Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre

Transcrição

Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand
der 70er und 80er Jahre
Ein Projekt des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) betreut vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).
Werkstatt: Praxis
In der Schriftenreihe Werkstatt: Praxis veröffentlicht das Bundes­
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) aus­
gewählte, praxisorientierte Ergebnisse aus der Ressortforschung.
IMPRESSUM
Herausgeber
Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin
Wissenschaftliche Begleitung
Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR)
im Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung (BBR), Bonn
Bearbeitung
Analyse & Konzepte, Hamburg (Auftragnehmer)
Matthias Klupp
Jens Töpper
Tanja Tribian
Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung, Bonn
Wolfgang Neußer
Matthias Waltersbacher
Druck
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn
Bestellungen
[email protected]
Stichwort: Werkstatt: Praxis Heft 68
Nachdruck und Vervielfältigung
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet.
Bitte senden Sie uns zwei Belegexemplare zu.
Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist
nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch.
ISSN 1436 – 0063 (Schriftenreihe)
ISBN 978-3-87994-968-7
Werkstatt: Praxis Heft 68
Berlin 2010
Inhalt
Kurzfassung
1
Summary
5
1 Einleitung 9
1.1 Ziel des Forschungsprojektes 9
1.2 Untersuchungsdesign 9
2 Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
12
12
2.1 Wohnungsbautätigkeit in Ost- und Westdeutschland Wohnungsbau in Westdeutschland 12
Wohnungsbau in Ostdeutschland 12
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Ost- und Westdeutschland
13
2.2 Wohnungspolitische Einflüsse auf das Angebot 14
Wohnungsbauförderung in der Bundesrepublik 14
Bestandsorientierung 16
Frei finanzierter Wohnungsbau
16
Eigentumsbildung 16
2.3 Strukturtypen des Wohnungs- und Städtebaus 18
Großwohnsiedlungen 18
Blockrandbebauung und innerstädtische Wohnsiedlungen 21
2.4 Bauliche Probleme an Wohngebäuden der 70er und 80er Jahre 23
2.5 Sekundärdatenanalyse
24
Bautätigkeit in den Ländern 24
Kleinräumige Betrachtung der Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern
24
Reflexion Sekundärdatenanalyse
27
Datenlage in den Ländern 28
2.6 Entwicklungen seit 1990 31
Quantitative und qualitative Veränderungen des Wohnungsbestandes 31
Veränderungen der Eigentümerstruktur
34
3 Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
36
36
3.1 Eigentümerbefragung Erhebungsmethode Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
43
Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen
55
Fazit Eigentümerbefragung 66
3.2 Bewohnerbefragung 36
67
Erhebungsmethode
67
Wohnungsstruktur
68
Haushaltsstruktur
69
Instandhaltungsmaßnahmen
69
Miethöhe
70
Wohnzufriedenheit und Nachbarschaft
70
Fazit Bewohnerbefragung
73
Fallstudien
74
3.3
4 Auswertung 4.1 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre
Verteilung der Wohnungsbestände auf die Markttypen 4.2 Investitionsstrategien und Förderungen 76
76
77
78
Investitionen nach Baualtersklassen 78
Investitionsmaßnahmen im Bestand der 70er und 80er Jahre 78
Eigentümer im Vergleich 82
4.3 Typisierung der Bestände 83
5 Zusammenfassung und Empfehlungen
94
6 Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring
99
6.1 Beurteilung der vorhandenen Datenbasis
99
6.2 Referenzbestand und Datenabfrage
99
Abfrage der Bestandsstruktur
100
Abfrage der baulichen Investitionen
101
Literaturverzeichnis
102
Anhang
104
Abbildungs-/Tabellenverzeichnis
Abbildung 1 Forschungsdimensionen
Abbildung 2 Untersuchungsdesign
Abbildung 3 Fertig gestellte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in West- und Ostdeutschland
Abbildung 4 Bewilligungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau 1970 bis 1989 (alte Länder)
Abbildung 5 Neubau Eigentums- und Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern
Abbildung 6 WBS 70: Sektionsgrundriss 2.–5. Geschoss und Grundriss einer 4-Raum-Wohnung
Abbildung 7 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989
Abbildung 8 Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 je 1.000 Einwohner
Abbildung 9 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern der Baujahre 1969/70 bis 1990
Abbildung 10 Anteile Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1990 an
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 2005 insgesamt
Abbildung 11 Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen
Abbildung 12 Befragungs- und Fallstudienorte
Abbildung 13 Gründe für Absagen
Abbildung 14 Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen nach Baualter
und Ost- und Westdeutschland
Abbildung 15 Marktsituation in Großwohnsiedlungen
Abbildung 16 Marktsituation in Großwohnsiedlungen
Abbildung 17 Mietniveau der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
Abbildung 18 Gründe für Leerstand in Großwohnsiedlungen
Abbildung 19 Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
Abbildung 20 Investitionen in die Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
Abbildung 21 Gründe für Investitionen in Großwohnsiedlungen
Abbildung 22 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in Großwohnsiedlungen
Abbildung 23 Aktuelle Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen
Abbildung 24 Zukünftige Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen
Abbildung 25 Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen getrennt
nach Baualter und Ost- und Westdeutschland
Abbildung 26 Marktsituation aktuell und zukünftig in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 27 Mietniveau der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 28 Gründe für Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 29 Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 30 Investitionen in die Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 31 Gründe für Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 32 Gründe für nicht durchgeführte Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 33 Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen
in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 34 Aktuelle Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 35 Zukünftige Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen
Abbildung 36 Zufriedenheit nach Aspekten der Wohnung
Abbildung 37 Zufriedenheit nach Aspekten des Wohnhauses
Abbildung 38 Zufriedenheit nach Aspekten der Umgebung
Abbildung 39 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er/80er Jahre
Abbildung 40 Geplante Investitionen 2008 bis 2012
Abbildung 41 Geplante Investitionen 2008 bis 2012 pro Wohnung
Abbildung 42 Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Energieagenturen
Abbildung 43 Inanspruchnahme von Fördermitteln
Abbildung 44 Bestandsstrategietypen
10
11
13
15
17
20
25
25
26
Tabelle 1
Tabelle 2
Tabelle 3
Tabelle 4
Tabelle 5
Tabelle 6
Tabelle 7
Tabelle 8
Tabelle 9
Tabelle 10
Tabelle 11
Tabelle 12
18
28
32
36
38
40
41
41
42
42
44
46
Eckpunkte deutscher Wohnungspolitik und Auswirkungen auf das Wohnungsangebot
Datenlage in den Ländern
Abgänge ganzer Wohngebäude
Auswahl Kommunen: Matrix
Ausgangsstichprobe
Rücklauf nach Eigentümerstruktur
Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten insgesamt
Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten am Standort
Anzahl Wohneinheiten nach Eigentümern
Anzahl Wohneinheiten nach Markttypen
Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen
Markteinschätzung in Großwohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen
27
33
37
39
43
44
45
45
46
48
49
49
51
53
54
56
56
57
58
59
60
60
61
62
66
66
71
71
72
76
78
78
81
81
83
Tabelle 13
Tabelle 14
Tabelle 15
Tabelle 16
Tabelle 17
Tabelle 18
Tabelle 19
Tabelle 20
Tabelle 21
Tabelle 22
Tabelle 23
Tabelle 24
Tabelle 25
Tabelle 26
Tabelle 27
Tabelle 28
Tabelle 29
Tabelle 30
Tabelle 31
Tabelle 32
Tabelle 33
Tabelle 34
Tabelle 35
Tabelle 36
Tabelle 37
Tabelle 38
Tabelle 39
Tabelle 40
Tabelle 41
Tabelle 42
Tabelle 43
Tabelle 44
Tabelle 45
Tabelle 46
Tabelle 47
Tabelle 48
Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
Investitionen in die Wohnungsbestände
der Großwohnsiedlungen – Gesamt
Investitionen in die Wohnungsbestände
der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
Investitionen in die Wohnungsbestände
der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen
der Großwohnsiedlungen – Gesamt
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen
der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen
der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen in kleineren Wohnsiedlungen
Markteinschätzung in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen
Leerstandsquoten in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen
und Ost- und Westdeutschland
Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren
Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren
Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren
Wohnsiedlungen – Gesamt
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren
Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren
Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
Wohndauer
Wohnungsgröße
Wie viele Zimmer hat Ihre Wohnung?
Haushaltsgröße
Anzahl der Kinder
Von Geburt an erlernte Sprache
Durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen
Gewünschte Instandhaltungsmaßnahmen
Subjektive Mietpreise
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Wohnsituation?
Nachbarschaftsverhältnis
Veränderungen des Nachbarschaftsverhältnisses
Gründe für einen Umzug
Umzugsziel
Anforderungen an das neue Umfeld
Wohnungsbestand
Investitionen in die Wohnungsbestände der 70er/80er Jahre – Gesamtbestand
nach Wohnungsmarkttypen
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der
70er/80er Jahre – Wohnungsmarkttypen
Auswahlmatrix Referenzstandorte
47
50
50
51
52
53
54
56
57
58
59
61
63
63
64
64
65
68
68
68
68
69
69
69
70
70
70
73
73
73
73
73
77
79
80
100
1
Kurzfassung
Die Wohnungsbestände der 70er und 80er
Jahre spielen eine bedeutende Rolle bei der
Wohnraumversorgung in Deutschland, denn
rund ein Viertel der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist in dieser Zeit entstanden.
Um die Bestände auch zukünftig marktgängig zu halten, sind Investitionen notwendig,
deren Realisierung jedoch in hohem Maße
von der jeweiligen Marktsituation und den
Eigentümerzielen abhängt. Vor diesem Hintergrund sind die Investitionsprozesse der
unterschiedlichen Eigentümergruppen für
die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik von zunehmendem Interesse.
Die vorliegende Untersuchung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre
bildet einen Baustein eines Bestandsmonitorings, das als Basis für Prognosen und
wohnungspolitische Handlungsempfehlungen dienen kann. Für dessen Entwicklung hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) inzwischen
mehrere Untersuchungen vorgenommen.
Ziel ist es, eine räumliche und methodische Strukturierung der betreffenden Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen zu
ermöglichen. Auf dieser Basis sollen die
Marktprozesse und die unterschiedlichen
Bestandsstrategien und Ziele der Akteursgruppen analysiert werden, um daraus Rückschlüsse für die zukünftige Entwicklung des
Wohnungsbestandes und daraus resultierende wohnungspolitische Implikationen
zu ziehen.
Das Untersuchungsdesign setzt sich aus fünf
übergeordneten Bausteinen zusammen. In
einem ersten Arbeitsschritt erfolgte eine
Sekundärdatenanalyse. Dabei wurde eine
Bestandsaufnahme der vorhandenen statistischen Daten und sonstigen qualitativen Informationen zu den Beständen der 70er und
80er Jahre vorgenommen. Mithilfe einer
bundesweiten Eigentümerbefragung wurden weitere Hinweise zu der aktuellen Situation sowie den zukünftigen Entwicklungstendenzen bei der Investitionstätigkeit in den
70er und 80er-Jahre-Beständen generiert. Die
Sicht der Bewohner wurde im Rahmen einer
Bewohnerbefragung erfasst. Ein weiterer
wesentlicher Baustein des Forschungskonzeptes war die Durchführung von Fallstudien an ausgewählten Referenzstandorten.
Ziel war es, die standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informa-
tionen zu ergänzen. Neben Expertengesprächen wurde hierzu ein übergreifendes Werkstattgespräch durchgeführt, bei dem einzelne
Aspekte der Entwicklung der 70er und 80erJahre-Bestände vertieft und daraus resultierende Konsequenzen und Anforderungen
diskutiert wurden. Im Anschluss an die Empirie wurden die Teilergebnisse der einzelnen
Arbeitsschritte zusammengeführt, um so die
Ergebnisse im Gesamtzusammenhang interpretieren zu können. Darüber hinaus wurden im Zuge der Gesamtauswertung Empfehlungen über die Weiterentwicklung des
Wohnungsbestandsmonitorings in inhaltlicher und methodischer Hinsicht gegeben.
Abschließend wurden aus den Gesamtergebnissen Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung einer zukünftigen Wohnungs- und
Stadtentwicklungspolitik und den Umgang
mit den Wohnungsbeständen abgeleitet.
Im Ergebnis der empirischen Untersuchungsschritte wurden verschiedene Bestandsstrategietypen gebildet. Die Typisierung erfolgte nach den Kategorien, die bereits in der
Sekundäranalyse und der Eigentümerbefragung verwendet worden sind:
• die Region: Ost- und Westdeutschland
• der Markttyp: wachsend/strukturstark und
schrumpfend/stagnierend
• der Bestandstyp: Großwohnsiedlung und
kleinere Siedlungstypen
• die Eigentümergruppe: kommunal, genossenschaftlich, privat bzw. institutionell
Anhand dieser Kriterien wurden acht Strategietypen gebildet. Dabei haben sich deutliche Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten zwischen Ost- und Westdeutschland
herauskristallisiert. Im Wesentlichen lassen
sich folgende Ergebnisse formulieren:
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre
haben eine wichtige Versorgungsfunktion
Bei einer rein quantitativen Betrachtung
muss zwischen Ost- und Westdeutschland
unterschieden werden. Die höchste Bautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich hat im
Verhältnis zu der Einwohnerdichte in der
damaligen DDR stattgefunden. In den Regionen im Osten Deutschlands gibt es Anteile von 30 % und mehr am gesamten Wohnungsbestand. In Westdeutschland fand
Wohnungsbau in den 70er und 80er Jahren
2
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68
in Mehrfamilienhäusern insbesondere in
den Agglomerationsräumen mit seinen Kernstädten und den verdichteten Kreisen statt.
Die Anteile überschreiten in den Regionen
jedoch nur selten die 30 %-Grenze.
Es hat sich gezeigt, dass die untersuchten Wohnungsbestände eine große Bedeutung für die Wohnungsmärkte und die
Wohnungsversorgung haben. Die Anteile
einkommensschwacher Haushalte sind vor
allem in den Großwohnsiedlungen vielfach
überdurchschnittlich. Diese Situation wird
sich zukünftig weiter verfestigen. Insbesondere in westdeutschen Großwohnsiedlungen in Märkten mit einer hohen Wohnungsnachfrage übernehmen sie eine wichtige
Versorgungsfunktion für einkommensschwache Haushalte. Dort sind die Anteile mietpreis- und belegungsgebundener Wohnungen am höchsten.
Die Marktfähigkeit ist in der Regel gut,
in Abhängigkeit von der Lage und der
baulichen Qualität
Die Konkurrenzfähigkeit der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre hängt in erster
Linie von der jeweiligen lokalen Marktsituation und der Lage im Stadtgebiet ab. Insbesondere die ostdeutschen Bestände befinden
sich oft in einer ungünstigen Nachfragesituation. Verstärkt wird die ungünstige Nachfragesituation durch strukturelle Mängel der
Baustruktur und des Wohnumfeldes der größeren Siedlungen, die sowohl im Osten als
auch im Westen zu Benachteiligungen führen und Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung haben.
Insgesamt ist die Vermietung in guten Marktsituationen aber in der Regel unproblematisch. Handlungserfordernisse gibt es hier
insbesondere bei der Steuerung der Sozialstruktur. In Märkten mit hoher Nachfrage zeigt sich eine hohe Abhängigkeit von
der kleinräumigen Lage. Im Osten Deutschlands ist in schrumpfenden Märkten auch
zukünftig weiterhin mit Nachfragerückgang
und weiteren Segregationsprozessen zu rechnen. Insgesamt ist die Wohnzufriedenheit bei
den Bewohnern jedoch positiv.
Energetische und altersgerechte
Maßnahmen werden zukünftig an
Bedeutung gewinnen
Mehr als die Hälfte der befragten Eigentümer hat in den vergangenen fünf Jahren Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt.
Die wichtigsten Handlungsbereiche umfas-
sen hierbei Maßnahmen an der Gebäudehülle, wie Wärmedämmungen an Dächern
und Fassaden sowie den Austausch von Fenstern. Insgesamt betrifft dies aber nur rund
10 % der Wohnungsbestände. Ein Großteil der Bestandsinvestitionen fließt derzeit
noch in die Wohnungsbestände der 50er und
60er Jahre.
Die Analysen haben deutlich gemacht, dass
der Handlungsbedarf bei den untersuchten
Beständen im Hinblick auf Energie einsparende Maßnahmen noch relativ gering ist.
In der Regel weisen die Bestände vergleichsweise gute Verbrauchskennwerte auf. Umfangreichere Maßnahmen sind daher vielfach erst in den nächsten Jahren zu erwarten.
Der Handlungsdruck ist dabei den Beständen der 70er Jahre deutlich spürbarer als bei
den Beständen der 80er Jahre, die bisher noch
nicht so stark im Fokus der Bestandsentwicklung stehen.
Auch altengerechte Modernisierungen spielen bei den untersuchten Beständen bisher eine untergeordnete Rolle. Dies hängt
u. a. damit zusammen, dass die Altersstruktur häufig noch keine Überalterung aufweist. Weitere Maßnahmen im Bestand, wie
Grundrissveränderungen, spielen bisher
keine bedeutende Rolle und werden es auch
zukünftig nicht tun. Der Wohnungsrückbau
spielt im Untersuchungszusammenhang im
Westen bisher praktisch keine Rolle. Allerdings deutet die Marktsituation an einigen
Standorten bereits auf nachhaltige Nachfragerückgänge hin, die Rückbaumaßnahmen
zukünftig notwendig machen können.
Geringes Mieterhöhungspotenzial ist
zentrales Investitionshemmnis
Es gibt eine Vielzahl an Gründen, keine Modernisierungen durchzuführen. Dies hängt
auch von den unterschiedlichen unternehmerischen Strategien ab. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur in sehr
geringem Umfang getätigt und die Kosten
möglichst gering gehalten. Einzelne Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, sofern die
Vermietung gesichert ist. Dies erfolgt dann
durch Preisnachlässe, Investitionszurückhaltung und eine geringe Steuerung der
Mieterauswahl.
Hinzu kommt, dass Investitionen durch unterschiedliche Förderpraktiken gehemmt
werden können. Das zentrale Hemmnis für
Modernisierungsmaßnahmen sind jedoch in
der Regel zu enge Spielräume bei der Miet-
Kurzfassung
preisgestaltung. Gerade in Märkten mit Angebotsüberhängen reagieren die Mieter sehr
preissensibel. Bei Beständen im preiswerten
Segment ist häufig kein Spielraum nach oben
vorhanden. Weitere Hemmnisse können die
baulichen Anforderungen in Form von Richtlinien darstellen, wie sie die Energieeinsparverordnung (EnEV 2007, 2009) und die
DIN 18025 für barrierefreies Bauen darstellen. Insbesondere mit der Energieeinsparverordnung 2009 wird die Befürchtung verbunden, dass diese sich ungünstig auf die
Investitionstätigkeiten auswirken wird.
Eine besondere Herausforderung stellen für
die Wohnungseigentümer zudem die Anforderungen an den Brandschutz dar. Gerade
die Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen häufig über große Gebäudehöhen, was
bei Modernisierungsmaßnahmen hohe Kosten zur Folge haben kann. Hierbei besteht
die Gefahr, dass aufgrund der umfangreichen
Investitionen entsprechende Mittel für andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung
stehen.
Bestandsentwicklung als Konsequenz aus
Eigentümerstrategien
Inwieweit sich der Wohnungsbestand verändern wird, hängt auch ganz wesentlich
von den unternehmerischen Strategien ab.
Die unterschiedlichen Strategien führen
je nach Eigentümer und je nach Konstellation der Eigentümerstruktur vor Ort zu sehr
unterschiedlichen Entwicklungen. Als grobe
Unterscheidung lassen sich zum einen die
so genannten „Verwalter“ beschreiben, die
eine Vollvermietung bei möglichst geringem
Aufwand in der technischen Gebäudeunterhaltung und -anpassung anstreben. Strategische Überlegungen in Bezug auf die Mieterstruktur spielen eine geringere Rolle als bei
anderen Vermietern. Investitionen werden
z. T. von den Unternehmen nur in sehr geringem Umfang getätigt, um die Kosten möglichst gering zu halten. Beispiele zeigen, dass
auch in schwachen Märkten dies eine Strategie sein kann, sofern dennoch die Vermietung
gesichert wird. Die Vermietung wird dann unterstützt durch Preisnachlässe und Investitionszurückhaltung. Zum anderen gibt es die
„Bestandsentwickler“, die verstärkt Wert auf
eine zielgruppengerechte Bestandsentwicklung legen. Gesichtspunkte der Steuerung der
Sozialstruktur spielen hier bei der Auswahl
der Mieter eine größere Rolle.
3
Entscheidend für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung im Quartier sind die
Eigentümer und die Kooperationen zwischen ihnen und mit der Kommune. Hier
wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale
in den Quartieren genutzt werden können.
Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete Entwicklung der Infrastruktur sowie
Wohnumfeldaufwertungen.
Hilfreich sind hierbei Programme, wie
die „Soziale Stadt“ oder Stadtumbau-Programme, die die Entwicklung der Quartiere durch ihre Förderkulissen unterstützen
und Investitionen anregen. Zum Teil werden
hierdurch Maßnahmen ermöglicht, die sonst
nicht durchgeführt würden. Wichtiger noch
ist der kooperative Charakter dieser Programme, die eine Basis für eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und der Stadtverwaltung
liefern.
Regional sind unterschiedliche
Entwicklungen zu erwarten
Der Wohnungsbestand der 70er und 80er
Jahre ist regional durch unterschiedliche
Entwicklungen geprägt. In prosperierenden
Märkten wird es auch weiterhin eine stabile
Nachfrage geben. Insbesondere die Bestände
in den größeren Wohnsiedlungen werden ein
quantitativ bedeutendes Angebot im preiswerten Wohnungsmarktsegment darstellen.
In Märkten mit geringerer Nachfrage werden
diese Bestände aber auch zunehmend von
Leerstand bedroht sein.
Dort, wo ein Wohnungsüberangebot besteht, werden die Wohnungsbestände in den
Großwohnsiedlungen eine ungünstigere
Perspektive haben als 50er/60er Jahre-Bestände, da jene in der Regel eine bessere Lage
haben und vielfach bereits weiter entwickelt
sind. Damit hängen auch die Problembereiche der 70er Jahre Bestände zusammen, vielfach handelt es sich dabei um segregierte
Gebiete mit den typischen Problembereichen hinsichtlich baulicher Mängel und
Nachbarschaftsproblemen.
Bei der Weiterentwicklung der untersuchten
Wohnungsbestände handelt es sich um einen langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu
den 50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich die Wohnungsbestände der 70er und
80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die
4
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68
Weichen für eine Erneuerung dieser Bestände werden jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland wird der Handlungsschwerpunkt in näherer Zukunft vor allem bei den
70er Jahre-Beständen liegen, insbesondere
auch bei denen, die im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind. Auslaufende Belegungsbindungen, die Entwicklung
kommunaler Finanzhaushalte und die Bewirtschaftungskosten solcher Quartiere lassen Perspektiven offen.
Aus der vorliegenden Untersuchung gehen
keine näheren Erkenntnisse hervor, dass zukünftig mit weiteren größeren Veräußerungen zu rechnen ist. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass entsprechende Pläne entweder nicht bekannt sind oder der Verkauf
als strategische Maßnahme nicht öffentlich
gemacht wird. Auch Mieterprivatisierungen
dürften in den untersuchten Beständen kaum
eine Rolle spielen.
5
Summary
Housing stock built in the 1970s and 1980s
plays an important role in the housing supply in Germany because roughly one quarter of the flats in multiple dwellings was built
during that period. In order to keep this stock
marketable in the future there is a need for
investment, the implementation of which
depends very much on the individual market situation and owner objectives. Against
this backdrop the investment processes of
the different owner groups are of increasing
interest for housing and urban development
politics.
The present analysis of the housing stock
built in the 1970s and 1980s is one module
of a stock monitoring system that can serve
as a basis of forecasts and action recommendations in housing policy. The Federal Institute for Building, Urban and Regional Research (BBSR) has in the meantime completed several investigations to develop it further.
The objective is to allow a regional and methodical classification of the housing stock
according to owner groups. This is going to
be the basis for analysing the market processes and the different stock management strategies and objectives of the groups of agents.
Then statements on the future development
of the housing stock and on the resulting implications for housing policy will be derived.
The structure of the study consists of five
high-level blocks. The first step is a secondary data analysis. It is about taking stock of
the available statistical data and other qualitative information on the stock built in the
1970s and 1980s. In a nation-wide owner survey further evidence was generated regarding
the current situation and the future development trends in investment into stock built in
the 1970s and 1980s. A resident survey was
used to capture the views of the residents.
Another key building block of the research
concept was the implementation of case studies in selected reference sites. The objective was to add well-founded qualitative information to the standardised owner survey.
In addition to expert talks this involved an
overarching workshop talk with an in-depth
discussion on individual aspects of the development of the stock built in the 1970s and
1980s as well as on the resulting consequences and requirements. Following this empirical phase the partial results of the individual work steps were brought together so that
the results could be interpreted in the over-
all context. Beyond this the overall evaluation
led to recommendations on the further development of the housing stock monitoring
scheme in terms of content and methods.
The last step was to derive from such overall results the action recommendations for
shaping the future housing and urban development policy and for handling the housing
stock.
As a result of the empirical analysis steps various stock management strategy types were
established. The types were established along
the categories that had already been used in
the secondary data analysis and in the owner survey:
• the region: east and west Germany;
• the market type: growing/structurally
strong and shrinking/stagnating;
• the housing stock type: large residential
settlements and smaller settlement types;
• the owner group: municipal, cooperative,
private and institutional.
Based on these criteria eight strategy types
were established. In this process clear differences, but also common features between
east and west Germany were identified. The
main results are as follows:
Housing stock built in the 1970s and 1980s
has an important supply function
In a purely quantitative analysis a distinction
between east and west Germany is necessary. The most intensive multiple dwelling
building activity relative to the population
density took place in the former GDR. In the
east German regions multiple dwellings account for 30 % of the overall number of units,
and even more. In west Germany of the 1970s
and 1980s multiple dwellings were mainly
built in the agglomeration areas with its core
cities and densely populated districts. However, in the regions their share hardly ever went
beyond the 30 % level.
It turned out that the analysed housing stock
is of major importance for the housing markets and for housing supply. The share of lowincome households in major residential settlements is often higher than average. This situation will remain unchanged in the future.
Especially in west Germany large settlements
in markets with a high demand for housing
have an important supply function for low-
6
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68
income households. That is where the share
of residential units with price control and
occupancy regulations is the highest.
Marketability is good in general, depending
on location and building quality
The competitiveness of housing stock built
in the 1970s and 1980s depends in the first
line on the local market situation and on the
location in the city. Especially for the east
German stock the demand situation is often
unfavourable. The unfavourable demand situation is compounded by structural flaws
of the building structures and in the living
environment of larger settlements, which
create disadvantages in the east and west
alike and which have an influence on the
tenant structure.
All in all renting flats in a good market situation is usually unproblematic. The main need
for action is in controlling the social structure. In markets with high demand a lot depends on the micro-location. In shrinking
markets in the east of Germany we expect a
further decline in demand and further segregation processes. However, the general level
of residents‘ satisfaction with their housing
situation is positive.
Energy efficiency measures and adaptation
to ageing residents will gain more
importance in future
More than half the owners covered by the survey have conducted modernisation measures in the past five years. The most important
activities include measures on the building
skin, such as thermal insulation of roofs and
facades as well as the replacement of windows. However, that applies only to about
10 % of the housing stock. The bulk of stock
investment is currently still going into the
stock built in the 1950s and 1960s.
The analyses have shown that the need for
action regarding energy efficiency measures
is relatively small in the analysed housing
stock. Usually the buildings feature relatively
good energy consumption values. So largescale measures are not to be expected in general until in a few years. The pressure to act
is clearly more evident in stock built in the
1970s than in the 1980s stock, which has so
far not been a strong focus of attention for
housing stock development.
For the stock analysed so far the role of modernisation for the needs of ageing residents
has been rather subordinate. One reason is
that the residents are not over-ageing yet.
Further measures on the housing stock, such
as changing the floor plans, have not played
any important role so far, neither will they in
the future. In the context of the study residential unit demolition has played virtually
no role in the west so far. However, the market situation in several sites already indicates a lasting decline in demand, which might
make demolition measures necessary in the
future.
Low rent increase potential is a central
obstacle to investment
There are manifold reasons why modernisation measures are not carried out. That also
depends on various entrepreneurial strategies. Partly the enterprises make very little investment and keep the costs as low as possible. Individual examples show that this can
indeed be a strategy in weak markets as long
as occupancy is ensured. This includes price
discounts, conservative investment and
little control of the tenant selection.
In addition the investment obstacles may also
include various subsidisation practices. But
usually the central obstacle in the way of modernisation measures is too little room for
manoeuvre with rent prices. It is especially in
markets with excess supply that tenants respond with much sensitivity to price. In the
low-price segment there is often no potential for a rent increase. Further obstacles include building regulations and directives
such as the Energy Efficiency Ordinance
(EnEV 2007, 2009) and DIN 18025 for barrierfree building. Especially the 2009 Energy
Efficiency Ordinance has led to concerns that
it may have an unfavourable effect on investment activity.
Another special challenge for flat owners
includes the fire protection requirements.
Especially the housing stock built in the 1970s
and 1980s often includes fairly high buildings,
which may entail high costs for modernisation measures. The risk is that due to such extensive investment the according funds may
no longer be available for other measures.
Stock development as a result of owners‘
strategies
The change of the housing stock depends
very much on entrepreneurial strategies. Depending on the owner and on the constellation of the local ownership structure the different strategies can lead to totally different
development routes. A rough classification
is that on the one hand there are the ‚mana-
Summary
gers‘, who aim at full occupancy with a minimum of effort and cost for technical building
maintenance and adaptation. Strategic considerations regarding the tenant structure play
a lesser role that they do for other landlords.
Such enterprises partly minimise investment
in order to keep the costs as low as possible. Examples have shown that this can also
be a strategy in weak markets as far as occupancy is nevertheless ensured. Full occupancy is supported by rent discounts and
investment restriction. On the other hand
there are the ‚stock developers‘, who attach
more importance to developing the housing
stock for their target group. Aspects like controlling the social structure play a larger role
for tenant selection.
The decisive factors for successful housing
stock development in a quarter include the
owners, cooperation between them and
cooperation with the municipality. Here the
different local constellations will show what
potential can be utilised in the urban quarters. Especially important points are the targeted development of the infrastructure and
improvement of the living environment.
Help can come from programs such as ‚Soziale Stadt‘ (social city) or urban redevelopment programs that provide subsidies in order to support the development of urban
quarters and stimulate investment. Partly
this makes measures possible which would
not be taken otherwise. An even more important point is the character of such programs which form the basis of cooperation
between the individual flat owners and the
city administration.
Regional variation of developments can be
expected
The housing stock built in the 1970s and
1980s is characterised by differences in regional developments. In prospering markets
there will be further stable demand in the future. Especially housing in larger residential
settlements will make up a significant quantity of the supply in the low-price residential market segment. However, in markets
with less demand such housing stock will be
increasingly threatened with vacancies.
7
Where housing supply exceeds demand the
prospects for housing stock in large residential settlements will be more unfavourable
that for stock from the 1950s and 1960s because the latter units are usually in better locations and are already further developed.
That also relates to the problem areas of the
stock built in the 1970s. In many cases these
are segregated areas with the typical difficulties regarding building flaws and neighbourhood problems.
The development of the analysed housing
stock is a long-term process. Other than the
1950s and 1960s stock the housing stock built
in the 1970s and 1980s is still in the ‚preparation‘ phase, but the direction for renovating the stock is already being defined. In
west Germany the focus of action in the near
future will be mainly on the 1970s stock,
especially on projects that were built as council housing. The expiry of occupancy regulation, the development of municipal budgets and the costs of managing such quarters
leave the prospects open.
The present investigations do not result in
any findings that further major unit sales
can be expected in the future. However, it
should be taken into account that such plans
are either not known or that the sale may be
kept out of the public as a strategic measure.
Tenant privatisation will hardly play a role for
the stocks analysed here.
9
1 Einleitung
1.1 Ziel des Forschungsprojektes
Die Bestände der 70er und 80er Jahre spielen
eine bedeutende Rolle bei der Wohnraumversorgung in Deutschland. Rund ein Viertel
der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist
in dieser Zeit entstanden. Um die Bestände
auch zukünftig marktgängig zu halten, sind
Investitionen notwendig. Die Realisierung
der zu erwartenden Investitionen hängt jedoch in hohem Maße von unterschiedlichen
Marktsituationen und Eigentümerzielen ab.
Gleichzeitig ist die Eigentümerlandschaft bei
den 70er und 80er Jahre-Beständen inzwischen sehr breit gefächert und es werden vermehrt Bestände von – oftmals ausländischen
– Fonds aus anlagestrategischen Gründen erworben, wodurch im Zusammenspiel mit
sehr unterschiedlichen Entwicklungen auf
den lokalen Märkten eine stark differenzierte Angebotsstruktur entsteht.
Vor diesem Hintergrund sind die Investitionsprozesse der unterschiedlichen Eigentümer für die Wohnungspolitik und -forschung
von zunehmendem Interesse. Daher soll ein
Bestandsmonitoring entwickelt werden, das
als Basis für Prognosen und wohnungspolitische Handlungsempfehlungen dienen kann.
Für deren Entwicklung hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) inzwischen mehrere Untersuchungen vorgenommen, wie z.B. das Wohnungsbestandspanel für die neuen Bundesländer,
die Studien „Perspektiven der Wohnungsbauinvestitionen in den neuen Bundesländern“,
„Investitionsprozesse im privaten Mehrfamilienhausbestand“, „Investitionsprozesse im
Bestand der 50er und 60 Jahre“ sowie letztlich
auch das Wohnungsmarktbeobachtungssystem des BBSR.
Im Rahmen dieser Forschungen werden u. a.
folgende Ziele verfolgt:
• Räumliche Strukturierung der zu untersuchenden Wohnungsbestände nach
Eigentümergruppen
• Betrachtung der Marktprozesse sowie der
unterschiedlichen Bestandsstrategien und
Ziele der Akteursgruppen
• Untersuchung der Bestandsinvestitionen im Hinblick auf baualtersspezifische
Tendenzen
• Bestandsinvestitionen und Marktperspektiven der Bestände in den unterschiedlichen Marktregionen in Abhängigkeit
von den verschiedenen Wohnungs- und
Eigentümertypen
• Auswirkungen wohnungs- und städtebaupolitischer Instrumente, wie z.B. soziale
Wohnraumförderung und Städtebauförderung auf die Investitionen
• Identifizierung
möglicher
faktoren für Investitionen
Wohnungsbestand
Hemmin den
• Untersuchung der energetischen Qualität der Wohnungsbestände und Ermittlung aktueller und zukünftig zu erwartender Maßnahmen sowie der Potenziale zur
Minderung der Emissionen
• Ermittlung der Standards und Potenziale im Hinblick auf das altengerechte
Wohnen.
Mit diesem Forschungsvorhaben kann nun
ein Baustein durch die Darstellung der Investitionsprozesse in den Mietwohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre mit ihren spezifischen Strukturen hinzugefügt werden.
Analyse & Konzepte wurde Ende Januar 2007
mit der Bearbeitung der Studie zum
„Bestandsmonitoring zur dauerhaften Beobachtung von Investitionsprozessen im Wohnungsbestand unter besonderer Berücksichtigung der 70er und 80er Jahre-Bestände“
beauftragt.
1.2 Untersuchungsdesign
Das Untersuchungsdesign setzt sich insgesamt aus fünf übergeordneten Bausteinen
zusammen:
Sekundärdatenanalyse
Im ersten Arbeitsschritt erfolgte eine Sekundärdatenanalyse. In diesem Rahmen wurde eine Bestandsaufnahme der erfassbaren
Daten zu den Beständen der 70er und 80er
Jahre der statistischen Ämter sowie Erkenntnissen aus Forschungsprojekten vorgenommen (vgl. Kap. 2.5). Ziel der Bestandsaufnahme war es, einen Überblick über die vorhandene Daten- und Informationslage über den
Bestand der 70er und 80er Jahre und dem
10
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre Werkstatt: Praxis Heft 68
investiven Umgang mit ihm zu erstellen. Es
wurde eine erste Systematisierung erarbeitet und Forschungslücken deutlich gemacht
sowie erste Hypothesen zur Bestandsentwicklung entwickelt, die in der weiteren Untersuchung überprüft wurden.
Eigentümerbefragung
Primäres Ziel der Befragung war es, ein aussagekräftiges Bild der aktuellen Situation sowie den zukünftigen Entwicklungstendenzen der Wohnungsbauinvestitionen bei den
70er und 80er-Jahre-Beständen zu zeichnen
(vgl. Kap. 3.1). Hierfür waren unterschiedliche unternehmerische Strategien zu erwarten, z. B. im Hinblick auf die Langfristigkeit
des Engagements oder die Zielrichtungen der
Bestandsentwicklung.
Diese Strategien und Parameter werden jeweils stark durch den aktuellen baulichen
Zustand des Wohnungsbestandes, die lokale Marktsituation und die dort zu erwartenden Entwicklungstendenzen sowie durch die
politischen Rahmenbedingungen bestimmt.
Vor diesem Hintergrund ging es in der Untersuchung darum, ein differenziertes Bild der
Gegenwart, insbesondere aber auch der mittelfristigen Entwicklungen dieser Bestände
zu zeichnen. Dabei sollten sowohl qualitative
Aspekte als auch quantitative Größenordnungen herausgearbeitet werden, die eine fundierte Abschätzung der weiteren Entwicklungen in diesem Marktsegment ermöglichen.
Abbildung 1
Forschungsdimensionen
Inhaltliche Dimension
Methodische Dimension
Wohnungsbestand
- Volumen
- Wohnungstypen
- Baustruktur
- Siedlungstypen
- Wohnungsmarkttypen
- Datenlage/-qualität
- Kompatibilität und
- Fortschreibung
- Bewertung der Daten
Investitionsprozesse
- Art und Umfang
- Entscheidungsgründe
Bestandsstrategien
Bewohnerbefragung
Um die aus den Investitionsprozessen resultierenden Folgen für die Bewohner in die Bewertung einbeziehen zu können, wurde an
vier ausgewählten Fallstudienstandorten
eine qualitativ orientierte Bewohnerbefragung durchgeführt. Dabei wurden Aspekte,
wie die Wohnzufriedenheit, die Bewertung
durchgeführter baulicher und sozialer Maßnahmen oder Umzugspläne abgefragt. In
jedem der vier ausgewählten Fallstudiengebiete wurden 40 gültige telefonische Interviews mit Bewohnern durchgeführt.
Fallstudien
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden an
Referenzstandorten Fallstudien durchgeführt mit dem Ziel, die standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informationen zu ergänzen (vgl. Kap. 3.3). Auf
diese Weise sollten insbesondere die strategischen Ausrichtungen und Planungen der
Wohnungseigentümer und die daraus resultierenden Investitions-, Kooperations- und
Bewirtschaftungsaktivitäten deutlicher als
in der standardisierten Befragung abgebildet werden. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Fallstudien neben den Eigentümern
auch grundlegende Planungen, programmatische Aktivitäten und Sichtweisen der Kommunalverwaltungen (Wohnungs-, Sozial-,
Planungsämter), der Bewohner sowie anderer lokaler Akteure einbezogen.
Durch diesen Arbeitsschritt können die durch
die Eigentümer induzierten Investitionsbzw. auch Desinvestitionsprozesse mit ihren
Folgen für die Stadtentwicklung identifiziert
werden. Daraus konnten z.B. Erkenntnisse
für den Umgang mit den entsprechenden Beständen aus Sicht der kommunalen Verwaltung und somit Handlungsmöglichkeiten für
die Wohnungs- bzw. Stadtentwicklungspolitik abgeleitet werden.
Neben Expertengesprächen wurde hierzu ein
Werkstattgespräch durchgeführt, bei dem
einzelne Aspekte der Entwicklung der 70er
und 80er-Jahre-Bestände vertieft und daraus
resultierende Konsequenzen und Anforderungen diskutiert wurden.
Zusammenfassende Analysen
Gesamtauswertung und Ableitung von Thesen
Quelle: Eigene Darstellung
In einem abschließenden Arbeitsschritt
werden die Teilergebnisse der einzelnen
Arbeitsschritte zusammengeführt, um so die
11
Einleitung
Ergebnisse im Gesamtzusammenhang interpretieren zu können (vgl. Kap. 4). Methodisch
kam es hierbei darauf an, die quantitativ gewonnenen Ergebnisse durch die qualitativen
Erkenntnisse zueinander in Beziehung zu
setzen, um so die Forschungsleitfragen
abschließend zu beantworten.
monitorings des BBSR in inhaltlicher und
methodischer Hinsicht gegeben. Abschließend werden aus den Gesamtergebnissen
Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung einer zukünftigen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik und den Umgang mit
den Wohnungsbeständen gegeben.
Darüber hinaus werden mit der Gesamtauswertung
Empfehlungen
über
die
Weiterentwicklung des WohnungsbestandsAbbildung 2
Untersuchungsdesign
1. Hj. 2007
Projektphasen
Vorbereitung
Sekundäranalyse
Vorbereitung Befragungen
und Fallstudien
Dokumentation/
Veranstaltungen
1. Sachstandsbericht
1. Zwischenbericht
2. Sachstandsbericht
Durchführung
Auswertung
2. Zwischenbericht
Durchführung
Fallstudien
2. Hj. 2008
1. Hj. 2008
2. Hj. 2007
Eigentümerbefragung
Bewohnerbefragung
1. Hj. 2009
Begleitende Beratung
Dokumentation
Auswertung Fallstudien
2. Hj. 2009
Auswertung
1. Hj. 2010
Projektwerkstatt
Veröffentlichung
Quelle: Eigene Darstellung
Zusammenfassende
Analysen
Endbericht
2 Wohnungsbestände der 70er und
80er Jahre – Grundlagen
Die Sekundärdatenanalyse stellt den ersten
Arbeitsschritt des Forschungsprojektes dar.
Gegenstand der Bestandsaufnahme ist die
vorhandene Daten- und Informationslage hinsichtlich des Wohnungsbestandes der
70er und 80er Jahre sowie die Ermittlung möglicher Daten- und Forschungslücken. Des
Weiteren wird die Wohnungsbautätigkeit in
den Kontext der Wohnungspolitik der 70er
und 80er Jahre gestellt sowie ihre Rolle für
den Wohnungsmarkt und die Wohnungsversorgung aufgezeigt. Ebenso erfolgt ein kurzer
Überblick über ihre städtebauliche und stadtentwicklungspolitische Funktion.
2.1 Wohnungsbautätigkeit in
Ost- und Westdeutschland
Die Wohnungsbautätigkeit wird von konjunkturellen Entwicklungen sowie politischen
Vorgaben geprägt. In beiden Teilen Deutschlands gab es in den 70er und 80er Jahren angesichts der unterschiedlichen politischen
und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
deutliche quantitative und qualitative Unterschiede in der Wohnungsbautätigkeit.1
Wohnungsbau in Westdeutschland
Im früheren Bundesgebiet war Anfang der
70er Jahre ein starker Anstieg der Bauleistungen zu verzeichnen, der 1973 mit mehr
als 700.000 fertig gestellten Wohnungen seinen Höhepunkt fand. Anfang der 70er Jahre
galt damit der kriegsbedingte Wiederaufbau
als abgeschlossen. Der Bauboom bewirkte sogar kurzfristig ein Überangebot insbesondere
bei Eigentumswohnungen und im frei finanzierten Mietwohnungsbestand.
(1)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990,
S. 318.
(2)
Vgl. Topfstedt 1999, S. 533.
Die Ursachen für den Bauboom Anfang der
70er Jahre lagen u. a. in hohen Inflationsraten
und der allgemeinen Kapitalflucht in Immobilien sowie der umfangreichen Bereitstellung
von Fördermitteln vonseiten des Bundes und
der Länder. In der Folge sorgten jedoch die
1972 einsetzende Konjunkturkrise sowie steigende Zinsen und erhöhte Baukosten für
einen raschen Rückgang der Baufertigstellungen. In der ersten Hälfte der 70er Jahre brachen die Fertigstellungszahlen im Geschosswohnungsbau geradezu ein. Bis 1984 wies
dann der Wohnungsneubau ein gleichbleibendes Niveau von unter 400.000 Wohnungen im
Jahr auf, bevor im Jahr 1988 der Tiefpunkt mit
knapp über 200.000 fertig gestellten Wohnungen erreicht wurde. Besonders betroffen von
diesem Rückgang war der Geschosswohnungsbau – 1979 wurde nur noch ein Viertel
der Bauleistung aus dem Rekordjahr 1973 erreicht. Aufgefangen wurde der zahlenmäßige
Rückgang von der Bautätigkeit im Ein- und
Zweifamilienhausbau, der 1976 erstmals und
bis 1989 fast durchgängig einen höheren
Anteil der jährlichen Bauleistung hatte als der
Mehrfamilienhausbau. Von den rund 3,5 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern,
die zwischen 1970 und 1990 in Westdeutschland errichtet wurden, entstand nur rund ein
Drittel in den 80er Jahren (vgl. Abb. 3).
Wohnungsbau in Ostdeutschland
Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Prozessen in der alten Bundesrepublik wurde der
Wohnungsbau in der DDR auf der Grundlage von Fünf-Jahresplänen zentral gesteuert und unterlag somit weniger konjunkturellen Schwankungen als vielmehr sich
verändernden politischen Vorgaben. Ein
wesentlicher Einschnitt erfolgte durch die
Aufstellung neuer Fünf-Jahrespläne mit
Beginn der 70er Jahre.
Bereits Ende der 60er Jahre zeichnete sich ab,
dass die Bauwirtschaft nicht den Bedarf an
Neubauwohnungen erfüllen konnte. Während in den 60er Jahren noch ein Schwerpunkt auf der Wiederherstellung der Innenstädte lag, liefen die Fertigstellungszahlen
im Wohnungsbau dem Bedarf hinterher. Es
folgte mit einem staatlichen Wohnungsbauprogramm eine „gravierende baupolitische
Kurskorrektur“2. Zur Verbesserung der Wohnsituation sollten in den 70er und 80er Jahren
rund drei Millionen Wohnungen durch Neubau und Modernisierung fertig gestellt werden. Zwei Prämissen standen dabei im Zentrum der Umsetzung:
• Senkung der Fertigungskosten
• Schaffung von Mindeststandards
Da sich gezeigt hatte, dass durch das Bauen in
den innerstädtischen Bereichen die quantitativen Effekte zu gering und die Kosten gleichzeitig zu hoch waren, konnte angesichts der
eingeschränkten wirtschaftlichen Gesamtleistung der Bauwirtschaft dieses hochgesteckte Ziel nur durch den komplexen industriellen Wohnungsbau erreicht werden. Im
13
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
Ergebnis wurden rund 90 % des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre in industrieller Bauweise geschaffen. In der gleichen Zeit
wurde nur rund jede zehnte Wohnung als Eigenheim erbaut. Damit hat allerdings das
Eigenheim auch an Bedeutung gewonnen,
denn während in den Jahren 1971 bis 1974
gerade mal 5 % der Wohnungen jährlich in
Eigenheimen errichtet worden sind, waren es
in den Jahren 1975 bis 1989 bereits 11 %.
Mit dem industriellen Wohnungsbau sollte
insbesondere auch moderner Wohnraum mit
ausreichender Infrastruktur geschaffen werden. Denn die Wohnungsfrage wurde im Verständnis der sozialistischen Ideologie auch
als soziale Frage begriffen, die es zu lösen
galt. Die Schaffung angemessener Wohnverhältnisse sollte vor allem als Grundlage für
die weitere Entwicklung der sozialistischen
Gesellschaft dienen.3 Insbesondere Familien
sollte Raum für Entfaltung gegeben werden.
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in
Ost- und Westdeutschland
In ganz Deutschland wurden von 1970 bis
1989 insgesamt mehr als zehn Millionen
Wohnungen errichtet. Damit wurden rund
(3)
Junker 1973, S. 15.
30 % aller Wohnungen in dieser Zeit erbaut.
Die Hälfte davon wurde im Geschosswohnungsbau realisiert.
In der nachfolgenden Abbildung sind die
Baufertigstellungen in Gebäuden mit drei
oder mehr Wohnungen im Neubau dargestellt. Nicht berücksichtigt sind Fertigstellungen durch Maßnahmen im Bestand, da der
Fokus in der vorliegenden Untersuchung auf
dem Neubau liegt. Außerdem nicht berücksichtigt werden Fertigstellungen von Wohnungen in Nichtwohngebäuden. In den 70er
und 80er Jahren wurden jährlich zwischen
5.000 und 14.000 Wohnungen in Nichtwohngebäuden errichtet – rund 190.000 Wohnungen insgesamt. Dies macht einen Anteil von
5,5 % an den erstellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aus. Der geringe Anteil dieser Wohnungen, die sich z. B. in Geschäftsoder Verwaltungsgebäuden befinden (z. B.
Hausmeisterwohnung), wird bei den weiteren Betrachtungen vernachlässigt. Nicht zuletzt auch, weil davon ausgegangen werden
kann, dass die überwiegende Zahl der Eigentümer von Wohnungen in Nichtwohngebäuden in der Regel die Wohnungsverwaltung
nur als Nebengeschäft betrachten und unter
Abbildung 3
Fertig gestellte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in West- und Ostdeutschland
500.000
400.000
300.000
200.000
100.000
1989
Quelle: Eigene Darstellung
Neue Bundesländer
1985
Alte Bundesländer
1980
1975
1970
0
anderen Prämissen handeln als andere Wohnungseigentümer und -vermieter.
Anhand der Abbildung zeigt sich deutlich die
rege Bautätigkeit Anfang der 70er Jahre in den
alten Bundesländern. In den neuen Ländern
hingegen zeigt sich – mit geringeren Amplituden – ein Ansteigen der Bautätigkeit in
den 70ern und der Höhepunkt 1982 mit fast
97.000 industriell gefertigten Wohnungen.4
Für beide Teile Deutschlands stellen sich die
Zahlen im Bereich des Mehrfamilienhausbaus wie folgt dar: 5
• In der damaligen Bundesrepublik wurden in den Jahren 1970 bis 1989 rund
3.475.700 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern durch Neubau fertig gestellt. Dies
sind 47 % der in dieser Zeit fertig gestellten Wohnungen.
• In Westdeutschland wurde in den Jahren
1970 bis 1975 über die Hälfte der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern errichtet (58 %). In der Zeit danach
waren es bis 1989 nur noch 35 %.
• Das Gros der Wohnungen entstand in
der ersten Hälfte der 70er Jahre: mit rund
1.880.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurde mehr als die Hälfte (54 %)
in den Jahren 1970 bis 1975 errichtet.
(4)
In der Statistik wird bei den
neuen
Ländern
lediglich
zwischen Fertigstellungen im
Wohnungsneubau und darunter
befindlichen Eigenheimen unterschieden. Die Abbildung bildet
daher eine Annäherung an die
tatsächlichen Fertigstellungszahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
(5)
Statistisches Bundesamt, lange
Reihen 2006.
(6)
Statistisches Bundesamt, lange Reihen 2006: Anteil zum
31.12.1994.
(7)
Angaben dazu, wie sich der
Wohnungsbestand der 70er und
80er Jahre auf die verschiedenen Eigentümergruppen verteilt
gibt es nicht.
(8)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe „Forschung“, Bonn 1990,
S. 319.
• In der DDR wurden rund 1.667.400 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern durch
Neubau fertig gestellt. Der Anteil der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt damit bei 89 %. In der
gleichen Zeit wurden allerdings auch
600.000 Altbauwohnungen vom Markt
genommen.
• Damit wurden insgesamt in den Jahren
1970 bis 1989 in Deutschland 5.143.000
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern neu
gebaut, was zu Beginn der 90er Jahre einem Anteil von ca. 27 % an allen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entsprach.6
In der damaligen Bundesrepublik wurden
diese Wohnungen zum größten Teil durch
gemeinnützige und freie Wohnungsunternehmen errichtet. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft war seit den 60er Jahren ein
wesentlicher Träger des Wohnungsbaus. Mit
dem Rückgang der Fertigstellungszahlen im
Sozialwohnungsbau nahm auch die Bedeutung dieser Anbietergruppe ab, während die
freien Wohnungsunternehmen in den 80er
Jahren an Bedeutung gewannen. Auch die
öffentliche Hand und der Werkswohnungsbau trugen zum Wohnungsbau insgesamt
bei, wenngleich mit geringeren Anteilen, so
haben sie doch in beiden Jahrzehnten eine
Rolle gespielt.7
In der damaligen DDR waren die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften ein wesentlicher Träger des Wohnungsbaus. Der genossenschaftliche Wohnungsbau erlebte seine
neue Blüte mit dem Wohnungsbauprogramm
der SED. Der Anteil stieg von 17 % im Jahr
1971 auf rund 45 % Mitte der 70er. In den 80er
Jahren sank der Anteil wieder auf rund ein
Viertel der Wohnungsbauleistung.
2.2 Wohnungspolitische Einflüsse
auf das Angebot
Wohnungsbauförderung in der
Bundesrepublik
Die Wohnungsbauförderung in der damaligen Bundesrepublik war nach dem Krieg
durch die direkte Objektförderung geprägt.
Durch die Vergabe von unverzinsten Baudarlehen aus Haushaltsmitteln des Bundes und
der Länder gelang es entscheidend, die Kapitalmittelknappheit zu überwinden und auf
diese Weise den Wohnungsbau zu fördern.
Ende der 60er Jahre kam es wieder zu einer
erhöhten Wohnungsnachfrage, die sich aus
Zuwanderungen und Haushaltsverkleinerungen speiste. 1971 wurde mit einem langfristigen Wohnungsbauprogramm reagiert,
welches dem sozialen Wohnungsbau noch
einmal einen Schub verschaffte und eine
kurzfristige Erhöhung der Bauleistung im öffentlichen Wohnungsbau zur Folge hatte. Anfang der 70er Jahre stellte sich erstmals ein
rechnerisches Gleichgewicht zwischen der
Zahl der Wohnungen und der Haushalte ein,
wenngleich auch zu jener Zeit schon deutliche regionale Unterschiede bestanden.
Die direkte Wohnungsbauförderung wurde
in diesem Zuge nach und nach verringert,
sodass die Zahl der Bewilligungen ab Mitte
der 70er Jahre zurückging (vgl. Abb. 4). Die
Zahl der geförderten Wohnungen verringerte sich bundesweit im Jahresdurchschnitt von
rund 160.000 Wohnungen in den Jahren 1971
bis 1975 auf 120.000 Wohnungen von 1976
bis 1980 und rund 90.000 Wohnungen in den
folgenden Jahren bis 1985.8 Der soziale Wohnungsbau begann sich von einer Förderung
für den Massenwohnungsbau hin zu einer
zielgerichteteren Förderung für bestimmte
Gruppen zu entwickeln.
Der durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Wohnungsbauprogramm in-
15
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
duzierte Wohnungsbauboom Anfang der 70er
Jahre führte wenig später zu einer Ausweitung
des Angebotes und sogar zu Leerständen. Diese Leerstände und die darauf begründete Investitionszurückhaltung der Bauwirtschaft
hatten den Eindruck eines gesättigten Wohnungsmarktes erweckt. Eine spürbare Reduktion im öffentlich geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau war die Folge. Die
Reduzierung der Fördermittel ging einher mit
einem Rückgang der Bewilligungen und dem
quantitativen Rückgang der Wohnungsfertigstellungen insgesamt (vgl. Abb. 3 und 4).
Reduzierung der Wohnungsbauförderung
In den 80er Jahren kam es durch verschiedene Faktoren wieder zu Engpässen auf dem
Wohnungsmarkt. Der Staat reagierte auf die
Wohnungsknappheit und steigende Mieten
durch ein verstärktes Engagement im Wohnungsbau vor allem durch die Verbesserung
