 5 3 19 11 2 1 2 70.150 16.700 55.050 51.000 75.250 10.800 51.600 106.450 4 1 5 8 5 1 5 16 81.700 46.300 7.800 41.700 98.000 32.000 44.100 6.800 5 2 1 6 6 2 4 1 98.150 172.100 49.500 96.200 111.050 51.950 21.450 21.650 6 9 4 14 7 3 2 3 17.350 22.000 16.300 22.400 16.100 21.650 14.750 450 1 1 1 3 1 1 1 0,1 13.250 2.200 16.800 1.000 4.650 4.450 2.400 1.700 1 0,1 1 0,1 0,3 0,2 0,2 0,3 100 93.300 30.400 8.100 16.400 13.850 2.550 7.350 0 5 3 1 1 1 0,2 1 Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Schrumpfend Stagnierend/ wachsend 81 Auswertung nossenschaften. Kommunale Unternehmen und private Eigentümer führen diesbezüglich kaum Maßnahmen durch. • Beim altengerechten Wohnen ist jedoch zu berücksichtigen, dass Barrierefreiheit, wie es in dem Fragebogen abgefragt worden ist, kein alleiniges Kriterium für altengerechtes Wohnen ist. Vielfach reichen kleinere Maßnahmen zur Erleichterung der täglichen Bewegungsabläufe aus. Aus den Fallstudien hat sich allerdings auch ergeben, dass die systematische Umsetzung solcher Maßnahmen praktisch nicht erfolgt. Altengerechtes Wohnen wird in der Regel auf Anfrage bei einzelnen Mietern umgesetzt oder bei einzelnen Objekten, die aus Sicht der Eigentümer günstige Voraussetzungen haben (Altersstruktur, Lage, Infrastruktur, ggf. bereits Fahrstuhl vorhanden). Abbildung 42 Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Energieagenturen (N=105) Ja, einmal (10%) Nein, nicht bekannt (26%) Ja, mehrfach (12%) Nein, aber geplant (21%) Nein, kein Bedarf (31%) Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 Viertel würde die Leistungen möglicherweise in Anspruch nehmen, wenn diese bekannter wären. Energieagenturen Förderprogramme Im Zusammenhang mit energetischen Fragen wurden die Wohnungsanbieter gefragt, inwieweit das Beratungsangebot der Energieagenturen eine Rolle bei der Planung von Investitionsprojekten spielt. Insgesamt haben 22 % der befragten Unternehmen eine Beratungsleistung der Energieagentur in Anspruch genommen. Über einem Viertel der Unternehmen ist solch eine Dienstleistung nicht bekannt. Bei fast einem Drittel (31 %) besteht kein Bedarf. Ein weiteres Die Rolle der Förderprogramme wurde in der Vermieterbefragung ebenfalls thematisiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Inanspruchnahme von Fördermitteln für die weit überwiegende Zahl der Eigentümer obligatorisch ist. Wie sich in den Fallstudien angedeutet hat, sind für viele Eigentümer bzw. für zahlreiche Maßnahmen Förderungen absolut notwendig. Insgesamt haben rund 69 % der befragten Unternehmen Förderprogramme zur Mo- Abbildung 43 Inanspruchnahme von Fördermitteln Großwohnsiedlung Kleinere Wohnsiedlung 8% 9% 16% 26% 76% Inanspruchnahme Förderprogramme 65% Kein geeignetes Programm Keine Notwendigkeit der Inanspruchnahme Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008 dernisierung ihrer Wohnungsbestände in Anspruch genommen. Der Anteil der inanspruchnehmenden Unternehmen ist in den Großsiedlungen mit 76 % noch höher als in kleineren Wohnsiedlungen mit 65 %. Diejenigen Eigentümer, die Förderungen in Anspruch nehmen, greifen zu 84 % auf die Fördermöglichkeiten der KfW zurück. Darüber hinaus lassen sich 17,5 % der Unternehmen im Mittel aus dem Programm KfW-CO² fördern. Fast jeder Fünfte nimmt Förderprogramme der Wohnungsbaukreditanstalt (WK) in Anspruch. Das Programm Stadtumbau Ost wird von etwa 21 % der er in Ostdeutschland ansässigen Unternehmen genutzt. Für andere Eigentümer, insbesondere im Westen, spielen zu dem regionale Programme eine wichtige Rolle. Interessant ist jeweils der Anteil an Eigentümern, die für ihre Investition kein geeignetes Förderprogramm gefunden haben. Dies trifft auf 16 % in Großwohnsiedlungen zu, immerhin jeder vierte Eigentümer hat in den kleineren Siedlungszusammenhängen kein geeignetes Förderprogramm gefunden. Fast jeder zehnte Eigentümer sieht keine Notwendigkeit in der Inanspruchnahme von Fördermitteln. Eigentümer im Vergleich In dem vorliegenden Forschungsbericht wurden die Eigentümer in drei Gruppen unterteilt. Neben den öffentlichen bzw. ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen wurden die privaten Eigentümer gesondert betrachtet. Die privaten Vermieter stellen eine sehr heterogene Gruppe dar und werden daher in diesem Abschnitt noch einmal hervorgehoben. Ihre Struktur ist weit heterogener als die der öffentlichen Unternehmen oder der Genossenschaften, da die Spannbreite von privaten Amateurvermietern bis hin zu international agierenden Fondsgesellschaften reicht. Letztere werden häufig vertreten durch ortsansässige Hausverwaltungen. Private (Klein-)Eigentümer sind in Großwohnsiedlungen nur selten vertreten, insbesondere in ostdeutschen Siedlungen des industriellen Wohnungsbaus treten als Eigentümer zum großen Teil öffentliche Wohnungsunternehmen und Genossenschaften auf. Private Wohnungseigentümer bzw. Verwalter verfügen entsprechend der Befragungsergebnisse über lediglich 0,02 % der erfassten Bestände. In kleineren Siedlungen sind private Eigentümer deutlich stärker vertreten, in der Befragung sind dies 18 % der erfassten Bestände. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass die ehemals gemeinnützigen Unternehmen im sozialen Wohnungsbau tätig waren. Des Weiteren werden die privaten Unternehmen, hierunter auch größere Wohnungsgesellschaften, die über Bestände in Großwohnsiedlungen verfügen, über Befragungen nur in geringem Umfang erreicht. Hinsichtlich der Investitionstätigkeiten zeigt sich anhand der Ergebnisse deutlich, dass der Schwerpunkt bei den privaten Eigentümern und Verwaltungen auf Instandhaltungstätigkeiten liegt. Modernisierungstätigkeiten wurden in den Jahren 2003 bis 2007 nur in 6 % der Wohnungsbestände vorgenommen, im Vergleich hierzu sind es bei den öffentlichen und kommunalen Gesellschaften 12 % und 21 % bei den Genossenschaften. Die Schwerpunkte liegen auch hier bei der Erneuerung der Heizungsanlagen, beim Austausch von Fenstern und bei Wärmedämmungen. Die Strategien der privaten Vermieter sind ebenso heterogen wie ihre Struktur selbst. In den Fallstudien wurde deutlich, dass zwar vor allem Wohnungsgenossenschaften und Kommunale Gesellschaften langfristig angelegte Bestandsstrategien verfolgen, ebenso aber auch private Wohnungsgesellschaften ähnliche Strategien verfolgen. Die Strategien der Vermieter berücksichtigen in unterschiedlicher Weise die Fortentwicklung der Bestände und dabei mehr oder weniger die Sozialstruktur. Dies wirkt sich insbesondere auf die Bestandsentwicklung und die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus. Häufig besteht in Großwohnsiedlungen die Gefahr, dass sich Segregation weiter verstärkt, vor allem wenn sich in umfangreichere preiswerte Bestände räumlich konzentrieren. Im Wesentlichen wurden unter den privaten Eigentümern zwei Strategietypen identifiziert: • Die so genannten „Verwalter“ streben eine Vollvermietung bei geringem baulichen Aufwand an. Mietpreisanpassungen nach unten sind je nach Marktsituation möglich. Strategische Überlegungen in Bezug auf die Mieterstruktur spielen eine geringere Rolle als bei anderen Vermietern. • Die „Bestandsentwickler“ legen verstärkt Wert auf eine zielgruppengerechte Bestandsentwicklung. Gesichtspunkte der Steuerung der Sozialstruktur spielen bei der Auswahl der Mieter eine größere Rolle. Häufig ist zu beobachten, dass Eigentümer, die nicht zu den ehemals gemeinnützigen 83 Auswertung Unternehmen zu zählen sind, sich eher auf die Verwaltung der Bestände konzentrieren und Modernisierungen der Wohnungen nur in geringem Umfang vornehmen. Wohnumfeldmaßnahmen haben oftmals eine geringe Priorität und werden kaum finanziert. Wohnungsmodernisierungen werden entsprechend eher in geringem Umfang als „modernisierende Instandhaltung“ und reagierend auf einzelne Missstände weniger als strategische Maßnahmen vorgenommen. Die Befragungsergebnisse machen deutlich, dass die Wohnungsgenossenschaften die umfangreichsten Modernisierungsmaßnahmen vornehmen, während kommunale Gesellschaften in der Vergangenheit zum größeren Teil zum Rückbau beigetragen haben. Die unterschiedlichen Strategien der Eigentümergruppen lassen sich u. a. mit der regionalen Verteilung der Wohnungsbestände erklären. Die Bestandszahlen der Eigentümergruppen deuten darauf hin, dass kommunale Unternehmen und Genossenschaften stärker lokal verwurzelt sind. Während diese Unternehmen fast ihre gesamten Bestände am jeweiligen Befragungsort haben, sind es bei den privaten Eigentümern insgesamt nur 17 % (vgl. Tab. 9). Ein großer Teil der Bestände ist demnach im Bundesgebiet oder sogar international verteilt. 4.3 Typisierung der Bestände Die Typisierung der Wohnungsbestände erfolgt nach den Kategorien, die bereits in der Sekundäranalyse und der Eigentümerbefragung verwendet worden sind. Hierzu zählen: • die Region: Ost- oder Westdeutschland, • der Markttyp: wachsend/strukturstark oder schrumpfend/stagnierend, • der Bestandstyp: Großwohnsiedlung und andere Siedlungstypen, • die Eigentümergruppe: kommunal, genossenschaftlich, privat bzw. institutionell. Zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es deutliche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Bestandstypen. In Ostdeutschland liegt ein großer Schwerpunkt bei den Großwohnsiedlungen, während in Westdeutschland die Siedlungsstrukturen der 70er und 80er Jahre-Bestände stärker ausdifferenziert sind. Im Rahmen der Fallstudien hat sich bereits gezeigt, dass die jeweilige Marktsituation für den Umgang der Eigentümer mit den Beständen und den jeweiligen Gebäudezustand von großer Bedeutung ist, weshalb hierauf bei der Auswertung ein besonderer Schwerpunkt gelegt wird. Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass bei den verschiedenen Eigentümergruppen Unterschiede hinsichtlich der strategischen Ausrichtung und somit der Bestandsqualitäten bestehen. Die Beschreibung dieser Typen basiert auf den bisher durchgeführten Analysen und wird ergänzt durch die Befragungsergebnisse einzelner. Diese können jedoch nur punktuell als ergänzende Quelle hinzugezogen und Abbildung 44 Bestandsstrategietypen Bestandsstrategietypen Ost West wachsend/ stagnierend schrumpfend Großwohnsiedlungen Kleinere Wohnsiedlungen Großwohnsiedlungen 1 2 3 schrumpfend/ stagnierend Kleinere Wohnsiedlungen 4 Großwohnsiedlungen Kleinere Wohnsiedlungen Großwohnsiedlungen Kleinere Wohnsiedlungen 5 6 7 8 Kommunale/öffentliche Gesellschaften Wohnungsgenossenschaften Private und institutionelle Eigentümer Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre wachsend/ strukturstark müssen entsprechend eingeordnet werden, da die Fallzahlen, die sich bei einer Betrachtung nach Markttypen ergeben, z. T. sehr gering sind: • Bestandsstrategietyp 1 und 2: schrumpfender Markt in Ostdeutschland (n=16), • Bestandsstrategietyp 3 und 4: wachsender/stagnierender Markt in Ostdeutschland (n=8), • Bestandsstrategietyp 5 und 6: schrumpfender/stagnierender Markt in Westdeutschland (n=42), • Bestandsstrategietyp 7 und 8: wachsender/strukturstarker Markt in Westdeutschland (n=48). Im Folgenden werden diese Bestandsstrategietypen im Hinblick auf die Wohnungsbestände, die Nachfragesituation und die damit verbundenen Investitionsprozesse beschrieben. Dabei werden die Bestände nach Markttypen untergliedert, sodass sich vier Untergruppen ergeben. Vorab erfolgt eine Übersicht in Form einer Synopse. Die hier dargestellten Ergebnisse basieren im Wesentlichen auf den Befragungsergebnissen und sind insofern verallgemeinerbar. Diese Ergebnisse werden ergänzt durch die Fallstudienergebnisse, sofern diese Erkenntnisse vor dem Hintergrund der bisher durchgeführten Analysen ebenfalls verallgemeinerbar erscheinen. Bestandsstrategietyp 1 und 2 Der Bestandsstrategietyp 1 umfasst zum weit überwiegenden Teil Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre in ostdeutschen Großwohnsiedlungen, die fast ausschließlich in industrieller Bauweise errichtet worden sind. Dieser Bauweise gehören auch die Bestände außerhalb von Großwohnsiedlungen an, weshalb diese Bestände hier gemeinsam betrachtet werden können. Insgesamt handelt es sich hierbei um rund 1.140.000 Wohnungen. Die Plattenbaubestände der ehemaligen DDR, in großem Umfang als Wohnungen des industriellen Wohnungsbaus entstanden, haben nach ihrer Errichtung die zen- Bestandsstrategietyp 1 und 2 Regionstyp: Ostdeutschland Markttyp: schrumpfend Bestandstyp: Großwohnsiedlung (Typ 1) und Kleinere Wohnsiedlung (Typ 2) Städtetypen: Cottbus, Dessau, Erfurt, Magdeburg, Schwerin, Zwickau Quelle: Eigene Darstellung trale Wohnfunktion für die Bevölkerung übernommen. Insgesamt zeichnet sich der Bestand der 70er und 80er Jahre immer noch durch ein sehr einseitig strukturiertes Wohnungsangebot mit einer geringen Mietpreisdifferenzierung aus. Der Anteil an den Plattenbauten beträgt in einzelnen Regionen über 50 %. In fast allen Regionen außer Leipzig, Dresden und Berlin beträgt der Anteil an 70er und 80erJahre-Beständen mindestens 30 %. Damit zeigt sich, dass insbesondere in den schrumpfenden Regionen die Plattenbaubestände trotz erheblichen Rückbaumaßnahmen eine herausragende Rolle spielen. Gleichzeitig gibt es vielfach Probleme, diese Bestände am Markt zu platzieren. Marktsituation und Vermietbarkeit Der Rückgang der Wohnungsnachfrage in diesen Marktregionen führte in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg des Leerstandes. Die Plattenbauten der Großwohnsiedlungen sind besonders von Leerstand betroffen. Im Rahmen der Eigentümerbefragung hat sich gezeigt, das die Wohnungsnachfrage in Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland, unabhängig von der jeweiligen Beurteilung der gesamten Marktsituation vor Ort, als eher ungünstig eingeschätzt wird. Der Wohnungsbestand besteht in diesen Siedlungen vorwiegend aus Wohnungen des P2-Ratio-Typs aus den 70er und teilweise 80er Jahren sowie Wohnungen des Typs WBS 70 aus den 80er Jahren. In der Regel dominiert die 3-Zimmer-Wohnung, je nach Unternehmen beträgt der Anteil zwischen 60 und 80 %. Zu jeweils geringeren Teilen sind Wohnungen mit 1, 2 oder 4 Zimmern vertreten. Die Marktgängigkeit der 3-Zimmer-Wohnungen wird häufig als gut eingestuft. Eine gute Nachfrage erfahren ebenfalls die 2-ZimmerWohnungen mit 50 bis 65 m². Auch in Städten mit geringerer Nachfrage gibt es häufig eine Knappheit an kleineren 2-Zimmer-Wohnungen, insbesondere im preiswerten Segment. Zu den Nachfragern zählen hier insbesondere ALG II-Empfänger, gerade auch in strukturschwachen Räumen. Eine geringere Marktgängigkeit gibt es oft bei den sehr kleinen 1-Zimmer-Wohnungen. Die überwiegende Zahl der Eigentümer ordnet ihre Bestände im mittelpreisigen Segment ein. Bezogen auf den Wohnungsbestand der Befragten befinden sich fast alle Bestände in schrumpfenden Märkten im mittelpreisigen Segment. Im Unterschied zu den anderen Be- 85 Auswertung standstypen gibt es demnach keine nennenswerten Bestände im preiswerten Segment. Mieterstruktur Plattenbauwohnungen in Großwohnsiedlungen (Bestandstyp 1) dienen zu einem überdurchschnittlichen Teil als Wohnort für kleine 1- bis 2-Personen-Haushalte und einkommensschwache Mieter. In Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland sind rund zwei Drittel der befragten Eigentümer der Überzeugung, dass deren Anteil in diesen Beständen überdurchschnittlich ist. Demgegenüber sind Familien und Haushalte mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich vertreten. Insbesondere einkommensstärkere Haushalte spielen als Nachfrager nach Wohnungen in Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland kaum eine Rolle. Aus der Befragung lässt sich kein Trend zu einer stärkeren Überalterung als in anderen Bestandstypen feststellen. Zukünftig wird allerdings damit gerechnet, dass der Anteil an älteren Haushalten zunehmen wird. Gleichzeitig wird sich die heutige Sozialstruktur weiter verfestigen, einkommensschwache und kleine Haushalte werden an Bedeutung gewinnen, einkommensstarke Haushalte und Familien werden an Bedeutung verlieren. Investitionen Zu den bedeutendsten Eigentümern von Großwohnsiedlungsbeständen in Ostdeutschland zählen die kommunalen Gesellschaften sowie Genossenschaften, die aus den Arbeitergenossenschaften der ehemaligen DDR hervorgegangen sind. Häufig verfügen die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Ostdeutschland gegenüber den Genossenschaften über einen höheren Anteil an Altbauten. Der Wohnungsbestand ist ausdifferenzierter, was sich auch auf die verfolgten Strategien auswirkt. Die kommunalen Gesellschaften haben dadurch andere Voraussetzungen und andere Schwerpunktsetzungen, die Strategie kommunaler Unternehmen wird stärker von städtischen Interessen mitbestimmt. Kommunale Gesellschaften übernehmen im Sinne des Gesellschafters auch stadtentwicklungspolitische Aufgaben, wie z. B. die Entwicklung innerstädtischer Kernbereiche. Wie die Eigentümerbefragung gezeigt hat, liegt die Beteiligungsquote bei der Erstellung von Konzepten bei öffentlichen Wohnungsunternehmen bei nahezu 100 %, während sie bei Genossenschaften geringer ist. Dies kann zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen im Stadtgebiet führen, z. T. auch weil viele stadtentwicklungspolitische Aufgaben übernommen werden. Die Bestände der Genossenschaften in den Großwohnsiedlungen sind augenscheinlich vielfach in besserem baulichem Zustand. Der höhere Sanierungsgrad führt dazu, dass die Leerstände in diesen Beständen geringer sind als in unsanierten Beständen anderer Eigentümer. In schrumpfenden Märkten stellen Bestände in Großwohnsiedlungen mit hohen Leerständen oftmals Rückbaupotenziale dar. Die Leerstandsquote der letzten drei Jahre betrug bei Dessauer Wohnungsunternehmen beispielsweise bis zu rund 30 %, dort wird dem Rückbau der Gebäude eine (sehr) bedeutende Rolle beigemessen. Schweriner Unternehmen haben eine Leerstandsquote von bis zu 20 % aufzuweisen. In den dargestellten Fallbeispielen führen ein hoher wirtschaftlicher Konsolidierungszwang und die weiter nachlassende Wohnungsnachfrage mittelfristig zu weiterem Rückbau. Insbesondere für die kommunalen Wohnungsgesellschaften, die häufig Vorreiter im Stadtumbau und Rückbau sind, stellen die Großwohnsiedlungen auch zukünftig Rückbaupotenziale dar. Hinsichtlich der Rückbaumaßnahmen erreichen die schrumpfenden Märkte in Ostdeutschland die mit Abstand höchsten Werte. In Großwohnsiedlungen sind laut Befragung Wohnungen in einer Größenordnungen von 20 % betroffen, sowohl in der Vergangenheit als auch zukünftig (vgl. Tab. 16). In kleineren Wohnsiedlungen hingegen werden zwar auch hohe Werte erreicht, jedoch deutlich geringer als in den Großwohnsiedlungen. Die strategischen Entscheidungen für oder gegen Modernisierungen hängen insbesondere in schrumpfenden Märkten mit der Lage der Bestände im Stadtgebiet zusammen, da Schwerpunktsetzungen notwendig sind. Zu den bedeutendsten Maßnahmen zählen Wärmedämmungen und der Austausch der Fenster sowie Verbesserungen der technischen Ausstattung im Hinblick auf Elektroinstallationen, Sanitäranlagen und Heizungsanlagen. Bei der Wärmedämmung spielt in den untersuchten Beispielen die individuelle Fassadengestaltung im Hinblick auf das Marketing eine wichtige Rolle, um sich in der sonst einheitlichen Bausubstanz zu positionieren. Der Anbau von Balkonen erfolgt in geringerem Umfang als die anderen Maßnahmen. Insgesamt sind die Modernisierungstätigkeiten in Großwohnsiedlungen in schrump- 86 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre fenden Märkten im Vergleich zu den anderen Bestandstypen mit Werten von 3–5 % des erfassten Bestandes jedoch eher gering (vgl. Tab. 19). Dies hängt zum einen mit den genannten Schwerpunktsetzungen hinsichtlich der Investitionstätigkeiten zusammen, die aufgrund der geringen Gesamtnachfrage notwendig sind, zum anderen ist aber auch vielfach bereits ein hoher Modernisierungsgrad erreicht worden. Die in der Eigentümerbefragung untersuchten Unternehmen (Typ 1) investierten in den letzten fünf Jahren rund 5.400 €/Wohnung in Modernisierungsmaßnahmen. In kleineren Wohnsiedlungen werden Modernisierungen zu einem deutlich größeren Teil durchgeführt, hier waren in den letzten Jahren bis 33 % der Wohnungen betroffen (vgl. Tab. 25). Vor allem Erneuerungen der Sanitäranlagen und Erneuerungen der Elektroinstallationen werden hier durchgeführt (vgl. Tab. 28). Dies deutet darauf hin, dass Wohnungsbestände außerhalb von Großwohnsiedlungen in innerstädtischen Lagen häufiger Modernisierungsmaßnahmen unterzogen werden. Für den Typ 2 wird laut Befragungsergebnis im Durchschnitt auch mehr investiert als in Großwohnsiedlungen (rund 8.800 €/Wohnung). Energetische Sanierungen von Beständen in Großwohnsiedlungen und in kleineren Wohn- Werkstatt: Praxis Heft 68 siedlungen spielen entsprechend in den untersuchten Märkten bisher eine eher geringe Rolle. Dies ist hinsichtlich der Vermietbarkeit so lange unproblematisch wie der Anstieg der Energiekosten eher geringer bleibt. In der Regel sind zudem die Energiewerte bei den Plattenbauten (Drei-Schichten-Platte) relativ günstig. Handlungsschwerpunkt sind vor diesem Hintergrund derzeit Einzelmodernisierungen der Wohnungen. Sanierungen werden vonseiten der bestandshaltenden Eigentümer nur erfolgen, wenn weiterhin entsprechende Fördermittel bereit gestellt werden. Die Schaffung von altengerechtem Wohnraum durch Modernisierung spielt bei den hier untersuchten Bestandstypen eine untergeordnete Rolle, wenngleich bei den schrumpfenden Märkten der höchste Wert erreicht wird. Bei rund 1.000 Wohnungen in Großwohnsiedlungen wurden laut Befragung in den letzten Jahren Barrierefreiheit hergestellt, dies entspricht 2 % des untersuchten Wohnungsbestandes und erfolgte ausschließlich durch Wohnungsgenossenschaften (vgl. Tab. 18). Im Rahmen der Altschuldenhilfe wurden in Ostdeutschland in der Vergangenheit immer wieder Wohnungen an institutionelle Eigentümer verkauft. In den letzten Jahren erwarben im Zusammenhang mit der Internati- Sonderform: Hochhäuser An den Hochhäusern wird ein typischer Konflikt im Umgang mit den 70er und 80er Jahre Beständen deutlich, in dem städtebauliche Fragestellungen den wohnungswirtschaftlichen Erfordernissen gegenüber stehen. Dabei geht es um die „Zukunft der Hochhäuser“ als Teilaspekt der 70er und 80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des modernen Städtebaus dar, verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei oftmals zu geringer Nachfrage. In den Fallstudien ist die Sonderrolle dieser Hochhäuser deutlich geworden. Häufig stellen Hochhäuser städtebauliche Dominanten dar, die aus städtebaulicher Sicht als Zeichen der Moderne und Teil der städtischen Höhenstruktur erhaltenswert sind. Die Instandhaltung oder Modernisierung dieser Objekte ist hingegen mit hohen Kosten verbunden, dies bezieht sich z. B. auf bauliche Maßnahmen im Hinblick auf die Grundrisse, die energetische Situation sowie brandschutzrechtliche Anforderungen. Insgesamt gibt es angesichts des Gesamtnachfragerückgangs in schrumpfenden Märkten ein Überangebot an Wohnungen in diesem Gebäudetyp. Gleichzeitig besteht aber auch eine Nachfrage, die abhängig ist von der Qualität der Wohnungen und der Lage. Insbesondere in schrumpfenden Märkten stellt dieser Bestandstyp auch ein wichtiges Rückbaupotenzial dar. Vor allem die 11-geschossigen Scheibenhochhäuser des Typs P2 sind vermietungsseitig häufig schwierig zu vermarkten. Aufgrund der Grundrisse, der energetischen Situation sowie brandschutzrechtlicher Anforderungen werden die in einigen Jahren notwendigen Sanierungen sehr teuer. Hier stellt sich eine typische Problemstellung im Umgang mit den untersuchten Wohnungsbeständen dar: die „Zukunft der Hochhäuser“ als Teilaspekt der 70er und 80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des modernen Städtebaus dar, verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei geringer Nachfrage. 