der Abschreibungsmöglichkeiten für Mietwohnungen, höhere Förderung von Eigentumsbildung und Wiedereinstieg in den
Sozialen Wohnungsbau. Mit dem „Sofortprogramm zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und zur Stärkung der Baunachfrage“
von 1983 sollte noch einmal der soziale Wohnungsbau angeregt werden mit dem Ziel, die
wiederum entstandenen Engpässe auf dem
Wohnungsmarkt zu beheben. Dieses Pro-
gramm bewirkte jedoch nur eine geringe
Zunahme der Bewilligungen um ca. 5.000,
sodass eine Steigerung des Angebotes im unteren Preissegment nur sehr begrenzt gelang.
Insgesamt konnten aber vor allem durch den
frei finanzierten Bereich bis 1984 erhebliche
Neubaueffekte erzielt werden.
Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau
Mitte der 70er Jahre wurde auf verschiedene Markt-Phänomene reagiert. Die Einkommen der privaten Haushalte waren in dieser
Zeit nicht in dem Maße gestiegen wie erwartet. Entsprechend wurden die Mietpreissteigerungen für viele Haushalte – insbesondere
im Bereich der Sozialwohnungen – zur Belastung. Die Wohnungspolitik reagierte darauf
mit Nachsubventionierungsmaßnahmen.
Gleichzeitig sollten die Subventionsausgaben
insgesamt gesenkt werden, was sich in der
Folge an Mieter von Sozialwohnungen richtete, die die Einkommensgrenze mittlerweile
überschritten hatten. Im Jahr 1981 folgte daher das Gesetz zum Abbau der Fehlbelegung.
Diese sogenannte Fehlbelegungsabgabe hat
neben der Verbesserung der Treffgenauigkeit
der Förderung unter anderem zur Folge, dass
besser verdienende Haushalte die Sozialwohnungsbestände möglicherweise häufiger verlassen haben und somit Segregationsprozesse verstärkt wurden.
Abbildung 4
Bewilligungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau 1970 bis 1989 (alte Länder)*
200.000
150.000
100.000
50.000
*Eine Statistik zu den Fertigstellungen im sozialen Wohnungsbau wurde nur bis zum Jahr 1971 geführt.
In der Zeit danach ist lediglich eine Orientierung an den Bewilligungszahlen möglich.
1989
ARGE 2000, S. 125, Statistisches Bundesamt, Lange Reihen
1985
1980
1975
Quelle:
1970
0
Standards von Sozialwohnungen
Frei finanzierter Wohnungsbau
Die Förderung war stets an Bedingungen
geknüpft, die zum einen dafür sorgten, dass
gewisse Mindeststandards eingehalten wurden und andererseits die Mieten für die Zielgruppen tragbar bleiben.
Für den frei finanzierten Wohnungsbau sind
im Wesentlichen die steuerlichen Rahmenbedingungen von Bedeutung. Die Steuergesetze
haben den Wohnungsbauboom Anfang der
70er Jahre zusätzlich verstärkt. Als Reaktion
auf diesen Boom wurde die Möglichkeit der
degressiven Abschreibung ausgesetzt und
erst 1977 wieder eingeführt.
Der wesentliche Teil der Sozialwohnungen ist
in den 50er und 60er Jahren entstanden. Zu
dieser Zeit war der Sozialwohnungsbau noch
durch die Schaffung kleiner Wohnungen
geprägt. Mit der Zeit glichen sich die Standards im sozialen Wohnungsbau an die allgemeinen Standards an. Die Förderbedingungen wurden dann zu Beginn der 70er Jahre auf höhere Wohnqualitäten ausgelegt. Im
Vergleich zum Sozialwohnungsbau der 50er
und 60er Jahre wurde darauf hingewirkt,
dass9
• ein ausdifferenzierteres Wohnungsangebot und neue Wohnformen für unterschiedliche Nachfragergruppen geschaffen wurden.
• größere Wohnungen errichtet wurden, die
den Bedürfnissen, insbesondere der Familien, entsprachen.
• ein zeitgemäßer technischer Standard im
Hinblick auf die Beheizung und die Sanitäranlagen erreicht wurde. So waren fast
alle Wohnungen der 70er Jahre mit Zentralheizung und Badezimmer ausgestattet.10
Bestandsorientierung
(9)
ARGE 2001, S. 22 ff.
(10)
In den Statistiken wurden seit
1971 die Wohnungsausstattungen nicht mehr geführt, da davon
ausgegangen wurde, dass sämtliche Wohnungen dem zeitgemäßen Standard entsprechen.
(11)
Wichtige gesetzliche Regelungen: Städtebauförderungsgesetz
1971, Wohnungsmodernisierungsgesetz 1976, Eigentumsförderung 1977, Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz 1978.
(12)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe
„Forschung“, Bonn 1990, S. 338.
Zu Beginn der 70er Jahre verloren die Städte im
Zuge verstärkter Stadt-Umland-Wanderungen
an Einwohnern, sodass sich die Wohnungspolitik stärker auf den Bestand richtete.11
Bestandsverbesserungen und Modernisierungsmaßnahmen sollten u. a. durch städtebauliche Instrumente zur Stadterhaltung
und gesetzliche Regelungen zur Wohnraummodernisierung forciert werden, wodurch
u. a. die Umlegung der Modernisierungskosten auf die Miete ermöglicht werden konnte.
Durch die Ausdehnung der Eigentumsförderung auf den Erwerb von Gebrauchtwohnungen und das Modernisierungs- und Ernergieeinsparungsgesetz gelang es, vermehrt
privates Kapital zur Erneuerung der Altbausubstanz zu mobilisieren, jedoch war auch
der Verlust preiswerter Altbaumietwohnungen und die damit verbundene Verdrängung
von Mieterhaushalten eine Folge. Insgesamt
entstand damit eine – bis heute wirksame
– neue Konkurrenzsituation zwischen den
Marktsegmenten des Altbaus und der 70er
Jahre-Bestände.
Seit Ende der 70er Jahre verschlechterte sich
die Vorteilhaftigkeit des Wohnungsbaus als
Anlagemöglichkeit massiv. Grund hierfür waren steigende Zinsen. Die Folge waren eine
Reduzierung der Fertigstellungszahlen im
frei finanzierten Wohnungsneubau und eine
Verlagerung der Investitionen in den Bereich
Aktien und ins Ausland.
Anfang der 80er Jahre gewannen so genannte
Bauherrenmodelle an Bedeutung. Bauherrengemeinschaften hatten als Zusammenschlüsse die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten
ausgenutzt.
Die
Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit
im Wohnungsbau durch diese steuerrechtlichen Konstrukte waren spürbar.
Änderung des Mietrechtes zur Erhöhung des
Wohnungsangebotes
Die Liberalisierung des Wohnungsmarktes
wurde 1982 mit dem „Gesetz zur Erhöhung
des Angebots an Mietwohnungen“ vorangetrieben. Ansatzpunkt war die Annahme, dass
sich ein zu rigides Mietrecht als Hemmnis für
den Wohnungsneubau darstellen könnte. Ergebnis dieser Überlegungen waren u. a. die
Möglichkeit, Staffelmietvereinbarungen zu
treffen sowie Zeitmietverträge. Des Weiteren
wurden die Mietspiegel marktgerechter ausgestaltet. Befürchtete Mietsteigerungen traten jedoch nicht ein, der relative Mietanstieg
war in der Folgezeit nur geringfügig höher.12
Eigentumsbildung
Die Eigentumsförderung war in den 50er und
60er Jahren durch die direkte Förderung von
Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt. Mit
dem Wohnungsbauänderungsgesetz 1965
wurde die Eigentumsbildung im zweiten
Förderweg direkt unterstützt und mit der
Zeit durch Steuervorteile und Wohnungsbauprämien ergänzt. Mit dieser Förderung
sollte insbesondere Haushalten mit mittlerem und niedrigem Einkommen der Zugang
zum individuellen Wohneigentum ermöglicht werden.
Eine Statistik zum Neubau von Eigentumswohnungen wird vom Statistischen Bundes-
17
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
amt erst seit 1983 geführt. Zwischen 1980 und
1990 war der Anteil der fertig gestellten Eigentumswohnungen bereits sehr hoch und
in den meisten Jahren größer als der Mietwohnungsanteil. In der Spitze wurden im
Jahr 1984 mehr als 100.000 Eigentumswohnungen errichtet.
Zu unterscheiden ist dabei zwischen selbst
genutzten Eigentumswohnungen und durch
Kapitalanleger vermietete Eigentumswohnungen. Die Baufertigstellungsstatistik
macht keine Angaben, ob die Wohnungen
selbst genutzt oder vermietet sind. Laut Mikrozensus waren 1998 in den Baualtersklassen
1976 bis 1990 nur rund 17 % der bewohnten
Eigentumswohnungen durch die Eigentümer
selbst bewohnt. Bei der großen Mehrheit der
Eigentumswohnungen handelt es sich somit
um vermietete Eigentumswohnungen mit einem Eigentümer, der nicht selbst in den Beständen lebt.
Die Eigentumsbildung wurde durch Förderungen forciert. Im Zuge der Angebotsausweitung Anfang der 70er Jahre und
verstärkter Stadt-Umland-Wanderungen
konzentrierte sich die Förderung stärker auf
den Bestand und die Eigentumsbildung in
den Städten. Der Schwerpunkt der Förderung verschob sich von der direkten auf die
indirekte Förderung der Eigentumsbildung
durch Steuervergünstigungen (§ 7b Einkommenssteuergesetz). Mit dem 1976 in Kraft getretenen „Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum“ sollte der überwiegende Teil
der Fördermittel für die Bildung von Einzeleigentum in Form von Eigenheimen und
Eigentumswohnungen verwendet werden.13
Die bis 1986 gezahlten Subventionen entsprachen etwa 40 % aller Finanzierungsmittel im
Wohnungsneubau.
Somit kam es Ende der 70er, Anfang der 80er
Jahre insgesamt zu einer verstärkten Eigentumsbildung. Die Eigentumswohnung in
Mehrfamilienhäusern erhielt Auftrieb gegenüber dem bis dahin bevorzugten Eigenheim
und gewann ab Mitte der 70er Jahre an Bedeutung.14 Unterstützt wurde diese Entwicklung
durch stetig steigende Mietpreise. Gleichzeitig trugen Einkommensgewinne insbesondere der besser verdienenden Haushalte zu einer Steigerung der Kaufkraft bei. Schon 1984
war jede vierte neu gebaute Geschosswohnung eine Eigentümerwohnung. Ebenfalls
kam es im Zuge einer Neuentdeckung der Innenstädte zu einer verstärkten Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen.
Eigentumswohnungen unterscheiden sich
im Vergleich zu Mietwohnungen durch Ausstattung und Wohnfläche. Die Gebäude- und
Wohnungszählung 1987 hatte für die westdeutschen Mieter zu jenem Zeitpunkt eine
zur Verfügung stehende Wohnfläche von
33 m² pro Person ermittelt. Personen in Eigentumswohnungen verfügten hingegen über
mehr als 38 m². Ebenso standen Personen
in Eigentümerwohnungen im Durchschnitt
1,88 Räume zur Verfügung, während Mieter
mit 1,78 Räumen auskommen mussten.
Abbildung 5
Neubau Eigentums- und Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
0
1980*
1981*
1982*
Eigentumswohnungen
1983
1984
1985
Mietwohnungen
Quelle: ARGE 2000, S. 122, Statistisches Bundesamt, Lange Reihen
* 1980 bis 1982: Zahl der Baugenehmigungen im Vorjahr.
1986
1987
1988
1989
1990
(13)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe
„Forschung“, Bonn 1990, S. 200.
(14)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe
„Forschung“, Bonn 1990, S. 366.
Tabelle 1
Eckpunkte der Wohnungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland und Auswirkungen
auf das Wohnungsangebot
Jahr
Maßnahme
Ziel
1965
Wohnungsbauänderungsgesetz
Verstärkte Eigentumsförderung – Etablierung des 2. Förderweges
1967
Änderung des II. Wohnungsbaugesetzes
Ausweitung des 2. Förderungsweges
auf den Mietwohnungsbau
1971
Wohnungsbauprogramm
Erhöhung der Ende der 60er Jahre
zurückgegangenen Bauleistungen
Städtebauförderungsgesetz
Verstärkter Fokus auf die Innenstädte
Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen
Wohnungsbau
Eigentumsbildung: Förderung von
Haushalten mit niedrigem und mittlerem
Einkommen; Neubau von Eigentumswohnungen gewinnt an Bedeutung
Wohnungsmodernisierungsgesetz
Bestandsorientierung: Förderung von
Modernisierungen durch Zuschüsse,
Bürgschaften und Steuervergünstigungen
1978
Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz (ModEnG)
Verstärkte Anreize zur Energieeinsparung im Wohnungsbestand
1982
Gesetz zur Erhöhung des Angebots an
Mietwohnungen
Abbau von Hemmnissen im Mietrecht
gegen Investitionen im Wohnungsneubau
1983
Sofortprogramm zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und zur Stärkung
der Baunachfrage
Reaktion auf ein Wohnungsdefizit,
jedoch nur geringe Zunahme der Bewilligungen
1986
Rückzug aus der Förderung des Mietwohnungsbaus
Vermeidung weiterer Leerstände führt
zum vorläufigen Rückzug des Bundes
und vieler Länder aus der Förderung
1976
Quelle: Eigene Darstellung
2.3 Strukturtypen des Wohnungsund Städtebaus
Großwohnsiedlungen
(15)
Vgl. www.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00377008.htm, Zugriff am
31.05.07.
(16)
Vgl. www.bbr.bund.de: ExperimentellerWohnungsStaedtebau Planspiel Leipzig, Zugriff am
31.05.07.
Insgesamt gibt es heute in Deutschland mehr
als 720 Großwohnsiedlungen mit jeweils mehr
als 1.000 Wohnungen. Daraus ergibt sich ein
Anteil am gesamten Wohnungsbestand von
6 %, was rund 2,3 Millionen Wohnungen entspricht. In der DDR wurden in den 70er und
80er Jahren 90 % aller Wohnungen im industriellen Wohnungsbau errichtet, mit der
Folge, dass die Anteile insgesamt wesentlich
höher sind als im Westen: Während der Wohnungsbau in Großwohnsiedlungen in den
alten Bundesländern nur einen Anteil von 3 %
ausmacht, sind es auf dem Gebiet der neuen
Bundesländer 22 %. Dort befinden sich insgesamt mehr als 1,5 Millionen Wohnungen in
380 Großwohnsiedlungen. In einzelnen Kommunen machen Wohnungen in Großwohnsiedlungen den weit überwiegenden Teil aus,
z. B. Schwedt mit 85 % oder Rostock mit 70 %.15
Großwohnsiedlungen sind somit ein wesentliches Element für die Wohnraumversorgung
in Deutschland.
Unabhängig von den unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Systemen in Ostund Westdeutschland sind die Entwicklungsphasen im Großsiedlungsbau – wenn auch
zeitlich versetzt – vergleichbar. Der Bau von
Großwohnsiedlungen hatte in Westdeutschland seinen Höhepunkt in den 70er Jahren,
im Osten reichte der Neubau noch deutlich
bis in die 80er Jahre. Diese Siedlungen stellen somit ein gesamtdeutsches, aber auch ein
europäisches Phänomen des Wohnungs- und
Städtebaus dieser Zeit dar.16
Sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland
war die Plattenbauweise der Garant für die
hohen Fertigstellungszahlen. Was in Ostdeutschland als Plattenbauweise bekannt
wurde, ist in Westdeutschland als Großtafelbauweise bezeichnet worden. In der damaligen Bundesrepublik sind Plattenbauten in
den Großwohnsiedlungen der 50er bis 70er
Jahre entstanden. Beispiele für Siedlungen
mit „Bauten in Großtafelbauweise“ sind die
Quartiere Nürnberg-Langwasser, Berlin-Gropiusstadt, Frankfurt am Main-Nordweststadt, München-Neuperlach oder Hamburg
Steilshoop.
19
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
Großwohnsiedlung Steilshoop
in Hamburg
Großwohnsiedlung mit 6.400 Wohnungen in Blockrandbebauung mit vier bis
13 Geschossen. Zum großen Teil in Tafelbauweise errichtet. Überwiegend großzügige, familiengerechte Wohnungen mit drei
und mehr Zimmern. Erschließung durch
ÖPNV durch U-Bahn-Station geplant, bis
heute nicht realisiert. Bauträger: 55 Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften. Bauzeit 1969 bis 1975. Ab Mitte der 80er
Jahre erste Leerstände (5,5 %) und bauliche
Nachbesserungen.17
Foto: Eigenes Fotos
Foto: Eigenes Fotos
Foto: Eigenes Fotos
Cottbus Sandow
Das Wohnungsangebot in Cottbus ist geprägt durch den industriellen Wohnungsbau. Vor Beginn der Rückbaumaßnahmen
im Jahr 2000 lag der Anteil der zwischen
1949 und 1991 gebauten Wohnungen bei
73 %, rund zwei Drittel wurden als Plattenbautyp P2 errichtet.
Foto: Eigenes Fotos
Prinzipiell handelt es sich um die gleichen
Techniken. In der damaligen DDR wurde
der industrielle Wohnungsbau jedoch noch
intensiver betrieben. Ende der 80er Jahre
wurden Neubauwohnungen zu 85 % in Plattenbauweise errichtet, weitere 9 % in industrieller Block- und Streifenbauweise, 3 % als
industrieller Monolithbau und lediglich 4 %
in traditioneller Bauweise.
Während in der DDR zunächst noch einzelne
Typenserien entwickelt worden waren, wurden seit 1961 dazu frei kombinierbare Elemen-
te verwendet. Für dieses Baukastenprinzip
sind für die 70er und 80er Jahre in der DDR im
Wesentlichen zwei Typen relevant:
• Der Typ P 2 wurde in den 60er Jahren entwickelt war noch bis in die Mitte der 70er
Jahre der meist gebaute Wohnungstyp.
• Wichtigster Bautyp zur Erfüllung des
Wohnungsbauprogramms war jedoch die
später entwickelte WBS 70-Serie. Mithilfe
dieses Typs wurden Einsparungen im Materialaufwand und gleichzeitig Variationen
in der Gebäudeform möglich (z. B. Berlin
(17)
Vgl. Schubert 2005.
(18)
Topfstedt 1999, S. 539.
Marzahn, Erfurt Nordhäuser Straße). Erstmals eingesetzt wurde dieser Typ 1972 in
Brandenburg.
nachfolgende Abbildung zeigt einen Sektionsgrundriss und mögliche Aufteilungen im
2.–5. Geschoss.
Wesentlich für die Bauweise ist, dass eine
fast vollständige Vorfertigung der Bauteile im Werk erfolgte. Der eigentliche Wohnungsbau bestand im Zusammensetzen der
Teile vor Ort. Die Plattenbauten entstanden
vornehmlich als Fünf- und Sechsgeschosser
ohne Fahrstuhl, aber auch mit elf Geschossen, wie in Berlin-Marzahn oder Leipzig-Grünau, des Weiteren wurde eigene Bauserien
für Hochhäuser entwickelt. Die Hochhäuser
sind ein wesentliches Merkmal des modernen Wohnungsbaus der Großsiedlungen, sie
waren zu jener Zeit zum einen Ausdruck der
technischen Machbarkeit und stellten zum
anderen eine Möglichkeit dar, noch verdichteter zu bauen und städtebauliche Dominanten des Stadtbildes zu schaffen
Abbildung 6 zeigt, dass zum großen Teil
großzügige, familiengerechte Wohnungen
mit drei und mehr Zimmern gebaut wurden.
Trotz der Monotonie, die die Großwohnsiedlungen ausstrahlten, erfreuten sich die
Neubauwohnungen besonders bei jungen
Familien großer Beliebtheit. Angesichts der
Situation in den Altbauquartieren, wo die
Wohnungen schlecht ausgestattet waren
und Defizite in der Instandhaltung bestanden, boten die Plattenbauwohnungen einen
„bescheidenen Komfort“18. Dazu zählten eine
Fernheizung, Warmwasserversorgung und
ein WC in der Wohnung.
Die nachfolgende Abbildungen zeigt Beispielgrundrisse eines WBS 70. Im Vergleich
zur Vorgängerreihe P 2 zeichnete sich die
Reihe WBS 70 durch größere Wohnungen und
mehr Flexibilität in der Grundrissgestaltung
aus. Beim WBS 70 wurden im Wesentlichen
drei Grundsektionen mit Systemabmessungen verwendet. Durch die durchgeführten
Rationalisierungsstufen und die unterschiedlichen Entwicklungen in den jeweiligen Kombinaten ergeben sich innerhalb der WBS
70-Reihe jedoch große Unterschiede. Die
Abbildung 6
WBS 70: Sektionsgrundriss 2.–5. Geschoss (links) und
Grundriss einer 4-Raum-Wohnung (rechts)
Quelle: IEMB 1993, S 9ff.
Gekennzeichnet waren die Wohnungen durch
ihre familiengerechten Grundrisse. Die Bäder
waren innen liegend und die Küchen oftmals
vergleichsweise klein. Das Familienbild der damaligen DDR sah im Gegensatz zur Bundesrepublik weniger die Frau am Herd als vielmehr
beide Partner als Arbeiter, die ihrer Werktätigkeit nachgingen und sich in der Kantine oder
am Wochenende in der Wohngebietsgaststätte versorgten. Eine familiengerechte 3-RaumWohnung hatte zumeist eine Wohnfläche zwischen 65 und 75 m², eine 4-Raum-Wohnung
hatte bis zu 90 m².
21
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
Allermöhe-Ost in Hamburg
Kleinmaßstäbliche Großwohnsiedlung mit
3.700 Wohnungen in drei- bis viergeschossiger Bauweise. Mischung aus Geschosswohnungsbau und Reihenhäusern. Fleete
als Struktur bildendes Element, verkehrsberuhigtes Erschließungssystem. Bauträger: verschiedene gemeinnützige und private Bauträger. Bauzeit: in Bauabschnitten
1984 bis 1994.19
Probleme und Fehlentwicklungen
Großwohnsiedlungen in Westdeutschland leiden in der Regel an einem negativen
Image, viele Stadtteile waren aufgrund ihrer sozialen Probleme infolge der Belegungspolitik schon frühzeitig stigmatisiert. Im
Osten hingegen fand sich in den Großwohnsiedlungen meist eine sehr stabile Sozialstruktur, da hier gezielt junge Familien und Beschäftigte untergebracht wurden. Seit der Wende
1990 hat sich dort jedoch vor allem durch den
Auszug einkommensstärkerer Haushalte die
Sozialstruktur deutlich verändert.
Im Wesentlichen lassen sich die Probleme in
Großwohnsiedlungen den folgenden Kategorien zuordnen:
• Baulich-funktionale Mängel
• Unzureichende Infrastruktur
• Ungünstige Lage im Stadtgebiet
• Soziale Probleme
Bauliche Mängel als Ergebnis einer unzureichenden Bauausführung treten vor allem in
den Großsiedlungen der DDR auf. Für den
Osten wie für den Westen werden gleichermaßen funktionale Mängel des Wohnungsbestandes und der Architektur konstatiert.
Dies bezieht sich allerdings nicht nur auf den
Bestand in Großwohnsiedlungen, sondern
allgemein auf den staatlichen Wohnungsbau im Osten und den sozialen Wohnungsbau im Westen. Die Wohnungen sind in der
Regel durch starre Funktionszuordnungen
der Räume, die auf die Kleinfamilie ausgerichtet sind, gekennzeichnet. Hinzu kommen
gestalterische Mängel, wie monotone Fassaden und Mängel in der Grüngestaltung. Nur
in Ausnahmefällen gibt es privat nutzbare
Grünflächen, wie Mietergärten.20 Die Überdimensionierung der Gebäude trägt nur wenig zur Aufenthaltsqualität bei und verstärkt
soziale Konflikte durch eine zu große Zahl
an Mietparteien je Eingang. Hinzu kommt,
dass das Wohnumfeld meist wenig gestaltet
Foto: Eigenes Fotos
wird, da oftmals aus Kostengründen darauf
verzichtet wird.
Bemängelt wird häufig das unzureichende Infrastrukturangebot in den Großsiedlungen,
das auf einer geringen Nutzungsmischung
beruht und ebenfalls eine geringe Aufenthaltsqualität im Quartier zur Folge hat. Dies
ist umso bedeutender, da die Großsiedlungen
in der Regel weit entfernt von den anderen
Versorgungseinrichtungen in den Stadtzentren liegen. Geplant, aber nicht immer realisiert, waren in den Siedlungen ausreichende
Infrastruktureinrichtungen, wie Kinderkrippen, Schulen und Versorgungseinrichtungen,
die den Wohnkomfort vervollständigten und
insbesondere berufstätigen Eltern das Leben
erleichterten.
Sowohl im Osten als auch im Westen wurden
zum Teil bereits zehn Jahre nach der Erstellung der Großsiedlungen erste Nachbesserungen vorgenommen. Dies liegt u. a. auch
daran, dass vor allem bei Siedlungen, die über
kurze Zeiträume aus einem Guss erstellt worden sind, mögliche Defizite erst nach der Erstellung deutlich wurden und im Planungsund Realisierungsprozess nicht auf Probleme
reagiert werden konnte.
Blockrandbebauung und innerstädtische
Wohnsiedlungen
Die Nachkriegszeit war durch eine Abwendung von den Kerngebieten der Städte geprägt, durch Stadterweiterungen sollte in erster Linie der bauliche Mangel ausgeglichen
werden. Dieser Trend war sowohl in Ost- als
auch in Westdeutschland zu beobachten. In
Ostdeutschland machte sich die begrenzte
Leistungsfähigkeit der Bauwirtschaft jenseits
der Platten-Werke bemerkbar, da große Teile
der Innenstädte nicht ausreichend instand
gehalten werden konnten. Durch die Konzentration auf den industriellen Wohnungsbau
waren die Altbauquartiere derart vernachlässigt worden, dass zunehmend Wohnungen
vom Markt genommen werden mussten oder
(19)
Vgl. Schubert 2005.
(20)
In der DDR wurde dieses Defizit
durch die großflächige Ausweisung von Datschen-Gebieten teilweise kompensiert.
die vorhandenen Wohnungen in so schlechtem Zustand waren, dass Abwanderungen
der Bevölkerung einsetzten.
Der kulturellen Entwertung der Innenstädte
folgte in der damaligen Bundesrepublik in
den 70er Jahren eine Rückbesinnung, als die
negativen Folgen der Flächensanierungen
deutlich wurden. Die Stadtbewohner entdeckten die Städte neu und die Merkmale
gründerzeitlicher Strukturen gewannen an
Bedeutung und Akzeptanz. Der historische
und kulturelle Wert der Gründerzeitstrukturen sollte durch einen sozial- und umweltverträglichen Städtebau erhalten bleiben.
Zentrales städtebauliches Merkmal der europäischen Stadt ist die Blockrandbebauung,
die die Raumbildung in besonderer Weise
prägt. Gleichzeitig stehen die Altbauquartiere für städtebauliche Dichte, Urbanität und
Vielfalt, wie sie in den Großwohnsiedlungen
neu geschaffen werden sollte und dennoch
nicht erreicht wurde.
Stadterneuerungsstrategien traten in den
Vordergrund, die Stadtplanung konzentrierte
sich verstärkt auf die innerstädtischen Bereiche. Die städtebauliche Erneuerung der Siedlungskerne erfolgte durch Baulückenschlie-
ßungen sowie Abriss und Neubau. Die
alten Wohnungsbestände wurden saniert
und insbesondere Sanitär- und Heizungsanlagen erneuert. Erst dadurch wurden die
Bestände für Wohnungsnachfrager attraktiv, die bis dahin nicht in den Innenstädten
gelebt hatten, sodass es insgesamt zu einer
Aufwertung und zu einem soziokulturellen
Austausch in der Bevölkerung kam. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch kommunale Maßnahmen und Förderungen, wie
der Wohneigentumsförderung.
Auch in der damaligen DDR bahnte sich angesichts des drohenden Niedergangs der Innenstädte ein Paradigmenwechsel an. Das
Programm der SED von 1976 hatte bereits
die Rekonstruktion und Erneuerung von
Wohngebieten zum Ziel. Allerdings waren
die baulich-technischen Möglichkeiten der
Bauwirtschaft beschränkt und nicht zuletzt
aus Kostengründen wurde der Versuch unternommen, die Altstadtsanierung mithilfe
des industriellen Wohnungsbaus zu vollziehen. Oftmals erfolgte Stadterneuerung lediglich durch Flächensanierungen und Neubau
von Plattenbauten. Später in den 80er Jahren wurde aber auch bei der Rekonstruktion
der Innenstädte verstärkt den Straßengrund-
Eimsbütteler Chaussee, Hamburg
Wohngebäude aus den 70er Jahren mit typischem Flachdach. Fünf Geschosse mit
Staffelgeschoss, Erdgeschoss gewerblich
genutzt. Eigentumswohnungen selbst genutzt und vermietet.
Foto: Eigenes Fotos
Foto: Eigenes Fotos
Foto: Eigenes Fotos
Wolfgang-Borchert-Siedlung in Hamburg
„Kosten- und flächensparendes Bauen“ in
konventioneller Bauweise mit Rotklinkerfassade und Satteldach. Kleinmaßstäbliche
Nachbarschaften an Wohnhöfen mit ver-
kehrsberuhigten Wohnstraßen. Mischung
aus sozialem Wohnungsbau und Eigenheimen. Bauträger: verschiedene Wohnungsgenossenschaften. Bauzeit 1982 bis 1986.
23
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
rissstrukturen gefolgt. Dies lässt sich sehr gut
an der Sanierung des Nikolaiviertels in Berlin
erkennen, wo Plattenbauten durch individualisierte Bauformen in die Altstadtstrukturen
integriert wurden.
In architektonischer Hinsicht waren in Westdeutschland insbesondere in den 70er Jahren
Wohnhäuser mit Flachdächern auf dem Vormarsch, während mit der Stadterneuerung
der 80er Jahre eine Renaissance des konventionellen Bauens in Form von Backsteinbau
und Satteldach einsetzte. Veranden und Wintergärten wurden als Klimaregler eingesetzt
und etablierten sich zu beliebten Elementen
der Fassadengestaltung, die dennoch rational blieb. Dabei erfolgte eine Orientierung
an den neu restaurierten Gründerzeitfassaden in der Nachbarschaft.21
In den 80er Jahren wurden auch Stadtrandsiedlungen mit Block- und Hofbebauungen und Zeilen errichtet. Insbesondere die
Stadtvilla erfreute sich steigender Beliebtheit.
Insgesamt drückte sich in dem zeitgemäßen
Wohnungsbau der Wunsch nach Kleinmaßstäblichkeit aus. Geschosswohnungsbau
wurde in mäßigen Höhen realisiert.
Die Grundrisse wurden zunehmend flexibler und somit den Bedürfnissen der verstärkt
auf dem Markt erscheinenden „neuen Haushaltstypen“ besser gerecht. Das stärkere Gewicht auf die Grundrisse wurde auch wegen
schwierigerer Vermietbarkeit und geringer
Identifikationsmöglichkeiten der Nachfrager gelegt. Dazu zählen die Zusammenlegbarkeit von Wohnungen und Zimmern, die
Berücksichtigung von Schaltzimmern und
Schiebewänden. Ein weiterer Trend in diesem Zusammenhang war die Kombination
von Wohnen und Arbeiten in der Wohnung,
was immer öfter Berücksichtigung fand.
Mitte der 80er Jahre war die intensive
Phase der Stadterneuerung abgeschlossen. Nun begann die Zeit, in der versucht
wurde, die Nachkriegssiedlungen zu verbessern.22 Wieder wurden Siedlungen am Stadtrand gebaut. Geschosswohnungsbau wurde
kleinteiliger mit mäßigen Höhen errichtet und
es wurde darauf geachtet, dass sich die neuen
Objekte in das Bestehende einfügten.
2.4 Bauliche Probleme an
Wohngebäuden der 70er
und 80er Jahre
Bauliche Probleme traten bei der Plattenbauweise sowohl im Osten als auch im Westen
auf. So ergeben sich z. B. konstruktive Pro-
bleme bei Plattenbauten im Bereich der Fugen oder Probleme mit der Entlüftung und
der Schallisolierung bzw. Lärmbrücken. Ein
ständiger Instandsetzungsschwerpunkt sind
auch die Flachdächer.
Hinzu kamen Mängel in der Verarbeitung, die
insbesondere in der DDR Folge des ehrgeizigen Wohnungsbauprogramms von 1971
waren. Die Kombination von hohen Fertigstellungszahlen bei geringen Baukosten führte dazu, dass die Bauqualität vor allem in den
80er Jahren nachließ. Um eine höhere Wirtschaftlichkeit zu erreichen, wurden in den
70er und 80er Jahren verschiedene Rationalisierungsstufen durchlaufen. Oftmals wiesen
die Objekte dadurch Mängel am Baukörper
auf, z. B. im Bereich der Fenster und der
Dächer, als auch die Wohnungsausstattungen, wie Küchen und Fußböden.23
Auch später tauchten Mängel und Bauschäden bei den Plattenbauten auf. Durch die allgemeinen Sparmaßnahmen wurden häufig
wenig beständige Konstruktionen und Materialien verwendet. In den 80er Jahren blieben Maßnahmen zur Erhaltung des Bestands
völlig aus, denn über die Folgekosten für die
Instandhaltung machte man sich keine Gedanken. Der Hauptgedanke lag in der Errichtung der Wohnungen, bzw. in der quantitativen Planerfüllung.
In der damaligen Bundesrepublik wurden
bereits in den 70er Jahren qualitative Unterschiede zwischen den Wohnungen der
gemeinnützigen Anbieter und der freien
Wohnungsunternehmen und privaten Anbieter deutlich, sodass es zu einer Spaltung
des Wohnungsangebotes kam.
Auch der Wohnungsbau der 70er Jahre weist
typische Merkmale auf, die nach zwei bis drei
Jahrzehnten Nutzungsdauer zu Schäden führen bzw. nicht dem zeitgemäßen Standard
entsprechen:
• Mängel am Dach: Oftmals wurde nur eine
Mindestdämmung des Daches vorgenommen, die nachträglich behoben werden muss. Unzureichenden Wärmeschutz
weisen in der Regel auch die Außenwände auf.
• Insbesondere bei Flachdächern ergeben
sich Schäden durch veraltete KunststoffBahneindeckung, schadhafte Dachanschlüsse und Abschlüsse an Flachdächern.
Die Folge können Schimmelbildungen in
den Wohnräumen sein und Beeinträchtigungen der Wärmedämmung.
(21)
Gieselmann, in: Schneider 1997,
S. 24.
(22)
Gieselmann, in: Schneider 1997,
S. 24.
(23)
Vgl. Topfstedt 1999, S. 540.
• Auch Fenster sind oftmals ungedämmt
und mit unzureichend entwickelten Isolierverglasungen ausgestattet.
• An Geschossdecken können an herausragenden Betonplatten bei Balkonen und
Loggien Wärmebrücken entstehen.
• Modernisierungsbedarf besteht außerdem
oftmals an Heizungsanlagen und Sanitäranlagen, die nicht mehr dem aktuellen
Stand der Technik entsprechen und modernisiert werden sollten.
Im Osten wie im Westen wurden weite Teile
dieser Bestände bereits nachsaniert. Im Westen erfolgte die energetische Nachsanierung
vielfach schon in den 80ern, in den neuen
Ländern wurden weite Teile der Wohnungsbestände in den 90er Jahren modernisiert
und dem allgemeinen Standard angepasst.
2.5 Sekundärdatenanalyse
Die Sekundärdatenanalyse dient dazu, Mengengrößen der Wohnungsbestände der 70er
und 80er Jahre abzubilden. Als Datenquellen
wurden im Wesentlichen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen
Landesämter genutzt. Eine einheitliche Datenbasis für die Wohnungsbestände gibt es
in Deutschland nicht. Insbesondere die Verfahrensweisen der Statistikämter in den verschiedenen Bundesländern weisen deutliche
Unterschiede auf. Hinzu kommen die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den alten und neuen Ländern.
Im Folgenden werden zunächst Größenordnungen auf der Länderebene dargestellt, bevor die Verortung auf der Ebene der Raumordnungsregionen erfolgt. Abschließend werden die Datenquellen näher erläutert und Lücken diskutiert.
Bei der Betrachtung der Wohnungsbestände
der 70er und 80er Jahre wird folgenden Prämissen gefolgt:
• Es werden nur Wohnungen in Mehrfamilienhäusern einbezogen.
• Es werden nur fertig gestellte Wohnungen
im Neubau berücksichtigt.
• Bestandsmaßnahmen und Fertigstellungen in Nichtwohngebäuden bleiben
unberücksichtigt.
Bautätigkeit in den Ländern
Bei der Betrachtung der Länderebene
werden Unterschiede in der Intensität der
Wohnungsbautätigkeit in den 70er und 80er
Jahren deutlich, die mit der Bevölkerungsgröße korrelieren. Die Bautätigkeit war in dieser
Zeit in den drei derzeit bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Bayern und Baden-Württemberg am größten
(vgl. Abb. 7). In Nordrhein-Westfalen ist in
den 70er und 80er Jahren knapp eine Million
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern neu errichtet worden, in Bayern waren es rund
640.000 und in Baden-Württemberg rund
560.000 Wohnungen. Unter den neuen Ländern wurde in Sachsen mit 470.000 Wohnungen am intensivsten gebaut. Die geringste
Bautätigkeit ist erwartungsgemäß in den
Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie
dem Saarland zu verzeichnen.
Für eine realistische Einschätzung der Wohnungsbauleistungen reicht eine Betrachtung
der reinen Fertigstellungszahlen jedoch nicht
aus. Hilfreich ist hier die Darstellung des Verhältnisses zwischen den Fertigstellungen und
den Bevölkerungszahlen (vgl. Abb. 7). Hierbei
wird deutlich, dass die Bauleistungen in den
neuen Ländern in den 70er und 80er Jahren
von erheblichem Ausmaß waren. In jedem
Bundesland kamen in dieser Zeit auf 1.000
Einwohner mindestens 100 neu errichtete
Wohnungen, in Ost-Berlin sogar rund 170.
Gleichzeitig relativiert sich die Bauleistung
in Nordrhein-Westfalen, wo nur rund ein
Drittel der Bauleistung Ost-Berlins erreicht
wurde und rund die Hälfte des Volumens in
Mecklenburg-Vorpommern.
Kleinräumige Betrachtung der Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern
Datenbasis
In einem weiteren Schritt wurden die Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern
anhand der vorhandenen statistischen Daten ermittelt und auf der Ebene der Raumordnungsregionen kartografisch dargestellt.
Hierbei wurden für die westlichen Bundesländer die jährlichen Baufertigstellungen der
Jahre 1970 bis 1990 kumuliert. Es handelt sich
jeweils um fertig gestellte Wohnungen in neu
errichteten Gebäuden. Bestandsmaßnahmen
sowie Wohnungen in Nichtwohngebäuden
wurden in diese Analyse nicht einbezogen.
Da für die neuen Länder Baufertigstellungszahlen auf kleinräumiger Ebene erst für die
Zeit nach der Wende vorliegen, wurde hier
auf die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 1995 zurückgegriffen.
Hier wurden die Baualtersklassen 1969 bis
1981, 1982 bis 1987 und 1988 bis 1990 übernommen, sodass für die neuen Ländern Woh-
25
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
nungen des Baujahres 1969 hinzukommen.
Eine große Problematik zeigte sich bei allen Statistiken in der Verbindung der Merkmale „Wohnungen in Wohngebäuden mit drei
und mehr Wohnungen“ und dem „Baualter“
der Wohnungen. Diese Verbindung wird in
den veröffentlichten Statistiken in der Regel
nicht hergestellt, wie sich auch bei der Standardveröffentlichung der GWZ 1995 zeigte,
die die Anzahl der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und das Baualter der Wohnungen
getrennt voneinander ausweist. Grundsätzlich ist es mit den vorhandenen Daten möglich, diese Verknüpfung herzustellen. Hierzu
Abbildung 7
Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989
Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden
1.000.000
800.000
600.000
400.000
200.000
0
Thüringen
Schleswig−Holstein
Sachsen−Anhalt
Sachsen
Saarland
Rheinland−Pfalz
NRW
Niedersachsen
Mecklenburg−V.
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin−West
Berlin−Ost
Bayern
Baden−Wbg.
Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen
Stichtag Bevölkerungsstand: alte Länder und Berlin West 31.12.1990; neue Länder und Berlin Ost 31.12.1991
Abbildung 8
Fertigstellungen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1989 je 1.000 Einwohner
Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden
200
150
100
50
0
Thüringen
Schleswig−Holstein
Sachsen−Anhalt
Sachsen
Saarland
Rheinland−Pfalz
NRW
Niedersachsen
Mecklenburg−V.
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin−West
Berlin−Ost
Bayern
Baden−Wbg.
Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen
waren Sonderauswertungen notwendig, die
jedoch nicht jedes Land liefern konnte.
Aufgrund der unterschiedlichen Datenlage
haben sich in einigen Ländern auf der Kreisebene Lücken ergeben, die durch Schätzungen gefüllt wurden. Die jeweilige Vorgehensweise wird in Abschnitt 2.7.3 beschrieben.
Ergebnisse
Abb. 9 zeigt die Anzahl der zwischen 1969
bzw. 1970 und 1990 errichteten Wohnungsbestände in Mehrfamilienhäusern in den
Raumordnungsregionen. Beim Vergleich zwi-
Abbildung 9
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 2005 der Baujahre 1969/70 bis 1990
Kiel
Hamburg
Bremen
Berlin
Magdeburg
Dortmund
Düsseldorf
Leipzig
Kassel
Köln
Dresden
Erfurt
Frankfurt a. M.
Nürnberg
Saarbrücken
Stuttgart
München
Anzahl Wohneinheiten
bis 25.000
25.000 bis 50.000
50.000 bis 75.000
75.000 bis 100.000
über 100.000
In fünf Regionen in Sachsen und SachsenAnhalt wurden jeweils mehr als 100.000 Wohnungen errichtet. Dabei handelt es sich um
die Agglomerationsräume um Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie verstädterte Räume
um Magdeburg und Halle.
Deutlich sticht Berlin hervor, wo im Ostteil über 200.000 Wohnungen und im Westteil Berlins weit mehr als 100.000 Wohnungen entstanden sind. Damit ist Berlin
hinsichtlich der Bautätigkeit Spitzenreiter.
Um die 200.000 Wohnungen wurden ebenfalls in hoch verdichteten Regionen wie Duisburg, Düsseldorf und Köln sowie Hamburg,
Stuttgart, München und dem Rhein-MainGebiet errichtet.
Rostock
Hannover
schen Ost und West erkennt man sehr deutlich die verschobenen Bautätigkeitsphasen
im Wohnungsbau. Während der Wohnungsbau in Westdeutschland eher nachgelassen
hat, wurden in der damaligen DDR große
Teile der Wohnungsbestände errichtet. Nicht
berücksichtigt sind hier die Wohnungsabgänge, die allerdings für die westdeutschen
Länder nur marginal sind und sich für Ostdeutschland in einer Größenordnung von
fünf bis sechs Prozent bewegen könnten.
Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen.
Geobasisinformationen © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (www.bkg.bund.de)
In den eher ländlich geprägten Bundesländern Niedersachsen und Bayern finden sich
mit Hannover und der Industrieregion Mittelfranken (Nürnberg) ebenfalls Gebiete mit
mehr als 75.000 Wohnungen, die in den 70er
und 80er Jahren errichtet wurden.
Die hohe Bautätigkeit dieser Regionen ist in
der Regel auf die Kernstädte dieser Agglomerationsräume zurückzuführen. So machte die
Bautätigkeit in Hannover mit über 75.000
Wohnungen 90 % der Baufertigstellungen
in der Raumordnungsregion aus, in der Industrieregion Mittelfranken entfallen rund
65 % der Fertigstellungen auf die Stadt Nürnberg. In der Region Stuttgart gab es allerdings
auch in den hoch verdichteten Kreisen Böblingen, Esslingen und Ludwigsburg zahlreiche Baufertigstellungen.
Insgesamt zeigt sich, dass die absoluten Fertigstellungszahlen in der Regel in denjenigen
Räumen am höchsten sind, die auch vorher
bereits hoch verdichtet waren. Dies zeigt sich
an den Anteilen der Wohnungen an den Wohnungen in Mehrfamilienhäusern insgesamt
(vgl. Abb. 10). Etwas anders stellt sich hingegen die Situation in den neuen Ländern dar.
Abb. 10 zeigt die Anteile der 70er und 80er
Jahre-Bestände in Mehrfamilienhäusern am
Gesamtbestand der Wohnungen in Wohn-
27
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
gebäuden mit drei und mehr Wohnungen.
Rund jede vierte Wohnung, die sich in einem Mehrfamilienhaus befindet, wurde in
den 70er oder 80er Jahren errichtet.
Die nachfolgende Karte (Abb. 10) stellt die Anteile dieser Bestände am Gesamtbestand der
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern dar. Erwartungsgemäß gibt es in den neuen Ländern
die höchsten Anteile an Wohnungsbeständen
der 70er und 80er Jahre. In Westdeutschland
gibt es nur sieben Raumordnungsregionen, in
denen der Anteil an Wohnungsbeständen der
70er und 80er Jahre über 30 % beträgt. Hieran lassen sich sehr gut die Auswirkungen
der unterschiedlichen wohnungspolitischen
Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland
ablesen. Da insbesondere die Wohnungsunternehmen einen hohen Anteil am Wohnungsbau in Mehrfamilienhäusern haben,
gibt die GdW Jahresstatistik ebenfalls Hinweise dazu. Der zufolge stammen die Wohnungsbestände der Wohnungsunternehmen,
die beim GdW organisiert sind, in den neuen
Ländern zu rund 56 % aus der Zeit nach 1970
und im Westen zu 24 %.24
Bei der Betrachtung einzelner Regionen wird
deutlich, dass verschiedene industriell geprägte Regionen über einen vergleichsweise geringen Anteil an Beständen aus dieser
Zeit verfügen. Beispiele hierfür sind Ruhrgebietsregionen, wie Dortmund und Bochum,
oder Regionen wie das Saarland und Braunschweig. Hier liegt die Vermutung nahe,
dass zum einen aufgrund starker Zerstörungen der Wiederaufbau früher abgeschlossen
war als in anderen Regionen und zum anderen die wirtschaftliche Prosperität bereits ab
den 70er Jahren nachgelassen hat. Auch in
Berlin, wo zwischen 1970 und 1990 die meisten Wohnungen aller Raumordnungsregionen entstanden sind, macht dies angesichts
der hohen Bebauungsdichte nur einen geringen Anteil aus. Gleichzeitig verfügt eine Region wie die Mecklenburgische Seenplatte,
wo im Mengenvergleich eine geringe Bautätigkeit herrschte, zu mehr als 50 % über Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre. Absolut gibt es allerdings auch nur rund 90.000
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.
Hinweise zu einzelnen Wohnungsmerkmalen finden sich in den Ergebnissen der Gebäude- und Wohnungszählungen 1987 und
1995 sowie den Mikrozensus-Zusatzerhebungen 1998, 2002 und 200625. Die Gebäude- und Wohnungszählungen liefern Daten
bis auf Kreisebene und berücksichtigen zum
Beispiel Merkmale wie das Baualter, Förderung, Wohnungsgrößen oder Heizungsart.
Vor allem die gesonderte Betrachtung der
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Die genannten Merkmale beziehen sich in der Regel
auf den gesamten Wohnungsbestand. Für die
neuen Länder konnten Sonderauswertungen
erstellt werden. Inwieweit auch in den alten
(24)
Die GdW Jahresstatistiken weisen als Baualtersklassen 1971
bis 1980 und 1981 und später
aus. Hierunter fallen also auch
diejenigen Wohnungen, die nach
1990 errichtet worden sind.
(25)
Letztere konnte für die Auswertung nicht berücksichtigt werden.
Abbildung 10
Anteile Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 1969/70 bis 1990 an Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern 2005 insgesamt
Kiel
Rostock
Hamburg
Bremen
Berlin
Hannover
Magdeburg
Dortmund
Düsseldorf
Köln
Leipzig
Kassel
Dresden
Erfurt
Frankfurt a. M.
Nürnberg
Saarbrücken
Stuttgart
München
Reflexion Sekundärdatenanalyse
Daten des Statistischen Bundesamtes
Das Statistische Bundesamt verfügt für den
gesamten Betrachtungszeitraum über Baufertigstellungszahlen auf Bundes- und Länderebene. Kleinräumigere Daten sind nur über
die Statistischen Landesämter zu beziehen.
bis 19 %
20 - 29 %
30 - 39 %
40 - 49 %
50 % und mehr
Quelle: Statistische Landesämter, eigene Berechnungen.
Geobasisinformationen © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (www.bkg.bund.de)
Tabelle 2
Datenlage in den Ländern (Wohnungen bzw. Fertigstellungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen nach Baualter auf Kreisebene)
Daten sind vollständig
vorhanden
Daten einzelner
Jahre fehlen
Daten mehrerer
Jahre fehlen
Daten liegen nicht vor
Brandenburg
Schleswig-Holstein
Bayern
Sachsen-Anhalt
Bremen
Niedersachsen
Baden-Württemberg
Thüringen
Hamburg
Berlin
Mecklenburg-Vorpom.
Hessen
Sachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Quelle: Eigene Darstellung
Ländern die Ergebnisse der GWZ 1987 überhaupt noch verfügbar und auswertbar sind,
bleibt fraglich.
Beim Mikrozensus handelt es sich um eine
1 %-Stichprobe. Hier gibt es Daten teilweise
bis auf Kreisebene. Da es sich um eine Stichprobe handelt, sind jedoch für die Fragestellungen des Projektes nur Daten bis auf
Landesebene sinnvoll verwertbar. Auf den
unteren Ebenen werden die Fallzahlen für
gesicherte Aussagen zu gering. Die Baualtersklassen 1948 bis 1978 und 1979 und
später lassen keine gesonderte Betrachtung
der 70er Jahre-Bestände zu.
Daten der Statistischen Landesämter
Für die Betrachtung der Wohnungsbestände
auf der Ebene der Raumordnungsregionen
wurden von den Statistischen Landesämtern
Daten auf Gemeindeebene verwendet und zu
Raumordnungsregionen zusammengefasst.
Die Datenverfügbarkeit in den einzelnen
Ländern ist sehr unterschiedlich, sodass auftretende Lücken durch Schätzungen geschlossen werden mussten.
Die Statistikämter der alten Länder führen
eigene Baufertigstellungsstatistiken. Insbesondere für den Zeitraum zwischen 1970 und
1980 ergeben sich hierbei jedoch vielfältige
Schwierigkeiten:
• Baufertigstellungen wurden in den Ländern in Westdeutschland erst seit den siebziger Jahren systematisch registriert. Zum
Teil erfolgte zunächst nur eine Registrierung der Wohngebäude, jedoch nicht der
Wohnungen. Die Zahl der Wohnungen
wurde zum Teil erst im Laufe des Jahrzehnts, oftmals nach der jeweiligen Gemeindegebietsreform, als eigenständige
Kategorie aufgenommen.
• Da diese Reformen zu unterschiedlichen
Zeiten vollzogen wurden, beginnen auch
die Statistiken der jeweiligen Länder zu
unterschiedlichen Zeitpunkten. Für einige Jahrgänge liegen in einigen Ländern daher zunächst lediglich Zahlen auf Landesund erst später auf Kreisebene vor.
• Für Ostdeutschland existieren erst für die
Zeit nach 1990 Statistiken zu Baufertigstellungen. Daher kann hier nur auf die
Gebäude- und Wohnungszählung 1995
und auf die Zusatzerhebungen des Mikrozensus zurückgegriffen werden. Auch
hier zeigen sich zwischen den Ländern
erhebliche Unterschiede in der Datenverfügbarkeit.
• Weitere Merkmale, wie die Zahl der Räume, Wohnflächen, Eigentümer oder Ausstattungen lassen sich in der Regel nicht
mit Baualtersklassen und Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern verknüpfen.
Datenlage in den Ländern
Im Folgenden wird die Datenlage in den einzelnen Ländern beschrieben und die Verfahren zur Ergänzung der Lücken erläutert. In
einigen Ländern liegen für bestimmte Jahre
keine Zahlen zu den Baufertigstellungen von
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern vor.
Zwei Länder konnten keine Daten liefern.
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
und Sachsen
Die Statistischen Landesämter in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und
Sachsen haben anhand der Gebäude- und
Wohnungszählung 1995 eine Auswertung der
Datenbasis von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nach den Baualtersklassen 1969
bis 1981, 1982 bis 1987 und 1988 bis 1990
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
durchgeführt. Diese Daten wurden für den
aktuellen Gebietsstand in den jeweiligen
Ländern berechnet und sind direkt in die kartografischen Darstellungen eingeflossen.
Bremen und Hamburg
Das Statistische Landesamt Bremen und das
Statistische Landesamt Nord konnten jeweils
die Baufertigstellungszahlen von Wohnungen
in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen für die Jahre 1970 bis 1990 bereitstellen. Die Zahlen beinhalten ausschließlich den
Neubau, Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude sind nicht berücksichtigt.
Schleswig-Holstein
Für Schleswig-Holstein liegen ebenfalls
Baufertigstellungszahlen von Wohnungen
in neu errichteten Wohngebäuden mit drei
und mehr Wohnungen ohne Bestandsmaßnahmen vor. Diese wurden auf Landes- und
Kreisebene für die Jahre 1970 bis 1988 und
1990 zur Verfügung gestellt.
Zahlen des Jahres 1989 fehlen demnach auf
Landes- und Kreisebene, diese Zahlen wurden geschätzt. Dabei wurde der Anteil der
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf
Landesebene an den insgesamt fertig gestellten Wohnungen (Zahlen des Statistischen Bundesamtes) in Anlehnung an den
Bundestrend geschätzt. Für die Zahlen der
Kreisebene wurde der prozentuale Anteil
der Kreise geschätzt und auf absolute Zahlen heruntergerechnet.
Saarland
Für das Saarland liegen Baufertigstellungszahlen für die Jahre 1976 bis 1990 vor. Auch
hier handelt es sich um Wohnungen in neu
gebauten Mehrfamilienhäusern ohne Bestandsmaßnahmen auf Landes- und Kreisebene. Für die Jahre 1974 und 1975 wurden
Daten auf Landesebene bereitgestellt. Zahlen vor 1974 liegen aufgrund einer 1974 erfolgten Gebietsreform nicht vor. Die fehlenden Daten wurden analog des Verfahrens für
Schleswig-Holstein ermittelt. Dabei lagen für
die Jahre 1974 und 1975 Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf Landesebene vor, sodass der Anteil
auf Kreisebene abgeschätzt und in absolute Zahlen umgerechnet wurde. Für die
vorangegangenen Jahre 1970 bis 1973
wurden die Zahlen der fertig gestellten Wohnungen im Mehrfamilienhausbereich auf
Landesebene geschätzt und auf die Kreise
herunter gebrochen.
Niedersachsen
Eine vergleichsweise gute Datenlage weist
das Statistische Landesamt Niedersachsen
auf. Hier liegen Baufertigstellungszahlen
von Wohnungen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern für die Jahre 1972 bis 1990 vor.
Diese Zahlen schließen Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude aus. Bis 1982
wurden jedoch Wohnungen in Wohnheimen
mitgezählt.
Die Daten der Baufertigstellung von Wohnungen für 1970 und 1971 fehlen sowohl auf Landes- als auch auf Kreisebene. Analog zu
Schleswig-Holstein und dem Saarland wurde
diese Lücke geschlossen, da der Versuch, die
fehlenden Daten direkt über die Städte und
Kreise zu erhalten, scheiterte. Das Problem
hier liegt an der fehlenden statistischen
Dokumentation und zudem an der veränderten Zuordnung von bestimmten Gebieten zu
Stadt oder Landkreis (Gebietsreform). Deshalb wurden die Zahlen der Wohnungen auf
Landesebene in Anlehnung an den
Bundestrend geschätzt und auf die Kreise
Niedersachsen heruntergerechnet.
Bayern
Das Statistische Landesamt Bayern stellte
Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in
neu errichteten Mehrfamilienhäusern für die
Jahre 1979 bis 1990 auf Kreis- und Landesebene bereit. Für die Jahre 1970 bis 1978 liegen diese Daten nur auf Landesebene vor. Die
vorliegenden Zahlen des Statistischen
Landesamtes beinhalten keine Bestandsmaßnahmen und Wohnungen in Nichtwohngebäuden. Auch hier wurden die Anteile der
Wohnungsbautätigkeit in den Kreisen und
die dazugehörigen Anteile der fertig gestellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
geschätzt.
Baden-Württemberg
Für die Jahre 1979 bis 1990 hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg Daten
der Baufertigstellung von Wohnungen in neu
errichteten Mehrfamilienhäusern auf Kreisund Landesebene zur Verfügung gestellt. Für
die Jahre 1970 bis 1978 dienten die Fertigstellungen von Mehrfamilienhäusern auf Kreisebene sowie die Anteile der Kreise an den je
nach Baujahr fertig gestellten Mehrfamilienhäusern in Baden-Württemberg als Ausgangspunkt. Anhand einer Durchschnittswohnungszahl je Gebäude und Baujahr
wurden die gewünschten Angaben annähernd berechnet. Des Weiteren erfolgte eine
29
Plausibilitätsprüfung anhand der Anzahl der
geförderten Wohnungen aus der Gebäudeund Wohnungszählung 1987.
Rheinland-Pfalz
Für das Bundesland Rheinland-Pfalz liegen
die Daten der Baufertigstellung von Wohnungen in neu errichteten Mehrfamilienhäusern
für die Jahre 1975 bis 1990 auf Kreis- und Landesebene und für die Jahre 1970, 1973 und
1974 nur auf Landesebene vor. Die Daten der
Jahre 1988 und 1989 beinhalten auch Maßnahmen an bestehenden Gebäuden.
Die fehlenden Daten (1970 bis 1974) wurden
durch ein Schätzverfahren ermittelt. Statt der
Zahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegen für die Jahre 1970 bis 1974 nur
Zahlen der Wohnungen insgesamt und die
Anzahl der Gebäude des Ein- und Zweifamilienhausbereichs vor, diese jedoch auch auf
Kreisebene. Somit wurde für die Jahre 1975
und 1976 jeweils der Anteil der Zweifamilienhäuser an den Ein- und Zweifamilienhäusern
auf Kreisebene ermittelt und daraus ein KreisMittelwert errechnet. Im weiteren Verfahren
wurden die Daten für jeden Kreis berechnet.
Als Kontrolle konnten die Baufertigstellungszahlen der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf Regierungsbezirksebene herangezogen werden.
Hessen
Für das Land Hessen wurden die Zahlen
der Baufertigstellungen von Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern (Neubau) – ohne Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude
– vom Statistischen Landesamt Hessen für die
Jahre 1977 bis 1990 auf Landes- und Kreisebene zur Verfügung gestellt. Zudem liegen Daten zu Baufertigstellungen in Wohngebäuden
mit drei und mehr Wohnungen auf Landesebene für die Jahre 1970 bis 1976 vor. Diese
beinhalten allerdings den Neu- und Wiederaufbau von Wohngebäuden sowie den Umbau ganzer Gebäude.
Analog dem Verfahren zur Ermittlung der
fehlenden Daten für Rheinland-Pfalz wurde
auch für Hessen verfahren. Es wurden Mittelwerte auf Kreisebene für die Anteile der Zweifamilienhäuser an den Ein- und Zweifamilienhäusern errechnet. Die Differenz zwischen
Ein- und Zweifamilienhäusern und den gesamten Wohnungen wurde als Mehrfamilienhausbestand identifiziert.
Nordrhein-Westfalen
Baufertigstellungszahlen von Wohnungen in
neu errichteten Mehrfamilienhäusern liegen
für das Bundesland Nordrhein-Westfalen sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene jedoch nur für die Jahre 1983 bis 1990 vor. Diese Zahlen beinhalten Wohnheime, jedoch
keine Bestandsmaßnahmen und Nichtwohngebäude. Baufertigstellungszahlen wurden
erst nach der kommunalen Gebietsreform in
Nordrhein-Westfalen statistisch erfasst. Darüber hinaus konnten durch die Wohnungsbauförderungsanstalt in Nordrhein-Westfalen (Wfa) Fertigstellungszahlen für Wohnungen in Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern
für die Jahre 1980 bis 1982 auf Kreisebene bereitgestellt werden. Da der Wohnungsbau in
Nordrhein-Westfalen mengenmäßig von
herausragender Bedeutung ist, ist eine weitere Recherche für dieses Bundesland besonders anzuraten.
Berlin
Die beiden unterschiedlichen politischen
Systeme, nach denen Berlin bis 1990 aufgeteilt war, spiegeln sich auch in der Statistik wider. Für Ost-Berlin konnte auf die
Gebäude- und Wohnungszählung 1995
zurückgegriffen werden. Das Statistische
Landesamt in Berlin lieferte hierzu eine
Auswertung der Wohnungen nach Größenklassen der Gebäude (Gebäude mit drei bis
sechs und sieben und mehr Wohnungen).
Daten zu West-Berlin liegen aus der Bautätigkeitsstatistik nicht vor. Stattdessen wurde
ein Anteil der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern geschätzt.
Sachsen-Anhalt und Thüringen
Beim Statistischen Landesamt in SachsenAnhalt ist eine Sonderauswertung angefragt.
Diese konnte nicht in dem vorgesehenen
Zeitrahmen geliefert werden. Für das Bundesland Thüringen konnten aus der GWZ
1995 nicht die gewünschten Daten generiert
werden. Die Daten stehen beim Landesamt
aus personellen bzw. organisatorischen
Gründen nicht mehr zur Verfügung.
Für beide Länder wurden daher für die einzelnen Kreise Schätzungen auf Basis der in
der GWZ 1995 ermittelten Wohnungen der
entsprechenden Baualtersklassen auf Kreisebene vorgenommen. Für die Zahl der Wohnungen wurde ein Mehrfamilienhausan-
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
teil von 87 % angenommen. Beim Vergleich
mit vorhandenen Daten anderer Länder in
Ostdeutschland hat sich gezeigt, dass diese
Schätzmethode aufgrund des hohen Anteils
an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die
in dieser Zeit errichtet worden sind, zu sehr
guten Ergebnissen führt.
Im Rahmen der Sekundärdatenanalyse wurden über die Statistikämter hinaus weitere
Quellen geprüft:
Wohnungsmarktbeobachtung
In acht Bundesländern in Deutschland gibt
es Wohnungsmarktbeobachtungssysteme.
Zur Schließung der Lücken insbesondere in
den 70er Jahren in den bevölkerungsreichsten Ländern Bayern, Baden-Württemberg
und Nordrhein-Westfalen wurde mit den jeweiligen Instituten Kontakt aufgenommen.
Da die Institute ihre Daten ebenfalls von den
Statistischen Landesämtern beziehen, konnten hier keine zusätzlichen Erkenntnisgewinne hinsichtlich der Bautätigkeit in den
70er Jahren erzielt werden.
Daten des GdW
Der Bundesverband der Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft GdW führt ebenfalls
Statistiken zu den Wohnungsbeständen der
Mitgliedsunternehmen. In regelmäßigen Abständen werden die Unternehmen schriftlich
befragt zu Unternehmensdaten und -kennzahlen sowie Angaben zu den Wohnungsbeständen. Es erfolgt eine Abfrage zu den Wohnungsbeständen nach Baualter (1971 bis
1980 und 1981 und später). Eine Verknüpfung zwischen der Anzahl der Wohnungen
in Mehr-familienhäusern und dem Baualter ist jedoch auch hier nicht gegeben. Hinzu kommt, dass kleinräumige Angaben ebenfalls nicht gemacht werden können.
Kreditanstalt für Wiederaufbau
Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau wurden Daten zu geförderten Maßnahmen im
Bestand seit 1990 angefragt. Dies bezog sich
u. a. auf Programme zur Modernisierung und
Instandhaltung von Gebäuden und durchgeführten Investitionen bei Wohnungsbeständen der Baujahre 1969 bis 1990 nach Investoren. Ausreichend differenzierte Daten
zu Beständen nach Baualter scheinen der
KfW nicht vorzuliegen. Da bisher keine Hin-
weise dazu vorliegen, konnten hierzu keine
Angaben gemacht werden.
2.6 Entwicklungen seit 1990
Im Folgenden werden einzelne Entwicklungslinien der 70er und 80er Jahre-Bestände beschrieben. Hierunter werden Aspekte gefasst,
die im weiteren Forschungsverlauf betrachtet und konkretisiert werden.
Quantitative und qualitative Veränderungen des Wohnungsbestandes
Für das Jahr 1990 wurden im Rahmen dieser Bestandsanalyse für die Baujahre 1970
bis 1990 rund 5,3 Millionen Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern ermittelt. Für die Betrachtung der Wohnungsbestände nach aktuellem Stand ist es wichtig, die quantitativen Veränderungen durch Wohnungsabgänge zu berücksichtigen.
Die Statistiken des Bundes weisen nur Abgänge ganzer Wohngebäude aus, unabhängig davon, ob es sich um Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäuser handelt, die Zahl der
Wohnungen wird nicht gesondert festgehalten. Erst ab 2002 werden Abgänge von Wohngebäuden nach Baualtersklassen ausgewiesen. Die jüngste Baualtersklasse bezieht Wohngebäude der Baualtersklasse nach 1970 ein.
Vor diesem Hintergrund können nur grobe Entwicklungen bzgl. der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre beschrieben
werden:
• Eine erste „Abrisswelle“ setzte in Westdeutschland bereits in der zweiten Hälfte der 80er Jahre ein. Vor allem die
Großwohnsiedlungen der 70er Jahre wurden Gegenstand umfassender
Erneuerungsstrategien.
• Laut Statistik wurden von 2002 bis 2005
in Westdeutschland nur zwischen ca. 30
und 80 Wohngebäude jährlich als Abgang
gemeldet. Das entspricht einem Anteil an
allen Abgängen von unter 2 %.
• In den neuen Ländern erfolgen seit 2002
intensive Rückbaumaßnahmen im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“.
In 90 % der Kommunen bildet der Rückbau des DDR-Wohnungsbaus der 50er bis
80er Jahre einen Schwerpunkt im Stadtumbau Ost.
• Während die älteren bis Mitte der 70er
Jahre errichteten Siedlungen relativ sta-
31
bile Strukturen mit geringen Leerständen
aufweisen, liegt der Schwerpunkt der Abrisstätigkeit bei den jüngeren Plattenbausiedlungen der 70er und 80er Jahre. Zwischen 2002 und 2008 wurden insgesamt
ca. 221.000 Wohnungen des DDR-Wohnungsbaus abgerissen.26 Unter der Annahme, dass der überwiegende Teil der abgerissenen Wohnungen aus den 70er und
80er Jahren stammt, ergibt sich ein Anteil
von ca. fünf bis sechs Prozent rückgebauter Wohnungen.
rung zum Bestand angedeutet hatte, drückte
sich insbesondere ab den 90er Jahren deutlich in Zahlen aus. Hierbei ging es allerdings
nicht nur um die Altbaubestände der Innenstädte: ins Zentrum der baulichen Tätigkeiten rückten zunehmend Plattenbauten, die
saniert und an die zeitgemäßen Wohnstandards angepasst wurden.
Dieser Trend in den Bestand lässt sich anhand der getätigten Wohnungsbauinvestitionen belegen (vgl. Abb. 11). Seit 1999 fließt
der größere Teil der Wohnungsbauinvestitionen in Deutschland in den Bestand, während
das Neubauvolumen kontinuierlich sinkt.
• Die Abgangsstatistik des Statistischen
Bundesamtes (vgl. Tab. 3) weist jährliche
Abgänge von Wohngebäuden des Baualters nach 1970 zwischen 1.150 und rund
2.000 als Abgang aus, insgesamt handelt es
sich um mehr als 6.000 Wohngebäude. Für
die Jahre 2006 bis 2008 liegen keine baualtersspezifischen Abgangsdaten vor. Insgesamt zeichnet sich ein leichter Rückgang
der Abgänge auf das Niveau der 1990er
Jahre ab.
(26)
BMVBS / BBR 2007, S. 39.
Insbesondere in den Großwohnsiedlungen
wurden umfangreiche Investitionstätigkeiten
durch Förderprogramme des Bundes und der
Länder unterstützt bzw. angeschoben. In den
neuen Ländern setzte nach der Wende eine
umfangreiche Modernisierungswelle ein,
durch die es zu deutlichen Verbesserungen
der Qualität der Wohnungen kam:
• In den 90er Jahren wurden mit zwei Sonderkontingenten des KfW-WohnraumModernisierungsprogramms zusätzlich
über 12 Mrd. DM an Förderdarlehen ver-
Ein weiterer Aspekt sind die baulichen Veränderungen im Bestand. Was sich bereits seit
den 70er Jahren mit einer stärkeren OrientieTabelle 3
Abgänge ganzer Wohngebäude*
Alte Länder
Neue Länder
Deutschland
Gesamt
Baujahr nach
1970
Gesamt
Baujahr nach
1970
Gesamt
Baujahr nach
1970
1990
5.998
-
-
-
-
-
1991
6.494
-
-
-
-
-
1992
6.954
-
1.339
-
8.293
-
1993
7.481
-
1.789
-
9.270
-
1994
7.217
-
1.968
-
9.185
-
1995
6.748
-
2.096
-
8.844
-
1996
6.070
-
2.320
-
8.390
-
1997
6.437
-
2.297
-
8.734
-
1998
6.178
-
2.454
-
8.632
-
1999
5.920
-
2.343
-
8.263
-
2000
6.021
-
2.164
-
8.185
-
2001
5 698
-
2.591
-
8.289
-
2002
5.810
31
3.606
1.150
9.416
1.181
2003
5.193
87
4.565
1.336
9.758
1.423
2004
6.068
46
4.595
1.733
10.663
1.779
2005
5.451
47
4.296
2.069
9.747
2.116
*“Im Rahmen der Abgangsstatistik werden Gebäude und Gebäudeteile erfasst, die durch ordnungsbehördliche
Maßnahmen, Schadensfälle oder Abbruch der Nutzung entzogen werden oder deren Nutzung zwischen Wohnund Nichtwohnzwecken (mit und ohne Baumaßnahmen) geändert wurde.“
Quelle: Statistisches Bundesamt, lange Reihen 1968 bis 2005 und Fachserie 5, Reihe 1
33
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
geben, die eine Investitionssumme von
18 Mrd. DM nach sich zogen.27 Insgesamt
wurden rund 840.000 Plattenbauwohnungen modernisiert, was einem Anteil von rund 40 % aller Plattenbauten in
Ostdeutschland entsprach. Aufgrund
konstruktionsbedingter Mängel und Verschleißerscheinungen war der Instandhaltungsanteil mit 77 % sehr hoch. Dabei
wurden insbesondere Maßnahmen an
der Gebäudehülle vorgenommen. Seltener kam es zu Grundrissänderungen.
• Landesprogramme sahen oftmals Maßnahmen hinsichtlich der Wohnumfeldverbesserung vor sowie Einbau von Fahrstühlen und Grundrissänderungen. Hinzu
kamen deutliche energetische Verbesserungen. Großwohnsiedlungen wurden
weiterentwickelt und „zu Ende gebaut“.
• Im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost, dem der Stadtumbau West folgte, werden umfangreiche Rückbaumaßnahmen sowie die Erneuerung und Umstrukturierung von Großwohnsiedlungen
gefördert.
• Auch das Programm Soziale Stadt bezieht viele Großwohnsiedlungen ein. Im
Zentrum stehen hier Wohnumfeldverbesserungen und Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur.
Diese umfangreichen Maßnahmen haben
zur Folge, dass heute bei kommunalen Wohnungsunternehmen im Westen die Gebäude-
zustände anders sind als bei Wohnungsunternehmen im Osten, da durch den Stadtumbau
Ost und die Förderungen der 90er Jahre umfangreichere Maßnahmen durchgeführt worden sind. Auch in Westdeutschland sind die
Großwohnsiedlungen – hier bereits ab den
80er Jahren – zu einem wichtigen Aufgabenfeld der Stadterneuerungspolitik geworden.
Anfang der 80er Jahre wurden erste Modellvorhaben zur Nachbesserung westdeutscher
Großwohnsiedlungen durchgeführt.
Diese Situation führt dazu, dass die Marktsituation für Wohnungen in den Großwohnsiedlungen in Ost und West insgesamt nach
wie vor problematisch ist. Gründe hierfür
können Defizite in der Infrastrukturausstattung, eine geringe Wohnungstypenvielfalt sowie soziale Probleme sein. Denn trotz aller
Bemühungen ergeben sich in Ost- wie auch
in Westdeutschland weiterhin strukturelle
Probleme. So schreitet vielerorts die Entmischung der Sozialstruktur voran, sodass sich
vor allem sozial benachteiligte Gruppen und
ältere Menschen im Zuge einer Überalterung
dort konzentrieren. Hinzu kommt, dass sich
der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund und Aussiedlern durch diese Segregationsprozesse in vielen Teilen erhöht.
Solche Entwicklungen verstärken das ungünstige Image von Großwohnsiedlungen.
In vielen Regionen kann es weiterhin zu steigenden Leerständen kommen. Im Sinne einer
nachhaltigen Stadtentwicklung sind in vielen Großwohnsiedlungen weitere Maßnah-
Abbildung 11
Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen
200
150
100
50
0
1995
1997
1999
Wohnungsbauvolumen insgesamt
Quelle: DIW, Strukturdaten, 2008
2001
2003
2005
Bauleistung an bestehenden Gebäuden
2007
Neubauvolumen
(27)
BBR 2000.
men im Wohnumfeldbereich sowie Modernisierungen erforderlich (z. B. altengerechtes Wohnen, neue Grundrisse).
Veränderungen der Eigentümerstruktur
In den 70er Jahren hatte der soziale Wohnungsbau große Auswirkungen auf die Eigentümerstruktur. Im Westen waren es insbesondere gemeinnützige Wohnungsunternehmen
und freie Wohnungsunternehmen, die im
Wohnungsbau tätig waren. Später kamen
auch im Geschosswohnungsbau verstärkt
private Anbieter hinzu.
Mit dem Wandel der Wohnungspolitik nahm
jedoch der Anteil der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen am Wohnungsneubau
stetig ab. Während in den 60er Jahren noch
jede vierte Wohnung von einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen errichtet
wurde, waren es in den 70er Jahren mit
750.000 Wohnungen noch 15 % aller Neubauwohnungen und in den 80er Jahren nur noch
250.000 Wohnungen, was einem Anteil von
rund 9 % entspricht. Auf den Markt drängte
stattdessen der frei finanzierte Mietwohnungsbau, der in den 80er Jahren einen Anteil von 22 % ausmachte. Hinzu kamen in den
80er Jahren verstärkt Immobilienfonds und
Versicherungsgesellschaften als Investoren
auf den Markt. Der Strukturwandel in der
Wohnungswirtschaft bewirkte in dieser Zeit
eine Ausdifferenzierung der Eigentümerstruktur, die bis heute Bestand hat.
Die Eigentümerstruktur in Ostdeutschland
ist entsprechend der staatlichen Programme durch die kommunale Wohnungswirtschaft (KWV) und durch die Ende der 50er
Jahre umfänglich neu gegründeten ArbeiterWohnungsgenossenschaften (AWG) geprägt.
Beide Eigentümergruppen verfügen aktuell
jeweils zu 60 % über Bestände aus den 70er
und 80er Jahren.
(28)
Vgl. hierzu Analyse & Konzepte:
Umsetzung der wohnungspolitischen Zielsetzungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes, 1996 im
Auftrag des Bundesministeriums
für Raumordnung, Bauwesen
und Städtebau.
(29)
BBR 2007.
Seit den 80er Jahren haben sich auch diese
Strukturen deutlich verändert. Verschiedene
Entwicklungen sind hier zu beobachten:
• Ein zentraler Einschnitt erfolgte durch den
Konkurs der „Neuen Heimat“, die große
Teile des Sozialwohnungsbaus in Westdeutschland mitgetragen hatte. Umfangreiche Bestände wurden im Zuge des Konkurses an die Länder verkauft und zum Teil
an private Investoren weiter gegeben.
• Aufgrund des Altschuldenhilfegesetzes wurden bis 1999 rund 260.000 Wohnungen privatisiert. Ursprünglich mussten die Wohnungsunternehmen vor der
2. Änderung des Altschuldenhilfegesetzes ursprünglich insgesamt 343.000 Wohnungen privatisieren. Bis Ende 1999 ist
diese Auflage mit rund 260.000 verkauften Wohnungen zu 76 % erfüllt worden.
Hiervon wurde der größte Teil im Bestand
der DDR-Wohnungen realisiert. Dies ist
vor allem durch die mieternahen Privatisierungsformen erreicht worden, so gingen allein 108.000 Wohnungen an Zwischenerwerber. Die eigentumsorientierten Genossenschaften sind hingegen mit
rund 30.000 Privatisierungen ein deutlich
weniger erfolgreiches Modell, vor allem aufgrund des hohen organisatorischen Aufwandes sowie geringerer
wirtschaftlicher Effekte beim abgebenden
Unternehmen.28
• Hinzu kommen die Privatisierungen von
Wohnungen bzw. der Verkauf an Selbstnutzer. Verkäufe an Selbstnutzer erfolgen
in der Regel insbesondere durch private
Eigentümer (Kapitalanleger).
• Eine weitere wichtige Gruppe sind heute die Bauträger, Investoren und institutionellen Anleger, die in verstärktem Maße
als Zweiteigentümer am Markt auftreten.
Waren die ersten Anlässe der Konkurs der
Neuen Heimat bzw. Privatisierungsauflagen nach dem Altschuldenhilfegesetz, so
werden aktuell vermehrt Bestände von –
oftmals ausländischen – Fonds aus anlagestrategischen Gründen erworben.
Diese Veränderungen in der Eigentümerstruktur wurden bereits im Rahmen eines
Forschungsprojektes aufgearbeitet.29 Danach kann bei den von Transaktionen betroffenen Wohnungen der letzten Jahre auf dem
deutschen Wohnungsmarkt zwischen Baualtersklassen unterschieden werden. Demnach gehören 50 bis 60 % der verkauften
Wohnungen der Baualtersklasse der 50er
und 60er Jahre an. Von den verkauften Wohnungen stammen nur 20 bis 25 % aus den
70er und 80er Jahren. Der größere Teil hiervon sind Wohnungsbestände der 70er Jahre.
Die ermittelten Transaktionen erfolgten insbesondere durch Wohnungsunternehmen
der öffentlichen Hand.
35
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre – Grundlagen
Vor diesem Hintergrund ist die Eigentümerlandschaft bei den 70er und 80er Jahre-Beständen inzwischen ziemlich breit gefächert,
und im Zusammenspiel mit sehr unterschiedliche Entwicklungen auf und innerhalb der lokalen Märkte entsteht eine stark
differenzierte Angebotsstruktur.
Sozialwohnungen
Eng verbunden mit der Eigentümerfrage ist
die Entwicklung der Sozialwohnungen.
Insbesondere die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen waren in Westdeutschland Träger des Sozialwohnungsbaus. Heute
unterliegt immer noch ein großer Teil des
Wohnungsbestandes einer Mietpreis- bzw.
Belegungsbindung. Eine offizielle Statistik
zum Umfang des Sozialwohnungsbestandes
existiert nicht. Im Rahmen einer Untersuchung hierzu wurden für das frühere Bun-
desgebiet für 2003 2,11 Millionen Mietwohnungen mit Sozialbindung ermittelt. Dies
entspricht einem Anteil von 7 % am
Gesamtwohnungsbestand.30
Insgesamt wurde nur ein geringer Teil der
Sozialwohnungen der 70er und 80er Jahre aus der Bindung entlassen.31 Der Schwerpunkt liegt hier bei den Beständen der 50er
und 60er Jahre. Größere Teile der Wohnungen
aus den 70er Jahren werden erst in den nächsten Jahren aus der Bindung entlassen. Demnach bleiben rund 80 % der geförderten Wohnungen der 70er Jahre bis 2009 in der Bindung
und 96 % der Wohnungen aus den 80er Jahren. Im Osten kommen zahlreiche Wohnungen hinzu, die durch Modernisierungskredite oder das Altschuldenhilfegesetz einer Mietpreisbindung und teilweise auch eine Belegungsbindung unterliegen. Diese wird jedoch
in einigen Ländern aufgrund der Marktsituation nicht mehr ausgeübt.
(30)
IWU 2005, S. 11 f.
(31)
Ermittelt wurden diese Anteile
am Beispiel Hamburg und durch
Förderinstitutionen anderer Länder verifiziert, vgl. ARGE 2001,
S. 40 ff.
3
Marktstellung und Investitionen
– Empirische Ergebnisse
Um Hinweise für die Investitionstätigkeiten der Wohnungseigentümer zu ermitteln,
wurde eine bundesweite Befragung durchgeführt. Nachfolgend wird zunächst die Vorgehensweise erläutert, im Anschluss werden
die Ergebnisse dargestellt.
3.1 Eigentümerbefragung
Erhebungsmethode
Auswahl der Befragungsorte
Für die Befragung wurden insgesamt 36 Kommunen ausgewählt. Die Auswahl der Kommunen erfolgte unter Berücksichtigung der
vorher festgelegten Kriterien:
• Wohnungsmarkttyp (nach BBSR-Typen,
s. Tab. 4)
• Ortsgröße
• Bundesland
Bei der Auswahl der Befragungsorte war des
Weiteren zu berücksichtigen, welche Städte
für die Durchführung der Fallstudien ausgewählt werden. Die Auswahl der Befragungsstädte und der Fallstudienorte erfolgte somit
in einem diskursiven Verfahren.
Bei der Auswahl wurde eine Matrix mit den
Kriterien „Ortsgröße“ und „Wohnungsmarkttyp“ zugrunde gelegt (vgl. Tab. 4). Von der vorgesehenen Verteilung (vier bis fünf Kommunen je Feld) wurde hinsichtlich der Ortsgröße
abgewichen, da vergleichsweise wenig geeignete Städte mit weniger als 100.000 Einwoh-
nern gefunden werden konnten. Es befinden
sich zwölf Kommunen mit bis zu 100.000 Einwohnern in der Auswahl. Mit Ingolstadt, Göttingen und Cottbus befinden sich allerdings
drei Kommunen unter den Großstädten, die
die Schwelle zur Großstadtgrenze knapp
überschreiten (Cottbus 105.000, Göttingen
129.000 und Ingolstadt 121.000 , Stand: September 2007).
Als Wohnungsmarkttypen wurden für Westdeutschland die Markttypen des BBSR zugrunde gelegt und für Ostdeutschland eine
Einteilung des IÖR. Demnach befinden sich
jeweils neun Kommunen in strukturstarken
Regionen und Wachstumsregionen, acht
Kommunen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Regionen und zehn Kommunen in
schrumpfenden, altindustrialisierten Regionen. Die Spanne der Ortsgrößen nach Einwohnerzahlen bewegt sich zwischen 49.000
und 1.750.000 Einwohnern.
Wachsende und strukturstarke Markttypen weisen eine positive Bevölkerungsdynamik im Zuge von Wanderungsgewinnen auf. Bei den strukturstarken Märkten ist
diese Wachstumsdynamik etwas geringer als
bei den wachsenden Märkten. Hierbei handelt es sich um die großen Metropolregionen, die über hohe Einpendlerüberschüsse
und einen Zuzug vor allem junger Bewohner
verfügen. Hierzu zählen z. B. Hamburg, Köln
oder Wiesbaden.
Im Gegensatz dazu befinden sich die wachsenden Regionen an den Rändern der großen Agglomerationsräume. Die Städte haben
Tabelle 4
Auswahl Kommunen: Matrix
strukturstarke
Regionen
Wohnungsmarkttyp
Ortsgröße
bis
100.000
Einwohner
100.000
und
mehr
Einwohner
Wachstumsregionen
stagnierende/
schrumpfende
Regionen
schrumpfende,
altindustrialisierte
Regionen
Dormagen
Troisdorf
Arnsberg
Dessau
Freising
Worms
Gießen
Schwerin
Hof
Zwickau
Hanau
Ludwigsburg
Hamburg
Darmstadt
Bremen
Bochum
Köln
Dresden
Göttingen
Cottbus
Leverkusen
Freiburg
Hannover
Dortmund
Wiesbaden
Ingolstadt
Nürnberg
Erfurt
Karlsruhe
Mainz
Wolfsburg
Gelsenkirchen
Quelle: Eigene Darstellung
Osnabrück
Hamm
Potsdam
Magdeburg
37
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
eine Größe bis 300.000 Einwohner und überwiegend eine geringere Anziehungskraft für
Arbeitnehmer und Zuziehende. Hierzu zählen z. B. Darmstadt, Ingolstadt oder Osnabrück. Beide Markttypen – wachsend und
strukturstark – zeichnen sich durch eine
relativ hohe quantitative Nachfrage auf dem
Wohnungsmarkt aus, weshalb die Markttypen für die später folgende Auswertung
auch zusammengefasst werden. Insgesamt
sind fast zwei Millionen Wohnungen der 70er
und 80er Jahre diesem Typ zuzuordnen.
• Soziale Situation, Mieterstrukturen
Bei den stagnierenden bzw. schrumpfenden Regionen handelt es sich um Regionen,
die spätestens seit den 1990er Jahren einen
Strukturwandel durchleben und Bevölkerungsrückgänge verzeichnen. Dies trifft insbesondere auf die altindustrialisierten Regionen z. B. im Ruhrgebiet, aber auch in den
Industrieregionen der östlichen Bundesländer zu.
• Parameter der Entscheidungsgründe
• Belegungs- und Mietpreisbindungen, Auslauf von Bindungen
• Eigentümerstruktur
• Rolle der Förderung
• Aktuelle und geplante Investitionsstrategien und -tätigkeiten (bauliche Veränderung
der Bestände, z. B. Grad der Modernisierung, Veränderung von Wohnungsgrundrissen, Abriss)
• Kooperation der Eigentümer untereinander und mit der Kommune (z. B. Kooperationsvereinbarungen, Programme „Soziale Stadt“/„Stadtumbau“).
Abbildung 12
Befragungs- und Fallstudienorte
Tabelle 4 zeigt die Verteilung der ausgewählten Städte auf die Matrix.
Auf die Bundesländer verteilen sich die Kommunen wie folgt:
• Neun Kommunen befinden sich in
Nordrhein-Westfalen
Schwerin
Hamburg
• Jeweils vier in Niedersachen, Bayern und
Hessen
Bremen
Wolfsburg
• Drei in Baden-Württemberg
• Jeweils zwei in Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen
• Jeweils eine Kommune in MecklenburgVorpommern und Thüringen
• Hinzu kommen die Stadtstaaten Bremen
und Hamburg.
• Nicht berücksichtigt wurden das Saarland,
Schleswig-Holstein und Berlin.
• Aktuelle Markt- und Nachfragesituation
(Vermietbarkeit, Fluktuation, Leerstand
etc.)
• Erwartungen der Eigentümer im Hinblick
auf die Marktentwicklung
Postdam
Cottbus
Dessau
Gelsenkirchen
Dortmund
Bochum
Arnsberg
Dormagen
Leverkusen
Köln
Troisdorf
Göttingen
Erfurt
Dresden
Giessen
Zwickau
Wiesbaden Hanau
Hof
Darmstadt
Nürnberg
Worms
Für die schriftliche Befragung wurde ein
Fragebogen entwickelt, mithilfe dessen Informationen u. a. zu folgenden Aspekten ermittelt werden sollten:
• Art der Bestände (Umfang, Verdichtung,
Lage, Umfeld etc.)
Magdeburg
Hamm
Mainz
Fragebogen
Hannover
Osnabrück
Karlsruhe
Ingolstadt
Ludwigsburg
Freiburg i. Br.
unter 100.000 Einwohner
100.000 Einwohner und mehr
Fallstudienorte
Freising
Quelle: Geobasisinformationen
© Bundesamt für Kartographie
und Geodäsie (www.bkg.bund.de)
Ziel war es, grundlegende Aussagen sowohl
über die Bestandsstrukturen und ihre Entwicklung als auch die Handlungstendenzen
der unterschiedlichen Eigentümergruppen
zu treffen. Der Fragebogen wurde in Abstimmung mit dem Auftraggeber erstellt und gliedert sich in drei Hauptteile:
verbände etc.) erfolgen. Konnte der Kontakt
hergestellt werden, wurde schnell deutlich,
dass eine Herausgabe der Kontaktdaten von
den örtlichen Verbänden aus Datenschutzgründen durchweg abgelehnt wurde. Alternativ wurden daher zwei Verfahrensweisen
bei den Verbänden verfolgt:
• Einen ersten allgemeinen Teil zum Wohnungsbestand des Eigentümers sowie das
Betätigungsfeld.
• Einerseits wurden den regionalen bzw.
lokalen Verbänden Fragebögen und Versandumschläge zur Verfügung gestellt
sowie die Portokosten erstattet, sodass
der Versand durch die Verbände erfolgen
konnte. Hinweise, welche Eigentümer
über entsprechende Bestände der 70er
und 80er Jahre verfügen, liegen allerdings
auch den Verbänden nicht vor.
• Einen Frageteil speziell zu Beständen in
Großwohnsiedlungen der 70er und 80er
Jahre.
• Einen Teil zu kleineren Wohnsiedlungen.
Im Wesentlichen geht es dabei um die Bestimmung der Bestandsstrukturen und die
zu erwartenden Aktivitäten hinsichtlich der
unterschiedlichen Bestände. Bezüglich der
siedlungsstrukturellen Typen wurde eine Unterscheidung zwischen Großwohnsiedlungen und kleineren Wohnsiedlungen vorgenommen. Eine weitere Spezifizierung wurde
für die Durchführung der Befragung als nicht
praktikabel erachtet.
Stichprobe
Mit der Befragung sollten die unterschiedlichen Eigentümergruppen erreicht werden: kommunale bzw. öffentliche Gesellschaften, Genossenschaften und Eigentümer bzw. Gesellschaften der privaten
Wohnungswirtschaft.
Als Ergebnis der Recherche der Wohnungsunternehmen (öffentliche Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften) sind 305
Adressen ermittelt worden. Diese Unternehmen wurden komplett in die Befragung
einbezogen.
Die Gruppe der privaten Eigentümer setzt
sich aus Kleineigentümern, privaten Wohnungsgesellschaften und anderen Unternehmen zusammen. Die Ermittlung der privaten
Eigentümernamen und -adressen sollte neben einer Internetrecherche über die regionalen bzw. lokalen Verbände und Interessenvertretungen (Haus- und GrundeigentümerTabelle 5
Ausgangsstichprobe
• Zum anderen wurden in einigen Fällen
Fragebögen und Versandumschläge zur
Verfügung gestellt und im Rahmen der
üblich stattfindenden Beratungsgespräche durch die Mitarbeiter der Verbände
weitergegeben. Auf diese Weise konnte im
Gespräch geklärt werden, ob die jeweiligen Eigentümer über Bestände der 70er
und 80er Jahre verfügen.
• In zwei Fällen wurde zusätzlich die Befragung in der Mitgliederzeitschrift
angekündigt.
Insgesamt konnte bei zwölf Verbänden erreicht werden, dass sich diese an der Befragung beteiligen. Allerdings wurde in den
ostdeutschen Städten immer wieder darauf
verwiesen, dass sich Wohnungsbestände der
70er und 80er Jahre ausschließlich im Eigentum der Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften befinden und eine Einbeziehung daher nicht zielführend sei.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurden
in einer weiteren Adressenerhebung verstärkt Wohnungsverwaltungen berücksichtigt. In die Stichprobe wurden somit insgesamt 1.674 Kontakte einbezogen, die über eigene Bestände verfügen, die fremd verwalten
bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften
verwalten. Bei den Immobiliengesellschaften kam es häufiger vor, dass ein Unternehmen an verschiedenen Standorten vertreten
war und somit mehrfach in der Stichprobe
zu finden ist.
Feldphase
Öffentliche/kommunale Wohnungsunternehmen
Genossenschaften
83
222
Private Eigentümer
und Verwaltungen
1.674
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Gesamt
1.979
Die Feldphase begann in der letzten Januarwoche 2008 und erstreckte sich bis Ende März
2008, geplant war sie zunächst bis Ende Februar 2008. Verschiedene Rückmeldungen von
39
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Abbildung 13
Gründe für Absagen (N=905)
Angaben in %
Kein Interesse und/oder keine Zeit
49
Keine Bestände der 70er/80er Jahre
23
Zu lang/zu aufwendig
20
Keine Wohnungsbestände
4
Sonstiges
3
Grundsätzlich nicht
1
0
10
20
30
40
50
60
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Unternehmen deuteten jedoch darauf hin,
dass diese z. T. mehr Zeit benötigten. Hinzu
kam, dass einzelne Eigentümerverbände um
eine Rücklaufzeit bis Ende März gebeten hatten. Letztlich wurden bis Mitte April eintreffende Fragebögen berücksichtigt.
Die Angeschriebenen wurden gebeten, den
Fragebogen innerhalb von zwei Wochen zurückzusenden. Mitte Februar wurde daher
damit begonnen, bei den Befragten, von denen bis dahin keine Rückmeldung kam, intensiv telefonisch nachzufassen. Mit dem
telefonischen Nachfassen wurden mehrere
Ziele verfolgt:
• Klärung des Verbleibs des Fragebogens
(Ansprechpartner)
zum
• Motivation
Fragenbogens
Ausfüllen
des
• Klärung, ob Bestände der 70er und 80er
Jahre vorhanden seien
• Klärung möglicher Fragen.
Die telefonische Nachfassaktion erfolgte bei
allen angeschriebenen Eigentümern und Verwaltungen – insgesamt konnte in 905 Fällen
ein Kontakt hergestellt werden. Zusammen
mit den schriftlichen Antworten wurde somit
bei mehr als 55 % der angeschriebenen Adressen eine Rückmeldung eingeholt.
Die Bereitschaft zur Beteiligung an der Befragung war trotz des intensiven telefonischen Nachfassens insgesamt eher verhalten. Zum Teil gab es zwar großes Interesse
an der Studie und den Ergebnissen, oftmals
wurde aber auch eine Teilnahme generell mit
dem Hinweis abgelehnt, dass man sich angesichts der großen Anzahl von Befragungen
außerstande sehe, an allen Untersuchungen
teilzunehmen.
Der größte Teil der Befragten hatte kein Interesse an der Befragung oder verwies auf Zeitmangel. Jeder Fünfte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Fragebogen zu lang
bzw. zu aufwendig sei. Dabei kommt zum
Tragen, dass die Thematik vergleichsweise
komplex ist und es nicht ausreichte, Einschätzungen zu geben, sondern konkrete Daten
abgefragt wurden. Dies führte zu Problemen.
Denn insbesondere kleinere Eigentümer haben ihre Bestandsdaten gar nicht aufbereitet (z. B. nach Baualtersklassen) oder nicht
in einer Form vorliegen, die eine Beantwortung ermöglicht hätte. Insbesondere bei den
Fragen zu Investitionen und deren Volumina
konnte die Aufbereitung mit relativ viel Aufwand verbunden sein. Ebenso konnten vielfach keine differenzierten Angaben z. B. zu
der Art der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen gemacht werden.
Bei rund 23 % erfolgte keine Teilnahme, da
sich keine Wohnungsbestände der 70er und
80er Jahre in dem jeweiligen Portfolio befinden. Weitere 4 % gaben an, gar nicht über
Wohnungsbestände zu verfügen. Hierbei
handelte es sich um Immobilienfirmen, die
z. B. nur Gewerbeobjekte in ihrem Portfolio haben, oder andere Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Immobilienwirtschaft. Hinzu kommen sonstige Gründe
– hierunter fallen z. B. familiäre Gründe oder
andere Umstände, die dazu führten, dass kein
Ansprechpartner erreicht werden konnte.
Struktur des Rücklaufs nach Eigentümern
Der Rücklauf stellt sich unter diesen Annahmen nach Eigentümergruppen wie in
Tab. 6 dar.
Die Struktur des Rücklaufs und die Zusammensetzung der Eigentümerstruktur stellen
sich wie folgt dar:
Hinsichtlich der Wohnungsunternehmen mit
Beteiligungen der öffentlichen Hand und den
Wohnungsgenossenschaften fällt die Ausschöpfung unter den getroffenen Annahmen mit 40 % bzw. 35 % sehr gut aus. Unter
den übrigen privaten Eigentümern und Verwaltungen ist die Quote erwartungsgemäß
geringer. Insgesamt liegt die Nettoausschöpfung bei rund 10 %.
• Insgesamt wurden 1.979 Wohnungsunternehmen, Verwaltungen und Privateigentümer angeschrieben. Davon haben 201
der Angeschriebenen den Fragebogen zurück gesendet. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 10,1 %.
• Von den Befragten, die einen Fragebogen
zurück gesendet haben, verfügen nur rund
57 % über Wohnungsbestände der 70er
und 80er Jahre.
Eigentümerstruktur und Wohnungsbestand
Die Struktur der Befragten (114 ausgewertete
Fragebögen) stellt sich wie folgt dar:
• Die Nettostichprobe lässt sich anhand der
Rückmeldungen derjenigen Eigentümer
hochrechnen, die überhaupt über Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen:
• 38 % der befragten Unternehmen sind
Wohnungsgenossenschaften und weitere 45 % private Eigentümer (auch
WEG-Verwaltung). Bei rund 17 % der
befragten Unternehmen handelt es
sich um öffentliche oder kommunale
Wohnungsunternehmen.
Unter den zurückgesendeten Fragebögen finden sich 43 %, die angegeben haben, nicht
über Bestände der 70er und 80er Jahre zu
verfügen.
• Unter denjenigen, die keinen Fragebogen
zurückgesendet und einen Ablehnungsgrund genannt haben, verwiesen 23 % darauf, dass keine entsprechenden Bestände vorhanden sind. Hinzu kommen die
Stichprobenfehler i. H. v. 4 %. Geht man
davon aus, dass sich unter den Ablehnenden, die keine Begründung angegeben haben, ebenfalls Unternehmen befinden, die
nicht über entsprechende Bestände verfügen, ist ein Anteil von 43 % an allen Befragten durchaus realistisch.
• Die befragten Unternehmen verfügen über
707.750 eigene Wohnungen und 103.300
verwaltete Wohnungen. Insgesamt haben
sie demnach 811.050 Wohnungen in ihren
Beständen.
• Rund 80 % der befragten Unternehmen verfügen über Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen. Zudem verfügt ein Drittel der Befragten über Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre in
Großwohnsiedlungen.
• Die Quote derjenigen, die über Bestände
der 70er und 80er Jahre verfügen, unterscheidet sich zwischen den verschiedenen
Eigentümergruppen. So wird diese Quote
unter den großen Unternehmen deutlich
höher ausfallen, bei privaten, insbesondere kleineren Eigentümern dürfte dieser
Wert deutlich niedriger liegen.
• Auffällig ist, dass die meisten Unternehmen (65 %) über Bestände mit mehr als
1.000 Wohnungen verfügen. In der folgenden Tabelle ist die Eigentümerstruktur der
Wohnungen am angefragten Standort differenziert nach eigenen und verwalteten
Wohnungen dargestellt.
Tabelle 6
Rücklauf nach Eigentümerstruktur
Öffentl./Komm.
Wohnungsunternehmen
Genossenschaften
Private Eigentümer
und Verwaltungen
Gesamt
Angeschrieben
83
222
1.674
1.979
davon mit
Beständen der
70/80er
47
127
954
1.128
verwertbarer
Rücklauf
19
44
51
114
40,4 %
34,7 %
7,8 %
10,1 %
Ausschöpfung
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
41
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Tabelle 7
Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten insgesamt
Öffentl./Komm.
Wohnungsunternehmen
Genossenschaften
Private Eigentümer
und Verwaltungen
Gesamt
bis 50
-
-
11
11
51 –100
-
-
2
2
101–250
-
1
9
10
251–500
-
2
2
4
501–1.000
1
5
7
13
1.001–2.500
1
15
8
24
2.501–5.000
5
9
5
19
Mehr als 5.000
12
12
6
30
Gesamt
19
44
50
113*
Anzahl der WE
* In einem Fall wurde keine Angabe gemacht.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 8
Eigentümer nach Anzahl der Wohneinheiten am Standort
Öffentl./Komm.
Wohnungsunternehmen
Genossenschaften
Private Eigentümer
und Verwaltungen
Gesamt
bis 50
-
-
12
12
51–100
-
-
3
3
101–250
-
2
8
10
251–500
1
1
3
5
501–1.000
1
6
11
18
1.001–2.500
1
14
7
22
2.501–5.000
4
9
2
15
Mehr als 5.000
12
12
3
27
Gesamt
19
44
49
112*
Anzahl der WE
* In zwei Fällen wurden keine Angaben gemacht.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Von den Wohnungsbeständen der Eigentümer und Gesellschaften befinden sich
an den ausgewählten Befragungsstandorten 483.400 eigene und 44.900 verwaltete Wohnungen. Insgesamt verfügen die
Unternehmen dementsprechend über
528.300 Wohnungen an den in die Untersuchung einbezogenen Standorten.
Wichtige Hinweise auf die Aussagekraft
der Befragung gibt die Betrachtung der Anzahl der einbezogenen Wohnungen der
Baujahre 1970 bis 1989. Die Tabellen 9 und
10 geben einen Überblick über die Anzahl
der Wohnungen nach Eigentümern und
Markttypen.
Die Anzahl der Wohnungen aus den 70er
und 80er Jahren beträgt 173.750 (21 % des
Gesamtbestandes der Unternehmen). Davon befinden sich 104.650 Wohnungen (60 %
des 70er und 80er Jahre Bestandes)in Großwohnsiedlungen und 40 % (69.100 Wohnungen) in kleineren Wohnsiedlungen.
Insgesamt wurden mit dieser Befragung
3,4 % der zwischen 1970 und 1989 errichteten Wohnungen in Deutschland erfasst.
Bezogen auf die Befragungsstandorte
ergibt sich eine rechnerische Verteilung von
durchschnittlich knapp 5.000 Wohnungen
je Standort. Bei den nachfolgenden Analysen, die sich auf die Eigentümergruppen
und die Wohnungsmarkttypen beziehen,
ergeben sich jedoch hinsichtlich der
Datenlage methodische Unsicherheiten:
• Nach Eigentümergruppen ergibt sich ein
Schwerpunkt bei den kommunalen Unternehmen. Ein großer Teil der Bestände
befindet sich im Eigentum kommunaler
Gesellschaften aus Ostdeutschland, insbesondere aber auch ostdeutscher Genossenschaften, die in den 70er und 80er Jahren in großem Maß gebaut haben. Insgesamt stellt sich somit die Ausschöpfung bei
den öffentlichen Wohnungsunternehmen
und den Genossenschaften positiv dar.
• Die Ausschöpfung unter den privaten Eigentümern ist erwartungsgemäß gering,
wenngleich die Zahl der Fälle unter den
drei Gruppen mit 51 am höchsten ist. Die
Zahl der erfassten Wohnungen ist mit
14.250 jedoch sehr gering und beträgt nur
8 % der erfassten Bestände. Private Eigentümer oder Verwalter verfügen häufig
über kleinere Bestandszahlen und waren
– im Gegensatz zu den ehemals gemeinnützigen Unternehmen – nicht am Sozialen Wohnungsbau der 70er Jahre beteiligt.
Dies wird besonders deutlich bei dem An-
teil der Wohnungsbestände privater Eigentümer am erfassten Wohnungsbestand in
Großwohnsiedlungen, der nur 1.900 Wohnungen bzw. knapp 2 % beträgt.
• Die Verteilung der Wohnungsbestände nach Markttypen zeigt einen Schwerpunkt in den schrumpfenden Märkten in
Ostdeutschland. Hier finden sich vor allem
die umfangreichen Wohnungsbestände in
den Großwohnsiedlungen. Entsprechend
gering ist der Anteil der Wohnungen in
kleineren Wohnsiedlungen ostdeutscher
Städte mit nur knapp 9.000 bzw. 6.000
Wohnungen. In Großsiedlungen in westdeutschen schrumpfenden Märkten sind
hingegen nur 3.430 Wohnungen erfasst.
Vor diesem Hintergrund sind die folgenden
Betrachtungen nach Markttypen und Eigentümergruppen an diesen benannten Stellen
mit dem Hintergrund zu betrachten, dass
zum einen die Anzahl der Fälle in ostdeutschen Marktregionen sehr klein ist und einzelne Angaben von Eigentümern mit um-
Tabelle 9
Anzahl Wohneinheiten nach Eigentümern
Öffentl./Komm.
Wohnungsunternehmen
Genossenschaften
Private Eigentümer
und Verwaltungen
Gesamt
im Bestand der
Unternehmen
301.900
181.750
327.400
811.050
am jeweiligen
Befragungsort
297.500
176.800
54.000
528.300
der 70er und
80er Jahre
85.600
73.900
14.250
173.750
davon in Großwohnsiedlungen
51.450
51.300
1.900
104.650
davon in kleineren
Wohnsiedlungen
34.150
22.600
12.350
69.100
19
44
51
114
Anzahl Wohnungen
Fälle (n=)
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 10
Anzahl Wohneinheiten nach Markttypen
West
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
Stagnierend/wachsend
Gesamt
der 70er und 80er Jahre
17.620
54.230
71.540
30.360
173.750
davon in Großwohnsiedlungen
3.430
13.640
62.790
24.800
104.650
davon in kleineren Wohnsiedlungen
14.190
40.590
8.750
5.560
69.100
42
48
16
8
114
Anzahl Wohnungen
Fälle (n=)
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
43
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
fangreichen Beständen auch große Auswirkungen auf die Ergebnisse haben. Zum
anderen ist die Zahl der erfassten Bestände privater Eigentümer sehr gering, sodass
Aussagen hierzu Tendenzen aufzeigen, im
Detail jedoch keine ausreichend fundierte
Basis haben.
Mietpreis- und Belegungsbindungen
Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen
Das Auslaufen dieser Bindungen hat zumindest in den Städten Westdeutschlands deutliche Auswirkungen auf die Versorgung von
Nachfragergruppen mit geringem Einkommen. In den folgenden fünf Jahren (2008 bis
2012) werden 7 % der Wohnungen ihre Mietpreisbindung verlieren und frei am Markt gehandelt. In den darauf folgenden fünf Jahren
werden weitere 34 % aus den Mietpreisbindungen fallen. Somit werden bis 2017 41 %
der heute preisgebundenen Wohnungen frei
auf dem Markt verfügbar sein. (vgl. Tab. 11)
Von den befragten Eigentümern und Verwaltern verfügt ein Drittel über Wohnungen in
Großwohnsiedlungen. Insgesamt ergibt sich
daraus ein Bestand von rund 105.000 Wohnungen. Der überwiegende Teil der Wohnungsbestände (67 %) entstammt den Baujahren 1970 bis 1980. Die in den 80er Jahren
errichteten Wohnungen machen nur einen
Anteil von einem Drittel aus.
Dies spiegelt auf den ersten Blick den Verlauf der Bautätigkeit in den 70er und 80er
Jahren in Deutschland sehr gut wider, da der
Schwerpunkt der Baufertigstellungen mit
62 % in den 70er Jahren lag – in Westdeutschland insbesondere in der ersten Hälfte der 70er
Jahre. Allerdings liegt hier ein deutliches Übergewicht bei den Beständen aus Ostdeutschland vor. Die hohe Bautätigkeit der 70er Jahre
in Westdeutschland wird hier nur auf niedrigem Niveau abgebildet. (vgl. Abb. 14)
Bei einer Betrachtung der Bestände nach den
jeweiligen Standorten wird deutlich, dass es
sich bei den erfassten Wohnungen zum überwiegenden Teil um Plattenbaustandorte, wie
Magdeburg oder Dessau, handelt.
Rund 58 % der Unternehmen mit Wohnungen in Großwohnsiedlungen verfügen über
Wohnungen mit Belegungs- oder Mietpreisbindungen.32 Insgesamt handelt es sich dabei
um einen Anteil von 21 % aller erfassten Wohnungen in Großwohnsiedlungen.
Zu den Mietpreisanpassungen haben fast
ausschließlich kommunale bzw. öffentliche
Unternehmen Angaben gemacht. Danach ist
zu erwarten, dass 20 % der Wohnungen preislich angepasst werden. Von Mietpreisanpassungen betroffen sind fast ausschließlich
Wohnungen in wachsenden bzw. strukturstarken Märkten in Westdeutschland: insgesamt 60 % der Wohnungen in diesen Märkten
in Großwohnsiedlungen werden demnach
eine Mietpreissteigerung erfahren. Weitere
Maßnahmen wie Verkauf, Privatisierung oder
anderes wurden kaum als Schritte nach dem
Auslaufen einer Belegungs- oder Mietpreisbindung genannt.
Abbildung 14
Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen nach Baualter und Ost- und Westdeutschland
Anzahl
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
1970
1975
Ostdeutschland
1980
Westdeutschland
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
1985
1989
(32)
Während in Westdeutschland
Mietpreis- und Belegungsbindungen in der Regel im Zuge
der sozialen Wohnraumförderung entstanden sind, handelt
es sich in Ostdeutschland großteils um Mietpreisbindungen im
Zuge von Modernisierungsförderungen. Diese Bindungen haben
eine geringere Laufzeit und haben nicht zwangsläufig zur Folge, dass diese Wohnungen zum
preiswerten Wohnungssegment
zu zählen sind.
Tabelle 11
Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen
Anzahl Wohnungen
Anteil an Wohnungen mit
Mietpreis-/Belegungsbindung
2008 bis 2012
2013 bis 2017
nach 2017
1.442
6.748
11.572
7%
34 %
59 %
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Um festzustellen, welche Folgen dies tatsächlich für die Wohnungsmärkte hat, wurde gefragt, welche Strategien mit diesen Beständen verfolgt werden. Zwölf von 38 Befragten
(32 %) gaben an, dass nach einem Wegfall der
Mietpreisbindung die Mieten an das Marktniveau angepasst werden.
Insgesamt ist damit etwa die Hälfte der gebundenen Bestände in Großwohnsiedlungen betroffen. Daraus ergibt sich, dass rund
10 % des gesamten erhobenen Bestandes in
Großwohnsiedlungen nach Auslaufen der
Bindungen eine Mietpreisanpassung erfahren werden. Diese Preisanpassungen erfolgen fast ausschließlich durch kommunale bzw. öffentliche Wohnungsgesellschaften
(93 %). Mietpreiserhöhungspotenziale sehen
die Eigentümer vor allem in wachsenden bzw.
strukturstarken Märkten. Dort werden 60 %
der betroffenen Bestände angepasst.
Die Befürchtung, dass die betroffenen Wohnungsbestände sogar verkauft oder privatisiert werden, bestätigt sich zumindest bei
den Großwohnsiedlungen nicht. Solche
Maßnahmen wurden nicht von den Befragten benannt. Fragen zu Bestandsveräußerungen werden allerdings erfahrungsgemäß von
den Eigentümern nur sehr zurückhaltend beantwortet. Hinzu kommt, dass Verwaltungen
in der Regel keine langfristigen Informationen über Veräußerungspläne der Eigentümer haben.
Marktsituation und Mietniveau
Die Marktsituation für Großwohnsiedlungen
wird insgesamt eher ungünstig eingeschätzt.
Rund zwei Drittel der Befragten erkennen Angebotsüberhänge in den Quartieren. Die zukünftige Marktsituation wird sogar noch etwas schlechter eingeschätzt.
Immerhin jeder Zehnte sieht in Großwohnsiedlungen eine viel größere Nachfrage nach
Wohnungen als angeboten werden. Dies ist
z. B. von Unternehmen aus den Städten
Hamburg, Göttingen, Ingolstadt und Karlsruhe geäußert worden.
Abbildung 15
Marktsituation in Großwohnsiedlungen (in % der befragten Vermieter (N=35))
Die Nachfrage ist...
Angaben in %
12
viel größer als das Angebot
9
6
etwas größer als das Angebot
9
15
etwa so groß wie das Angebot
9
32
etwas geringer als das Angebot
41
35
viel geringer als das Angebot
32
0
10
aktuell
20
zukünftig
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
30
40
50
45
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Abbildung 16
Marktsituation in Großwohnsiedlungen (in % am Wohnungsbestand (N= 98.719 WE))
Die Nachfrage ist...
Angaben in %
3
viel größer als das Angebot
2
1
etwas größer als das Angebot
2
10
etwa so groß wie das Angebot
10
37
etwas geringer als das Angebot
54
49
viel geringer als das Angebot
32
0
20
aktuell
40
60
80
100
zukünftig
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Bezogen auf die Wohnungsbestände, über
die die jeweiligen Eigentümer verfügen, bedeutet dies, dass bei derzeit rund der Hälfte
der Wohnungen das Angebot viel größer eingeschätzt wird als die Nachfrage.
Die Vermieter wurden gefragt, welchem
Mietniveau sie ihre Bestände der 70er und
80er Jahre in Relation zum lokalen Mietniveau zuordnen würden. Überwiegend ordnen die Befragten die Wohnungsbestände in
Großwohnsiedlungen dem „mittelpreisigen“
Marktsegment zu (58 %). 39 % sehen diese
Beständen im preiswerten Segment. Nur
3 % der Befragten sehen die Bestände im
„höherpreisigen“ Segment. Für „hochpreisig“ hält keiner der Befragten die Bestände
in Großwohnsiedlungen. (vgl. Abb. 17)
auf dem mittelpreisigen Bereich. Je nach
Wohnungsmarkttyp werden 70–95 % der
Wohnungsbestände dem mittelpreisigen
Segment zugeordnet (vgl. Tab. 12). Preiswerte
Bestände befinden sich demnach zu größeren
Teilen in den Märkten mit höherer Nachfrage in
Ost- und Westdeutschland. Im Unterschied
zu den Beständen in kleineren Wohnsiedlungen gibt es praktisch keine höherpreisigen Bestände.
Abbildung 17
Mietniveau* der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=36)
höherpreisig (3%)
preiswert (39%)
Rund 60 % der Vermieter ordnen ihre Wohnungsbestände ohne Mietpreisbindung der
Mietpreisspanne von 4 €–5 €/m² nettokalt
zu. Bei jeder fünften Wohnung liegt der Mietpreis für die Netto-Kalt-Miete unter 4 €. Im
oberen Bereich gibt es vereinzelt Nennungen
ab 6 € und höher.
Für die Wohnungen mit Mietpreisbindung
ergeben sich nur leichte Abweichungen.
Auffällig ist, dass nur jeder zehnte Vermieter über Wohnungen mit Mietpreisbindung
verfügt, die im preiswerten Bereich unter
4 €/m² nettokalt liegen.
Bezogen auf den Wohnungsbestand zeigt
sich ein noch deutlicherer Schwerpunkt
mittelpreisig (58%)
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Eigentümerbefragung 2008
*Netto-Kalt-Miete, die Einstufung in die Kategorien erfolgte durch subjektive Einschätzungen entsprechend der
jeweiligen Marktlage.
Leerstand
Der Leerstand in Großwohnsiedlungen ist im
mittleren und preiswerten Mietpreissegment
vorherrschend. 11,3 % aller preiswerten Wohnungen der Befragten stehen leer. Im Bereich
des mittleren Preissegmentes sind es 9,7 %.
Insgesamt standen zwischen 2005 und 2007
9,6 % der Wohnungen länger als drei Monate leer. Dieser Leerstand tritt neben den
schrumpfenden und stagnierenden Regionen
auch in den Wachstumsregionen auf.
Die Gründe für Leerstände liegen nach Einschätzung der Befragten insbesondere in der
Marktsituation und dem Wohnumfeld. Jeweils ein Viertel der Befragten sieht dies als
sehr bedeutend bei der Beurteilung der Leerstände an. Hinzu kommen Probleme mit der
Nachbarschaft. Bauliche Gründe, wie ein geringer Modernisierungsgrad oder die Wohnungsgrundrisse und -größen, folgen mit jeweils 36 % der Nennungen (vgl. Abb. 18).
Das Ergebnis der hohen Leerstandsquote in
den Wachstumsregionen liegt vor allem in
der hohen Leerstandsquote in Dresden von
16,7 % begründet. In den anderen befragten
Städten der Wachstumsregionen liegen die
Leerstandsquoten zwischen 0,3 % und 4,9 %.
Tabelle 12
Markteinschätzung in Großwohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen
West
Stagnierend/
schrumpfend
Preiswert
Hochpreisig
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
557
3.759
1.225
5.998
%
16
29
2
24
2.868
9.267
59.679
18.808
84
71
95
76
%
Höherpreisig
Wachsend/
strukturstark
WE
WE
Mittel
Eher untergeordnet sind mögliche Emissionsbelastungen oder die Lage und Erreichbarkeit der Großwohnsiedlungen. Keine oder
nur eine geringe Rolle spielen Leerzüge wegen baulicher Maßnahmen wie Rückbau oder
Modernisierungen.
Ost
WE
Vor allem Wohnungsgenossenschaften in
Westdeutschland gaben an, dass die ungünstige Marktsituation weniger bedeutend/unbedeutend als Grund für Leerstände ist. Diese befragten Unternehmen sehen
die Gründe des Leerstandes eher im schlechten Wohnumfeld, Nachbarschaftsproblemen
und im geringen Modernisierungsgrad der
Wohnungen.
1.884
%
3
WE
%
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 18
Gründe für Leerstand in Großwohnsiedlungen
Angaben in %
ungünstige Marktsituation
23
schlechtes Wohnumfeld
23
27
ungünstige Wohnungsgrößen
/Grundrisse
32
11
Leerzug wegen Rückbau
15
8
Leerzug wegen Modernisierung
32
N =28
32
32
N =25
63
N =27
31
42
4
N =26
N =26
69
40
sehr bedeutend
N =26
42
1 19
0
N =27
32
46
16
hohe Emissionen
N =26
26
11
23
ungünstige Lage/Erreichbarkeit
16
33
29
4
N =26
42
30
7
geringer Modernisierungsgrad
42
19
11
Nachbarschaftsprobleme
8
bedeutend
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
60
weniger bedeutend
80
unbedeutend
100
47
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Vorwiegend Wohnungsgenossenschaften
schätzen die Wirtschaftlichkeit als gut ein.
Einschätzung der Wohnungsbestände
Für mehr als ein Drittel der Befragten, vor allem Wohnungsgenossenschaften, ist die Vermietbarkeit der Wohnungen der 70er und
80er Jahre in Großwohnsiedlungen gegenüber anderen Wohnungen „schlecht“ oder
„eher schlecht“. Demgegenüber werden der
bauliche Zustand und der energetische Zustand nur von jeweils 11 % der Befragten als
„eher schlecht“ eingestuft, was darauf hindeutet, dass die vergleichsweise schlechte
Vermietbarkeit auf andere Faktoren zurück
zu führen ist. Immerhin zwei Drittel der Bestände werden positiv eingeschätzt.
Zur Veranschaulichung werden in einer weiteren Auswertung die Einschätzungen, unterteilt nach Markttypen und Eigentümergruppen, in Form von Noten dargestellt.
Eher schlechte Beurteilungen erhalten die
Wohnungsbestände vor allem in stagnierenden bzw. schrumpfenden Märkten in Westdeutschland. Dort werden alle vier Aspekte
am ungünstigsten beurteilt. Günstiger fallen
die Beurteilungen in Ostdeutschland aus.
Insbesondere beim baulichen und energetischen Zustand ergibt sich ein deutlicher
Unterschied zwischen stagnierenden/
schrumpfenden Märkten in Westdeutschland
und stagnierenden/wachsenden Märkten in
Ostdeutschland. In Ostdeutschland werden
die Bestände deutlich besser beurteilt.
Die Wirtschaftlichkeit der Wohnungen wird
insgesamt eher positiv gesehen. 42 % beurteilen diese als „gut“ bzw. „sehr gut“ und die
Hälfte der Befragten als durchschnittlich.
Tabelle 13
Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (Durchschnittsnoten)*
West
Aspekte
Öffentl./Komm. WU
Wirtschaftlichkeit
Vermietbarkeit
Baulicher
Zustand
Energetischer
Zustand
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
3,5
2,7
2,6
2,6
2,1
Genossenschaften
Private Eigentümer
3,5
2,8
Gesamt
3,5
2,6
2,3
Öffentl./Komm. WU
3,5
3,8
3,2
2,0
2,9
Genossenschaften
4,0
3,3
Gesamt
3,8
3,1
3,0
Öffentl./Komm. WU
3,5
3,5
2,8
2,7
2,5
3,5
3,1
Gesamt
3,5
3,1
2,6
Öffentl./Komm. WU
3,0
3,3
2,6
2,7
2,4
Private Eigentümer
3,5
3,1
Gesamt
3,3
2,9
* 1= sehr gut; 2 = gut; 3 = durchschnittlich; 4 = eher schlecht; 5 = schlecht
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
2,6
3,5
2,0
Private Eigentümer
Genossenschaften
2,8
2,0
Private Eigentümer
Genossenschaften
Stagnierend/
wachsend
3,2
2,3
2,0
2,2
2,5
1,0
2,5
2,2
Abbildung 19
Einschätzung der Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=36)
Angaben in %
Wirtschaftlichkeit
8
Energetischer Zustand
3
Vermietbarkeit
3
baulicher Zustand
34
50
39
47
22
39
28
0
11
33
61
20
sehr gut
8
40
gut
durchschnittlich
3
11
60
eher schlecht
80
100
schlecht
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Investitionen
Unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen wurden von den Befragten in den vergangenen fünf Jahren Investitionen in Höhe
von 395,7 Mio. € bei rund 80 % der Wohnungen getätigt. Das gesamte Investitionsvolumen verteilt sich auf die Maßnahmenbereiche wie folgt:
• Instandhaltungsmaßnahmen: 164 Mio.
€ bzw. 3.200 € je Wohnung. Rund 80 %
der Befragten haben bei 49 % der Wohnungen Maßnahmen zur Instandhaltung
durchgeführt.
• Modernisierungsmaßnahmen: 160 Mio.
€ bzw. 9.100 € je Wohnung. Knapp 70 %
der Befragten haben 17 % der Wohnungen
modernisiert.
• Wohnumfeldmaßnahmen: 17,5 Mio. €
bzw. 1.250 € je Wohnung. 60 % der Befragten haben entsprechende Maßnahmen in
rund 13 % der Wohnungen durchgeführt.
• Abriss bzw. Teilrückbau: 32,2 Mio. € bzw.
2.600 € je Wohnung. Rund 25 % der Befragten investierte in den letzten fünf Jahren in
den Rückbau von 12.500 Wohnungen.
• Grundrissveränderungen: 2,1 Mio. € bzw.
11.400 € je Wohnung. Jedes fünfte befragte
Unternehmen hat Grundrissänderungen
vorgenommen. Davon waren allerdings
nur 0,2 % der Wohnungen betroffen.
Da nicht jedes Unternehmen das Volumen der
Investitionen und die Anzahl der betroffenen
Wohnungen zuordnen konnte, ergibt sich eine
Differenz von 19,9 Mio. €, die keinem Maßnahmenbereich zugeordnet werden können.
Für die nächsten fünf Jahre sind nach Angaben der Befragten nur insgesamt 297 Mio. €
für Investitionstätigkeiten vorgesehen. Rund
70 % der Wohnungen werden davon betroffen sein, dabei werden voraussichtlich im
Durchschnitt rund 4.100 € je Wohnung investiert. Wohnumfeldmaßnahmen wollen
nur 30 % der Befragten zukünftig durchführen. Für die Modernisierung von Wohnungen
planen die befragten Unternehmen Investitionen von rund 11.400 €, für den Rückbau
sind es 1.100 € je Wohnung. Instandhaltungsmaßnahmen werden mit insgesamt
174 Mio. € kalkuliert, das bedeutet je Wohnung eine Summe von 4.100 €.
Die Mehrzahl der Befragten hält den Gebäudezustand an sich für das bedeutendste
Argument für Modernisierungsmaßnahmen –
82 % gaben dies an. Eine wichtige Rolle spielt
auch die Energiebilanz. Für 38 % der Eigentümer spielt die Behebung des Leerstandes die
wichtigste Rolle bei der Durchführung von
Maßnahmen. Die Steigerung von Mieteinnahmen im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen spielt eine weniger wichtige Rolle.
Diese Angaben deuten darauf hin, dass
nicht die Aufwertung der Wohnungsbestände und damit die Erzielung höherer
Mieten das primäre Ziel ist, sondern die
Wahrung oder Herstellung der Marktgängigkeit der Wohnungen.
49
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Die Aufschlüsselung der durchgeführten Investitionen in den Zeiträumen 2003 bis 2007
und 2008 bis 2012 nach der Anzahl der Wohnungen wird in den nachfolgenden Tabellen
14 bis 16 dargestellt. Die Analyse erfolgt für
die insgesamt erfassten Bestände nach den
Eigentümergruppen und den Wohnungsmarkttypen. Zusammengefasst zeigen sich
folgende Tendenzen:
• Bei rund der Hälfte der Wohnungsbestände wurden im Zeitraum 2003 bis 2007
Instandhaltungsmaßnahmen
durchgeführt. Modernisierungen wurden bei
17 % der Wohnungsbestände durchgeführt
(vgl. Tab. 14).
Abbildung 20
Investitionen in die Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen (N=38)
Angaben in %
82
Instandhaltung
66
68
Modernisierung
55
60
Wohnumfeldmaßnahmen
34
26
Abriss/Teilrückbau
24
21
Umbau/Zusammenlegung
16
0
20
40
60
in den letzten 5 Jahren
80
100
in den nächsten 5 Jahren
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 21
Gründe für Investitionen in Großwohnsiedlungen (N=38)
Angaben in %
Gebäudezustand
29
ungünstige Energiebilanz
53
17
Behebung Wohnungsleerstand
55
38
Steigerung der Mieteinnahmen
7
Ausnutzen von Fördermitteln
11
19
37
18
0
14
12
20
sehr bedeutend
26
39
40
bedeutend
60
weniger bedeutend
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
17
31
30
25
4
18
80
100
unbedeutend
• Bei den privaten Eigentümern liegt der
nahmen spielen bei den privaten Eigentümern offenbar keine Rolle. Zukünftig sind
laut Befragung praktisch keine konkreten
Modernisierungsmaßnahmen geplant.
Schwerpunkt der Investitionen auf Instandhaltungsmaßnahmen. 80 % der Bestände wurden in der Vergangenheit Instandhaltungsmaßnahmen unterzogen,
• Die größten Aktivitäten bei Modernisierungsmaßnahmen zeigen die Wohnungsgenossenschaften, die bei fast je-
nur jede fünfte Wohnung wurde modernisiert (vgl. Tab. 15). Alle weiteren Maß-
Tabelle 14
Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Gesamt
2003 bis 2007
2008 bis 2012
51.377
42.060
49
40
17.513
7.041
17
7
14.014
9.200
13
9
12.487
14.439
%
12
14
WE
1
5
%
0
0
185
301
0
0
WE
Instandhaltung
%
WE
Modernisierung
%
Wohnumfeldmaßnahmen
WE
%
WE
Abriss/Teilrückbau
Dachgeschossausbau/
Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
WE
%
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 15
Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
2003 bis 2007
Instandhaltung
Modernisierung
Wohnumfeldmaßnahmen
Abriss/Teilrückbau
Dachgeschossausbau/Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
WE
Öff./kom.
WU
Genossenschaft
Private
Eigentümer
Öff./kom.
WU
Genossenschaft
Private
Eigentümer
23.686
26.180
1.511
20.124
20.606
1.330
46
51
80
39
40
71
5.534
11.645
334
951
6.083
7
11
23
18
2
12
0
5.346
8.665
3
1.754
7.446
10
17
0
3
15
8.034
4.453
3.159
11.280
16
9
6
22
%
WE
%
WE
%
WE
2008 bis 2012
%
WE
1
5
%
0
0
WE
21
156
8
105
188
8
%
0
0
0
0
0
0
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
51
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
der vierten Wohnung Maßnahmen
durchgeführt haben. Gleiches gilt für
Wohnumfeldmaßnahmen.
nommen, je nach Markttyp zu 32 % bzw.
25 %, in Ostdeutschland sind es 14 % bzw.
15 % (vgl. Tab. 16).
• Modernisierungen werden in etwas stärkerem Maß in Westdeutschland vorge-
• Der Rückbau von Wohnungen erfolgte in der Vergangenheit in erster Linie
Tabelle 16
Investitionen in die Wohnungsbestände der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
1.100
WE
Instandhaltung
WE
WE
Schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
8.746
28.523
13.008
1.488
9.972
21.030
9.570
32
64
45
52
43
73
33
39
1.088
3.423
9.451
3.551
204
607
4.663
1.567
32
25
15
14
6
4
7
6
1.068
2.340
9.136
1.470
1.268
772
7.160
31
17
15
6
37
6
11
11.617
870
14.131
308
19
4
23
1
%
WE
Abriss/Teilrückbau
%
Dachgeschossausbau/Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
%
Wohnumfeldmaßnahmen
West
Stagnierend/
wachsend
%
Modernisierung
Ost
WE
1
5
%
0
0
WE
14
1
35
%
135
28
1
1
85
1
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 22
Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in Großwohnsiedlungen (N=38)
Angaben in %
Austausch Fenster
53
40
Wärdedämmung Dach/Fassade
37
Erneuerung Sanitäranlagen
34
47
37
37
37
Modernisierung Treppenhaus
Erneuerung Heizungsanlage
32
26
Erneuerung Elektroinstallation
29
24
Balkonanbau
26
16
Umbau/Zusammenlegung
18
Herstellung Barrierefreiheit
13
Einbau Heizungssystem
8
0
10
24
16
11
20
in den letzten 5 Jahren
30
40
in den nächsten 5 Jahren
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
50
188
60
durch kommunale Wohnungsgesellschaften – rund zwei Drittel der rückgebauten
Bestände wurden durch kommunale Gesellschaften abgerissen. Zukünftig planen
jedoch Genossenschaften in höherem Umfang Rückbaumaßnahmen. Insgesamt findet Rückbau nur in Ostdeutschland statt.
• Umbauten und Zusammenlegungen werden in geringem Maß von den Genossenschaften und den öffentlichen Unternehmen durchgeführt, ohne dass hier größere
Mengeneffekte erreicht werden.
Bei der Einordnung dieser Ergebnisse ist zu
berücksichtigen, dass die hier betrachtete Datenbasis zum Teil sehr gering ausfällt.
Insbesondere für Westdeutschland liegt mit
rund 17.000 Wohnungen eine relativ geringe
Grundgesamtheit vor (vgl. Tab. 10).
Tabelle 17
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der
Großwohnsiedlungen – Gesamt
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
Erneuerung
Heizungsanlage
Einbau
Heizungssystem
Erneuerung der
Sanitäranlagen
Austausch der
Fenster
Elektroinstallation
Modernisierung
Treppenhaus
Wärmedämmung
Dach/Fassade
Balkonanbau
Barrierefreiheit
sonstige Modernisierungsmaßnahmen
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
2003 bis 2007
2008 bis 2012
350
458
0
0
3.677
4.682
4
4
108
180
0
0
5.859
1.652
6
2
9.399
2.578
9
2
4.606
6.454
4
6
3.114
4.390
3
4
8.972
2.739
9
3
1.965
1.155
2
1
1.105
230
1
0
3.023
471
3
0
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Modernisierungsmaßnahmen
Bei der Betrachtung der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen wird ein Schwerpunkt
bei den Fenstern und den Wärmedämmungen deutlich:
• Die Mehrheit der Befragten hat in den
vergangenen fünf Jahren Maßnahmen an
den Fenstern vorgenommen (vgl. Abb. 22).
53 % der Wohnungsanbieter haben bei
rund 9 % der Wohnungen die Fenster ausgetauscht. Bei ebenso vielen Wohnungen
wurden Maßnahmen zur Wärmedämmung vorgenommen. Sanitäranlagen sowie Heizungsanlagen wurden bei rund 6 %
bzw. 3,5 % der Wohnungen erneuert.
• Für den Zeitraum 2008 bis 2012 ist zu erwarten, dass bezogen auf den Wohnungsbestand vor allem Elektroinstallationen,
Heizungsanlagen und die Treppenhäuser
Gegenstand der Modernisierungstätigkeiten werden (vgl. Tab. 17).
• Unter den Eigentümergruppen sind es vor
allem die Genossenschaften, die energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle
vornehmen (Austausch Fenster, Wärmedämmung) (vgl. Tab. 18). Nach Markttypen sind es insbesondere die Regionen
im Westen, in denen in größerem Umfang
Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden (vgl. Tab. 19).
Mieterstruktur
Die Eigentümer und Verwalter wurden nach
der vorherrschenden Mieterstruktur in den
jeweiligen Wohnungsbeständen befragt.
Dazu wurden jeweils der Anteil einzelner
Haushaltstypen und deren zukünftige Entwicklung abgefragt. Die vorgegebenen Haushaltstypen wurden anhand von Merkmalen
gebildet, die sich teilweise überschneiden
können, die unterschiedlichen Typen jedoch
am besten wiedergeben:
• Laut Aussage der Befragten leben in Großwohnsiedlungen zu einem überdurchschnittlichen Anteil einkommensschwache Haushalte (70 %) und Haushalte mit
Migrationshintergrund (44 %).
• 87 % der befragten Unternehmen gaben
an, dass einkommensstarke Haushalte unterdurchschnittlich häufig in Großwohnsiedlungen leben. Ebenso sind Wohngemeinschaften (72 %) kaum vorhanden.
Aber auch Starterhaushalte mit ein bis
zwei Personen unter 30 Jahren sind nach
Ansicht von 41 % der Befragten unterdurchschnittlich vertreten.
53
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Tabelle 18
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der
Großwohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
2003 bis 2007
Öff./kom.
WU
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
325
30
428
0
1
0
1
3.200
476
1
350
4.132
200
6
1
0
1
8
11
106
2
176
Einbau
Heizungssystem
Erneuerung der
Sanitäranlagen
WE
Austausch
der Fenster
WE
%
%
2.172
%
WE
WE
Wärmedämmung
Dach/Fassade
WE
0
526
0
1.122
4
7
1
1
2
0
6.594
71
1.230
734
614
5
13
4
2
1
33
1.810
2.765
31
350
6.100
4
4
5
2
1
12
0
990
2.108
16
3.456
934
2
4
1
7
2
2.157
6.579
236
800
1.736
203
4
13
13
2
3
11
547
1.418
276
879
%
%
WE
0
17
4
%
Modernisierung
Treppenhaus
0
3.670
4
2.734
%
sonstige Modernisierungsmaßnahmen
Private
Eigentümer
Genossenschaft
25
WE
Barrierefreiheit
Öff./kom.
WU
%
WE
Balkonanbau
Private
Eigentümer
WE
Erneuerung
Heizungsanlage
Elektroinstallation
Genossenschaft
2008 bis 2012
%
1
3
1
2
WE
18
1.087
152
78
%
0
2
0
0
WE
2.673
350
61
410
5
19
0
1
%
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 23
Aktuelle Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen
Angaben in %
einkommensschwache Haushalte
70
Haushalte mit Migrationshintergrund
22
44
41
24
Haushalte mit Kindern
1−2−Personenhaushalte 30−75 J.
12
Wohngemeinschaften
1−2−Personenhaushalte unter 30 J.
N=30
N=29
28
16
72
52
N=25
N=29
41
13
0
N=29
10
55
7
einkommensstarke Haushalte
17
67
17
1−2−Personenhaushalte über 75 J.
N=27
15
59
23
N=27
8
N=23
87
20
überdurchschnittlich
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
40
60
durchschnittlich
80
100
unterdurchschnittlich
Tabelle 19
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der Großwohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Stagnierend/
schrumpfend
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
WE
Erneuerung
Heizungsanlage
WE
Einbau
Heizungssystem
WE
Erneuerung der
Sanitäranlagen
WE
Austausch
der Fenster
WE
Elektroinstallation
Ost
Wachsend/
strukturstark
45
0
Stagnierend/
schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
Schrumpfend
10
%
West
295
Ost
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
20
Stagnierend/
wachsend
25
413
0
1
1
0
2
1.143
838
1.660
36
200
218
3.914
350
33
6
3
0
6
2
6
1
176
440
800
%
108
4
0
1
0
1
191
398
204
208
%
%
2.590
2.680
6
3
4
11
6
2
1
3
766
1.266
1.767
5.600
754
714
530
580
5
%
22
9
3
23
22
WE
216
15
2.385
1.990
204
6
0
4
8
6
%
1
2
2.250
4.000
0
4
16
Modernisierung
Treppenhaus
WE
666
158
390
1.900
650
750
2.680
310
%
19
1
1
8
19
5
4
1
Wärmedämmung
Dach/Fassade
WE
300
1.814
2.935
3.923
600
449
850
840
9
13
5
16
18
3
1
3
397
865
703
375
760
20
3
%
WE
Balkonanbau
Barrierefreiheit
sonstigen Modernisierungsmaßnahmen
%
3
1
3
1
0
WE
1
1.059
45
152
78
%
0
2
0
0
0
1.190
1.833
161
310
9
3
0
1
WE
%
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 24
Zukünftige Mieterstruktur in Großwohnsiedlungen
Angaben in %
76
einkommensschwache Haushalte
21
64
1−2−Personenhaushalte über 75 J.
1−2−Personenhaushalte 30−75 J.
18
45
1−2−Personenhaushalte unter 30 J.
15
Haushalte mit Kindern
14
4
einkommensstarke Haushalte
53
77
57
0
20
nimmt zu
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
3
N=29
4
N=27
11
N=28
8
N=26
N=28
29
35
N=26
61
40
bleibt gleich
60
N=29
N=28
55
36
Wohngemeinschaften
18
52
41
Haushalte mit Migrationshintergrund
3
80
nimmt ab
100
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
• Nach Einschätzung von drei Viertel der
befragten Unternehmen wird die Zahl
der einkommensschwachen Haushalte
in Großwohnsiedlungen auch in der Zukunft noch weiter ansteigen. Ebenso sehen
64 % eine deutliche Zunahme der Senioren-Haushalte.
• Zudem sind 61 % der Befragten der
Meinung, dass die Zahl der einkommensstarken Haushalte rückläufig ist.
Wohnungsbestände in kleineren
Wohnsiedlungen
Insgesamt 71 % der befragten Unternehmen verfügen über Wohnungsbestände in
kleineren Wohnsiedlungen. Dabei wurden
69.100 Wohnungen erfasst. Bei der Betrachtung der Baualtersklassen der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen ist eine
ähnliche Verteilung wie bei den Wohnungsbeständen in Großwohnsiedlungen erkennbar (vgl. Abb. 14), wobei Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen deutlich häufiger
in Westdeutschland errichtet wurden als in
Ostdeutschland.
Der Schwerpunkt der Bautätigkeit liegt in den
frühen 70er Jahren, eine zweite Phase Anfang
bis Mitte der 80er Jahre. Auch hier sind die
meisten Wohnungsbestände zwischen 1970
und 1980 erbaut worden (vgl. Abb. 25). Ein Anstieg ist in der ersten Hälfte der 80er Jahre erkennbar, der vor allem auf die Bautätigkeit in
Westdeutschland zurückzuführen ist. Ein zeitlicher Zusammenhang besteht hier mit Steuersparmodellen, die Anfang der 1980er Jahre
genutzt worden sind und sich indirekt stimulierend auf die Wohnungsbautätigkeit des frei
finanzierten Sektors ausgewirkt haben. 33
Mietpreis- und Belegungsbindungen
• Gut die Hälfte (52 %) der Unternehmen,
die Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen haben, verfügen dort über
Wohnungen mit Belegungs- oder Mietpreisbindungen. Mit rund 30.650 ist die
Zahl dieser preisgebundenen Wohnungen
deutlich größer als in den Großwohnsiedlungen mit rund 21.500 Wohnungen. Der
Anteil an dem gesamten Wohnungsbestand in den kleineren Wohnsiedlungen
ist ebenfalls mit 47 % höher als in den
Großwohnsiedlungen mit 21 %.
• In dem Zeitraum 2008 bis 2012 werden
9 % der Wohnungen, die Mietpreis- bzw.
Belegungsbindung besitzen, auslaufen
und dem Markt zur Verfügung stehen. In
den darauf folgenden fünf Jahren werden
55
weitere 15 % aus den Mietpreisbindungen
fallen. Das Gros der Wohnungen mit Mietpreisbindung wird jedoch erst nach 2017
die Bindung verlieren.
• Mietpreisanpassungen werden zukünftig
zu großen Teilen durch kommunale bzw.
öffentliche Unternehmen erfolgen. Danach ist zu erwarten, dass knapp 60 % der
Wohnungen preislich angepasst werden.
• Von Mietpreisanpassungen betroffen sind
fast ausschließlich Wohnungen in wachsenden Märkten in Westdeutschland: insgesamt
60 % der Wohnungen in diesen Märkten in
Großwohnsiedlungen werden demnach
eine Mietpreissteigerung erfahren.
• Weitere Maßnahmen wie Verkauf, Privatisierung oder andere wurden kaum als
Schritte nach dem Auslaufen einer Belegungs- oder Mietpreisbindung genannt.
Marktsituation
Die Verteilung des in die Befragung einbezogenen Wohnungsbestandes nach Markttypen zeigt ein Übergewicht bei den strukturstarken Regionen (52 %). Rund ein Viertel
der Wohnungen befindet sich in schrumpfenden Regionen, während sich 13 % in Wachstumsregionen und 12 % in stagnierenden
bzw. schrumpfenden Regionen befinden.
Die Marktsituation wird aktuell wie auch zukünftig überwiegend als ausgeglichen gesehen. Diese Einschätzung teilen 37 % der
Befragten. Jeweils ein Viertel der Befragten schätzt die Nachfrage etwas größer bzw.
etwas geringer als das Angebot ein. Erwartungsgemäß wird die Nachfrage in strukturstarken Regionen sowohl aktuell als auch
zukünftig als größer eingeschätzt als das
Angebot und in schrumpfenden Märkten
kleiner als das Angebot. (vgl. Abb. 26)
Von Eigentümern aus den Städten Hamburg, Ingolstadt, Karlsruhe und Schwerin
wird für die Zukunft ein Angebotsdefizit prognostiziert, während in Bremen, Darmstadt,
Dessau, Dortmund, Dresden und Osnabrück Angebotsüberhänge erwartet werden.
Einige Eigentümer sehen dabei eine zunehmende Verlagerung zu unausgeglichenen Marktsituationen, wie deutliche Überoder Unterangebote an Wohnungen auf dem
lokalen Wohnungsmarkt.
Die Unternehmen wurden danach befragt,
welchem Marktsegment sie ihre Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre zuordnen
würden. 70 % der Unternehmen sehen ihre
Bestände im „mittelpreisigen“ Marktsegment,
(33)
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(Hrsg.): Wohnungspolitik nach
dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe
„Forschung“, Bonn 1990, S. 363.
Vgl. Kap. 2.2.
56
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Abbildung 25
Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen getrennt nach Baualter und Ost- und Westdeutschland
Anzahl
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
1970
1975
1980
1985
1989
Westdeutschland
Ostdeutschland
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 26
Marktsituation aktuell und zukünftig in kleineren Wohnsiedlungen
(in % an den befragten Vermietern (N=76, aktuell; N=70, zukünftig))
Die Nachfrage ist...
Angaben in %
4
viel größer als das Angebot
7
26
etwas größer als das Angebot
23
37
etwa so groß wie das Angebot
37
25
etwas geringer als das Angebot
23
8
viel geringer als das Angebot
10
0
10
zukünftig
20
30
40
50
aktuell
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 20
Auslaufen der Belegungs- und Mietpreisbindungen in kleineren Wohnsiedlungen
Anzahl Wohnungen
Anteil an Wohnungen mit
Mietpreis-/Belegungsbindung
2008 bis 2012
2013 bis 2017
nach 2017
2.800
4.900
23.200
9%
15 %
76 %
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
57
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
weitere 21 % werden zu den „preiswerten“
gezählt. Nur 8 % der Befragten sehen die Bestände im „höherpreisigen“ Segment. Für
„hochpreisig“ hält nur 1 % der Befragten die
Bestände in den kleineren Wohnsiedlungen
(vgl. Abb. 27).
Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen ordneten ihre Bestände ohne Mietpreisbindung in die Mietpreisspannen
4,00–5,00 €/m² nettokalt (36 %) und
5,00–6,00 €/m² nettokalt (40 %) ein. Mit Mietpreisbindung verlagert sich die Preisspanne
eher zu 4,00–5,00 €/m² nettokalt (60 %).
Damit ordnet ein geringerer Teil der Vermieter die Wohnungsbestände in kleineren
Abbildung 27
Mietniveau* der Wohnungsbestände in kleineren
Wohnsiedlungen (N=76)
hochpreisig (1%)
höherpreisig (8%)
preiswert (21%)
mittelpreisig (70%)
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Eigentümerbefragung 2008
*Netto-Kalt-Miete, die Einstufung in die Kategorien erfolgte durch subjektive Einschätzungen entsprechend der
jeweiligen Marktlage.
Wohnsiedlungen dem preiswerten Segment
zu als bei Großwohnsiedlungen. Hier liegt zudem der Großteil der Wohnungen ohne Bindungen im Bereich zwischen 4,00–5,00 €/m²
nettokalt, zum Teil sogar darunter. In der
Tendenz ist die Marktsegmentzuordnung differenzierter. Zwischen den Unternehmenskategorien ist kein signifikanter Unterschied
erkennbar, sodass sich kein Hinweis auf eine
spezifische Mietpreispolitik bestimmter
Eigentümergruppen findet.
Leerstand
In den vergangenen zwei Jahren (2006 und
2007) standen insgesamt 1.150 Wohnungen
länger als drei Monate leer. Dies entspricht
einem Anteil von rund 1,6 % am Gesamtwohnungsbestand in den kleineren Wohnsiedlungen. Dies ist gegenüber den Großwohnsiedlungen mit 9,6 % Leerstand ein weitaus geringerer Anteil. Die höchste Leerstandsquote
liegt mit 5,7 % in den „Wachstumsregionen“
vor. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich
97 % des gesamten Leerstandes in Dresden
befindet. In den Wohnungsmarkttypen „stagnierende und schrumpfende Region“ und
„schrumpfende Region“ liegt die Leerstandsquote bei 0,8 % bzw. 3,5 %. Strukturstarke Regionen haben mit 0,2 % Leerstand am gesamten Wohnungsbestand den geringsten Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen.
Bei der Betrachtung der Gründe für Leerstand
lassen sich nur geringe Ausprägungen erkennen. Leerstand im Zuge von Abriss oder Modernisierungen spielt kaum eine Rolle, ebenso die Belastung durch Emissionen. Wichtiger
sind hingegen eine ungünstige Erreichbarkeit
der Wohnungsbestände, ein geringer Modernisierungsgrad derWohnungen, nicht markt-
Tabelle 21
Markteinschätzung in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen
West
Preiswert
Mittel
Höherpreisig
Hochpreisig
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
1.371
6.704
58
148
10
17
1
2
11.909
32.622
5.385
5.370
%
84
82
92
97
WE
830
291
427
44
6
1
7
1
WE
%
WE
%
Schrumpfend
WE
%
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Stagnierend/
wachsend
gerechte Wohnungsgrößen oder -grundrisse
sowie das Wohnumfeld und Nachbarschaftsprobleme. Im Vergleich zu der Situation in
Großwohnsiedlungen spielt die Marktsituation eine untergeordnete Rolle, zumal die
Hälfte der Befragten dies als unbedeutend erachtet (vgl. Abb. 28).
Einschätzung der Wohnungsbestände
Die Vermietbarkeit der Wohnungen wird insgesamt eher positiv gesehen. 58 % beurteilen
diese als „gut“ bzw. „sehr gut“ und weitere
Tabelle 22
Leerstandsquoten in kleineren Wohnsiedlungen nach Wohnungsmarkttypen und
Ost- und Westdeutschland
Wohnungsmarkttyp
Westdeutschland
Ostdeutschland
Deutschland
insgesamt
Leerstandsquote
Stagnierend/schrumpfend
2,3 %
Wachsend/strukturstark
0,2 %
Insgesamt
0,8 %
Schrumpfend
2,8 %
Stagnierend/wachsend
8,1 %
Insgesamt
4,9 %
Stagnierend/schrumpfend;
Schrumpfend
2,5 %
Wachsend/strukturstark;
Stagnierend/wachsend
1,2 %
Insgesamt
1,6 %
32 % der Befragten als durchschnittlich. Auch
die Wirtschaftlichkeit wird vielfach positiv
eingeschätzt. 44 % der Befragten Unternehmen gaben an, dass diese „gut“ sei, weitere
44 % beurteilten sie durchschnittlich. Fast
ein Viertel der Befragten beurteilt den energetischen Zustand der Wohnungen der 70er
und 80er Jahre in kleineren Wohnsiedlungen
gegenüber sonstigen Wohnungen als
„schlecht“ oder „eher schlecht“. (vgl. Abb. 29)
Investitionen und Förderungen
Unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen wurden von den Befragten in den
vergangenen fünf Jahren Investitionen in
Höhe von 392 Mio. € bei rund 60 % der
Wohnungen getätigt. Das gesamte Investitionsvolumen verteilt sich auf die Maßnahmenbereiche wie folgt:
• Instandhaltungsmaßnahmen: 223 Mio.
€ bzw. 7.650 € je Wohnung. Rund 73 %
der Befragten haben bei 42 % der Wohnungen Maßnahmen zur Instandhaltung
durchgeführt.
• Modernisierungsmaßnahmen: 129 Mio. €
bzw. 13.800 € je Wohnung. Knapp 60 %
der Befragten haben 14 % der Wohnungen
modernisiert.
• Wohnumfeldmaßnahmen: 24 Mio. € bzw.
6.600 € je Wohnung. 25 % der Befragten
haben entsprechende Maßnahmen in
rund 5 % der Wohnungen durchgeführt.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 28
Gründe für Leerstand in kleineren Wohnsiedlungen
Angaben in %
schlechtes Wohnumfeld
6
39
geringer Modernisierungsgrad
8
34
ungünstige Wohnungsgrößen/Grundrisse
7
35
Nachbarschaftsprobleme 4
33
24
6
18
Leerzug wegen Modernisierung
4
22
0
N=52
25
42
sehr bedeutend
bedeutend
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
60
weniger bedeutend
N=52
N=50
N=51
74
40
N=52
N=51
47
76
20
N=57
N=51
25
37
Leerzug wegen Rückbau
25
31
38
21
hohe Emissionen
N=51
19
28
27
ungünstige Marktsituation 4
24
39
37
10
ungünstige Lage/Erreichbarkeit
31
80
unbedeutend
100
59
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Abbildung 29
Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen im Vergleich
zu sonstigen Beständen (N=77)
Angaben in %
Vermietbarkeit
10
baulicher Zustand
48
3
energetischer Zustand
32
36
1
52
29
Wirtschaftlichkeit
47
44
0
9
sehr gut
40
gut
6
3
21
2
44
20
11
60
durchschnittlich
80
eher schlecht
1
1
100
schlecht
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 23
Einschätzung der Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen (Durchschnittsnoten)*
West
Markttyp
Aspekte
Wirtschaftlichkeit
Vermietbarkeit
Baulicher
Zustand
Energetischer
Zustand
Unternehmen
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
Öffentl./Komm. WU
2,5
2,4
2,5
3,0
Genossenschaften
2,8
2,7
2,7
2,6
Private Eigentümer
2,5
3,0
4,0
2,0
Gesamt
2,6
2,8
2,9
2,4
Öffentl./Komm. WU
2,5
1,8
2,7
2,7
Genossenschaften
2,6
2,2
2,8
1,8
Private Eigentümer
2,6
2,6
4,0
2,0
Gesamt
2,6
2,3
2,9
1,8
Öffentl./Komm. WU
2,5
2,4
2,7
2,7
Genossenschaften
2,7
2,7
2,8
2,3
Private Eigentümer
2,6
2,9
5,0
3,0
Gesamt
2,6
2,7
3,0
2,4
Öffentl./Komm. WU
2,4
2,4
2,7
2,7
Genossenschaften
3,0
3,1
3,2
2,5
Private Eigentümer
3,0
3,3
5,0
2,0
Gesamt
2,8
3,1
3,2
2,4
* 1= sehr gut; 2 = gut; 3 = durchschnittlich; 4 = eher schlecht; 5 = schlecht
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
• Abriss bzw. Teilrückbau: 5,5 Mio. € bzw.
3.600 € je Wohnung. Rund 4 % der Befragten investierte in den letzten fünf Jahren in
den Rückbau von 1.550 Wohnungen.
In Zukunft sind vor allem Instandhaltungsund Modernisierungsmaßnahmen geplant.
Mehr als die Hälfte der Befragten plant entsprechende Maßnahmen:
• Grundrissveränderungen: 4,5 Mio. € bzw.
23.700 € je Wohnung. 5 % der befragten
Unternehmen haben Grundrissänderungen vorgenommen. Davon waren allerdings nur 200 Wohnungen betroffen.
• Instandsetzungen: 78 Mio. € bzw. 7.200 €
je Wohnung bei 16 % der Wohnungen.
• Modernisierungen: 69 Mio. € bzw. 11.700 €
je Wohnung bei 9 % der Wohnungen.
Abbildung 30
Investitionen in die Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen (N=81)
Angaben in %
73
Instandsetzung
57
59
Modernisierung
52
25
Wohnumfeldmaßnahmen
20
7
Dachgeschossausbau
3
5
Umbau/Zusammenlegung
4
4
Abriss/Teilrückbau
4
0
20
40
in den letzten 5 Jahren
60
80
100
in den nächsten 5 Jahren
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 31
Gründe für Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen
Angaben in %
Gebäudezustand
32
ungünstige Energiebilanz
52
17
54
8
Steigerung der Mieteinnahmen
7
Ausnutzen von Fördermitteln
0
21
39
18
Behebung Wohnungsleerstand
14
19
28
20
sehr bedeutend
8
42
26
11
37
35
30
40
bedeutend
2
60
weniger bedeutend
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
80
100
unbedeutend
61
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
• Abriss und Teilrückbau: 9,5 Mio. €
bzw. 23.750 € je Wohnung 0,6 % der
Wohnungen
ment für Modernisierungsmaßnahmen. Dies
gaben 82 % an. In der Rangfolge der meisten
Zustimmungen folgt die Energiebilanz der
Gebäude. Für jeden fünften Vermieter ist die
Behebung des Leerstandes sehr wichtig, demgegenüber spielt dies für 37 % gar keine Rolle. Hauptsächlich Genossenschaften und
Private Eigentümer halten die Behebung des
Leerstandes für (sehr) bedeutend. Erwartungsgemäß handelt es sich hierbei um schrumpfende Wohnungsmarktregionen, die sich
jedoch in Westdeutschland befinden.
• Umbaumaßnahmen: 1,5 Mio. € bzw.
50.000 € je Wohnung bei insgesamt
30 Wohnungen
• Dachgeschossausbau bzw. die Aufstockung: 200.000 € je Wohnung bei lediglich 14 Wohnungen.
Die Mehrzahl der Befragten hält den Gebäudezustand an sich für das bedeutendste Argu-
Abbildung 32
Gründe für nicht durchgeführte Investitionen in kleineren Wohnsiedlungen
Angaben in %
Gebäudezustand
32
nicht refinanzierbar
45
7
63
fehlendes Eigenkapital
17
fehlende Förderungen
keine Unterstützung
durch Banken
Verkauf geplant
14
14
14
14
8
30
36
36
32
40
69
69
19
20
0
sehr bedeutend
10
30
16
4
10
20
23
15
Abriss geplant
13
40
60
bedeutend
80
weniger bedeutend
100
unbedeutend
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 24
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Gesamt
Instandhaltung
Modernisierung
Wohnumfeldmaßnahmen
Abriss/
Teilrückbau
Dachgeschossausbau/
Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
2003 bis 2007
2008 bis 2012
29.158
10.787
42
16
9.325
5.885
13
9
3.651
2.975
5
4
1.556
397
2
1
126
14
0
0
192
30
0
0
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Sofern keine Maßnahmen durchgeführt worden sind, wird dies überwiegend mit einem
zufriedenstellenden Gebäudezustand begründet. Ein sehr großer Teil von 70 % verweist allerdings auch darauf, dass entsprechende
Maßnahmen nicht refinanzierbar seien.
41 % der Wohnungsanbieter haben bei
rund 4 % der Wohnungen die Fenster ausgetauscht. 40 % der Befragten gaben an, die
Sanitäranlagen modernisiert zu haben, davon waren ebenfalls rund 4 % der Wohnungen betroffen.
Investitionen
Auch bei der Aufschlüsselung nach Wohneinheiten zeigt sich, dass Maßnahmen an
der Gebäudehülle eine wichtige Rolle spielen. Bezogen auf die Wohneinheiten sind
Maßnahmen an den Heizungsanlagen sowie den Elektroanlagen ebenso wichtig (vgl.
Tab. 27). Die meisten Maßnahmen werden
auch in kleineren Wohnsiedlungen von Wohnungsgenossenschaften durchgeführt. Dies
wird voraussichtlich auch zukünftig so bleiben (vgl. Tab. 28). Untergliedert nach Wohnungsmarkttypen zeigt sich in einzelnen Bereichen eine rege Tätigkeit in schrumpfenden Märkten (Sanitäranlagen und Elektroinstallationen jeweils mehr als 10 %). In diesem
Feld ist allerdings nur eine geringe Anzahl an
Eigentümern befragt worden.
Auch bei der Aufschlüsselung der Maßnahmen nach Wohnungsbeständen zeigt sich ein
deutliches Übergewicht bei den Instandhaltungsmaßnahmen. Modernisierungsmaßnahmen werden insbesondere von kommunalen
Unternehmen und Wohnungsgenossenschaften durchgeführt.
In den letzten fünf Jahren wurde von 43 % der
Unternehmen die Wärmedämmung an Dach
und Fassade erneuert. (vgl. Abb. 33) Diese Maßnahme betraf 4.400 Wohnungen mit
einem Gesamtinvestitionsvolumen von
19,5 Mio. € (4.450 € je Wohnung). Weitere
42 % der befragten Unternehmen haben in
den letzten fünf Jahren die bestehenden Heizungsanlagen erneuert. Diese Maßnahme betraf insgesamt 3.200 Wohnungen und kostete
insgesamt 6,7 Mio. € (2.100 € je Wohnung).
Abbildung 33
Durchgeführte und geplante Modernisierungsmaßnahmen in kleineren Wohnsiedlungen (N=81)
Angaben in %
43
42
Wärmedämmung Dach/Fassade
42
Erneuerung Heizungsanlage
31
41
Austausch Fenster
30
40
Erneuerung Sanitäranlagen
31
31
Modernisierung Treppenhaus
25
27
Erneuerung Elektroinstallation
25
21
Balkonanbau
16
17
16
Einbau Heizungssystem
11
10
Umbau/Zusammenlegung
5
Herstellung Barrierefreiheit
9
0
10
in den letzten 5 Jahren
20
in den nächsten 5 Jahren
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
30
40
50
63
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Tabelle 25
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Unternehmenskategorien
2003 bis 2007
Instandhaltung
Modernisierung
Wohnumfeldmaßnahmen
Abriss/Teilrückbau
Dachgeschossausbau/Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
WE
Öff./kom.
WU
Genossenschaft
Private
Eigentümer
Öff./kom.
WU
Genossenschaft
18.947
8.833
1.378
4.900
4.973
914
55
39
11
14
22
7
4.798
3.991
536
442
4.621
822
14
18
4
1
20
7
1.380
1.844
427
1.318
1.657
4
8
3
4
7
1.231
325
385
12
4
1
1
0
%
WE
%
WE
%
WE
2008 bis 2012
%
WE
22
104
14
%
0
1
0
WE
%
192
30
1
0
Private
Eigentümer
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Tabelle 26
Investitionen in die Wohnungsbestände der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Instandhaltung
Modernisierung
Wohnumfeldmaßnahmen
Abriss/Teilrückbau
Dachgeschossausbau/Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
2.518
%
WE
West
Ost
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
17.845
6.027
2.768
2.578
3.663
3.939
607
18
44
69
50
18
9
45
11
729
5.221
2.893
482
1.452
856
2.000
1.577
5
13
33
9
10
2
23
28
561
1.929
798
363
1.425
50
1.500
4
5
9
7
10
0
17
WE
30
1.231
295
129
268
%
0
14
5
1
3
WE
%
WE
%
WE
124
2
14
%
1
0
0
WE
12
160
20
30
%
0
0
0
0
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Stagnierend/
wachsend
Tabelle 27
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren
Wohnsiedlungen – Gesamt
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
2003 bis 2007
Grundrissänderung/ Zusammenlegung
WE
452
%
Erneuerung
Heizungsanlage
WE
Einbau
Heizungssystem
WE
1
3.213
1.722
5
2
1.127
666
%
WE
2
1
2.473
2.468
4
4
2.738
1.617
%
WE
Austausch der Fenster
%
WE
Elektroinstallation
4
2
2.440
2.796
%
WE
Modernisierung Treppenhaus
4
4
1.482
685
%
WE
Wärmedämmung Dach/Fassade
2
1
4.424
2.286
6
3
891
578
1
1
208
176
%
WE
Balkonanbau
%
WE
Barrierefreiheit
%
sonstigen Modernisierungsmaßnahmen
WE
844
1
%
Erneuerung der Sanitäranlagen
2008 bis 2012
0
0
1.860
594
3
1
%
Mehrfachnennungen sind möglich.
Tabelle 28
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen
– Unternehmenskategorien
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
2003 bis 2007
Öff./kom.
WU
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
WE
%
Erneuerung
Heizungsanlage
WE
Einbau
Heizungssystem
WE
Erneuerung der
Sanitäranlagen
WE
Austausch
der Fenster
WE
Elektroinstallation
Balkonanbau
Barrierefreiheit
sonstigen Modernisierungsmaßnahmen
844
2
4
437
400
883
4
1
4
4
176
771
180
556
110
1
3
1
240
2.198
35
474
439
2
1
1.964
30
1
10
0
1
9
0
498
2.085
155
700
788
129
1
9
1
2
3
1
100
2.240
100
200
2.526
70
0
10
1
1
11
1
160
1.110
212
100
285
300
%
Wärmedämmung
Dach/Fassade
452
Private
Eigentümer
11
%
WE
Genossenschaft
2.498
%
Modernisierung
Treppenhaus
Öff./kom.
WU
1
%
WE
Private
Eigentümer
278
%
WE
Genossenschaft
2008 bis 2012
%
0
5
2
0
1
2
344
3.790
290
244
1.708
334
1
8
3
%
WE
%
WE
%
WE
%
Mehrfachnennungen sind möglich.
1
17
2
876
15
578
4
0
3
148
60
24
152
1
0
0
1
1.675
185
74
275
245
7
1
0
1
2
65
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Tabelle 29
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der kleineren Wohnsiedlungen – Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Stagnierend/
schrumpfend
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
Erneuerung
Heizungsanlage
Einbau
Heizungssystem
Erneuerung der
Sanitäranlagen
Austausch
der Fenster
Elektroinstallation
Modernisierung
Treppenhaus
Wärmedämmung
Dach/Fassade
Balkonanbau
Barrierefreiheit
sonstigen Modernisierungsmaßnahmen
Ost
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
West
Stagnierend/
wachsend
Stagnierend/
schrumpfend
Ost
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
172
260
20
184
50
30
580
1
1
0
1
0
0
10
699
2.374
140
851
871
5
6
2
6
2
381
427
319
516
150
3
1
6
4
0
641
652
1.180
824
534
1.110
5
2
13
6
1
13
792
1.444
183
319
1.140
445
32
6
4
2
6
8
1
0
568
450
1.083
339
637
300
1.000
859
4
1
12
6
4
1
11
15
247
1.131
100
4
445
140
100
2
3
1
0
3
0
1
797
2.977
183
467
641
997
500
148
6
7
2
8
5
2
6
3
194
215
163
319
180
228
170
1
1
2
6
1
1
2
148
60
52
124
%
1
0
0
0
WE
1
1.407
83
369
183
386
25
%
0
3
1
7
1
1
0
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
Mehrfachnennungen sind möglich.
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Mieterstruktur
Im Gegensatz zu den Großwohnsiedlungen
findet sich bei den Wohnungen in kleineren Wohnsiedlungen kein deutliches Übergewicht an einkommensschwachen Haushalten. Nur 25 % der Befragten Vermieter
schätzen den Anteil als „überdurchschnittlich“ ein. Demgegenüber findet sich bei der
Hälfte der Nennungen die Einschätzung, dass
der Anteil der einkommensstarken Haushalte durchschnittlich ist.
Es zeigt sich, dass der Anteil kleiner Haushalte mit ein oder zwei Personen ab 30 Jahren in vielen Wohnungsbeständen überdurchschnittlich ist (35 % bzw. 27 %). Haushalte mit Migrationshintergrund sind bei
37 % der Befragten unterdurchschnittlich vertreten. Die Mieterstruktur wird sich nach Ansicht der überwiegenden Zahl der Befragten
zukünftig dahingehend verändern, dass es
mehr einkommensschwache Haushalte (57
%) und mehr Seniorenhaushalte (55 %) geben wird.
Abbildung 34
Aktuelle Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen
Angaben in %
35
1−2−Personenhaushalte 30−75 J.
62
27
1−2−Personenhaushalte über 75 J.
einkommensschwache Haushalte
45
25
Haushalte mit Migrationshintergrund
12
1−2−Personenhaushalte unter 30 J.
11
Haushalte mit Kindern
28
58
17
51
37
63
7
26
66
einkommensstarke Haushalte 2
27
51
47
14
Wohngemeinschaften
3
86
0
20
40
überdurchschnittlich
60
80
durchschnittlich
100
unterdurchschnittlich
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 35
Zukünftige Mieterstruktur in kleineren Wohnsiedlungen
Angaben in %
35
1−2−Personenhaushalte 30−75 J.
62
27
1−2−Personenhaushalte über 75 J.
einkommensschwache Haushalte
45
25
Haushalte mit Migrationshintergrund
12
1−2−Personenhaushalte unter 30 J.
11
Haushalte mit Kindern
28
58
37
63
26
66
einkommensstarke Haushalte 2
27
51
47
14
0
17
51
7
Wohngemeinschaften
3
86
20
40
überdurchschnittlich
60
durchschnittlich
80
100
unterdurchschnittlich
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Fazit Eigentümerbefragung
Ausgewählte Ergebnisse
• Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der
Wohnungsbestände aus den 70er und 80er
Jahren fällt in allen Siedlungstypen relativ
gut aus. 88 % bzw. 92 % halten diese für
„durchschnittlich“ bzw. „gut“ oder sogar
„sehr gut“. Obwohl den Großwohnsiedlungen von mehr als einem Drittel der
Vermieter eine eher schlechte Vermietbarkeit attestiert wird, fällt die Beurteilung der
Wirtschaftlichkeit nur bei 8 % der Vermieter „eher schlecht“ aus.
• Die Leerstandsproblematik ist bei den Beständen in Großwohnsiedlungen deutlich
stärker ausgeprägt. Die Quote liegt hier bei
10 %, in kleineren Wohnsiedlungen unter
2 %. Während bei den Großwohnsiedlungen insbesondere die jeweilige Marktsituation für Leerstände verantwortlich
gemacht wird, spielen in kleineren Wohnsiedlungen eher die Erreichbarkeit und
das Wohnumfeld eine Rolle. Hinzu kommen in beiden Siedlungstypen Hinweise
auf Nachbarschaftsprobleme oder auch
wohnungs-bezogene Defizite, wie den
Modernisierungsgrad oder die Wohnungsgrößen bzw. -grundrisse.
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
• Die betrachteten Wohnungsbestände
werden zum jeweils überwiegenden Teil
dem mittelpreisigen Marktsegment zugeordnet. Dabei haben sie aber auch eine
wichtige Funktion bei der Versorgung mit
preiswertem Wohnraum: 39 % der Befragten ordnen die Wohnungen in Großwohnsiedlungen dem preiswerten Segment zu,
21 % bei den kleineren Wohnsiedlungen.
Gleichzeitig werden nur bei 3 % bzw. 9 %
der Befragten die Wohnungen dem „höher-“ bzw. „hochpreisigen“ Segment zugeordnet. Inwieweit die Bestände der 70er
und 80er Jahre tatsächlich auch in höherpreisigen Segmenten eine Rolle spielen,
sollte in den folgenden Untersuchungsschritten näher geprüft werden.
• Die Versorgungsfunktion der Wohnungsbestände ergibt sich auch aus der Betrachtung der Mietpreisbindungen. Rund die
Hälfte des Wohnungsbestandes in den
kleineren Wohnsiedlungen ist noch preisgebunden, in den Großwohnsiedlungen
noch jede fünfte Wohnung. In den nächsten fünf Jahren werden 9 % bzw. 7 % der
Wohnung ihre Bindung verlieren, bis 2017
werden es jeweils 24 % bzw. 3% sein.
• Insgesamt wird die Marktsituation für
Wohnungsbestände in Großwohnsiedlungen schlechter eingestuft als in
kleineren Wohnsiedlungen. Hier schätzt
die überwiegende Zahl der Vermieter
die Nachfrage geringer ein als das Angebot. In kleineren Wohnsiedlungen fällt
die Beurteilung ausgeglichener aus.
Hierbei besteht ein enger Zusammenhang mit der jeweiligen Ausgangslage in
den lokalen Märkten, da es sich bei den
Großwohnsiedlungen überwiegend um
schrumpf-ende bzw. stagnierende Märkte handelt.
• Ein Großteil der Investitionen in die Wohnungsbestände der vergangenen Jahre
wurde für Instandhaltungsmaßnahmen
aufgewendet, gefolgt von Modernisierungen und Wohnumfeldmaßnahmen. Letztere spielen insbesondere in den Großwohnsiedlungen eine wichtige Rolle.
• Zu den wichtigsten Modernisierungsmaßnahmen zählen in Großwohnsiedlungen
das Austauschen der Fenster sowie Dämmungsmaßnahmen an der Fassade und
am Dach. Hinzu kommen die Erneuerung
der Sanitäranlagen sowie die Modernisierung von Treppenhäusern. In kleineren
Wohnsiedlungen spielt die Erneuerung der
Heizungsanlage eine besondere Rolle.
• Zukünftig sind laut Befragung insgesamt
weniger Modernisierungsmaßnahmen
zu erwarten, was aller Wahrscheinlichkeit nach aber auch auf das Antwortverhalten der Befragten zurückzuführen ist.
Eine wichtige Rolle werden dabei weiterhin Wärmedämmungen sowie Maßnahmen im Sanitärbereich spielen. Vor allem Genossenschaften planen vielfach
Maßnahmen.
Schlussfolgerungen zur Methodik
Bei der Eigentümer- bzw. Vermieterbefragung
ergeben sich hinsichtlich der Ausschöpfung
verschiedene Unschärfen:
• Die Repräsentativität ist angesichts des
relativ geringen Rücklaufs insbesondere
bei differenzierten Auswertungen eingeschränkt. Besonders bei untergeordneten
Auswertungen nach Markttypen oder Eigentümergruppen macht sich dies deutlich bemerkbar.
• Es gibt zudem hinsichtlich des Rücklaufs
deutliche
Unterschiede
zwischen
Eigentümergruppen. Die öffentlichen
Unternehmen und die Wohnungsgenossenschaften sind deutlich überrepräsentiert. Erfahrungsgemäß ist die Teilnahmebereitschaft bei den Unternehmen, die ihr
Kerngeschäft in der Wohnungsvermietung
haben, am größten. Private Wohnungsunternehmen sind dementsprechend deutlich unterrepräsentiert.
• Probleme beim Rücklauf gab es dann
vor allem aufgrund der Komplexität
des Themas und des umfangreichen
Fragebogens.
3.2 Bewohnerbefragung
Um die aus den Investitionsprozessen resultierenden Folgen für die Bewohner in die Bewertung einbeziehen zu können, wurde an
vier ausgewählten Fallstudienstandorten
eine qualitativ orientierte Bewohnerbefragung durchgeführt.
Erhebungsmethode
Im Rahmen der Befragung wurden die aus
den Investitionsprozessen resultierenden
Folgen für die Bewohner ermittelt, indem
verschiedene Aspekte im Hinblick auf den
Wohnungsbestand und die Wohnzufriedenheit abgefragt wurden. Dabei ging es insbesondere um die folgenden Themen:
• Wohnzufriedenheit, soziales Klima
67
• Bewertung durchgeführter baulicher und
sozialer Maßnahmen
• Mietenentwicklung
• Umzugspläne
• Soziodemographische Merkmale (Alter,
Bezug von Transfereinkommen etc.).
Tabelle 30
Wohndauer (Anteile in Prozent)
< 2 Jahre
8
2 bis < 5 Jahre
16
5 bis < 10 Jahre
19
10 bis < 20 Jahre
28
20 Jahre und mehr
29
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 31
Wohnungsgröße (Anteile in Prozent)
bis < 45 m2
3
45 m2 bis < 60 m2
21
60 m2 bis < 75 m2
28
75 m2 bis < 90 m
41
2
90 m2 bis < 120 m
7
2
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 32
Anzahl der Zimmer
(Anteile in Prozent; inkl. halbe Zimmer, aber ohne
Küche und Bad)
1 Zimmer
2
2 Zimmer
27
3 Zimmer
54
4 und mehr Zimmer
17
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 33
Haushaltsgröße (Anteile in Prozent)
Befragte
Deutschland*
1 Person
21
39
2 Personen
43
34
3 Personen
19
13
4 Personen
10
10
5 Personen
2
Mehr als 5 Personen
6
4
* Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur
der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Die Bewohnerbefragung wurde an vier Fallstudienstandorten als qualitativ orientierte
Befragung durchgeführt. Es wurden folgende Standorte ausgewählt:
• Hamburg/Allermöhe Ost: Großsiedlung
der 80er Jahre, sozialer Wohnungsbau;
strukturstarke Region
• Ingolstadt/Pius-Viertel: (Groß-)siedlung
der 50er bis 70er Jahre, sozialer Wohnungsbau und Werkswohnungsbau;
Wachstumsregion
• Wolfsburg/Westhagen: 70er und 80er
Jahre, z. T. sozialer Wohnungsbau; stagnierende/schrumpfende Region
• Dessau/Zoberberg: Großsiedlung der 70er
und 80er Jahre, industrieller Wohnungsbau; schrumpfende Stadt.
Die Auswahl der Standorte gewährleistete
eine gute regionale Verteilung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktsituationen. Die jeweiligen Quartiere stehen
stellvertretend für unterschiedliche Siedlungs- bzw. Bautypen.
In jedem der vier ausgewählten Fallstudiengebiete wurden 40 gültige telefonische
Interviews durchgeführt. Die Adressengenerierung erfolgte über eine Recherche im
Telefonbuch. Auf diese Weise wurde eine
Zufallsstichprobe gezogen, die unterschiedliche Vermieter einbezieht. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 15 Minuten. Die
Ausschöpfung lag bei 27 %.
Wohnungsstruktur
Für die Analyse der Wohnungsstruktur wurden die Bewohner der vier Fallstudienorte
nach ihrer Wohndauer, der Größe und Zimmeranzahl der Wohnung gefragt:
• Zwei Drittel der Bewohner lebt seit mehr
als zehn Jahren in der Wohnung. Bei fast
einem Drittel der Bewohner beträgt die
Wohndauer mehr als 20 Jahre. Somit kann
davon ausgegangen werden, dass es dabei
zu einem großen Teil um Erstbezieher der
Wohnung handelt (vgl. Tab. 30).
• Fast die Hälfte der Wohnungen ist mindestens 75 m² groß. Hier zeigt sich ein struktureller Unterschied zu Wohnungen älterer
Baualtersklassen, insbesondere der 50er
und 60er Jahre, die vielfach über kleinere
Wohnflächen verfügen (vgl. Tab. 31).
• Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei
Betrachtung der Zimmeranzahl. Mehr als
zwei Drittel der Wohnungen verfügen über
mindestens drei Zimmer (vgl. Tab. 32).
69
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Haushaltsstruktur
Um Aussagen über die Haushalte in den Fallstudienorten zu erhalten wurden die interviewten Bewohner unter anderem gefragt,
aus wie vielen Personen ihr Haushalt besteht
und wie viele Kinder und Jugendliche in dem
Haushalt leben:
• In 37 % der Haushalte leben drei und mehr
Personen. Auffällig ist der hohe Anteil an
sehr großen Haushalten mit fünf und mehr
Personen, der unter den Befragten rund
8 % beträgt (vgl. Tab. 33). Damit ist er doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.
• Bei der Betrachtung der Anzahl der Haushalte mit Kindern wird deutlich, dass sich
die Unterschiede in der Haushaltsstruktur
insbesondere bei den großen Haushalten
bzw. den Haushalten mit mehreren Kindern (vier und mehr) zeigen (vgl. Tab. 34).
Tabelle 34
Anzahl der Kinder (Anteile in Prozent)
Befragte
Deutschland*
77
78
1 Kind
9
11
2 Kinder
8
8
3 Kinder
1
2
4 Kinder
4
5 und mehr Kinder
1
keine Kinder
* Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 – Zusatzerhebung: Bestand und Struktur
der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 35
Von Geburt an erlernte Sprache
(Anteile in Prozent, an den Befragten die nicht
Deutsch als erste Sprache angaben)
• Um Hinweise auf die Herkunft der Bewohner zu erhalten, wurde nach der von
Geburt an erlernten Sprache gefragt. Von
den Befragten gaben 34 % an, Deutsch
nicht als erste Sprache erlernt zu haben.
Die Anteile dieser Personen an der Stichprobe sind wie in Tab. 35 dargestellt.
Russisch
Instandhaltungsmaßnahmen
Für eine Einschätzung über die Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen
wurden die Bewohner der vier Fallstudienorte über die in den letzten fünf Jahren
durchgeführten aber auch gewünschten
Maßnahmen befragt. Dabei sollte auch eine
Einschätzung der erbrachten Leistungen
abgegeben werden.
• Bei 41 % der Befragten wurden Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen
am Wohngebäude durchgeführt. Lediglich
36 % dieser Gruppe gaben an, dass sie sich
mittels Umlage an den Modernisierungskosten beteiligen mussten. Fast alle (92 %)
sind mit dem Ergebnis zufrieden.
• Jene 59 %, in deren Wohngebäude keine
Modernisierung stattfand, konnten in der
Befragung angeben, welche Maßnahmen
sie für nötig erachten. Schönheitsreparaturen, wie Farbanstriche, spielen dabei
eine geringe Rolle. Auffallend ist jedoch
der Wunsch nach einer Wärmedämmung.
Hier sehen die Bewohner neben den Fenstern den zweitgrößten Handlungsbedarf.
•Die Bereitschaft, für eine Modernisierung
eine höhere Miete zu zahlen, ist bei knapp
der Hälfte (47 %) der Befragten vorhanden.
0,5
11
Zweisprachig
(eine davon Deutsch)
7
Türkisch
4
Polnisch
4
Sonstige osteuropäische
Sprache
3
Westasiatische Sprachen
3
Westeuropäische Sprache
1
Afrikanische Sprache
1
Gesamt
34
* Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 –
Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der
Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte,
Fachserie 5 / Heft 1
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 36
Durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen
(Anteile in Prozent)
Fenster
24
Fassade
21
Gemeinnutzungsflächen
20
Anstrich
13
Wärmedämmung
7
Sanitärmaßnahmen
6
Sanierung
2
Elektroinstallation
2
Heizung
1
Sonstiges
2
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 37
Gewünschte Instandhaltungsmaßnahmen
(Anteile in Prozent)
Tabelle 39
Wohnzufriedenheit
(Anteile in Prozent)
Fenster
25
Sehr zufrieden
20
Wärmedämmung
15
Zufrieden
49
Fassade
12
Teils, teils
20
Sanitärmaßnahmen
11
Unzufrieden
6
Sanierung
10
Sehr unzufrieden
4
Gemeinnutzungsflächen
8
Heizung
5
Fußboden
5
Außenanlagen
3
Küche
1
Sonstiges
4
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
Miethöhe
Die Mieter der Fallstudienorte wurden nach
ihrer subjektiven Einschätzung der Miethöhe
sowie zur Wunschmiete befragt:
• Obwohl die Miete bei 68 % der Befragten
in den letzten fünf Jahren erhöht wurde,
empfinden die meisten diese nicht als zu
hoch.
Tabelle 38
Subjektive Mietpreise (Anteile in Prozent)
sehr günstig
4
günstig
18
angemessen
43
hoch
23
viel zu hoch
11
kann ich nicht beurteilen
1
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
• Die Wunschmiete der Befragten liegt zwischen 400 und 800 €. In Hamburg ist die
Zahlungsbereitschaft mit einem Mittelwert
von 694 € am höchsten, während diese in
Ingolstadt mit 511 € am niedrigsten ist.
Wohnzufriedenheit und Nachbarschaft
Die Bewohner der Fallstudienorte wurden
nach ihrer Wohnzufriedenheit hinsichtlich
verschiedener Aspekte in Bezug auf ihre
Wohnung, das Wohngebäude und das direkte
Wohnumfeld befragt. Darüber hinaus wurde
die allgemeine Zufriedenheit mit der Wohnsituation thematisiert:
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre,
Bewohnerbefragung 2008
• Bei der Bewertung der Zufriedenheit mit
der Wohnung zeigt sich eine grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Wohnungszuschnitt und dem Zustand der Wohnung.
Geringe Zufriedenheitswerte erhielten das
Badezimmer und die Wärmedämmung
(vgl. Abb. 36).
• Die Mieter wurden auch gefragt, wie
zufrieden sie insgesamt mit der Wohnsituation sind. Hier zeigt sich eine insgesamt
hohe allgemeine Zufriedenheit. Mehr
als zwei Drittel der Befragten sind (sehr)
zufrieden mit ihrer Wohnsituation (vgl.
Tab. 39).
• Ein weiterer entscheidender Indikator für
die Wohnzufriedenheit ist der Anteil derer,
die Freunden und Bekannten einen Zuzug in das Wohngebiet empfehlen würden.
Fast alle (sehr) Zufriedenen (60 % der Befragten) würden dies tun.
Jene Mieter, die unzufrieden mit ihrer Wohnsituation waren, wurden nach den Gründen
gefragt. Hierbei waren Mehrfachnennungen
möglich. Die Hauptgründe für tendenzielle Unzufriedenheit (teils/teils, unzufrieden,
sehr unzufrieden) sind:
• Umgebung des Hauses (15 %)
• Zustand der gemeinsam genutzten Areale des Hauses wie Treppenhaus, Eingang,
Fahrstuhl etc. (14 %)
• Nachbarn (11 %)
• Zustand von Fenstern und Türen innerhalb der Wohnung (8 %)
• Wohnungsgröße (7 %)
• Lärm (7 %)
• Ausländer im Haus (6 %)
• Miete zu hoch (6 %)
• Unzureichende Wärmedämmung (6 %).
Insgesamt ist auffällig, dass die Befragten vor
allem mit dem Wohnumfeld und dem sozia-
71
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Abbildung 36
Zufriedenheit nach Aspekten der Wohnung
Angaben in %
Grundriss und Zuschnitt
der Wohnung
20
63
15
Zustand der Türen
Ausstattung der Küche
60
19
Zustand der Fenster
58
20
Nutzbarkeit der Abstellräume
48
11
Sicherheit der Wohnungstür
12
14
Ausstattung Badezimmer
Wärme−Dämmung
11
9
Größe des Badezimmers
0
2
40
Zufrieden
3
7
11
13
17
6
14
13
18
60
Teils, teils
7
14
24
20
Sehr zufrieden
10
16
14
43
3
15
17
48
12
14
13
46
4
2
16
51
11
11
14
48
4
15
11
56
16
Schall−Isolierung
12
56
15
Zustand der Balkone
11
54
17
Zustand des Fußbodens
13
6
80
Unzufrieden
100
Sehr unzufrieden
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Abbildung 37
Zufriedenheit nach Aspekten des Wohnhauses
Angaben in %
Beleuchtung des Treppenhauses
und der Flure
16
Beleuchtung des Hauseinganges
15
70
68
Persönliche Sicherheit im Haus
12
70
Zustand der Sprech−/Klingelanlage
12
69
10
Funktionstüchtigkeit der Fahrstühle
Sicherheit der Hauseingangstür
11
Zustand der Fassade
11
Allgemeiner Zustand
9
Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen
und Fahrräder
8
56
54
54
Sehr zufrieden
40
Zufrieden
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Teils, teils
60
Unzufrieden
5
6
9
3
7
16
13
4
19
11
5
22
15
3
5
11
16
1
4
9
53
20
6
11
52
0
3 1
10
70
15
Sauberkeit des Treppenhauses
10
11
15
80
Sehr unzufrieden
4
11
100
len Umfeld unzufrieden sind. Der allgemeine Zustand der Wohnung und die Miethöhe
führen zwar zu einer erhöhten Unzufriedenheit, haben insgesamt jedoch einen geringeren Stellenwert im Vergleich.
für eine Verschlechterung der nachbarschaftlichen Beziehungen ist die Abwanderung von Freunden (14 %).
Umzugsabsichten
Die Bewohner wurden nach ihren Umzugsabsichten und gegebenenfalls nach ihren
Umzugsorten gefragt:
Nachbarschaft
Im Zusammenleben der Bewohner der Fallstudienorte auf sehr engem Raum und für die
allgemeine Zufriedenheit mit der Wohnsituation ist das Verhältnis den Nachbarn sehr
wichtig:
• 23 % der Befragten ziehen einen Umzug
innerhalb der nächsten zwei Jahre in Betracht. Sie konnten drei Gründe für dieses Vorhaben nennen. Zusammengefasst
nach Themengebieten ergibt sich folgendes Bild, dargestellt in Tab. 42.
• Im Großen und Ganzen erscheint das
Nachbarschaftsverhältnis positiv. 85 %
beschreiben ihr Verhältnis zum Nachbarn
als mittelmäßig oder besser. Nur ein geringer Anteil (2 %) hat Probleme mit seinem
Nachbarn (vgl. Tab. 40).
(34)
Grundlage für diese Einordnung
sind zahlreiche Befragungen, die
das Forschungsinstitut Analyse
& Konzepte in den vergangenen
Jahren durchgeführt hat.
(35)
Alle Vergleichszahlen aus: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2006 - Zusatzerhebung: Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Fachserie 5/Heft 1.
• Mehr als drei Viertel der Befragten haben
keine Änderung im Verhältnis zu ihren
Nachbarn in der letzten Zeit festgestellt
(vgl. Tab. 41).
Wie anhand der Gründe für den Umzug bereits zu vermuten war, liegt das Ziel eines Umzuges nicht unbedingt in der Ortsveränderung, sondern darin, eine andere Wohnung
zu beziehen. Dass ein Drittel der Befragten
einen Umzug innerhalb des Quartiers bevorzugt, deutet auf eine Zufriedenheit mit dem
Wohnumfeld hin.
• Eine Verschlechterung des Nachbarschaftsverhältnisses wird fast immer auf
Zuzug neuer Nachbarn zurückgeführt. So
sehen 39 % der Unzufriedenen generell
neue Mieter als Grund dafür, 21 % zugezogene Familien mit kleinen Kindern und
für 14 % ist ein steigender Ausländeranteil
der Auslöser. Der zweite wichtige Grund
Auch hierbei stehen die Eigenschaften der
Wohnung an sich im Mittelpunkt. In 41 % der
Antworten (Mehrfachantworten waren möglich) sind Grundriss, Preis, Sanierungsstand
oder Komfort die entscheidenden Merkmale der neuen Wohnung. Die übrigen Wünsche
teilen sich wie in Tab. 44 dargestellt auf (Einfachnennungen blieben unberücksichtigt).
Abbildung 38
Zufriedenheit nach Aspekten der Umgebung
Angaben in %
Beschilderung des Hauseinganges
17
Sauberkeit der Grünanlagen
16
63
56
8
Wegebeleuchtung
Zustand der Hof−Anlagen
18
63
13
14
Bepflanzung der Außenanlagen
13
Spielplatzangebot
12
0
Sehr zufrieden
60
Teils, teils
14
80
Unzufrieden
2
5
9
16
40
4
11
23
50
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
1
10
18
52
Zufrieden
9
9
21
52
20
2
4 1
18
59
Parkplatzsituation
8
24
56
9
Gestaltung des Hauseingangsbereichs
11
3
8
100
Sehr unzufrieden
73
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
Fazit Bewohnerbefragung
Die Mehrheit der Befragten ist mit ihrer
Wohnsituation zufrieden. Ein wesentlicher
Indikator hierfür ist die Bereitschaft der Bewohner, ihre Wohnung/ihren Vermieter an
Bekannte weiterzuempfehlen. Mit 60 % ist
der Anteil der Weiterempfehlenden höher als
bei vergleichbaren Befragungen.34 Das Maximum beläuft sich hier auf 55 % und der Mittelwert beträgt lediglich 38 %.
Insgesamt haben die Wohnungen nach Ansicht der Befragten ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, ohne zu überragen. Die Einstellung der Befragten zur Wohnung ist nicht von
Extremen geprägt, wenige sind sehr unzufrieden mit einem Aspekt, aber auch wenige sind
sehr zufrieden. Kontinuität und Stabilität im
Wohnumfeld sind erwünscht und auch vorhanden. Die Abneigung gegen Zuzug, die geringe Fluktuation und auch die konservativen Umzugsziele spiegeln diese Einstellung
wider. Eine weitere Erklärung für die negative
Besetzung von Zuzug könnte das gute Nachbarschaftsverhältnis sein.
Ein wesentlicher Kritikpunkt ist das äußere
Erscheinungsbild der Gebäude. Offensichtlich wurde dies vonseiten der Eigentümer erkannt, da an Fenstern, Fassade und Gemeinnutzungsflächen bereits vielerorts Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden.
In den übrigen Fällen wünschen sich die Befragten auch genau diese Maßnahmen. Die
Notwendigkeit wird bei der Analyse vergleichbarer Befragungen besondersdeutlich.
Demnach ist die Zufriedenheit mit den folgenden Aspekten unterdurchschnittlich:
• dem allgemeinen Zustand des Hauses,
• der Wärmedämmung,
• dem Zustand der Fenster,
• dem Zustand der Fassade,
• der Sicherheit der Haustür,
• der Gestaltung des Hauseingangsbereichs
und
• der Beleuchtung im Treppenhaus.
Tabelle 40
Nachbarschaftsverhältnis (Anteile in Prozent)
Ich bin mit Nachbarn befreundet
8
Ich kenne meine Nachbarn näher, gutes Verhältnis
42
Ich kenne meine Nachbarn mittelmäßig
35
Ich kenne meine Nachbarn kaum oder gar nicht
13
Ich komme mit meinen Nachbarn überhaupt nicht aus
2
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 41
Veränderungen des Nachbarschaftsverhältnisses (Anteile in Prozent)
Ja, es hat sich verbessert
8
Ja, es hat sich verschlechtert
12
Nein, es ist immer noch gleich gut
73
Nein, es ist immer noch gleich schlecht
4
Das kann ich nicht beurteilen
4
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 42
Gründe für einen Umzug (Anteile in Prozent)
1. Grund
2. Grund
3. Grund
Wohnungseigenschaften
33
47
57
Umgebung/Nachbarschaft
31
20
29
Private Gründe
17
13
Eigentumswunsch
8
13
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 43
Umzugsziel (Anteile in Prozent)
In der Stadt
44
Innerhalb des Quartiers
33
Ins Umland
14
Ins Ausland
6
In eine andere deutsche Stadt
8
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Tabelle 44
Anforderungen an das neue Umfeld (Anteile in Prozent)
Schönes Wohnumfeld
16
Angenehme Nachbarn
12
Guter Anschluss an Bus/Straßenbahn
7
Die Zufriedenheit mit dem Zustand der Balkone stellt sogar eine neue Tiefmarke dar. Das
etwas ungepflegte Umfeld steht relativ hohem wohnungsbezogenem Komfort zu günstigen Preisen gegenüber.
Gute Einkaufsmöglichkeiten
6
Zusätzliche(r) Dienstleistungen/Service
5
Nähe zu Eltern/Kindern
3
Kindergarten/-tagesstätte
2
Die Wohnungen der Befragten sind tendenziell groß. Mehr als 75 % haben eine Wohnfläche von mehr als 60 m², im Vergleich zu
65 % deutschlandweit35. Besonders große
Spielplätze/Angebote für Kinder
2
Gute Freizeit-, Sport-, Kulturangebote
2
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Bewohnerbefragung 2008
Wohnungen sind jedoch nicht vorhanden.
So geben lediglich 2,5 % der Befragten eine
Wohnfläche von über 100 m² an (bundesweiter Durchschnitt sind 13 %).
Sämtliche Wohnungseigenschaften, die Abstellmöglichkeiten (Kinderwagen, Fahrräder
und Autos) sowie Sauberkeit und persönliche
Sicherheit werden überdurchschnittlich positiv bewertet. Hervorzuheben sind hier
• die Ausstattung der Küche,
• die Schallisolierung und
• die Funktionsfähigkeit der Fahrstühle,
welche Maximalwerte erzielten. Auch die
nachbarschaftlichen Beziehungen werden deutlich überdurchschnittlich positiv
dargestellt.
Diese funktionalen Wohnungen ziehen besonders große Familien an. Zwar ist der Anteil von Familien mit Kindern nicht wesentlich höher als im Bundesdurchschnitt (23 %
bzw. 22 %), es gibt jedoch zehnmal so viele
Haushalte mit vier und mehr Kindern (5 %
bzw. 0,5 %).
Auffällig ist die hohe Wohndauer bei einem
relativ großen Anteil der Bewohner. Bei rund
einem Drittel der Bewohner, welche länger
als 20 Jahre in der Wohnung leben, liegt die
Schlussfolgerung nahe, dass es sich um Erstbezieher handelt.
Bei der Einordnung der Ergebnisse sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Die
Auswahl der Standorte gewährleistet insgesamt eine gute regionale Verteilung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktsituationen. Die jeweiligen Quartiere stehen
stellvertretend für unterschiedliche Siedlungsbzw. Bautypen. Entsprechend der Verteilung
der Gesamtbestände befinden sich drei von
vier Befragungsorten in Westdeutschland. Dies
hat zur Folge, dass spezifische Eigenschaften
ostdeutscher Bestände von den Antworten aus
westdeutschen Siedlungen überlagert werden.
Bei den Einschätzungen der Bewohner ist zu
berücksichtigen, dass es sich hierbei um subjektive Eindrücke handelt. Insbesondere die
Beurteilung technischer Maßnahmen kann
daher auch von tatsächlich durchgeführten
Maßnahmen abweichen.
3.3 Fallstudien
(36)
Keine Reaktion
Potsdam.
kam
aus
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden an
acht Referenzstandorten Fallstudien durchgeführt. Mithilfe der Fallstudien sollte die
standardisierte Eigentümerbefragung fundiert um qualitative Informationen ergänzt
werden, indem die Erkenntnisse aus den
vorangegangenen Arbeitsschritten in persönlichen Gesprächen vertieft wurden.
Auf diese Weise sollten insbesondere die strategischen Ausrichtungen und Planungen der
Wohnungseigentümer und die daraus resultierenden Investitions-, Kooperations- und
Bewirtschaftungsaktivitäten deutlicher als
in der standardisierten Befragung abgebildet werden.
Vorgehen
Dies erfolgt im Rahmen persönlicher Gespräche mit den größeren Wohnungsunternehmen vor Ort sowie mit den zuständigen
Personen in den Stadtplanungsämtern.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der
Fallstudien neben den Eigentümern auch
grundlegende Planungen, programmatische Aktivitäten und Sichtweisen der Kommunalverwaltungen (Wohnungs-, Sozial-,
Planungsämter), der Bewohner sowie anderer lokaler Akteure einbezogen.
Durch diesen Arbeitsschritt konnten die
durch die Eigentümer induzierten Investitions- bzw. auch Desinvestitionsprozesse mit
ihren Folgen für die (soziale) Stadtentwicklung identifiziert werden. Daraus konnten
z. B. Erkenntnisse für den Umgang mit den
entsprechenden Beständen aus Sicht der
kommunalen Verwaltung und somit Handlungsmöglichkeiten für die Wohnungs- bzw.
Stadtentwicklungspolitik abgeleitet werden.
Die Kontaktaufnahme zu der Wohnungswirtschaft erfolgte bei den jeweiligen Unternehmenstypen unterschiedlich: die kommunalen Wohnungsunternehmen haben in fast
allen Fällen36 ihre Teilnahmebereitschaft erklärt. Auch die ansässigen Wohnungsgenossenschaften waren vielfach an einem Gespräch interessiert. Wie erwartet, waren
insbesondere die privaten Eigentümer nur
schwer zu erreichen und oft nicht für eine
Teilnahme zu gewinnen. Dies trifft grundsätzlich auf die Hausverwaltungen ebenso
zu wie auch auf größere Investoren, Aktiengesellschaften bzw. Fonds.
Neben Expertengesprächen wurde im März
2009 ein Werkstattgespräch durchgeführt, bei
dem einzelne Aspekte der Entwicklung der
70er und 80er-Jahre-Bestände vertieft und
daraus resultierende Konsequenzen und
Anforderungen diskutiert wurden. Teilnehmer waren neben den Auftraggebern Vertre-
Marktstellung und Investitionen – Empirische Ergebnisse
ter aus den verschiedenen Fallstudien.
Die Auswahl der Fallstudien erfolgte nach
regionalen Gesichtspunkten, nach Wohnungsmarkttypologien sowie nach Ortsgrößen. Dabei wurden jeweils konkrete Quartiere als Untersuchungsräume ausgewählt,
um die Entscheidungsprozesse und Investitionstätigkeiten am Beispiel diskutieren zu
können. Dabei handelte es sich um Standorte der 70er und 80er Jahre, die z.T. gemischt
bebaut, vielfach aber als reine 70er JahreStandorte entstanden sind.
Die Einzelbeschreibungen finden sich in
Form von Steckbriefen im Anhang. Die
Ergebnisse aus den Fallstudien fließen insbesondere in die Gesamtauswertung in
Kapitel 6 mit ein.
Zusammenfassende Ergebnisse
Insgesamt ist deutlich geworden, dass es
sich bei den Wohnungsbeständen der 70er
und 80er Jahre um einen sehr differenzierten
Wohnungsbestand handelt. Während die
Bestände der 80er Jahre in Westdeutschland
weitgehend problemlos sind, treten beim sozialen Wohnungsbau der 70er und beim industriellen Wohnungsbau der 70er und 80er
Jahre in Ostdeutschland vergleichbare Problembereiche auf. Hierzu zählen charakteristische Defizite der Großwohnsiedlungen, wie
z. B. eine ungünstige Verkehrsanbindung oder
Mängel in der Infrastrukturausstattung.
Darüber hinaus gibt es aber auch deutliche Unterschiede hinsichtlich der Bautypen, die im Zeitverlauf entstanden sind und
insbesondere in Ostdeutschland zu unterschiedlichen baulichen Qualitäten geführt
haben, wie auch regionale Unterschiede.
Hinzu kommen unterschiedliche unternehmerische Strategien, die verfolgt werden und
je nach Eigentümer sowie Konstellation der
Eigentümerstruktur vor Ort zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen führen können
(vgl. Kap. 4.2).
Insgesamt wurde auf die große Bedeutung
der Wohnungsbestände der 70er Jahre in
Westdeutschland hingewiesen. Diese haben
nicht nur eine stabilisierende Wirkung für
den Wohnimmobilienmarkt, sondern auch
für den Immobilienmarkt insgesamt, was
derzeit angesichts der internationalen Immobilienkrise von herausragender volkswirtschaftlicher Bedeutung ist.
Bei der Weiterentwicklung der untersuchten
Wohnungsbestände handelt es sich um einen
langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den
50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich
die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen
für eine Erneuerung dieser Bestände werden
jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland
wird der Handlungsschwerpunkt zukünftig
vor allem bei den 70er Jahre-Beständen, die
im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind, liegen.
Entscheidend für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung sind die Eigentümer
und die Kooperationen zwischen ihnen
(Private, Investoren) und der Kommune.
Hier wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale in den Quartieren genutzt werden können. Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete Entwicklung der Infrastruktur sowie
Wohnumfeldaufwertungen.
Eine besondere Rolle spielen hierbei die
Programme der Städtebauförderung. In
fast allen Fällen wurden in den untersuchten Quartieren mit der Sozialen Stadt oder
dem Programm Stadtumbau Ost/West Maßnahmen zur Verbesserung der Wohn- und