87 Auswertung onalisierung der Wohnungswirtschaft Private-Equity-Unternehmen etliche ostdeutsche Wohnungsunternehmen.40 Weitere Verkäufe stellen, wie die Fallstudien zeigen, aber derzeit keine strategische Alternative dar. Dies wird in der Eigentümerbefragung bestätigt, lediglich ein befragtes kommunales Wohnungsunternehmen in schrumpfenden ostdeutschen Märkten hält Veräußerungen der Bestände für eine bedeutende Portfoliostrategie. Seit den 90er Jahren wurden in den Großwohnsiedlungen im Rahmen der Stadterneuerung umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur vorgenommen, hierzu zählen vielfach die Verkehrsanbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Versorgung durch den Einzelhandel. Rund jedes fünfte befragte Unternehmen in schrumpfenden Wohnungsmärkten in Ostdeutschland hat in den letzten fünf Jahren entsprechende Wohnumfeldmaßnahmen durchgeführt, davon waren 15 % des Wohnungsbestandes betroffen. Auch zukünftig werden Wohnumfeldmaßnahmen mit 11 % in Großwohnsiedlungen bzw. 17 % in kleineren Wohnsiedlungen am Wohnungsbestand eine Rolle bei den Investitionen spielen. Bestandsstrategietyp 3 und 4 Die Marktsituation der Bestandsstrategietypen 3 und 4 wird als wachsend bzw. stagnierend beschrieben. Unter diesem Markttyp sind Städte zusammengefasst, die in den vergangenen Jahren eine positive Bevölkerungsentwicklung bzw. nur einen leichten Bevölkerungsrückgang erfahren haben.41 Insgesamt gibt es 17 Städte in Ostdeutschland, die dem stagnierenden bzw. wachsenden Markttyp zuzuordnen sind. Diese Städte verfügen in der Regel über relativ ausgeglichene Wohnungsmärkte mit eher geringeren Leerständen. Gleichwohl kann auch in diesen Städten Rückbau von Wohnungen im Sinne einer Marktbereinigung eine Rolle spielen. Insgesamt lassen sich rund 660.000 Wohnungen der 70er und 80er Jahre-Bestände diesem Markttyp zuordnen. Der Wohnungsbestand ist ebenso strukturiert wie bei den Bestandstypen 1 und 2. Es dominiert der Plattenbau mit einem breiten Spektrum an 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen, die 3-Zimmer-Wohnung ist vielfach am stärksten vertreten, insbesondere beim Bautyp P2. In ostdeutschen Märkten mit einer stärkeren Nachfrage tritt oftmals eine Knappheit an preiswerten 2-Zimmer-Wohnungen zutage. Bestandsstrategietyp 3 und 4 Regionstyp: Ostdeutschland Markttyp: stagnierend/wachsend Bestandstyp: Großwohnsiedlung (Typ 3) und Kleinere Wohnsiedlung (Typ 4) Städtetypen: Dresden, Potsdam Quelle: Eigene Darstellung Bestände der 70er und 80er Jahre haben auch hier eine wichtige Versorgungsfunktion für kleine, einkommensschwächere Haushalte. Die in der Eigentümerbefragung angesprochenen Unternehmen schätzen die einkommensschwachen Haushalte als überdurchschnittlich häufig vertreten ein. Nachfragergruppen mit eher geringem Einkommen und/oder geringen Wohnflächenansprüchen sind z. B. Rentnerehepaare, Alleinstehende und Alleinerziehende sowie ALG II-Bezieher. Als eher ungünstig wird die Vermietbarkeit der kleinen 1-Zimmer-Wohnungen (Ratio-Wohnungen) mit Wohnflächen von rund 30 m² eingestuft. Gleichzeitig kann die Nachfrage von Familien mit drei und mehr Kindern in den untersuchten Beständen nicht erfüllt werden, da die Wohnungen vielfach nicht ausreichend groß sind und nicht die gewünschten Wohnqualitäten aufweisen. Größere familiengerechte Wohnungen für drei und mehr Kinder müssen dann in anderen Segmenten oder durch Neubau zur Verfügung gestellt werden. Die Mieterstruktur ist häufig durch eine lange Wohndauer geprägt. Insbesondere in den Beständen der 70er Jahre gibt es dementsprechend häufig einen hohen Anteil an älteren Haushalten. In den Siedlungen der 80er Jahre ist die Altersstruktur entsprechend jünger. Hinzu kommt, dass ein Teil der jüngeren Haushalte der 80er Jahre-Siedlungen bereits nach 1990 im Zuge der Suburbanisierung umgezogen ist. Entsprechend schätzen die befragten Unternehmen den Anteil der älteren Haushalte als durchschnittlich bis überdurchschnittlich ein. Die Wohnzufriedenheit in Plattenbausiedlungen in stagnierenden bzw. wachsenden Märkten ist als eher hoch einzustufen, da hier in der Regel der bauliche Zustand der Wohnungen im Zuge der bisher durchgeführten Aufwertungsmaßnahmen als gut einzustufen ist. Hinzu kommt, dass es in diesen Märkten aufgrund des vergleichsweise knappen Wohnungsangebots in der Regel eine relativ hohe soziale Durchmischung und – wie bereits erwähnt – viele Haushalte mit langer Wohndauer gibt. Zukünftig ist in diesen Märkten nur mit geringen Verschiebungen der Nachfrage zu rechnen. (40) Vgl. BBR 2007. (41) Die Grenze zwischen schrumpfenden Städten und stagnierenden wachsenden Städten in Ostdeutschland wurde basierend auf der Einwohnerentwicklung zwischen 1999 und 2004 auf -1,5 % festgelegt. Es wurde somit in 17 stagnierenden/wachsende Städte mit 1,8 Mio. Einwohner sowie in 83 schrumpfende Städte mit 3,9 Mio. Einwohner unterschieden, vgl. LeibnizInstitut für ökologische Raumentwicklung e.V. 2006. Das Mietniveau ist in den Großwohnsiedlungen in den stagnierenden bzw. wachsenden Märkten Ostdeutschlands im mittelpreisigen Bereich. Im Gegensatz zu den westdeutschen Beständen gibt es aufgrund der guten Nachfrage hier deutlich mehr mittelpreisige Bestände. Dies kann durch das insgesamt niedrigere Preisniveau und die geringeren Mietpreisspannen erklärt werden. In kleineren Wohnsiedlungen ist der Anteil an preiswerten Beständen höher als in Großwohnsiedlungen. Die Marktgängigkeit dieser Wohnungen ist in stagnierenden bzw. wachsenden Märkten häufig gegeben, da die Gesamtnachfrage ausreichend ist. Problematisch kann es bei bestimmten Wohnungs- bzw. Gebäudetypen werden. Zu nennen sind z. B. Hochhäuser, die nicht über Balkone verfügen. Des Weiteren sehr problematisch ist die Vermietung der fünften und sechsten Geschosse, sofern kein Fahrstuhl vorhanden ist. In der Fallstudie Potsdam hat sich gezeigt, dass die Gebäude aufgrund der ausreichenden Nachfrage durchgehend saniert und modernisiert sind und über entsprechende Ausstattungen verfügen, wie z. B. Fahrstuhl. Ebenso ist der energetische Standard z. T. weit fortgeschritten. Nach Angaben der befragten Eigentümer sind nur noch in Einzelfällen Modernisierungsmaßnahmen in den nächsten fünf Jahren geplant. Die vergleichsweise geringen Modernisierungstätigkeiten spiegeln sich in den Befragungsergebnissen wider. Ein intaktes Wohnumfeld ist wichtig für die Marktgängigkeit der Bestände. Hier gab es bereits in den 1990er Jahren umfangreichen Nachholbedarf. Wohnumfeldmaßnahmen spielten im Zeitraum 2003 bis 2007 im Gegensatz zu den schrumpfenden Märkten nur eine geringe Rolle, zukünftig sind – zumindest laut Befragung – keine Maßnahmen vorgesehen. In energetischer Hinsicht werden die Bestände eher positiv eingestuft. Fassadendämmungen erfolgen oft nur bei gravierenden baulichen Mängeln an den Gebäudehüllen, die vorhandenen Dachdämmungen werden im Verhältnis zum Aufwand und der erzielbaren Energieeinsparung als wirkungsvoll und ausreichend eingestuft. Von vier der befragten Eigentümer des hier untersuchten Bestandstyps wurden Dach- bzw. Fassadendämmungen vorgenommen. Bezogen auf die Wohnungsbestände erfolgen hier in vergleichbarem Umfang Maßnahmen wie in westdeutschen Märkten mit guter Wohnungsnachfrage. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen jedoch der Aus- tausch der Fenster und die Erneuerung von Heizungsanlagen. In Wohnungsmärkten mit einer guten Nachfrage, aber einer ausgeprägten Konkurrenzsituation, sind bauliche Maßnahmen für die Vermieter von strategischer Bedeutung, um sich am Markt abzuheben und die Konkurrenzfähigkeit sicherzustellen. Auch Hochhäuser lassen sich in den untersuchten Beispielen gut platzieren. Die städtebauliche Dominanz wird z. T. sogar als Marketingmittel genutzt. Die Nachfrage ist hierbei jedoch anders strukturiert als bei den 5- bis 6-geschossigen Gebäuden. Aufgrund der Wohnungstypen und z. T. fehlender Balkone werden diese Wohnungen oftmals eher von jüngeren Haushalten mit geringerer Wohndauer nachgefragt. Vor diesem Hintergrund eignen sich diese Bestände eher für jüngere Haushalte mit eher kurzen Wohnperspektiven, wie z. B. junge 1- und 2-Personen-Haushalte bzw. Studenten. Die Konflikte im Umgang mit den Hochhäusern sind hier nicht so stark wie in schrumpfenden Märkten, da die Vermietung in der Regel gesichert ist. Zukünftig wird in diesen Märkten mit keinen grundlegenden Veränderungen zu rechnen sein, sofern die Nachfrage weiterhin stabil bleibt, worauf einige Faktoren hindeuten. Die Eigentümer planen i.d.R. keine grundlegenden Umstrukturierungen. Zwar gibt es in dem Fallbeispiel Potsdam unterschiedliche Beteiligungsintensitäten hinsichtlich der Quartiersentwicklung, jedoch weichen die Bestandsentwicklungsstrategien nicht grundsätzlich voneinander ab. Wohnungsprivatisierungen haben in der Vergangenheit wenig Erfolg gebracht und werden auch zukünftig keine Rolle spielen – nur ein privater Eigentümer aus der Befragung hält den Wohnungsverkauf für eine bedeutende Strategie. Auch Rückbau wird zukünftig kein großes Thema sein, lediglich eines der befragten Wohnungsunternehmen in Dresden plant den Rückbau von ca. 300 Wohneinheiten. Bestandsstrategietyp 5 und 6 Der Typ 5 bezieht sich vor allem auf die in der ersten Hälfte der 70er Jahre errichteten Wohnungen in Großwohnsiedlungen in Westdeutschland. Typ 6 umfasst Wohnungsbestände in kleineren Siedlungszusammenhängen. Bei den Großwohnsiedlungen handelt es sich um hochverdichtete, in sich geschlossene Siedlungen mit Hochhäusern, die ca. ab 1968 errichtet worden sind. Insgesamt befin- 89 Auswertung den sich in Westdeutschland rund 1.580.000 Wohnungen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Märkten, dies entspricht 30 % der Bestände der 70er und 80er Jahre. Zahlreiche Bestände befinden sich in den altindustrialisierten Regionen des Ruhrgebietes mit einer Größenordnung von rund 350.000 Wohnungen. Gemessen am Gesamtbestand an Wohnungen der 70er und 80er Jahre sind die Anteile regional weitgehend gleich verteilt. In der weit überwiegenden Zahl der Regionen beträgt der Anteil zwischen 20 % und 30 % und spiegelt damit den Anteil am Gesamtmarkt wider. Der Wohnungsbau in westdeutschen Großsiedlungen ist ebenfalls durch Plattenbau geprägt. Gegenüber dem industriellen Wohnungsbau der DDR zeichnen sich die Siedlungen jedoch durch vielfältigere Bauweisen und städtebauliche Formen aus. Die Siedlungen haben in der Regel deutliche strukturelle Defizite, baulich-funktionale Mängel und unzureichende Infrastrukturausstattungen. Hinzu kommen vielfach soziale Probleme, die zum großen Teil aus der Belegungspolitik resultieren. Die räumliche Konzentration belegungs- und mietpreisgebundener Wohnungen führte vielfach zu einer sozialräumlichen Konzentration einkommensschwacher Haushalte. Die vorhandene Sozialstruktur ist häufig durch einen hohen Anteil an Personen mit mittlerem und niedrigem Bildungs- und Einkommensniveau geprägt. Der Anteil an Haushalten mit Migrationshintergrund liegt zum Teil bei 30 % und mehr. Fast die Hälfte der Eigentümer in Großwohnsiedlungen hält den Anteil für überdurchschnittlich. In den kleineren Siedlungszusammenhängen ist der Anteil hingegen deutlich geringer. Es zeigt sich auch, dass die Siedlungen der 70er Jahre bisher keine Überalterungsprozesse durchlaufen. Der Anteil der älteren Bewohner wird überwiegend als durchschnittlich eingestuft. Zukünftig wird jedoch mit einer Zunahme gerechnet. Im Hinblick auf das altengerechte Wohnen werden aber von den Eigentümern bisher relativ wenige Maßnahmen realisiert. Überwiegend handelt es sich um Einzelmaßnahmen, die bei Bedarf bei einzelnen Mietern durchgeführt werden. Größere Projekte im Bestand gibt es bisher nur vereinzelt. Die in der Eigentümerbefragung befragten Wohnungsunternehmen stufen ihre Wohnungsbestände in stagnierenden bzw. schrumpfenden Märkten in Großwohnsiedlungen mit rund 80 % überwiegend im mittleren Mietpreissegment ein, die übrigen Bestände befinden sich im preiswerten Segment. In kleineren Wohnsiedlungen wird ein kleiner Teil der Bestände (6 %) dem höherpreisigen Segment zugeordnet. Die geförderten Wohnungen der 70er Jahre verfügen vielfach über relativ große Wohnflächen. Zu den Nachteilen zählen die vielfach kleinen, innen liegenden Küchen. Für dieses Segment bestehen angesichts der Wohnungsgrößen und dabei günstigen Preise in der Gruppe der einkommensschwächeren Familien aber kaum Vermietungsprobleme. Die großen Wohnungen werden insbesondere von Familien mit Migrationshintergrund gut angenommen. Etwas ungünstiger ist die Vermietungssituation oftmals bei den kleineren Wohnungstypen. Jüngere Haushalte, für die diese Wohnungen geeignet sind, fragen jedoch vielfach an andere innerstädtischen Standorten Wohnraum nach. So zeigt sich, dass das Werben um Studenten selten zum gewünschten Erfolg führt. Bei den 70er und 80er Jahre-Beständen in Großwohnsiedlungen können die Leerstände in Abhängigkeit vom Eigentümer bis zu 20 % erreichen. Im Rahmen der Eigentümerbefragung gaben die Unternehmen dieser Bestandsstrategietypen Spannen zwischen 3 % in Dortmund und 20 % in Wolfsburg an. Es zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang mit dem Sanierungsstand, da die Leerstände kleinräumig, je nach Eigentümer deutlich variieren. Allerdings sind auch in schwierigeren Märkten geringe Leerstände um 2 % möglich, wenn die Vermietungsstrategie darauf ausgerichtet ist und die Steuerung der Belegungsstruktur eine untergeordnete Rolle spielt. Zu den wichtigsten Eigentümern der Wohnungsbestände in den Großwohnsiedlungen zählen nach wie vor die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Die Bestände verfügen vielfach heute noch über Mietpreisund Belegungsbindungen, welche jedoch zunehmend auslaufen. Der Anteil an noch bestehenden Belegungs- bzw. MietpreisbinBestandsstrategietyp 5 und 6 Regionstyp: Westdeutschland Markttyp: stagnierend/ schrumpfend Bestandstyp: Großwohnsiedlung (Typ 5) und kleinere Wohnsiedlung (Typ 6) Städtetypen: Arnsberg, Bochum, Bremen, Dortmund, Gelsenkirchen, Gießen, Göttingen, Hamm, Hannover, Hof, Nürnberg, Wolfsburg Quelle: Eigene Darstellung dungen liegt der Befragung zufolge bei 40 %, wobei der Anteil in den Großwohnsiedlungen deutlich unter dem der kleineren Wohnsiedlungen liegt. Der Großteil dieser Bindungen wird nach 2017 auslaufen, dies gaben gut ein Drittel der befragten Wohnungsunternehmen mit Wohnungsbeständen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Städten an. Nach Auslaufen der Bindungen sind vor allem Mietpreisanpassungen zu erwarten, dies ist bei 16 % der befragten Wohnungsunternehmen der Fall. An jenen Standorten, an denen es das Marktniveau und die Vermietungssituation zulassen, werden die Mieten nach oben angepasst. Insbesondere an Standorten mit einem Angebotsüberhang werden sich jedoch diese Mieterhöhungen wohl nicht realisieren lassen. Andere Strategien wie Verkäufe oder Mieterprivatisierungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Strategien der kommunalen Gesellschaften sind vielfach durch die Interessen des Gesellschafters geprägt. Dies wirkt sich auf die Belegungspolitik aus, da diese Gesellschaften im Allgemeinen einem öffentlichen Versorgungsauftrag nachkommen. In den dokumentierten Beispielen hat sich gezeigt, dass die kommunalen Gesellschaften tatsächlich häufiger als Initiator und Kooperationspartner stadtbaulicher Entwicklungen auftreten. So haben beispielsweise drei Viertel der befragten kommunalen Wohnungsunternehmen, aber nur 9 % der privaten Vermieter an Quartiersentwicklungskonzepten mitgewirkt. Modernisierungsmaßnahmen sind in den Beständen der Großwohnsiedlungen bei rund einem Drittel der Wohnungen vorgenommen worden. Dies ist der höchste Wert unter den Bestandstypen. Bei kleineren Wohnsiedlungen wurden Modernisierungen nur in geringem Maß (5 %) vorgenommen (vgl. Tab. 16 und 25). Zu den zentralen Herausforderungen zählen insbesondere energetische Modernisierungen. Als bauliche Defizite werden die Dächer, die bei Erneuerung die höchsten Kosten bewirken, und die Fenster genannt. Die Erneuerung der Fenster ist vielfach bereits erfolgt, je nach Eigentümergruppen jedoch in unterschiedlichem Maß. In einem Beispiel in Bochum waren rund 30 % der kommunalen Wohnungsbestände inzwischen modernisiert, dies schließt auch eine energetische Modernisierung ein. Bei den verwalteten Beständen im selben Quartier wurden seit der Errichtung keine nennenswerten Maßnah- men durchgeführt. Technisch, energetisch und ihrer Ausstattung nach sind sie damit auf dem Stand der 70er Jahre. Von den befragten Unternehmen gaben 21 % (mit Beständen in Großwohnungssiedlungen) bzw. 26 % (mit Beständen in kleineren Wohnsiedlungen) an, dass sie Maßnahmen zu Wärmedämmung an Dach und Fassade in den letzten fünf Jahren vorgenommen haben. Auch in der Zukunft spielt die Wärmedämmung bei den Wohnungsunternehmen in Klein- und Großwohnsiedlungen eine wichtige Rolle (33 % bzw. 17 % der befragten Unternehmen). Bezogen auf die Wohnungsbestände geht es hierbei jedoch nur um 5–6 % der Wohnungsbestände. Hinsichtlich der energetischen Modernisierung wurde in den Gesprächen mit den Eigentümern vielfach auf das Investorendilemma hingewiesen. Von der energetischen Modernisierung würden langfristig die Bewohner durch geringere Energiekosten profitieren, aber auch die Eigentümer, die auf diese Weise die Werthaltigkeit ihrer Bestände und ihre Vermietbarkeit verbessern. Daher sind solche Maßnahmen zwar gewollt, jedoch sind zum einen die Anforderungen durch die EnEV sehr umfassend, sodass je Objekt umfangreiche Investitionen notwendig sind. Zum anderen lässt die Marktsituation insbesondere in Märkten mit Angebotsüberhängen entsprechende Mieterhöhungen nicht zu, sodass eine Umlage von 11 % der Investitionskosten auf die Mieten nicht realisierbar ist. Denn gleichzeitig wirken sich hohe Betriebskosten ungünstig auf die Gesamtmietkosten aus. Hierzu können z. B. die Fahrstühle und die Müllentsorgung beitragen. Dies kann dazu führen, dass Investitionen begrenzt oder ganz unterlassen werden. Der zentrale Hemmfaktor für Investitionen ist jedoch der geringe Spielraum bei der Mietpreisgestaltung. Investitionen sind nur zu einem geringen Teil refinanzierbar und somit nicht rentabel. Mieterhöhungen im notwendigen Umfang geben die untersuchten Wohnungsmärkte nicht her, insbesondere im preiswerten Wohnungssegment, wo z. T. eher noch Mietpreisanpassungen nach unten notwendig werden, um die Vermietung sicherzustellen. Bei der Vermietung spielen energetische Aspekte allerdings bisher kaum eine Rolle, was auch bei anderen Bestandstypen zu beobachten ist. Angebote mit Hinweis auf energetische Eigenschaften haben keinen Marktvorteil – eher im Gegenteil, entsprechende Hinweise wurden in einer Anzeigenreihe wie- 91 Auswertung der rausgenommen, da keine Resonanz zu verzeichnen war. Anfragen bezüglich eines Energiepasses werden vonseiten potenzieller Mieter (noch) nicht gestellt. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden von den Eigentümern nur Einzelmaßnahmen umgesetzt, d.h. auf Nachfrage bei einzelnen Wohnungen (z. B. Maßnahmen im Badezimmer). Viele Bestände der Großwohnsiedlungen eignen sich trotz Fahrstuhl für barrierefreies Wohnen nur bedingt, vor allem wenn die Fahrstühle nur auf halber Treppe halten. Aus der Unternehmensbefragung geht hervor, dass lediglich in 10 % der Bestände in Großwohnsiedlungen und nur 2 % der Bestände der kleineren Wohnsiedlungen bauliche Maßnahmen zur Verringerung von Barrieren durchgeführt wurden. Nur in Einzelfällen werden Objekte gezielt für bestimmte Zielgruppen umgebaut. Größere Maßnahmen wie Grundrissänderungen wurden in den Beständen nicht vorgenommen und sind nicht geplant. Die im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse deuten auf keine größeren Verkäufe von Wohnungsbeständen hin. Wie aus der Befragung der Wohnungsunternehmen hervorgeht, haben lediglich 5 % der Unternehmen angegeben, dass der Verkauf ihrer Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen „bedeutend“ ist. Unternehmen mit Beständen in Großwohnsiedlungen haben dies in keinem Fall angegeben. Die kommunalen Wohnungsgesellschaften sowie Genossenschaften schließen Verkäufe überwiegend aus. Jeweils ein kommunales Wohnungsunternehmern und eine Genossenschaft halten den Verkauf der Bestände in kleineren Wohnsiedlungen für eine bedeutende strategische Maßnahme. Gegebenenfalls ist mit Wiederverkäufen bei einzelnen institutionellen Eigentümern zu rechnen. Mieterprivatisierungen spielen kaum eine Rolle. Bei diesen Angaben ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Thema „Verkauf“ nur mit großer Diskretion behandelt wird und die Angaben hierzu aus strategischen Gründen eher zurückhaltend sind. Deutliche Handlungserfordernisse bei der Gestaltung des direkten Wohnumfeldes ergeben sich nach Ansicht der Akteure in Großwohnsiedlungen, z. B. im Hinblick auf die Gestaltung öffentlicher Plätze, der Grünflächen und Spielplätze sowie die Beseitigung von Gebrauchsspuren („Vandalismus“). Häufig gibt es in den Wohngebieten nur eine eingeschränkte Einzelhandelsversorgung. Die Förderung des Einzelhandels und Schaffung von neuen Angeboten ist daher häufig ein wichtiges Handlungsfeld, insbesondere im Rahmen von Programmen, wie „Soziale Stadt“ oder „Stadtumbau West“. Bezogen auf die Wohnungsbestände ist dies ein wichtiges Handlungsfeld in den Großwohnsiedlungen, bei rund einem Drittel der Wohnungen wurden Maßnahmen durchgeführt bzw. sind Maßnahmen geplant. Bei kleineren Wohnsiedlungen spielt dies eine deutlich geringere Rolle. Die Gesamtgestaltung der Wohnanlage ist nach Ansicht der Vermieter notwendig für die Identität der Siedlung bzw. der Bewohner, kann jedoch an der fehlenden Bereitschaft einzelner Eigentümer scheitern. Bestandsstrategietyp 7 und 8 Der Bau von Großwohnsiedlungen in Westdeutschland bezieht sich fast ausschließlich auf die 70er Jahre. Die Eigentümerbefragung ergab, dass nur rund 11 % der Wohnungen in Großwohnsiedlungen zwischen 1980 und 1989 errichtet wurden. Bei den in den Fallstudien untersuchten Großwohnsiedlungen handelt es sich um größere Siedlungen mit rund 3.000 bis 7.000 Wohnungen. In der Regel entstanden dort hoch verdichtete Zentren mit bis zu 14-geschossigen Gebäuden. Die Eigentümerstruktur in den Großwohnsiedlungen im Westen ist insgesamt vielfältiger als in den ostdeutschen Großwohnsiedlungen, wenngleich der größte Anteil durch die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – kommunale Gesellschaften und verschiedene Genossenschaften – im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus erbracht wurde. Neben den benannten Unternehmenstypen traten hier häufig auch private Gesellschaften und Wohnungsunternehmen sowie Kirchen als Bauträger und Vermieter auf. Im Vergleich dazu zeichnet sich die 80er JahreGroßwohnsiedlung Allermöhe-Ost durch eine im Vergleich noch kleinteiligere Eigentümerstruktur aus. Dort liegt der Anteil der großen, ehemals gemeinnützigen Anbieter bei rund einem Drittel. Alle übrigen Wohnungen verteilen sich auf kleinere Eigentümer. Bestandsstrategietyp 7 und 8 Regionstyp: Westdeutschland Markttyp: wachsend/strukturstark Bestandstyp: Großwohnsiedlung (Typ 7) und Kleinere Wohnsiedlung (Typ 8) Städtetypen: Darmstadt, Dormagen, Freiburg, Freising, Hamburg, Hanau, Ingolstadt, Karlsruhe, Köln, Leverkusen, Ludwigsburg, Mainz, Osnabrück, Troisdorf, Wiesbaden, Worms Quelle: Eigene Darstellung Die Wohnflächenstandards der 80er JahreGroßwohnsiedlungen sind gegenüber anderen Siedlungen aus den 70er Jahren etwas höher, gegenüber anderen Beständen der 80er Jahre jedoch eher gering. Geringere Flächen wurden praktisch durch erhöhte Freiflächenanteile kompensiert. Im Unterschied zu den 70er Jahre-Wohnungen fallen jedoch die Bäder und Küchen hier wieder etwas kleiner aus. Wie für viele andere Großwohnsiedlungen auch zählen die Monofunktionalität und infrastrukturelle Defizite zu den Problembereichen. Auch das Beispiel Allermöhe Ost aus den 80er Jahren, das sich bei der Umsetzung an dem Leitbild der Kleinteiligkeit und Kleinmaßstäblichkeit orientierte, zeigt deutliche Defizite im infrastrukturellen Bereich, die trotz entsprechender Planungen im Laufe der Zeit entstanden sind. Dies bezieht sich z. B. auf die Platzgestaltung im zentralen Bereich und die Versorgung mit dem täglichen Bedarf. Unabhängig von der Marktsituation spielten in den 70er Jahre Siedlungen bauliche Probleme früh eine Rolle, weshalb umfassende Korrekturmaßnahmen, u. a. durch Festlegung von Sanierungsgebieten durchgeführt worden sind. Hohe Leerstände und das Zuspitzen von baulichen und sozialen Missständen führten seit Mitte der 80er Jahre zu „Nachbesserungen“. In den Beständen des sozialen Wohnungsbaus – sowohl in Großwohnsiedlungen als auch in kleineren Wohnsiedlungen – sind in der Regel die Anteile an Haushalten mit Migrationshintergrund deutlich höher als in anderen Stadtteilen. Zum Teil sind problematische Sozialstrukturen entstanden, was sich an einer Häufung an Nachbarschaftsproblemen zeigt (z. B. Fallstudien Mainz, Allermöhe). Ein großer Teil der Wohnungen verfügt noch über Belegungsbindungen, die Laufzeiten von zehn und mehr Jahren haben. Insgesamt 28 % der Wohnungen in Großwohnsiedlungen und 42 % der Wohnungen in anderen Siedlungen, die im Rahmen der Eigentümerbefragung diesen Bestandsstrategietypen zugeordnet werden können, befinden sich derzeit noch in einer Mietpreisbindung. Die Bindungen laufen überwiegend erst nach 2017 aus, dies ist sowohl im Bestandsstrategietyp 7 als auch 8 der Fall. Die Altersstruktur der Bewohner ist insbesondere in den jüngeren Baualtersklassen relativ ausgeglichen, einen leicht höheren Anteil haben die einkommensschwachen Haushalte. So gaben beispielsweise nahezu drei Viertel der Unternehmen in der Eigentümerbefragung an, dass die Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen überdurchschnittlich hoch durch einkommensschwache Haushalte geprägt ist. In den kleineren Wohnsiedlungen werden die einkommensschwachen Haushalte als eher durchschnittlich häufig vertreten eingeschätzt (57 %). Auch bei einer insgesamt guten Vermietungssituation in den Siedlungen der 70er und 80er Jahre in Märkten mit großer Wohnungsnachfrage wirken sich die Lageunterschiede auf die Vermietbarkeit der Bestände und die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen unterschiedlich aus. So können Bestandsmaßnahmen in älteren Beständen der 60er Jahre in zentraleren Lagen aufgrund ihrer besseren Lage deutlich wirtschaftlicher als in den Beständen der 70er in der Peripherie sein, da das Mieterhöhungspotenzial entsprechend größer ist. Hinzu kommt, dass die Wohnkosten in den 70er Jahre-Beständen häufig höher sind als in anderen Beständen. Zurückzuführen ist dies auf höhere Nebenkosten (insbesondere Betriebskosten) und auf vergleichsweise große Wohnflächen. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen sind auch in den untersuchten Beständen der Typen 7 und 8 nur im Einzelnen Maßnahmen realisiert worden. Die Ergebnisse der Eigentümerbefragung unterstützen diese Einschätzung, nur ca. 6 % der befragten Unternehmen haben in den vergangenen Jahren entsprechende Maßnahmen durchführt. Hauptargument für die geringen Investitionstätigkeiten in diesem Segment sind die umfangreichen Anforderungen der DIN 18025 für Barrierefreiheit. In den Siedlungsbeständen mit geringen Geschosshöhen – hierzu zählen insbesondere die in den 80er Jahren errichteten Bestände – sind zudem keine Fahrstühle vorhanden, sodass die Obergeschosse nicht erreichbar sind. Entsprechend werden Maßnahmen nur in Erdgeschosswohnungen durchgeführt. Über individuelle Anpassungen geht dies aber nicht hinaus. Grundrissänderungen spielen in den 70er und 80er-Jahre-Beständen keine Rolle. Diese wurden von den befragten Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit nur in den 50er-Jahre-Beständen durchgeführt. Aber auch in diesem Segment wird von der Änderung der Grundrisse inzwischen Abstand genommen, da die Kosten mit Neubaukosten vergleichbar sind, ohne dass Neubaustandards geschaffen werden. Die damit verbundenen Mietpreissteigerungen werden vom Mieter nicht angenommen. Hinzu kommt, dass auch kleinere 1-Zimmer-Wohnungen durch die Regelungen in Zusammenhang mit ALG II eine deutlich 93 Auswertung erhöhte Nachfrage erfahren haben. Vermietungsprobleme gibt es in diesem Segment seit Hartz IV praktisch nicht mehr. Auch in der Eigentümerbefragung wurde deutlich, dass energetische Maßnahmen in der Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. So haben 27 % der Befragten der Bestandsstrategietypen 8 und 15 % des Typs 7 angegeben, dass in den nächsten fünf Jahren Wärmedämmungen an Dach und Fassade geplant seien. In den 80er Jahre-Wohnungen sind bisher allerdings über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus keine wesentlichen Bestandsentwicklungen vorgenommen worden. Die Gründe liegen in dem relativ jungen Baualter, weshalb der energetische Standard auf einem anderen Stand ist als in anderen Großwohnsiedlungen der 70er Jahre. Hinsichtlich der Kennwerte stehen diese Bestände deutlich besser da. Die Gebäude verfügen über KW/h-Werte im Bereich von 110 bis 130. Nach Aussagen von Unternehmensseite wird ein Handlungsbedarf erst bei Werten um 180 KW/h gesehen. Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände der 80er Jahre wird entsprechend erst in zehn bis 20 Jahren eine Rolle spielen. Dann werden voraussichtlich Maßnahmen wie Wärmedämmung und die Erneuerung der Heizungssysteme notwendig sein. Diese Einschätzung deckt sich weitgehend mit den anderen Bestandstypen. Maßnahmen zur energetischen Erneuerung sind aus Sicht der Wohnungsunternehmen ohne Förderungen nicht umsetzbar. Dies trifft umso mehr zu als die Richtlinien der Energieeinsparverordnung hohe Anforderungen stellen. Die bestehenden Fördermöglichkeiten zum Zeitpunkt der Befragung werden zum Teil kritisch beurteilt. So gibt es Positionen, die KfW-Darlehen als unpassendes Förderinstrument einstufen, da hier nur Paketlösungen möglich seien, die die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen überfordern. Besser wäre ein Zuschussmodell, das es zulässt, Einzelmaßnahmen zu fördern (entweder Fenster oder Dach, aber nicht zwingend beides). Sonst bestehe die Gefahr, dass Maßnahmen an Beständen solange unterlassen werden, bis zu einem späteren Zeitpunkt ein umfassendes Maßnahmenpaket durchgeführt wird. Nach Angabe der befragten Wohnungsunternehmen wurde in den letzten fünf Jahren bei rund 20 % der Wohnungen des Bestandsstrategietyps 7 eine Wärmedämmung an Dach oder Fassade vorgenommen, beim Bestandstyp 8 war es rund ein Drittel. Modernisie- rungen innerhalb der Wohnungen (insbesondere Sanitäranlagen) wurden vielfach bei Mieterwechseln durchgeführt. Die Akzeptanzquote bei den Mietern für die Durchführung von Modernisierungen kann insbesondere bei einkommensschwächeren Bewohnern geringer sein, da viele Haushalte die erhöhten Mietkosten nicht tragen können oder wollen. Im Rahmen der Eigentümerbefragung gaben 17 % der Unternehmen aus dem Bestandsstrategietyp 7 an, dass Wohnumfeldmaßnahmen in den letzten fünf Jahren durchgeführt wurden. Dafür wurden bezogen auf die Wohnungen rund 3.550 € je Wohnung investiert. Insgesamt 6 % der befragten Unternehmen planen darüber hinaus in den nächsten fünf Jahren entsprechende Maßnahmen. Bei der Weiterentwicklung der untersuchten Wohnungsbestände handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den 50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen für eine Erneuerung dieser Bestände werden jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland wird der Handlungsschwerpunkt zukünftig vor allem bei den 70er Jahre-Beständen, die vielfach auch im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind, liegen. Verkäufe von Wohnungsbeständen erfolgten in den untersuchten Fallstudien in größerem Umfang vor allem an institutionelle Eigentümer. Zukünftig sind nach Aussagen der beteiligten Eigentümer aber keine größeren Veräußerungen zu erwarten. Dies geht auch aus der durchgeführten Eigentümerbefragung hervor, die befragten Unternehmen halten den Verkauf von Wohnungsbeständen als Portfoliostrategie überwiegend für unbedeutend. Im Unterschied zu anderen Märkten ist die Marktgängigkeit auch der Großwohnsiedlungsbestände in den prosperierenden Städten gut, häufig gibt es hier Vollvermietung. Die Mietpreise bewegen sich eher im mittelpreisigen Segment und können in einzelnen Städten, wie z. B. Hamburg, 6,00–8,00 €/m² nettokalt erreichen. Dabei gibt es Abstufungen zwischen den Baualtersklassen. So liegen die Bestände der 70er/80er Jahre im Gesamtmarkt eher im mittelpreisigen Segment. Innerhalb dieser Baualtersklasse zählen die Bestände in Großwohnsiedlungen jedoch eher zu den preiswerteren Beständen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass häufig in älteren Baualtersklassen – hierzu zählen insbesondere 50er und 60er Jahre Bestände – auch vielfach noch günstigere Wohnungen vertreten sind. 5 Zusammenfassung und Empfehlungen Die Analysen der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre haben einen Überblick über die aktuelle Situation und zukünftige Entwicklungen gegeben. Nachfolgend werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst und Handlungsempfehlungen formuliert. von der Marktsituation der Bestanden ab. In dynamischen Wohnungsmärkten kann die Wohnkostenbelastung für zahlreiche einkommensschwache Haushalte möglicherweise zunehmen bzw. ein Teil der Wohnungen werden nicht mehr dem preiswerten Segment zur Verfügung stehen. Die höchste Bautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich hat im Verhältnis zu der Einwohnerdichte in der damaligen DDR stattgefunden. Folglich spielen die Bestände der 70er und 80er Jahre heute im Osten eine noch größere Rolle als im Westen. In den Regionen im Osten Deutschlands gibt es Anteile von 30 % und mehr am Wohnungsbestand. In Westdeutschland fand Wohnungsbau in den 70er und 80er Jahren in Mehrfamilienhäusern insbesondere in den Agglomerationsräumen mit seinen Kernstädten und den verdichteten Kreisen statt. Die mengenmäßigen Anteile überschreiten in den Regionen jedoch nur selten die 30 %-Grenze. Bei den Beständen in Großwohnsiedlungen in Westdeutschland wird aber auch deutlich, dass vergleichsweise hohe Wohnnebenkosten zu insgesamt hohen Wohnkosten beitragen. Vielfach sind die Bestände dem mittelpreisigen Segment zuzuordnen. Dies führt dazu, dass die Mieterhöhungspotenziale vor dem Hintergrund der Wohnungs- und Lagequalitäten deutlich eingeschränkt werden. In Märkten mit geringer Nachfrage ist es demnach von großer Bedeutung, im Rahmen von energetischen Sanierungen die Nebenkosten zu senken, um die Vermietbarkeit sicher zu stellen. Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre haben eine wichtige Versorgungsfunktion Es hat sich gezeigt, dass die untersuchten Wohnungsbestände eine große Bedeutung für die Wohnungsmärkte und die Wohnungsversorgung haben. Diese haben nicht nur eine stabilisierende Wirkung für den Wohnimmobilienmarkt, sondern auch für die Stabilität der Volkswirtschaft insgesamt, was derzeit angesichts der internationalen Finanz- und Immobilienkrise von herausragender Bedeutung ist. Die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Versorgung einkommensschwacher Haushalte. In Großwohnsiedlungen gaben 70 % der Eigentümer an, dass der Anteil an einkommensschwachen Haushalten überdurchschnittlich ist. Entsprechend ist der Anteil der Wohnungsbestände, die dem preiswerten Marktsegment zuzuordnen sind, mit rund 40 % sehr hoch. Unter den in der Befragung erfassten Wohnungen, die sich überwiegend im Westen befinden, hat fast jede zweite Wohnung eine Bindung. Drei Viertel dieser Bindungen werden erst nach 2017 auslaufen. Es kann davon ausgegangen werden, dass als Folge davon seitens der Wohnungsunternehmen versucht wird, die Mietpreise für den größten Teil dieser Wohnungen an das Marktniveau anzupassen. Ob dies gelingt, hängt im Wesentlichen Marktfähigkeit hängt von der Lage und der baulichen Qualität ab Die Konkurrenzfähigkeit der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre hängt in erster Linie von der jeweiligen Marktsituation und der Lage im Stadtgebiet ab. Bei stabiler Nachfrage und einer guten Lageeinbindung im Stadtgebiet kann die Marktfähigkeit auch zukünftig durchaus gegeben sein. Die Marktsituation in den Beständen der Großwohnsiedlungen ist aber auch durch strukturelle Probleme geprägt. Insbesondere die Bestände in den ostdeutschen Siedlungen befinden sich in einer ungünstigen lokalen Marktsituation. Verstärkt wird die ungünstige Nachfragesituation durch strukturelle Mängel der Baustruktur und des Wohnumfeldes der größeren Siedlungen, die sowohl im Osten als auch im Westen zu Marktproblemen führen und Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung haben. In den westdeutschen Regionen zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit der Vermietbarkeit von der lokalen Marktsituation. So ist die Vermietung in guten Marktsituationen in der Regel unproblematisch. Handlungserfordernisse gibt es hier insbesondere bei der Steuerung der Belegungsstruktur. In Märkten mit stabiler Nachfrage zeigt sich eine hohe Abhängigkeit von der kleinräumigen Lage. Hierbei können auch Bestände der 50er und 60er Jahre aufgrund ihrer innenstadtnahen Lage im Vorteil sein. Im Osten Deutschlands ist in schrumpfenden Märkten auch zukünftig wei- 95 Zusammenfassung und Empfehlungen terhin mit Nachfragerückgang und weiteren Segregationsprozessen zu rechnen. Die Analyse hat jedoch auch Hinweise auf spezifische Unterschiede zwischen den hier gebildeten Bestandstypen gegeben. In Ostdeutschland sind im Zeitverlauf unterschiedliche bauliche Qualitäten entstanden. Während die Bestände der 80er Jahre im Osten eher von geringerer Qualität sind, haben die Bestände der 80er Jahre im Westen noch wenig Handlungsbedarf. In den neuen Ländern unterlagen die Wohnungsbestände der 70er und insbesondere auch der 80er Jahre seit 1990 bereits umfangreichen Veränderungen. Viele Wohnungen und Großsiedlungen wurden in den 90er Jahren im Zuge von Modernisierungen und Wohnumfeldverbesserungen angepasst. Im Rahmen des „Stadtumbau Ost“ sind außerdem zahlreiche Wohnungen durch Abriss wieder vom Markt genommen worden. Insgesamt hohe Wohnzufriedenheit in den untersuchten Beständen Die Wohnzufriedenheit der Bewohner ist insgesamt vergleichsweise hoch. Dies ergab die Befragung unter den Bewohnern im Hinblick auf ihre Wohnsituation. Mit 60 % ist der Anteil der Bewohner, die ihre Wohnung bzw. den Vermieter weiterempfehlen, höher als bei vergleichbaren Befragungen. Zu der hohen Wohnzufriedenheit tragen ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis und ein insgesamt gutes Nachbarschaftsverhältnis bei. Kritik wird jedoch häufiger geäußert im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild der Gebäude. Vielfach wurden bereits Maßnahmen vonseiten der Eigentümer an Fenstern, Fassaden und Gemeinnutzungsflächen durchgeführt, jedoch ist die Zufriedenheit der Bewohner mit einigen Aspekten, wie der Wärmedämmung, dem Zustand der Fenster oder dem Zustand der Fassade unterdurchschnittlich. Dem z. T. etwas ungepflegten Umfeld steht ein relativ hoher wohnungsbezogener Komfort zu günstigen Preisen gegenüber. Die äußert sich in einer hohen Zufriedenheit hinsichtlich der Ausstattung der Küche, der Schallisolierung und der Funktionsfähigkeit der Fahrstühle. Die Wohnungen der Befragten sind tendenziell groß. Mehr als 75 % haben eine Wohnfläche von mehr als 60 m², im Vergleich zu 65 % in allen Beständen deutschlandweit.42 Diese funktionalen Wohnungen ziehen besonders große Familien an. Zwar ist der Anteil von Familien mit Kindern nicht wesentlich höher als im Bun- desdurchschnitt (23 % bzw. 22 %), es gibt jedoch zehnmal so viele Haushalte mit vier und mehr Kindern (5 % bzw. 0,5 %). Auffällig ist die hohe Wohndauer bei einem relativ großen Anteil der Bewohner. 29 % der Bewohner wohnen länger als 20 Jahre in der Wohnung, hier liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es sich um Erstbezieher handelt. Weitere 28 % wohnen seit 10 und mehr Jahren in der jeweiligen Wohnung. Energetische und altersgerechte Maßnahmen werden zukünftig an Bedeutung gewinnen Mehr als die Hälfte aller befragten Eigentümer haben in den vergangenen fünf Jahren Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Die wichtigsten Handlungsbereiche umfassen hierbei Maßnahmen an der Gebäudehülle, wie Wärmedämmungen an Dächern und Fassaden sowie der Austausch von Fenstern. Insgesamt betrifft dies aber nur rund 10 % der Wohnungsbestände. Bei der Vermietung spielen energetische Aspekte bisher aber auch kaum eine Rolle, was auch bei anderen Bestandstypen zu beobachten ist. Angebote mit Hinweis auf energetische Eigenschaften haben in der Regel noch keinen Marktvorteil (die ungünstige Energiebilanz wird jedoch häufig als Grund für eine Investition genannt s. o.). Die Analysen haben deutlich gemacht, dass der Handlungsbedarf bei den untersuchten Beständen im Hinblick auf Energie einsparende Maßnahmen noch relativ gering ist. Die aktuellen Kennwerte sind aufgrund der Bauweisen relativ günstig, sodass einzelne Maßnahmen, wie z. B. Dachdämmungen oder der Austausch der Fenster ausreichend sind. Energie einsparende Maßnahmen rentieren sich derzeit eher in älteren Beständen der 50er und 60er Jahre. Bei den Beständen der 70er und 80er Jahre sind demnach erst in ca. zehn Jahren umfangreichere Maßnahmen zu erwarten. Auch altengerechte Modernisierungen spielen bei den untersuchten Beständen bisher eine untergeordnete Rolle. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass die Altersstruktur häufig noch keine Überalterung aufweist. Selbst die Erstbezieher, die z. T. seit den 70er Jahren in den untersuchten Beständen leben, gehören heute zum größten Teil noch der Gruppe der 55- bis 65-Jährigen an und werden somit erst in den nächsten Jahren verstärkt altersgerechte Wohnungen nachfragen. Gründe hierfür sind aber auch die hohen Anforderungen der DIN 18025, die eine kom- (42) Alle Vergleichszahlen aus: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5/Heft 1. Die Erhebung umfasst alle Gebäudetypen. plette Barrierefreiheit vorsehen. Dabei wird häufig auch das Fahrstuhlargument angeführt, sofern kein Fahrstuhl vorhanden ist, wonach sich nur Erdgeschosswohnungen für altengerechte Maßnahmen eignen, da diese sonst nicht zu erreichen seien. Viele Objekttypen in West- und Ostdeutschland weisen wiederum Fahrstühle auf, die jedoch nur „auf halber Treppe“, also zwischen zwei Etagen oder nur in jedem zweiten Geschoss halten, sodass kein barrierefreier Zugang zu allen Wohnung ermöglicht wird. Dies gilt sowohl für Ost- als auch für Westdeutschland. Der nachträgliche Einbau von Fahrstühlen wird bei den 70er und 80er Jahre-Beständen kaum in Erwägung gezogen. Weitere Maßnahmen im Bestand, wie Grundrissveränderungen, spielen bisher keine bedeutende Rolle und werden es auch zukünftig nicht tun. Dies ist darauf zurück zu führen, dass zum einen die Wohnungen, im Gegensatz zu den Beständen der 50er und 60er Jahre, über relativ großzügige Wohnungszuschnitte verfügen. Zudem bringen solche Maßnahmen extrem hohe Kosten mit sich, weshalb sich je nach Baualter Instandhaltung oder Abriss und Neubau eher lohnen als eine umfassende Modernisierung. Der Wohnungsrückbau spielt im Westen bisher praktisch keine Rolle. Die Ergebnisse der Sekundäranalyse werden hier durch die Befragungsergebnisse und die Fallstudienergebnisse bestätigt. Allerdings deutet die Marktsituation an einigen Standorten bereits auf nachhaltige Nachfragerückgänge hin, die Rückbaumaßnahmen zukünftig notwendig machen können. In westdeutschen Städten mit Bevölkerungsrückgang, deren Großwohnsiedlungen bereits von Leerstand betroffen sind, werden entsprechende Handlungserfordernisse bereits vereinzelt diskutiert. Jedoch ist dies bei den Eigentümern noch kein Thema. Investitionen fast immer mit Fördermitteln Rund drei Viertel der Wohnungseigentümer nimmt für die Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen Fördermittel in Anspruch. Hierbei spielen die Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die größte Rolle. Immerhin ein Viertel der Befragten Eigentümer nimmt jedoch keine Fördermittel in Anspruch und verweist darauf, dass eine Inanspruchnahme nicht notwendig oder kein geeignetes Programm vorhanden oder nicht bekannt sei. In den Fallstudien ist deutlich geworden, dass die Gewährung von KfW-Darlehen als zent- rales Förderinstrument nicht immer auf Zustimmung stößt. Dies wird damit argumentiert, dass die Anforderungen an die Modernisierung aufgrund der geforderten Paketlösungen die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen überfordern. Geeigneter wäre ein Zuschussmodell, mithilfe dessen Einzelmaßnahmen gefördert werden können. Dies sei insbesondere sinnvoll, wenn man die Strategie der kontinuierlichen Modernisierung verfolge, bei der Schritt für Schritt einzelne Elemente erneuert werden (z. B. Fenster, Fassade, Dach). Bei dem bestehenden Fördermodell bestehe die Gefahr, dass bei der objektbezogenen Modernisierungsstrategie einzelne Objekte zunächst vernachlässigt werden bis zu einem späteren Zeitpunkt das ganze Modernisierungspaket durchgeführt wird. Geringes Mieterhöhungspotenzial zentrales Investitionshemmnis Es gibt eine Vielzahl an Gründen, keine Modernisierungen durchzuführen. Die Analyse hat gezeigt, dass dies auch von den unterschiedlichen unternehmerischen Strategien abhängt. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur in sehr geringem Umfang getätigt, um die Kosten möglichst gering zu halten. Einzelne Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, wenn dennoch die Vermietung gesichert wird. Dies erfolgt dann durch Preisnachlässe, Investitionszurückhaltung und eine geringe Steuerung der Mieterauswahl. Hinzu kommt, dass Investitionen durch unterschiedliche Förderpraktiken gehemmt werden können. Dies zeigt ein Beispiel eines Unternehmens, das in zwei verschiedenen Bundesländern über Bestände verfügt. Investitionen werden in dem Bundesland mit restriktiver Förderpraxis gebremst und stattdessen an anderer Stelle getätigt. Das zentrale Hemmnis für Modernisierungsmaßnahmen sind jedoch in der Regel zu enge Spielräume bei der Mietpreisgestaltung. Gerade in Märkten mit Angebotsüberhängen reagieren die Mieter sehr preissensibel. Hinzu kommt, dass sich vielfach die Bestände im preiswerten Segment befinden und kein Spielraum nach oben vorhanden ist. Die Refinanzierung von energetischen Maßnahmen ist zudem häufig nicht möglich, da das Mieterhöhungspotenzial nicht ausreichend ist. Insbesondere in Märkten mit zurück gehender Nachfrage ist dies ein Problem, da Investitionen zulasten der Vermiet- 97 Zusammenfassung und Empfehlungen barkeit durchgeführt würden. Hinsichtlich der Förderung sind dann auch verbilligte Darlehen oftmals nicht hilfreich, da das Kapital fehlt bzw. trotzdem refinanziert werden muss. Weitere Hemmnisse können die baulichen Anforderungen in Form von Richtlinien darstellen, wie sie die Energieeinsparverordnung (EnEV 2007, 2009) und die DIN 18025 für barrierefreies Bauen darstellen. Insbesondere mit der neuen Energieeinsparverordnung 2009 wird die Befürchtung verbunden, dass diese sich ungünstig auf die Investitionstätigkeiten auswirken wird. An bauliche Maßnahmen an Bestandsgebäuden werden damit erhöhte Anforderungen gestellt. Dies bezieht sich insbesondere auf Maßnahmen, die die Gebäudehülle betreffen: Für den Wärmeschutz gibt es mit der EnEV 2009 neue Höchstwerte, die eingehalten werden müssen, wenn mehr als ein Zehntel der gesamten Außenfassade des Bestandsgebäudes baulich verändert wird. Die damit verbundene Energieeinsparung liegt etwa 30 % über den Werten der EnEV 2007. Eine besondere Herausforderung stellen für die Wohnungseigentümer zudem die Anforderungen an den Brandschutz dar. Gerade die Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen häufig über große Gebäudehöhen, was bei Modernisierungsmaßnahmen zu hohen Kosten führen kann. Hierbei besteht die Gefahr, dass aufgrund der umfangreichen Investitionen entsprechende Mittel für andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen. Bestandsentwicklung abhängig von Eigentümerstrategien Inwieweit sich der Wohnungsbestand verändern wird, hängt auch ganz wesentlich von den unternehmerischen Strategien ab. Diese sind quantitativ schwer zu beziffern. Es können lediglich Hinweise gegeben werden auf einzelne Typen gegeben werden. Aus der Eigentümerbefragung ergeben sich Hinweise auf zukünftige Investitionsprozesse. Demnach werden die Eigentümer in den nächsten fünf Jahren ebenfalls rund 10 % ihrer Wohnungsbestände modernisieren. Je Wohnung werden dabei rund 10.500 € investiert. Eine Hochrechnung auf den Gesamtbestand der 70er und 80er Jahre ergibt hieraus ein zukünftiges Investitionspotenzial von rund 55 Milliarden Euro bis 2012. Die Intensität der Bestandsentwicklung ist deutlich abhängig von der jeweiligen Eigen- tümergruppe. Die unterschiedlichen unternehmerischen Strategien, die verfolgt werden, führen je nach Eigentümer und je nach Konstellation der Eigentümerstruktur vor Ort zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen. Als grobe Unterscheidung lassen sich zum einen die so genannten „Verwalter“ beschreiben, die eine Vollvermietung bei geringem baulichen Aufwand anstreben. Strategische Überlegungen in Bezug auf die Mieterstruktur spielen eine geringere Rolle als bei anderen Vermietern. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur in sehr geringem Umfang getätigt, um die Kosten möglichst gering zu halten. Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, sofern dennoch die Vermietung gesichert wird. Die Vermietung wird dann unterstützt durch Preisnachlässe und Investitionszurückhaltung. Zum anderen gibt es die „Bestandsentwickler“, die verstärkt Wert auf eine zielgruppengerechte Bestandsentwicklung legen. Gesichtspunkte der Steuerung der Belegungsstruktur spielen hier bei der Auswahl der Mieter eine größere Rolle. Entscheidend für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung sind die Eigentümer und die Kooperationen zwischen ihnen (Private, Investoren) und mit der Kommune. Hier wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale in den Quartieren genutzt werden können. Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete Entwicklung der Infrastruktur sowie Wohnumfeldaufwertungen. Hilfreich sind hierbei Programme, wie die „Soziale Stadt“ oder Stadtumbau-Programme, die die Entwicklung der Quartiere durch ihre Förderkulissen unterstützen und Investitionen anregen. Zum Teil werden hierdurch Maßnahmen ermöglicht, die sonst nicht durchgeführt würden. Wichtiger noch ist der kooperative Charakter dieser Programme, die eine Basis für eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Stadtverwaltung liefern. Regional unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten Der Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre ist regional durch unterschiedliche Entwicklungen geprägt. In prosperierenden Märkten wird es auch weiterhin eine Nachfrage geben. Insbesondere die Bestände in den größeren Wohnsiedlungen werden ein quantitativ bedeutendes Angebot im preiswerten Wohnungsmarktsegment darstellen. In Märkten mit geringerer Nachfrage werden diese Bestände aber auch zunehmend von Leerstand bedroht sein. den liegen, insbesondere auch bei denen, die im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind. Dort wo ein Wohnungsüberangebot besteht, werden die Wohnungsbestände in den Großwohnsiedlungen eine ungünstigere Perspektive haben als 50er/60er Jahre-Bestände, da jene in der Regel eine bessere Lage haben und vielfach bereits weiter entwickelt sind. Damit hängen auch die Problembereiche der 70er Jahre Bestände zusammen, vielfach handelt es sich dabei um segregierte Gebiete mit den typischen Problembereichen hinsichtlich baulicher Mängel und Nachbarschaftsproblemen. Grundsätzlich sind Fördermaßnahmen für die Weiterentwicklung dieser Bestände wohl unverzichtbar. Die hohen städtebaulichen Defizite, insbesondere der 70er-Jahre-Bestände, werden auch zukünftig kostspielige Maßnahmen notwendig machen. Die Eigentümer haben jedoch Schwierigkeiten bei der Finanzierung der notwendigen Maßnahmen, nicht zuletzt weil es bei Modernisierungen immer einen hohen Anteil unrentierlicher Kosten gibt, der ohne öffentliche Mittel nicht zu kompensieren ist. Erschwerend kommt an Standorten mit geringer Nachfrage ein begrenztes Mieterhöhungspotenzial hinzu. Angesichts ihrer wichtigen versorgungspolitischen Funktion und der Notwendigkeit in ausreichendem Umfang günstige Mieten zu erhalten, ist es daher sinnvoll, auch zukünftig Förderungen zur Verfügung zu stellen. Aus den Gesprächen ist zudem deutlich geworden, dass die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre vielfach noch nicht im Vordergrund der Investitionstätigkeiten stehen. Insbesondere bei den Wohnungsbeständen der 80er Jahre in Westdeutschland kann davon ausgegangen werden, dass umfangreichere Modernisierungen im Investitionszyklus erst in zehn bis 20 Jahren erfolgen werden. Bei der Weiterentwicklung der untersuchten Wohnungsbestände handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den 50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen für eine Erneuerung dieser Bestände werden jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland wird der Handlungsschwerpunkt in näherer Zukunft vor allem bei den 70er Jahre-Bestän- Aus der vorliegenden Untersuchung gehen keine näheren Erkenntnisse hervor, dass zukünftig mit weiteren größeren Veräußerungen zu rechnen ist. Verkäufe sind aus Sicht der Eigentümer nicht geplant, jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass entsprechende Pläne entweder nicht bekannt sind oder der Verkauf als strategische Maßnahme nicht öffentlich gemacht wird. Auch Mieterprivatisierungen spielen in den untersuchten Beständen im betrachteten Zeitraum kaum eine Rolle. 99 Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring 6 Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring 6.1 Beurteilung der vorhandenen Datenbasis Die Sekundäranalyse hat gezeigt, dass die Datenlage einen guten Überblick über Quantitäten und die räumliche Verteilung der Wohnungsbestände gibt. Allerdings ist diese Datenlage im Hinblick auf das Forschungsinteresse nicht befriedigend. Defizite ergeben sich in folgenden Punkten: • Baufertigstellungszahlen sind auf Bundesund Landesebene für alle Jahrgänge verfügbar. Hierdurch lassen sich jedoch keine regionalen Verteilungen analysieren. Eine nähere Beschreibung der Bestandsstruktur ist hiermit nicht möglich. • Kleinräumige Auswertungen gibt es nur auf Landesebene, d.h. durch die Statistischen Landesämter. Durch die unterschiedlichen Handhabungspraktiken gibt es unterschiedliche Standards und Lücken. Die Daten sind z. T. gar nicht vorhanden. Für einige Jahrgänge Anfang der 70er Jahre – vor der Gemeindegebietsreform – gibt es vielfach keine Daten. Zum Teil erfolgte in dieser Zeit zunächst nur eine Registrierung der Wohngebäude, jedoch nicht der Wohnungen. • Eine wichtige Grundlage für die Analyse von Wohnungsbeständen stellen die Gebäude- und Wohnungszählungen dar. Insbesondere die in Ostdeutschland durchgeführte GWZ 95 stellt eine gute Grundlage dar. • Eine Vielzahl an Merkmalen ist jedoch nicht mit dem Bautypus (Mehrfamilienhaus, Ein- und Zweifamilienhaus) verknüpft und nicht mit dem Baualter. Weitere Merkmale wie die Zahl der Räume, Wohnflächen, Eigentümer oder Ausstattungen lassen sich in der Regel ebenfalls nicht mit Baualtersklassen und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern verknüpfen. Bei der GWZ 95 sind für Ostdeutschland zwar noch Sonderauswertungen möglich, jedoch nicht bei der GWZ 87 Westdeutschland. • Der Mikrozensus stellt kaum eine ausreichende Basis für die Bestandsanalyse dar, da es sich hier nur um eine 1 %-Stichprobe handelt und die Baualtersklassen 1948 bis 1978 und 1979 und später zudem keine gesonderte Betrachtung der 70er und 80er Jahre-Bestände zulassen. Vor diesem Hintergrund ist eine erneute Gebäude- und Wohnungszählung sehr zu begrüßen, damit die Bestandsstrukturen ausreichend beschreiben werden können. Insbesondere sind die Statistischen Landesämter gefragt, ihre Daten möglichst einheitlich zu pflegen. Praktikabilität der Altersgruppierung Der Schwerpunkt des Wohnungsbaus liegt in Westdeutschland in den 70er Jahren. In beiden Teilen hat sich aber auch gezeigt, dass der Wohnungsbau in Form von Großwohnsiedlungen bereits in den 1960er Jahren begonnen hat. Dies spiegelt sich auch an dem Planungsverständnis des modernen Städtebaus wieder. Diese Planungsprämissen sind bereits in den 60er Jahren erwachsen und wurden ab 1967/68 umgesetzt. Dies legt den Schluss nahe, dass eine Betrachtung der Bestände der 70er Jahre auch die Jahrgänge 1968 und 1969 einbeziehen sollte. In der vorliegenden Untersuchung ist zudem deutlich geworden, dass es sich bei den Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre um einen sehr differenzierten Wohnungsbestand handelt. Während die Bestände der 80er Jahre in Westdeutschland bisher nur wenig Handlungsbedarf verursachen, treten beim (sozialen) Wohnungsbau der 70er Jahre im Westen und beim industriellen Wohnungsbau der 70er und 80er Jahre in Ostdeutschland Problembereiche auf, die z. T. bereits in den 1990er Jahren zu Maßnahmen geführt haben. Für die Bestandsbeobachtung und die Ableitung von Handlungserfordernissen ist daher eine getrennte Betrachtung zwischen den westdeutschen Beständen der 70er Jahre und der 80er Jahre zweckmäßiger. Die Wohnungsbestände der ehemaligen DDR sind, abgesehen von einigen bautechnischen und qualitativen Unterschieden, weitgehend homogen. Angesichts dieser strukturellen Gegebenheiten ist eine Novellierung der Unterteilung nach Baualtersjahren sinnvoll. Zudem sollte – soweit möglich – ein Abgleich mit anderen Erhebungsquellen, wie z. B. dem Mikrozensus, erfolgen. 6.2 Referenzbestand und Datenabfrage Ein langfristig tragbares Monitoring sollte grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllen: • Es sollte ausreichend gesicherte Erkenntnisse über den Wohnungsbestand und die Veränderungsprozesse liefern. • Es sollte in einem angemessenen Aufwand umsetzbar sein. Insbesondere Aktualisierungen müssen mit möglichst geringem Aufwand erfolgen können. Dem Aufwand und den Kosten stehen die Vorteile gegenüber, die ein Monitoring bietet. Langfristig können Informationen zu den betrachteten Wohnungsbeständen hinsichtlich ihres baulichen Zustandes, ihrer Vermietbarkeit und ihrer Eignung für Nachfragergruppen u.v.m. dazu beitragen, auf Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und Förderprogramme punktgenau auszurichten. Auf diese Weise können die vorhandenen investiven Mittel zielgerichtet eingesetzt und Fehlförderungen vermieden werden. Um langfristig gesicherte Erkenntnisse über den Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre und dessen Veränderungsprozesse zu erhalten, reicht die vorliegende Statistik nicht aus. Ein zukünftiges Monitoring sollte daher auf zwei Säulen aufbauen: • Zum einen stehen Daten der amtlichen Statistik zur Verfügung, die im Hinblick auf den hier untersuchten Bestand jedoch Defizite aufweist (vgl. Kap 2.5). So sind z. B. Daten zu Modernisierungen aus der Statistik nicht verfügbar. Ebenso sind Mietwerte und Investitionsprozesse höchstens punktuell verfügbar. Vor allem ist eine Synchronisierung der Datenpflege auf der Ebene der Statistischen Landesämter und des Statistischen Bundesamtes notwendig. • Zum anderen gibt es die Möglichkeit, Befragungen durchzuführen. Auf diese Weise können die eher qualitativen Daten über Erhebungen bei den Eigentümern der betroffenen Bestände gesammelt werden. Befragungen bei Bewohnern können unterstützend wirken, um Informationen zur die Wohnsituation privater Haushalte zu erhalten. Bei Befragungen ist der Erhebungsaufwand nicht nur aus Kostengründen überschaubar zu halten. Wichtig ist auch die Übersichtlichkeit der zu erhebenden Daten, um den Aufwand bei den Eigentümern gering zu halten. Die im Rahmen dieses Forschungsprojektes durchgeführte Befragung hat gezeigt, dass sich zu komplexe Erhebungen negativ auf die Teilnahmebereitschaft auswirken können. Vor diesem Hintergrund ist das Spannungsfeld zu überwinden, einerseits umfangreiche Daten zu erhalten und die Eigentümer bzw. Vermieter andererseits mit einfachen, überschaubaren Fragebögen auszustatten. Vor diesem Hintergrund wird an dieser Stelle der Vorschlag für ein Monitoring vorgestellt, das auf einer Unternehmensabfrage basiert. Durch eine Beschränkung auf einzelne Standorte soll bereits gewährleistet werden, dass die Abfrage mit einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag durchgeführt werden kann. Diese Abfragen können in regelmäßigen Abständen, z. B. im jährlichen oder zweijährlichen Turnus, anhand von Referenzstandorten durchgeführt werden. Die dem vorliegenden Bericht zugrunde gelegte Bestandstypologie kann hierbei als Basis für den Aufbau eines Bestandspanels nach den entwickelten Bestandstypen 1 bis 8 erfolgen. Für die Auswahl wird die in der Befragung gewählte Systematik zugrunde gelegt (s. Tab. 48). Abfrage der Bestandsstruktur Die Abfrage der Bestandsstruktur kann nach folgenden Indikatoren erfolgen: Anzahl der Wohnungen in der Baualtersklasse Die Anzahl der Wohnungen der Baualtersklasse 1970 bzw. 1968 bis 1990 ist als wiederkehrende Bestandsaufnahme zu verstehen. Mögliche mengenmäßige Veränderungen z. B. durch Rückbau oder Verkauf lassen sich somit ablesen. Diese Abfrage ließe sich um Tabelle 48 Auswahlmatrix Referenzstandorte West schrumpfende/ stagnierende Regionen strukturstarke/ wachsende Regionen bis 100.000 2 2 2 2 100.000 und mehr 2 2 2 2 Wohnungsmarkttyp Ortsgröße Ost Quelle: Eigene Darstellung schrumpfende Regionen wachsende/ stagnierende Regionen 101 Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring Angaben zu Abgängen (durch Verkauf und Rückbau) oder Zugänge (durch Zukauf und Neubau) erweitern. Anzahl der Wohnungen nach Wohnungsgrößen Die Wohnungsgrößen stellen ein wichtiges Merkmal für das Angebot und die damit verbundene Nachfrage dar. Hierbei kann durch die Analyse der Größenstruktur auf strukturelle Veränderungen des Wohnungsbestandes rückgeschlossen werden. orientieren. Als Alternative zum Energiepass könnte für den jeweiligen Wohnungsbestand der Eigentümer eine Abfrage der aktuellen Heizkosten (in €/m²), gekoppelt mit der Information der Energieart in aggregierter Form erfolgen. Abfrage der baulichen Investitionen Durch eine Abfrage des Baugeschehens kann die Dynamik der Veränderung des Wohnungsangebotes wiedergegeben werden. Im Zentrum stehen hierbei die Themen Energetik und altersfreundliches Wohnungsangebot. Anzahl der Wohnungen nach Preissegment Durch die Abfrage der Anzahl der Wohnungen nach Preissegmenten lassen sich Verschiebungen zwischen den Segmenten erkennen. Wichtig ist hierbei aber auch eine regelmäßige Überprüfung der Gültigkeit der Grenzen zwischen den Preissegmenten. Maßnahmen mit Wohnwertveränderung Altersgerechte/-freundliche Ausstattung Altersgerechte Anpassung nach DIN 18025 Teil 1 Altersgerechte Anpassung nach DIN 18025 Teil 2 Ausstattungsverbesserung Anzahl der Wohnungen nach Leerstand und Fluktuation Durch diese Abfrage lassen sich Abwertungsprozesse in den Beständen erkennen und räumliche Handlungsschwerpunkte für die Wohnungspolitik definieren. Hohe Leerstände weisen zudem auf Segregationsprozesse hin. Wichtiger noch sind hierbei die Fluktuationsraten, um Austauschprozesse erkennen zu können. Altersfreundliche Anpassung Erneuerung Fußböden, Türen Balkonanbau Sonstiges Energetische Maßnahmen Erneuerung Fenster Erneuerung Heizanlage Gebäudehülle (Wärmedämmung Dach, Fassade) Quantitative Veränderung des Wohnungsbestandes Verkauf Mieterprivatisierung Blockverkauf Abfrage altersgerechte bzw. altersfreundliche Ausstattung Aus wohnungspolitischer Sicht ist es wichtig, dass Wohnungen und Quartiere insbesondere für jene Menschen mit besonderen Anforderungen an die Wohnung und das Wohnumfeld in ausreichender Zahl vorhanden sind. Bereits heute ist absehbar, dass in vielen Quartieren der 70er und 80er Jahre ist aufgrund der demographischen Entwicklung eine erhöhte Nachfrage nach altersfreundlichen Wohnungen zu erwarten ist. Um diese Entwicklung auf der Angebotsseite verfolgen zu können, ist eine Abfrage des Modernisierungsstandes in % am Bestand der Baualtersklasse hilfreich. Hierzu müsste eine Definition des altersfreundlichen Standards erfolgen. Abfrage nach energetischem Standard Der energetische Standard einer Wohnung wird zukünftig im Vermietungsgeschäft an Bedeutung gewinnen. Eine Abfrage kann sich an den obligatorischen Energiepässen Rückbau Teilrückbau Rückbau von Gebäuden Wohnungszusammenlegung Aufstockung Quelle: Eigene Darstellung Literaturverzeichnis ARGE Kirchhoff/Jacobs: Versorgungsbeitrag der ehemaligen Sozialwohnungen. Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2001. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Investitionsprozesse im Wohnungsbestand – unter besonderer Berücksichtigung privater Vermieter, Entwurf Endbericht, Dresden 2006. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Veränderung der Anbieterstruktur im deutschen Wohnungsmarkt und wohnungspolitische Implikationen, Reihe Forschungen Heft 124, Bonn 2007. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR): Perspektiven der Neubauinvestitionen in den neuen Ländern, Heft 104, Bonn 2000. 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Die Stadt Bochum ist eines von vier Oberzentren im Ruhrgebiet, einer schrumpfenden Region in einem überwiegend hochverdichteten und altindustrialisierten Bereich. Das Ruhrgebiet erlebt seit einigen Jahren einen starken Strukturwandel, der mit Abwanderungen verbunden ist. Den Ruhrgebietsstädten gelingt es auf unterschiedliche Weise, diesen Strukturwandel zu bewältigen. Eine Folge der Abwanderungen sind die sich verstärkenden Segregationstendenzen, die sich u. a. in dem untersuchten Quartier niederschlagen. Zwischen dem ländlich geprägten, reicheren Süden und dem stärker industrialisierten Norden gibt es ein ausgeprägtes Wohngefälle. Die Mieten sind leicht rückläufig. Es ist keine Anspannung auf dem Wohnungsmarkt erkennbar. Der Leerstand beträgt stadtweit ca. 2,3 %. 11 % des Gesamtwohnungsbestandes sind Sozialwohnungen, dieser Bestand ist weiter rückläufig. Die Neubautätigkeit ist im Vergleich sehr gering. 108 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Demographie Bevölkerung 2007: 373.800 Bevölkerung 2003: 387.280 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: - 3,5 % Bevölkerungsprognose 2003-2020: - 6,1 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: - 1.416 Wanderungssaldo 2007: - 1.663 Bevölkerungsdichte 2007: 2.571 EW/km² Altersstruktur 2007: 15,1 % unter 18-Jährige 21,4 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP 2006: 28.461 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 100,4 Zahl der Beschäftigten 2007: 114.040 Arbeitslosenquote 1/2009: 10,0 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Schrumpfende Region Wohnungsbestand 2007: 191.650 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern: Mehrfamilienhäusern: 41.150 (22 %); (56 %) Gebäude: 30.600 148.530 (78 %); Gebäude: (44 %) 24.500 Baufertigstellungen 2006: 452; 1,2 je 1.000 EW Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 4-7 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.400-2.200 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 900-1.750 €/m² 1.1 Hustadt Querenburg erlebte als ländlich geprägter Ortsteil ab 1962 einen deutlichen Strukturwandel. Neben der Ansiedlung von Automobilwerken in Bochum hatte die Ruhr-Universität wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung Querenburgs. Bei dem untersuchten Gebiet handelt es sich um die "innere Hustadt" im östlichen Bereich des Stadtteils Querenburg, das durch eine Großsiedlungsstruktur geprägt ist. Ziel war es, mit der Neubebauung in der Hustadt eine Wohnsiedlung in der Nähe der Universität zu schaffen, die Wohnraum für Mitarbeiter, Dozenten und Studenten der Universität bietet, die sog. "Universitätsrahmenstadt". Dieses Leitbild wurde seit der Fertigstellung nicht ganz 109 erfüllt, da die Hustadt von Beginn an nur von wenigen Haushalten dieser Zielgruppe bewohnt wurde. Als eines von drei Stadtquartieren werden in der Hustadt im Rahmen des Programms 'Stadtumbau West' Konzeptionen für eine zukunftsfähige Entwicklung erarbeitet. Das Stadtumbaugebiet Hustadt wurde im August 2007 förmlich festgelegt. Ein Jahr später folgte die Eröffnung des Stadtumbaubüros in der Hustadt. 1.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld Die innere Hustadt ist eine hochverdichtete, in sich geschlossene Siedlung mit Hochhäusern bis zu 14 Etagen, die zwischen 1968 und 1975 errichtet worden ist. In direkter Nachbarschaft zu der Großsiedlung schließen sich Straßenzüge mit Einfamilienhäusern an. Das Quartier ist über eine ca. U-Bahnlinie angebunden. Die U-Bahnstation befindet sich in einer Entfernung von ca. 700 Metern. Des Weiteren gibt es einen direkten Busanschluss, der das Wohngebiet mit der Universität und dem angeschlossenen Einkaufszentrum verbindet. Die städtebauliche Struktur bietet einerseits eine klare Trennung zwischen Innen- und Außenbereich, welche durch die Anordnung der Baukörper entlang des Hustadtrings zustande kommt. Andererseits wird auf Brüche im Hinblick auf Blickbeziehungen und Orientierungsmöglichkeiten hingewiesen. Räumliche Verschachtelungen ermöglichen keine klaren Wegebeziehungen und bieten Angsträume. Eher positiv werden die Freiraumqualitäten eingestuft. Dies bezieht sich vor allem auf die Grünbereiche in der unmittelbaren Umgebung des Quartiers. Deutliche Handlungserfordernisse bei der Gestaltung des direkten Wohnumfeldes ergeben sich nach Ansicht der Akteure vor Ort z. B. im Hinblick auf die Müllentsorgung, die Parkpaletten, die Gestaltung der Grünflächen und Spielplätze sowie die Beseitigung von Gebrauchsspuren ("Vandalismus"). Besondere Aufmerksamkeit soll bei den Maßnahmen in den nächsten Jahren der zentrale Brunnenplatz bekommen, um hier die Aufenthaltsqualität deutlich zu erhöhen. Mit dem Programm Stadtumbau West soll einem zentralen Defizit bei der Entwicklung der Hustadt begegnet werden. Denn hinsichtlich der Wohnumfeldmaßnahmen greifen bisher keine Maßnahmen der Akteure ineinander. Initiativen oder Kooperationen von anderen Eigentümern waren in der Vergangenheit nicht zu erwarten. Erst mit Erstellung des Stadtumbaukonzeptes wurden erste Ansätze für eine Zusammenarbeit entwickelt. 1.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur In der Hustadt leben mehr als 3.000 Bewohner in rd. 1.170 Wohnungen. Mehr als die Hälfte der Wohnungen befindet sich im Eigentum der kommunalen Gesellschaft VBW Bochum (56 %). Weitere wesentliche Anteile befinden sich im Eigentum institutioneller Eigentümer oder selbstnutzender Einzeleigentümer. Kleinere Teile befinden sich im Eigentum der ansässigen Kirche und einer Genossenschaft. Das ursprünglich für Angestellte und Dozenten der Universität sowie für Studenten geschaffene Wohnungsangebot wurde auf der Grundlage von Landesförderprogrammen für Landesbedienstete öffentlich gefördert. Dies betrifft rund ein Drittel der Wohnungen. Der Stadtteil Querenburg verfügt mit rd. 40 % über den höchsten Anteil an Sozialwohnungen in der Stadt Bochum. Der wesentliche 110 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Teil hiervon befindet sich in der Hustadt. Der Großteil dieser Wohnungen wird in den nächsten Jahren aus der Bindung fallen. Insbesondere die für die Landesbediensteten vorgesehenen Wohnungen verfügen über relativ große Wohnflächen. Für dieses Segment bestehen angesichts der Wohnungsgrößen und dabei günstigen Quadratmeterpreise von durchschnittlich 3,60 €/m² in der Gruppe der einkommensschwächeren Familien kaum Vermietungsprobleme. Etwas ungünstiger ist die Vermietungssituation bei den kleineren Wohnungstypen, die für Studenten vorgesehen waren. Zu den Nachteilen der Wohnungen in der Hustadt zählen die vielfach kleinen, innen liegende Küchen. Die vorhandene Sozialstruktur ist insgesamt durch einen hohen Anteil an Personen mit mittlerem und niedrigem Bildungs- und Einkommensniveau geprägt und weist deutlich auf eine Segregation hin. Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Hustadt und der räumlichen Nähe zur Universität gibt es im Wesentlichen drei Bewohnergruppen, die das Bild vor Ort prägen: Die "Überzeugten": Dies sind Bewohner, die schon seit der Errichtung der Siedlung dort wohnen und bis heute dort geblieben sind, weil ihnen das Konzept gefällt. Dabei handelt es sich z. B. um Landesbedienstete, die an der Uni gearbeitet haben. Die älteren Bewohner haben z. T. inzwischen das Pensionsalter erreicht, befinden sich überwiegend aber noch in der Gruppe 50 bis 60 Jahre. Insofern werden Maßnahmen zum altengerechten Wohnen erst in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Bei mehr als 30 % der Bewohner handelt es sich um Migranten, oftmals sind dies größere Haushalte mit zwei Kindern. Die Studenten: Ursprünglich war diese Siedlung für Studenten erbaut worden, hat ihren Zweck in dieser Hinsicht aber nie erfüllt. Heute wohnen allerdings wieder einige dort, in den Beständen der VBW ca. 100. Nach Wegfall der Mietpreis- und Belegungsbindungen werden in den Beständen der VBW keine Veränderungen zu erwarten sein. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Segregation in dem Gebiet weiterhin verstärken könnte. Zukünftig soll daher der Schwerpunkt bei der Zielgruppenansprache auf Familien, Senioren und Studenten gelegt werden. 1.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Der Leerstand in der Hustadt wird je nach Eigentümer bei 2-8 % eingeordnet. Aus Sicht der kommunalen VBW ist das Vorhalten von Wohnungen Teil einer Bestandsentwicklungsstrategie, weshalb in ihren Beständen eine Leerstandsquote von 8 % zustande kommt. Die Fluktuation ist dabei mit deutlich über 10 % vergleichsweise hoch. Der Leerstand wird vonseiten der kommunalen Gesellschaft demnach bewusst in Kauf genommen, um die Sozialstruktur zu steuern und neue Wohnkonzepte zu verwirklichen. Mittelfristig wird es daher zu einem Rückgang des Leerstandes kommen. Zu den wichtigen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Beständen zählen neben der Wohnumfeldgestaltung energetische Modernisierungen. Größere Maßnahmen, wie Grundrissänderungen wurden im Quartier in der Vergangenheit nicht vorgenommen und sind nicht geplant. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden von den Eigentümern bisher nur Einzelmaßnahmen umgesetzt, d. h. auf Nachfrage bei einzelnen Wohnungen (z. B. Maßnahmen im Badezimmer). Vie- 111 le Bestände eignen sich trotz Fahrstuhl für barrierefreies Wohnen nur bedingt, da die Fahrstühle in der Regel nur auf halber Treppe halten. Barrierefreiheit oder Wohnumfeldgestaltung spielen keine Rolle. Vonseiten der kommunalen Gesellschaft werden im Rahmen der zielgruppenorientierten Bestandsentwicklung zwei zentrale Projekte verfolgt. Dabei sollen zwei Gebäude jeweils zu Senioren- bzw. Studentenwohnhäusern entwickelt werden. Erste bauliche Maßnahmen in den Wohnungen wurden bereits durchgeführt (Barrierefreiheit, technische Anschlüsse in den Zimmern der Wohngemeinschaften). Gemeinschaftsräume in den Gebäuden und begleitende Dienstleistungen folgen, sobald der überwiegende Teil der Wohnungen in den dem jeweiligen Gebäude an die Zielgruppe vermietet ist. Fotos oben: Hochwertige Schieferfassaden, Abnutzungserscheinungen der Betonbauteile und Fenster Foto rechts: Umsetzung des Farbkonzeptes am Brunnenplatz Zu den wichtigsten baulichen Defiziten zählen die Dächer (bewirken die höchsten Kosten) und die Fenster. Hierzu wurde von der VBW ein Fensterprogramm aufgelegt, in dessen Zuge sämtlich Fenster ausgetauscht werden sollen. Mit den ersten baulichen Maßnahmen wurde Ende der 1990er Jahre begonnen, also rd. 30 Jahre nach Errichtung der Siedlung. Hinsichtlich der EnEV gilt auch für die VBW das Investorendilemma. Maßnahmen sind zwar gewollt, jedoch lassen sich insbesondere die energetischen Maßnahmen nicht refinanzieren. Theoretisch könnten 11% umgelegt werden, der Markt lässt entsprechende Mieterhöhungen jedoch nicht zu. 112 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Eine bauliche Besonderheit stellen die Schieferfassaden dar, die es an zahlreichen Gebäuden in der Hustadt gibt. Diese sind sehr hochwertig und müssen in absehbarer Zeit nicht verändert werden. Rund 30 % der kommunalen Wohnungsbestände sind inzwischen modernisiert, dies schließt auch eine energetische Modernisierung ein. Bei den fremd verwalteten Beständen wurden seit der Errichtung keine nennenswerten Maßnahmen durchgeführt. Technisch, energetisch und ihrer Ausstattung nach sind sie damit auf dem Stand der 70er Jahre. Bei der Vermietung spielen energetische Aspekte allerdings bisher auch keine Rolle. Entsprechende Angebote haben keinen Marktvorteil. Die Vorteile durch die günstigen Netto-Kalt-Mieten werden jedoch durch die hohen Betriebskosten wieder etwas aufgehoben, da die Gesamtwohnkosten somit relativ hoch sind. Hierzu tragen insbesondere die Fahrstühle und die Müllentsorgung bei. In diesen Bereichen werden vonseiten der kommunalen Gesellschaft Konzepte entwickelt, um die Kosten zu verringern. Zukünftige Investitionen im Wohnumfeld werden aufseiten der VBW im Rahmen des Programms 'Stadtumbau West' erfolgen. Zu den aktuellen Programmen zählen ein Farbkonzept für die Siedlung, ein Zukunftsprogramm (Solarnutzung) und ein Fensterprogramm. In den vergangenen sechs Jahren wurden durch die VBW im Durchschnitt rund 1.800 €/Wohnung im Jahr investiert. Zukünftig werden die Maßnahmen im Umfang wie bisher weitergeführt. Andere Eigentümer nehmen Modernisierungen der Wohnungen in geringerem Umfang vor. Insbesondere Wohnumfeldmaßnahmen haben oftmals eine geringe Priorität und werden kaum finanziert. Modernisierungen werden entsprechend in geringem Umfang als "modernisierende Instandhaltung" vorgenommen, d. h. eher auf einzelne Missstände reagierend und weniger als strategische Maßnahmen. Aus Sicht eines Verwalters stellt die Beantragung von Mitteln für umfangreichere Maßnahmen bereits eine vergleichsweise große Hürde dar. Bei Überschreitung eines begrenzten Instandhaltungs- und Modernisierungsbudgets müssen geplante Maßnahmen von den Eigentümern genehmigt werden. Der zentrale Hemmfaktor für weitere Investitionen ist aus verschiedener Sicht der geringe Spielraum bei der Mietpreisgestaltung. Investitionen sind nur zu einem geringen Teil refinanzierbar und somit nicht rentabel. Mieterhöhungen im notwendigen Umfang gibt der Wohnungsmarkt in Bochum nicht her. 2 Fallstudie Dessau Im Juli 2007 haben sich die Städte Dessau und Roßlau (Sachsen-Anhalt) zu einer Stadt zusammengeschlossen. Die Stadt Dessau-Roßlau hat heute rd. 90.000 Einwohner. Aufgrund der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung und deutlichen Wanderungsverlusten schrumpft die Stadt Dessau seit der Wende. Vor der Wende hatte Dessau (ohne Roßlau) noch mehr als 100.000 Einwohner. Die Dessauer Bevölkerung ist im Vergleich zu den anderen Fallstädten relativ alt. Der Anteil der über 65-Jährigen ist überdurchschnittlich und der Anteil an unter 18-Jährigen ist unterdurchschnittlich. 113 Die Industriestadt Dessau durchlebt seit 1990 einen wirtschaftlichen Strukturwandel. Die Veränderungen führten zur Herausbildung einer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Dessau ist auf dem Weg, sich als Oberzentrum, regionaler Versorgungskern und Träger hochwertiger spezialisierter Funktionen zu etablieren. Seit 2000 mehren sich die Anzeichen für eine Stabilisierung der lokalen Wirtschaft. Bruttoinlandsprodukt und Wertschöpfung wachsen schneller als im Landesdurchschnitt. 2005 nahm die Zahl der Arbeitsplätze zum ersten Mal seit 1990 wieder zu. Die immer noch relativ hohe Arbeitslosenquote (15,6 %) ist gegenüber 1998 (22,8 %, ohne Roßlau) deutlich zurückgegangen. Die Stadt Dessau hat einen Wohnungsbestand von rund 55.220 Wohnungen. 2007 wurden insgesamt rund 165 Wohnungen neu fertiggestellt. Das bedeutet eine Neubautätigkeit von 1,8 Wohnungen je 1.000 Einwohner. Rund 73 % (2004) des gesamten Wohnungsbestandes befindet sich in Mehrfamilienhäusern. Bestände der Baujahre 1970 bis 1990 befinden sich z. B. in den Quartieren Zoberberg, Schaftrift, Südstraße, Kreuzberge oder Randelstraße. 114 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Demographie Bevölkerung 2007: 90.000 (Dessau-Roßlau) Bevölkerung 2003: 78.400 (Dessau) Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: k. A. (nicht vergleichbar) Bevölkerungsprognose 2005-2025 - 13,3 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: - 545 Bevölkerungsdichte 2007: 367 EW/km² Wanderungssaldo 2007: - 760 Altersstruktur 2007: 11,4 % unter 18-Jährige (10.224) 26,2 % über 65-Jährige (23.573) Wirtschaft BIP 2004: 21.801 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 83,8 Zahl der Beschäftigten 2005: 40.400 Arbeitslosenquote 1/2009: 15,6 % (Dessau-Roßlau) Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Schrumpfende Stadt Wohnungsbestand 2007: 55.220 (2004: 46.555; nur Dessau) davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern (2004) 12.750 (27 %) (Dessau) Mehrfamilienhäuser (2004) 33.800 (73 %) (Dessau) Baufertigstellungen 2007: 165 Miet-/Kaufpreise 2006: Mietpreis (Neuvermietung): 4-7 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.100-1.300 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 500-1.600 €/m² 2.1 Standorte der 70er und 80er Jahre Die drei Standorte der 70er und 80er Jahre – Innenstadt, Dessau-Süd und Zoberberg - stehen einem starken Konkurrenzverhältnis zueinander, wobei Interessen und Strategien der beiden großen Wohnungsgesellschaften sowie der Stadt divergieren: Die Innenstadt hat für die Genossenschaft schon immer eine hohe Priorität, für die DWG erst in jüngster Zeit. Besonders begehrt sind die zentralen Lagen in der Dessauer Innenstadt, hier auch die Bestände der 70er und 80er Jahre: nach Sanierung, Grundrissänderungen und Fahrstuhl-Anbau können Mieten von 5,50-6,00 € Netto-Kaltmiete erzielt werden. Der Dessauer Süden stellt aus städtischer Sicht und der DWG einen Handlungsschwerpunkt im Bereich Stadtumbau und Soziale Stadt dar. Die Genossenschaft hat in Dessau-Süd nur neun 115 Eingänge (P2-Ratio der 70er Jahre) in diesem Gebiet ist die soziale Struktur schon seit DDRZeiten problematisch. Für die DWG ist Dessau-Süd ein zentraler Rückbaustandort im Stadtumbauprozess, wobei gleichzeitig auch modellhafte Aufwertungen wie der Umbau zu EinfamilienReihenhäusern durchgeführt werden. Der Zoberberg war Anfang der 90er Jahre noch ein zentraler Handlungsschwerpunkt (städtebauliche Weiterentwicklung von Großwohnsiedlungen sowie Soziale Stadt von 1999-2006) mit erheblichen Wohnumfeldaufwertungen, Wohnneubauten, Straßenbauanschluss etc. wobei Teile der ursprünglich geplanten Wohnbebauung nicht mehr realisiert wurden. Wichtig für den Zoberberg sind das Gewerbegebiet Junkersstraße und der Ausbau des angrenzenden Klinikums Dessau. Für die DWG ist der Zoberberg seit einigen Jahren ein preiswerter Standort sowie Rückbaupotenzial, für die Genossenschaft hingegen auch zukünftig ein wichtiger Standort. Die DWG verfügten derzeit am Zoberberg und Schaftritt über 1.532 Wohnungen, darunter auch einige Wendebauten sowie sozialer Wohnungsneubau aus den neunziger Jahren, der Leerstand beträgt rund 22 %. 2.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld In dem Quartier "Zoberberg" befinden sich rund 2.400 Wohnungen in Plattenbauweise, die zwischen 1980 und 1990 errichtet und inzwischen überwiegend teilsaniert worden sind. Größter Eigentümer ist die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft mbH, kommt mit der Wohnungsgenossenschaft Dessau e.G. eine Genossenschaft. Im Rahmen der Stadterneuerung, die seit 1990 durchgeführt wird, wurden eine Straßenbahnanbindung hergestellt, ein Einkaufszentrum errichtet und Maßnahmen im Wohnumfeld vorgenommen. Zoberberg ist Teil des Programms Soziale Stadt und Stadtumbau Ost. In diesem Zuge werden ca. 700 Wohnungen abgerissen und Ersatzbau vorwiegend in Form von Altenwohnungen geschaffen. Im 70er Jahre-Bestand der Innenstadt Dessaus gibt es drei Y-förmige Hochhäuser, sie stellen eine berühmte städtebauliche Dominante dar und sollen als Zeichen der Moderne und Teil der Dessauer Höhenstruktur erhalten bleiben. Aufgrund der Grundrisse, der energetischen Situation sowie brandschutzrechtlicher Anforderungen wäre die in wenigen Jahren zwingend notwendige Sanierung sehr teuer. An diesem Beispiel stellt sich ein typischer Konflikt im Umgang mit den 70er und 80er Jahre Beständen dar: hierbei geht es um die "Zukunft der Hochhäuser" als Teilaspekt der 70er und 80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des modernen Städtebaus dar, verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei geringer Nachfrage. 2.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Der Dessauer Wohnungsmarkt ist durch die besondere historische Entwicklung der Stadt Dessau gekennzeichnet: Die kleine Residenzstadt wuchs in den 20er bis 40er Jahren durch starke Industrialisierung (Flugzeugwerke Junkers, Chemieindustrie etc.) rasant an. Damit wurde er auch im Zweiten Weltkrieg strategisches Ziel und infolgedessen wurde die Stadt in hohem Maße zerstört. Von den Fünfzigern bis zum Anfang der 80er Jahre erfolgte der innerstädtische Wiederaufbau ganz überwiegend in industrieller Bauweise (Blockbau und P2-Ratio) wobei neue städtebauliche Strukturen geschaffen wurden (Zeilenbauweise, großsiedlungsartige Bebauung). Die DDR-typischen Groß- 116 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 siedlungen entstanden in Dessau erst mit dem Zoberberg in den 80er Jahren. Gleichzeitig übernahm Dessau zunehmend eine Wohn-Funktion für die Arbeiter der Chemiestandorte in Bitterfeld und Wolfen. Der mit der Wende einsetzende industrielle Strukturwandel brachte massive Einschnitte und erhebliche Arbeitsplatzreduzierungen, in deren Folge die Einwohnerzahl Dessaus rapide schrumpfte und seit Mitte der neunziger Jahre der Leerstand stark zunahm. Der Wohnungsmarkt lässt sich wie folgt skizzieren: starke Angebotsüberhänge insbesondere bei großen Wohnungen schrumpfende Nachfrage deutliche Alterung der Haushalte geringe Mietpreisdifferenzierung dominante Marktstellung von drei Unternehmen durch Fluktuation zunehmende soziale Segregation sehr einseitig strukturiertes Wohnungsangebot durch Dominanz weniger industrieller Bauserien In Dessau gibt es rund 6.000 Bedarfsgemeinschaften als Mieter sowie weitere 400 in Einfamilienhäusern. Dessau-Süd und Zoberberg sind für sie die wichtigsten Wohnstandorte. Für die Genossenschaft sind in innerstädtischen Lagen vor allem die 50 bis 60-Jährigen 1- und 2Personen-Haushalte die wichtigste Zielgruppe. Für die DWG stellt der Zoberberg das preiswerte Segment der (3,30-4,30 € nettokalt, letzteres nur für 1-Raum-Wohnungen), das derzeit in ganz überwiegendem Maße an ALG II-Empfänger vermietet wird. Diese Strategie führt zu einem Konflikt mit der Genossenschaft, die versucht, ihre Bestandsmieter möglichst lange zu halten, beziehungsweise jüngere Haushalte und auch die Enkelgeneration als Mieter zu gewinnen. Insgesamt kann der Zoberberg aber immer noch als StarterQuartier bezeichnet werden, weswegen er nach wie vor gegenüber anderen Quartieren eine deutlich jüngere Altersstruktur aufweist (Anteile der 19- bis 39-Jährigen: Zoberberg 25 %, Gesamt Dessau-Roßlau 22 %). Innerhalb des Zoberbergs weist der Bereich Schaftrift eine vergleichsweise stabile Situation auf, da hier der Anteil der Erstbezugs-Mieter noch am höchsten ist. 2.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft mbH (DWG) verfügte zum Befragungszeitpunkt über 4.342 Wohnungen des P2-Ratio-Typs (32 % des gesamten Standes) aus den 70er und teilweise 80er Jahren sowie über 2.221 Wohnungen des Typs WBS 70 aus den 80er Jahren (16 % des Gesamtbestandes). Anders als die Genossenschaft verfügt die DWG zur Hälfte über einen Bestand aus Altbauten (vor allem der 20er bis 40er Jahre) sowie Nachkriegsbauten, von denen zahlreiche Standorte eine günstigere Wohnlage aufweisen als diejenigen des industriellen Wohnungsbaus. Dies ist ein wesentlicher Grund für die unterschiedlichen Handlungsstrategien der beiden großen Gesellschaften. Der zweite liegt darin, dass die wirtschaftliche Situation der Genossenschaft wesentlich stabiler ist als diejenige der DWG. Drittens übernimmt die DWG in hohem Maße städtebauliche Entwicklungsaufgaben, die nicht in jedem Falle rentierlich sind. Die Wohnungsgenossenschaft Dessau eG hat eine besondere Stellung im Wohnungsmarkt: ihre rund 4.000 Wohnungen sind zu 80 % industrielle Bauweise aus den 70er und 80er Jahren (davon 1.400 Wohnungen als P2-Ratio-Stufe), die Leerstandsrate liegt jedoch bei unterdurch- 117 schnittlichen 3 bis 4 %, ein wesentlicher Grund hierfür ist der gegenüber der DWG häufig höhere Sanierungsgrad. Der dritte und jüngste Standort ist der Zoberberg inklusive Schaftrift aus den 80er Jahren. Hier verfügt die Genossenschaft über 1.000 Wohnungen (WBS 70), der Leerstand beträgt über 5 % die Brutto-Kaltmiete 5,30 €. Die Genossenschaft hat am Zoberberg im Rahmen der Altschuldenhilfe 280 Wohnungen an die DKB verkauft. Weitere Verkäufe stellen derzeit keine strategische Alternative dar. Sowohl aus Sicht der DWG als auch der Stadt sind keine nennenswerten Verkäufe von kommunalen Wohnungsbeständen geplant. Die Genossenschaft plant vom Grundsatz her für ihre 70er Jahre-Bestände umfangreichere Sanierungen soweit nicht bereits erfolgt. Wichtig ist hierbei die Fassadengestaltung als Kombination von zusätzlicher Wärmedämmung und Marketing, um sich in der sonst einheitlichen Bausubstanz zu positionieren. Ebenfalls wichtig ist die Ergänzung mit Balkonen. Für die WBS 70-Bestände am Zoberberg sind keine energetischen Sanierungen vorgesehen, da diese marktseitig nicht finanzierbar sind. Bei einer entsprechend hohen Förderung könnte eine Sanierung erfolgen, weil die Bestände langfristig gehalten werden sollen. Handlungsschwerpunkt sind Einzel-Modernisierungen der Wohnungen. Die Investitionsstrategie der DWG ist insgesamt eher bestands- und technikorientiert, eine Ausrichtung an Wohnlagequalitäten und Zielgruppen erfolgte jedoch zunehmend. Gleichzeitig ist sie jedoch durch einen hohen wirtschaftlichen Konsolidierungszwang gekennzeichnet, der zum einen zu starken Konzentrationen beziehungsweise Prioritätensetzungen in den Investitionen führt und zum anderen mittelfristig weiteren Rückbau erforderlich macht. Für den Zoberberg bedeutet dies Investitionen auf Sparflamme und Rückbau bei weiterem Nachfragerückgang. Dies wird nicht ausdrücklich als Strategie formuliert, sondern ist Ergebnis der Prioritätensetzung zugunsten der Innenstadt. Dies ist auch Wille der jüngsten kommunalpolitischen Beschlüsse (siehe aktuelles Stadtumbaukonzept) mit dem klaren Ziel, die Innenstadt zu stärken und hierfür das Instrument DWG zu nutzen. Dies wird auch deutlich durch die Verlagerung des Programmgebiets "Soziale Stadt" durch die Beendigung im Zoberberg 2006 und der Neuausweisung Innenstadt ab 2007. Damit rückt auch die Kommunalpolitik von der von ihr in den neunziger Jahren stark postulierten Förderung des Zoberbergs ab. Insgesamt ergibt sich damit kein geschlossenes konzeptionelles Vorgehen. Der ursprüngliche Schwerpunkt der DWG-Sanierungsstrategie lag auf der Sanierung der Gebäudehülle. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Nachsanierung des Wohnungsinneren einschließlich Ausstattungsverbesserung, dies jedoch nur für ausgewählte Blöcke und nicht für Bestände der 70er und 80er Jahre. Derzeit wird darüber nachgedacht, in Dessau-Süd und Zoberberg gegebenenfalls die Obergeschosse stillzulegen. Eine energetische Sanierung wird am Zoberberg nicht stattfinden. Dies ist marktseitig nicht so kritisch, da aufgrund der Drei-Schichten-Platte, der geringen Grundmiete sowie einen im sachsenanhaltinischen Vergleich moderaten Fernwärme-Preis die Miethöhe im Rahmen bleibt. Eine Abkoppelung von der Fernwärme ist nicht geplant. Die Schaffung von altengerechtem Wohnraum durch Modernisierung findet nur im Einzelnen statt. 118 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre 3 Werkstatt: Praxis Heft 68 Fallstudie Hamburg Die Freie und Hansestadt Hamburg hat rd. 1.750.000 Einwohner. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten Jahren leicht gestiegen. Bei einer negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung ist die wachsende Bevölkerungszahl auf Wanderungsgewinne zurück zu führen. Im Vergleich zu den anderen Städten der Fallstudien liegt der Anteil der Personen über 65 Jahre unter dem Durchschnitt, womit Hamburg eine relativ junge Stadt ist. Hamburg ist einer der bedeutendsten Industrie- und Dienstleistungsstandorte in Deutschland und Teil einer strukturstarken Region mit geringer Wachstumsdynamik. Der Hamburger Wohnungsmarkt ist momentan in einer Aufschwungphase mit einer wachsenden Marktdynamik. Die Mieten steigen an, lediglich in einfachen Lagen ist eine stabile Tendenz zu verzeichnen. Vor allem kleine Wohnungen in weniger gefragten Stadtteilen sind verfügbar. Die Neubautätigkeit ist mit jährlich 1,8 neu errichteten Wohnungen pro 1.000 Einwohner (2007) trotz des Bevölkerungsanstiegs durchschnittlich. 119 Demographie Bevölkerung 2007: 1.741.200 Bevölkerung 2003: 1.715.000 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: + 1,5 % Bevölkerungsprognose 2002-2020 + 4,9 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: - 310 Bevölkerungsdichte 2007: 2.300 EW/km² Wanderungssaldo 2007: + 16.780 Altersstruktur 2007: 15,5 % unter 18-Jährige 19,0 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP 2006: 49.755 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 107,7 Zahl der Beschäftigten 2007: 1.085.900 Arbeitslosenquote 1/2009: 8,5 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Strukturstarke Region Wohnungsbestand 2007: 883.050 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern 183.450 (21 %) Mehrfamilienhäuser 696.600 (79 %) Baufertigstellungen 2007: 3.170 Miet-/Kaufpreise 2006: Mietpreis (Neuvermietung): 7-17 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.550-4.850 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 850-3.000 €/m² 3.1 Großwohnsiedlungen in Hamburg In Hamburg gibt es mehrere Großwohnsiedlungen der 70er und 80er Jahre, die in die Betrachtung einbezogen worden sind. In den Gesprächen ist deutlich geworden, dass zum einen die Wohnungsunternehmen in verschiedenen Quartieren über Bestände verfügen. Des Weiteren konnten in der Gesamtschau mehrerer Siedlungen die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Anfang der 70er Jahre begann der Bau der Großwohnsiedlung Mümmelmannsberg. Die Bauarbeiten der im Osten Hamburgs gelegenen Siedlung dauerten bis Ende der 70er Jahre. Entstanden sind 7.170 Wohnungen für ca. 20.000 Einwohner. Unter den Bauträgern waren neben der kommunalen Gesellschaft SAGA verschiedene Genossenschaften. Wie für viele andere Großwohnsiedlun- 120 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 gen typisch ist auch hier die Monofunktionalität vorherrschend. Die Konzentration der Bauungsdichte liegt im Zentrum der Siedlung, mit 8- bis 10-geschossigen Punkthäusern. Daran angeschlossen sind 4- bis 5-geschossige großräumige Wohnblöcke. Als Grundrisskonzept wurde das Prinzip des "Durchwohnens" (Verbindung von Straßen- und Hofseite durch belichtete Essplätze und durchgehende Wohnräume) verfolgt. 1991 wurde Mümmelmannsberg vom Hamburger Senat als Sanierungsgebiet ausgewiesen, nachdem hohe Leerstände, Fluktuation, Vermietungsprobleme, sowie Reparatur- und Instandhaltungsrückstände auffällig wurden. Die Großwohnsiedlung Steilshoop wurde zwischen 1969 und 1975 errichtet. Die im Bezirk Wandsbek, im Nordosten Hamburgs, gelegene Siedlung wurde nach der Vision "Urbanität durch Dichte" geplant und umgesetzt. Ca. 6.400 Wohnungen sollten vor allem Familien ein Zuhause geben. Steilshoop ist durch eine heterogene Eigentümerstruktur gekennzeichnet, darunter sind kommunale und gemeinnützige Wohnungsunternehmen, private Gesellschaften und Wohnungsunternehmen, Genossenschaften aber auch Privatpersonen. Hohe Leerstände und das Zuspitzen von baulichen und sozialen Missständen führten seit Mitte der 80er Jahre zu "Nachbesserungen". Zusätzliche Defizite hat die Großwohnsiedlung durch die fehlende verkehrliche Anbindung mittels einer U- oder S-Bahnstation. Die monostrukturierte Großwohnsiedlung Kirchdorf-Süd wurde zwischen 1974 und 1976 errichtet. Das im Süden von Hamburg im Bezirk Harburg gelegene Quartier umfasst rund 2.270 Wohnungen für ca. 6.000 Einwohner. Bauträger sind vor allem öffentliche Wohnungsunternehmen (SAGA/GWG) und verschiedene Genossenschaften. Bei dieser Siedlung handelt es sich um eines der letzten Projekte, die nach dem Leitbild "Urbanität durch Dichte" geplant wurden. Auffallend sind die Gebäudehöhen von bis zu 14 Geschossen, die der Siedlung ein eigenes Gesicht geben. Auch in dieser Großwohnsiedlung herrschen die typischen Probleme, wie Leerstand, hohe Fluktuation, hoher Anteil Sozialhilfebezieher und Vandalismus. Gegenmaßnahmen wurden schon in den 80er Jahren in die Wege geleitet, zudem wurde das Quartier 1992 Sanierungsgebiet nach § 142 BauGB. Allermöhe Ost findet als Fallbeispiel hier Berücksichtigung, da sie in den 1980er Jahren entstanden ist und es sich somit um die letzte in Hamburg errichtete Großwohnsiedlung handelt (19831996). Mit dem neuen Wohnungsangebot sollte der zunehmenden Umlandwanderung von Familien ein familienfreundliches Wohnungsangebot entgegengesetzt werden. Die Siedlung umfasst 3.750 Wohnungen, großteils im sozialen Wohnungsbau errichtet. Unter den Bauträgern waren neben der SAGA/GWG verschiedene Genossenschaften vertreten, aber auch verschiedene kleine Unternehmen. Die Eigentümerstruktur in Allermöhe Ost ist wesentlich kleinteiliger als in vielen anderen Großsiedlungen der 70er Jahre. Die Umsetzung orientierte sich an einem zeitgemäßen Planungsverständnis, bei dem neue Planungsinstrumente und -verfahren erprobt werden konnten. Allermöhe Ost wurde vor diesem Hintergrund zu einem Projekt des kosten- und flächensparenden sowie ökologischen Bauens. Die Siedlungsstruktur weicht von der Großmaßstäblichkeit der 60er und 70er Jahre ab. Kleinteiligkeit und Kleinmaßstäblichkeit bestimmten hier das Bild. Strukturbildendes Element sind Fleete, die aus der marschtypischen Oberflächenentwässerung entwickelt worden sind. Das "Wohnen am Wasser" wurde so zur Marke entwickelt. 121 3.2 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Im Unterschied zu vielen anderen Städten gibt es in den Hamburger Großsiedlungen Vollvermietung - so auch im Fall Allermöhe Ost. Die Mietpreise bewegen sich um 6,00 - 8,00 €/m² und sind damit im preiswerteren Segment anzusiedeln, zumindest im Vergleich innerhalb der Baualtersklasse. In älteren Baualtersklassen gibt es auch günstigere Wohnungen. Nach Aussage der Stadt Hamburg ist in der Siedlung Allermöhe Ost der Aussiedleranteil relativ hoch. Hierbei handelt es sich um die sog. erste Generation an Aussiedlern, wobei der Eindruck entsteht, dass dies wenig Einfluss auf möglich soziale Spannungen hat. Hinsichtlich sozialer Belange musste in Allermöhe Ost bisher aus Sicht der Stadt oder der Wohnungsunternehmen nicht eingegriffen werden. Im Gegensatz zu anderen Siedlungen wie Steilshoop, Mümmelmannsberg oder Kirchdorf Süd, wo u. a. im Zuge hoher Zuwanderungen eine zum Teil problematische Sozialstruktur entstanden ist. Ein zentrales Problem hierbei war bei den Sozialwohnungsbeständen die Fehlbelegungsabgabe, die in der Folge zu einer Entmischung der Bewohnerstruktur geführt hat. Eine weitere Segregation konnte nach Einschätzung der Stadtverwaltung durch die Anfang der 2000er Jahre abgeschaffte Fehlbelegungsabgabe verhindert werden. Die Fluktuationsquote in Allermöhe Ost liegt bei rd. 10 % und damit nach Einschätzung der Stadtverwaltung in einem stabilen Bereich. Bei den Wohnungsunternehmen, die in die Gespräche einbezogen worden sind, liegt die Fluktuation sogar unterhalb 10 % zwischen 5 % und 8 % und damit sogar unterhalb des jeweiligen Unternehmensdurchschnitts. Ungünstiger ist die Situation in Allermöhe West, wo ein Unternehmen eine Fluktuation von deutlich über 10 % angibt. Ein großer Teil der Wohnungen verfügt noch über Belegungsbindungen, die Laufzeiten von zehn und mehr Jahren haben. Die Mischung aus frei finanzierten Wohnungen und Sozialwohnungen wird in Allermöhe Ost positiv eingestuft und besser eingeschätzt als im Westteil. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung ist diese Tatsache, dass im Gegensatz zu anderen Siedlungen keine Anfragen hinsichtlich der Freistellung von Belegungsbindungen vorliegen, ein Indiz für eine weitgehend problemlose Vermietungssituation. Vonseiten der Wohnungsunternehmen wurde allerdings auch deutlich gemacht, dass Freistellungen in absehbarer Zeit beantragt werden. 