Lebensbedingungen in den jeweiligen Quartieren durchgeführt. Dies hat nach Aussage
der jeweiligen Eigentümer spürbare Auswirkungen auf die Entwicklung der Wohnungsbestände. Diese Programme tragen dazu bei,
dass Investitionen angeregt und die Kooperation mit der Kommune und ggf. anderen
Eigentümern gefördert werden.
75
4
Auswertung
In einem abschließenden Arbeitsschritt werden nun die Teilergebnisse aus den einzelnen
Projektphasen
tegien der privaten Eigentümer, werden dabei vertieft behandelt.
• Sekundäranalysen
4.1 Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre
• Eigentümerbefragung
• Bewohnerbefragung
• Fallstudien
zusammengeführt. Ziel ist es, die Einzelergebnisse zueinander in Beziehung zu setzen,
um so die zu Beginn gestellten Forschungsleitfragen abschließend beantworten zu können. Dabei kommt es insbesondere darauf
an, den Wohnungsbestand der 70er und 80er
Jahre in seiner Vielfältigkeit zu beleuchten, zu
typisieren und somit Erkenntnisse zu gewinnen im Hinblick auf:
• die Perspektiven dieses Wohnungsbestandes insgesamt sowie der unterschiedlichen Teilsegmente
• den Handlungsbedarf zur marktgerechten
Weiterentwicklung.
Eine erste Typisierung der Wohnungsbestände erfolgt anhand der Ergebnisse der Sekundärdatenanalyse. In einem weiteren Schritt
werden die bisher gewonnenen Erkenntnisse auf den gesamten Wohnungsbestand
übertragen. Einzelne Themenbereiche, wie
energetische Maßnahmen, altengerechte
Modernisierungen und die Investitionsstra-
Die Aufgabenstellung des vorliegenden
Forschungsberichtes und die Struktur des
Bestandsmonitorings gehen von einer Betrachtung der Wohnungsbestände der 70er
und 80er Jahre aus. Dies ist die letzte Dekade der vor der Wende entstandenen Wohnungen. Neubau wird ab 1990 als solcher
bezeichnet und entwickelt bisher nur geringen Handlungsbedarf.
Die Analyse und Ausdifferenzierung der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre erfolgte anhand einer Sekundärdatenauswertung und einer Primärerhebung in Form einer Eigentümerbefragung. Die Sekundäranalyse hat bereits zahlreiche Hinweise darauf
gegeben, dass die Wohnungsbestände in ihrer Struktur sehr differenziert zu betrachten
sind. Ziel dieses Arbeitsschrittes war es, Erkenntnisse über die Eigenschaften und somit
die Determinanten hinsichtlich der Marktgängigkeit zu ermitteln.
Zum einen muss eine Differenzierung zwischen dem Wohnungsbau in der ehemaligen DDR und in Westdeutschland erfolgen,
da hier grundsätzlich unterschiedliche Rahmenbedingungen vorliegen. Unterschiede er-
Abbildung 39
Strukturtypen des Wohnungsbaus der 70er/80er Jahre
West
1970
Großwohnsiedlungen
- Urbanität durch
Dichte, Funktionstrennung
1980
Ost
- ca. 1,0 Mio.
Wohnungen
1990
Quelle: Eigene Darstellung
Großwohnsiedlungen
Sozialer
Wohnungsbau
- ca. 1,9 Mio.
Wohnungen
Innerstädtischer
Wohnungsbau
- Rückbesinnung
auf die Stadt
- Stadterneuerung
- Eigentumsbildung
- ca. 1,3 Mio.
Wohnungen
- Urbanität durch
Dichte, Funktionstrennung
- ca. 1,5 Mio.
Wohnungen
Innerstädtischer
Wohnungsbau
- Stadterneuerung durch
Plattenbau
77
Auswertung
geben sich zum anderen aus dem zeitlichen
Rahmen. Im Laufe des Betrachtungszeitraumes haben sich die wohnungspolitischen
und wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend geändert – mit deutlichen Auswirkungen auf den Wohnungsbau
und die Struktur der errichteten Bestände. Auf
der Grundlage der Analyse wurden folgende
Strukturtypen des Wohnungsbaus identifiziert, die in Abb. 39 abgebildet sind.
Gebiet, Rheinland und Ruhrgebiet sowie
Hamburg und Hannover im Norden.
In Ostdeutschland befinden sich die Schwerpunkte insbesondere in den industriell
geprägten südlichen Regionen um Leipzig, Dresden sowie in Berlin und Magdeburg. Der weitaus größte Teil des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre in Ostdeutschland ist ebenfalls in Großwohnsiedlungen
entstanden.
Der weit überwiegende Teil des Wohnungsbaus der 70er und 80er Jahre ist in Westdeutschland in der ersten Hälfte der 1970er
Jahre entstanden. In den Jahren 1970 bis 1975
wurden rund 1,9 Mio. Wohnungen fertig gestellt. Dies ist mehr als die Hälfte des Neubaus aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in den 70er und 80er Jahren. Sowohl
im frei finanzierten als auch im geförderten
Wohnungsbau wurden hier die höchsten Fertigstellungszahlen erreicht. Die größten Mengeneffekte erzielten jedoch die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen.37
Verteilung der Wohnungsbestände auf die
Markttypen
Die in der Sekundäranalyse ermittelten Bestandszahlen wurden in einem weiteren
Schritt den unterschiedlichen Wohnungsmarkttypen zugeordnet:
Die Zuordnung der Wohnungsmarkttypen in
„stagnierende/schrumpfende“ und „wachsende/strukturstarke“ Wohnungsmarkttypen wurde für die westdeutschen Raumordnungsregionen mittels der Einteilung der
Wohnungsmarktregionstypen des BBSR vorgenommen.38 Dabei wurden die Wohnungsmarkttypen „strukturstarke Region mit geringer Wachstumsdynamik“ und „Regionen mit
stärkerer Wachstumsdynamik“ zur Kategorie
„wachsend/strukturstark“ und die Typen „stagnierende und schrumpfende Region“ und
„schrumpfende Region“ zur Kategorie „stagnierend/schrumpfend“ zusammengefasst.
Der Wohnungsbau dieser Zeit wurde deutlich durch den Großsiedlungsbau geprägt.
Für Westdeutschland kann davon ausgegangen werden, dass sich rund eine Million
Wohnungen in Großwohnsiedlungen befinden. Die meisten Bestände aus den 70er und
80er Jahren liegen in Westdeutschland in den
Ballungsräumen – hierzu zählen München
und Stuttgart im Süden, das Rhein-Main-
(37)
56 % der Wohnungsbestände
der Wohnungsunternehmen im
GdW stammen aus der Zeit nach
1970.
(38)
Vgl. BBR - Berichte Band 18 –
Wohnungsmärkte in Deutschland, S. 112.
Tabelle 45
Wohnungsbestand
West
Ost
Wohnungsmarkttyp
Wohnungsmarkttyp
Gesamt
17.600
54.250
71.850
71.550
30.350
101.900
173.750
Öffentliche/
Kommunale
WU
10.250
33.150
43.400
42.200
0
42.200
85.600
Genossenschaften
1.550
12.800
14.350
29.300
30.200
59.500
73.850
Private
5.800
8.300
14.100
50
150
200
14.300
Anzahl WE insgesamt
in MFH
7.357.700
9.220.000
16.577.700
2.924.900
1.823.100
4.748.000
21.325.700
Anzahl WE 70er/80er
Jahre in MFH
1.576.700
1.948.100
3.524.800
1.135.500
665.300
1.800.800
5.325.600
Anteil 70er/80er Jahre an
WE insgesamt
21 %
21 %
21 %
39 %
37 %
38 %
25 %
Anteil WE Befragung an
70er/80er Jahre in MFH
1%
3%
2%
6%
5%
6%
3%
davon
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008, GdW 2009
Stagnierend/
wachsend
Gesamt
Wachsend/
strukturstark
Anzahl WE 70er/80er
Jahre aus der Befragung
Schrumpfend
Gesamt
Stagnierend/
schrumpfend
Für die ostdeutschen Raumordnungsregionen wurde die Einteilung in die Kategorien „stagnierend/schrumpfend“ und „wachsend/strukturstark“ über die Veränderung der
Bevölkerungszahl zwischen 1990 und 2005 vorgenommen.39 Bei einer deutlich negativen Bevölkerungsentwicklung der Raumordnungsregion erfolgte eine Zuordnung zu der Kategorie „schrumpfend“, bei stagnierender oder
positiver Entwicklung erfolgte die Zuordnung
zur Kategorie „stagnierend/wachsend“.
4.2 Investitionsstrategien
und Förderungen
Investitionen nach Baualtersklassen
(39)
Vgl. BBR - Berichte Band 29 –
Raumordnungsprognose
2025/2050, S. 17.
Die geplanten Investitionen werden zunächst
für die Gesamtbestände der in die Befragung
einbezogenen Unternehmen dargestellt. Dabei erfolgt eine Einordnung in die Investitionstätigkeiten für die anderen Baualtersklassen.
Abbildung 40
Geplante Investitionen 2008 bis 2012 (Instandsetzung, Modernisierung,
Umbau, Rückbau)
1.000
Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es im
Vergleich der Baualtersklassen bei den Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre derzeit noch einen geringeren Instandhaltungsund Modernisierungsbedarf gibt. Insgesamt
kann bei diesen Zahlen davon ausgegangen
werden, dass die tatsächlichen Investitionen
höher ausfallen werden, da einige Vermieter
für diesen Zeitraum noch keine konkreten
Planungen gemacht haben.
in Mio. €
800
600
400
200
0
bis 1949
1950 − 1969
1970 − 1989
ab 1990
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Abbildung 41
Geplante Investitionen 2008 bis 2012 pro Wohnung (Instandsetzung, Modernisierung, Umbau, Rückbau)
In €/WE
Investitionsmaßnahmen im Bestand der
70er und 80er Jahre
Für die Betrachtung der Maßnahmen, die im
Bestand der 70er und 80er Jahre getätigt werden, erfolgte eine Hochrechnung der Daten
aus den Befragungsergebnissen auf den Gesamtbestand für die einzelnen Markttypen:
• Demnach wurden zwischen 2003 und
2007 rund 750.000 Wohnungen modernisiert. Verteilt auf die Wohnungsmärkte
sind die Modernisierungstätigkeiten relativ gleich verteilt, die Anteile bewegen
sich zwischen 10 % und 17 %. In der Summe fanden die meisten Modernisierungen
in Westdeutschland in wachsenden/strukturstarken Märkten statt.
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
0
bis 1949
Für Instandsetzung, Modernisierung, Umbau und Rückbau planen die befragten Unternehmen demnach zwischen 2008 und
2012 insgesamt ca. 1,8 Mrd. € ein. Der Anteil am Wohnungsbestand der 70er und 80er
Jahre beträgt 475 Mio. €. Auffällig ist, dass
für die Wohnungsbestände der 50er und 60er
Jahre insgesamt fast der doppelte Betrag investiert werden soll. Dies ist auf die derzeit
noch höhere Sanierungstätigkeit in den Beständen der 50er und 60er Jahre sowie auf
spezifische Anforderungen an die Gebäudetypen (z. B. Grundrisse, Balkone) zurückzuführen. Die Investition je Wohnung fällt bei
den 70er und 80er Jahre-Beständen ebenfalls geringer aus. Dabei belaufen sich die
Kosten pro Wohnung mit dem Baualter 1970
bis 1989 nur auf rund 10.500 €, während mit
rund 19.300 € pro Wohnung in der Baualtersklasse zwischen 1950 und 1969 gerechnet wird. In der Summe sind für bauliche
Maßnahmen in den Altbaubeständen zwar
geringere Mittel vorgesehen, für die Modernisierung jeder einzelnen Wohnung sind hierfür mit 26.800 € jedoch höhere Summen
notwendig.
1950 − 1969
1970 − 1989
ab 1990
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
• Die insgesamt umfangreichsten Maßnahmen erfolgten jedoch in schrumpfenden Märkten in Ostdeutschland. Sowohl
im Bereich der Modernisierungen als
79
Auswertung
auch bei den Wohnumfeldmaßnahmen
und beim Rückbau werden die höchsten
Werte erreicht. Auch zukünftig sind hier auf
relativ hohem Niveau Maßnahmen vorgesehen. Die Datenbasis für die Hochrechnungen ist in diesem Markttyp am günstigsten, diesem Auswertungsfeld liegen
mehr als 70.000 Wohnungen und damit
40 % der erfassten Wohnungen zugrunde. Allerdings wurden hier nur 16 Eigentümer erfasst, was dazu führen kann, dass
die Angaben einzelner Eigentümer das
Ergebnis deutlich positiv beeinflussen.
gen somit das tatsächliche Rückbauvolumen von knapp 200.000 Wohnungen, das
in der Zeit von 2002 bis 2007 im Rahmen
des Stadtumbau Ost erreicht worden ist.
Entsprechend werden die Zahlen hinsichtlich der Rückbaumaßnahmen bis 2012 zu
hoch angesetzt sein. In den folgenden
Jahren werden auch erstmals Rückbaumaßnahmen in Westdeutschland in nennenswertem Umfang benannt.
Modernisierungsmaßnahmen
Bei der Betrachtung der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen kristallisieren sich
einzelne Maßnahmen mit großer Bedeutung heraus:
• Zukünftig werden im Zeitraum 2008
bis 2012 nach Angaben der Befragten insgesamt 370.000 Wohnungen modernisiert.
Dies entspricht einem jährlichen Durchschnitt von 74.000 Wohnungen. In allen
Kategorien werden für die Zukunft weniger Maßnahmen an Wohnungen angegeben als durchgeführt worden sind. Dies
lässt den Rückschluss zu, dass die Planungen vieler Eigentümer keine gesicherten
Aussagen für einen Fünf-Jahres-Zeitraum
zulassen.
• Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle (Austausch der Fenster, Wärmedämmung Dach/Fassade) mit jeweils
mehr als 600.000 Wohnungen und die Erneuerung der Heizungsanlagen mit mehr
als 500.000 Wohnungen. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Erneuerung der
Elektroinstallationen, der Sanitäranlagen
und der Treppenhäuser, wovon jeweils
zwischen 350.000 und 450.000 Wohnungen betroffen sind.
• Bei der Betrachtung des Rückbaus werden die Unschärfen, die in der vorhandenen Datenbasis liegen, deutlich. Die
hier dokumentierten Rückbaumaßnahmen in den Jahren 2003 bis 2007 umfassen 231.000 Wohnungen und überstei-
• In den stagnierenden/schrumpfenden
Märkten in Westdeutschland werden auf
Tabelle 46
Investitionen in die Wohnungsbestände der 70er/80er Jahre – Gesamtbestand nach Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Instandhaltung
Modernisierung
Wohnumfeldmaßnahmen
Abriss/Teilrückbau
Dachgeschossausbau/Aufstockung
Umbau/Zusammenlegung
WE
%
WE
%
WE
%
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
331.100
Ost
Schrumpfend
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
954.550
545.050
345.950
362.650
487.000
397.450
226.200
21
49
48
52
23
25
35
34
157.700
311.700
193.050
86.500
141.900
58.450
102.200
66.550
10
16
17
13
9
3
9
10
141.900
155.850
158.950
39.900
236.500
38.950
136.250
9
8
14
6
15
2
12
204.400
26.600
15.750
227.100
6.650
18
4
1
20
1
%
%
West
Stagnierend/
wachsend
WE
WE
Ost
15.750
1
WE
%
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
6.653
1
relativ hohem Niveau Maßnahmen durchgeführt. Zukünftig (2008 bis 2012) werden
hier die meisten Aktivitäten zu erwarten
sein.
• Die umfangreichsten Maßnahmen erfolgen in stagnierenden/wachsenden Märkten in Ostdeutschland im Hinblick auf
den Austausch der Fenster (19 %) und
Wärmedämmungen (14 %). Es ist nicht
auszuschließen, dass es sich hierbei um
Ausreißer durch einzelne Wohnungsunternehmen dieser Gruppe (n=8) handelt, die in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich viele Maßnahmen durchgeführt haben.
• Im Bereich der Heizungssysteme werden
vor allem Erneuerungen durchgeführt.
Der Einbau neuer Systeme findet nur in
geringem Maß statt. Auffällig ist, dass die
Heizungssysteme in den ostdeutschen
Wohnungsmärkten praktisch keine Rolle
im Rahmen von Modernisierungen spielen. Heizungen dürften vielfach bereits in
der ersten Modernisierungswelle in den
90er Jahren erneuert worden sein.
• Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen
zeigt sich in der Befragung, dass die Herstellung barrierefreien Zugängen zu den
Wohnbereichen eine untergeordnete
Rolle spielt. Maßnahmen zur Barrierefreiheit werden im Bereich von 0,2 % bis
1,0 % des Gesamtbestandes durchgeführt.
Sofern entsprechende Maßnahmen durchgeführt werden, erfolgt dies zum weit
überwiegenden Teil durch Wohnungsge-
Tabelle 47
Modernisierungsmaßnahmen in den Wohnungsbeständen der 70er/80er Jahre – Wohnungsmarkttypen
2003 bis 2007
2008 bis 2012
West
Grundrissänderung/
Zusammenlegung
Erneuerung
Heizungsanlage
Einbau
Heizungssystem
Erneuerung der
Sanitäranlagen
Austausch
der Fenster
Elektroinstallation
Modernisierung
Treppenhaus
Wärmedämmung
Dach/Fassade
Balkonanbau
Barrierefreiheit
sonstigen Modernisierungsmaßnahmen
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
WE
%
Ost
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
16.300
West
Ost
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
Stagnierend/
schrumpfend
Wachsend/
strukturstark
9.350
1.050
6.450
18.250
1.800
850
21.750
1
0,5
0,1
1
1
0,1
0,1
3
164.850
115.400
28.550
800
94.050
39.100
62.100
7.650
10
6
3
0,1
6
2
5
1
34.100
19.200
7.000
46.550
11.700
2
1
1
3
1
74.450
37.700
59.850
58.700
92.000
26.650
24.600
17.550
5
2
5
9
6
1
2
3
139.450
97.350
30.950
129.650
169.500
41.650
8.900
12.700
9
5
3
19
11
2
1
2
70.150
16.700
55.050
51.000
75.250
10.800
51.600
106.450
4
1
5
8
5
1
5
16
81.700
46.300
7.800
41.700
98.000
32.000
44.100
6.800
5
2
1
6
6
2
4
1
98.150
172.100
49.500
96.200
111.050
51.950
21.450
21.650
6
9
4
14
7
3
2
3
17.350
22.000
16.300
22.400
16.100
21.650
14.750
450
1
1
1
3
1
1
1
0,1
13.250
2.200
16.800
1.000
4.650
4.450
2.400
1.700
1
0,1
1
0,1
0,3
0,2
0,2
0,3
100
93.300
30.400
8.100
16.400
13.850
2.550
7.350
0
5
3
1
1
1
0,2
1
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Schrumpfend
Stagnierend/
wachsend
81
Auswertung
nossenschaften. Kommunale Unternehmen und private Eigentümer führen diesbezüglich kaum Maßnahmen durch.
• Beim altengerechten Wohnen ist jedoch
zu berücksichtigen, dass Barrierefreiheit,
wie es in dem Fragebogen abgefragt worden ist, kein alleiniges Kriterium für altengerechtes Wohnen ist. Vielfach reichen
kleinere Maßnahmen zur Erleichterung
der täglichen Bewegungsabläufe aus. Aus
den Fallstudien hat sich allerdings auch
ergeben, dass die systematische Umsetzung solcher Maßnahmen praktisch nicht
erfolgt. Altengerechtes Wohnen wird
in der Regel auf Anfrage bei einzelnen
Mietern umgesetzt oder bei einzelnen
Objekten, die aus Sicht der Eigentümer
günstige Voraussetzungen haben (Altersstruktur, Lage, Infrastruktur, ggf. bereits
Fahrstuhl vorhanden).
Abbildung 42
Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Energieagenturen (N=105)
Ja, einmal (10%)
Nein, nicht bekannt (26%)
Ja, mehrfach (12%)
Nein, aber geplant (21%)
Nein, kein Bedarf (31%)
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
Viertel würde die Leistungen möglicherweise in Anspruch nehmen, wenn diese bekannter wären.
Energieagenturen
Förderprogramme
Im Zusammenhang mit energetischen Fragen wurden die Wohnungsanbieter gefragt,
inwieweit das Beratungsangebot der Energieagenturen eine Rolle bei der Planung von
Investitionsprojekten spielt. Insgesamt haben 22 % der befragten Unternehmen eine
Beratungsleistung der Energieagentur in
Anspruch genommen. Über einem Viertel der Unternehmen ist solch eine Dienstleistung nicht bekannt. Bei fast einem Drittel (31 %) besteht kein Bedarf. Ein weiteres
Die Rolle der Förderprogramme wurde in
der Vermieterbefragung ebenfalls thematisiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Inanspruchnahme von Fördermitteln für die weit
überwiegende Zahl der Eigentümer obligatorisch ist. Wie sich in den Fallstudien angedeutet hat, sind für viele Eigentümer bzw. für
zahlreiche Maßnahmen Förderungen absolut notwendig.
Insgesamt haben rund 69 % der befragten
Unternehmen Förderprogramme zur Mo-
Abbildung 43
Inanspruchnahme von Fördermitteln
Großwohnsiedlung
Kleinere Wohnsiedlung
8%
9%
16%
26%
76%
Inanspruchnahme Förderprogramme
65%
Kein geeignetes Programm
Keine Notwendigkeit der Inanspruchnahme
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre, Eigentümerbefragung 2008
dernisierung ihrer Wohnungsbestände in
Anspruch genommen. Der Anteil der inanspruchnehmenden Unternehmen ist in den
Großsiedlungen mit 76 % noch höher als in
kleineren Wohnsiedlungen mit 65 %.
Diejenigen Eigentümer, die Förderungen in
Anspruch nehmen, greifen zu 84 % auf die
Fördermöglichkeiten der KfW zurück. Darüber hinaus lassen sich 17,5 % der Unternehmen im Mittel aus dem Programm KfW-CO²
fördern. Fast jeder Fünfte nimmt Förderprogramme der Wohnungsbaukreditanstalt (WK)
in Anspruch. Das Programm Stadtumbau Ost
wird von etwa 21 % der er in Ostdeutschland
ansässigen Unternehmen genutzt. Für andere Eigentümer, insbesondere im Westen,
spielen zu dem regionale Programme eine
wichtige Rolle.
Interessant ist jeweils der Anteil an Eigentümern, die für ihre Investition kein geeignetes Förderprogramm gefunden haben. Dies
trifft auf 16 % in Großwohnsiedlungen zu, immerhin jeder vierte Eigentümer hat in den
kleineren Siedlungszusammenhängen kein
geeignetes Förderprogramm gefunden. Fast
jeder zehnte Eigentümer sieht keine Notwendigkeit in der Inanspruchnahme von
Fördermitteln.
Eigentümer im Vergleich
In dem vorliegenden Forschungsbericht wurden die Eigentümer in drei Gruppen unterteilt.
Neben den öffentlichen bzw. ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen wurden die
privaten Eigentümer gesondert betrachtet.
Die privaten Vermieter stellen eine sehr heterogene Gruppe dar und werden daher in diesem Abschnitt noch einmal hervorgehoben.
Ihre Struktur ist weit heterogener als die der
öffentlichen Unternehmen oder der Genossenschaften, da die Spannbreite von privaten
Amateurvermietern bis hin zu international
agierenden Fondsgesellschaften reicht. Letztere werden häufig vertreten durch ortsansässige Hausverwaltungen.
Private (Klein-)Eigentümer sind in Großwohnsiedlungen nur selten vertreten, insbesondere in ostdeutschen Siedlungen des industriellen Wohnungsbaus treten als Eigentümer
zum großen Teil öffentliche Wohnungsunternehmen und Genossenschaften auf. Private
Wohnungseigentümer bzw. Verwalter verfügen entsprechend der Befragungsergebnisse
über lediglich 0,02 % der erfassten Bestände.
In kleineren Siedlungen sind private Eigentümer deutlich stärker vertreten, in der Befragung sind dies 18 % der erfassten Bestände.
Dies hängt insbesondere damit zusammen,
dass die ehemals gemeinnützigen Unternehmen im sozialen Wohnungsbau tätig
waren. Des Weiteren werden die privaten
Unternehmen, hierunter auch größere Wohnungsgesellschaften, die über Bestände in
Großwohnsiedlungen verfügen, über Befragungen nur in geringem Umfang erreicht.
Hinsichtlich der Investitionstätigkeiten zeigt
sich anhand der Ergebnisse deutlich, dass der
Schwerpunkt bei den privaten Eigentümern
und Verwaltungen auf Instandhaltungstätigkeiten liegt. Modernisierungstätigkeiten
wurden in den Jahren 2003 bis 2007 nur in
6 % der Wohnungsbestände vorgenommen,
im Vergleich hierzu sind es bei den öffentlichen und kommunalen Gesellschaften
12 % und 21 % bei den Genossenschaften. Die
Schwerpunkte liegen auch hier bei der Erneuerung der Heizungsanlagen, beim Austausch
von Fenstern und bei Wärmedämmungen.
Die Strategien der privaten Vermieter sind
ebenso heterogen wie ihre Struktur selbst. In
den Fallstudien wurde deutlich, dass zwar vor
allem Wohnungsgenossenschaften und Kommunale Gesellschaften langfristig angelegte
Bestandsstrategien verfolgen, ebenso aber
auch private Wohnungsgesellschaften ähnliche Strategien verfolgen. Die Strategien der
Vermieter berücksichtigen in unterschiedlicher Weise die Fortentwicklung der Bestände und dabei mehr oder weniger die Sozialstruktur. Dies wirkt sich insbesondere auf die
Bestandsentwicklung und die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus. Häufig besteht in Großwohnsiedlungen die Gefahr,
dass sich Segregation weiter verstärkt, vor
allem wenn sich in umfangreichere preiswerte Bestände räumlich konzentrieren.
Im Wesentlichen wurden unter den privaten Eigentümern zwei Strategietypen
identifiziert:
• Die so genannten „Verwalter“ streben eine
Vollvermietung bei geringem baulichen
Aufwand an. Mietpreisanpassungen nach
unten sind je nach Marktsituation möglich. Strategische Überlegungen in Bezug
auf die Mieterstruktur spielen eine geringere Rolle als bei anderen Vermietern.
• Die „Bestandsentwickler“ legen verstärkt
Wert auf eine zielgruppengerechte
Bestandsentwicklung. Gesichtspunkte der
Steuerung der Sozialstruktur spielen bei
der Auswahl der Mieter eine größere
Rolle.
Häufig ist zu beobachten, dass Eigentümer,
die nicht zu den ehemals gemeinnützigen
83
Auswertung
Unternehmen zu zählen sind, sich eher auf
die Verwaltung der Bestände konzentrieren
und Modernisierungen der Wohnungen nur
in geringem Umfang vornehmen. Wohnumfeldmaßnahmen haben oftmals eine geringe
Priorität und werden kaum finanziert. Wohnungsmodernisierungen werden entsprechend eher in geringem Umfang als „modernisierende Instandhaltung“ und reagierend
auf einzelne Missstände weniger als strategische Maßnahmen vorgenommen. Die Befragungsergebnisse machen deutlich, dass die
Wohnungsgenossenschaften die umfangreichsten Modernisierungsmaßnahmen vornehmen, während kommunale Gesellschaften in der Vergangenheit zum größeren Teil
zum Rückbau beigetragen haben.
Die unterschiedlichen Strategien der Eigentümergruppen lassen sich u. a. mit der regionalen Verteilung der Wohnungsbestände
erklären. Die Bestandszahlen der Eigentümergruppen deuten darauf hin, dass kommunale Unternehmen und Genossenschaften stärker lokal verwurzelt sind. Während
diese Unternehmen fast ihre gesamten
Bestände am jeweiligen Befragungsort haben, sind es bei den privaten Eigentümern
insgesamt nur 17 % (vgl. Tab. 9). Ein großer
Teil der Bestände ist demnach im Bundesgebiet oder sogar international verteilt.
4.3 Typisierung der Bestände
Die Typisierung der Wohnungsbestände erfolgt nach den Kategorien, die bereits in der
Sekundäranalyse und der Eigentümerbefragung verwendet worden sind. Hierzu zählen:
• die Region: Ost- oder Westdeutschland,
• der Markttyp: wachsend/strukturstark
oder schrumpfend/stagnierend,
• der Bestandstyp: Großwohnsiedlung und
andere Siedlungstypen,
• die Eigentümergruppe: kommunal, genossenschaftlich, privat bzw. institutionell.
Zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es
deutliche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Bestandstypen.
In Ostdeutschland liegt ein großer Schwerpunkt bei den Großwohnsiedlungen, während in Westdeutschland die Siedlungsstrukturen der 70er und 80er Jahre-Bestände
stärker ausdifferenziert sind.
Im Rahmen der Fallstudien hat sich bereits
gezeigt, dass die jeweilige Marktsituation für
den Umgang der Eigentümer mit den Beständen und den jeweiligen Gebäudezustand von
großer Bedeutung ist, weshalb hierauf bei der
Auswertung ein besonderer Schwerpunkt gelegt wird. Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass bei den verschiedenen
Eigentümergruppen Unterschiede hinsichtlich der strategischen Ausrichtung und somit
der Bestandsqualitäten bestehen.
Die Beschreibung dieser Typen basiert auf
den bisher durchgeführten Analysen und
wird ergänzt durch die Befragungsergebnisse
einzelner. Diese können jedoch nur punktuell als ergänzende Quelle hinzugezogen und
Abbildung 44
Bestandsstrategietypen
Bestandsstrategietypen
Ost
West
wachsend/
stagnierend
schrumpfend
Großwohnsiedlungen
Kleinere
Wohnsiedlungen
Großwohnsiedlungen
1
2
3
schrumpfend/
stagnierend
Kleinere
Wohnsiedlungen
4
Großwohnsiedlungen
Kleinere
Wohnsiedlungen
Großwohnsiedlungen
Kleinere
Wohnsiedlungen
5
6
7
8
Kommunale/öffentliche Gesellschaften
Wohnungsgenossenschaften
Private und institutionelle Eigentümer
Quelle: BBSR-Bestandsmonitoring 70er/80er Jahre
wachsend/
strukturstark
müssen entsprechend eingeordnet werden,
da die Fallzahlen, die sich bei einer Betrachtung nach Markttypen ergeben, z. T. sehr gering sind:
• Bestandsstrategietyp 1 und 2: schrumpfender Markt in Ostdeutschland (n=16),
• Bestandsstrategietyp 3 und 4: wachsender/stagnierender Markt in Ostdeutschland (n=8),
• Bestandsstrategietyp 5 und 6: schrumpfender/stagnierender Markt in Westdeutschland (n=42),
• Bestandsstrategietyp 7 und 8: wachsender/strukturstarker Markt in Westdeutschland (n=48).
Im Folgenden werden diese Bestandsstrategietypen im Hinblick auf die Wohnungsbestände, die Nachfragesituation und die damit
verbundenen Investitionsprozesse beschrieben. Dabei werden die Bestände nach Markttypen untergliedert, sodass sich vier Untergruppen ergeben. Vorab erfolgt eine Übersicht in Form einer Synopse.
Die hier dargestellten Ergebnisse basieren
im Wesentlichen auf den Befragungsergebnissen und sind insofern verallgemeinerbar.
Diese Ergebnisse werden ergänzt durch die
Fallstudienergebnisse, sofern diese Erkenntnisse vor dem Hintergrund der bisher durchgeführten Analysen ebenfalls verallgemeinerbar erscheinen.
Bestandsstrategietyp 1 und 2
Der Bestandsstrategietyp 1 umfasst zum weit
überwiegenden Teil Wohnungsbestände der
70er und 80er Jahre in ostdeutschen Großwohnsiedlungen, die fast ausschließlich in industrieller Bauweise errichtet worden sind.
Dieser Bauweise gehören auch die Bestände
außerhalb von Großwohnsiedlungen an, weshalb diese Bestände hier gemeinsam betrachtet werden können. Insgesamt handelt es sich
hierbei um rund 1.140.000 Wohnungen.
Die Plattenbaubestände der ehemaligen
DDR, in großem Umfang als Wohnungen
des industriellen Wohnungsbaus entstanden, haben nach ihrer Errichtung die zen-
Bestandsstrategietyp 1 und 2
Regionstyp:
Ostdeutschland
Markttyp:
schrumpfend
Bestandstyp:
Großwohnsiedlung
(Typ 1) und Kleinere
Wohnsiedlung (Typ 2)
Städtetypen:
Cottbus, Dessau, Erfurt,
Magdeburg, Schwerin,
Zwickau
Quelle: Eigene Darstellung
trale Wohnfunktion für die Bevölkerung
übernommen. Insgesamt zeichnet sich der
Bestand der 70er und 80er Jahre immer noch
durch ein sehr einseitig strukturiertes Wohnungsangebot mit einer geringen Mietpreisdifferenzierung aus.
Der Anteil an den Plattenbauten beträgt in
einzelnen Regionen über 50 %. In fast allen Regionen außer Leipzig, Dresden und
Berlin beträgt der Anteil an 70er und 80erJahre-Beständen mindestens 30 %. Damit zeigt sich, dass insbesondere in den
schrumpfenden Regionen die Plattenbaubestände trotz erheblichen Rückbaumaßnahmen eine herausragende Rolle spielen.
Gleichzeitig gibt es vielfach Probleme, diese
Bestände am Markt zu platzieren.
Marktsituation und Vermietbarkeit
Der Rückgang der Wohnungsnachfrage in diesen Marktregionen führte in den vergangenen
Jahren zu einem Anstieg des Leerstandes. Die
Plattenbauten der Großwohnsiedlungen sind
besonders von Leerstand betroffen. Im Rahmen der Eigentümerbefragung hat sich
gezeigt, das die Wohnungsnachfrage in
Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland, unabhängig von der jeweiligen Beurteilung der
gesamten Marktsituation vor Ort, als eher ungünstig eingeschätzt wird.
Der Wohnungsbestand besteht in diesen
Siedlungen vorwiegend aus Wohnungen
des P2-Ratio-Typs aus den 70er und teilweise 80er Jahren sowie Wohnungen des Typs
WBS 70 aus den 80er Jahren. In der Regel dominiert die 3-Zimmer-Wohnung, je nach Unternehmen beträgt der Anteil zwischen 60 und
80 %. Zu jeweils geringeren Teilen sind Wohnungen mit 1, 2 oder 4 Zimmern vertreten.
Die Marktgängigkeit der 3-Zimmer-Wohnungen wird häufig als gut eingestuft. Eine gute
Nachfrage erfahren ebenfalls die 2-ZimmerWohnungen mit 50 bis 65 m². Auch in Städten mit geringerer Nachfrage gibt es häufig
eine Knappheit an kleineren 2-Zimmer-Wohnungen, insbesondere im preiswerten Segment. Zu den Nachfragern zählen hier insbesondere ALG II-Empfänger, gerade auch
in strukturschwachen Räumen. Eine geringere Marktgängigkeit gibt es oft bei den sehr
kleinen 1-Zimmer-Wohnungen.
Die überwiegende Zahl der Eigentümer ordnet ihre Bestände im mittelpreisigen Segment
ein. Bezogen auf den Wohnungsbestand der
Befragten befinden sich fast alle Bestände in
schrumpfenden Märkten im mittelpreisigen
Segment. Im Unterschied zu den anderen Be-
85
Auswertung
standstypen gibt es demnach keine nennenswerten Bestände im preiswerten Segment.
Mieterstruktur
Plattenbauwohnungen in Großwohnsiedlungen (Bestandstyp 1) dienen zu einem
überdurchschnittlichen Teil als Wohnort für
kleine 1- bis 2-Personen-Haushalte und einkommensschwache Mieter. In Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland sind rund zwei
Drittel der befragten Eigentümer der Überzeugung, dass deren Anteil in diesen Beständen überdurchschnittlich ist. Demgegenüber
sind Familien und Haushalte mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich vertreten.
Insbesondere einkommensstärkere Haushalte spielen als Nachfrager nach Wohnungen in Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland kaum eine Rolle.
Aus der Befragung lässt sich kein Trend zu
einer stärkeren Überalterung als in anderen
Bestandstypen feststellen. Zukünftig wird allerdings damit gerechnet, dass der Anteil an
älteren Haushalten zunehmen wird. Gleichzeitig wird sich die heutige Sozialstruktur weiter verfestigen, einkommensschwache und
kleine Haushalte werden an Bedeutung gewinnen, einkommensstarke Haushalte und
Familien werden an Bedeutung verlieren.
Investitionen
Zu den bedeutendsten Eigentümern von
Großwohnsiedlungsbeständen in Ostdeutschland zählen die kommunalen
Gesellschaften sowie Genossenschaften, die
aus den Arbeitergenossenschaften der
ehemaligen DDR hervorgegangen sind. Häufig verfügen die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Ostdeutschland gegenüber
den Genossenschaften über einen höheren
Anteil an Altbauten. Der Wohnungsbestand
ist ausdifferenzierter, was sich auch auf die
verfolgten Strategien auswirkt. Die kommunalen Gesellschaften haben dadurch andere
Voraussetzungen und andere Schwerpunktsetzungen, die Strategie kommunaler
Unternehmen wird stärker von städtischen
Interessen mitbestimmt. Kommunale Gesellschaften übernehmen im Sinne des Gesellschafters auch stadtentwicklungspolitische
Aufgaben, wie z. B. die Entwicklung
innerstädtischer Kernbereiche. Wie die
Eigentümerbefragung gezeigt hat, liegt die
Beteiligungsquote bei der Erstellung von
Konzepten bei öffentlichen Wohnungsunternehmen bei nahezu 100 %, während sie bei
Genossenschaften geringer ist.
Dies kann zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen im Stadtgebiet führen, z. T.
auch weil viele stadtentwicklungspolitische
Aufgaben übernommen werden. Die Bestände der Genossenschaften in den Großwohnsiedlungen sind augenscheinlich vielfach in
besserem baulichem Zustand. Der höhere
Sanierungsgrad führt dazu, dass die Leerstände in diesen Beständen geringer sind als in unsanierten Beständen anderer Eigentümer.
In schrumpfenden Märkten stellen Bestände in Großwohnsiedlungen mit hohen Leerständen oftmals Rückbaupotenziale dar. Die
Leerstandsquote der letzten drei Jahre betrug
bei Dessauer Wohnungsunternehmen beispielsweise bis zu rund 30 %, dort wird dem
Rückbau der Gebäude eine (sehr) bedeutende Rolle beigemessen. Schweriner Unternehmen haben eine Leerstandsquote von bis zu
20 % aufzuweisen.
In den dargestellten Fallbeispielen führen
ein hoher wirtschaftlicher Konsolidierungszwang und die weiter nachlassende Wohnungsnachfrage mittelfristig zu weiterem
Rückbau. Insbesondere für die kommunalen
Wohnungsgesellschaften, die häufig Vorreiter
im Stadtumbau und Rückbau sind, stellen die
Großwohnsiedlungen auch zukünftig Rückbaupotenziale dar. Hinsichtlich der Rückbaumaßnahmen erreichen die schrumpfenden Märkte in Ostdeutschland die mit
Abstand höchsten Werte. In Großwohnsiedlungen sind laut Befragung Wohnungen in
einer Größenordnungen von 20 % betroffen,
sowohl in der Vergangenheit als auch zukünftig (vgl. Tab. 16). In kleineren Wohnsiedlungen hingegen werden zwar auch hohe Werte
erreicht, jedoch deutlich geringer als in den
Großwohnsiedlungen.
Die strategischen Entscheidungen für oder
gegen Modernisierungen hängen insbesondere in schrumpfenden Märkten mit der Lage
der Bestände im Stadtgebiet zusammen, da
Schwerpunktsetzungen notwendig sind. Zu
den bedeutendsten Maßnahmen zählen Wärmedämmungen und der Austausch der Fenster sowie Verbesserungen der technischen
Ausstattung im Hinblick auf Elektroinstallationen, Sanitäranlagen und Heizungsanlagen. Bei der Wärmedämmung spielt in den
untersuchten Beispielen die individuelle Fassadengestaltung im Hinblick auf das Marketing eine wichtige Rolle, um sich in der sonst
einheitlichen Bausubstanz zu positionieren.
Der Anbau von Balkonen erfolgt in geringerem Umfang als die anderen Maßnahmen.
Insgesamt sind die Modernisierungstätigkeiten in Großwohnsiedlungen in schrump-
86
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
fenden Märkten im Vergleich zu den anderen Bestandstypen mit Werten von 3–5 % des
erfassten Bestandes jedoch eher gering (vgl.
Tab. 19). Dies hängt zum einen mit den genannten Schwerpunktsetzungen hinsichtlich der Investitionstätigkeiten zusammen,
die aufgrund der geringen Gesamtnachfrage notwendig sind, zum anderen ist aber
auch vielfach bereits ein hoher Modernisierungsgrad erreicht worden. Die in der
Eigentümerbefragung untersuchten Unternehmen (Typ 1) investierten in den letzten fünf Jahren rund 5.400 €/Wohnung in
Modernisierungsmaßnahmen.
In kleineren Wohnsiedlungen werden Modernisierungen zu einem deutlich größeren Teil
durchgeführt, hier waren in den letzten Jahren bis 33 % der Wohnungen betroffen (vgl.
Tab. 25). Vor allem Erneuerungen der Sanitäranlagen und Erneuerungen der Elektroinstallationen werden hier durchgeführt (vgl. Tab.
28). Dies deutet darauf hin, dass Wohnungsbestände außerhalb von Großwohnsiedlungen
in innerstädtischen Lagen häufiger Modernisierungsmaßnahmen unterzogen werden.
Für den Typ 2 wird laut Befragungsergebnis im
Durchschnitt auch mehr investiert als in Großwohnsiedlungen (rund 8.800 €/Wohnung).
Energetische Sanierungen von Beständen in
Großwohnsiedlungen und in kleineren Wohn-
Werkstatt: Praxis Heft 68
siedlungen spielen entsprechend in den untersuchten Märkten bisher eine eher geringe Rolle. Dies ist hinsichtlich der Vermietbarkeit so lange unproblematisch wie der Anstieg
der Energiekosten eher geringer bleibt. In der
Regel sind zudem die Energiewerte bei den
Plattenbauten (Drei-Schichten-Platte) relativ
günstig. Handlungsschwerpunkt sind vor diesem Hintergrund derzeit Einzelmodernisierungen der Wohnungen. Sanierungen werden
vonseiten der bestandshaltenden Eigentümer
nur erfolgen, wenn weiterhin entsprechende
Fördermittel bereit gestellt werden.
Die Schaffung von altengerechtem Wohnraum durch Modernisierung spielt bei den
hier untersuchten Bestandstypen eine untergeordnete Rolle, wenngleich bei den
schrumpfenden Märkten der höchste Wert
erreicht wird. Bei rund 1.000 Wohnungen in
Großwohnsiedlungen wurden laut Befragung in den letzten Jahren Barrierefreiheit
hergestellt, dies entspricht 2 % des untersuchten Wohnungsbestandes und erfolgte
ausschließlich durch Wohnungsgenossenschaften (vgl. Tab. 18).
Im Rahmen der Altschuldenhilfe wurden in
Ostdeutschland in der Vergangenheit immer
wieder Wohnungen an institutionelle Eigentümer verkauft. In den letzten Jahren erwarben im Zusammenhang mit der Internati-
Sonderform: Hochhäuser
An den Hochhäusern wird ein typischer
Konflikt im Umgang mit den 70er und 80er
Jahre Beständen deutlich, in dem städtebauliche Fragestellungen den wohnungswirtschaftlichen Erfordernissen gegenüber
stehen. Dabei geht es um die „Zukunft der
Hochhäuser“ als Teilaspekt der 70er und
80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des
modernen Städtebaus dar, verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei oftmals
zu geringer Nachfrage.
In den Fallstudien ist die Sonderrolle dieser Hochhäuser deutlich geworden. Häufig stellen Hochhäuser städtebauliche Dominanten dar, die aus städtebaulicher Sicht
als Zeichen der Moderne und Teil der städtischen Höhenstruktur erhaltenswert sind.
Die Instandhaltung oder Modernisierung
dieser Objekte ist hingegen mit hohen Kosten verbunden, dies bezieht sich z. B. auf
bauliche Maßnahmen im Hinblick auf die
Grundrisse, die energetische Situation sowie
brandschutzrechtliche Anforderungen.
Insgesamt gibt es angesichts des Gesamtnachfragerückgangs in schrumpfenden
Märkten ein Überangebot an Wohnungen in
diesem Gebäudetyp. Gleichzeitig besteht aber
auch eine Nachfrage, die abhängig ist von der
Qualität der Wohnungen und der Lage.
Insbesondere in schrumpfenden Märkten
stellt dieser Bestandstyp auch ein wichtiges
Rückbaupotenzial dar. Vor allem die 11-geschossigen Scheibenhochhäuser des Typs
P2 sind vermietungsseitig häufig schwierig
zu vermarkten. Aufgrund der Grundrisse,
der energetischen Situation sowie brandschutzrechtlicher Anforderungen werden
die in einigen Jahren notwendigen Sanierungen sehr teuer. Hier stellt sich eine typische Problemstellung im Umgang mit den
untersuchten Wohnungsbeständen dar:
die „Zukunft der Hochhäuser“ als Teilaspekt der 70er und 80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des modernen Städtebaus dar,
verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei geringer Nachfrage.
87
Auswertung
onalisierung der Wohnungswirtschaft Private-Equity-Unternehmen etliche ostdeutsche Wohnungsunternehmen.40 Weitere Verkäufe stellen, wie die Fallstudien zeigen,
aber derzeit keine strategische Alternative
dar. Dies wird in der Eigentümerbefragung
bestätigt, lediglich ein befragtes kommunales Wohnungsunternehmen in schrumpfenden ostdeutschen Märkten hält Veräußerungen der Bestände für eine bedeutende
Portfoliostrategie.
Seit den 90er Jahren wurden in den Großwohnsiedlungen im Rahmen der Stadterneuerung umfangreiche Investitionen in die
Infrastruktur vorgenommen, hierzu zählen
vielfach die Verkehrsanbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Versorgung
durch den Einzelhandel. Rund jedes fünfte befragte Unternehmen in schrumpfenden Wohnungsmärkten in Ostdeutschland
hat in den letzten fünf Jahren entsprechende Wohnumfeldmaßnahmen durchgeführt,
davon waren 15 % des Wohnungsbestandes
betroffen. Auch zukünftig werden Wohnumfeldmaßnahmen mit 11 % in Großwohnsiedlungen bzw. 17 % in kleineren Wohnsiedlungen am Wohnungsbestand eine Rolle bei den
Investitionen spielen.
Bestandsstrategietyp 3 und 4
Die Marktsituation der Bestandsstrategietypen 3 und 4 wird als wachsend bzw. stagnierend beschrieben. Unter diesem Markttyp
sind Städte zusammengefasst, die in den vergangenen Jahren eine positive Bevölkerungsentwicklung bzw. nur einen leichten Bevölkerungsrückgang erfahren haben.41 Insgesamt
gibt es 17 Städte in Ostdeutschland, die dem
stagnierenden bzw. wachsenden Markttyp
zuzuordnen sind. Diese Städte verfügen in
der Regel über relativ ausgeglichene Wohnungsmärkte mit eher geringeren Leerständen. Gleichwohl kann auch in diesen Städten Rückbau von Wohnungen im Sinne einer
Marktbereinigung eine Rolle spielen. Insgesamt lassen sich rund 660.000 Wohnungen
der 70er und 80er Jahre-Bestände diesem
Markttyp zuordnen.
Der Wohnungsbestand ist ebenso strukturiert
wie bei den Bestandstypen 1 und 2. Es dominiert der Plattenbau mit einem breiten Spektrum an 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen, die
3-Zimmer-Wohnung ist vielfach am stärksten
vertreten, insbesondere beim Bautyp P2.
In ostdeutschen Märkten mit einer stärkeren
Nachfrage tritt oftmals eine Knappheit an
preiswerten 2-Zimmer-Wohnungen zutage.
Bestandsstrategietyp 3 und 4
Regionstyp:
Ostdeutschland
Markttyp:
stagnierend/wachsend
Bestandstyp:
Großwohnsiedlung
(Typ 3) und Kleinere
Wohnsiedlung (Typ 4)
Städtetypen:
Dresden, Potsdam
Quelle: Eigene Darstellung
Bestände der 70er und 80er Jahre haben auch
hier eine wichtige Versorgungsfunktion für
kleine, einkommensschwächere Haushalte.
Die in der Eigentümerbefragung angesprochenen Unternehmen schätzen die einkommensschwachen Haushalte als überdurchschnittlich häufig vertreten ein. Nachfragergruppen
mit eher geringem Einkommen und/oder geringen Wohnflächenansprüchen sind z. B.
Rentnerehepaare, Alleinstehende und Alleinerziehende sowie ALG II-Bezieher. Als eher ungünstig wird die Vermietbarkeit der kleinen
1-Zimmer-Wohnungen (Ratio-Wohnungen)
mit Wohnflächen von rund 30 m² eingestuft.
Gleichzeitig kann die Nachfrage von Familien
mit drei und mehr Kindern in den untersuchten Beständen nicht erfüllt werden, da die
Wohnungen vielfach nicht ausreichend groß
sind und nicht die gewünschten Wohnqualitäten aufweisen. Größere familiengerechte
Wohnungen für drei und mehr Kinder müssen dann in anderen Segmenten oder durch
Neubau zur Verfügung gestellt werden.
Die Mieterstruktur ist häufig durch eine
lange Wohndauer geprägt. Insbesondere in
den Beständen der 70er Jahre gibt es dementsprechend häufig einen hohen Anteil an
älteren Haushalten. In den Siedlungen der
80er Jahre ist die Altersstruktur entsprechend
jünger. Hinzu kommt, dass ein Teil der jüngeren Haushalte der 80er Jahre-Siedlungen
bereits nach 1990 im Zuge der Suburbanisierung umgezogen ist. Entsprechend schätzen
die befragten Unternehmen den Anteil der
älteren Haushalte als durchschnittlich bis
überdurchschnittlich ein.
Die Wohnzufriedenheit in Plattenbausiedlungen in stagnierenden bzw. wachsenden
Märkten ist als eher hoch einzustufen, da hier
in der Regel der bauliche Zustand der Wohnungen im Zuge der bisher durchgeführten
Aufwertungsmaßnahmen als gut einzustufen
ist. Hinzu kommt, dass es in diesen Märkten
aufgrund des vergleichsweise knappen Wohnungsangebots in der Regel eine relativ hohe
soziale Durchmischung und – wie bereits erwähnt – viele Haushalte mit langer Wohndauer gibt. Zukünftig ist in diesen Märkten
nur mit geringen Verschiebungen der Nachfrage zu rechnen.
(40)
Vgl. BBR 2007.
(41)
Die Grenze zwischen schrumpfenden Städten und stagnierenden wachsenden Städten in Ostdeutschland wurde basierend
auf der Einwohnerentwicklung
zwischen 1999 und 2004 auf
-1,5 % festgelegt. Es wurde
somit in 17 stagnierenden/wachsende Städte mit 1,8 Mio.
Einwohner sowie in 83 schrumpfende Städte mit 3,9 Mio. Einwohner unterschieden, vgl. LeibnizInstitut für ökologische Raumentwicklung e.V. 2006.
Das Mietniveau ist in den Großwohnsiedlungen in den stagnierenden bzw. wachsenden
Märkten Ostdeutschlands im mittelpreisigen
Bereich. Im Gegensatz zu den westdeutschen
Beständen gibt es aufgrund der guten Nachfrage hier deutlich mehr mittelpreisige
Bestände. Dies kann durch das insgesamt
niedrigere Preisniveau und die geringeren
Mietpreisspannen erklärt werden. In kleineren Wohnsiedlungen ist der Anteil an preiswerten
Beständen
höher
als
in
Großwohnsiedlungen.
Die Marktgängigkeit dieser Wohnungen ist
in stagnierenden bzw. wachsenden Märkten
häufig gegeben, da die Gesamtnachfrage ausreichend ist. Problematisch kann es bei bestimmten Wohnungs- bzw. Gebäudetypen
werden. Zu nennen sind z. B. Hochhäuser,
die nicht über Balkone verfügen. Des Weiteren sehr problematisch ist die Vermietung der
fünften und sechsten Geschosse, sofern kein
Fahrstuhl vorhanden ist.
In der Fallstudie Potsdam hat sich gezeigt,
dass die Gebäude aufgrund der ausreichenden Nachfrage durchgehend saniert und
modernisiert sind und über entsprechende
Ausstattungen verfügen, wie z. B. Fahrstuhl.
Ebenso ist der energetische Standard z. T. weit
fortgeschritten. Nach Angaben der befragten
Eigentümer sind nur noch in Einzelfällen Modernisierungsmaßnahmen in den nächsten
fünf Jahren geplant. Die vergleichsweise geringen Modernisierungstätigkeiten spiegeln
sich in den Befragungsergebnissen wider.
Ein intaktes Wohnumfeld ist wichtig für die
Marktgängigkeit der Bestände. Hier gab es
bereits in den 1990er Jahren umfangreichen
Nachholbedarf. Wohnumfeldmaßnahmen
spielten im Zeitraum 2003 bis 2007 im Gegensatz zu den schrumpfenden Märkten nur eine
geringe Rolle, zukünftig sind – zumindest laut
Befragung – keine Maßnahmen vorgesehen.
In energetischer Hinsicht werden die Bestände
eher positiv eingestuft. Fassadendämmungen
erfolgen oft nur bei gravierenden baulichen
Mängeln an den Gebäudehüllen, die vorhandenen Dachdämmungen werden im Verhältnis zum Aufwand und der erzielbaren Energieeinsparung als wirkungsvoll und ausreichend
eingestuft. Von vier der befragten Eigentümer
des hier untersuchten Bestandstyps wurden
Dach- bzw. Fassadendämmungen vorgenommen. Bezogen auf die Wohnungsbestände erfolgen hier in vergleichbarem Umfang Maßnahmen wie in westdeutschen Märkten mit
guter Wohnungsnachfrage. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen jedoch der Aus-
tausch der Fenster und die Erneuerung von
Heizungsanlagen.
In Wohnungsmärkten mit einer guten Nachfrage, aber einer ausgeprägten Konkurrenzsituation, sind bauliche Maßnahmen für die
Vermieter von strategischer Bedeutung, um
sich am Markt abzuheben und die Konkurrenzfähigkeit sicherzustellen. Auch Hochhäuser lassen sich in den untersuchten Beispielen gut platzieren. Die städtebauliche
Dominanz wird z. T. sogar als Marketingmittel genutzt. Die Nachfrage ist hierbei jedoch anders strukturiert als bei den 5- bis
6-geschossigen Gebäuden. Aufgrund der
Wohnungstypen und z. T. fehlender Balkone
werden diese Wohnungen oftmals eher von
jüngeren Haushalten mit geringerer Wohndauer nachgefragt. Vor diesem Hintergrund
eignen sich diese Bestände eher für jüngere
Haushalte mit eher kurzen Wohnperspektiven, wie z. B. junge 1- und 2-Personen-Haushalte bzw. Studenten. Die Konflikte im Umgang mit den Hochhäusern sind hier nicht so
stark wie in schrumpfenden Märkten, da die
Vermietung in der Regel gesichert ist.
Zukünftig wird in diesen Märkten mit keinen grundlegenden Veränderungen zu rechnen sein, sofern die Nachfrage weiterhin stabil bleibt, worauf einige Faktoren hindeuten.
Die Eigentümer planen i.d.R. keine grundlegenden Umstrukturierungen. Zwar gibt es
in dem Fallbeispiel Potsdam unterschiedliche Beteiligungsintensitäten hinsichtlich der
Quartiersentwicklung, jedoch weichen die
Bestandsentwicklungsstrategien nicht grundsätzlich voneinander ab. Wohnungsprivatisierungen haben in der Vergangenheit wenig
Erfolg gebracht und werden auch zukünftig
keine Rolle spielen – nur ein privater Eigentümer aus der Befragung hält den Wohnungsverkauf für eine bedeutende Strategie. Auch
Rückbau wird zukünftig kein großes Thema
sein, lediglich eines der befragten Wohnungsunternehmen in Dresden plant den Rückbau
von ca. 300 Wohneinheiten.
Bestandsstrategietyp 5 und 6
Der Typ 5 bezieht sich vor allem auf die
in der ersten Hälfte der 70er Jahre errichteten Wohnungen in Großwohnsiedlungen in Westdeutschland. Typ 6 umfasst Wohnungsbestände in kleineren
Siedlungszusammenhängen.
Bei den Großwohnsiedlungen handelt es
sich um hochverdichtete, in sich geschlossene Siedlungen mit Hochhäusern, die ca. ab
1968 errichtet worden sind. Insgesamt befin-
89
Auswertung
den sich in Westdeutschland rund 1.580.000
Wohnungen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Märkten, dies entspricht 30 % der
Bestände der 70er und 80er Jahre. Zahlreiche
Bestände befinden sich in den altindustrialisierten Regionen des Ruhrgebietes mit einer
Größenordnung von rund 350.000 Wohnungen. Gemessen am Gesamtbestand an Wohnungen der 70er und 80er Jahre sind die Anteile
regional weitgehend gleich verteilt. In der weit
überwiegenden Zahl der Regionen beträgt der
Anteil zwischen 20 % und 30 % und spiegelt damit den Anteil am Gesamtmarkt wider.
Der Wohnungsbau in westdeutschen Großsiedlungen ist ebenfalls durch Plattenbau
geprägt. Gegenüber dem industriellen Wohnungsbau der DDR zeichnen sich die Siedlungen jedoch durch vielfältigere Bauweisen
und städtebauliche Formen aus. Die Siedlungen haben in der Regel deutliche strukturelle Defizite, baulich-funktionale Mängel und
unzureichende Infrastrukturausstattungen.
Hinzu kommen vielfach soziale Probleme,
die zum großen Teil aus der Belegungspolitik resultieren. Die räumliche Konzentration
belegungs- und mietpreisgebundener Wohnungen führte vielfach zu einer sozialräumlichen Konzentration einkommensschwacher
Haushalte. Die vorhandene Sozialstruktur ist
häufig durch einen hohen Anteil an Personen
mit mittlerem und niedrigem Bildungs- und
Einkommensniveau geprägt. Der Anteil an
Haushalten mit Migrationshintergrund liegt
zum Teil bei 30 % und mehr. Fast die Hälfte
der Eigentümer in Großwohnsiedlungen hält
den Anteil für überdurchschnittlich. In den
kleineren Siedlungszusammenhängen ist der
Anteil hingegen deutlich geringer.
Es zeigt sich auch, dass die Siedlungen der
70er Jahre bisher keine Überalterungsprozesse durchlaufen. Der Anteil der älteren Bewohner wird überwiegend als durchschnittlich eingestuft. Zukünftig wird jedoch mit
einer Zunahme gerechnet. Im Hinblick auf
das altengerechte Wohnen werden aber von
den Eigentümern bisher relativ wenige Maßnahmen realisiert. Überwiegend handelt es
sich um Einzelmaßnahmen, die bei Bedarf
bei einzelnen Mietern durchgeführt werden.
Größere Projekte im Bestand gibt es bisher
nur vereinzelt.
Die in der Eigentümerbefragung befragten Wohnungsunternehmen stufen ihre
Wohnungsbestände in stagnierenden bzw.
schrumpfenden Märkten in Großwohnsiedlungen mit rund 80 % überwiegend im
mittleren Mietpreissegment ein, die übrigen
Bestände befinden sich im preiswerten Segment. In kleineren Wohnsiedlungen wird ein
kleiner Teil der Bestände (6 %) dem höherpreisigen Segment zugeordnet.
Die geförderten Wohnungen der 70er Jahre
verfügen vielfach über relativ große Wohnflächen. Zu den Nachteilen zählen die vielfach
kleinen, innen liegenden Küchen. Für dieses Segment bestehen angesichts der Wohnungsgrößen und dabei günstigen Preise in
der Gruppe der einkommensschwächeren
Familien aber kaum Vermietungsprobleme.
Die großen Wohnungen werden insbesondere von Familien mit Migrationshintergrund
gut angenommen.
Etwas ungünstiger ist die Vermietungssituation oftmals bei den kleineren Wohnungstypen. Jüngere Haushalte, für die diese
Wohnungen geeignet sind, fragen jedoch vielfach an andere innerstädtischen Standorten
Wohnraum nach. So zeigt sich, dass das Werben um Studenten selten zum gewünschten
Erfolg führt.
Bei den 70er und 80er Jahre-Beständen in
Großwohnsiedlungen können die Leerstände in Abhängigkeit vom Eigentümer bis zu
20 % erreichen. Im Rahmen der Eigentümerbefragung gaben die Unternehmen dieser Bestandsstrategietypen Spannen zwischen 3 % in
Dortmund und 20 % in Wolfsburg an. Es zeigt
sich ein deutlicher Zusammenhang mit dem
Sanierungsstand, da die Leerstände kleinräumig, je nach Eigentümer deutlich variieren. Allerdings sind auch in schwierigeren Märkten
geringe Leerstände um 2 % möglich, wenn die
Vermietungsstrategie darauf ausgerichtet ist
und die Steuerung der Belegungsstruktur eine
untergeordnete Rolle spielt.
Zu den wichtigsten Eigentümern der Wohnungsbestände in den Großwohnsiedlungen
zählen nach wie vor die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Die Bestände
verfügen vielfach heute noch über Mietpreisund Belegungsbindungen, welche jedoch zunehmend auslaufen. Der Anteil an noch bestehenden Belegungs- bzw. MietpreisbinBestandsstrategietyp 5 und 6
Regionstyp:
Westdeutschland
Markttyp:
stagnierend/
schrumpfend
Bestandstyp:
Großwohnsiedlung
(Typ 5) und kleinere
Wohnsiedlung (Typ 6)
Städtetypen:
Arnsberg, Bochum,
Bremen, Dortmund,
Gelsenkirchen, Gießen,
Göttingen, Hamm,
Hannover, Hof,
Nürnberg, Wolfsburg
Quelle: Eigene Darstellung
dungen liegt der Befragung zufolge bei 40 %,
wobei der Anteil in den Großwohnsiedlungen deutlich unter dem der kleineren Wohnsiedlungen liegt. Der Großteil dieser Bindungen wird nach 2017 auslaufen, dies gaben gut
ein Drittel der befragten Wohnungsunternehmen mit Wohnungsbeständen in stagnierenden bzw. schrumpfenden Städten an.
Nach Auslaufen der Bindungen sind vor
allem Mietpreisanpassungen zu erwarten,
dies ist bei 16 % der befragten Wohnungsunternehmen der Fall. An jenen Standorten, an
denen es das Marktniveau und die Vermietungssituation zulassen, werden die Mieten nach oben angepasst. Insbesondere an
Standorten mit einem Angebotsüberhang
werden sich jedoch diese Mieterhöhungen
wohl nicht realisieren lassen. Andere Strategien wie Verkäufe oder Mieterprivatisierungen spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Die Strategien der kommunalen Gesellschaften sind vielfach durch die Interessen des
Gesellschafters geprägt. Dies wirkt sich auf
die Belegungspolitik aus, da diese Gesellschaften im Allgemeinen einem öffentlichen Versorgungsauftrag nachkommen. In
den dokumentierten Beispielen hat sich gezeigt, dass die kommunalen Gesellschaften
tatsächlich häufiger als Initiator und Kooperationspartner stadtbaulicher Entwicklungen
auftreten. So haben beispielsweise drei Viertel der befragten kommunalen Wohnungsunternehmen, aber nur 9 % der privaten
Vermieter an Quartiersentwicklungskonzepten mitgewirkt.
Modernisierungsmaßnahmen sind in den
Beständen der Großwohnsiedlungen bei rund
einem Drittel der Wohnungen vorgenommen
worden. Dies ist der höchste Wert unter den
Bestandstypen. Bei kleineren Wohnsiedlungen wurden Modernisierungen nur in geringem Maß (5 %) vorgenommen (vgl. Tab. 16
und 25).
Zu den zentralen Herausforderungen zählen insbesondere energetische Modernisierungen. Als bauliche Defizite werden die
Dächer, die bei Erneuerung die höchsten Kosten bewirken, und die Fenster genannt. Die
Erneuerung der Fenster ist vielfach bereits erfolgt, je nach Eigentümergruppen jedoch in
unterschiedlichem Maß. In einem Beispiel
in Bochum waren rund 30 % der kommunalen Wohnungsbestände inzwischen modernisiert, dies schließt auch eine energetische
Modernisierung ein. Bei den verwalteten Beständen im selben Quartier wurden seit der
Errichtung keine nennenswerten Maßnah-
men durchgeführt. Technisch, energetisch
und ihrer Ausstattung nach sind sie damit
auf dem Stand der 70er Jahre.
Von den befragten Unternehmen gaben
21 % (mit Beständen in Großwohnungssiedlungen) bzw. 26 % (mit Beständen in kleineren Wohnsiedlungen) an, dass sie Maßnahmen zu Wärmedämmung an Dach und
Fassade in den letzten fünf Jahren vorgenommen haben. Auch in der Zukunft spielt die
Wärmedämmung bei den Wohnungsunternehmen in Klein- und Großwohnsiedlungen eine wichtige Rolle (33 % bzw. 17 % der
befragten Unternehmen). Bezogen auf die
Wohnungsbestände geht es hierbei jedoch
nur um 5–6 % der Wohnungsbestände.
Hinsichtlich der energetischen Modernisierung wurde in den Gesprächen mit den
Eigentümern vielfach auf das Investorendilemma hingewiesen. Von der energetischen
Modernisierung würden langfristig die Bewohner durch geringere Energiekosten profitieren, aber auch die Eigentümer, die auf diese Weise die Werthaltigkeit ihrer Bestände und
ihre Vermietbarkeit verbessern. Daher sind
solche Maßnahmen zwar gewollt, jedoch sind
zum einen die Anforderungen durch die EnEV
sehr umfassend, sodass je Objekt umfangreiche Investitionen notwendig sind. Zum anderen lässt die Marktsituation insbesondere in
Märkten mit Angebotsüberhängen entsprechende Mieterhöhungen nicht zu, sodass eine
Umlage von 11 % der Investitionskosten auf
die Mieten nicht realisierbar ist. Denn gleichzeitig wirken sich hohe Betriebskosten ungünstig auf die Gesamtmietkosten aus. Hierzu können z. B. die Fahrstühle und die
Müllentsorgung beitragen. Dies kann dazu
führen, dass Investitionen begrenzt oder ganz
unterlassen werden.
Der zentrale Hemmfaktor für Investitionen
ist jedoch der geringe Spielraum bei der Mietpreisgestaltung. Investitionen sind nur zu einem geringen Teil refinanzierbar und somit
nicht rentabel. Mieterhöhungen im notwendigen Umfang geben die untersuchten Wohnungsmärkte nicht her, insbesondere im preiswerten Wohnungssegment, wo z. T. eher noch
Mietpreisanpassungen nach unten notwendig
werden, um die Vermietung sicherzustellen.
Bei der Vermietung spielen energetische
Aspekte allerdings bisher kaum eine Rolle,
was auch bei anderen Bestandstypen zu beobachten ist. Angebote mit Hinweis auf energetische Eigenschaften haben keinen Marktvorteil – eher im Gegenteil, entsprechende
Hinweise wurden in einer Anzeigenreihe wie-
91
Auswertung
der rausgenommen, da keine Resonanz zu
verzeichnen war. Anfragen bezüglich eines
Energiepasses werden vonseiten potenzieller Mieter (noch) nicht gestellt.
Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden von den Eigentümern nur Einzelmaßnahmen umgesetzt, d.h. auf Nachfrage bei
einzelnen Wohnungen (z. B. Maßnahmen
im Badezimmer). Viele Bestände der Großwohnsiedlungen eignen sich trotz Fahrstuhl
für barrierefreies Wohnen nur bedingt, vor
allem wenn die Fahrstühle nur auf halber
Treppe halten. Aus der Unternehmensbefragung geht hervor, dass lediglich in 10 %
der Bestände in Großwohnsiedlungen und
nur 2 % der Bestände der kleineren Wohnsiedlungen bauliche Maßnahmen zur Verringerung von Barrieren durchgeführt wurden.
Nur in Einzelfällen werden Objekte gezielt für
bestimmte Zielgruppen umgebaut. Größere
Maßnahmen wie Grundrissänderungen wurden in den Beständen nicht vorgenommen
und sind nicht geplant.
Die im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse deuten auf keine größeren
Verkäufe von Wohnungsbeständen hin. Wie
aus der Befragung der Wohnungsunternehmen hervorgeht, haben lediglich 5 % der Unternehmen angegeben, dass der Verkauf ihrer
Wohnungsbestände in kleineren Wohnsiedlungen „bedeutend“ ist. Unternehmen mit
Beständen in Großwohnsiedlungen haben
dies in keinem Fall angegeben. Die kommunalen Wohnungsgesellschaften sowie Genossenschaften schließen Verkäufe überwiegend
aus. Jeweils ein kommunales Wohnungsunternehmern und eine Genossenschaft halten
den Verkauf der Bestände in kleineren Wohnsiedlungen für eine bedeutende strategische
Maßnahme. Gegebenenfalls ist mit Wiederverkäufen bei einzelnen institutionellen
Eigentümern zu rechnen. Mieterprivatisierungen spielen kaum eine Rolle. Bei diesen
Angaben ist jedoch zu berücksichtigen, dass
das Thema „Verkauf“ nur mit großer Diskretion behandelt wird und die Angaben hierzu aus strategischen Gründen eher zurückhaltend sind.
Deutliche Handlungserfordernisse bei der
Gestaltung des direkten Wohnumfeldes ergeben sich nach Ansicht der Akteure in Großwohnsiedlungen, z. B. im Hinblick auf die
Gestaltung öffentlicher Plätze, der Grünflächen und Spielplätze sowie die Beseitigung von Gebrauchsspuren („Vandalismus“). Häufig gibt es in den Wohngebieten
nur eine eingeschränkte Einzelhandelsversorgung. Die Förderung des Einzelhandels
und Schaffung von neuen Angeboten ist daher häufig ein wichtiges Handlungsfeld, insbesondere im Rahmen von Programmen, wie
„Soziale Stadt“ oder „Stadtumbau West“. Bezogen auf die Wohnungsbestände ist dies ein
wichtiges Handlungsfeld in den Großwohnsiedlungen, bei rund einem Drittel der Wohnungen wurden Maßnahmen durchgeführt
bzw. sind Maßnahmen geplant. Bei kleineren
Wohnsiedlungen spielt dies eine deutlich geringere Rolle. Die Gesamtgestaltung der Wohnanlage ist nach Ansicht der Vermieter notwendig für die Identität der Siedlung bzw. der
Bewohner, kann jedoch an der fehlenden Bereitschaft einzelner Eigentümer scheitern.
Bestandsstrategietyp 7 und 8
Der Bau von Großwohnsiedlungen in Westdeutschland bezieht sich fast ausschließlich
auf die 70er Jahre. Die Eigentümerbefragung
ergab, dass nur rund 11 % der Wohnungen
in Großwohnsiedlungen zwischen 1980 und
1989 errichtet wurden. Bei den in den Fallstudien untersuchten Großwohnsiedlungen
handelt es sich um größere Siedlungen mit
rund 3.000 bis 7.000 Wohnungen. In der Regel entstanden dort hoch verdichtete Zentren
mit bis zu 14-geschossigen Gebäuden.
Die Eigentümerstruktur in den Großwohnsiedlungen im Westen ist insgesamt vielfältiger als in den ostdeutschen Großwohnsiedlungen, wenngleich der größte Anteil durch
die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – kommunale Gesellschaften und
verschiedene Genossenschaften – im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus erbracht
wurde. Neben den benannten Unternehmenstypen traten hier häufig auch private Gesellschaften und Wohnungsunternehmen sowie
Kirchen als Bauträger und Vermieter auf. Im
Vergleich dazu zeichnet sich die 80er JahreGroßwohnsiedlung Allermöhe-Ost durch
eine im Vergleich noch kleinteiligere Eigentümerstruktur aus. Dort liegt der Anteil der
großen, ehemals gemeinnützigen Anbieter
bei rund einem Drittel. Alle übrigen Wohnungen verteilen sich auf kleinere Eigentümer.
Bestandsstrategietyp 7 und 8
Regionstyp:
Westdeutschland
Markttyp:
wachsend/strukturstark
Bestandstyp:
Großwohnsiedlung
(Typ 7) und Kleinere
Wohnsiedlung (Typ 8)
Städtetypen:
Darmstadt, Dormagen,
Freiburg, Freising,
Hamburg, Hanau,
Ingolstadt, Karlsruhe,
Köln, Leverkusen,
Ludwigsburg, Mainz,
Osnabrück, Troisdorf,
Wiesbaden, Worms
Quelle: Eigene Darstellung
Die Wohnflächenstandards der 80er JahreGroßwohnsiedlungen sind gegenüber anderen Siedlungen aus den 70er Jahren etwas
höher, gegenüber anderen Beständen der 80er
Jahre jedoch eher gering. Geringere Flächen
wurden praktisch durch erhöhte Freiflächenanteile kompensiert. Im Unterschied zu den
70er Jahre-Wohnungen fallen jedoch die Bäder
und Küchen hier wieder etwas kleiner aus.
Wie für viele andere Großwohnsiedlungen
auch zählen die Monofunktionalität und infrastrukturelle Defizite zu den Problembereichen. Auch das Beispiel Allermöhe Ost aus den
80er Jahren, das sich bei der Umsetzung an
dem Leitbild der Kleinteiligkeit und Kleinmaßstäblichkeit orientierte, zeigt deutliche Defizite im infrastrukturellen Bereich, die trotz
entsprechender Planungen im Laufe der Zeit
entstanden sind. Dies bezieht sich z. B. auf die
Platzgestaltung im zentralen Bereich und die
Versorgung mit dem täglichen Bedarf.
Unabhängig von der Marktsituation spielten
in den 70er Jahre Siedlungen bauliche Probleme früh eine Rolle, weshalb umfassende Korrekturmaßnahmen, u. a. durch Festlegung von Sanierungsgebieten durchgeführt
worden sind. Hohe Leerstände und das Zuspitzen von baulichen und sozialen Missständen führten seit Mitte der 80er Jahre zu
„Nachbesserungen“.
In den Beständen des sozialen Wohnungsbaus – sowohl in Großwohnsiedlungen als
auch in kleineren Wohnsiedlungen – sind in
der Regel die Anteile an Haushalten mit Migrationshintergrund deutlich höher als in anderen Stadtteilen. Zum Teil sind problematische Sozialstrukturen entstanden, was sich an
einer Häufung an Nachbarschaftsproblemen
zeigt (z. B. Fallstudien Mainz, Allermöhe).
Ein großer Teil der Wohnungen verfügt noch
über Belegungsbindungen, die Laufzeiten
von zehn und mehr Jahren haben. Insgesamt
28 % der Wohnungen in Großwohnsiedlungen und 42 % der Wohnungen in anderen Siedlungen, die im Rahmen der Eigentümerbefragung diesen Bestandsstrategietypen
zugeordnet werden können, befinden sich
derzeit noch in einer Mietpreisbindung. Die
Bindungen laufen überwiegend erst nach
2017 aus, dies ist sowohl im Bestandsstrategietyp 7 als auch 8 der Fall.
Die Altersstruktur der Bewohner ist insbesondere in den jüngeren Baualtersklassen relativ ausgeglichen, einen leicht höheren Anteil
haben die einkommensschwachen Haushalte. So gaben beispielsweise nahezu drei
Viertel der Unternehmen in der Eigentümerbefragung an, dass die Mieterstruktur in
Großwohnsiedlungen überdurchschnittlich
hoch durch einkommensschwache Haushalte geprägt ist. In den kleineren Wohnsiedlungen werden die einkommensschwachen
Haushalte als eher durchschnittlich häufig
vertreten eingeschätzt (57 %).
Auch bei einer insgesamt guten Vermietungssituation in den Siedlungen der 70er und 80er
Jahre in Märkten mit großer Wohnungsnachfrage wirken sich die Lageunterschiede auf
die Vermietbarkeit der Bestände und die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen unterschiedlich aus. So können Bestandsmaßnahmen in älteren Beständen der
60er Jahre in zentraleren Lagen aufgrund ihrer besseren Lage deutlich wirtschaftlicher
als in den Beständen der 70er in der Peripherie sein, da das Mieterhöhungspotenzial
entsprechend größer ist. Hinzu kommt, dass
die Wohnkosten in den 70er Jahre-Beständen
häufig höher sind als in anderen Beständen.
Zurückzuführen ist dies auf höhere Nebenkosten (insbesondere Betriebskosten) und
auf vergleichsweise große Wohnflächen.
Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen sind
auch in den untersuchten Beständen der Typen 7 und 8 nur im Einzelnen Maßnahmen
realisiert worden. Die Ergebnisse der Eigentümerbefragung unterstützen diese Einschätzung, nur ca. 6 % der befragten Unternehmen
haben in den vergangenen Jahren entsprechende Maßnahmen durchführt. Hauptargument für die geringen Investitionstätigkeiten
in diesem Segment sind die umfangreichen
Anforderungen der DIN 18025 für Barrierefreiheit. In den Siedlungsbeständen mit geringen Geschosshöhen – hierzu zählen insbesondere die in den 80er Jahren errichteten
Bestände – sind zudem keine Fahrstühle vorhanden, sodass die Obergeschosse nicht erreichbar sind. Entsprechend werden Maßnahmen nur in Erdgeschosswohnungen
durchgeführt. Über individuelle Anpassungen geht dies aber nicht hinaus.
Grundrissänderungen spielen in den 70er und
80er-Jahre-Beständen keine Rolle. Diese wurden von den befragten Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit nur in den 50er-Jahre-Beständen durchgeführt. Aber auch in
diesem Segment wird von der Änderung der
Grundrisse inzwischen Abstand genommen,
da die Kosten mit Neubaukosten vergleichbar
sind, ohne dass Neubaustandards geschaffen
werden. Die damit verbundenen Mietpreissteigerungen werden vom Mieter nicht angenommen. Hinzu kommt, dass auch kleinere
1-Zimmer-Wohnungen durch die Regelungen
in Zusammenhang mit ALG II eine deutlich
93
Auswertung
erhöhte Nachfrage erfahren haben. Vermietungsprobleme gibt es in diesem Segment seit
Hartz IV praktisch nicht mehr.
Auch in der Eigentümerbefragung wurde
deutlich, dass energetische Maßnahmen in
der Zukunft an Bedeutung gewinnen werden.
So haben 27 % der Befragten der Bestandsstrategietypen 8 und 15 % des Typs 7 angegeben, dass in den nächsten fünf Jahren
Wärmedämmungen an Dach und Fassade
geplant seien. In den 80er Jahre-Wohnungen
sind bisher allerdings über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus keine wesentlichen Bestandsentwicklungen vorgenommen worden. Die Gründe liegen in dem relativ jungen
Baualter, weshalb der energetische Standard
auf einem anderen Stand ist als in anderen
Großwohnsiedlungen der 70er Jahre. Hinsichtlich der Kennwerte stehen diese Bestände deutlich besser da. Die Gebäude verfügen
über KW/h-Werte im Bereich von 110 bis 130.
Nach Aussagen von Unternehmensseite wird
ein Handlungsbedarf erst bei Werten um 180
KW/h gesehen. Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände der 80er Jahre wird entsprechend erst in zehn bis
20 Jahren eine Rolle spielen. Dann werden
voraussichtlich Maßnahmen wie Wärmedämmung und die Erneuerung der Heizungssysteme notwendig sein. Diese Einschätzung
deckt sich weitgehend mit den anderen
Bestandstypen.
Maßnahmen zur energetischen Erneuerung
sind aus Sicht der Wohnungsunternehmen
ohne Förderungen nicht umsetzbar. Dies
trifft umso mehr zu als die Richtlinien der
Energieeinsparverordnung hohe Anforderungen stellen. Die bestehenden Fördermöglichkeiten zum Zeitpunkt der Befragung werden zum Teil kritisch beurteilt. So gibt es
Positionen, die KfW-Darlehen als unpassendes Förderinstrument einstufen, da hier nur
Paketlösungen möglich seien, die die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen überfordern. Besser wäre ein
Zuschussmodell, das es zulässt, Einzelmaßnahmen zu fördern (entweder Fenster oder
Dach, aber nicht zwingend beides). Sonst bestehe die Gefahr, dass Maßnahmen an Beständen solange unterlassen werden, bis zu
einem späteren Zeitpunkt ein umfassendes
Maßnahmenpaket durchgeführt wird.
Nach Angabe der befragten Wohnungsunternehmen wurde in den letzten fünf Jahren bei
rund 20 % der Wohnungen des Bestandsstrategietyps 7 eine Wärmedämmung an Dach
oder Fassade vorgenommen, beim Bestandstyp 8 war es rund ein Drittel. Modernisie-
rungen innerhalb der Wohnungen (insbesondere Sanitäranlagen) wurden vielfach bei
Mieterwechseln durchgeführt. Die Akzeptanzquote bei den Mietern für die Durchführung von Modernisierungen kann insbesondere bei einkommensschwächeren Bewohnern geringer sein, da viele Haushalte die
erhöhten Mietkosten nicht tragen können
oder wollen.
Im Rahmen der Eigentümerbefragung gaben
17 % der Unternehmen aus dem Bestandsstrategietyp 7 an, dass Wohnumfeldmaßnahmen in den letzten fünf Jahren durchgeführt
wurden. Dafür wurden bezogen auf die
Wohnungen rund 3.550 € je Wohnung investiert. Insgesamt 6 % der befragten Unternehmen planen darüber hinaus in den nächsten
fünf Jahren entsprechende Maßnahmen.
Bei der Weiterentwicklung der untersuchten
Wohnungsbestände handelt es sich um einen
langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den
50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich
die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen
für eine Erneuerung dieser Bestände werden
jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland
wird der Handlungsschwerpunkt zukünftig
vor allem bei den 70er Jahre-Beständen, die
vielfach auch im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind, liegen.
Verkäufe von Wohnungsbeständen erfolgten
in den untersuchten Fallstudien in größerem
Umfang vor allem an institutionelle Eigentümer. Zukünftig sind nach Aussagen der beteiligten Eigentümer aber keine größeren Veräußerungen zu erwarten. Dies geht auch aus der
durchgeführten Eigentümerbefragung hervor, die befragten Unternehmen halten den
Verkauf von Wohnungsbeständen als Portfoliostrategie überwiegend für unbedeutend.
Im Unterschied zu anderen Märkten ist die
Marktgängigkeit auch der Großwohnsiedlungsbestände in den prosperierenden Städten gut, häufig gibt es hier Vollvermietung. Die
Mietpreise bewegen sich eher im mittelpreisigen Segment und können in einzelnen Städten, wie z. B. Hamburg, 6,00–8,00 €/m² nettokalt erreichen. Dabei gibt es Abstufungen
zwischen den Baualtersklassen. So liegen die
Bestände der 70er/80er Jahre im Gesamtmarkt
eher im mittelpreisigen Segment. Innerhalb
dieser Baualtersklasse zählen die Bestände
in Großwohnsiedlungen jedoch eher zu den
preiswerteren Beständen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass häufig in älteren Baualtersklassen – hierzu zählen insbesondere 50er
und 60er Jahre Bestände – auch vielfach noch
günstigere Wohnungen vertreten sind.
5
Zusammenfassung und Empfehlungen
Die Analysen der Wohnungsbestände der
70er und 80er Jahre haben einen Überblick
über die aktuelle Situation und zukünftige
Entwicklungen gegeben. Nachfolgend werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst und Handlungsempfehlungen
formuliert.
von der Marktsituation der Bestanden ab. In
dynamischen Wohnungsmärkten kann die
Wohnkostenbelastung für zahlreiche einkommensschwache Haushalte möglicherweise zunehmen bzw. ein Teil der Wohnungen werden nicht mehr dem preiswerten
Segment zur Verfügung stehen.
Die höchste Bautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich hat im Verhältnis zu der Einwohnerdichte in der damaligen DDR stattgefunden. Folglich spielen die Bestände der 70er
und 80er Jahre heute im Osten eine noch größere Rolle als im Westen. In den Regionen im
Osten Deutschlands gibt es Anteile von 30 %
und mehr am Wohnungsbestand. In Westdeutschland fand Wohnungsbau in den 70er
und 80er Jahren in Mehrfamilienhäusern insbesondere in den Agglomerationsräumen
mit seinen Kernstädten und den verdichteten Kreisen statt. Die mengenmäßigen Anteile überschreiten in den Regionen jedoch
nur selten die 30 %-Grenze.
Bei den Beständen in Großwohnsiedlungen
in Westdeutschland wird aber auch deutlich,
dass vergleichsweise hohe Wohnnebenkosten
zu insgesamt hohen Wohnkosten beitragen.
Vielfach sind die Bestände dem mittelpreisigen Segment zuzuordnen. Dies führt dazu,
dass die Mieterhöhungspotenziale vor dem
Hintergrund der Wohnungs- und Lagequalitäten deutlich eingeschränkt werden. In Märkten mit geringer Nachfrage ist es demnach von
großer Bedeutung, im Rahmen von energetischen Sanierungen die Nebenkosten zu senken, um die Vermietbarkeit sicher zu stellen.
Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre
haben eine wichtige Versorgungsfunktion
Es hat sich gezeigt, dass die untersuchten
Wohnungsbestände eine große Bedeutung für
die Wohnungsmärkte und die Wohnungsversorgung haben. Diese haben nicht nur eine
stabilisierende Wirkung für den Wohnimmobilienmarkt, sondern auch für die Stabilität
der Volkswirtschaft insgesamt, was derzeit
angesichts der internationalen Finanz- und
Immobilienkrise von herausragender Bedeutung ist.
Die Wohnungsbestände der 70er und 80er
Jahre leisten darüber hinaus einen wichtigen
Beitrag zur Versorgung einkommensschwacher Haushalte. In Großwohnsiedlungen gaben 70 % der Eigentümer an, dass der Anteil
an einkommensschwachen Haushalten überdurchschnittlich ist. Entsprechend ist der Anteil der Wohnungsbestände, die dem preiswerten Marktsegment zuzuordnen sind, mit
rund 40 % sehr hoch.
Unter den in der Befragung erfassten Wohnungen, die sich überwiegend im Westen befinden, hat fast jede zweite Wohnung eine
Bindung. Drei Viertel dieser Bindungen werden erst nach 2017 auslaufen. Es kann davon
ausgegangen werden, dass als Folge davon
seitens der Wohnungsunternehmen versucht
wird, die Mietpreise für den größten Teil dieser Wohnungen an das Marktniveau anzupassen. Ob dies gelingt, hängt im Wesentlichen
Marktfähigkeit hängt von der Lage und der
baulichen Qualität ab
Die Konkurrenzfähigkeit der Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre hängt in erster Linie von der jeweiligen Marktsituation
und der Lage im Stadtgebiet ab. Bei stabiler
Nachfrage und einer guten Lageeinbindung
im Stadtgebiet kann die Marktfähigkeit auch
zukünftig durchaus gegeben sein. Die Marktsituation in den Beständen der Großwohnsiedlungen ist aber auch durch strukturelle
Probleme geprägt. Insbesondere die Bestände in den ostdeutschen Siedlungen befinden
sich in einer ungünstigen lokalen Marktsituation. Verstärkt wird die ungünstige Nachfragesituation durch strukturelle Mängel der
Baustruktur und des Wohnumfeldes der größeren Siedlungen, die sowohl im Osten als
auch im Westen zu Marktproblemen führen
und Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung haben.
In den westdeutschen Regionen zeigt sich
eine deutliche Abhängigkeit der Vermietbarkeit von der lokalen Marktsituation. So ist die
Vermietung in guten Marktsituationen in der
Regel unproblematisch. Handlungserfordernisse gibt es hier insbesondere bei der Steuerung der Belegungsstruktur. In Märkten mit
stabiler Nachfrage zeigt sich eine hohe Abhängigkeit von der kleinräumigen Lage. Hierbei können auch Bestände der 50er und 60er
Jahre aufgrund ihrer innenstadtnahen Lage
im Vorteil sein. Im Osten Deutschlands ist in
schrumpfenden Märkten auch zukünftig wei-
95
Zusammenfassung und Empfehlungen
terhin mit Nachfragerückgang und weiteren
Segregationsprozessen zu rechnen.
Die Analyse hat jedoch auch Hinweise auf
spezifische Unterschiede zwischen den hier
gebildeten Bestandstypen gegeben. In Ostdeutschland sind im Zeitverlauf unterschiedliche bauliche Qualitäten entstanden. Während die Bestände der 80er Jahre im Osten
eher von geringerer Qualität sind, haben die
Bestände der 80er Jahre im Westen noch wenig Handlungsbedarf.
In den neuen Ländern unterlagen die Wohnungsbestände der 70er und insbesondere auch der 80er Jahre seit 1990 bereits
umfangreichen Veränderungen. Viele Wohnungen und Großsiedlungen wurden in den
90er Jahren im Zuge von Modernisierungen und Wohnumfeldverbesserungen angepasst. Im Rahmen des „Stadtumbau Ost“ sind
außerdem zahlreiche Wohnungen durch Abriss wieder vom Markt genommen worden.
Insgesamt hohe Wohnzufriedenheit in den
untersuchten Beständen
Die Wohnzufriedenheit der Bewohner ist insgesamt vergleichsweise hoch. Dies ergab die
Befragung unter den Bewohnern im Hinblick
auf ihre Wohnsituation. Mit 60 % ist der Anteil der Bewohner, die ihre Wohnung bzw. den
Vermieter weiterempfehlen, höher als bei
vergleichbaren Befragungen. Zu der hohen
Wohnzufriedenheit tragen ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis und ein insgesamt gutes Nachbarschaftsverhältnis bei.
Kritik wird jedoch häufiger geäußert im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild der Gebäude. Vielfach wurden bereits Maßnahmen
vonseiten der Eigentümer an Fenstern, Fassaden und Gemeinnutzungsflächen durchgeführt, jedoch ist die Zufriedenheit der
Bewohner mit einigen Aspekten, wie der
Wärmedämmung, dem Zustand der Fenster
oder dem Zustand der Fassade unterdurchschnittlich. Dem z. T. etwas ungepflegten
Umfeld steht ein relativ hoher wohnungsbezogener Komfort zu günstigen Preisen gegenüber. Die äußert sich in einer hohen Zufriedenheit hinsichtlich der Ausstattung der
Küche, der Schallisolierung und der Funktionsfähigkeit der Fahrstühle. Die Wohnungen
der Befragten sind tendenziell groß. Mehr als
75 % haben eine Wohnfläche von mehr als
60 m², im Vergleich zu 65 % in allen Beständen deutschlandweit.42 Diese funktionalen
Wohnungen ziehen besonders große Familien an. Zwar ist der Anteil von Familien mit
Kindern nicht wesentlich höher als im Bun-
desdurchschnitt (23 % bzw. 22 %), es gibt jedoch zehnmal so viele Haushalte mit vier und
mehr Kindern (5 % bzw. 0,5 %). Auffällig ist
die hohe Wohndauer bei einem relativ großen Anteil der Bewohner. 29 % der Bewohner wohnen länger als 20 Jahre in der Wohnung, hier liegt die Schlussfolgerung nahe,
dass es sich um Erstbezieher handelt. Weitere 28 % wohnen seit 10 und mehr Jahren in
der jeweiligen Wohnung.
Energetische und altersgerechte Maßnahmen
werden zukünftig an Bedeutung gewinnen
Mehr als die Hälfte aller befragten Eigentümer haben in den vergangenen fünf Jahren
Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt.
Die wichtigsten Handlungsbereiche umfassen hierbei Maßnahmen an der Gebäudehülle, wie Wärmedämmungen an Dächern
und Fassaden sowie der Austausch von Fenstern. Insgesamt betrifft dies aber nur rund
10 % der Wohnungsbestände. Bei der Vermietung spielen energetische Aspekte bisher
aber auch kaum eine Rolle, was auch bei anderen Bestandstypen zu beobachten ist. Angebote mit Hinweis auf energetische Eigenschaften haben in der Regel noch keinen
Marktvorteil (die ungünstige Energiebilanz
wird jedoch häufig als Grund für eine Investition genannt s. o.).
Die Analysen haben deutlich gemacht, dass
der Handlungsbedarf bei den untersuchten Beständen im Hinblick auf Energie einsparende Maßnahmen noch relativ gering
ist. Die aktuellen Kennwerte sind aufgrund
der Bauweisen relativ günstig, sodass einzelne Maßnahmen, wie z. B. Dachdämmungen oder der Austausch der Fenster ausreichend sind. Energie einsparende Maßnahmen rentieren sich derzeit eher in älteren
Beständen der 50er und 60er Jahre. Bei den
Beständen der 70er und 80er Jahre sind demnach erst in ca. zehn Jahren umfangreichere
Maßnahmen zu erwarten.
Auch altengerechte Modernisierungen spielen bei den untersuchten Beständen bisher
eine untergeordnete Rolle. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass die Altersstruktur häufig noch keine Überalterung aufweist. Selbst
die Erstbezieher, die z. T. seit den 70er Jahren
in den untersuchten Beständen leben, gehören heute zum größten Teil noch der Gruppe
der 55- bis 65-Jährigen an und werden somit
erst in den nächsten Jahren verstärkt altersgerechte Wohnungen nachfragen.
Gründe hierfür sind aber auch die hohen Anforderungen der DIN 18025, die eine kom-
(42)
Alle Vergleichszahlen aus: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus
2006 – Zusatzerhebung: Bestand
und Struktur der Wohneinheiten,
Wohnsituation der Haushalte,
Fachserie 5/Heft 1. Die Erhebung
umfasst alle Gebäudetypen.
plette Barrierefreiheit vorsehen. Dabei wird
häufig auch das Fahrstuhlargument angeführt, sofern kein Fahrstuhl vorhanden ist,
wonach sich nur Erdgeschosswohnungen für
altengerechte Maßnahmen eignen, da diese
sonst nicht zu erreichen seien. Viele Objekttypen in West- und Ostdeutschland weisen
wiederum Fahrstühle auf, die jedoch nur „auf
halber Treppe“, also zwischen zwei Etagen
oder nur in jedem zweiten Geschoss halten,
sodass kein barrierefreier Zugang zu allen
Wohnung ermöglicht wird. Dies gilt sowohl
für Ost- als auch für Westdeutschland. Der
nachträgliche Einbau von Fahrstühlen wird
bei den 70er und 80er Jahre-Beständen kaum
in Erwägung gezogen.
Weitere Maßnahmen im Bestand, wie Grundrissveränderungen, spielen bisher keine
bedeutende Rolle und werden es auch zukünftig nicht tun. Dies ist darauf zurück zu
führen, dass zum einen die Wohnungen, im
Gegensatz zu den Beständen der 50er und
60er Jahre, über relativ großzügige Wohnungszuschnitte verfügen. Zudem bringen
solche Maßnahmen extrem hohe Kosten mit
sich, weshalb sich je nach Baualter Instandhaltung oder Abriss und Neubau eher lohnen
als eine umfassende Modernisierung.
Der Wohnungsrückbau spielt im Westen
bisher praktisch keine Rolle. Die Ergebnisse der Sekundäranalyse werden hier durch
die Befragungsergebnisse und die Fallstudienergebnisse bestätigt. Allerdings deutet die
Marktsituation an einigen Standorten bereits auf nachhaltige Nachfragerückgänge
hin, die Rückbaumaßnahmen zukünftig notwendig machen können. In westdeutschen
Städten mit Bevölkerungsrückgang, deren
Großwohnsiedlungen bereits von Leerstand
betroffen sind, werden entsprechende Handlungserfordernisse bereits vereinzelt diskutiert. Jedoch ist dies bei den Eigentümern
noch kein Thema.
Investitionen fast immer mit Fördermitteln
Rund drei Viertel der Wohnungseigentümer
nimmt für die Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen Fördermittel in Anspruch. Hierbei spielen die Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
die größte Rolle. Immerhin ein Viertel der
Befragten Eigentümer nimmt jedoch keine Fördermittel in Anspruch und verweist
darauf, dass eine Inanspruchnahme nicht
notwendig oder kein geeignetes Programm
vorhanden oder nicht bekannt sei.
In den Fallstudien ist deutlich geworden, dass
die Gewährung von KfW-Darlehen als zent-
rales Förderinstrument nicht immer auf
Zustimmung stößt. Dies wird damit argumentiert, dass die Anforderungen an die Modernisierung aufgrund der geforderten
Paketlösungen die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen überfordern. Geeigneter wäre ein Zuschussmodell,
mithilfe dessen Einzelmaßnahmen gefördert
werden können. Dies sei insbesondere sinnvoll, wenn man die Strategie der kontinuierlichen Modernisierung verfolge, bei der
Schritt für Schritt einzelne Elemente erneuert werden (z. B. Fenster, Fassade, Dach). Bei
dem bestehenden Fördermodell bestehe die
Gefahr, dass bei der objektbezogenen Modernisierungsstrategie einzelne Objekte zunächst vernachlässigt werden bis zu einem
späteren Zeitpunkt das ganze Modernisierungspaket durchgeführt wird.
Geringes Mieterhöhungspotenzial zentrales
Investitionshemmnis
Es gibt eine Vielzahl an Gründen, keine Modernisierungen durchzuführen. Die Analyse
hat gezeigt, dass dies auch von den unterschiedlichen unternehmerischen Strategien
abhängt. Investitionen werden z. T. von den
Unternehmen nur in sehr geringem Umfang
getätigt, um die Kosten möglichst gering zu
halten. Einzelne Beispiele zeigen, dass auch
in schwachen Märkten dies eine Strategie
sein kann, wenn dennoch die Vermietung gesichert wird. Dies erfolgt dann durch Preisnachlässe, Investitionszurückhaltung und
eine geringe Steuerung der Mieterauswahl.
Hinzu kommt, dass Investitionen durch unterschiedliche Förderpraktiken gehemmt
werden können. Dies zeigt ein Beispiel eines
Unternehmens, das in zwei verschiedenen
Bundesländern über Bestände verfügt. Investitionen werden in dem Bundesland mit
restriktiver Förderpraxis gebremst und stattdessen an anderer Stelle getätigt.
Das zentrale Hemmnis für Modernisierungsmaßnahmen sind jedoch in der Regel zu enge
Spielräume bei der Mietpreisgestaltung.
Gerade in Märkten mit Angebotsüberhängen
reagieren die Mieter sehr preissensibel. Hinzu kommt, dass sich vielfach die Bestände
im preiswerten Segment befinden und kein
Spielraum nach oben vorhanden ist.
Die Refinanzierung von energetischen Maßnahmen ist zudem häufig nicht möglich,
da das Mieterhöhungspotenzial nicht ausreichend ist. Insbesondere in Märkten mit
zurück gehender Nachfrage ist dies ein Problem, da Investitionen zulasten der Vermiet-
97
Zusammenfassung und Empfehlungen
barkeit durchgeführt würden. Hinsichtlich der Förderung sind dann auch verbilligte Darlehen oftmals nicht hilfreich, da das
Kapital fehlt bzw. trotzdem refinanziert werden muss.
Weitere Hemmnisse können die baulichen
Anforderungen in Form von Richtlinien darstellen, wie sie die Energieeinsparverordnung (EnEV 2007, 2009) und die DIN 18025
für barrierefreies Bauen darstellen. Insbesondere mit der neuen Energieeinsparverordnung 2009 wird die Befürchtung verbunden,
dass diese sich ungünstig auf die Investitionstätigkeiten auswirken wird. An bauliche
Maßnahmen an Bestandsgebäuden werden
damit erhöhte Anforderungen gestellt. Dies
bezieht sich insbesondere auf Maßnahmen,
die die Gebäudehülle betreffen: Für den
Wärmeschutz gibt es mit der EnEV 2009 neue
Höchstwerte, die eingehalten werden müssen, wenn mehr als ein Zehntel der gesamten Außenfassade des Bestandsgebäudes
baulich verändert wird. Die damit verbundene Energieeinsparung liegt etwa 30 %
über den Werten der EnEV 2007.
Eine besondere Herausforderung stellen für
die Wohnungseigentümer zudem die Anforderungen an den Brandschutz dar. Gerade
die Bestände der 70er und 80er Jahre verfügen häufig über große Gebäudehöhen, was
bei Modernisierungsmaßnahmen zu hohen Kosten führen kann. Hierbei besteht die
Gefahr, dass aufgrund der umfangreichen
Investitionen entsprechende Mittel für
andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Bestandsentwicklung abhängig von
Eigentümerstrategien
Inwieweit sich der Wohnungsbestand verändern wird, hängt auch ganz wesentlich von
den unternehmerischen Strategien ab. Diese
sind quantitativ schwer zu beziffern. Es können lediglich Hinweise gegeben werden auf
einzelne Typen gegeben werden.
Aus der Eigentümerbefragung ergeben sich
Hinweise auf zukünftige Investitionsprozesse. Demnach werden die Eigentümer in den
nächsten fünf Jahren ebenfalls rund 10 %
ihrer Wohnungsbestände modernisieren. Je
Wohnung werden dabei rund 10.500 € investiert. Eine Hochrechnung auf den Gesamtbestand der 70er und 80er Jahre ergibt hieraus ein zukünftiges Investitionspotenzial von
rund 55 Milliarden Euro bis 2012.
Die Intensität der Bestandsentwicklung ist
deutlich abhängig von der jeweiligen Eigen-
tümergruppe. Die unterschiedlichen unternehmerischen Strategien, die verfolgt werden, führen je nach Eigentümer und je nach
Konstellation der Eigentümerstruktur vor
Ort zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen. Als grobe Unterscheidung lassen sich
zum einen die so genannten „Verwalter“
beschreiben, die eine Vollvermietung bei
geringem baulichen Aufwand anstreben.
Strategische Überlegungen in Bezug auf
die Mieterstruktur spielen eine geringere
Rolle als bei anderen Vermietern. Investitionen werden z. T. von den Unternehmen nur
in sehr geringem Umfang getätigt, um die
Kosten möglichst gering zu halten. Beispiele zeigen, dass auch in schwachen Märkten
dies eine Strategie sein kann, sofern dennoch
die Vermietung gesichert wird. Die Vermietung wird dann unterstützt durch Preisnachlässe und Investitionszurückhaltung. Zum
anderen gibt es die „Bestandsentwickler“,
die verstärkt Wert auf eine zielgruppengerechte Bestandsentwicklung legen. Gesichtspunkte der Steuerung der Belegungsstruktur
spielen hier bei der Auswahl der Mieter eine
größere Rolle.
Entscheidend
für
eine
erfolgreiche
Bestandsentwicklung sind die Eigentümer
und die Kooperationen zwischen ihnen
(Private, Investoren) und mit der Kommune.
Hier wird sich in unterschiedlichen Konstellationen vor Ort zeigen, welche Potenziale in
den Quartieren genutzt werden können.
Wichtig sind insbesondere die zielgerichtete
Entwicklung der Infrastruktur sowie
Wohnumfeldaufwertungen.
Hilfreich sind hierbei Programme, wie die
„Soziale Stadt“ oder Stadtumbau-Programme, die die Entwicklung der Quartiere durch
ihre Förderkulissen unterstützen und Investitionen anregen. Zum Teil werden hierdurch
Maßnahmen ermöglicht, die sonst nicht
durchgeführt würden. Wichtiger noch ist der
kooperative Charakter dieser Programme, die
eine Basis für eine Zusammenarbeit zwischen
den einzelnen Wohnungseigentümern und
der Stadtverwaltung liefern.
Regional unterschiedliche Entwicklungen
zu erwarten
Der Wohnungsbestand der 70er und 80er
Jahre ist regional durch unterschiedliche
Entwicklungen geprägt. In prosperierenden
Märkten wird es auch weiterhin eine Nachfrage geben. Insbesondere die Bestände in
den größeren Wohnsiedlungen werden ein
quantitativ bedeutendes Angebot im preiswerten Wohnungsmarktsegment darstellen.
In Märkten mit geringerer Nachfrage werden
diese Bestände aber auch zunehmend von
Leerstand bedroht sein.
den liegen, insbesondere auch bei denen, die
im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus entstanden sind.
Dort wo ein Wohnungsüberangebot besteht, werden die Wohnungsbestände in
den Großwohnsiedlungen eine ungünstigere Perspektive haben als 50er/60er Jahre-Bestände, da jene in der Regel eine bessere Lage haben und vielfach bereits weiter
entwickelt sind. Damit hängen auch die
Problembereiche der 70er Jahre Bestände zusammen, vielfach handelt es sich dabei um
segregierte Gebiete mit den typischen Problembereichen hinsichtlich baulicher Mängel und Nachbarschaftsproblemen.
Grundsätzlich sind Fördermaßnahmen für
die Weiterentwicklung dieser Bestände wohl
unverzichtbar. Die hohen städtebaulichen
Defizite, insbesondere der 70er-Jahre-Bestände, werden auch zukünftig kostspielige Maßnahmen notwendig machen. Die
Eigentümer haben jedoch Schwierigkeiten bei der Finanzierung der notwendigen
Maßnahmen, nicht zuletzt weil es bei Modernisierungen immer einen hohen Anteil
unrentierlicher Kosten gibt, der ohne öffentliche Mittel nicht zu kompensieren ist.
Erschwerend kommt an Standorten mit
geringer Nachfrage ein begrenztes Mieterhöhungspotenzial hinzu. Angesichts ihrer
wichtigen versorgungspolitischen Funktion
und der Notwendigkeit in ausreichendem
Umfang günstige Mieten zu erhalten, ist es
daher sinnvoll, auch zukünftig Förderungen
zur Verfügung zu stellen.
Aus den Gesprächen ist zudem deutlich geworden, dass die Wohnungsbestände der 70er
und 80er Jahre vielfach noch nicht im Vordergrund der Investitionstätigkeiten stehen. Insbesondere bei den Wohnungsbeständen der
80er Jahre in Westdeutschland kann davon
ausgegangen werden, dass umfangreichere
Modernisierungen im Investitionszyklus erst
in zehn bis 20 Jahren erfolgen werden.
Bei der Weiterentwicklung der untersuchten
Wohnungsbestände handelt es sich um einen
langfristigen Prozess. Im Gegensatz zu den
50er und 60er Jahre-Beständen befinden sich
die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre noch in einer „Vorlaufphase“, die Weichen
für eine Erneuerung dieser Bestände werden
jedoch bereits gestellt. In Westdeutschland
wird der Handlungsschwerpunkt in näherer
Zukunft vor allem bei den 70er Jahre-Bestän-
Aus der vorliegenden Untersuchung gehen
keine näheren Erkenntnisse hervor, dass zukünftig mit weiteren größeren Veräußerungen zu rechnen ist. Verkäufe sind aus Sicht
der Eigentümer nicht geplant, jedoch ist
hierbei zu berücksichtigen, dass entsprechende Pläne entweder nicht bekannt sind
oder der Verkauf als strategische Maßnahme
nicht öffentlich gemacht wird. Auch Mieterprivatisierungen spielen in den untersuchten Beständen im betrachteten Zeitraum
kaum eine Rolle.
99
Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring
6
Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring
6.1 Beurteilung der vorhandenen
Datenbasis
Die Sekundäranalyse hat gezeigt, dass die
Datenlage einen guten Überblick über Quantitäten und die räumliche Verteilung der
Wohnungsbestände gibt. Allerdings ist diese
Datenlage im Hinblick auf das Forschungsinteresse nicht befriedigend. Defizite ergeben sich in folgenden Punkten:
• Baufertigstellungszahlen sind auf Bundesund Landesebene für alle Jahrgänge verfügbar. Hierdurch lassen sich jedoch keine
regionalen Verteilungen analysieren. Eine
nähere Beschreibung der Bestandsstruktur ist hiermit nicht möglich.
• Kleinräumige Auswertungen gibt es nur
auf Landesebene, d.h. durch die Statistischen Landesämter. Durch die unterschiedlichen Handhabungspraktiken gibt
es unterschiedliche Standards und Lücken. Die Daten sind z. T. gar nicht vorhanden. Für einige Jahrgänge Anfang der
70er Jahre – vor der Gemeindegebietsreform – gibt es vielfach keine Daten. Zum
Teil erfolgte in dieser Zeit zunächst nur
eine Registrierung der Wohngebäude, jedoch nicht der Wohnungen.
• Eine wichtige Grundlage für die Analyse
von Wohnungsbeständen stellen die Gebäude- und Wohnungszählungen dar. Insbesondere die in Ostdeutschland durchgeführte GWZ 95 stellt eine gute Grundlage dar.
• Eine Vielzahl an Merkmalen ist jedoch
nicht mit dem Bautypus (Mehrfamilienhaus, Ein- und Zweifamilienhaus) verknüpft und nicht mit dem Baualter. Weitere Merkmale wie die Zahl der Räume,
Wohnflächen, Eigentümer oder Ausstattungen lassen sich in der Regel ebenfalls
nicht mit Baualtersklassen und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern verknüpfen. Bei der GWZ 95 sind für Ostdeutschland zwar noch Sonderauswertungen
möglich, jedoch nicht bei der GWZ 87
Westdeutschland.
• Der Mikrozensus stellt kaum eine ausreichende Basis für die Bestandsanalyse dar,
da es sich hier nur um eine 1 %-Stichprobe handelt und die Baualtersklassen 1948
bis 1978 und 1979 und später zudem keine gesonderte Betrachtung der 70er und
80er Jahre-Bestände zulassen.
Vor diesem Hintergrund ist eine erneute
Gebäude- und Wohnungszählung sehr zu
begrüßen, damit die Bestandsstrukturen ausreichend beschreiben werden können. Insbesondere sind die Statistischen Landesämter gefragt, ihre Daten möglichst einheitlich
zu pflegen.
Praktikabilität der Altersgruppierung
Der Schwerpunkt des Wohnungsbaus liegt in
Westdeutschland in den 70er Jahren. In beiden Teilen hat sich aber auch gezeigt, dass
der Wohnungsbau in Form von Großwohnsiedlungen bereits in den 1960er Jahren begonnen hat. Dies spiegelt sich auch an dem
Planungsverständnis des modernen Städtebaus wieder. Diese Planungsprämissen sind
bereits in den 60er Jahren erwachsen und
wurden ab 1967/68 umgesetzt. Dies legt den
Schluss nahe, dass eine Betrachtung der Bestände der 70er Jahre auch die Jahrgänge 1968
und 1969 einbeziehen sollte.
In der vorliegenden Untersuchung ist zudem
deutlich geworden, dass es sich bei den Wohnungsbeständen der 70er und 80er Jahre um
einen sehr differenzierten Wohnungsbestand
handelt. Während die Bestände der 80er Jahre
in Westdeutschland bisher nur wenig Handlungsbedarf verursachen, treten beim (sozialen) Wohnungsbau der 70er Jahre im Westen und beim industriellen Wohnungsbau der
70er und 80er Jahre in Ostdeutschland Problembereiche auf, die z. T. bereits in den 1990er
Jahren zu Maßnahmen geführt haben.
Für die Bestandsbeobachtung und die Ableitung von Handlungserfordernissen ist daher eine getrennte Betrachtung zwischen den
westdeutschen Beständen der 70er Jahre und
der 80er Jahre zweckmäßiger. Die Wohnungsbestände der ehemaligen DDR sind, abgesehen von einigen bautechnischen und qualitativen Unterschieden, weitgehend homogen.
Angesichts dieser strukturellen Gegebenheiten ist eine Novellierung der Unterteilung nach Baualtersjahren sinnvoll. Zudem
sollte – soweit möglich – ein Abgleich mit anderen Erhebungsquellen, wie z. B. dem Mikrozensus, erfolgen.
6.2 Referenzbestand und
Datenabfrage
Ein langfristig tragbares Monitoring sollte grundsätzlich folgende Voraussetzungen
erfüllen:
• Es sollte ausreichend gesicherte Erkenntnisse über den Wohnungsbestand und die
Veränderungsprozesse liefern.
• Es sollte in einem angemessenen Aufwand
umsetzbar sein. Insbesondere Aktualisierungen müssen mit möglichst geringem
Aufwand erfolgen können.
Dem Aufwand und den Kosten stehen die
Vorteile gegenüber, die ein Monitoring bietet.
Langfristig können Informationen zu den betrachteten Wohnungsbeständen hinsichtlich
ihres baulichen Zustandes, ihrer Vermietbarkeit und ihrer Eignung für Nachfragergruppen u.v.m. dazu beitragen, auf Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und Förderprogramme punktgenau auszurichten. Auf
diese Weise können die vorhandenen investiven Mittel zielgerichtet eingesetzt und Fehlförderungen vermieden werden.
Um
langfristig
gesicherte
Erkenntnisse über den Wohnungsbestand der 70er
und 80er Jahre und dessen Veränderungsprozesse zu erhalten, reicht die vorliegende Statistik nicht aus. Ein zukünftiges
Monitoring sollte daher auf zwei Säulen
aufbauen:
• Zum einen stehen Daten der amtlichen
Statistik zur Verfügung, die im Hinblick
auf den hier untersuchten Bestand jedoch
Defizite aufweist (vgl. Kap 2.5). So sind z. B.
Daten zu Modernisierungen aus der Statistik nicht verfügbar. Ebenso sind Mietwerte
und Investitionsprozesse höchstens punktuell verfügbar. Vor allem ist eine Synchronisierung der Datenpflege auf der Ebene
der Statistischen Landesämter und des
Statistischen Bundesamtes notwendig.
• Zum anderen gibt es die Möglichkeit, Befragungen durchzuführen. Auf diese Weise
können die eher qualitativen Daten über
Erhebungen bei den Eigentümern der betroffenen Bestände gesammelt werden.
Befragungen bei Bewohnern können unterstützend wirken, um Informationen zur
die Wohnsituation privater Haushalte zu
erhalten.
Bei Befragungen ist der Erhebungsaufwand
nicht nur aus Kostengründen überschaubar
zu halten. Wichtig ist auch die Übersichtlichkeit der zu erhebenden Daten, um den Aufwand bei den Eigentümern gering zu halten.
Die im Rahmen dieses Forschungsprojektes
durchgeführte Befragung hat gezeigt, dass
sich zu komplexe Erhebungen negativ auf die
Teilnahmebereitschaft auswirken können.
Vor diesem Hintergrund ist das Spannungsfeld zu überwinden, einerseits umfangreiche
Daten zu erhalten und die Eigentümer bzw.
Vermieter andererseits mit einfachen, überschaubaren Fragebögen auszustatten.
Vor diesem Hintergrund wird an dieser
Stelle der Vorschlag für ein Monitoring vorgestellt, das auf einer Unternehmensabfrage
basiert. Durch eine Beschränkung auf einzelne Standorte soll bereits gewährleistet
werden, dass die Abfrage mit einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Aufwand und
Ertrag durchgeführt werden kann. Diese
Abfragen können in regelmäßigen Abständen, z. B. im jährlichen oder zweijährlichen
Turnus, anhand von Referenzstandorten
durchgeführt werden.
Die dem vorliegenden Bericht zugrunde
gelegte Bestandstypologie kann hierbei als
Basis für den Aufbau eines Bestandspanels
nach den entwickelten Bestandstypen 1 bis
8 erfolgen. Für die Auswahl wird die in der
Befragung gewählte Systematik zugrunde
gelegt (s. Tab. 48).
Abfrage der Bestandsstruktur
Die Abfrage der Bestandsstruktur kann nach
folgenden Indikatoren erfolgen:
Anzahl der Wohnungen in der
Baualtersklasse
Die Anzahl der Wohnungen der Baualtersklasse 1970 bzw. 1968 bis 1990 ist als wiederkehrende Bestandsaufnahme zu verstehen.
Mögliche mengenmäßige Veränderungen
z. B. durch Rückbau oder Verkauf lassen sich
somit ablesen. Diese Abfrage ließe sich um
Tabelle 48
Auswahlmatrix Referenzstandorte
West
schrumpfende/
stagnierende
Regionen
strukturstarke/
wachsende
Regionen
bis 100.000
2
2
2
2
100.000 und mehr
2
2
2
2
Wohnungsmarkttyp
Ortsgröße
Ost
Quelle: Eigene Darstellung
schrumpfende
Regionen
wachsende/
stagnierende
Regionen
101
Ansätze zur Entwicklung eines Monitoring
Angaben zu Abgängen (durch Verkauf und
Rückbau) oder Zugänge (durch Zukauf und
Neubau) erweitern.
Anzahl der Wohnungen nach
Wohnungsgrößen
Die Wohnungsgrößen stellen ein wichtiges
Merkmal für das Angebot und die damit verbundene Nachfrage dar. Hierbei kann durch
die Analyse der Größenstruktur auf strukturelle Veränderungen des Wohnungsbestandes rückgeschlossen werden.
orientieren. Als Alternative zum Energiepass
könnte für den jeweiligen Wohnungsbestand der Eigentümer eine Abfrage der
aktuellen Heizkosten (in €/m²), gekoppelt
mit der Information der Energieart in aggregierter Form erfolgen.
Abfrage der baulichen Investitionen
Durch eine Abfrage des Baugeschehens kann
die Dynamik der Veränderung des Wohnungsangebotes wiedergegeben werden. Im Zentrum stehen hierbei die Themen Energetik
und altersfreundliches Wohnungsangebot.
Anzahl der Wohnungen nach Preissegment
Durch die Abfrage der Anzahl der Wohnungen nach Preissegmenten lassen sich Verschiebungen zwischen den Segmenten erkennen. Wichtig ist hierbei aber auch eine
regelmäßige Überprüfung der Gültigkeit der
Grenzen zwischen den Preissegmenten.
Maßnahmen mit Wohnwertveränderung
Altersgerechte/-freundliche Ausstattung
Altersgerechte Anpassung nach
DIN 18025 Teil 1
Altersgerechte Anpassung nach
DIN 18025 Teil 2
Ausstattungsverbesserung
Anzahl der Wohnungen nach Leerstand und
Fluktuation
Durch diese Abfrage lassen sich Abwertungsprozesse in den Beständen erkennen
und räumliche Handlungsschwerpunkte für
die Wohnungspolitik definieren. Hohe Leerstände weisen zudem auf Segregationsprozesse hin. Wichtiger noch sind hierbei die
Fluktuationsraten, um Austauschprozesse
erkennen zu können.
Altersfreundliche Anpassung
Erneuerung Fußböden, Türen
Balkonanbau
Sonstiges
Energetische Maßnahmen
Erneuerung Fenster
Erneuerung Heizanlage
Gebäudehülle (Wärmedämmung
Dach, Fassade)
Quantitative Veränderung des Wohnungsbestandes
Verkauf
Mieterprivatisierung
Blockverkauf
Abfrage altersgerechte bzw. altersfreundliche
Ausstattung
Aus wohnungspolitischer Sicht ist es wichtig, dass Wohnungen und Quartiere insbesondere für jene Menschen mit besonderen
Anforderungen an die Wohnung und das
Wohnumfeld in ausreichender Zahl vorhanden sind. Bereits heute ist absehbar, dass in
vielen Quartieren der 70er und 80er Jahre ist
aufgrund der demographischen Entwicklung
eine erhöhte Nachfrage nach altersfreundlichen Wohnungen zu erwarten ist. Um
diese Entwicklung auf der Angebotsseite
verfolgen zu können, ist eine Abfrage des
Modernisierungsstandes in % am Bestand
der Baualtersklasse hilfreich. Hierzu müsste
eine Definition des altersfreundlichen Standards erfolgen.
Abfrage nach energetischem Standard
Der energetische Standard einer Wohnung
wird zukünftig im Vermietungsgeschäft an
Bedeutung gewinnen. Eine Abfrage kann
sich an den obligatorischen Energiepässen
Rückbau
Teilrückbau
Rückbau von Gebäuden
Wohnungszusammenlegung
Aufstockung
Quelle: Eigene Darstellung
Literaturverzeichnis
ARGE Kirchhoff/Jacobs: Versorgungsbeitrag
der ehemaligen Sozialwohnungen. Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2001.
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Investitionsprozesse im
Wohnungsbestand – unter besonderer Berücksichtigung privater Vermieter, Entwurf
Endbericht, Dresden 2006.
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Veränderung der Anbieterstruktur im deutschen Wohnungsmarkt
und wohnungspolitische Implikationen,
Reihe Forschungen Heft 124, Bonn 2007.
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR): Perspektiven der Neubauinvestitionen in den neuen Ländern, Heft 104,
Bonn 2000.
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR): Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland. Ein Überblick, Bonn
2000.
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): Wohnungspolitik nach dem 2. Weltkrieg. Schriftenreihe
„Forschung“, Bonn 1990.
Bundesministerium für Raumordnung,
Bauwesen und Städtebau: Großsiedlungsbericht. Deutscher Bundestag – 12. Wahlperiode, Drucksache 12/8406.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS)/Bundesamt
für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
(Hrsg.): 5 Jahre Stadtumbau Ost – eine Zwischenbilanz. Zweiter Statusbericht der Bundestransferstelle, Berlin 2007.
GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V. (Hrsg.): Überforderte
Nachbarschaften. Zwei sozialwissenschaftliche Studien über Wohnquartiere in den alten und den neuen Bundesländern im Auftrag des GdW, Berlin 1998.
Harms, Hans/Schubert, Dirk: Wohnen in
Hamburg – ein Stadtführer. Ein Stadtführer zu 111 ausgewählten Beispielen, Hamburg 1989.
Hunger, Bernd u. a.: Städtebauprognose DDR. Städtebauliche Grundlagen für die
langfristige intensive Entwicklung und Reproduktion der Städte, Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung,
Technische Universität Berlin 1990.
Institut für Erhaltung und Modernisierung
von Bauwerken e.V. (IEMB) (Hrsg.): Städtebauliche und hochbauliche Planungen
des industriellen Wohnungsbaus –1959 bis
1989. Entwicklungskonzeptionen für Wohngebiete, Wohnbereiche und Wohngebäude,
Stuttgart 1996.
Institut für Erhaltung und Modernisierung
von Bauwerken e.V. (IEMB) (Hrsg.): WBS 70
– Leitfaden für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden in Plattenbauweise, herausgegeben vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und
Städtebau, Berlin 1993.
Institut Wohnen und Umwelt (IWU): Auswirkungen des Wegfalls von Sozialbindungen und des Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände auf die Wohnungsversorgung unterstützungsbedürftiger Haushalte,
Darmstadt 2005.
Junker, Wolfgang: Das Wohnungsbauprogramm der Deutschen Demokratischen Republik für die Jahre 1976 bis 1990, Berlin
1973.
Melzer, Manfred: Wohnungsbau und Wohnungsversorgung in beiden deutschen Staaten – ein Vergleich. Deutsches Institut für
Wirtschaftsforschung, Beiträge zur Strukturforschung, Berlin 1983.
Schneider, Friederike (Hrsg.): Grundrissatlas Wohnungsbau, Basel 1997.
Schubert, Dirk: Hamburger Wohnquartiere.
Ein Stadtführer durch 65 Siedlungen, Berlin 2005.
Schulze, Dieter/Kress, Siegfried: Städtebauliche und hochbauliche Planungen des industriellen Wohnungsbaus - 1959 bis 1989.
Institut für Erhaltung und Modernisierung
von Bauwerken e.V. (IEMB), Berlin 1996.
Topfstedt, Thomas: Wohnen und Städtebau
in der DDR, in: Flagge, Ingeborg (Hrsg.):
Geschichte des Wohnens. Von 1945 bis heute, Aufbau - Neubau - Umbau, Stuttgart
1999, S. 233-418.
Zapf, Katrin/Krämer, Stefan: Die Bedeutung des innerstädtischen Funktionswandels und der Stadterneuerung für die Zukunft der Innenstädte. Schriftenreihe Forschung des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bonn 1990.
Zapf, Wolfgang u. a.: Individualisierung und
Sicherheit. München 1987.
103
Anhang
Fallstudien
107
Bestandsentwicklungsstrategien aus Sicht der Eigentümer und der
Kommunen - Ergebnisse der Fallstudien
1
Fallstudie Bochum
Die nordrhein-westfälische Großstadt erfährt seit einigen Jahren einen Einwohnerrückgang. In der
ersten Hälfte der 90er Jahre hatte die Stadt noch mehr als 400.000 Einwohner. Seit 2003 hat sich
die Einwohnerzahl um 3,5 % auf rd. 374.000 verringert. Zu einem großen Teil wandern diese Bewohner in das Umland ab. Aufgrund des Haushaltsverkleinerungsprozesses bleibt die Zahl der
Haushalte jedoch stabil. Die Bevölkerungsgruppe der unter 18-Jährigen ist in Bochum durchschnittlich vertreten. Der Anteil der über 65-Jährigen liegt über dem Mittelwert der ausgewählten Fallbeispiele.
Die Stadt Bochum ist eines von vier Oberzentren im Ruhrgebiet, einer schrumpfenden Region in
einem überwiegend hochverdichteten und altindustrialisierten Bereich. Das Ruhrgebiet erlebt seit
einigen Jahren einen starken Strukturwandel, der mit Abwanderungen verbunden ist. Den Ruhrgebietsstädten gelingt es auf unterschiedliche Weise, diesen Strukturwandel zu bewältigen. Eine Folge der Abwanderungen sind die sich verstärkenden Segregationstendenzen, die sich u. a. in dem
untersuchten Quartier niederschlagen.
Zwischen dem ländlich geprägten, reicheren Süden und dem stärker industrialisierten Norden gibt
es ein ausgeprägtes Wohngefälle. Die Mieten sind leicht rückläufig. Es ist keine Anspannung auf
dem Wohnungsmarkt erkennbar. Der Leerstand beträgt stadtweit ca. 2,3 %. 11 % des Gesamtwohnungsbestandes sind Sozialwohnungen, dieser Bestand ist weiter rückläufig. Die Neubautätigkeit ist im Vergleich sehr gering.
108
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Demographie
Bevölkerung 2007:
373.800
Bevölkerung 2003:
387.280
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
- 3,5 %
Bevölkerungsprognose 2003-2020:
- 6,1 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
- 1.416
Wanderungssaldo 2007:
- 1.663
Bevölkerungsdichte 2007:
2.571 EW/km²
Altersstruktur 2007:
15,1 % unter 18-Jährige
21,4 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP 2006:
28.461 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
100,4
Zahl der Beschäftigten 2007:
114.040
Arbeitslosenquote 1/2009:
10,0 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Schrumpfende Region
Wohnungsbestand 2007:
191.650
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern:
Mehrfamilienhäusern:
41.150 (22 %);
(56 %)
Gebäude:
30.600
148.530 (78 %); Gebäude:
(44 %)
24.500
Baufertigstellungen 2006:
452; 1,2 je 1.000 EW
Miet-/Kaufpreise:
Mietpreis (Neuvermietung): 4-7 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.400-2.200 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
900-1.750 €/m²
1.1
Hustadt
Querenburg erlebte als ländlich geprägter Ortsteil ab 1962 einen deutlichen Strukturwandel. Neben
der Ansiedlung von Automobilwerken in Bochum hatte die Ruhr-Universität wesentlichen Einfluss
auf die Entwicklung Querenburgs. Bei dem untersuchten Gebiet handelt es sich um die "innere
Hustadt" im östlichen Bereich des Stadtteils Querenburg, das durch eine Großsiedlungsstruktur geprägt ist. Ziel war es, mit der Neubebauung in der Hustadt eine Wohnsiedlung in der Nähe der
Universität zu schaffen, die Wohnraum für Mitarbeiter, Dozenten und Studenten der Universität
bietet, die sog. "Universitätsrahmenstadt". Dieses Leitbild wurde seit der Fertigstellung nicht ganz
109
erfüllt, da die Hustadt von Beginn an nur von wenigen Haushalten dieser Zielgruppe bewohnt wurde.
Als eines von drei Stadtquartieren werden in der Hustadt im Rahmen des Programms 'Stadtumbau
West' Konzeptionen für eine zukunftsfähige Entwicklung erarbeitet. Das Stadtumbaugebiet Hustadt
wurde im August 2007 förmlich festgelegt. Ein Jahr später folgte die Eröffnung des Stadtumbaubüros in der Hustadt.
1.2
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
Die innere Hustadt ist eine hochverdichtete, in sich geschlossene Siedlung mit Hochhäusern bis zu
14 Etagen, die zwischen 1968 und 1975 errichtet worden ist. In direkter Nachbarschaft zu der
Großsiedlung schließen sich Straßenzüge mit Einfamilienhäusern an. Das Quartier ist über eine ca.
U-Bahnlinie angebunden. Die U-Bahnstation befindet sich in einer Entfernung von ca. 700 Metern.
Des Weiteren gibt es einen direkten Busanschluss, der das Wohngebiet mit der Universität und
dem angeschlossenen Einkaufszentrum verbindet.
Die städtebauliche Struktur bietet einerseits eine klare Trennung zwischen Innen- und Außenbereich, welche durch die Anordnung der Baukörper entlang des Hustadtrings zustande kommt. Andererseits wird auf Brüche im Hinblick auf Blickbeziehungen und Orientierungsmöglichkeiten hingewiesen. Räumliche Verschachtelungen ermöglichen keine klaren Wegebeziehungen und bieten
Angsträume. Eher positiv werden die Freiraumqualitäten eingestuft. Dies bezieht sich vor allem auf
die Grünbereiche in der unmittelbaren Umgebung des Quartiers.
Deutliche Handlungserfordernisse bei der Gestaltung des direkten Wohnumfeldes ergeben sich
nach Ansicht der Akteure vor Ort z. B. im Hinblick auf die Müllentsorgung, die Parkpaletten, die Gestaltung der Grünflächen und Spielplätze sowie die Beseitigung von Gebrauchsspuren ("Vandalismus"). Besondere Aufmerksamkeit soll bei den Maßnahmen in den nächsten Jahren der zentrale
Brunnenplatz bekommen, um hier die Aufenthaltsqualität deutlich zu erhöhen.
Mit dem Programm Stadtumbau West soll einem zentralen Defizit bei der Entwicklung der Hustadt
begegnet werden. Denn hinsichtlich der Wohnumfeldmaßnahmen greifen bisher keine Maßnahmen
der Akteure ineinander. Initiativen oder Kooperationen von anderen Eigentümern waren in der
Vergangenheit nicht zu erwarten. Erst mit Erstellung des Stadtumbaukonzeptes wurden erste Ansätze für eine Zusammenarbeit entwickelt.
1.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
In der Hustadt leben mehr als 3.000 Bewohner in rd. 1.170 Wohnungen. Mehr als die Hälfte der
Wohnungen befindet sich im Eigentum der kommunalen Gesellschaft VBW Bochum (56 %). Weitere wesentliche Anteile befinden sich im Eigentum institutioneller Eigentümer oder selbstnutzender
Einzeleigentümer. Kleinere Teile befinden sich im Eigentum der ansässigen Kirche und einer Genossenschaft.
Das ursprünglich für Angestellte und Dozenten der Universität sowie für Studenten geschaffene
Wohnungsangebot wurde auf der Grundlage von Landesförderprogrammen für Landesbedienstete
öffentlich gefördert. Dies betrifft rund ein Drittel der Wohnungen. Der Stadtteil Querenburg verfügt
mit rd. 40 % über den höchsten Anteil an Sozialwohnungen in der Stadt Bochum. Der wesentliche
110
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Teil hiervon befindet sich in der Hustadt. Der Großteil dieser Wohnungen wird in den nächsten Jahren aus der Bindung fallen.
Insbesondere die für die Landesbediensteten vorgesehenen Wohnungen verfügen über relativ große Wohnflächen. Für dieses Segment bestehen angesichts der Wohnungsgrößen und dabei günstigen Quadratmeterpreise von durchschnittlich 3,60 €/m² in der Gruppe der einkommensschwächeren Familien kaum Vermietungsprobleme. Etwas ungünstiger ist die Vermietungssituation bei den
kleineren Wohnungstypen, die für Studenten vorgesehen waren. Zu den Nachteilen der Wohnungen in der Hustadt zählen die vielfach kleinen, innen liegende Küchen.
Die vorhandene Sozialstruktur ist insgesamt durch einen hohen Anteil an Personen mit mittlerem
und niedrigem Bildungs- und Einkommensniveau geprägt und weist deutlich auf eine Segregation
hin. Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Hustadt und der räumlichen Nähe zur
Universität gibt es im Wesentlichen drei Bewohnergruppen, die das Bild vor Ort prägen:

Die "Überzeugten": Dies sind Bewohner, die schon seit der Errichtung der Siedlung dort
wohnen und bis heute dort geblieben sind, weil ihnen das Konzept gefällt. Dabei handelt es
sich z. B. um Landesbedienstete, die an der Uni gearbeitet haben. Die älteren Bewohner haben
z. T. inzwischen das Pensionsalter erreicht, befinden sich überwiegend aber noch in der Gruppe 50 bis 60 Jahre. Insofern werden Maßnahmen zum altengerechten Wohnen erst in den
nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.

Bei mehr als 30 % der Bewohner handelt es sich um Migranten, oftmals sind dies größere
Haushalte mit zwei Kindern.

Die Studenten: Ursprünglich war diese Siedlung für Studenten erbaut worden, hat ihren
Zweck in dieser Hinsicht aber nie erfüllt. Heute wohnen allerdings wieder einige dort, in den
Beständen der VBW ca. 100.
Nach Wegfall der Mietpreis- und Belegungsbindungen werden in den Beständen der VBW keine
Veränderungen zu erwarten sein. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Segregation in
dem Gebiet weiterhin verstärken könnte. Zukünftig soll daher der Schwerpunkt bei der Zielgruppenansprache auf Familien, Senioren und Studenten gelegt werden.
1.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Der Leerstand in der Hustadt wird je nach Eigentümer bei 2-8 % eingeordnet. Aus Sicht der kommunalen VBW ist das Vorhalten von Wohnungen Teil einer Bestandsentwicklungsstrategie, weshalb
in ihren Beständen eine Leerstandsquote von 8 % zustande kommt. Die Fluktuation ist dabei mit
deutlich über 10 % vergleichsweise hoch. Der Leerstand wird vonseiten der kommunalen Gesellschaft demnach bewusst in Kauf genommen, um die Sozialstruktur zu steuern und neue Wohnkonzepte zu verwirklichen. Mittelfristig wird es daher zu einem Rückgang des Leerstandes kommen.
Zu den wichtigen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Beständen zählen neben der
Wohnumfeldgestaltung energetische Modernisierungen. Größere Maßnahmen, wie Grundrissänderungen wurden im Quartier in der Vergangenheit nicht vorgenommen und sind nicht geplant. Im
Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden von den Eigentümern bisher nur Einzelmaßnahmen
umgesetzt, d. h. auf Nachfrage bei einzelnen Wohnungen (z. B. Maßnahmen im Badezimmer). Vie-
111
le Bestände eignen sich trotz Fahrstuhl für barrierefreies Wohnen nur bedingt, da die Fahrstühle in
der Regel nur auf halber Treppe halten. Barrierefreiheit oder Wohnumfeldgestaltung spielen keine
Rolle.
Vonseiten der kommunalen Gesellschaft werden im Rahmen der zielgruppenorientierten Bestandsentwicklung zwei zentrale Projekte verfolgt. Dabei sollen zwei Gebäude jeweils zu Senioren- bzw.
Studentenwohnhäusern entwickelt werden. Erste bauliche Maßnahmen in den Wohnungen wurden
bereits durchgeführt (Barrierefreiheit, technische Anschlüsse in den Zimmern der Wohngemeinschaften). Gemeinschaftsräume in den Gebäuden und begleitende Dienstleistungen folgen, sobald
der überwiegende Teil der Wohnungen in den dem jeweiligen Gebäude an die Zielgruppe vermietet
ist.
Fotos oben: Hochwertige Schieferfassaden,
Abnutzungserscheinungen der Betonbauteile und Fenster
Foto rechts: Umsetzung des Farbkonzeptes
am Brunnenplatz
Zu den wichtigsten baulichen Defiziten zählen die Dächer (bewirken die höchsten Kosten) und die
Fenster. Hierzu wurde von der VBW ein Fensterprogramm aufgelegt, in dessen Zuge sämtlich
Fenster ausgetauscht werden sollen. Mit den ersten baulichen Maßnahmen wurde Ende der 1990er
Jahre begonnen, also rd. 30 Jahre nach Errichtung der Siedlung.
Hinsichtlich der EnEV gilt auch für die VBW das Investorendilemma. Maßnahmen sind zwar gewollt,
jedoch lassen sich insbesondere die energetischen Maßnahmen nicht refinanzieren. Theoretisch
könnten 11% umgelegt werden, der Markt lässt entsprechende Mieterhöhungen jedoch nicht zu.
112
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Eine bauliche Besonderheit stellen die Schieferfassaden dar, die es an zahlreichen Gebäuden in der
Hustadt gibt. Diese sind sehr hochwertig und müssen in absehbarer Zeit nicht verändert werden.
Rund 30 % der kommunalen Wohnungsbestände sind inzwischen modernisiert, dies schließt auch
eine energetische Modernisierung ein. Bei den fremd verwalteten Beständen wurden seit der Errichtung keine nennenswerten Maßnahmen durchgeführt. Technisch, energetisch und ihrer Ausstattung nach sind sie damit auf dem Stand der 70er Jahre. Bei der Vermietung spielen energetische Aspekte allerdings bisher auch keine Rolle. Entsprechende Angebote haben keinen Marktvorteil.
Die Vorteile durch die günstigen Netto-Kalt-Mieten werden jedoch durch die hohen Betriebskosten
wieder etwas aufgehoben, da die Gesamtwohnkosten somit relativ hoch sind. Hierzu tragen insbesondere die Fahrstühle und die Müllentsorgung bei. In diesen Bereichen werden vonseiten der
kommunalen Gesellschaft Konzepte entwickelt, um die Kosten zu verringern.
Zukünftige Investitionen im Wohnumfeld werden aufseiten der VBW im Rahmen des Programms
'Stadtumbau West' erfolgen. Zu den aktuellen Programmen zählen ein Farbkonzept für die Siedlung, ein Zukunftsprogramm (Solarnutzung) und ein Fensterprogramm. In den vergangenen sechs
Jahren wurden durch die VBW im Durchschnitt rund 1.800 €/Wohnung im Jahr investiert. Zukünftig
werden die Maßnahmen im Umfang wie bisher weitergeführt.
Andere Eigentümer nehmen Modernisierungen der Wohnungen in geringerem Umfang vor. Insbesondere Wohnumfeldmaßnahmen haben oftmals eine geringe Priorität und werden kaum finanziert. Modernisierungen werden entsprechend in geringem Umfang als "modernisierende Instandhaltung" vorgenommen, d. h. eher auf einzelne Missstände reagierend und weniger als strategische Maßnahmen. Aus Sicht eines Verwalters stellt die Beantragung von Mitteln für umfangreichere
Maßnahmen bereits eine vergleichsweise große Hürde dar. Bei Überschreitung eines begrenzten
Instandhaltungs- und Modernisierungsbudgets müssen geplante Maßnahmen von den Eigentümern
genehmigt werden.
Der zentrale Hemmfaktor für weitere Investitionen ist aus verschiedener Sicht der geringe Spielraum bei der Mietpreisgestaltung. Investitionen sind nur zu einem geringen Teil refinanzierbar und
somit nicht rentabel. Mieterhöhungen im notwendigen Umfang gibt der Wohnungsmarkt in Bochum
nicht her.
2
Fallstudie Dessau
Im Juli 2007 haben sich die Städte Dessau und Roßlau (Sachsen-Anhalt) zu einer Stadt zusammengeschlossen. Die Stadt Dessau-Roßlau hat heute rd. 90.000 Einwohner. Aufgrund der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung und deutlichen Wanderungsverlusten schrumpft die Stadt
Dessau seit der Wende. Vor der Wende hatte Dessau (ohne Roßlau) noch mehr als 100.000 Einwohner. Die Dessauer Bevölkerung ist im Vergleich zu den anderen Fallstädten relativ alt. Der Anteil der über 65-Jährigen ist überdurchschnittlich und der Anteil an unter 18-Jährigen ist unterdurchschnittlich.
113
Die Industriestadt Dessau durchlebt seit 1990 einen wirtschaftlichen Strukturwandel. Die Veränderungen führten zur Herausbildung einer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Dessau ist auf dem Weg,
sich als Oberzentrum, regionaler Versorgungskern und Träger hochwertiger spezialisierter Funktionen zu etablieren. Seit 2000 mehren sich die Anzeichen für eine Stabilisierung der lokalen Wirtschaft. Bruttoinlandsprodukt und Wertschöpfung wachsen schneller als im Landesdurchschnitt.
2005 nahm die Zahl der Arbeitsplätze zum ersten Mal seit 1990 wieder zu. Die immer noch relativ
hohe Arbeitslosenquote (15,6 %) ist gegenüber 1998 (22,8 %, ohne Roßlau) deutlich zurückgegangen.
Die Stadt Dessau hat einen Wohnungsbestand von rund 55.220 Wohnungen. 2007 wurden insgesamt rund 165 Wohnungen neu fertiggestellt. Das bedeutet eine Neubautätigkeit von 1,8 Wohnungen je 1.000 Einwohner. Rund 73 % (2004) des gesamten Wohnungsbestandes befindet sich in
Mehrfamilienhäusern. Bestände der Baujahre 1970 bis 1990 befinden sich z. B. in den Quartieren
Zoberberg, Schaftrift, Südstraße, Kreuzberge oder Randelstraße.
114
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Demographie
Bevölkerung 2007:
90.000 (Dessau-Roßlau)
Bevölkerung 2003:
78.400 (Dessau)
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
k. A. (nicht vergleichbar)
Bevölkerungsprognose 2005-2025
- 13,3 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
- 545
Bevölkerungsdichte 2007:
367 EW/km²
Wanderungssaldo 2007:
- 760
Altersstruktur 2007:
11,4 % unter 18-Jährige (10.224)
26,2 % über 65-Jährige (23.573)
Wirtschaft
BIP 2004:
21.801 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
83,8
Zahl der Beschäftigten 2005:
40.400
Arbeitslosenquote 1/2009:
15,6 % (Dessau-Roßlau)
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Schrumpfende Stadt
Wohnungsbestand 2007:
55.220 (2004: 46.555; nur Dessau)
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern (2004)
12.750 (27 %) (Dessau)
Mehrfamilienhäuser (2004)
33.800 (73 %) (Dessau)
Baufertigstellungen 2007:
165
Miet-/Kaufpreise 2006:
Mietpreis (Neuvermietung): 4-7 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.100-1.300 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
500-1.600 €/m²
2.1
Standorte der 70er und 80er Jahre
Die drei Standorte der 70er und 80er Jahre – Innenstadt, Dessau-Süd und Zoberberg - stehen einem starken Konkurrenzverhältnis zueinander, wobei Interessen und Strategien der beiden großen
Wohnungsgesellschaften sowie der Stadt divergieren:

Die Innenstadt hat für die Genossenschaft schon immer eine hohe Priorität, für die DWG erst
in jüngster Zeit. Besonders begehrt sind die zentralen Lagen in der Dessauer Innenstadt, hier
auch die Bestände der 70er und 80er Jahre: nach Sanierung, Grundrissänderungen und Fahrstuhl-Anbau können Mieten von 5,50-6,00 € Netto-Kaltmiete erzielt werden.

Der Dessauer Süden stellt aus städtischer Sicht und der DWG einen Handlungsschwerpunkt im
Bereich Stadtumbau und Soziale Stadt dar. Die Genossenschaft hat in Dessau-Süd nur neun
115
Eingänge (P2-Ratio der 70er Jahre) in diesem Gebiet ist die soziale Struktur schon seit DDRZeiten problematisch. Für die DWG ist Dessau-Süd ein zentraler Rückbaustandort im Stadtumbauprozess, wobei gleichzeitig auch modellhafte Aufwertungen wie der Umbau zu EinfamilienReihenhäusern durchgeführt werden.

Der Zoberberg war Anfang der 90er Jahre noch ein zentraler Handlungsschwerpunkt (städtebauliche Weiterentwicklung von Großwohnsiedlungen sowie Soziale Stadt von 1999-2006) mit
erheblichen Wohnumfeldaufwertungen, Wohnneubauten, Straßenbauanschluss etc. wobei Teile
der ursprünglich geplanten Wohnbebauung nicht mehr realisiert wurden. Wichtig für den
Zoberberg sind das Gewerbegebiet Junkersstraße und der Ausbau des angrenzenden Klinikums
Dessau.
Für die DWG ist der Zoberberg seit einigen Jahren ein preiswerter Standort sowie Rückbaupotenzial, für die Genossenschaft hingegen auch zukünftig ein wichtiger Standort. Die DWG verfügten derzeit am Zoberberg und Schaftritt über 1.532 Wohnungen, darunter auch einige
Wendebauten sowie sozialer Wohnungsneubau aus den neunziger Jahren, der Leerstand beträgt rund 22 %.
2.2
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
In dem Quartier "Zoberberg" befinden sich rund 2.400 Wohnungen in Plattenbauweise, die zwischen 1980 und 1990 errichtet und inzwischen überwiegend teilsaniert worden sind. Größter Eigentümer ist die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft mbH, kommt mit der Wohnungsgenossenschaft
Dessau e.G. eine Genossenschaft. Im Rahmen der Stadterneuerung, die seit 1990 durchgeführt
wird, wurden eine Straßenbahnanbindung hergestellt, ein Einkaufszentrum errichtet und Maßnahmen im Wohnumfeld vorgenommen. Zoberberg ist Teil des Programms Soziale Stadt und Stadtumbau Ost. In diesem Zuge werden ca. 700 Wohnungen abgerissen und Ersatzbau vorwiegend in
Form von Altenwohnungen geschaffen.
Im 70er Jahre-Bestand der Innenstadt Dessaus gibt es drei Y-förmige Hochhäuser, sie stellen eine
berühmte städtebauliche Dominante dar und sollen als Zeichen der Moderne und Teil der Dessauer
Höhenstruktur erhalten bleiben. Aufgrund der Grundrisse, der energetischen Situation sowie
brandschutzrechtlicher Anforderungen wäre die in wenigen Jahren zwingend notwendige Sanierung
sehr teuer. An diesem Beispiel stellt sich ein typischer Konflikt im Umgang mit den 70er und 80er
Jahre Beständen dar: hierbei geht es um die "Zukunft der Hochhäuser" als Teilaspekt der 70er und
80er Jahre Wohnungsbestände. Diese stellen einerseits ein zentrales Merkmal des modernen Städtebaus dar, verursachen andererseits jedoch hohe Kosten bei geringer Nachfrage.
2.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Der Dessauer Wohnungsmarkt ist durch die besondere historische Entwicklung der Stadt Dessau
gekennzeichnet: Die kleine Residenzstadt wuchs in den 20er bis 40er Jahren durch starke Industrialisierung (Flugzeugwerke Junkers, Chemieindustrie etc.) rasant an. Damit wurde er auch im Zweiten Weltkrieg strategisches Ziel und infolgedessen wurde die Stadt in hohem Maße zerstört. Von
den Fünfzigern bis zum Anfang der 80er Jahre erfolgte der innerstädtische Wiederaufbau ganz
überwiegend in industrieller Bauweise (Blockbau und P2-Ratio) wobei neue städtebauliche Strukturen geschaffen wurden (Zeilenbauweise, großsiedlungsartige Bebauung). Die DDR-typischen Groß-
116
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
siedlungen entstanden in Dessau erst mit dem Zoberberg in den 80er Jahren. Gleichzeitig übernahm Dessau zunehmend eine Wohn-Funktion für die Arbeiter der Chemiestandorte in Bitterfeld
und Wolfen. Der mit der Wende einsetzende industrielle Strukturwandel brachte massive Einschnitte und erhebliche Arbeitsplatzreduzierungen, in deren Folge die Einwohnerzahl Dessaus rapide
schrumpfte und seit Mitte der neunziger Jahre der Leerstand stark zunahm.
Der Wohnungsmarkt lässt sich wie folgt skizzieren:

starke Angebotsüberhänge insbesondere bei großen Wohnungen

schrumpfende Nachfrage

deutliche Alterung der Haushalte

geringe Mietpreisdifferenzierung

dominante Marktstellung von drei Unternehmen

durch Fluktuation zunehmende soziale Segregation

sehr einseitig strukturiertes Wohnungsangebot durch Dominanz weniger industrieller Bauserien
In Dessau gibt es rund 6.000 Bedarfsgemeinschaften als Mieter sowie weitere 400 in Einfamilienhäusern. Dessau-Süd und Zoberberg sind für sie die wichtigsten Wohnstandorte.
Für die Genossenschaft sind in innerstädtischen Lagen vor allem die 50 bis 60-Jährigen 1- und 2Personen-Haushalte die wichtigste Zielgruppe.
Für die DWG stellt der Zoberberg das preiswerte Segment der (3,30-4,30 € nettokalt, letzteres nur
für 1-Raum-Wohnungen), das derzeit in ganz überwiegendem Maße an ALG II-Empfänger vermietet wird. Diese Strategie führt zu einem Konflikt mit der Genossenschaft, die versucht, ihre Bestandsmieter möglichst lange zu halten, beziehungsweise jüngere Haushalte und auch die Enkelgeneration als Mieter zu gewinnen. Insgesamt kann der Zoberberg aber immer noch als StarterQuartier bezeichnet werden, weswegen er nach wie vor gegenüber anderen Quartieren eine deutlich jüngere Altersstruktur aufweist (Anteile der 19- bis 39-Jährigen: Zoberberg 25 %, Gesamt Dessau-Roßlau 22 %). Innerhalb des Zoberbergs weist der Bereich Schaftrift eine vergleichsweise
stabile Situation auf, da hier der Anteil der Erstbezugs-Mieter noch am höchsten ist.
2.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft mbH (DWG) verfügte zum Befragungszeitpunkt über
4.342 Wohnungen des P2-Ratio-Typs (32 % des gesamten Standes) aus den 70er und teilweise
80er Jahren sowie über 2.221 Wohnungen des Typs WBS 70 aus den 80er Jahren (16 % des Gesamtbestandes). Anders als die Genossenschaft verfügt die DWG zur Hälfte über einen Bestand
aus Altbauten (vor allem der 20er bis 40er Jahre) sowie Nachkriegsbauten, von denen zahlreiche
Standorte eine günstigere Wohnlage aufweisen als diejenigen des industriellen Wohnungsbaus.
Dies ist ein wesentlicher Grund für die unterschiedlichen Handlungsstrategien der beiden großen
Gesellschaften. Der zweite liegt darin, dass die wirtschaftliche Situation der Genossenschaft wesentlich stabiler ist als diejenige der DWG. Drittens übernimmt die DWG in hohem Maße städtebauliche Entwicklungsaufgaben, die nicht in jedem Falle rentierlich sind.
Die Wohnungsgenossenschaft Dessau eG hat eine besondere Stellung im Wohnungsmarkt:
ihre rund 4.000 Wohnungen sind zu 80 % industrielle Bauweise aus den 70er und 80er Jahren
(davon 1.400 Wohnungen als P2-Ratio-Stufe), die Leerstandsrate liegt jedoch bei unterdurch-
117
schnittlichen 3 bis 4 %, ein wesentlicher Grund hierfür ist der gegenüber der DWG häufig höhere
Sanierungsgrad. Der dritte und jüngste Standort ist der Zoberberg inklusive Schaftrift aus den 80er
Jahren. Hier verfügt die Genossenschaft über 1.000 Wohnungen (WBS 70), der Leerstand beträgt
über 5 % die Brutto-Kaltmiete 5,30 €.
Die Genossenschaft hat am Zoberberg im Rahmen der Altschuldenhilfe 280 Wohnungen an die
DKB verkauft. Weitere Verkäufe stellen derzeit keine strategische Alternative dar. Sowohl aus Sicht
der DWG als auch der Stadt sind keine nennenswerten Verkäufe von kommunalen Wohnungsbeständen geplant.
Die Genossenschaft plant vom Grundsatz her für ihre 70er Jahre-Bestände umfangreichere Sanierungen soweit nicht bereits erfolgt. Wichtig ist hierbei die Fassadengestaltung als Kombination von
zusätzlicher Wärmedämmung und Marketing, um sich in der sonst einheitlichen Bausubstanz zu
positionieren. Ebenfalls wichtig ist die Ergänzung mit Balkonen. Für die WBS 70-Bestände am
Zoberberg sind keine energetischen Sanierungen vorgesehen, da diese marktseitig nicht finanzierbar sind. Bei einer entsprechend hohen Förderung könnte eine Sanierung erfolgen, weil die Bestände langfristig gehalten werden sollen. Handlungsschwerpunkt sind Einzel-Modernisierungen der
Wohnungen.
Die Investitionsstrategie der DWG ist insgesamt eher bestands- und technikorientiert, eine Ausrichtung an Wohnlagequalitäten und Zielgruppen erfolgte jedoch zunehmend. Gleichzeitig ist sie jedoch durch einen hohen wirtschaftlichen Konsolidierungszwang gekennzeichnet, der zum einen zu
starken Konzentrationen beziehungsweise Prioritätensetzungen in den Investitionen führt und zum
anderen mittelfristig weiteren Rückbau erforderlich macht. Für den Zoberberg bedeutet dies Investitionen auf Sparflamme und Rückbau bei weiterem Nachfragerückgang.
Dies wird nicht ausdrücklich als Strategie formuliert, sondern ist Ergebnis der Prioritätensetzung
zugunsten der Innenstadt. Dies ist auch Wille der jüngsten kommunalpolitischen Beschlüsse (siehe
aktuelles Stadtumbaukonzept) mit dem klaren Ziel, die Innenstadt zu stärken und hierfür das Instrument DWG zu nutzen. Dies wird auch deutlich durch die Verlagerung des Programmgebiets
"Soziale Stadt" durch die Beendigung im Zoberberg 2006 und der Neuausweisung Innenstadt ab
2007. Damit rückt auch die Kommunalpolitik von der von ihr in den neunziger Jahren stark postulierten Förderung des Zoberbergs ab. Insgesamt ergibt sich damit kein geschlossenes konzeptionelles Vorgehen.
Der ursprüngliche Schwerpunkt der DWG-Sanierungsstrategie lag auf der Sanierung der Gebäudehülle. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Nachsanierung des Wohnungsinneren einschließlich
Ausstattungsverbesserung, dies jedoch nur für ausgewählte Blöcke und nicht für Bestände der 70er
und 80er Jahre. Derzeit wird darüber nachgedacht, in Dessau-Süd und Zoberberg gegebenenfalls
die Obergeschosse stillzulegen.
Eine energetische Sanierung wird am Zoberberg nicht stattfinden. Dies ist marktseitig nicht so kritisch, da aufgrund der Drei-Schichten-Platte, der geringen Grundmiete sowie einen im sachsenanhaltinischen Vergleich moderaten Fernwärme-Preis die Miethöhe im Rahmen bleibt. Eine Abkoppelung von der Fernwärme ist nicht geplant.
Die Schaffung von altengerechtem Wohnraum durch Modernisierung findet nur im Einzelnen statt.
118
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
3
Werkstatt: Praxis Heft 68
Fallstudie Hamburg
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat rd. 1.750.000 Einwohner. Die Bevölkerungszahl ist in den
letzten Jahren leicht gestiegen. Bei einer negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung ist die
wachsende Bevölkerungszahl auf Wanderungsgewinne zurück zu führen. Im Vergleich zu den anderen Städten der Fallstudien liegt der Anteil der Personen über 65 Jahre unter dem Durchschnitt,
womit Hamburg eine relativ junge Stadt ist.
Hamburg ist einer der bedeutendsten Industrie- und Dienstleistungsstandorte in Deutschland und
Teil einer strukturstarken Region mit geringer Wachstumsdynamik. Der Hamburger Wohnungsmarkt ist momentan in einer Aufschwungphase mit einer wachsenden Marktdynamik. Die Mieten
steigen an, lediglich in einfachen Lagen ist eine stabile Tendenz zu verzeichnen. Vor allem kleine
Wohnungen in weniger gefragten Stadtteilen sind verfügbar. Die Neubautätigkeit ist mit jährlich
1,8 neu errichteten Wohnungen pro 1.000 Einwohner (2007) trotz des Bevölkerungsanstiegs
durchschnittlich.
119
Demographie
Bevölkerung 2007:
1.741.200
Bevölkerung 2003:
1.715.000
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
+ 1,5 %
Bevölkerungsprognose 2002-2020
+ 4,9 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
- 310
Bevölkerungsdichte 2007:
2.300 EW/km²
Wanderungssaldo 2007:
+ 16.780
Altersstruktur 2007:
15,5 % unter 18-Jährige
19,0 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP 2006:
49.755 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
107,7
Zahl der Beschäftigten 2007:
1.085.900
Arbeitslosenquote 1/2009:
8,5 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Strukturstarke Region
Wohnungsbestand 2007:
883.050
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern
183.450 (21 %)
Mehrfamilienhäuser
696.600 (79 %)
Baufertigstellungen 2007:
3.170
Miet-/Kaufpreise 2006:
Mietpreis (Neuvermietung): 7-17 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.550-4.850 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
850-3.000 €/m²
3.1
Großwohnsiedlungen in Hamburg
In Hamburg gibt es mehrere Großwohnsiedlungen der 70er und 80er Jahre, die in die Betrachtung
einbezogen worden sind. In den Gesprächen ist deutlich geworden, dass zum einen die Wohnungsunternehmen in verschiedenen Quartieren über Bestände verfügen. Des Weiteren konnten in
der Gesamtschau mehrerer Siedlungen die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet
werden.
Anfang der 70er Jahre begann der Bau der Großwohnsiedlung Mümmelmannsberg. Die Bauarbeiten der im Osten Hamburgs gelegenen Siedlung dauerten bis Ende der 70er Jahre. Entstanden
sind 7.170 Wohnungen für ca. 20.000 Einwohner. Unter den Bauträgern waren neben der kommunalen Gesellschaft SAGA verschiedene Genossenschaften. Wie für viele andere Großwohnsiedlun-
120
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
gen typisch ist auch hier die Monofunktionalität vorherrschend. Die Konzentration der Bauungsdichte liegt im Zentrum der Siedlung, mit 8- bis 10-geschossigen Punkthäusern. Daran angeschlossen sind 4- bis 5-geschossige großräumige Wohnblöcke. Als Grundrisskonzept wurde das Prinzip
des "Durchwohnens" (Verbindung von Straßen- und Hofseite durch belichtete Essplätze und durchgehende Wohnräume) verfolgt. 1991 wurde Mümmelmannsberg vom Hamburger Senat als Sanierungsgebiet ausgewiesen, nachdem hohe Leerstände, Fluktuation, Vermietungsprobleme, sowie
Reparatur- und Instandhaltungsrückstände auffällig wurden.
Die Großwohnsiedlung Steilshoop wurde zwischen 1969 und 1975 errichtet. Die im Bezirk
Wandsbek, im Nordosten Hamburgs, gelegene Siedlung wurde nach der Vision "Urbanität durch
Dichte" geplant und umgesetzt. Ca. 6.400 Wohnungen sollten vor allem Familien ein Zuhause geben. Steilshoop ist durch eine heterogene Eigentümerstruktur gekennzeichnet, darunter sind kommunale und gemeinnützige Wohnungsunternehmen, private Gesellschaften und Wohnungsunternehmen, Genossenschaften aber auch Privatpersonen. Hohe Leerstände und das Zuspitzen von
baulichen und sozialen Missständen führten seit Mitte der 80er Jahre zu "Nachbesserungen". Zusätzliche Defizite hat die Großwohnsiedlung durch die fehlende verkehrliche Anbindung mittels einer U- oder S-Bahnstation.
Die monostrukturierte Großwohnsiedlung Kirchdorf-Süd wurde zwischen 1974 und 1976 errichtet. Das im Süden von Hamburg im Bezirk Harburg gelegene Quartier umfasst rund 2.270 Wohnungen für ca. 6.000 Einwohner. Bauträger sind vor allem öffentliche Wohnungsunternehmen
(SAGA/GWG) und verschiedene Genossenschaften. Bei dieser Siedlung handelt es sich um eines
der letzten Projekte, die nach dem Leitbild "Urbanität durch Dichte" geplant wurden. Auffallend
sind die Gebäudehöhen von bis zu 14 Geschossen, die der Siedlung ein eigenes Gesicht geben.
Auch in dieser Großwohnsiedlung herrschen die typischen Probleme, wie Leerstand, hohe Fluktuation, hoher Anteil Sozialhilfebezieher und Vandalismus. Gegenmaßnahmen wurden schon in den
80er Jahren in die Wege geleitet, zudem wurde das Quartier 1992 Sanierungsgebiet nach § 142
BauGB.
Allermöhe Ost findet als Fallbeispiel hier Berücksichtigung, da sie in den 1980er Jahren entstanden ist und es sich somit um die letzte in Hamburg errichtete Großwohnsiedlung handelt (19831996). Mit dem neuen Wohnungsangebot sollte der zunehmenden Umlandwanderung von Familien
ein familienfreundliches Wohnungsangebot entgegengesetzt werden. Die Siedlung umfasst 3.750
Wohnungen, großteils im sozialen Wohnungsbau errichtet. Unter den Bauträgern waren neben der
SAGA/GWG verschiedene Genossenschaften vertreten, aber auch verschiedene kleine Unternehmen. Die Eigentümerstruktur in Allermöhe Ost ist wesentlich kleinteiliger als in vielen anderen
Großsiedlungen der 70er Jahre.
Die Umsetzung orientierte sich an einem zeitgemäßen Planungsverständnis, bei dem neue Planungsinstrumente und -verfahren erprobt werden konnten. Allermöhe Ost wurde vor diesem Hintergrund zu einem Projekt des kosten- und flächensparenden sowie ökologischen Bauens. Die Siedlungsstruktur weicht von der Großmaßstäblichkeit der 60er und 70er Jahre ab. Kleinteiligkeit und
Kleinmaßstäblichkeit bestimmten hier das Bild. Strukturbildendes Element sind Fleete, die aus der
marschtypischen Oberflächenentwässerung entwickelt worden sind. Das "Wohnen am Wasser"
wurde so zur Marke entwickelt.
121
3.2
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Im Unterschied zu vielen anderen Städten gibt es in den Hamburger Großsiedlungen Vollvermietung - so auch im Fall Allermöhe Ost. Die Mietpreise bewegen sich um 6,00 - 8,00 €/m² und sind
damit im preiswerteren Segment anzusiedeln, zumindest im Vergleich innerhalb der Baualtersklasse. In älteren Baualtersklassen gibt es auch günstigere Wohnungen.
Nach Aussage der Stadt Hamburg ist in der Siedlung Allermöhe Ost der Aussiedleranteil relativ
hoch. Hierbei handelt es sich um die sog. erste Generation an Aussiedlern, wobei der Eindruck entsteht, dass dies wenig Einfluss auf möglich soziale Spannungen hat. Hinsichtlich sozialer Belange
musste in Allermöhe Ost bisher aus Sicht der Stadt oder der Wohnungsunternehmen nicht eingegriffen werden. Im Gegensatz zu anderen Siedlungen wie Steilshoop, Mümmelmannsberg oder
Kirchdorf Süd, wo u. a. im Zuge hoher Zuwanderungen eine zum Teil problematische Sozialstruktur
entstanden ist. Ein zentrales Problem hierbei war bei den Sozialwohnungsbeständen die Fehlbelegungsabgabe, die in der Folge zu einer Entmischung der Bewohnerstruktur geführt hat. Eine weitere Segregation konnte nach Einschätzung der Stadtverwaltung durch die Anfang der 2000er Jahre
abgeschaffte Fehlbelegungsabgabe verhindert werden.
Die Fluktuationsquote in Allermöhe Ost liegt bei rd. 10 % und damit nach Einschätzung der Stadtverwaltung in einem stabilen Bereich. Bei den Wohnungsunternehmen, die in die Gespräche einbezogen worden sind, liegt die Fluktuation sogar unterhalb 10 % zwischen 5 % und 8 % und damit
sogar unterhalb des jeweiligen Unternehmensdurchschnitts. Ungünstiger ist die Situation in
Allermöhe West, wo ein Unternehmen eine Fluktuation von deutlich über 10 % angibt.
Ein großer Teil der Wohnungen verfügt noch über Belegungsbindungen, die Laufzeiten von zehn
und mehr Jahren haben. Die Mischung aus frei finanzierten Wohnungen und Sozialwohnungen wird
in Allermöhe Ost positiv eingestuft und besser eingeschätzt als im Westteil.
Nach Einschätzung der Stadtverwaltung ist diese Tatsache, dass im Gegensatz zu anderen Siedlungen keine Anfragen hinsichtlich der Freistellung von Belegungsbindungen vorliegen, ein Indiz für
eine weitgehend problemlose Vermietungssituation. Vonseiten der Wohnungsunternehmen wurde
allerdings auch deutlich gemacht, dass Freistellungen in absehbarer Zeit beantragt werden.
3.3
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Der vorherrschende Wohnungstyp in Allermöhe ist die 2- bis 3-Zimmer-Wohnung mit 70 bis 80 m²
Wohnfläche. Der Anteil der 4-Zimmer-Wohnungen liegt bei 10 - 20 %. Die Wohnflächenstandards
sind gegenüber anderen Siedlungen aus den 70er Jahren etwas höher, gegenüber anderen Beständen der 80er Jahre jedoch relativ gering. Geringere Flächen wurden praktisch durch erhöhte
Freiflächenanteile kompensiert. Im Unterschied zu den 70er Jahre-Wohnungen fallen jedoch die
Bäder und Küchen hier wieder etwas kleiner aus.
Allermöhe Ost zeichnet sich im Vergleich zu anderen Großwohnsiedlungen durch eine deutlich
kleinteiligere Eigentümerstruktur als z. B. in Steilshoop aus, wo es wenige große Eigentümer gibt.
In Allermöhe liegt der Anteil der großen, ehemals gemeinnützigen Anbieter bei rd. einem Drittel.
Alle übrigen Wohnungen verteilen sich auf kleinere Eigentümer. Dazu zählen auch kleinere Wohnungsunternehmen/-verwaltungen, die vergleichbare Geschäftsmodelle wie die größeren Unternehmen haben. Verkäufe in größerem Umfang gab es bisher in Allermöhe Ost nicht und zeichnen
122
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
sich auch nicht ab. Es gibt Kenntnis von einer Wohnzeile, die in den vergangenen Jahren verkauft
worden ist.
Trotz der insgesamt guten Vermietungssituation in den Siedlungen der 70er und 80er Jahre in
Hamburg, wirken die Lageunterschiede auf die Vermietbarkeit der Bestände und die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen. So sind Bestandsmaßnahmen in 60er Jahre Beständen in
zentraleren Lagen oftmals deutlich wirtschaftlicher als in den Beständen der 70er in der Peripherie.
Die Nachfrage ist in den zentraler gelegenen Siedlungen, wie Steilshoop, aufgrund der Lage besser
- die Wohnkosten sind in Allermöhe aufgrund der Nebenkosten insgesamt geringer. Ungünstig ist
die Vermietungssituation demgegenüber in Kirchdorf Süd, was u. a. relativ hohen Betriebskosten
und somit hohen Gesamtwohnkosten zusammen hängt. Hinzu kommt, dass die Wohnungen in der
Regel über vergleichsweise große Wohnflächen verfügen, wodurch ebenfalls die Gesamtkosten höher sind als z. B. in Wohnungen der 60er Jahre.
Im Hinblick auf zielgruppengerechtes Wohnen gab es folgende Hinweise:

Altengerechtes Wohnen bietet sich aus baulicher Sicht in Allermöhe Ost nicht explizit an, zumindest nicht im Hinblick auf die Anforderungen der DIN für Barrierefreiheit. Diese Einschätzung ergibt sich daraus, dass keine Fahrstühle vorhanden sind und somit die Obergeschosse
nicht erreichbar sind. In den Beständen werden einzelnen Maßnahmen, insbesondere in den
Erdgeschossen durchgeführt. Über individuelle Anpassungen geht es aber nicht hinaus.

Die Altersverteilung in der Mieterschaft in Allermöhe Ost weist derzeit keinen Schwerpunkt in
den höheren Altersgruppen auf, so dass umfangreichere Maßnahmen der Bestandsanpassung
notwendig wären. Vielmehr sind die Bewohner noch so jung, dass die Fragen nach altersgerechtem Wohnen voraussichtlich erst in einigen Jahren gestellt werden.

Einzelne behindertengerechte Wohnungen werden über die zentrale Belegungsstelle vergeben.
Für Allermöhe Ost ist die Nachfrage in diesem Segment eher gering, da Haushalte aus innerstädtisch gelegenen Stadtbereichen kaum Bereitschaft zeigen, in den äußeren Bezirk Bergedorf
zu ziehen. Eine Belegung erfolgt aber erfolgreich durch eigene Vermittlung, insbesondere unter
den eigenen Mitgliedern. Weitere Unterstützung biete eine Stiftung, die in Einzelfällen Hilfe,
insbesondere in sozialen Fragen anbietet.

Grundrissänderungen spielen in den 70er und 80er-Jahre-Beständen keine Rolle. Diese wurden
in der Vergangenheit nur in den 50er-Jahre-Beständen durchgeführt. Änderungen der Grundrisse werden aktuell gar nicht mehr durchgeführt, da die Kosten vergleichbar mit Neubaukosten sind, ohne dass Neubaustandards geschaffen werden. Entsprechende Mietsteigerungen
werden vom Mieter nicht angenommen.

Hinzu kommt, dass 1-Zimmer-Wohnungen durch die Regelungen in Zusammenhang mit ALG II
eine deutlich erhöhte Nachfrage erfahren haben. Vermietungsprobleme gibt es in diesem Segment seit Hartz IV praktisch nicht mehr.
In den Gesprächen ist deutlich geworden, dass in Allermöhe Ost bisher über Instandhaltungsmaßnahmen hinaus keine wesentliche Bestandsentwicklung vorgenommen worden ist. Die Gründe liegen in dem relativ jungen Baualter, weshalb der energetische Standard auf einem anderen Stand
123
ist als in anderen Großwohnsiedlungen der 70er Jahre. Hinsichtlich der Energetik stehen die Bestände in Allermöhe Ost deutlich besser da als bspw. in Steilshoop. Die Gebäude verfügen über
KW/h-Werte im Bereich von 110 bis 130. Nach Aussagen von Unternehmensseite wird ein Handlungsbedarf erst bei Werten um 180 KW/h gesehen. Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände wird in Allermöhe Ost entsprechend erst in zehn bis 20 Jahren eine Rolle spielen.
Dann werden voraussichtlich Maßnahmen wie Wärmedämmung und die Erneuerung der Heizungssysteme notwendig sein.
Maßnahmen zur energetischen Erneuerung sind aus Sicht der Wohnungsunternehmen ohne Förderungen nicht umsetzbar. Dies trifft umso mehr zu als die Richtlinien der Energieeinsparverordnung
hohe Anforderungen stellen. Die bestehenden Fördermöglichkeiten werden zum Teil kritisch beurteilt. So gibt es Positionen, die KfW-Darlehen als unpassendes Förderinstrument einstufen, da hier
nur Paketlösungen möglich seien, die die Unternehmen hinsichtlich des Umfangs der Investitionen
überfordern. Besser wäre ein Zuschussmodell, das es zulässt, Einzelmaßnahmen zu fördern (entweder Fenster oder Dach, aber nicht zwingend beides). Dies sei insbesondere sinnvoll, wenn man
die Strategie der kontinuierlichen Modernisierung verfolge, bei der Schritt für Schritt einzelne Elemente erneuert werden (z. B. Fenster, Fassade, Dach). Im Gegensatz dazu würden andere Bestände eher herunter gewirtschaftet, um zu einem späteren Zeitpunkt das ganze Modernisierungspaket durchzuführen.
Demgegenüber wurden in anderen Großsiedlungen der 70er Jahre bereits umfangreichere Maßnahmen durchgeführt. Dies betrifft in Mümmelmannsberg z. B.:

Modernisierung von Bad und Küche

Austausch Einscheibenverglasung

Dachdämmung bei allen Gebäuden

Fassadendämmung (Objekt für Objekt, da die Werte vergleichsweise gut sind)

Komplette Erneuerung der Heizungsanalgen (Sonderfall wg. Fernwärmeanlage, in Kooperation
mit anderen Wohnungsunternehmen)
Modernisierungen innerhalb der Wohnungen (insbesondere Sanitäranlagen) werden in der Regel
bei Mieterwechseln durchgeführt. Die Akzeptanzquote bei den Mietern für die Durchführung von
Modernisierungen kann insbesondere bei einkommensschwächeren Bewohnern geringer sein, da
viele Haushalte die erhöhten Mietkosten nicht tragen können oder wollen.
Die Strategien der unterschiedlichen Eigentümer unterscheiden sich nur wenig. In den Großsiedlungen finden sich in der Regel Wohnungsgenossenschaften und die kommunale SAGA/GWG, die
ähnliche, langfristig angelegte Bestandsstrategien verfolgen. Auch kleinere (Verwaltungs-) Gesellschaften grenzen sich nicht in besonderem Maß davon ab. Bei genauerem Hinsehen kann allenfalls
der Eindruck entstehen, dass sich die Bestände der Genossenschaften im besten baulichen Zustand
befinden.
124
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Fotos oben: Allermöhe Ost
Fotos unten: Steilshoop
4
Fallstudie Ingolstadt
Die Stadt Ingolstadt liegt in einer Wachstumsregion und hat rd. 123.000 Einwohner. Die Stadt ist
wichtiger Standort der Auto- und Ölindustrie sowie unterschiedlicher Handelskonzerne. Ingolstadt
zählt zu den dynamischen Wirtschaftsräumen in Deutschland und hat mit 5,0 % eine vergleichsweise geringe Arbeitslosenquote. Der Aufschwung der Stadt macht sich in der Einwohnerentwicklung bemerkbar. Das Oberzentrum Ingolstadt ist die jüngste Großstadt in Bayern, erst 1989 erreichte sie die 100.000 Einwohnergrenze. Ingolstadt ist eine relativ junge Stadt mit einem unterdurchschnittlichen Anteil über 65-Jähriger und einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen.
Der Wohnungsmarkt ist durch eine solide Nachfrage und ein stabiles Miet- und Kaufpreisniveau
gekennzeichnet. In Ingolstadt gibt es mit 5,4 neuen Wohnungen je 1.000 Einwohner eine intensive
Neubautätigkeit, wobei ein Großteil im Geschosswohnungsbau erfolgt. Der Anteil der 70er und 80er
Jahre-Bestände liegt bei rd. einem Viertel des Gesamtwohnungsbestandes.
125
Demographie
Bevölkerung 2007:
123.050
Bevölkerung 2003:
119.530
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
+ 2,9 %
Bevölkerungsprognose 2005-2025
+ 9,3 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2006:
+ 48
Bevölkerungsdichte 2007:
924 EW/km²
Wanderungssaldo 2006:
+ 780
Altersstruktur 2006:
17,9 % unter 18-Jährige (21.850)
18,4 % über 65-Jährige (22.550)
Wirtschaft
BIP je Einwohner 2004:
56.164 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
107,9
Zahl der Beschäftigten 2006:
75.750
Arbeitslosenquote 1/2009:
4,4 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Wachstumsregion
Wohnungsbestand 2007:
56.610
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern
Mehrfamilienhäuser
24.590 (43 %);
(83 %)
Gebäude:
20.570
32.020 (57 %);
(17 %)
Gebäude:
4.100
Baufertigstellungen 2007:
660
Miet-/Kaufpreise:
Mietpreis (Neuvermietung): 4,508,50 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.600-2.600 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
1.200-2.000 €/m²
4.1
Piusviertel
Bei dem untersuchten Bereich handelt es sich um ein Quartier im Norden Ingolstadts. Dort wurden
insbesondere in der Nachkriegszeit Wohnungen, in sog. Schlafstädten, in direkter Nachbarschaft zu
den ansässigen Automobilwerken (Audi) errichtet. Dazu zählt das Piusviertel mit rd. 5.800 Wohnungen und mehr als 13.000 Einwohnern, welches überwiegend in den 50er, 60er und 70er Jahren
errichtet worden ist. Bei dem Piusviertel handelt es sich demnach nicht um eine typische Großsiedlung, die in einem Stück geplant worden ist, sondern über einen längeren Zeitraum im Rahmen der
Stadterweiterung entwickelt wurde.
126
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Für das Piusviertel wurde im Jahr 2001 ein integriertes Handlungskonzept für die Entwicklung des
Quartiers im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" erstellt. Seit diesem Jahr läuft das Programm
in diesem Quartier. Die Bestände aus den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg werden seit
einigen Jahren durch die Eigentümer saniert und modernisiert (Fassaden, Fenster, Bäder etc.). Das
Programm "Soziale Stadt" wirkt hier unterstützend mit Förderungen für Umfeldmaßnahmen und
soziale Maßnahmen.
4.2
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
Das Piusviertel ist durch unterschiedliche Gebäudetypen geprägt. Ein wesentliches Element ist die
Zeilenbebauung der 50er und 60er Jahre mit großteils vier bis fünf Geschossen. Rund die Hälfte
der Bestände wurde im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet. Hieran waren drei Wohnungsbaugesellschaften maßgeblich beteiligt.
Städtebaulich folgt der Wohnungsbau dem Leitbild des modernen Städtebaus der Nachkriegszeit.
Aufgrund der Baustrukturen und insbesondere der Punkthochhäuser wird das Piusviertel vielfach
als Großwohnsiedlung wahrgenommen. Das gesamte Quartier weist im Hinblick auf die
Wohnumfeldgestaltung und die Infrastrukturversorgung deutliche Defizite auf:

Fehlende soziale Einrichtungen für Jugendliche oder Senioren.

Defizit an Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben.

Die Grünflächen im direkten Wohnumfeld sind überwiegend nicht genutzt, gleichzeitig gibt es
ein Defizit an Spielflächen und Spielmöglichkeiten.
Die verkehrliche Anbindung ist insgesamt als gut zu bezeichnen, sowohl für den Individualverkehr
als auch durch den ÖPNV. Trotz der Lage am Stadtrand ist die Innenstadt in zwei bis drei Kilometern zu erreichen. Im Hinblick auf den Verkehr wurden im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes allerdings auch Lärmbelastungen an den Hauptverkehrsstraßen mit hoher Verkehrsbelastung sowie starke Barrierewirkungen festgestellt. Des Weiteren ergab sich eine Parkplatzproblematik durch ungeordnetes Parken.
4.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Im gesamten Piusviertel ist der Anteil an Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen überdurchschnittlich hoch. Einkommensschwache Haushalte spielen insgesamt eine wesentliche Rolle in den Beständen. Zu diesem Ergebnis sind die Untersuchungen zur Entwicklung des Integrierten Handlungskonzeptes gekommen.1 Darin wird deutlich, dass

die Arbeitslosigkeit über dem städtischen Durchschnitt liegt.

demgegenüber der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung in der Altersgruppe 30 bis 45 Jahre
unterrepräsentiert ist.

der Anteil an Ausländern und Aussiedlern mit über 50 % im Quartier sehr hoch ist.

die höheren Altersgruppen überdurchschnittlich vertreten sind.
1
Integriertes Handlungskonzept im Rahmen des Programms "Stadt- und Ortsteile mit besonderem Entwicklungsbedarf die Soziale Stadt", 2001/2004.
127
Die Besonderheiten der Sozialstruktur deuten auf wesentliche Problembereiche hin, die insgesamt
mit einem niedrigen sozioökonomischen Status der Bevölkerung, mit Jugendkriminalität und Drogenproblematik und hohen Fluktuationsraten verbunden sind. Somit zeigt sich hier deutlich die
Segregation. Die Entwicklung, die zu der heutigen Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur geführt hat, lässt sich in drei Phasen beschreiben:

Die Anfang der 70er und Anfang der 80er Jahre errichteten Wohnungen wurden zum großen
Teil als Sozialwohnungen errichtet. Durch die Förderung waren moderate Mietpreise zu verzeichnen, wobei sich die Bewohnerschaft der Erstbezieher aus unterschiedlichen sozialen
Gruppen zusammen setzte.

Die 1982 in Bayern eingeführte Fehlbelegungsabgabe führte zu einem Bevölkerungsaustausch,
in dessen Zuge zahlreiche Besserverdienende den Wohnort gewechselt haben. Dieser Austauschprozess führte im Lauf der 80er Jahre und insbesondere Anfang der 90er Jahre zunehmend zu einer Segregation mit einem hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten in
dem Viertel.

Ein wesentlicher Teil der neuen Bewohnerschaft kam von außerhalb in das Viertel, insbesondere Anfang der 90er Jahre mit dem Zuzug von Aussiedlern. Dadurch kam es zu einer Abwanderung der angestammten Wohnbevölkerung ("Glasscherbenviertel"). Nach Einschätzung der
Stadtverwaltung wurde im Zuge der in den vergangenen Jahren durchgeführten Maßnahmen
ein Imagewandel in Gang gesetzt, wodurch inzwischen wieder eine Nachfrage durch Bewohner
in Ingolstadt entsteht.
Fast zwei Drittel der Wohnungen befinden sich im Eigentum zweier Wohnungsgesellschaften. Von
diesen Wohnungen handelt es sich bei rd. 80 % um Sozialwohnungen. Vielfach sind es größere
Haushalte, die in den vergleichsweise großen Wohnungen der 70er Jahre leben. Dass die Wohnungen der 70er und 80er Jahre auch heute eine zentrale Rolle bei der Versorgung einkommensschwacher Haushalte spielt, lässt sich an dem Mietniveau ablesen:

Die Mietpreise in Ingolstadt bei Neuvermietung bewegen sich in einer Spanne von ca.
4,50 €/m² bis 8,50 €/m².

Die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre-Bestände im Piusviertel liegen nach Angaben
der Wohnungsgesellschaften vor Ort im Bereich zwischen 4,00 €/m² und 5,00 €/m² (Bestandsmieten).

Damit liegen die Bestände deutlich im preisgünstigen Marktsegment in Ingolstadt. Zum Teil
werden im Quartier 4,00 €/m² unterschritten. Dann handelt es sich allerdings meist um 50er
und 60er Jahre-Bestände, die bisher keiner umfangreichen Modernisierung unterzogen wurden. Bei modernisierten Beständen der 50er und 60er Jahre (Balkonanbau, Sanitäranlagen,
Heizung) reicht die Spanne bis über 5,00 €/m², sodass das Niveau der 70er Jahre-Bestände
sogar überschritten wird.