3.3 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Der vorherrschende Wohnungstyp in Allermöhe ist die 2- bis 3-Zimmer-Wohnung mit 70 bis 80 m² Wohnfläche. Der Anteil der 4-Zimmer-Wohnungen liegt bei 10 - 20 %. Die Wohnflächenstandards sind gegenüber anderen Siedlungen aus den 70er Jahren etwas höher, gegenüber anderen Beständen der 80er Jahre jedoch relativ gering. Geringere Flächen wurden praktisch durch erhöhte Freiflächenanteile kompensiert. Im Unterschied zu den 70er Jahre-Wohnungen fallen jedoch die Bäder und Küchen hier wieder etwas kleiner aus. Allermöhe Ost zeichnet sich im Vergleich zu anderen Großwohnsiedlungen durch eine deutlich kleinteiligere Eigentümerstruktur als z. B. in Steilshoop aus, wo es wenige große Eigentümer gibt. In Allermöhe liegt der Anteil der großen, ehemals gemeinnützigen Anbieter bei rd. einem Drittel. Alle übrigen Wohnungen verteilen sich auf kleinere Eigentümer. Dazu zählen auch kleinere Wohnungsunternehmen/-verwaltungen, die vergleichbare Geschäftsmodelle wie die größeren Unternehmen haben. Verkäufe in größerem Umfang gab es bisher in Allermöhe Ost nicht und zeichnen 122 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 sich auch nicht ab. Es gibt Kenntnis von einer Wohnzeile, die in den vergangenen Jahren verkauft worden ist. Trotz der insgesamt guten Vermietungssituation in den Siedlungen der 70er und 80er Jahre in Hamburg, wirken die Lageunterschiede auf die Vermietbarkeit der Bestände und die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen. So sind Bestandsmaßnahmen in 60er Jahre Beständen in zentraleren Lagen oftmals deutlich wirtschaftlicher als in den Beständen der 70er in der Peripherie. Die Nachfrage ist in den zentraler gelegenen Siedlungen, wie Steilshoop, aufgrund der Lage besser - die Wohnkosten sind in Allermöhe aufgrund der Nebenkosten insgesamt geringer. Ungünstig ist die Vermietungssituation demgegenüber in Kirchdorf Süd, was u. a. relativ hohen Betriebskosten und somit hohen Gesamtwohnkosten zusammen hängt. Hinzu kommt, dass die Wohnungen in der Regel über vergleichsweise große Wohnflächen verfügen, wodurch ebenfalls die Gesamtkosten höher sind als z. B. in Wohnungen der 60er Jahre. Im Hinblick auf zielgruppengerechtes Wohnen gab es folgende Hinweise: Altengerechtes Wohnen bietet sich aus baulicher Sicht in Allermöhe Ost nicht explizit an, zumindest nicht im Hinblick auf die Anforderungen der DIN für Barrierefreiheit. Diese Einschätzung ergibt sich daraus, dass keine Fahrstühle vorhanden sind und somit die Obergeschosse nicht erreichbar sind. In den Beständen werden einzelnen Maßnahmen, insbesondere in den Erdgeschossen durchgeführt. Über individuelle Anpassungen geht es aber nicht hinaus. Die Altersverteilung in der Mieterschaft in Allermöhe Ost weist derzeit keinen Schwerpunkt in den höheren Altersgruppen auf, so dass umfangreichere Maßnahmen der Bestandsanpassung notwendig wären. Vielmehr sind die Bewohner noch so jung, dass die Fragen nach altersgerechtem Wohnen voraussichtlich erst in einigen Jahren gestellt werden. Einzelne behindertengerechte Wohnungen werden über die zentrale Belegungsstelle vergeben. Für Allermöhe Ost ist die Nachfrage in diesem Segment eher gering, da Haushalte aus innerstädtisch gelegenen Stadtbereichen kaum Bereitschaft zeigen, in den äußeren Bezirk Bergedorf zu ziehen. Eine Belegung erfolgt aber erfolgreich durch eigene Vermittlung, insbesondere unter den eigenen Mitgliedern. Weitere Unterstützung biete eine Stiftung, die in Einzelfällen Hilfe, insbesondere in sozialen Fragen anbietet. Grundrissänderungen spielen in den 70er und 80er-Jahre-Beständen keine Rolle. Diese wurden in der Vergangenheit nur in den 50er-Jahre-Beständen durchgeführt. Änderungen der Grundrisse werden aktuell gar nicht mehr durchgeführt, da die Kosten vergleichbar mit Neubaukosten sind, ohne dass Neubaustandards geschaffen werden. Entsprechende Mietsteigerungen werden vom Mieter nicht angenommen. Hinzu kommt, dass 1-Zimmer-Wohnungen durch die Regelungen in Zusammenhang mit ALG II eine deutlich erhöhte Nachfrage erfahren haben. Vermietungsprobleme gibt es in diesem Segment seit Hartz IV praktisch nicht mehr. In den Gesprächen ist deutlich geworden, dass in Allermöhe Ost bisher über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus keine wesentliche Bestandsentwicklung vorgenommen worden ist. Die Gründe liegen in dem relativ jungen Baualter, weshalb der energetische Standard auf einem anderen Stand 123 ist als in anderen Großwohnsiedlungen der 70er Jahre. Hinsichtlich der Energetik stehen die Bestände in Allermöhe Ost deutlich besser da als bspw. in Steilshoop. Die Gebäude verfügen über KW/h-Werte im Bereich von 110 bis 130. Nach Aussagen von Unternehmensseite wird ein Handlungsbedarf erst bei Werten um 180 KW/h gesehen. Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände wird in Allermöhe Ost entsprechend erst in zehn bis 20 Jahren eine Rolle spielen. Dann werden voraussichtlich Maßnahmen wie Wärmedämmung und die Erneuerung der Heizungssysteme notwendig sein. Maßnahmen zur energetischen Erneuerung sind aus Sicht der Wohnungsunternehmen ohne Förderungen nicht umsetzbar. Dies trifft umso mehr zu als die Richtlinien der Energieeinsparverordnung hohe Anforderungen stellen. Die bestehenden Fördermöglichkeiten werden zum Teil kritisch beurteilt. So gibt es Positionen, die KfW-Darlehen als unpassendes Förderinstrument einstufen, da hier nur Paketlösungen möglich seien, die die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen überfordern. Besser wäre ein Zuschussmodell, das es zulässt, Einzelmaßnahmen zu fördern (entweder Fenster oder Dach, aber nicht zwingend beides). Dies sei insbesondere sinnvoll, wenn man die Strategie der kontinuierlichen Modernisierung verfolge, bei der Schritt für Schritt einzelne Elemente erneuert werden (z. B. Fenster, Fassade, Dach). Im Gegensatz dazu würden andere Bestände eher herunter gewirtschaftet, um zu einem späteren Zeitpunkt das ganze Modernisierungspaket durchzuführen. Demgegenüber wurden in anderen Großsiedlungen der 70er Jahre bereits umfangreichere Maßnahmen durchgeführt. Dies betrifft in Mümmelmannsberg z. B.: Modernisierung von Bad und Küche Austausch Einscheibenverglasung Dachdämmung bei allen Gebäuden Fassadendämmung (Objekt für Objekt, da die Werte vergleichsweise gut sind) Komplette Erneuerung der Heizungsanalgen (Sonderfall wg. Fernwärmeanlage, in Kooperation mit anderen Wohnungsunternehmen) Modernisierungen innerhalb der Wohnungen (insbesondere Sanitäranlagen) werden in der Regel bei Mieterwechseln durchgeführt. Die Akzeptanzquote bei den Mietern für die Durchführung von Modernisierungen kann insbesondere bei einkommensschwächeren Bewohnern geringer sein, da viele Haushalte die erhöhten Mietkosten nicht tragen können oder wollen. Die Strategien der unterschiedlichen Eigentümer unterscheiden sich nur wenig. In den Großsiedlungen finden sich in der Regel Wohnungsgenossenschaften und die kommunale SAGA/GWG, die ähnliche, langfristig angelegte Bestandsstrategien verfolgen. Auch kleinere (Verwaltungs-) Gesellschaften grenzen sich nicht in besonderem Maß davon ab. Bei genauerem Hinsehen kann allenfalls der Eindruck entstehen, dass sich die Bestände der Genossenschaften im besten baulichen Zustand befinden. 124 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Fotos oben: Allermöhe Ost Fotos unten: Steilshoop 4 Fallstudie Ingolstadt Die Stadt Ingolstadt liegt in einer Wachstumsregion und hat rd. 123.000 Einwohner. Die Stadt ist wichtiger Standort der Auto- und Ölindustrie sowie unterschiedlicher Handelskonzerne. Ingolstadt zählt zu den dynamischen Wirtschaftsräumen in Deutschland und hat mit 5,0 % eine vergleichsweise geringe Arbeitslosenquote. Der Aufschwung der Stadt macht sich in der Einwohnerentwicklung bemerkbar. Das Oberzentrum Ingolstadt ist die jüngste Großstadt in Bayern, erst 1989 erreichte sie die 100.000 Einwohnergrenze. Ingolstadt ist eine relativ junge Stadt mit einem unterdurchschnittlichen Anteil über 65-Jähriger und einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen. Der Wohnungsmarkt ist durch eine solide Nachfrage und ein stabiles Miet- und Kaufpreisniveau gekennzeichnet. In Ingolstadt gibt es mit 5,4 neuen Wohnungen je 1.000 Einwohner eine intensive Neubautätigkeit, wobei ein Großteil im Geschosswohnungsbau erfolgt. Der Anteil der 70er und 80er Jahre-Bestände liegt bei rd. einem Viertel des Gesamtwohnungsbestandes. 125 Demographie Bevölkerung 2007: 123.050 Bevölkerung 2003: 119.530 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: + 2,9 % Bevölkerungsprognose 2005-2025 + 9,3 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2006: + 48 Bevölkerungsdichte 2007: 924 EW/km² Wanderungssaldo 2006: + 780 Altersstruktur 2006: 17,9 % unter 18-Jährige (21.850) 18,4 % über 65-Jährige (22.550) Wirtschaft BIP je Einwohner 2004: 56.164 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 107,9 Zahl der Beschäftigten 2006: 75.750 Arbeitslosenquote 1/2009: 4,4 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Wachstumsregion Wohnungsbestand 2007: 56.610 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern Mehrfamilienhäuser 24.590 (43 %); (83 %) Gebäude: 20.570 32.020 (57 %); (17 %) Gebäude: 4.100 Baufertigstellungen 2007: 660 Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 4,508,50 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.600-2.600 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 1.200-2.000 €/m² 4.1 Piusviertel Bei dem untersuchten Bereich handelt es sich um ein Quartier im Norden Ingolstadts. Dort wurden insbesondere in der Nachkriegszeit Wohnungen, in sog. Schlafstädten, in direkter Nachbarschaft zu den ansässigen Automobilwerken (Audi) errichtet. Dazu zählt das Piusviertel mit rd. 5.800 Wohnungen und mehr als 13.000 Einwohnern, welches überwiegend in den 50er, 60er und 70er Jahren errichtet worden ist. Bei dem Piusviertel handelt es sich demnach nicht um eine typische Großsiedlung, die in einem Stück geplant worden ist, sondern über einen längeren Zeitraum im Rahmen der Stadterweiterung entwickelt wurde. 126 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Für das Piusviertel wurde im Jahr 2001 ein integriertes Handlungskonzept für die Entwicklung des Quartiers im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" erstellt. Seit diesem Jahr läuft das Programm in diesem Quartier. Die Bestände aus den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg werden seit einigen Jahren durch die Eigentümer saniert und modernisiert (Fassaden, Fenster, Bäder etc.). Das Programm "Soziale Stadt" wirkt hier unterstützend mit Förderungen für Umfeldmaßnahmen und soziale Maßnahmen. 4.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld Das Piusviertel ist durch unterschiedliche Gebäudetypen geprägt. Ein wesentliches Element ist die Zeilenbebauung der 50er und 60er Jahre mit großteils vier bis fünf Geschossen. Rund die Hälfte der Bestände wurde im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet. Hieran waren drei Wohnungsbaugesellschaften maßgeblich beteiligt. Städtebaulich folgt der Wohnungsbau dem Leitbild des modernen Städtebaus der Nachkriegszeit. Aufgrund der Baustrukturen und insbesondere der Punkthochhäuser wird das Piusviertel vielfach als Großwohnsiedlung wahrgenommen. Das gesamte Quartier weist im Hinblick auf die Wohnumfeldgestaltung und die Infrastrukturversorgung deutliche Defizite auf: Fehlende soziale Einrichtungen für Jugendliche oder Senioren. Defizit an Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben. Die Grünflächen im direkten Wohnumfeld sind überwiegend nicht genutzt, gleichzeitig gibt es ein Defizit an Spielflächen und Spielmöglichkeiten. Die verkehrliche Anbindung ist insgesamt als gut zu bezeichnen, sowohl für den Individualverkehr als auch durch den ÖPNV. Trotz der Lage am Stadtrand ist die Innenstadt in zwei bis drei Kilometern zu erreichen. Im Hinblick auf den Verkehr wurden im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes allerdings auch Lärmbelastungen an den Hauptverkehrsstraßen mit hoher Verkehrsbelastung sowie starke Barrierewirkungen festgestellt. Des Weiteren ergab sich eine Parkplatzproblematik durch ungeordnetes Parken. 4.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Im gesamten Piusviertel ist der Anteil an Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen überdurchschnittlich hoch. Einkommensschwache Haushalte spielen insgesamt eine wesentliche Rolle in den Beständen. Zu diesem Ergebnis sind die Untersuchungen zur Entwicklung des Integrierten Handlungskonzeptes gekommen.1 Darin wird deutlich, dass die Arbeitslosigkeit über dem städtischen Durchschnitt liegt. demgegenüber der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung in der Altersgruppe 30 bis 45 Jahre unterrepräsentiert ist. der Anteil an Ausländern und Aussiedlern mit über 50 % im Quartier sehr hoch ist. die höheren Altersgruppen überdurchschnittlich vertreten sind. 1 Integriertes Handlungskonzept im Rahmen des Programms "Stadt- und Ortsteile mit besonderem Entwicklungsbedarf die Soziale Stadt", 2001/2004. 127 Die Besonderheiten der Sozialstruktur deuten auf wesentliche Problembereiche hin, die insgesamt mit einem niedrigen sozioökonomischen Status der Bevölkerung, mit Jugendkriminalität und Drogenproblematik und hohen Fluktuationsraten verbunden sind. Somit zeigt sich hier deutlich die Segregation. Die Entwicklung, die zu der heutigen Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur geführt hat, lässt sich in drei Phasen beschreiben: Die Anfang der 70er und Anfang der 80er Jahre errichteten Wohnungen wurden zum großen Teil als Sozialwohnungen errichtet. Durch die Förderung waren moderate Mietpreise zu verzeichnen, wobei sich die Bewohnerschaft der Erstbezieher aus unterschiedlichen sozialen Gruppen zusammen setzte. Die 1982 in Bayern eingeführte Fehlbelegungsabgabe führte zu einem Bevölkerungsaustausch, in dessen Zuge zahlreiche Besserverdienende den Wohnort gewechselt haben. Dieser Austauschprozess führte im Lauf der 80er Jahre und insbesondere Anfang der 90er Jahre zunehmend zu einer Segregation mit einem hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten in dem Viertel. Ein wesentlicher Teil der neuen Bewohnerschaft kam von außerhalb in das Viertel, insbesondere Anfang der 90er Jahre mit dem Zuzug von Aussiedlern. Dadurch kam es zu einer Abwanderung der angestammten Wohnbevölkerung ("Glasscherbenviertel"). Nach Einschätzung der Stadtverwaltung wurde im Zuge der in den vergangenen Jahren durchgeführten Maßnahmen ein Imagewandel in Gang gesetzt, wodurch inzwischen wieder eine Nachfrage durch Bewohner in Ingolstadt entsteht. Fast zwei Drittel der Wohnungen befinden sich im Eigentum zweier Wohnungsgesellschaften. Von diesen Wohnungen handelt es sich bei rd. 80 % um Sozialwohnungen. Vielfach sind es größere Haushalte, die in den vergleichsweise großen Wohnungen der 70er Jahre leben. Dass die Wohnungen der 70er und 80er Jahre auch heute eine zentrale Rolle bei der Versorgung einkommensschwacher Haushalte spielt, lässt sich an dem Mietniveau ablesen: Die Mietpreise in Ingolstadt bei Neuvermietung bewegen sich in einer Spanne von ca. 4,50 €/m² bis 8,50 €/m². Die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre-Bestände im Piusviertel liegen nach Angaben der Wohnungsgesellschaften vor Ort im Bereich zwischen 4,00 €/m² und 5,00 €/m² (Bestandsmieten). Damit liegen die Bestände deutlich im preisgünstigen Marktsegment in Ingolstadt. Zum Teil werden im Quartier 4,00 €/m² unterschritten. Dann handelt es sich allerdings meist um 50er und 60er Jahre-Bestände, die bisher keiner umfangreichen Modernisierung unterzogen wurden. Bei modernisierten Beständen der 50er und 60er Jahre (Balkonanbau, Sanitäranlagen, Heizung) reicht die Spanne bis über 5,00 €/m², sodass das Niveau der 70er Jahre-Bestände sogar überschritten wird. Die Mietpreise liegen bei den geförderten Beständen der 70er Jahre bei ca. 3,50 €. Daraus ergibt sich bei Modernisierungen kein Spielraum für Mieterhöhungen. Wenn die Bindungen auslaufen, was in den nächsten Jahren zunehmend geschehen wird, sind vonseiten der kom- 128 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 munalen Gesellschaft Mieterhöhungen vorgesehen. Diese werden jedoch im Sinne des Gesellschafterauftrages durchgeführt und somit eher moderat ausfallen. Nach Einschätzung der Anbieter vor Ort ist die Vermietbarkeit trotz aller Problemfelder als sehr gut einzustufen. Leerstand, der über den üblichen Fluktuationsleerstand hinaus geht, gibt es in dem Quartier praktisch nicht. Aktuell und auch zukünftig wird mit einer das Angebot übersteigenden Nachfrage gerechnet. 4.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Die Wohnungsbestände der 70er Jahre zeichnen sich durch einen relativ hohen Anteil an großen Wohnungen aus. Gleichzeitig gibt es vor Ort eine besonders hohe Nachfrage nach großen Wohnungen ab vier Zimmern. In diesem Segment herrscht hier ein Unterangebot, das allein durch die 70er Jahre Bestände nicht befriedigt werden kann. Die Grundrisse werden insgesamt als "gut" und marktgängig bewertet. Hierzu zählen z. B. komfortable Zimmergrößen. Jedoch sind Badezimmer und Küchen oft relativ klein bemessen. An den Wohngebäuden der 70er Jahre wurden die aus Sicht der Wohnungsunternehmen bisher "üblichen" Elemente erneuert: Fenster und Flachdächer mit Wärmedämmung Fassaden ohne Wärmedämmung Balkone Haustüren Heizungsanlagen Sanitäranlagen Insgesamt wird der bautechnische Zustand - auch in energetischer Hinsicht - als gut bewertet. Bauliche Defizite, die dem Bautypus in besonderer Weise entsprechen, wurden von den Gesprächspartnern nicht identifiziert. Hingegen werden die Wärmedämmwerte als vergleichsweise gut eingestuft. Insbesondere gegenüber 50er und 60er Jahre Beständen erreichen die Gebäude bessere Werte und liegen in ihrem Energieverbrauch nur 20-30 % über dem Wert gedämmter Wohnungen. Wärmedämmungen an den Fassaden sind aus Sicht des kommunalen Unternehmens erst in einem zeitlichen Horizont von ca. zehn Jahren auf der Tagesordnung. Bis dahin seien farbliche Erneuerungen der Fassaden ausreichend. Die Sanitäranlagen stellen derzeit ein Handlungsfeld bei diesen Beständen dar und werden jetzt, nachdem die Badezimmer der 50er und 60er Jahre Bestände weitgehend modernisiert sind, neu gestaltet. Dies erfolgt objektweise, darüber hinaus werden Einzelmaßnahmen bei Mieterwechsel durchgeführt. Die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen führen zu Kosten, die - soweit möglich - auf die Miete umgelegt werden. Für die Mieter ergeben sich bei normalen Modernisierungen Mieterhöhungen von 0,50 € bis 0,60 €. Höhere Mieterhöhungen wären im Piusviertel vielfach nicht durchsetzbar, weshalb der Aufwand in dem entsprechenden Rahmen gehalten wird. In einzelnen Fällen, wo umfangreichere Modernisierungen mit Lärmschutzmaßnahmen an den Fassaden einher gingen (z. B. verglaste Balkone) wären höhere Mieterhöhungen von ca. 0,80 € bis 0,90 € die Folge gewe- 129 sen. Diese Kosten und damit verbundenen Mieterhöhungen konnten durch städtebauliche Förderungen gesenkt werden. Eine besondere Herausforderung stellen für die Wohnungseigentümer die Anforderungen an den Brandschutz dar. Diese können insbesondere bei den Beständen der 70er und 80er Jahre mit den z. T. großen Gebäudehöhen zu umfangreichen Investitionen führen, die dann für andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen werden von den Wohnungsunternehmen Einzelmaßnahmen, z. B. zur Verringerung von Barrieren, durchgeführt. Ein Wohnungsunternehmen führt den Abbau von Barrieren in jedem Objekt im Zuge von baulichen Maßnahmen durch. Der Preis für barrierefreies Wohnen wird bei 5,00 € bis 6,00 € angesetzt. Für ältere Paare bietet sich ggf. die Zusammenlegung von kleineren Wohnungen an, die alternativ zu den bis dahin größeren bewohnten Wohnungen angeboten werden. Bei der Durchführung von Wohnumfeldmaßnahmen spielt das Programm Soziale Stadt eine zentrale Rolle. Die in dem Integrierten Handlungskonzept entwickelten Maßnahmen werden zum großen Teil durch Fördermittel getragen. Die Aufteilung zwischen finanziellen Mitteln der Kommune und den Wohnungsunternehmen beträgt 70 % zu 30 %. Aus Sicht der Stadt und der Wohnungsunternehmen wären diese Maßnahmen ohne Förderung nicht tragbar, denn das vorhandene Budget für Modernisierungen der Wohnungsunternehmen sieht Wohnumfeldmaßnahmen nicht oder nur in sehr geringem Umfang vor. Die Durchführung von Maßnahmen basiert ganz wesentlich auf den kooperativen Strukturen, die sich zwischen den wichtigsten Wohnungseigentümern und der Kommunalverwaltung herausgebildet haben, und auf Fördermöglichkeiten, die sich aus dem Programm Soziale Stadt ergeben. Vor diesem Hintergrund lassen sich gemeinsame Strategien umsetzen. Dazu gehören die Neuordnung der Parkplatzanlagen und Müllplätze, die Gestaltung der Hauszugänge und die Umgestaltung und Herausbildung zentraler öffentlicher Plätze. Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es von großer Bedeutung, dass entsprechende Maßnahmen in dem Quartier im Rahmen eines integrierten Handlungskonzeptes umgesetzt werden. Allein bauliche Maßnahmen reichen nach Einschätzung der Akteure vor Ort nicht aus, um eine grundlegende Verbesserung der Bestände zu erreichen. In der Diskussion ist derzeit die Frage der Übernahme der Folgekosten, die aus den Aktivitäten im Quartier entstehen. Denn die einmaligen Investitionen in die soziale Infrastruktur rufen nach Auslaufen des Programms Soziale Stadt Bewirtschaftungskosten hervor. Aus Sicht der Stadt wären die Wohnungsunternehmen, die auch von den Förderungen profitiert haben, in der Pflicht, hier einen Beitrag zu leisten. Nach Einschätzung der Gesprächspartner reichen die derzeitigen Förderbedingungen allein nicht aus, um Modernisierungen zu finanzieren. Im Piusviertel konnten im Rahmen des Programms Soziale Stadt z. T. auch investive Maßnahmen an den Gebäuden in die Förderung einbezogen werden, sofern es sich um Objekte mit besonderem städtebaulichen Wert handelte oder um Maßnahmen, die in engem Zusammenhang mit dem Wohnumfeld standen. 130 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 In Ingolstadt hat es in den vergangenen Jahren keine nennenswerten Eigentümerwechsel gegeben. Die wichtigsten Eigentümer im Piusviertel treten als Bestandshalter auf. Dazu zählen die kommunale Gesellschaft GWG, die über rd. 660 Wohnungen der 70er und 80er Jahre im Piusviertel verfügt, die Südhausbau mit Sitz in München und das katholische Wohnungsunternehmen St. Gundekar-Werk Eichstätt GmbH. Die Stadtverwaltung kommt zu der Einschätzung, dass diese Akteursstruktur für die Arbeit im Quartier sehr hilfreich ist. oben: Waldeysenstraße unten: Richard-Wagner-Straße 5 Ludwigsburg Ludwigsburg liegt im nördlichen Einzugsgebiet von Stuttgart und hat rund 88.000 Einwohner. Die Bevölkerungsentwicklung in Ludwigsburg ist in den letzten Jahren durch einen leichten Rückgang gekennzeichnet. Insbesondere in der Gruppe der Familien sind deutliche Wanderungsverluste zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Ludwigsburg im Jahr 2006 ein strategisches Konzept zur Weiterentwicklung des Ludwigsburger Wohnungsangebotes entwickelt, um insbeson- 131 dere den abwandernden Bevölkerungsgruppen ein nachfragegerechtes Wohnungsangebot zur Verfügung zu stellen. Der Wohnungsmarkt in Ludwigsburg ist insgesamt durch eine ausgeglichene bis leicht angespannte Marktsituation gekennzeichnet. Defizite bestehen nach Aussagen der Stadtverwaltung z. B. im Bereich großer (Altbau-)Wohnungen im mittleren Preissegment, die insbesondere jüngeren Nachfragergruppen, wie Studenten, Künstlern oder jungen Familien Raum zu Entfaltung bietet. Zentrales Ziel der Wohnungsmarktpolitik ist es, auf eine ausgeglichene soziodemographische Struktur der Stadtgesellschaft und der Stadträume hinzuwirken. Im Zentrum der Bemühungen steht jedoch, durch neue Wohnungsangebote einer weiteren Abwanderung der Bevölkerung entgegen zu wirken. 132 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Demographie Bevölkerung 2007: 87.350 Bevölkerung 2003: 87.600 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: - 0,3 % Bevölkerungsprognose 2005-2025: - 1,4 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: 51 Wanderungssaldo 2007: 17 Bevölkerungsdichte 2007: 2.015 EW/km² Altersstruktur 2007: 14.900 16.950 17,1 % unter 18-Jährige 19,4 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP 2005: 28.413 €/EW (LK Ludwigsburg) Kaufkraftkennzahl 2008: 119,4 Zahl der Beschäftigten 2007: 43.075 Arbeitslosenquote 1/2009: 4,2 % Hauptagentur Ludwigsburg Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Strukturstarke Region Wohnungsbestand 2007: 42.504 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern: Mehrfamilienhäusern: 11.465 (27 %); (63 %) Gebäude: 8.651 30.266 (73 %); (37 %) Gebäude: 5.095 Baufertigstellungen 2007: 216; 2,5 je 1.000 EW Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 6,0010,00 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 2.100-3.000 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 1.350-2.000 €/m² 5.1 Eglosheim / Straßenäcker Der Ortsteil Straßenäcker im Stadtteil Eglosheim stellt sich in seiner baulichen Struktur sehr heterogen dar. Am nordwestlichen Stadtrand gelegen, ist dieser Stadtteil aus dem alten Dorfkern Eglosheim als Stadterweiterungsgebiet in der Nachkriegszeit entwickelt worden. In den ersten Bauphasen nach dem Krieg wurde Alt-Eglosheim bis in die 60er Jahre arrondiert. In den 70er Jahren folgten weitere Baufelder am Stadtrand. Durch diese nahezu suburbane Lage ist der Ortsteil Straßenäcker schon relativ weit von der Stadtmitte entfernt. 