Die Mietpreise liegen bei den geförderten Beständen der 70er Jahre bei ca. 3,50 €. Daraus
ergibt sich bei Modernisierungen kein Spielraum für Mieterhöhungen. Wenn die Bindungen
auslaufen, was in den nächsten Jahren zunehmend geschehen wird, sind vonseiten der kom-
128
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
munalen Gesellschaft Mieterhöhungen vorgesehen. Diese werden jedoch im Sinne des Gesellschafterauftrages durchgeführt und somit eher moderat ausfallen.
Nach Einschätzung der Anbieter vor Ort ist die Vermietbarkeit trotz aller Problemfelder als sehr gut
einzustufen. Leerstand, der über den üblichen Fluktuationsleerstand hinaus geht, gibt es in dem
Quartier praktisch nicht. Aktuell und auch zukünftig wird mit einer das Angebot übersteigenden
Nachfrage gerechnet.
4.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Die Wohnungsbestände der 70er Jahre zeichnen sich durch einen relativ hohen Anteil an großen
Wohnungen aus. Gleichzeitig gibt es vor Ort eine besonders hohe Nachfrage nach großen Wohnungen ab vier Zimmern. In diesem Segment herrscht hier ein Unterangebot, das allein durch die
70er Jahre Bestände nicht befriedigt werden kann. Die Grundrisse werden insgesamt als "gut" und
marktgängig bewertet. Hierzu zählen z. B. komfortable Zimmergrößen. Jedoch sind Badezimmer
und Küchen oft relativ klein bemessen.
An den Wohngebäuden der 70er Jahre wurden die aus Sicht der Wohnungsunternehmen bisher
"üblichen" Elemente erneuert:

Fenster und Flachdächer mit Wärmedämmung

Fassaden ohne Wärmedämmung

Balkone

Haustüren

Heizungsanlagen

Sanitäranlagen
Insgesamt wird der bautechnische Zustand - auch in energetischer Hinsicht - als gut bewertet.
Bauliche Defizite, die dem Bautypus in besonderer Weise entsprechen, wurden von den Gesprächspartnern nicht identifiziert. Hingegen werden die Wärmedämmwerte als vergleichsweise gut
eingestuft. Insbesondere gegenüber 50er und 60er Jahre Beständen erreichen die Gebäude bessere Werte und liegen in ihrem Energieverbrauch nur 20-30 % über dem Wert gedämmter Wohnungen. Wärmedämmungen an den Fassaden sind aus Sicht des kommunalen Unternehmens erst in
einem zeitlichen Horizont von ca. zehn Jahren auf der Tagesordnung. Bis dahin seien farbliche Erneuerungen der Fassaden ausreichend.
Die Sanitäranlagen stellen derzeit ein Handlungsfeld bei diesen Beständen dar und werden jetzt,
nachdem die Badezimmer der 50er und 60er Jahre Bestände weitgehend modernisiert sind, neu
gestaltet. Dies erfolgt objektweise, darüber hinaus werden Einzelmaßnahmen bei Mieterwechsel
durchgeführt.
Die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen führen zu Kosten, die - soweit möglich - auf die
Miete umgelegt werden. Für die Mieter ergeben sich bei normalen Modernisierungen Mieterhöhungen von 0,50 € bis 0,60 €. Höhere Mieterhöhungen wären im Piusviertel vielfach nicht durchsetzbar, weshalb der Aufwand in dem entsprechenden Rahmen gehalten wird. In einzelnen Fällen, wo
umfangreichere Modernisierungen mit Lärmschutzmaßnahmen an den Fassaden einher gingen
(z. B. verglaste Balkone) wären höhere Mieterhöhungen von ca. 0,80 € bis 0,90 € die Folge gewe-
129
sen. Diese Kosten und damit verbundenen Mieterhöhungen konnten durch städtebauliche Förderungen gesenkt werden.
Eine besondere Herausforderung stellen für die Wohnungseigentümer die Anforderungen an den
Brandschutz dar. Diese können insbesondere bei den Beständen der 70er und 80er Jahre mit den
z. T. großen Gebäudehöhen zu umfangreichen Investitionen führen, die dann für andere Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen werden von den Wohnungsunternehmen Einzelmaßnahmen, z. B. zur Verringerung von Barrieren, durchgeführt. Ein Wohnungsunternehmen führt den
Abbau von Barrieren in jedem Objekt im Zuge von baulichen Maßnahmen durch. Der Preis für
barrierefreies Wohnen wird bei 5,00 € bis 6,00 € angesetzt. Für ältere Paare bietet sich ggf. die
Zusammenlegung von kleineren Wohnungen an, die alternativ zu den bis dahin größeren bewohnten Wohnungen angeboten werden.
Bei der Durchführung von Wohnumfeldmaßnahmen spielt das Programm Soziale Stadt eine zentrale Rolle. Die in dem Integrierten Handlungskonzept entwickelten Maßnahmen werden zum großen
Teil durch Fördermittel getragen. Die Aufteilung zwischen finanziellen Mitteln der Kommune und
den Wohnungsunternehmen beträgt 70 % zu 30 %. Aus Sicht der Stadt und der Wohnungsunternehmen wären diese Maßnahmen ohne Förderung nicht tragbar, denn das vorhandene Budget für
Modernisierungen der Wohnungsunternehmen sieht Wohnumfeldmaßnahmen nicht oder nur in
sehr geringem Umfang vor.
Die Durchführung von Maßnahmen basiert ganz wesentlich auf den kooperativen Strukturen, die
sich zwischen den wichtigsten Wohnungseigentümern und der Kommunalverwaltung herausgebildet haben, und auf Fördermöglichkeiten, die sich aus dem Programm Soziale Stadt ergeben. Vor
diesem Hintergrund lassen sich gemeinsame Strategien umsetzen. Dazu gehören die Neuordnung
der Parkplatzanlagen und Müllplätze, die Gestaltung der Hauszugänge und die Umgestaltung und
Herausbildung zentraler öffentlicher Plätze.
Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es von großer Bedeutung, dass entsprechende Maßnahmen in
dem Quartier im Rahmen eines integrierten Handlungskonzeptes umgesetzt werden. Allein bauliche
Maßnahmen reichen nach Einschätzung der Akteure vor Ort nicht aus, um eine grundlegende Verbesserung der Bestände zu erreichen.
In der Diskussion ist derzeit die Frage der Übernahme der Folgekosten, die aus den Aktivitäten im
Quartier entstehen. Denn die einmaligen Investitionen in die soziale Infrastruktur rufen nach Auslaufen des Programms Soziale Stadt Bewirtschaftungskosten hervor. Aus Sicht der Stadt wären die
Wohnungsunternehmen, die auch von den Förderungen profitiert haben, in der Pflicht, hier einen
Beitrag zu leisten.
Nach Einschätzung der Gesprächspartner reichen die derzeitigen Förderbedingungen allein nicht
aus, um Modernisierungen zu finanzieren. Im Piusviertel konnten im Rahmen des Programms Soziale Stadt z. T. auch investive Maßnahmen an den Gebäuden in die Förderung einbezogen werden,
sofern es sich um Objekte mit besonderem städtebaulichen Wert handelte oder um Maßnahmen,
die in engem Zusammenhang mit dem Wohnumfeld standen.
130
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
In Ingolstadt hat es in den vergangenen Jahren keine nennenswerten Eigentümerwechsel gegeben. Die wichtigsten Eigentümer im Piusviertel treten als Bestandshalter auf. Dazu zählen die
kommunale Gesellschaft GWG, die über rd. 660 Wohnungen der 70er und 80er Jahre im Piusviertel
verfügt, die Südhausbau mit Sitz in München und das katholische Wohnungsunternehmen
St. Gundekar-Werk Eichstätt GmbH. Die Stadtverwaltung kommt zu der Einschätzung, dass diese
Akteursstruktur für die Arbeit im Quartier sehr hilfreich ist.
oben:
Waldeysenstraße
unten:
Richard-Wagner-Straße
5
Ludwigsburg
Ludwigsburg liegt im nördlichen Einzugsgebiet von Stuttgart und hat rund 88.000 Einwohner. Die
Bevölkerungsentwicklung in Ludwigsburg ist in den letzten Jahren durch einen leichten Rückgang
gekennzeichnet. Insbesondere in der Gruppe der Familien sind deutliche Wanderungsverluste zu
verzeichnen. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Ludwigsburg im Jahr 2006 ein strategisches
Konzept zur Weiterentwicklung des Ludwigsburger Wohnungsangebotes entwickelt, um insbeson-
131
dere den abwandernden Bevölkerungsgruppen ein nachfragegerechtes Wohnungsangebot zur Verfügung zu stellen.
Der Wohnungsmarkt in Ludwigsburg ist insgesamt durch eine ausgeglichene bis leicht angespannte
Marktsituation gekennzeichnet. Defizite bestehen nach Aussagen der Stadtverwaltung z. B. im Bereich großer (Altbau-)Wohnungen im mittleren Preissegment, die insbesondere jüngeren
Nachfragergruppen, wie Studenten, Künstlern oder jungen Familien Raum zu Entfaltung bietet.
Zentrales Ziel der Wohnungsmarktpolitik ist es, auf eine ausgeglichene soziodemographische Struktur der Stadtgesellschaft und der Stadträume hinzuwirken. Im Zentrum der Bemühungen steht jedoch, durch neue Wohnungsangebote einer weiteren Abwanderung der Bevölkerung entgegen zu
wirken.
132
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Demographie
Bevölkerung 2007:
87.350
Bevölkerung 2003:
87.600
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
- 0,3 %
Bevölkerungsprognose 2005-2025:
- 1,4 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
51
Wanderungssaldo 2007:
17
Bevölkerungsdichte 2007:
2.015 EW/km²
Altersstruktur 2007:
14.900
16.950
17,1 % unter 18-Jährige
19,4 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP 2005:
28.413 €/EW (LK Ludwigsburg)
Kaufkraftkennzahl 2008:
119,4
Zahl der Beschäftigten 2007:
43.075
Arbeitslosenquote 1/2009:
4,2 % Hauptagentur Ludwigsburg
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Strukturstarke Region
Wohnungsbestand 2007:
42.504
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern:
Mehrfamilienhäusern:
11.465 (27 %);
(63 %)
Gebäude:
8.651
30.266 (73 %);
(37 %)
Gebäude:
5.095
Baufertigstellungen 2007:
216; 2,5 je 1.000 EW
Miet-/Kaufpreise:
Mietpreis (Neuvermietung): 6,0010,00 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
2.100-3.000 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
1.350-2.000 €/m²
5.1
Eglosheim / Straßenäcker
Der Ortsteil Straßenäcker im Stadtteil Eglosheim stellt sich in seiner baulichen Struktur sehr heterogen dar. Am nordwestlichen Stadtrand gelegen, ist dieser Stadtteil aus dem alten Dorfkern
Eglosheim als Stadterweiterungsgebiet in der Nachkriegszeit entwickelt worden. In den ersten
Bauphasen nach dem Krieg wurde Alt-Eglosheim bis in die 60er Jahre arrondiert. In den 70er Jahren folgten weitere Baufelder am Stadtrand. Durch diese nahezu suburbane Lage ist der Ortsteil
Straßenäcker schon relativ weit von der Stadtmitte entfernt.
133
Neben Ein- und Zweifamilienhausbebauungen, verdichteten Einfamilienhausformen und Zeilen
wurden in den 70er Jahren im Zuge des Sozialen Wohnungsbaus großformatige Siedlungsstrukturen mit bis zu 18 Geschossen. Lagequalität und Image werden als mittel eingestuft. Das Einkommens- und Bildungsniveau der Bevölkerung ist eher im unteren Bereich angesiedelt.
Die verkehrliche Erschließung kann als gut bis sehr gut bezeichnet werden. Eine Bundesstraße
führt direkt in das Zentrum. Des Weiteren ist ein S-Bahn-Anschluss mit Anbindung zum Ludwigsburger Bahnhof vorhanden. Gleichzeitig haben die Verkehrstrassen eine deutliche trennende Wirkung. Das Gebiet ist somit räumlich isoliert und durch verkehrsbedingten Lärm belastet.
5.2
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Die Nachfrage nach den Wohnungsbeständen der 70er Jahre wird insgesamt etwas ungünstiger
gegenüber anderen Baualtersklassen eingeschätzt. Während die Nachfrage am Wohnungsmarkt
derzeit etwas größer ist als das Angebot und zukünftig deutlich größer sein wird, wird bei den 70er
Jahre Beständen aktuell ein Marktausgleich konstatiert. Zukünftig wird eine etwas größere Nachfrage erwartet.
Die Wohnbau verfügt über insgesamt 2.000 Wohnungen, davon stammen rund 570 Wohnungen
aus den 70er Jahren, rund 160 befinden sich in Eglosheim. Hinsichtlich der Bewohnerschaft haben
ältere Haushalte, Haushalte mit Migrationshintergrund und einkommensschwache Haushalte einen
hohen Anteil. Hinsichtlich des Preisniveaus liegen die untersuchten Bestände der Wohnbau Ludwigsburg in einer Spanne von 4,30 - 6,00 €/m² und damit im unteren bis mittleren Preissegment.
Sämtliche Wohnungen verfügen über Mietpreis- und Belegungsbindungen.
5.3
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Der gesamte Wohnungsbestand der Wohnbau Ludwigsburg aus den 70er und 80er Jahren in
Eglosheim ist mietpreis- und belegungsgebunden. wie in anderen Fallbeispielen auch handelt es
sich um vergleichsweise große Wohnungen mit folgenden Anteilen:

2-Zimmer-Wohnungen mit ca. 50 - 70 m² (25 %)

3-Zimmer-Wohnungen mit ca. 70 - 85 m² (50 %)

4-Zimmer-Wohnungen mit ca. 85 - 105 m² (25 %)
Die Wohnbau Ludwigsburg modernisiert nach und nach ihre Bestände in energetischer Sicht. Der
Wohnungsbestand unterliegt dabei einem Portfolio-Management, bei dem die einzelnen Wohnungen und Standorte einer Bewertung unterzogen werden. Diese erfolgt nach den Kriterien:

Energieverbrauch

Wirtschaftlichkeit

Standortqualität
Das Baualter für sich stellt demnach kein Kriterium dar. Vielmehr spiegelt sich hierbei der grundsätzliche wohnungswirtschaftliche Ansatz wider, Maßnahmen nach ihrer Wirtschaftlichkeit und
Refinanzierbarkeit durchzuführen. Dies gelingt mit dem dargestellten Bewertungsraster, das durch
die Berücksichtigung des Energieverbrauchs indirekt auch die Baualtersklassen einbezieht.
134
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Nach Einschätzung der Wohnbau sind die Bestände der 70er Jahre in baulicher Hinsicht ungünstiger zu bewerten als z. B. Bestände der 50er und 60er Jahre. Dies hänge mit dem Mauerwerk zusammen, welches deutlich stabiler sei. Der Wohnungsbau der 70er Jahre unterlag hingegen Sparmaßnahmen, die sich im sparsamen Umgang mit Baumaterial äußerten. So wird z. B. darauf hingewiesen, dass die Bestände über dünnere Wände verfügen, was entsprechende Auswirkungen auf
die Energetik und die Schallisolierung hat.
6
Fallstudie Mainz
Die Stadt Mainz hat rd. 200.000 Einwohner und befindet sich in einer Wachstumsregion und bildet
zusammen mit Wiesbaden ein länderübergreifendes Doppelzentrum. Sowohl die aktuelle natürliche
Bevölkerungsentwicklung als auch der Wanderungssaldo sind positiv. Die Zahl der Einwohner hat
seit dem Jahr 2000 um 13.000 zugenommen, wovon ein großer Teil auf die Einführung der Zweitwohnungssteuer 2005 zurückzuführen ist (ca. 9.000 Einwohner). Der Anteil der über 65-Jährigen
liegt unter dem Durchschnitt aller Fallbeispiele.
Der Wohnungsmarkt in Mainz kann allgemein als stabil bezeichnet werden, mit leicht steigenden
Mieten vor allem im unteren und mittleren Preissegment. Im Jahr 2007 war die Neubautätigkeit in
Mainz mit 2,2 Wohnungen pro 1.000 Einwohner etwas höher als in den anderen Beispielstädten.
Vor dem Hintergrund steigender Studentenzahlen und mangelnder Neubautätigkeit im Mietwohnungsbau, wird ein Engpass für kleine und preisgünstige Wohnungen prognostiziert.
135
Demographie
Bevölkerung 2007:
200.150
Bevölkerung 2003:
203.800
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
- 1,8 %
Bevölkerungsprognose 2003-2020
+ 1,4 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
+ 150
Bevölkerungsdichte 2007:
2.025 EW/km²
Wanderungssaldo 2007:
+ 1.480
Altersstruktur 2007:
14,9 % unter 18-Jährige
17,5 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP je Einwohner 2006:
43.397 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
115,2
Zahl der Beschäftigten 2007:
96.500
Arbeitslosenquote 1/2009:
6,7 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Wachstumsregion
Wohnungsbestand 2007:
101.100
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern
26.575 (26,3 %)
Mehrfamilienhäuser
74.525 (73,7 %)
Baufertigstellungen 2007:
450
Miet-/Kaufpreise 2006:
Mietpreis (Neuvermietung): 5,00 - 10,00 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.400 - 3.100 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
1.200 - 2.600 €/m²
6.1
Lerchenberg
Der Stadtteil Lerchenberg befindet sich im westlichen Teil des Mainzer Stadtgebietes und hat rd.
2.500 Einwohner (2007). In den vorangegangenen fünf Jahren war ein leichter Bevölkerungsrückgang von rd. 200 Personen zu verzeichnen. Der Stadtteil Lerchenberg besteht aus drei Stadtbezirken, die sich zwei städtebaulichen Bereichen zuordnen lassen. Im nördlichen und südlichen Bereich
gibt es überwiegend Einfamilienhausbebauung. Lerchenberg Mitte besteht aus einem zentralen
städtischen Bereich mit Großsiedlungscharakter. Hier befindet sich auch das Produktionsgelände
des ZDF. Die Errichtung der Mehrfamilienhäuser stand in engem Zusammenhang mit der Errichtung des Produktionsgeländes. Viele Mitarbeiter haben auf dem Lerchenberg Wohnungen zu Zeiten
der Errichtung bezogen, bis heute bestehen zwischen der Arbeitsstätte und dem Wohnungsangebot enge Verflechtungen.
136
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Das untersuchte Quartier an der Hindemithstraße ist in den Jahren 1966 bis 1974 entstanden. Im
Wesentlichen gibt es dort acht Wohnscheiben mit acht bis neun Geschossen und vier Punkthochhäuser, die Ende der sechziger Jahre errichtet worden sind. Bei zwei Punkthochhäusern handelt es
sich um vermietete Bestände, zwei weitere beherbergen Eigentumswohnungen, die zur Selbstnutzung angeboten werden. Insgesamt gibt es im Stadtteil rd. 2.700 Wohnungen, wovon sich allerdings nur ein Teil in dem untersuchten Gebiet befindet. Die in die Gespräche einbezogenen Eigentümer verfügen zusammen über rd. 600 bis 700 Wohnungen auf dem Lerchenberg.
In Mainz wird derzeit ein Wohnungspolitisches Programm für die Gesamtstadt erstellt. In Lerchenberg wird derzeit das Programm Soziale Stadt vorbereitet. Ein Integriertes Handlungskonzept ist
erstellt worden und befindet sich derzeit in der verwaltungsinternen Abstimmung der Stadt Mainz.
Hinsichtlich dieses Programms gibt es vonseiten der wohnungswirtschaftlichen Akteure eine geringe Erwartungshaltung - entweder, weil nur wenig über die Pläne bekannt ist oder weil Erfahrungen
aus anderen Programmgebieten zeigen, dass gewünschte Entwicklungen nur mittelfristig erreichbar sind.
6.2
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
Der Lerchenberg bildet einen eigenen Stadtteil, der sich außerhalb des zentralen, zusammenhängenden Stadtgefüges befindet. In der Umgebung befinden sich verschiedene Stadtteile, die aufgrund des eher ländlichen Umfeldes über gute Wohnlagen verfügen. Lerchenberg Mitte hebt sich
davon als Standort mit einem hohen Anteil an Sozialwohnungen und mit großsiedlungsähnlichen
Strukturen ab. Die Erschließung erfolgt über eine zentrale, mehrspurige Straße mit acht- bis neungeschossigen Zeilen. Städtebauliche Dominanten bilden vier Punkthochhäuser mit 20 und 24 Geschossen. Im Zentrum des Gebietes befindet sich ein Stadtteilzentrum mit Einzelhandelseinrichtungen und Geschäften für den täglichen Bedarf.
Die bauliche Struktur wird von den Gesprächspartnern insgesamt neutral bewertet. Die Versorgung
für den täglichen Bedarf ist grundsätzlich gewährleistet, zeigt allerdings auch Defizite. Dies gewinnt
an dem Standort umso mehr an Bedeutung, da weitere Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt
weit entfernt sind.
Das direkte Umfeld in dem Quartier wird weder positiv noch negativ bewertet. Insgesamt entsteht
der Eindruck, dass keine gravierenden Probleme vorhanden sind. Ein Handlungsbedarf wird jedoch
bei der Gestaltung der Spielplätze gesehen, die einer Neugestaltung bedürfen. Diese Ansicht wird
allerdings weniger von dem Eigentümer zweier Hochhäuser geteilt, da diese über eigene Spielmöglichkeiten verfügen. Zwei Spielplätze befinden sich direkt auf den Grundstücken der Gebäude und
sind aufgrund der Einzäunung nur durch die Mieter zu betreten.
Ein positives Urteil erhalten die Freiraumqualitäten, die - ähnlich wie bei anderen Beispielen - überdurchschnittlich gut sind. In ländlicher Umgebung gelegen, bestehen direkte Verbindungen zu
Naherholungsgebieten. Insgesamt wird aus den Gesprächen nicht ganz deutlich, ob die Nähe zum
Grün die weiten Wege zur Mainzer Innenstadt tatsächlich überwiegen kann oder ob die positive
Einschätzung der ländlichen Umgebung nicht auch Teil der Vermarktungsstrategie ist. Das Mietsteigerungspotenzial ist jedoch durch das Nachfrageverhalten gedeckelt, da besserverdienende
Haushalte, die Wert auf eine grüne Umgebung legen, sich eher für eine Wohnung in einem der
Einfamilienhausgebiete entscheiden.
137
6.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Hinsichtlich der Sozialstruktur muss der Lerchenberg differenziert betrachtet werden. Insgesamt
handelt es sich um einen Stadtteil mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an älteren Bewohnern, was jedoch zu einem großen Teil auf die Bewohner in den Einfamilienhausgebieten zurückzuführen ist. In Lerchenberg Mitte ist der Altersdurchschnitt geringer, wie die Ergebnisse einer Sozialraumanalyse zeigen:

In Lerchenberg Mitte gibt es einen hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit rd. 23 %.2
Gleichzeitig ist der Anteil an Ausländern mit ebenfalls rd. 23 % überdurchschnittlich.

Während die natürliche Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen Jahren positiv war, verzeichnete Lerchenberg Mitte in den vergangenen Jahren Bevölkerungsverluste durch Abwanderung.

Bei einer Arbeitslosenquote von rd. 11 % in Mainz übersteigt der Anteil in Lerchenberg Mitte
mit 16 % deutlich. Insbesondere der Anteil der Langzeitarbeitslosen liegt hier deutlich über
dem städtischen Durchschnitt.

Gleiches gilt für den Anteil an Sozialhilfeempfängern mit rd. 15 % gegenüber rd. 5 % in Mainz
gesamt.
Bei der Betrachtung der Sozialstruktur ist zu berücksichtigen, dass der Stadtbezirk Lerchenberg
Mitte Wohnungsbestände der Ende 60er und Anfang 70er Jahre, aber auch ein Wohnquartier der
90er Jahre umfasst. Dieses Quartier an der Gustav-Mahler-Straße - die sog. Papageiensiedlung hat einen hohen Anteil an Sozialwohnungen, deren Bindungen erst in 15 bis 20 Jahren auslaufen.
Nach Einschätzung der Gesprächspartner sind viele soziale Konflikte auf die dortige, durch viele
Jugendlich geprägte Bewohnerstruktur zurückzuführen.
Trotz z. T. auch problematischer Entwicklungen haben die Wohnungsunternehmen nur geringe
Leerstände zu beklagen. Der marktbedingte Leerstand liegt bei ca. 1 %, inkl. Modernisierungsleerständen liegen diese bei mehr als 2 %. Dennoch werden auch größere Vermietungsprobleme beklagt, die auch auf die Entfernung zum Stadtzentrum zurückgeführt werden.
In Marktberichten zum Mainzer Wohnungsmarkt wird Lerchenberg Mitte als mittlere Lage eingestuft, im Gegensatz zu Lerchenberg Nord und Süd, die gute Lagen aufweisen. Die Mietpreise liegen
bei den Beständen der 70er Jahre zwischen 5,50 €/m² bis 6,50 €/m² und zählen damit zu dem
preiswerten Segment in einfachen Lagen. Hierzu zählen auch die geförderten Bestände. Je nach
Anbieter werden modernisierte Bestände der Ende 60er Jahre auch deutlich über 6,50 €/m² und
damit oberhalb des Medians im Mietspiegel angeboten, Bestände der 90er Jahre werden ab
7,00 €/m² angeboten.
Entsprechend gehen die ansässigen Eigentümer unterschiedlich mit dieser Situation um. Die kommunale Gesellschaft hat auf die problematische Situation vor Ort, die nach Einschätzung der Gesprächspartner vornehmlich durch jugendliche Bewohner hervorgerufen wird, mit einem privaten
2
Sozialraumanalyse Lerchenberg 2005.
138
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Wachdienst reagiert. Dieser hat neben einer rein überwachenden Wirkung auch positiven Wirkungen durch die reine Kontaktaufnahme mit den Jugendlichen.
Andere Eigentümer vor Ort sehen sich weniger im Quartierskontext in der Verantwortung als vielmehr für ihre eigenen Bestände. Dies bedeutet konkret, dass tendenziell eine Abschottungsstrategie gewählt wird, sodass sich Maßnahmen ausschließlich auf die eigenen Bestände und das eigene
Grundstück beziehen. Dies wird z. B. deutlich an der Umzäunung der eigenen Grundstücke und des
eigenen Spielplatzes. Kooperationen gibt es zwischen den Eigentümern am Lerchenberg bisher
nicht. Dies wird u. a. daran deutlich, dass kaum Kenntnis von den Eigentümern vor Ort vorhanden
ist.
Links: Hochhaus mit Mietwohnungen
Rechts: Hochhaus mit Eigentumswohnungen
6.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Bei den Wohnungen handelt es sich überwiegend um 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen. Es gibt auch
einen geringeren Anteil an 4-Zimmer-Wohnungen. Die Wohnflächen betragen

55 bis 65 m² bei den 2-Zimmer-Wohnungen

70 bis 80 m² bei den 3-Zimmer-Wohnungen

bis zu 90 m² bei 4-Zimmer-Wohnungen
Bei zwei Punkthochhäusern wurden bereits Anfang der 1990er Jahre Maßnahmen im Hinblick auf
eine energetische Erneuerung vorgenommen. Dies umfasst den Vollwärmeschutz mit einer Vorhangfassade, des Weiteren wurden die Dächer erneuert und gedämmt. Innerhalb der Wohnungen
wurden in der Vergangenheit Badsanierungen vorgenommen, da an den Wasserleitungen Erneuerungen notwendig wurden (Strangsanierungen). Im Rahmen einer Mieterversammlung wurden
139
entsprechende Wünsche hinsichtlich der Ausstattung (Badewanne oder Duschbad) eruiert. Darüber
hinaus werden Badsanierungen und die Erneuerung der Farbanstriche bei Mieterwechsel vorgenommen. Insgesamt handelt es sich bei diesen Wohnungen um höherwertiger ausgestattete Wohnungen. Dazu gehören selbstöffnende Türanlagen sowie eine Hausmeisterbetreuung vor Ort. Mittelfristig sind keine weiteren Maßnahmen geplant.
Auch in den Beständen der kommunalen Gesellschaft wurden die Wasserleitungen aufgrund von
Schäden (Wasserrohrbrüche) erneuert. Im Zuge der Strangsanierungen wurden ebenfalls Maßnahmen an den Badezimmer durchgeführt. Zu den weiteren Maßnahmen zählt die Erneuerung der
Fahrstühle und der Fassaden inkl. Wärmeschutz innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre. Die Heizungsanlage (Zentralheizung) wurde bisher nicht grundlegend verändert, die Heizkessel wurden
erneuert.
Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen wurden im Quartier keine besonderen Maßnahmen durchgeführt. Ansatzweise geschieht dies durch den Einbau bodengleicher Duschen und die Erneuerung
von Fahrstühlen. Da die Bestände jeweils mit Fahrstuhl ausgestattet sind, werden diese als weitgehend altengerecht eingestuft. Problematisch wirken sich demgegenüber Höhenunterschiede und
Stufen im direkten Wohnumfeld aus (Zugang zu den Hauseingängen).
Im Hinblick auf das Wohnumfeld sind zukünftig im Rahmen des Programms Soziale Stadt Maßnahmen zu erwarten. Bisher waren die Eigentümer in ihren eigenen Beständen tätig. Kooperationen gab es bisher nicht.
Die Investitionsprozesse der Eigentümer am Lerchenberg unterliegen unterschiedlichen Strategien:

Reagieren auf bauliche Missstände: Dies zeigt sich z. B. an der Erneuerung der Strangsanierungen, denen z. T. Schäden voraus gegangen sind. In diesem Zuge werden dann auch weitere Maßnahmen im Sanitärbereich durchgeführt.

Strategische Aufwertung: Anhand eines unternehmensinternen Ratings werden die zur Verfügung stehenden Mittel für Instandhaltung und Modernisierung auf die unterschiedlichen Standorte verteilt. Hierbei handelt es sich um überregionale Bewertungen von Standorten, Erträgen
und Renditechancen.
Investive Maßnahmen werden in der Regel durch Wohnungsbau- bzw. Modernisierungsförderungen unterstützt und zum Teil erst möglich gemacht. Von den Gesprächspartnern wurde in diesem
Zusammenhang auf die restriktive Wirkung hinsichtlich des Mieterhöhungspotenzials hingewiesen,
welche den Handlungsspielraum deutlich einschränkt.
Hinzu kommen die unterschiedlichen Förderpraktiken der Länder, die für das kommunale Wohnungsunternehmen durch die Lage an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und Hessen deutlich
werden. So wurde darauf hingewiesen, dass die Genehmigungsbereitschaft von Förderanträgen in
Hessen deutlich höher ist als in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung werden in Hessen 50 % aller
beantragten Maßnahmen gefördert, während es in Rheinland-Pfalz nur 20 % sind. Hinzu kommt,
dass die Doppelmetropole über unterschiedliche Wohnungsmärkte verfügt. In Wiesbaden sind die
Mieterhöhungspotenziale aufgrund der Wohnungsmarktsituation deutlich besser, sodass Maßnahmen besser refinanzierbar sind.
140
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Eigentümerwechsel hat es in der jüngeren Vergangenheit nicht gegeben und sind nicht absehbar.
Zwei Punkthochhäuser wurden in den 1980er Jahren durch die SOKA-BAU von der Neuen Heimat
übernommen. Die Wohnungsbestände der kommunalen Wohnungsgesellschaft wurden auch durch
diese errichtet und sind seitdem im Eigentum der Wohnbau Mainz. Darüber hinaus gab es nach Information der Gesprächsteilnehmer keine weiteren Eigentümerwechsel.
7
Fallstudie Potsdam
Die Stadt Potsdam hat rd. 150.000 Einwohner und zählt zu den stagnierenden/wachsenden Städten in Ostdeutschland. In den 90er Jahren hat die Stadt deutlich an Bevölkerung verloren. In den
letzten Jahren stieg die Bevölkerung aufgrund eines natürlichen Bevölkerungswachstums und eines
positiven Wanderungssaldos kontinuierlich an. Zukünftig werden weitere Bevölkerungsgewinne erwartet. Die wirtschaftliche Basis der Stadt Potsdam bildet ein breit gefächerter Dienstleistungssektor. Die Arbeitslosenquote liegt mit 9,3 % leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Der Wohnungsbestand in Potsdam besteht zu 87 % aus Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Rund
37 % des Wohnungsbestandes wurden zwischen 1971 und 1990 errichtet. Hierunter befinden sich
ca. 42 % in kommunaler und ca. 33 % in genossenschaftlicher Hand.
Im Bereich des Mietwohnungsmarktes ist der Leerstand angesichts der fortschreitenden Sanierungen gesunken, d. h. der Mietwohnungsmarkt ist relativ stabil. Zwischen 2001 und 2005 hat sich der
gesamtstädtische Leerstand von knapp 10 % auf 6 % verringert. Der Leerstand konzentriert sich
auf unsanierte Altbaubestände in innerstädtischen Lagen. Die Wohnungen der Plattenbaubestände
weisen dabei die geringsten Leerstände auf, sodass in diesem Segment kein Rückbau vorgesehen
ist. Der Wohnungsmarkt in Potsdam wird auch zukünftig durch eine hohe Nachfrage nach sanierten Wohnungen geprägt sein. Die Folge werden weiterhin steigende Preise in allen Preissegmenten
sein, insbesondere auch im Bereich des gehobenen Marktsegmentes wird eine Ausweitung des
Wohnungsangebotes notwendig.
141
Demographie
Bevölkerung 2007:
149.700
Bevölkerung 2003:
143.800
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
+ 4,1 %
Bevölkerungsprognose 2005-2020:
+ 12,3 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
+ 383
Bevölkerungsdichte 2007:
800 EW/km²
Wanderungssaldo 2007:
+ 1.558
Altersstruktur 2007:
14 % unter 18-Jährige
19 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP je Einwohner 2004:
29.146 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
95,5
Zahl der Beschäftigten 2006:
52.700
Arbeitslosenquote 01/2009:
9,1 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
stagnierend/wachsend
Wohnungsbestand 2007:
81.470
Gebäude: 17.900
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern:
Mehrfamilienhäusern:
10.250 (13 %);
(51 %)
Gebäude:
9.100
69.150 (85 %);
(49 %)
Gebäude:
8.320
Baufertigstellungen 2007:
305
Miet-/Kaufpreise:
Mietpreis (Neuvermietung): 4,2511,00 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.500 - 3.200 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
1.000 - 2.800 €/m²
7.1
Am Stern und Drewitz
Bei dem Untersuchungsgebiet handelt es sich um die Quartiere "Am Stern" und "Drewitz", die am
östlichen Stadtrand Potsdams gelegen sind. In dem Quartier "Am Stern" leben mehr als 13.000
Bewohner in insgesamt ca. 7.600 Wohnungen, davon sind ca. 900 Wohnungen in Zeilenbauweise
errichtet, 5.800 Wohnungen in fünf-, elf- und fünfzehngeschossigen Gebäuden. Das Wohngebiet
Drewitz ist ein relativ junges Wohngebiet aus den 80er Jahren. Dort gibt es v. a. Fünfgeschosser
mit ca. 2.900 Wohnungen und rd. 6.000 Bewohnern. Errichtet wurden die Quartiere in den 70er
Jahren (Am Stern: 1971-1979) bzw. in den 80er Jahren (Drewitz: 1986-1991).
142
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Der größte Eigentümer ist die Wohnungsgenossenschaft "Karl Marx" Potsdam eG. Weitere wichtige
Eigentümer sind die kommunale Gesellschaft GEWOBA sowie weitere Wohnungsgenossenschaften,
darunter die PWG 1956 eG.
Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2007 wird der Bereich Stern/Drewitz als
ein räumlicher Handlungsschwerpunkt benannt. Hierbei geht es um die Stärkung der Qualitäten als
Wohnstandort und die Weiterentwicklung des Infrastruktur-, Arbeits- und Freizeitangebotes. Das
Gebiet ist seit dem Jahr 2001 Programmgebiet "Soziale Stadt". In diesem Rahmen wurden zahlreiche Maßnahmen zur Aufwertung des Wohnumfeldes und der Infrastrukturangebote durchgeführt.
7.2
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
Das Wohngebiet "Am Stern" ist durch die Strukturen des Großsiedlungsbaus der 70er Jahre geprägt. Überwiegend sechsgeschossige Wohnblocks umschließen groß dimensionierte Wohnhöfe.
Einige elfgeschossige Punkthochhäuser bilden städtebauliche Dominanten. Das Zentrum der Siedlung "Am Stern" bildet der Johannes-Kepler-Platz im nördlichen Bereich.
Drewitz ist im Vergleich dazu durch etwas kleinteiligere Strukturen geprägt. Fünfgeschossige Zeilen
bilden sich zu neun Wohnhöfen aus, die z. T. als "Wohnschnecken" angeordnet sind. Die Wohnhöfe sind verkehrsberuhigt.
Die Quartiere zeichneten sich nach Aussagen der Akteure vor Ort nach der Wende durch starke
Defizite im Bereich der sozialen und ökonomischen Infrastruktur aus. Insbesondere im sozialen Bereich fehlten Angebote für ältere Menschen, aber auch für Kinder im Bereich der Tagesbetreuung.
Gleiches gilt für den Einzelhandel, der nur in beschränktem Umfang vorhanden war. Zur Behebung
der Monofunktionalität und der ungünstigen Versorgungslage wurde 1996 das Einkaufszentrum
"Sterncenter" entwickelt. Im Rahmen der Stadtteilentwicklung wurde der Campus "Am Stern" ergänzt (Sportanlagen, Freizeiteinrichtungen, Musikschule) und erneuert (Sanierung der Schulen,
bauliche Aufwertung und die Neugestaltung der Außenanlagen).
Nach Aussagen von Gesprächspartnern war die Infrastruktur der Bereich mit dem größten Handlungsbedarf. Dabei wird die quartiersübergreifende Erneuerung der Infrastruktur und des Wohnumfeldes als weitaus problematischer dargestellt als die Umsetzung baulicher Maßnahmen im
Wohnungsbestand. Die weitere Aufwertung des Wohnumfeldes wurde seit Anfang der 2000er insbesondere durch den Arbeitskreis der Wohnungsunternehmen "Stadtspuren" möglich. Dieser Arbeitskreis, dem die kommunale Gesellschaft GEWOBA und fünf Wohnungsgenossenschaften angehören, wurde im Zuge der Maßnahmen im Rahmen der Bundesgartenschau Potsdam (BUGA) im
Jahr 2001 ins Leben gerufen. Die Zusammenarbeit der Wohnungsunternehmen wurde darüber
hinaus fortgesetzt, sodass inzwischen die Defizite bei der Infrastrukturausstattung weitgehend behoben werden konnten.
Die städtebaulichen Strukturen wurden in den Gesprächen nie negativ und in einem Fall sogar positiv beurteilt. Demnach haben die Strukturen der 70er und 80er Jahre Vorteile z. B. im Hinblick auf
die Baustrukturen der Nachwendezeit. Diese beziehen sich auf die offene, weitläufige Bauweise,
welche ein hohes Maß an Großzügigkeit verkörpere. Positive Einschätzungen erhielten ebenfalls die
Freiraumqualitäten und die Verkehrsanbindung. Der gesamte Bereich ist für den Individualverkehr
143
verkehrsgünstig angebunden. Beide Wohngebiete sind außerdem mit der Straßenbahn zu erreichen.
7.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Das Preisniveau der Wohnungen im Quartier "Am Stern" liegt zum großen Teil zwischen 4,50 und
5,00 €/m² und damit deutlich im preiswerten Segment. Zum Teil finden sich aber auch Angebotsmieten von deutlich über 6,00 bis zu 7,00 €/m². In Drewitz finden sich auch günstigere Preise mit
unter 4,00 €/m² unter den Bestandsmieten. Hierbei ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen
Mietpreis und Sanierungsstand zu erkennen. In Drewitz sind zahlreiche Wohnungsbestände nur
teilsaniert.
Die Bewohnerstruktur wird in beiden Quartieren insgesamt als relativ stabil mit segregativen Tendenzen eingestuft. Zwischen den Quartieren "Am Stern" und "Drewitz" gibt es jedoch Unterschiede, die auf die historische Entwicklung der letzten 20 bis 30 Jahre zurückzuführen sind:

In Drewitz ist die Bevölkerung insgesamt etwas jünger als am Stern. Das Durchschnittsalter
der Bewohner beträgt in Drewitz 38 Jahre, in dem Quartier "Am Stern" 45 Jahre.

Entsprechend ist der Anteil der Senioren ab 65 Jahre im Quartier "Am Stern" mit 23 % höher
als in Drewitz mit 14 %.

In Drewitz gibt es einen relativ hohen Anteil an Haushalten mit Migrationshintergrund. Die Ausländerquote beträgt 7 %, das Quartier "Am Stern" hat nur einen Anteil von knapp 3 % Ausländern.
Der relativ hohe Anteil an älteren Menschen im Quartier "Am Stern" ist darauf zurückzuführen,
dass die Wohnungen bereits in den 70er Jahren errichtet worden sind. Viele der heutigen Bewohner leben bereits seit Fertigstellung in den Wohnungen, bei einzelnen Anbietern trifft dies auf 50 %
der Bewohner zu. In Drewitz sind die ersten Bewohner erst in den späten 80er Jahren und z. T.
erst nach der Wende eingezogen. Dies hat auch dazu beigetragen, dass ein relativ hoher Anteil an
Bewohnern mit Migrationshintergrund dort lebt.
Einen Bewohneraustausch hat es zuerst nach der Wende 1990 im Zuge der ersten Suburbanisierungswelle gegeben. Ein zweiter Schub war 1997 zu verzeichnen. Hinzu kommen Umzüge im Zusammenhang mit Sanierungen (Leerzug), was aber nur in geringem Maße zu einem
Bewohneraustausch geführt hat. Zuzug erfolgt heute insbesondere aus Brandenburg, z. B. aus
Cottbus. Diese zusätzliche Nachfrage findet sich z.T. auch in den untersuchten Quartieren wieder.
Die Wohnzufriedenheit wird insbesondere im Quartier "Am Stern" als sehr hoch eingestuft. Aus
Sicht der Gesprächsteilnehmer ist es für die Bewohner eine bewusste Entscheidung, dort zu leben.
Im Rahmen einer Befragung zur Wohnzufriedenheit konnte festgestellt werden, dass 70 % der
Bewohner gern in dem Plattenbauquartier leben. Auch die Mietzahlungsbereitschaft/-fähigkeit wird
bei vielen Haushalten als relativ hoch eingeschätzt. Vor dem Hintergrund der hohen Wohnzufriedenheit wird davon ausgegangen, dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung auch in den
nächsten Jahren im Wesentlichen Bestand haben wird. Die Wohnungsmarktsituation deutet aber
auch darauf hin, dass es insbesondere im preiswerten bis mittelpreisigen Segment kaum ausreichende Alternativen in Potsdam gibt.
144
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
Demgegenüber sind die Zufriedenheitswerte in Drewitz mit 50 % deutlich geringer. In den Gesprächen mit den Akteuren wurde deutlich, dass dies möglicherweise auf die geringere Sanierungstätigkeit und geringere Qualität der Wohnungen gegenüber anderen Standorten zurückzuführen ist.
Ein Ergebnis der Befragung ist hier auch, dass es eher zu Nachbarschaftsproblemen kommt. Hintergrund sind hier die niedrigen Mietpreise und der höhere Anteil an Haushalten mit Transfereinkommen. Drewitz wird nach Aussagen der Stadtverwaltung zukünftig ein Schwerpunkt bei der sozialen Steuerung sein.
Die letzten Belegungsbindungen laufen in den nächsten Jahren weiter aus. Bis zum Jahr 2012 werden sich diese auf unter 400 Bindungen reduzieren. Belegungsbindungen sind vonseiten der Wohnungsunternehmen nicht immer gewünscht. Die Stadt hat insgesamt nur geringe Steuerungsmöglichkeiten. Diese beziehen sich auf die noch bestehenden Fördermöglichkeiten im unsanierten Bestand. Mit Belegungsrechten wird weitgehend flexibel umgegangen.
7.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Bei den Wohnungsbeständen handelt es sich ausschließlich um industriell errichtete Wohnungen,
darunter z. B. die Typen IW 63, IW 75 P 2 und WBS 70. Der Wohnungsbestand ist insgesamt stark
durch die typischen Grundrisse und Größen des industriellen Wohnungsbaus geprägt.
Die Wohnungsbestände und die Marktsituation werden wie folgt beurteilt:

Im Wohnungsbestand dominiert die 3-Zimmer-Wohnung. Je nach Unternehmen beträgt der
Anteil zwischen 60 % und 80 %. Zu jeweils geringeren Teilen sind Wohnungen mit 1, 2 oder 4
Zimmern vertreten.

Die Marktgängigkeit der 3-Zimmer-Wohnungen wird insgesamt gut eingestuft. Eine gute Nachfrage erfahren ebenfalls die 2-Zimmer-Wohnungen mit 50 bis 65 m².

Insgesamt gibt es in Potsdam zu wenige 2-Zimmer-Wohnungen. Die Nachfrage ist insbesondere im preiswerten Segment relativ hoch. Nachfragergruppen mit eher geringem Einkommen
und/oder geringen Wohnflächenansprüchen sind z. B. Rentnerehepaare, Alleinstehende und Alleinerziehende.

Die kleineren 1-Zimmer-Wohnungen (Ratio-Wohnungen) mit Wohnflächen von unter 30 m²
sind eher schwierig zu vermieten.

Es gibt eine Nachfrage durch Familien mit drei und mehr Kindern, die im Bestand nicht erfüllt
werden kann. Größere familiengerechte Wohnungen für drei und mehr Kinder können nur
durch Neubau bereit gestellt werden.

Im Hinblick auf die Hochhäuser ergibt sich keine besondere Problematik für die Vermietbarkeit.
Der einzige Nachteil besteht in dem Nicht-Vorhandensein von Balkonen. Dies ist jedoch für die
Zielgruppe junge Haushalte und Studenten mit einer kurzfristigen Wohnperspektive, die sich im
Tagesverlauf relativ wenig in der Wohnung aufhalten, in der Regel kein Problem.
Der Leerstand liegt in den Quartieren Am Stern und Drewitz unter 2 %. Die einzelnen Unternehmen verbuchen einen entsprechend geringen Leerstand bzw. Vollvermietung.
Im Hinblick auf bauliche Maßnahmen stellt sich die Situation wie folgt dar:
145

Wesentliche bauliche Defizite wurden bereits Anfang der 90er Jahre behoben. Die erste Modernisierungswelle erfolgte Anfang der 90er Jahre. Hierbei wurden im Wesentlichen die Außenelemente "Fenster, Farbe und Fassade" erneuert. Nicht jeder Wohnungsanbieter hat dabei automatisch eine Fassadendämmung angebracht. Oftmals handelte es sich um rein optische Verbesserungen.

Im Bestand einer Wohnungsgenossenschaft wurden 2-Zimmer- und 4- Zimmer-Wohnungen
zusammengelegt und neue 3-Zimmer-Wohnungen geschaffen. Dadurch hat sich die Zahl der 4Raum-Wohnungen reduziert.

In den sogenannten Kopfbauten wurden die schwer vermietbaren 1-Zimmer-Wohnungen zu
größeren Wohnungen zusammengelegt.

Zum Teil wurden auch Aufzüge nachgerüstet und Zugänge "barrierearm" ausgerichtet. Fahrstühle wurden im Zuge der Landesförderung in Brandenburg seit 2006 verstärkt angebaut, sodass inzwischen 50 % der Gebäude über einen Fahrstuhl verfügen.

Eine Erneuerung haben auch die Rohrleitungen sowie die Elektroinstallationen erfahren. In diesem Zuge wurden auch Schritt für Schritt die Sanitäranlagen erneuert. Neben den Sanitäranlagen wurden innerhalb der Wohnungen keine weiteren Maßnahmen durchgeführt.
Modernisierungen werden heute im Vergleich zu den 90er Jahren in geringerem Umfang, dafür
aber je nach Objekt umfassender durchgeführt. Hierbei kommt es oft zum kompletten Leerzug im
Vorfeld von umfassenden Modernisierungen einzelner Objekte. So werden derzeit in zu sanierenden Beständen nur noch befristete Mietverträge angeboten, um dann mittelfristig 2010 und 2012
häuserweise sanieren zu können. Sofern sich die Modernisierungen nur auf die Gebäudehüllen beziehen, werden diese auch im bewohnten Zustand durchgeführt.
Es zeigt sich, dass Fassadendämmungen nicht automatisch im Zuge von Sanierungen vorgenommen werden. Dies ist nach Aussage eines Unternehmens betriebswirtschaftlich oftmals nicht sinnvoll. So wurde ein Beispiel angeführt, bei dem einer 6 %-igen Energieeinsparung durch Fassadendämmung eine Mieterhöhung von 0,75 € gegenüber gestanden hätte. Fassadendämmungen sind
daher nur empfehlenswert, wenn die Fassaden bauliche Mängel aufweisen (z. B. Risse im Beton).
Als sinnvoll erwiesen sind vielfach Wärmedämmungen am Dach. Diese haben einen hohen Energieeinspareffekt bei vergleichsweise geringen Investitionskosten.
Altengerechtes Wohnen spielt in den Quartieren "Am Stern" und Drewitz zunehmend eine wichtigere Rolle. Die Mieter eines Unternehmens bestehen zur Hälfte aus Erstbeziehern. Der Altersdurchschnitt liegt dort bei rd. 55 Jahren. Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen werden im Rahmen von
Modernisierungen Barrieren weitgehend abgebaut. Der enge Rahmen der DIN kann in der Regel
jedoch nicht eingehalten werden, insbesondere in jenen Objekten nicht, die über keinen Fahrstuhl
verfügen. Dort werden Barrieren zumindest in den Erdgeschosswohnungen abgebaut.
Eigentümerwechsel sind in größerem Rahmen in den Quartieren nicht vorgekommen. Wohnungsprivatisierungen wurden versucht, haben aber zu keinen durchschlagenden Erfolgen geführt. Es
zeigt sich insgesamt, dass die Akteure in den betrachteten Quartieren als Bestandshalter tätig sind,
die ihre Wohnungsbestände langfristig entwickeln. Die Beteiligung an Maßnahmen der Quartiersentwicklung erfolgt durch das kommunale Wohnungsunternehmen und die ortsansässigen Genos-
146
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
senschaften. Es zeigt sich hier die demgegenüber geringe Ortsbindung einer überregional tätigen
Aktiengesellschaft, die aus Sicht der Stadtverwaltung als Kooperationspartner kaum greifbar ist.
8
Fallstudie Wolfsburg
Die Stadt Wolfsburg hat rd. 120.000 Einwohner und liegt in einer stagnierenden bzw. schrumpfenden Region. Die niedersächsische Großstadt selbst hat eine negative Bevölkerungsentwicklung.
Diese resultiert sowohl aus einer negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung, als auch aus einem negativen Wanderungssaldo. Die Altersstruktur in Wolfsburg ist durch einen im Vergleich mit
den anderen Fallstädten überproportionalen Anteil der über 65-Jährigen gekennzeichnet.
Wolfsburg ist der Stammsitz des Volkswagen-Konzerns, der für die lokale Wirtschaft und die Stadtentwicklung prägend ist. Die Kaufkraft und das Bruttosozialprodukt sind überdurchschnittlich hoch.
Die Arbeitslosenquote liegt geringfügig unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Trotz des Bevölkerungsrückgangs ist die Neubautätigkeit im Vergleich mit den übrigen untersuchten Beispielstädten mit 2,3 neuen Wohnungen je 1.000 Einwohner (2006) am höchsten. Der Mietwohnungsmarkt ist entspannt und die Nachfrage in einigen Segmenten leicht rückläufig. Angebotsseitig wird der Markt vor allem durch drei größere Wohnungsbaugesellschaften geprägt.
147
Demographie
Bevölkerung 2007:
120.000
Bevölkerung 2003:
122.530
Bevölkerungsentwicklung 2003-2007:
- 2,1 %
Bevölkerungsprognose 2004-2020:
- 2,3 %
Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2007:
- 308
Wanderungssaldo 2007:
- 70
Bevölkerungsdichte 2007:
590 EW/km²
Altersstruktur 2007:
16 % unter 18-Jährige
23 % über 65-Jährige
Wirtschaft
BIP 2004:
66.592 €/EW
Kaufkraftkennzahl 2006:
112,3
Zahl der Beschäftigten 6/2006:
91.700
Arbeitslosenquote 1/2009:
6,8 %
Wohnungsmarkt
Wohnungsmarkttyp:
Stagnierende bzw. schrumpfende Region
Wohnungsbestand 2007:
62.550
davon in:
Ein- und Zweifamilienhäusern:
21.270 (34 %)
Mehrfamilienhäusern:
41.280 (66 %)
Baufertigstellungen 2007:
280
Miet-/Kaufpreise:
Mietpreis (Neuvermietung): 3,50-6,50 €/m²
Kaufpreis ETW (Erstverkauf):
1.200-2.000 €/m²
Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):
750-1.600 €/m²
8.1
Westhagen
Bei dem untersuchten Quartier handelt es sich um Westhagen, eine Großsiedlung der 70er Jahre,
die ergänzt wurde durch eine kleinteiligere Siedlung der 80er Jahre. Westhagen verfügt über rd.
4.400 Wohnungen. Bei den größten Eigentümern handelt es sich um eine kommunale Gesellschaft
(Neuland GmbH), eine Fondsgesellschaft (BauBeCon) und ein werksgebundenes Unternehmen
(Volkswagen Immobilien). Hinzu kommen einzelne private Anbieter.
In den 60er Jahren wurde die Großwohnsiedlung in Westhagen für insgesamt 15.000 Einwohner
geplant. Die Errichtung Westhagens wurde aber schon 1973/1974 aufgrund der Wirtschaftskrise
unterbrochen. Mitte der 70er Jahre wurden daher die Planungen in Westhagen an die veränderten
Rahmenbedingungen angepasst und in kleinen Schritten weitergebaut. Die Neuplanungen sahen
vielmehr ökologisch orientierte Versuchsbauten, kostengünstige Reihenhäuser auf Kleinparzellen
und kosten- und flächensparendes Bauen vor.
148
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
8.2
Werkstatt: Praxis Heft 68
Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld
Wolfsburg-Westhagen ist ein Wohngebiet mit verdichtetem Geschosswohnungsbau, errichtet in
vier Bauabschnitten. Die ersten drei Bauabschnitte wurden zwischen 1969 und 1980 errichtet und
entsprechen dem typischen Großwohnsiedlungsbau der 70er Jahre. Die überwiegend sechs- bis
achtgeschossige Bauweise wird ergänzt durch einzelne Punkthochhäuser. Der letzte Bauabschnitt
wurde in den 80er Jahren realisiert. Entsprechend handelt es sich hierbei um kleinteiligere Strukturen mit z. T. eigentumsähnlichen Wohnstrukturen. Die städtebauliche Struktur der ersten drei Bauabschnitte aus den 70er Jahren wurde von den Gesprächspartnern als problematisch eingestuft.
Demnach seien deutliche funktionale Mängel erkennbar, dazu zählen überdimensionierte Baustrukturen und Straßenräume.
Das Quartier wird westlich und östlich durch große Verkehrsstraßen begrenzt, wodurch das Quartier vom übrigen Stadtgebiet deutlich abgetrennt ist. Innerhalb des Gebietes gibt es zwei Infrastrukturzentren, die eine Grundversorgung an Einzelhandel und Dienstleistungen bieten. Die Infrastrukturausstattung und die ÖPNV-Anbindung werden von den Akteuren vor Ort als ungenügend
eingestuft. Im Hinblick auf soziale Einrichtungen und Einzelhandel sei zwar eine Grundversorgung
vorhanden. In der konkreten Beurteilung gehen die Meinungen jedoch etwas auseinander ("Angebot ist zu gering", "alles Notwendige ist vorhanden"). Die Freiraumqualitäten werden weder besonders positiv noch negativ eingeschätzt.
In Wolfsburg Westhagen wurden bereits Ende der 90er Jahre negative Entwicklungen festgestellt,
die einen Handlungsbedarf in städtebaulicher, wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht
erkennen ließen. In diesem Zusammenhang erfolgten die Bewerbung für das Programm "Soziale
Stadt" sowie die Einleitung des städtebaulichen Sanierungsverfahrens und die Einrichtung eines
Stadtteilmanagements.
Es folgten Wohnumfeldmaßnahmen, wie z. B. die Neugestaltung des direkten Wohnumfeldes und
der Freiflächen, u. a. "Park der Nationen". Zu den Maßnahmen aus dem Programm Soziale Stadt,
welches noch bis zum Jahr 2009 läuft, zählen außerdem der Radwegeausbau, der Straßenrückbau
(Dresdner Ring) sowie der Neubau eines Gemeindehauses und der Umbau des Einkaufszentrums.
Insgesamt sind damit Investitionen in Höhe von ca. 10 Mio. € verbunden.
Das Programm 'Soziale Stadt' ist ein wichtiger Impulsgeber für die Entwicklung des Quartiers. Denn
positive Wohnumfeldbedingungen stellen einen wichtigen Bereich im Rahmen der Vermietbarkeit
dar. Da in diesem Bereich bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden sind, die die Situation
deutlich verbessert haben, sei zukünftig das Imageproblem, verbunden mit den baulichen Strukturen - mit Gebäuden bis zu zwölf Geschossen - und dem zum Teil mangelhaften baulichen Zustand
der Bestände im Zentrum des Quartiers von zentraler Bedeutung.
8.3
Wohnungsmarkt und Sozialstruktur
Das Mietpreisgefüge in Wolfsburg ist insgesamt als stabil einzustufen. Nach Angaben der Gesprächspartner gab es bis vor fünf Jahren in Wolfsburg nahezu Vollvermietung. Zurückzuführen ist
dies auch auf die besondere Situation mit den VW-Werken als wichtigstem Arbeitgeber. Dadurch
hat es in den letzten Jahrzehnten eine durchgehend stabile Nachfrage nach Wohnraum gegeben.
149
Gleichzeitig hat sich ein Mietpreisgefüge entwickelt, das in sich relativ stabil ist und eine geringe
Spanne zwischen dem höheren und niedrigpreisigen Segment hat.
Marktberichten zufolge bewegen sich die Angebotsmieten in einem Korridor von 4,00-6,00 €/m².
Aktuelle Wohnungsangebote weisen darauf hin, dass unter- und oberhalb dieser Grenzen Wohnraum angeboten wird, sodass sich ein marktrelevanter Korridor von 3,50-7,00 €/m² ergibt.
Der Wohnungsbestand in Westhagen zeichnet sich durch Mieten am unteren Ende dieser Preisspanne aus. Zwar werden auch in Westhagen z. T. Preise bis 6,00 €/m² erreicht, der überwiegende Teil der Wohnungen bewegt sich jedoch im Bereich bis 5,00 €/m². Vor diesem Hintergrund ist
das Wohnen in Westhagen als preiswertes Wohnen einzustufen. Bei dieser Einordnung sind jedoch
die relativ großen Wohnflächen und die daraus resultierenden Gesamtmietkosten zu berücksichtigen sowie die Nebenkosten, die bis zu 40 % der Netto-Kaltmiete betragen können.
Die Betrachtung der Sozialstruktur in Westhagen im Vergleich zum Stadtgebiet macht deutlich,
dass es sich zu einem großen Teil um einkommensschwächere Haushalte handelt. Prägnant ist des
Weiteren ein hoher Anteil an Kindern und jungen Haushalten:

Die Arbeitslosenquote liegt in Wolfsburg zwar deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (4 %).
Der Stadtteil Westhagen verzeichnet mit fast 8 % gegenüber der Gesamtstadt aber eine deutlich höhere Quote. Besonders deutlich ist der Unterschied bei Beziehern von Arbeitslosengeld
II. In Westhagen beziehen etwa 22 % der Einwohner Transferleistungen, gesamtstädtisch liegt
dieser Anteil bei knapp 8 %.

Der Ausländeranteil liegt in Westhagen bei 14 % und somit deutlich über dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 10 %.

Gleichzeitig ist der Anteil an Kindern bis 18 Jahren ist mit 20 % deutlich höher als im restlichen
Stadtgebiet (16 %).

Der Anteil jüngerer Haushalte ist in Westhagen relativ hoch. 18 % der Bewohner sind im Alter
zwischen 18 und 30 Jahren (Wolfsburg 14 %).
Insgesamt gibt es in Westhagen einen negativen Wanderungssaldo, im Jahr 2007 hat Westhagen
dadurch mehr als 300 Personen verloren. Beim Zuzug von Außen lassen sich in quantitativer Hinsicht allerdings keine Unterschiede zum Stadtgebiet feststellen. Bezogen auf die Wohnbevölkerung
ist der Anteil an Zuziehenden in Westhagen vergleichbar mit dem in Wolfsburg insgesamt (jeweils
4,1 %).
Die Zahl der Senioren und Hochaltrigen nimmt unter den Bewohnern deutlich zu. Hierbei handelt
es sich vor allem um Mieter, die seit der Errichtung der Siedlung in Westhagen wohnen und in das
Seniorenalter kommen. In Teilen hat Westhagen nach Aussagen der Gesprächspartner die Funktion
eines Durchgangsquartiers. Vor allem zuziehende Haushalte mit Migrationshintergrund wählen vielfach zuerst Westhagen als Wohnstandort, was mit vorhandenen persönlichen Kontakte und Milieuzugehörigkeit erklärt werden kann.
Nach Einschätzung der Gesprächspartner gibt es in Westhagen einen vergleichsweise hohen Anteil
an Problemmietern. Westhagen hatte nach seiner Errichtung insgesamt ein positives Image und
die Nachfrage erfolgte zum großen Teil durch Arbeiter und Angestellte der VW-Werke. Nach und
150
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
Werkstatt: Praxis Heft 68
nach kam es zu einem Bevölkerungsaustausch, der zu den heute vorhandenen Sozialstrukturen
führte.
Inzwischen spielt die Frage des Images eine entscheidende Rolle für die Wohnungsnachfrage in
Westhagen. Haushalte mit einer höheren Wohnkaufkraft fragen angesichts der gesamten Entspannung des Wohnungsmarktes keine Wohnungen in Westhagen nach. Dieses Imageproblem hängt
nach Einschätzung der Gesprächspartner mit der Großwohnsiedlungsstruktur und dem damit verbundenen Erscheinungsbild zusammen. Einen Beleg liefert der vergleichsweise hohe Anteil an innerstädtischen Fortzügen mit 12 % gegenüber 8 % in Wolfsburg insgesamt.
Insgesamt ergibt sich derzeit ein Leerstand von 10 % bis über 20 %. Auch zukünftig wird die
Gruppe der einkommensschwachen Haushalte eine große Bedeutung bei der Neuvermietung haben.
8.4
Wohnungsbestände und Investitionsprozesse
Der Wohnungsbestand in Westhagen kann als weitgehend homogen beschrieben werden. Dabei
handelt es sich überwiegend um große Wohnungen. Dominierend sind 3-Zimmer-Wohnungen mit
70 m² bis über 90 m² Wohnfläche. Hinzu kommen 4-Zimmer-Wohnungen mit 80 m² bis über
100 m². Nach Ansicht der Eigentümer ist es insbesondere problematisch, für größere 3-ZimmerWohnungen Nachfragergruppen zu finden. Denn diese sind einerseits für Singlehaushalte zu groß
und andererseits für Familien (3-Personen-Haushalte und mehr) zu klein.
Hinsichtlich der Qualität des Wohnungsbestandes wurden keine grundsätzlichen Defizite in der
baulichen Ausführung genannt. Der 70er/80er-Jahre Bestand verfügt über einen vergleichsweise
guten energetischen Standard.
In Westhagen zeigen sich aus Sicht der Stadtverwaltung unterschiedliche Handlungsfelder aktuell
und für die Zukunft. Dies bezieht sich auf:

Modernisierung und bedarfsgerechte Anpassung der Wohnungen

Verbesserung des Wohnumfeldes im Zuge der Sozialen Stadt

Behebung von Nachbarschaftsproblemen und Steuerung der Sozialstruktur
Aus wohnungswirtschaftlicher Sicht stellt insbesondere die Behebung des Leerstandes eine zentrale
Herausforderung dar. Dieses Phänomen des Leerstandes ist erst seit wenigen Jahren in Westhagen
zu beobachten.
151
Fotos oben: Jenaer Straße
Fotos unten: Dessauer Straße
Die bisherigen Investitionen der letzten Jahre reichen von Instandhaltung bis Vollmodernisierung,
wobei die verschiedenen Eigentümer unterschiedliche Bestandsstrategien und -ziele verfolgen:

In Westhagen gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich des baulichen Zustandes, die auf verschiedene Instandhaltungsstrategien in der Vergangenheit zurückzuführen sind und bereits bei
der Inaugenscheinnahme deutlich werden. Der Gesamteindruck, der Zustand der Fassaden
und Gestaltung der Eingänge fallen bei einigen zentral gelegenen Beständen gegenüber anderen Beständen deutlich ab. Auch innerhalb der Gebäude seien demnach Qualitätsunterschiede
zu erkennen (Feuchtigkeit an den Wänden etc.). Hierbei entsteht der Eindruck, dass sich langfristig ausgerichtete Strategien zweier großer Wohnungsanbieter (Neuland, VWI) der eher renditeorientierten Ausrichtung eines weiteren großen Unternehmens gegenüber stehen.

Problematisch wirkt sich hier insbesondere aus, dass sich die Bestände mit Instandhaltungsstau im Zentrum des Quartiers befinden und für die Repräsentativität des Quartiers eine wichtige Rolle spielen. Versuche einer Aufwertung des zentralen Bereiches mit dem "Einzelhandelszentrum" stehen dabei im Kontrast zu den Objekten im näheren Umfeld.
152
Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre

Werkstatt: Praxis Heft 68
In Wolfsburg stellt Westhagen derzeit insgesamt keinen städtebaulichen Schwerpunktbereich
dar. Vielmehr stehen die zentralen, innenstädtischen Bestände der 50er und 60er Jahre im
Vordergrund der Investitionstätigkeiten. Hierdurch ist insbesondere die kommunale Gesellschaft Neuland als Eigentümer zahlreicher Bestände und als städtischer Entwickler in der Verantwortung.
Zur Behebung des Leerstandes gibt es unterschiedliche Strategien. Hierzu zählt z. B. die Preisanpassung nach unten oder die gezielte Vermietung an Nachfragergruppen mit einer eher kurzfristigen Wohnperspektive, wie z. B. Wohngemeinschaften (Studenten und Auszubildende) oder zeitlich
befristet in Wolfsburg eingesetzte Beschäftigte der Automobilwerke. Die Preiselastizität nach unten
und der Vermietungseffekt sind jedoch beschränkt, gleichzeitig muss hierbei auf eine verträgliche
Umsetzung im Hinblick auf die Bestandsmieter geachtet werden.
Für einen kleineren Teil der Wohnungen werden Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit in
Erwägung gezogen, die dann sowohl für ältere Bewohner als auch für Familien attraktiv sein können. Bei den Maßnahmen zur altengerechten Anpassung handelt es sich in der Regel eher um einzelne Anpassungen. Zielgruppenorientierte Angebote werden eher im Neubau geschaffen. Trotz
der hohen Leerstände und der Vermietungsprobleme werden keine weiteren umfangreichen Investitionen in die Bestände der 70er Jahre in Westhagen in Erwägung gezogen. Hierzu könnten auch
Förderungen in Form von Steuererleichterungen kaum beitragen.
Der Verkauf von Wohnungsbeständen steht bei den Wohnungsunternehmen, die in die Gespräche
einbezogen worden sind, nicht zur Debatte. Dies ist zum einen auf die Unternehmensstrategien zurückzuführen, zum anderen lässt die derzeitige Situation an den Finanzmärkten einen Verkauf bzw.
die Finanzierung kaum zu. In den 90er Jahren wurden durch die VW Immobilien Mieterprivatisierungen bei 2.000 Wohnungen mit dem Ziel einer Liquiditätserhöhung durchgeführt. In jüngster Zeit
wurden durch ein Unternehmen Mieterprivatisierungen im Umfang von ca. 100 Wohneinheiten
durchgeführt. Derzeit sind Mieterprivatisierungen bei den Unternehmen nicht vorgesehen.
Zukünftig ist der Rückbau von Wohngebäuden aus Sicht der Stadtverwaltung nicht vermeidbar.
Hierzu seien jedoch Kooperationen aller großen Wohnungsanbieter im Quartier notwendig, die derzeit nicht absehbar sind. Der Abriss von Wohngebäuden zieht für die Wohnungsunternehmen Abrisskosten mit sich, die nicht refinanziert werden. Hinzu kommt, dass keine Folgenutzungen absehbar sind. Möglicherweise ergibt sich hierbei ein Handlungsfeld im Rahmen von Stadtumbau West.

Documentos relacionados