133 Neben Ein- und Zweifamilienhausbebauungen, verdichteten Einfamilienhausformen und Zeilen wurden in den 70er Jahren im Zuge des Sozialen Wohnungsbaus großformatige Siedlungsstrukturen mit bis zu 18 Geschossen. Lagequalität und Image werden als mittel eingestuft. Das Einkommens- und Bildungsniveau der Bevölkerung ist eher im unteren Bereich angesiedelt. Die verkehrliche Erschließung kann als gut bis sehr gut bezeichnet werden. Eine Bundesstraße führt direkt in das Zentrum. Des Weiteren ist ein S-Bahn-Anschluss mit Anbindung zum Ludwigsburger Bahnhof vorhanden. Gleichzeitig haben die Verkehrstrassen eine deutliche trennende Wirkung. Das Gebiet ist somit räumlich isoliert und durch verkehrsbedingten Lärm belastet. 5.2 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Die Nachfrage nach den Wohnungsbeständen der 70er Jahre wird insgesamt etwas ungünstiger gegenüber anderen Baualtersklassen eingeschätzt. Während die Nachfrage am Wohnungsmarkt derzeit etwas größer ist als das Angebot und zukünftig deutlich größer sein wird, wird bei den 70er Jahre Beständen aktuell ein Marktausgleich konstatiert. Zukünftig wird eine etwas größere Nachfrage erwartet. Die Wohnbau verfügt über insgesamt 2.000 Wohnungen, davon stammen rund 570 Wohnungen aus den 70er Jahren, rund 160 befinden sich in Eglosheim. Hinsichtlich der Bewohnerschaft haben ältere Haushalte, Haushalte mit Migrationshintergrund und einkommensschwache Haushalte einen hohen Anteil. Hinsichtlich des Preisniveaus liegen die untersuchten Bestände der Wohnbau Ludwigsburg in einer Spanne von 4,30 - 6,00 €/m² und damit im unteren bis mittleren Preissegment. Sämtliche Wohnungen verfügen über Mietpreis- und Belegungsbindungen. 5.3 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Der gesamte Wohnungsbestand der Wohnbau Ludwigsburg aus den 70er und 80er Jahren in Eglosheim ist mietpreis- und belegungsgebunden. wie in anderen Fallbeispielen auch handelt es sich um vergleichsweise große Wohnungen mit folgenden Anteilen: 2-Zimmer-Wohnungen mit ca. 50 - 70 m² (25 %) 3-Zimmer-Wohnungen mit ca. 70 - 85 m² (50 %) 4-Zimmer-Wohnungen mit ca. 85 - 105 m² (25 %) Die Wohnbau Ludwigsburg modernisiert nach und nach ihre Bestände in energetischer Sicht. Der Wohnungsbestand unterliegt dabei einem Portfolio-Management, bei dem die einzelnen Wohnungen und Standorte einer Bewertung unterzogen werden. Diese erfolgt nach den Kriterien: Energieverbrauch Wirtschaftlichkeit Standortqualität Das Baualter für sich stellt demnach kein Kriterium dar. Vielmehr spiegelt sich hierbei der grundsätzliche wohnungswirtschaftliche Ansatz wider, Maßnahmen nach ihrer Wirtschaftlichkeit und Refinanzierbarkeit durchzuführen. Dies gelingt mit dem dargestellten Bewertungsraster, das durch die Berücksichtigung des Energieverbrauchs indirekt auch die Baualtersklassen einbezieht. 134 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Nach Einschätzung der Wohnbau sind die Bestände der 70er Jahre in baulicher Hinsicht ungünstiger zu bewerten als z. B. Bestände der 50er und 60er Jahre. Dies hänge mit dem Mauerwerk zusammen, welches deutlich stabiler sei. Der Wohnungsbau der 70er Jahre unterlag hingegen Sparmaßnahmen, die sich im sparsamen Umgang mit Baumaterial äußerten. So wird z. B. darauf hingewiesen, dass die Bestände über dünnere Wände verfügen, was entsprechende Auswirkungen auf die Energetik und die Schallisolierung hat. 6 Fallstudie Mainz Die Stadt Mainz hat rd. 200.000 Einwohner und befindet sich in einer Wachstumsregion und bildet zusammen mit Wiesbaden ein länderübergreifendes Doppelzentrum. Sowohl die aktuelle natürliche Bevölkerungsentwicklung als auch der Wanderungssaldo sind positiv. Die Zahl der Einwohner hat seit dem Jahr 2000 um 13.000 zugenommen, wovon ein großer Teil auf die Einführung der Zweitwohnungssteuer 2005 zurückzuführen ist (ca. 9.000 Einwohner). Der Anteil der über 65-Jährigen liegt unter dem Durchschnitt aller Fallbeispiele. Der Wohnungsmarkt in Mainz kann allgemein als stabil bezeichnet werden, mit leicht steigenden Mieten vor allem im unteren und mittleren Preissegment. Im Jahr 2007 war die Neubautätigkeit in Mainz mit 2,2 Wohnungen pro 1.000 Einwohner etwas höher als in den anderen Beispielstädten. Vor dem Hintergrund steigender Studentenzahlen und mangelnder Neubautätigkeit im Mietwohnungsbau, wird ein Engpass für kleine und preisgünstige Wohnungen prognostiziert. 135 Demographie Bevölkerung 2007: 200.150 Bevölkerung 2003: 203.800 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: - 1,8 % Bevölkerungsprognose 2003-2020 + 1,4 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: + 150 Bevölkerungsdichte 2007: 2.025 EW/km² Wanderungssaldo 2007: + 1.480 Altersstruktur 2007: 14,9 % unter 18-Jährige 17,5 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP je Einwohner 2006: 43.397 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 115,2 Zahl der Beschäftigten 2007: 96.500 Arbeitslosenquote 1/2009: 6,7 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Wachstumsregion Wohnungsbestand 2007: 101.100 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern 26.575 (26,3 %) Mehrfamilienhäuser 74.525 (73,7 %) Baufertigstellungen 2007: 450 Miet-/Kaufpreise 2006: Mietpreis (Neuvermietung): 5,00 - 10,00 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.400 - 3.100 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 1.200 - 2.600 €/m² 6.1 Lerchenberg Der Stadtteil Lerchenberg befindet sich im westlichen Teil des Mainzer Stadtgebietes und hat rd. 2.500 Einwohner (2007). In den vorangegangenen fünf Jahren war ein leichter Bevölkerungsrückgang von rd. 200 Personen zu verzeichnen. Der Stadtteil Lerchenberg besteht aus drei Stadtbezirken, die sich zwei städtebaulichen Bereichen zuordnen lassen. Im nördlichen und südlichen Bereich gibt es überwiegend Einfamilienhausbebauung. Lerchenberg Mitte besteht aus einem zentralen städtischen Bereich mit Großsiedlungscharakter. Hier befindet sich auch das Produktionsgelände des ZDF. Die Errichtung der Mehrfamilienhäuser stand in engem Zusammenhang mit der Errichtung des Produktionsgeländes. Viele Mitarbeiter haben auf dem Lerchenberg Wohnungen zu Zeiten der Errichtung bezogen, bis heute bestehen zwischen der Arbeitsstätte und dem Wohnungsangebot enge Verflechtungen. 136 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Das untersuchte Quartier an der Hindemithstraße ist in den Jahren 1966 bis 1974 entstanden. Im Wesentlichen gibt es dort acht Wohnscheiben mit acht bis neun Geschossen und vier Punkthochhäuser, die Ende der sechziger Jahre errichtet worden sind. Bei zwei Punkthochhäusern handelt es sich um vermietete Bestände, zwei weitere beherbergen Eigentumswohnungen, die zur Selbstnutzung angeboten werden. Insgesamt gibt es im Stadtteil rd. 2.700 Wohnungen, wovon sich allerdings nur ein Teil in dem untersuchten Gebiet befindet. Die in die Gespräche einbezogenen Eigentümer verfügen zusammen über rd. 600 bis 700 Wohnungen auf dem Lerchenberg. In Mainz wird derzeit ein Wohnungspolitisches Programm für die Gesamtstadt erstellt. In Lerchenberg wird derzeit das Programm Soziale Stadt vorbereitet. Ein Integriertes Handlungskonzept ist erstellt worden und befindet sich derzeit in der verwaltungsinternen Abstimmung der Stadt Mainz. Hinsichtlich dieses Programms gibt es vonseiten der wohnungswirtschaftlichen Akteure eine geringe Erwartungshaltung - entweder, weil nur wenig über die Pläne bekannt ist oder weil Erfahrungen aus anderen Programmgebieten zeigen, dass gewünschte Entwicklungen nur mittelfristig erreichbar sind. 6.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld Der Lerchenberg bildet einen eigenen Stadtteil, der sich außerhalb des zentralen, zusammenhängenden Stadtgefüges befindet. In der Umgebung befinden sich verschiedene Stadtteile, die aufgrund des eher ländlichen Umfeldes über gute Wohnlagen verfügen. Lerchenberg Mitte hebt sich davon als Standort mit einem hohen Anteil an Sozialwohnungen und mit großsiedlungsähnlichen Strukturen ab. Die Erschließung erfolgt über eine zentrale, mehrspurige Straße mit acht- bis neungeschossigen Zeilen. Städtebauliche Dominanten bilden vier Punkthochhäuser mit 20 und 24 Geschossen. Im Zentrum des Gebietes befindet sich ein Stadtteilzentrum mit Einzelhandelseinrichtungen und Geschäften für den täglichen Bedarf. Die bauliche Struktur wird von den Gesprächspartnern insgesamt neutral bewertet. Die Versorgung für den täglichen Bedarf ist grundsätzlich gewährleistet, zeigt allerdings auch Defizite. Dies gewinnt an dem Standort umso mehr an Bedeutung, da weitere Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt weit entfernt sind. Das direkte Umfeld in dem Quartier wird weder positiv noch negativ bewertet. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass keine gravierenden Probleme vorhanden sind. Ein Handlungsbedarf wird jedoch bei der Gestaltung der Spielplätze gesehen, die einer Neugestaltung bedürfen. Diese Ansicht wird allerdings weniger von dem Eigentümer zweier Hochhäuser geteilt, da diese über eigene Spielmöglichkeiten verfügen. Zwei Spielplätze befinden sich direkt auf den Grundstücken der Gebäude und sind aufgrund der Einzäunung nur durch die Mieter zu betreten. Ein positives Urteil erhalten die Freiraumqualitäten, die - ähnlich wie bei anderen Beispielen - überdurchschnittlich gut sind. In ländlicher Umgebung gelegen, bestehen direkte Verbindungen zu Naherholungsgebieten. Insgesamt wird aus den Gesprächen nicht ganz deutlich, ob die Nähe zum Grün die weiten Wege zur Mainzer Innenstadt tatsächlich überwiegen kann oder ob die positive Einschätzung der ländlichen Umgebung nicht auch Teil der Vermarktungsstrategie ist. Das Mietsteigerungspotenzial ist jedoch durch das Nachfrageverhalten gedeckelt, da besserverdienende Haushalte, die Wert auf eine grüne Umgebung legen, sich eher für eine Wohnung in einem der Einfamilienhausgebiete entscheiden. 137 6.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Hinsichtlich der Sozialstruktur muss der Lerchenberg differenziert betrachtet werden. Insgesamt handelt es sich um einen Stadtteil mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an älteren Bewohnern, was jedoch zu einem großen Teil auf die Bewohner in den Einfamilienhausgebieten zurückzuführen ist. In Lerchenberg Mitte ist der Altersdurchschnitt geringer, wie die Ergebnisse einer Sozialraumanalyse zeigen: In Lerchenberg Mitte gibt es einen hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit rd. 23 %.2 Gleichzeitig ist der Anteil an Ausländern mit ebenfalls rd. 23 % überdurchschnittlich. Während die natürliche Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen Jahren positiv war, verzeichnete Lerchenberg Mitte in den vergangenen Jahren Bevölkerungsverluste durch Abwanderung. Bei einer Arbeitslosenquote von rd. 11 % in Mainz übersteigt der Anteil in Lerchenberg Mitte mit 16 % deutlich. Insbesondere der Anteil der Langzeitarbeitslosen liegt hier deutlich über dem städtischen Durchschnitt. Gleiches gilt für den Anteil an Sozialhilfeempfängern mit rd. 15 % gegenüber rd. 5 % in Mainz gesamt. Bei der Betrachtung der Sozialstruktur ist zu berücksichtigen, dass der Stadtbezirk Lerchenberg Mitte Wohnungsbestände der Ende 60er und Anfang 70er Jahre, aber auch ein Wohnquartier der 90er Jahre umfasst. Dieses Quartier an der Gustav-Mahler-Straße - die sog. Papageiensiedlung hat einen hohen Anteil an Sozialwohnungen, deren Bindungen erst in 15 bis 20 Jahren auslaufen. Nach Einschätzung der Gesprächspartner sind viele soziale Konflikte auf die dortige, durch viele Jugendlich geprägte Bewohnerstruktur zurückzuführen. Trotz z. T. auch problematischer Entwicklungen haben die Wohnungsunternehmen nur geringe Leerstände zu beklagen. Der marktbedingte Leerstand liegt bei ca. 1 %, inkl. Modernisierungsleerständen liegen diese bei mehr als 2 %. Dennoch werden auch größere Vermietungsprobleme beklagt, die auch auf die Entfernung zum Stadtzentrum zurückgeführt werden. In Marktberichten zum Mainzer Wohnungsmarkt wird Lerchenberg Mitte als mittlere Lage eingestuft, im Gegensatz zu Lerchenberg Nord und Süd, die gute Lagen aufweisen. Die Mietpreise liegen bei den Beständen der 70er Jahre zwischen 5,50 €/m² bis 6,50 €/m² und zählen damit zu dem preiswerten Segment in einfachen Lagen. Hierzu zählen auch die geförderten Bestände. Je nach Anbieter werden modernisierte Bestände der Ende 60er Jahre auch deutlich über 6,50 €/m² und damit oberhalb des Medians im Mietspiegel angeboten, Bestände der 90er Jahre werden ab 7,00 €/m² angeboten. Entsprechend gehen die ansässigen Eigentümer unterschiedlich mit dieser Situation um. Die kommunale Gesellschaft hat auf die problematische Situation vor Ort, die nach Einschätzung der Gesprächspartner vornehmlich durch jugendliche Bewohner hervorgerufen wird, mit einem privaten 2 Sozialraumanalyse Lerchenberg 2005. 138 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Wachdienst reagiert. Dieser hat neben einer rein überwachenden Wirkung auch positiven Wirkungen durch die reine Kontaktaufnahme mit den Jugendlichen. Andere Eigentümer vor Ort sehen sich weniger im Quartierskontext in der Verantwortung als vielmehr für ihre eigenen Bestände. Dies bedeutet konkret, dass tendenziell eine Abschottungsstrategie gewählt wird, sodass sich Maßnahmen ausschließlich auf die eigenen Bestände und das eigene Grundstück beziehen. Dies wird z. B. deutlich an der Umzäunung der eigenen Grundstücke und des eigenen Spielplatzes. Kooperationen gibt es zwischen den Eigentümern am Lerchenberg bisher nicht. Dies wird u. a. daran deutlich, dass kaum Kenntnis von den Eigentümern vor Ort vorhanden ist. Links: Hochhaus mit Mietwohnungen Rechts: Hochhaus mit Eigentumswohnungen 6.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Bei den Wohnungen handelt es sich überwiegend um 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen. Es gibt auch einen geringeren Anteil an 4-Zimmer-Wohnungen. Die Wohnflächen betragen 55 bis 65 m² bei den 2-Zimmer-Wohnungen 70 bis 80 m² bei den 3-Zimmer-Wohnungen bis zu 90 m² bei 4-Zimmer-Wohnungen Bei zwei Punkthochhäusern wurden bereits Anfang der 1990er Jahre Maßnahmen im Hinblick auf eine energetische Erneuerung vorgenommen. Dies umfasst den Vollwärmeschutz mit einer Vorhangfassade, des Weiteren wurden die Dächer erneuert und gedämmt. Innerhalb der Wohnungen wurden in der Vergangenheit Badsanierungen vorgenommen, da an den Wasserleitungen Erneuerungen notwendig wurden (Strangsanierungen). Im Rahmen einer Mieterversammlung wurden 139 entsprechende Wünsche hinsichtlich der Ausstattung (Badewanne oder Duschbad) eruiert. Darüber hinaus werden Badsanierungen und die Erneuerung der Farbanstriche bei Mieterwechsel vorgenommen. Insgesamt handelt es sich bei diesen Wohnungen um höherwertiger ausgestattete Wohnungen. Dazu gehören selbstöffnende Türanlagen sowie eine Hausmeisterbetreuung vor Ort. Mittelfristig sind keine weiteren Maßnahmen geplant. Auch in den Beständen der kommunalen Gesellschaft wurden die Wasserleitungen aufgrund von Schäden (Wasserrohrbrüche) erneuert. Im Zuge der Strangsanierungen wurden ebenfalls Maßnahmen an den Badezimmer durchgeführt. Zu den weiteren Maßnahmen zählt die Erneuerung der Fahrstühle und der Fassaden inkl. Wärmeschutz innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre. Die Heizungsanlage (Zentralheizung) wurde bisher nicht grundlegend verändert, die Heizkessel wurden erneuert. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden im Quartier keine besonderen Maßnahmen durchgeführt. Ansatzweise geschieht dies durch den Einbau bodengleicher Duschen und die Erneuerung von Fahrstühlen. Da die Bestände jeweils mit Fahrstuhl ausgestattet sind, werden diese als weitgehend altengerecht eingestuft. Problematisch wirken sich demgegenüber Höhenunterschiede und Stufen im direkten Wohnumfeld aus (Zugang zu den Hauseingängen). Im Hinblick auf das Wohnumfeld sind zukünftig im Rahmen des Programms Soziale Stadt Maßnahmen zu erwarten. Bisher waren die Eigentümer in ihren eigenen Beständen tätig. Kooperationen gab es bisher nicht. Die Investitionsprozesse der Eigentümer am Lerchenberg unterliegen unterschiedlichen Strategien: Reagieren auf bauliche Missstände: Dies zeigt sich z. B. an der Erneuerung der Strangsanierungen, denen z. T. Schäden voraus gegangen sind. In diesem Zuge werden dann auch weitere Maßnahmen im Sanitärbereich durchgeführt. Strategische Aufwertung: Anhand eines unternehmensinternen Ratings werden die zur Verfügung stehenden Mittel für Instandhaltung und Modernisierung auf die unterschiedlichen Standorte verteilt. Hierbei handelt es sich um überregionale Bewertungen von Standorten, Erträgen und Renditechancen. Investive Maßnahmen werden in der Regel durch Wohnungsbau- bzw. Modernisierungsförderungen unterstützt und zum Teil erst möglich gemacht. Von den Gesprächspartnern wurde in diesem Zusammenhang auf die restriktive Wirkung hinsichtlich des Mieterhöhungspotenzials hingewiesen, welche den Handlungsspielraum deutlich einschränkt. Hinzu kommen die unterschiedlichen Förderpraktiken der Länder, die für das kommunale Wohnungsunternehmen durch die Lage an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und Hessen deutlich werden. So wurde darauf hingewiesen, dass die Genehmigungsbereitschaft von Förderanträgen in Hessen deutlich höher ist als in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung werden in Hessen 50 % aller beantragten Maßnahmen gefördert, während es in Rheinland-Pfalz nur 20 % sind. Hinzu kommt, dass die Doppelmetropole über unterschiedliche Wohnungsmärkte verfügt. In Wiesbaden sind die Mieterhöhungspotenziale aufgrund der Wohnungsmarktsituation deutlich besser, sodass Maßnahmen besser refinanzierbar sind. 140 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Eigentümerwechsel hat es in der jüngeren Vergangenheit nicht gegeben und sind nicht absehbar. Zwei Punkthochhäuser wurden in den 1980er Jahren durch die SOKA-BAU von der Neuen Heimat übernommen. Die Wohnungsbestände der kommunalen Wohnungsgesellschaft wurden auch durch diese errichtet und sind seitdem im Eigentum der Wohnbau Mainz. Darüber hinaus gab es nach Information der Gesprächsteilnehmer keine weiteren Eigentümerwechsel. 7 Fallstudie Potsdam Die Stadt Potsdam hat rd. 150.000 Einwohner und zählt zu den stagnierenden/wachsenden Städten in Ostdeutschland. In den 90er Jahren hat die Stadt deutlich an Bevölkerung verloren. In den letzten Jahren stieg die Bevölkerung aufgrund eines natürlichen Bevölkerungswachstums und eines positiven Wanderungssaldos kontinuierlich an. Zukünftig werden weitere Bevölkerungsgewinne erwartet. Die wirtschaftliche Basis der Stadt Potsdam bildet ein breit gefächerter Dienstleistungssektor. Die Arbeitslosenquote liegt mit 9,3 % leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Der Wohnungsbestand in Potsdam besteht zu 87 % aus Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Rund 37 % des Wohnungsbestandes wurden zwischen 1971 und 1990 errichtet. Hierunter befinden sich ca. 42 % in kommunaler und ca. 33 % in genossenschaftlicher Hand. Im Bereich des Mietwohnungsmarktes ist der Leerstand angesichts der fortschreitenden Sanierungen gesunken, d. h. der Mietwohnungsmarkt ist relativ stabil. Zwischen 2001 und 2005 hat sich der gesamtstädtische Leerstand von knapp 10 % auf 6 % verringert. Der Leerstand konzentriert sich auf unsanierte Altbaubestände in innerstädtischen Lagen. Die Wohnungen der Plattenbaubestände weisen dabei die geringsten Leerstände auf, sodass in diesem Segment kein Rückbau vorgesehen ist. Der Wohnungsmarkt in Potsdam wird auch zukünftig durch eine hohe Nachfrage nach sanierten Wohnungen geprägt sein. Die Folge werden weiterhin steigende Preise in allen Preissegmenten sein, insbesondere auch im Bereich des gehobenen Marktsegmentes wird eine Ausweitung des Wohnungsangebotes notwendig. 141 Demographie Bevölkerung 2007: 149.700 Bevölkerung 2003: 143.800 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: + 4,1 % Bevölkerungsprognose 2005-2020: + 12,3 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: + 383 Bevölkerungsdichte 2007: 800 EW/km² Wanderungssaldo 2007: + 1.558 Altersstruktur 2007: 14 % unter 18-Jährige 19 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP je Einwohner 2004: 29.146 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 95,5 Zahl der Beschäftigten 2006: 52.700 Arbeitslosenquote 01/2009: 9,1 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: stagnierend/wachsend Wohnungsbestand 2007: 81.470 Gebäude: 17.900 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern: Mehrfamilienhäusern: 10.250 (13 %); (51 %) Gebäude: 9.100 69.150 (85 %); (49 %) Gebäude: 8.320 Baufertigstellungen 2007: 305 Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 4,2511,00 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.500 - 3.200 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 1.000 - 2.800 €/m² 7.1 Am Stern und Drewitz Bei dem Untersuchungsgebiet handelt es sich um die Quartiere "Am Stern" und "Drewitz", die am östlichen Stadtrand Potsdams gelegen sind. In dem Quartier "Am Stern" leben mehr als 13.000 Bewohner in insgesamt ca. 7.600 Wohnungen, davon sind ca. 900 Wohnungen in Zeilenbauweise errichtet, 5.800 Wohnungen in fünf-, elf- und fünfzehngeschossigen Gebäuden. Das Wohngebiet Drewitz ist ein relativ junges Wohngebiet aus den 80er Jahren. Dort gibt es v. a. Fünfgeschosser mit ca. 2.900 Wohnungen und rd. 6.000 Bewohnern. Errichtet wurden die Quartiere in den 70er Jahren (Am Stern: 1971-1979) bzw. in den 80er Jahren (Drewitz: 1986-1991). 142 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Der größte Eigentümer ist die Wohnungsgenossenschaft "Karl Marx" Potsdam eG. Weitere wichtige Eigentümer sind die kommunale Gesellschaft GEWOBA sowie weitere Wohnungsgenossenschaften, darunter die PWG 1956 eG. Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2007 wird der Bereich Stern/Drewitz als ein räumlicher Handlungsschwerpunkt benannt. Hierbei geht es um die Stärkung der Qualitäten als Wohnstandort und die Weiterentwicklung des Infrastruktur-, Arbeits- und Freizeitangebotes. Das Gebiet ist seit dem Jahr 2001 Programmgebiet "Soziale Stadt". In diesem Rahmen wurden zahlreiche Maßnahmen zur Aufwertung des Wohnumfeldes und der Infrastrukturangebote durchgeführt. 7.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld Das Wohngebiet "Am Stern" ist durch die Strukturen des Großsiedlungsbaus der 70er Jahre geprägt. Überwiegend sechsgeschossige Wohnblocks umschließen groß dimensionierte Wohnhöfe. Einige elfgeschossige Punkthochhäuser bilden städtebauliche Dominanten. Das Zentrum der Siedlung "Am Stern" bildet der Johannes-Kepler-Platz im nördlichen Bereich. Drewitz ist im Vergleich dazu durch etwas kleinteiligere Strukturen geprägt. Fünfgeschossige Zeilen bilden sich zu neun Wohnhöfen aus, die z. T. als "Wohnschnecken" angeordnet sind. Die Wohnhöfe sind verkehrsberuhigt. Die Quartiere zeichneten sich nach Aussagen der Akteure vor Ort nach der Wende durch starke Defizite im Bereich der sozialen und ökonomischen Infrastruktur aus. Insbesondere im sozialen Bereich fehlten Angebote für ältere Menschen, aber auch für Kinder im Bereich der Tagesbetreuung. Gleiches gilt für den Einzelhandel, der nur in beschränktem Umfang vorhanden war. Zur Behebung der Monofunktionalität und der ungünstigen Versorgungslage wurde 1996 das Einkaufszentrum "Sterncenter" entwickelt. Im Rahmen der Stadtteilentwicklung wurde der Campus "Am Stern" ergänzt (Sportanlagen, Freizeiteinrichtungen, Musikschule) und erneuert (Sanierung der Schulen, bauliche Aufwertung und die Neugestaltung der Außenanlagen). Nach Aussagen von Gesprächspartnern war die Infrastruktur der Bereich mit dem größten Handlungsbedarf. Dabei wird die quartiersübergreifende Erneuerung der Infrastruktur und des Wohnumfeldes als weitaus problematischer dargestellt als die Umsetzung baulicher Maßnahmen im Wohnungsbestand. Die weitere Aufwertung des Wohnumfeldes wurde seit Anfang der 2000er insbesondere durch den Arbeitskreis der Wohnungsunternehmen "Stadtspuren" möglich. Dieser Arbeitskreis, dem die kommunale Gesellschaft GEWOBA und fünf Wohnungsgenossenschaften angehören, wurde im Zuge der Maßnahmen im Rahmen der Bundesgartenschau Potsdam (BUGA) im Jahr 2001 ins Leben gerufen. Die Zusammenarbeit der Wohnungsunternehmen wurde darüber hinaus fortgesetzt, sodass inzwischen die Defizite bei der Infrastrukturausstattung weitgehend behoben werden konnten. Die städtebaulichen Strukturen wurden in den Gesprächen nie negativ und in einem Fall sogar positiv beurteilt. Demnach haben die Strukturen der 70er und 80er Jahre Vorteile z. B. im Hinblick auf die Baustrukturen der Nachwendezeit. Diese beziehen sich auf die offene, weitläufige Bauweise, welche ein hohes Maß an Großzügigkeit verkörpere. Positive Einschätzungen erhielten ebenfalls die Freiraumqualitäten und die Verkehrsanbindung. Der gesamte Bereich ist für den Individualverkehr 143 verkehrsgünstig angebunden. Beide Wohngebiete sind außerdem mit der Straßenbahn zu erreichen. 7.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Das Preisniveau der Wohnungen im Quartier "Am Stern" liegt zum großen Teil zwischen 4,50 und 5,00 €/m² und damit deutlich im preiswerten Segment. Zum Teil finden sich aber auch Angebotsmieten von deutlich über 6,00 bis zu 7,00 €/m². In Drewitz finden sich auch günstigere Preise mit unter 4,00 €/m² unter den Bestandsmieten. Hierbei ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen Mietpreis und Sanierungsstand zu erkennen. In Drewitz sind zahlreiche Wohnungsbestände nur teilsaniert. Die Bewohnerstruktur wird in beiden Quartieren insgesamt als relativ stabil mit segregativen Tendenzen eingestuft. Zwischen den Quartieren "Am Stern" und "Drewitz" gibt es jedoch Unterschiede, die auf die historische Entwicklung der letzten 20 bis 30 Jahre zurückzuführen sind: In Drewitz ist die Bevölkerung insgesamt etwas jünger als am Stern. Das Durchschnittsalter der Bewohner beträgt in Drewitz 38 Jahre, in dem Quartier "Am Stern" 45 Jahre. Entsprechend ist der Anteil der Senioren ab 65 Jahre im Quartier "Am Stern" mit 23 % höher als in Drewitz mit 14 %. In Drewitz gibt es einen relativ hohen Anteil an Haushalten mit Migrationshintergrund. Die Ausländerquote beträgt 7 %, das Quartier "Am Stern" hat nur einen Anteil von knapp 3 % Ausländern. Der relativ hohe Anteil an älteren Menschen im Quartier "Am Stern" ist darauf zurückzuführen, dass die Wohnungen bereits in den 70er Jahren errichtet worden sind. Viele der heutigen Bewohner leben bereits seit Fertigstellung in den Wohnungen, bei einzelnen Anbietern trifft dies auf 50 % der Bewohner zu. In Drewitz sind die ersten Bewohner erst in den späten 80er Jahren und z. T. erst nach der Wende eingezogen. Dies hat auch dazu beigetragen, dass ein relativ hoher Anteil an Bewohnern mit Migrationshintergrund dort lebt. Einen Bewohneraustausch hat es zuerst nach der Wende 1990 im Zuge der ersten Suburbanisierungswelle gegeben. Ein zweiter Schub war 1997 zu verzeichnen. Hinzu kommen Umzüge im Zusammenhang mit Sanierungen (Leerzug), was aber nur in geringem Maße zu einem Bewohneraustausch geführt hat. Zuzug erfolgt heute insbesondere aus Brandenburg, z. B. aus Cottbus. Diese zusätzliche Nachfrage findet sich z.T. auch in den untersuchten Quartieren wieder. Die Wohnzufriedenheit wird insbesondere im Quartier "Am Stern" als sehr hoch eingestuft. Aus Sicht der Gesprächsteilnehmer ist es für die Bewohner eine bewusste Entscheidung, dort zu leben. Im Rahmen einer Befragung zur Wohnzufriedenheit konnte festgestellt werden, dass 70 % der Bewohner gern in dem Plattenbauquartier leben. Auch die Mietzahlungsbereitschaft/-fähigkeit wird bei vielen Haushalten als relativ hoch eingeschätzt. Vor dem Hintergrund der hohen Wohnzufriedenheit wird davon ausgegangen, dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung auch in den nächsten Jahren im Wesentlichen Bestand haben wird. Die Wohnungsmarktsituation deutet aber auch darauf hin, dass es insbesondere im preiswerten bis mittelpreisigen Segment kaum ausreichende Alternativen in Potsdam gibt. 144 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 Demgegenüber sind die Zufriedenheitswerte in Drewitz mit 50 % deutlich geringer. In den Gesprächen mit den Akteuren wurde deutlich, dass dies möglicherweise auf die geringere Sanierungstätigkeit und geringere Qualität der Wohnungen gegenüber anderen Standorten zurückzuführen ist. Ein Ergebnis der Befragung ist hier auch, dass es eher zu Nachbarschaftsproblemen kommt. Hintergrund sind hier die niedrigen Mietpreise und der höhere Anteil an Haushalten mit Transfereinkommen. Drewitz wird nach Aussagen der Stadtverwaltung zukünftig ein Schwerpunkt bei der sozialen Steuerung sein. Die letzten Belegungsbindungen laufen in den nächsten Jahren weiter aus. Bis zum Jahr 2012 werden sich diese auf unter 400 Bindungen reduzieren. Belegungsbindungen sind vonseiten der Wohnungsunternehmen nicht immer gewünscht. Die Stadt hat insgesamt nur geringe Steuerungsmöglichkeiten. Diese beziehen sich auf die noch bestehenden Fördermöglichkeiten im unsanierten Bestand. Mit Belegungsrechten wird weitgehend flexibel umgegangen. 7.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Bei den Wohnungsbeständen handelt es sich ausschließlich um industriell errichtete Wohnungen, darunter z. B. die Typen IW 63, IW 75 P 2 und WBS 70. Der Wohnungsbestand ist insgesamt stark durch die typischen Grundrisse und Größen des industriellen Wohnungsbaus geprägt. Die Wohnungsbestände und die Marktsituation werden wie folgt beurteilt: Im Wohnungsbestand dominiert die 3-Zimmer-Wohnung. Je nach Unternehmen beträgt der Anteil zwischen 60 % und 80 %. Zu jeweils geringeren Teilen sind Wohnungen mit 1, 2 oder 4 Zimmern vertreten. Die Marktgängigkeit der 3-Zimmer-Wohnungen wird insgesamt gut eingestuft. Eine gute Nachfrage erfahren ebenfalls die 2-Zimmer-Wohnungen mit 50 bis 65 m². Insgesamt gibt es in Potsdam zu wenige 2-Zimmer-Wohnungen. Die Nachfrage ist insbesondere im preiswerten Segment relativ hoch. Nachfragergruppen mit eher geringem Einkommen und/oder geringen Wohnflächenansprüchen sind z. B. Rentnerehepaare, Alleinstehende und Alleinerziehende. Die kleineren 1-Zimmer-Wohnungen (Ratio-Wohnungen) mit Wohnflächen von unter 30 m² sind eher schwierig zu vermieten. Es gibt eine Nachfrage durch Familien mit drei und mehr Kindern, die im Bestand nicht erfüllt werden kann. Größere familiengerechte Wohnungen für drei und mehr Kinder können nur durch Neubau bereit gestellt werden. Im Hinblick auf die Hochhäuser ergibt sich keine besondere Problematik für die Vermietbarkeit. Der einzige Nachteil besteht in dem Nicht-Vorhandensein von Balkonen. Dies ist jedoch für die Zielgruppe junge Haushalte und Studenten mit einer kurzfristigen Wohnperspektive, die sich im Tagesverlauf relativ wenig in der Wohnung aufhalten, in der Regel kein Problem. Der Leerstand liegt in den Quartieren Am Stern und Drewitz unter 2 %. Die einzelnen Unternehmen verbuchen einen entsprechend geringen Leerstand bzw. Vollvermietung. Im Hinblick auf bauliche Maßnahmen stellt sich die Situation wie folgt dar: 145 Wesentliche bauliche Defizite wurden bereits Anfang der 90er Jahre behoben. Die erste Modernisierungswelle erfolgte Anfang der 90er Jahre. Hierbei wurden im Wesentlichen die Außenelemente "Fenster, Farbe und Fassade" erneuert. Nicht jeder Wohnungsanbieter hat dabei automatisch eine Fassadendämmung angebracht. Oftmals handelte es sich um rein optische Verbesserungen. Im Bestand einer Wohnungsgenossenschaft wurden 2-Zimmer- und 4- Zimmer-Wohnungen zusammengelegt und neue 3-Zimmer-Wohnungen geschaffen. Dadurch hat sich die Zahl der 4Raum-Wohnungen reduziert. In den sogenannten Kopfbauten wurden die schwer vermietbaren 1-Zimmer-Wohnungen zu größeren Wohnungen zusammengelegt. Zum Teil wurden auch Aufzüge nachgerüstet und Zugänge "barrierearm" ausgerichtet. Fahrstühle wurden im Zuge der Landesförderung in Brandenburg seit 2006 verstärkt angebaut, sodass inzwischen 50 % der Gebäude über einen Fahrstuhl verfügen. Eine Erneuerung haben auch die Rohrleitungen sowie die Elektroinstallationen erfahren. In diesem Zuge wurden auch Schritt für Schritt die Sanitäranlagen erneuert. Neben den Sanitäranlagen wurden innerhalb der Wohnungen keine weiteren Maßnahmen durchgeführt. Modernisierungen werden heute im Vergleich zu den 90er Jahren in geringerem Umfang, dafür aber je nach Objekt umfassender durchgeführt. Hierbei kommt es oft zum kompletten Leerzug im Vorfeld von umfassenden Modernisierungen einzelner Objekte. So werden derzeit in zu sanierenden Beständen nur noch befristete Mietverträge angeboten, um dann mittelfristig 2010 und 2012 häuserweise sanieren zu können. Sofern sich die Modernisierungen nur auf die Gebäudehüllen beziehen, werden diese auch im bewohnten Zustand durchgeführt. Es zeigt sich, dass Fassadendämmungen nicht automatisch im Zuge von Sanierungen vorgenommen werden. Dies ist nach Aussage eines Unternehmens betriebswirtschaftlich oftmals nicht sinnvoll. So wurde ein Beispiel angeführt, bei dem einer 6 %-igen Energieeinsparung durch Fassadendämmung eine Mieterhöhung von 0,75 € gegenüber gestanden hätte. Fassadendämmungen sind daher nur empfehlenswert, wenn die Fassaden bauliche Mängel aufweisen (z. B. Risse im Beton). Als sinnvoll erwiesen sind vielfach Wärmedämmungen am Dach. Diese haben einen hohen Energieeinspareffekt bei vergleichsweise geringen Investitionskosten. Altengerechtes Wohnen spielt in den Quartieren "Am Stern" und Drewitz zunehmend eine wichtigere Rolle. Die Mieter eines Unternehmens bestehen zur Hälfte aus Erstbeziehern. Der Altersdurchschnitt liegt dort bei rd. 55 Jahren. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen werden im Rahmen von Modernisierungen Barrieren weitgehend abgebaut. Der enge Rahmen der DIN kann in der Regel jedoch nicht eingehalten werden, insbesondere in jenen Objekten nicht, die über keinen Fahrstuhl verfügen. Dort werden Barrieren zumindest in den Erdgeschosswohnungen abgebaut. Eigentümerwechsel sind in größerem Rahmen in den Quartieren nicht vorgekommen. Wohnungsprivatisierungen wurden versucht, haben aber zu keinen durchschlagenden Erfolgen geführt. Es zeigt sich insgesamt, dass die Akteure in den betrachteten Quartieren als Bestandshalter tätig sind, die ihre Wohnungsbestände langfristig entwickeln. Die Beteiligung an Maßnahmen der Quartiersentwicklung erfolgt durch das kommunale Wohnungsunternehmen und die ortsansässigen Genos- 146 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 senschaften. Es zeigt sich hier die demgegenüber geringe Ortsbindung einer überregional tätigen Aktiengesellschaft, die aus Sicht der Stadtverwaltung als Kooperationspartner kaum greifbar ist. 8 Fallstudie Wolfsburg Die Stadt Wolfsburg hat rd. 120.000 Einwohner und liegt in einer stagnierenden bzw. schrumpfenden Region. Die niedersächsische Großstadt selbst hat eine negative Bevölkerungsentwicklung. Diese resultiert sowohl aus einer negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung, als auch aus einem negativen Wanderungssaldo. Die Altersstruktur in Wolfsburg ist durch einen im Vergleich mit den anderen Fallstädten überproportionalen Anteil der über 65-Jährigen gekennzeichnet. Wolfsburg ist der Stammsitz des Volkswagen-Konzerns, der für die lokale Wirtschaft und die Stadtentwicklung prägend ist. Die Kaufkraft und das Bruttosozialprodukt sind überdurchschnittlich hoch. Die Arbeitslosenquote liegt geringfügig unter dem bundesdeutschen Durchschnitt. Trotz des Bevölkerungsrückgangs ist die Neubautätigkeit im Vergleich mit den übrigen untersuchten Beispielstädten mit 2,3 neuen Wohnungen je 1.000 Einwohner (2006) am höchsten. Der Mietwohnungsmarkt ist entspannt und die Nachfrage in einigen Segmenten leicht rückläufig. Angebotsseitig wird der Markt vor allem durch drei größere Wohnungsbaugesellschaften geprägt. 147 Demographie Bevölkerung 2007: 120.000 Bevölkerung 2003: 122.530 Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: - 2,1 % Bevölkerungsprognose 2004-2020: - 2,3 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007: - 308 Wanderungssaldo 2007: - 70 Bevölkerungsdichte 2007: 590 EW/km² Altersstruktur 2007: 16 % unter 18-Jährige 23 % über 65-Jährige Wirtschaft BIP 2004: 66.592 €/EW Kaufkraftkennzahl 2006: 112,3 Zahl der Beschäftigten 6/2006: 91.700 Arbeitslosenquote 1/2009: 6,8 % Wohnungsmarkt Wohnungsmarkttyp: Stagnierende bzw. schrumpfende Region Wohnungsbestand 2007: 62.550 davon in: Ein- und Zweifamilienhäusern: 21.270 (34 %) Mehrfamilienhäusern: 41.280 (66 %) Baufertigstellungen 2007: 280 Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 3,50-6,50 €/m² Kaufpreis ETW (Erstverkauf): 1.200-2.000 €/m² Kaufpreis ETW (Wiederverkauf): 750-1.600 €/m² 8.1 Westhagen Bei dem untersuchten Quartier handelt es sich um Westhagen, eine Großsiedlung der 70er Jahre, die ergänzt wurde durch eine kleinteiligere Siedlung der 80er Jahre. Westhagen verfügt über rd. 4.400 Wohnungen. Bei den größten Eigentümern handelt es sich um eine kommunale Gesellschaft (Neuland GmbH), eine Fondsgesellschaft (BauBeCon) und ein werksgebundenes Unternehmen (Volkswagen Immobilien). Hinzu kommen einzelne private Anbieter. In den 60er Jahren wurde die Großwohnsiedlung in Westhagen für insgesamt 15.000 Einwohner geplant. Die Errichtung Westhagens wurde aber schon 1973/1974 aufgrund der Wirtschaftskrise unterbrochen. Mitte der 70er Jahre wurden daher die Planungen in Westhagen an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und in kleinen Schritten weitergebaut. Die Neuplanungen sahen vielmehr ökologisch orientierte Versuchsbauten, kostengünstige Reihenhäuser auf Kleinparzellen und kosten- und flächensparendes Bauen vor. 148 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre 8.2 Werkstatt: Praxis Heft 68 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld Wolfsburg-Westhagen ist ein Wohngebiet mit verdichtetem Geschosswohnungsbau, errichtet in vier Bauabschnitten. Die ersten drei Bauabschnitte wurden zwischen 1969 und 1980 errichtet und entsprechen dem typischen Großwohnsiedlungsbau der 70er Jahre. Die überwiegend sechs- bis achtgeschossige Bauweise wird ergänzt durch einzelne Punkthochhäuser. Der letzte Bauabschnitt wurde in den 80er Jahren realisiert. Entsprechend handelt es sich hierbei um kleinteiligere Strukturen mit z. T. eigentumsähnlichen Wohnstrukturen. Die städtebauliche Struktur der ersten drei Bauabschnitte aus den 70er Jahren wurde von den Gesprächspartnern als problematisch eingestuft. Demnach seien deutliche funktionale Mängel erkennbar, dazu zählen überdimensionierte Baustrukturen und Straßenräume. Das Quartier wird westlich und östlich durch große Verkehrsstraßen begrenzt, wodurch das Quartier vom übrigen Stadtgebiet deutlich abgetrennt ist. Innerhalb des Gebietes gibt es zwei Infrastrukturzentren, die eine Grundversorgung an Einzelhandel und Dienstleistungen bieten. Die Infrastrukturausstattung und die ÖPNV-Anbindung werden von den Akteuren vor Ort als ungenügend eingestuft. Im Hinblick auf soziale Einrichtungen und Einzelhandel sei zwar eine Grundversorgung vorhanden. In der konkreten Beurteilung gehen die Meinungen jedoch etwas auseinander ("Angebot ist zu gering", "alles Notwendige ist vorhanden"). Die Freiraumqualitäten werden weder besonders positiv noch negativ eingeschätzt. In Wolfsburg Westhagen wurden bereits Ende der 90er Jahre negative Entwicklungen festgestellt, die einen Handlungsbedarf in städtebaulicher, wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht erkennen ließen. In diesem Zusammenhang erfolgten die Bewerbung für das Programm "Soziale Stadt" sowie die Einleitung des städtebaulichen Sanierungsverfahrens und die Einrichtung eines Stadtteilmanagements. Es folgten Wohnumfeldmaßnahmen, wie z. B. die Neugestaltung des direkten Wohnumfeldes und der Freiflächen, u. a. "Park der Nationen". Zu den Maßnahmen aus dem Programm Soziale Stadt, welches noch bis zum Jahr 2009 läuft, zählen außerdem der Radwegeausbau, der Straßenrückbau (Dresdner Ring) sowie der Neubau eines Gemeindehauses und der Umbau des Einkaufszentrums. Insgesamt sind damit Investitionen in Höhe von ca. 10 Mio. € verbunden. Das Programm 'Soziale Stadt' ist ein wichtiger Impulsgeber für die Entwicklung des Quartiers. Denn positive Wohnumfeldbedingungen stellen einen wichtigen Bereich im Rahmen der Vermietbarkeit dar. Da in diesem Bereich bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden sind, die die Situation deutlich verbessert haben, sei zukünftig das Imageproblem, verbunden mit den baulichen Strukturen - mit Gebäuden bis zu zwölf Geschossen - und dem zum Teil mangelhaften baulichen Zustand der Bestände im Zentrum des Quartiers von zentraler Bedeutung. 8.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur Das Mietpreisgefüge in Wolfsburg ist insgesamt als stabil einzustufen. Nach Angaben der Gesprächspartner gab es bis vor fünf Jahren in Wolfsburg nahezu Vollvermietung. Zurückzuführen ist dies auch auf die besondere Situation mit den VW-Werken als wichtigstem Arbeitgeber. Dadurch hat es in den letzten Jahrzehnten eine durchgehend stabile Nachfrage nach Wohnraum gegeben. 149 Gleichzeitig hat sich ein Mietpreisgefüge entwickelt, das in sich relativ stabil ist und eine geringe Spanne zwischen dem höheren und niedrigpreisigen Segment hat. Marktberichten zufolge bewegen sich die Angebotsmieten in einem Korridor von 4,00-6,00 €/m². Aktuelle Wohnungsangebote weisen darauf hin, dass unter- und oberhalb dieser Grenzen Wohnraum angeboten wird, sodass sich ein marktrelevanter Korridor von 3,50-7,00 €/m² ergibt. Der Wohnungsbestand in Westhagen zeichnet sich durch Mieten am unteren Ende dieser Preisspanne aus. Zwar werden auch in Westhagen z. T. Preise bis 6,00 €/m² erreicht, der überwiegende Teil der Wohnungen bewegt sich jedoch im Bereich bis 5,00 €/m². Vor diesem Hintergrund ist das Wohnen in Westhagen als preiswertes Wohnen einzustufen. Bei dieser Einordnung sind jedoch die relativ großen Wohnflächen und die daraus resultierenden Gesamtmietkosten zu berücksichtigen sowie die Nebenkosten, die bis zu 40 % der Netto-Kaltmiete betragen können. Die Betrachtung der Sozialstruktur in Westhagen im Vergleich zum Stadtgebiet macht deutlich, dass es sich zu einem großen Teil um einkommensschwächere Haushalte handelt. Prägnant ist des Weiteren ein hoher Anteil an Kindern und jungen Haushalten: Die Arbeitslosenquote liegt in Wolfsburg zwar deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (4 %). Der Stadtteil Westhagen verzeichnet mit fast 8 % gegenüber der Gesamtstadt aber eine deutlich höhere Quote. Besonders deutlich ist der Unterschied bei Beziehern von Arbeitslosengeld II. In Westhagen beziehen etwa 22 % der Einwohner Transferleistungen, gesamtstädtisch liegt dieser Anteil bei knapp 8 %. Der Ausländeranteil liegt in Westhagen bei 14 % und somit deutlich über dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 10 %. Gleichzeitig ist der Anteil an Kindern bis 18 Jahren ist mit 20 % deutlich höher als im restlichen Stadtgebiet (16 %). Der Anteil jüngerer Haushalte ist in Westhagen relativ hoch. 18 % der Bewohner sind im Alter zwischen 18 und 30 Jahren (Wolfsburg 14 %). Insgesamt gibt es in Westhagen einen negativen Wanderungssaldo, im Jahr 2007 hat Westhagen dadurch mehr als 300 Personen verloren. Beim Zuzug von Außen lassen sich in quantitativer Hinsicht allerdings keine Unterschiede zum Stadtgebiet feststellen. Bezogen auf die Wohnbevölkerung ist der Anteil an Zuziehenden in Westhagen vergleichbar mit dem in Wolfsburg insgesamt (jeweils 4,1 %). Die Zahl der Senioren und Hochaltrigen nimmt unter den Bewohnern deutlich zu. Hierbei handelt es sich vor allem um Mieter, die seit der Errichtung der Siedlung in Westhagen wohnen und in das Seniorenalter kommen. In Teilen hat Westhagen nach Aussagen der Gesprächspartner die Funktion eines Durchgangsquartiers. Vor allem zuziehende Haushalte mit Migrationshintergrund wählen vielfach zuerst Westhagen als Wohnstandort, was mit vorhandenen persönlichen Kontakte und Milieuzugehörigkeit erklärt werden kann. Nach Einschätzung der Gesprächspartner gibt es in Westhagen einen vergleichsweise hohen Anteil an Problemmietern. Westhagen hatte nach seiner Errichtung insgesamt ein positives Image und die Nachfrage erfolgte zum großen Teil durch Arbeiter und Angestellte der VW-Werke. Nach und 150 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 nach kam es zu einem Bevölkerungsaustausch, der zu den heute vorhandenen Sozialstrukturen führte. Inzwischen spielt die Frage des Images eine entscheidende Rolle für die Wohnungsnachfrage in Westhagen. Haushalte mit einer höheren Wohnkaufkraft fragen angesichts der gesamten Entspannung des Wohnungsmarktes keine Wohnungen in Westhagen nach. Dieses Imageproblem hängt nach Einschätzung der Gesprächspartner mit der Großwohnsiedlungsstruktur und dem damit verbundenen Erscheinungsbild zusammen. Einen Beleg liefert der vergleichsweise hohe Anteil an innerstädtischen Fortzügen mit 12 % gegenüber 8 % in Wolfsburg insgesamt. Insgesamt ergibt sich derzeit ein Leerstand von 10 % bis über 20 %. Auch zukünftig wird die Gruppe der einkommensschwachen Haushalte eine große Bedeutung bei der Neuvermietung haben. 8.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse Der Wohnungsbestand in Westhagen kann als weitgehend homogen beschrieben werden. Dabei handelt es sich überwiegend um große Wohnungen. Dominierend sind 3-Zimmer-Wohnungen mit 70 m² bis über 90 m² Wohnfläche. Hinzu kommen 4-Zimmer-Wohnungen mit 80 m² bis über 100 m². Nach Ansicht der Eigentümer ist es insbesondere problematisch, für größere 3-ZimmerWohnungen Nachfragergruppen zu finden. Denn diese sind einerseits für Singlehaushalte zu groß und andererseits für Familien (3-Personen-Haushalte und mehr) zu klein. Hinsichtlich der Qualität des Wohnungsbestandes wurden keine grundsätzlichen Defizite in der baulichen Ausführung genannt. Der 70er/80er-Jahre Bestand verfügt über einen vergleichsweise guten energetischen Standard. In Westhagen zeigen sich aus Sicht der Stadtverwaltung unterschiedliche Handlungsfelder aktuell und für die Zukunft. Dies bezieht sich auf: Modernisierung und bedarfsgerechte Anpassung der Wohnungen Verbesserung des Wohnumfeldes im Zuge der Sozialen Stadt Behebung von Nachbarschaftsproblemen und Steuerung der Sozialstruktur Aus wohnungswirtschaftlicher Sicht stellt insbesondere die Behebung des Leerstandes eine zentrale Herausforderung dar. Dieses Phänomen des Leerstandes ist erst seit wenigen Jahren in Westhagen zu beobachten. 151 Fotos oben: Jenaer Straße Fotos unten: Dessauer Straße Die bisherigen Investitionen der letzten Jahre reichen von Instandhaltung bis Vollmodernisierung, wobei die verschiedenen Eigentümer unterschiedliche Bestandsstrategien und -ziele verfolgen: In Westhagen gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich des baulichen Zustandes, die auf verschiedene Instandhaltungsstrategien in der Vergangenheit zurückzuführen sind und bereits bei der Inaugenscheinnahme deutlich werden. Der Gesamteindruck, der Zustand der Fassaden und Gestaltung der Eingänge fallen bei einigen zentral gelegenen Beständen gegenüber anderen Beständen deutlich ab. Auch innerhalb der Gebäude seien demnach Qualitätsunterschiede zu erkennen (Feuchtigkeit an den Wänden etc.). Hierbei entsteht der Eindruck, dass sich langfristig ausgerichtete Strategien zweier großer Wohnungsanbieter (Neuland, VWI) der eher renditeorientierten Ausrichtung eines weiteren großen Unternehmens gegenüber stehen. Problematisch wirkt sich hier insbesondere aus, dass sich die Bestände mit Instandhaltungsstau im Zentrum des Quartiers befinden und für die Repräsentativität des Quartiers eine wichtige Rolle spielen. Versuche einer Aufwertung des zentralen Bereiches mit dem "Einzelhandelszentrum" stehen dabei im Kontrast zu den Objekten im näheren Umfeld. 152 Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68 In Wolfsburg stellt Westhagen derzeit insgesamt keinen städtebaulichen Schwerpunktbereich dar. Vielmehr stehen die zentralen, innenstädtischen Bestände der 50er und 60er Jahre im Vordergrund der Investitionstätigkeiten. Hierdurch ist insbesondere die kommunale Gesellschaft Neuland als Eigentümer zahlreicher Bestände und als städtischer Entwickler in der Verantwortung. Zur Behebung des Leerstandes gibt es unterschiedliche Strategien. Hierzu zählt z. B. die Preisanpassung nach unten oder die gezielte Vermietung an Nachfragergruppen mit einer eher kurzfristigen Wohnperspektive, wie z. B. Wohngemeinschaften (Studenten und Auszubildende) oder zeitlich befristet in Wolfsburg eingesetzte Beschäftigte der Automobilwerke. Die Preiselastizität nach unten und der Vermietungseffekt sind jedoch beschränkt, gleichzeitig muss hierbei auf eine verträgliche Umsetzung im Hinblick auf die Bestandsmieter geachtet werden. Für einen kleineren Teil der Wohnungen werden Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit in Erwägung gezogen, die dann sowohl für ältere Bewohner als auch für Familien attraktiv sein können. Bei den Maßnahmen zur altengerechten Anpassung handelt es sich in der Regel eher um einzelne Anpassungen. Zielgruppenorientierte Angebote werden eher im Neubau geschaffen. Trotz der hohen Leerstände und der Vermietungsprobleme werden keine weiteren umfangreichen Investitionen in die Bestände der 70er Jahre in Westhagen in Erwägung gezogen. Hierzu könnten auch Förderungen in Form von Steuererleichterungen kaum beitragen. Der Verkauf von Wohnungsbeständen steht bei den Wohnungsunternehmen, die in die Gespräche einbezogen worden sind, nicht zur Debatte. Dies ist zum einen auf die Unternehmensstrategien zurückzuführen, zum anderen lässt die derzeitige Situation an den Finanzmärkten einen Verkauf bzw. die Finanzierung kaum zu. In den 90er Jahren wurden durch die VW Immobilien Mieterprivatisierungen bei 2.000 Wohnungen mit dem Ziel einer Liquiditätserhöhung durchgeführt. In jüngster Zeit wurden durch ein Unternehmen Mieterprivatisierungen im Umfang von ca. 100 Wohneinheiten durchgeführt. Derzeit sind Mieterprivatisierungen bei den Unternehmen nicht vorgesehen. Zukünftig ist der Rückbau von Wohngebäuden aus Sicht der Stadtverwaltung nicht vermeidbar. Hierzu seien jedoch Kooperationen aller großen Wohnungsanbieter im Quartier notwendig, die derzeit nicht absehbar sind. Der Abriss von Wohngebäuden zieht für die Wohnungsunternehmen Abrisskosten mit sich, die nicht refinanziert werden. Hinzu kommt, dass keine Folgenutzungen absehbar sind. Möglicherweise ergibt sich hierbei ein Handlungsfeld im Rahmen von Stadtumbau West.