Chemische Industrie 2014 - Deutsch

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Chemische Industrie 2014 - Deutsch
CHEMIE-, CHEMISCHE INDUSTRIE
RUSSLAND
Russland - Chemie-, chemische Industrie
Branche kompakt:
Russland - Chemie-, chemische Industrie (Mai 2014)
Moskau (gtai) - Russlands chemische Industrie ist eines von wenigen Zugpferde der Wirtschaft. Auch
2014 stehen die Zeichen auf Wachstum. Die Produktion chemischer Erzeugnisse stieg 2013 im Vergleich
zum Vorjahr um 4,9%. Die Herstellung von Kautschuk und Kunststofferzeugnissen legte sogar um 5,2%
zu. Damit zeigte die chemische Industrie das beste Ergebnis aller Branchen des verarbeitenden Gewerbes. Russische Betriebe kaufen allerdings viele Rohstoffe im Ausland. Der schwache Rubel verteuert die
Produktion.
Marktentwicklung/-bedarf
Der russische Markt für chemische Produkte ist zuletzt gewachsen. Das gilt vor allem für Lacke und
Farben, aber auch für Kunststoffe. Nach wie vor existiert eine hohe Nachfrage nach Billigprodukten, die überwiegend aus Indien nach Russland kommen. Im Hochpreissegment waren hingegen
die besten Produkte besonders gefragt. Noch ist unklar, wie sich die politische Situation auf die
Chemiebranche auswirken wird.
Experten befürchten ein Absenken der Qualitätsstandards, wenn Weiterverarbeiter aus preislichen oder politischen Gründen auf hochwertige Additive und Rohstoffe aus dem Westen verzichten würden. Oder wenn russische Chemieholdings bei der Ausrüstung nicht mehr auf beste Technologien setzen, die bislang häufig aus Deutschland kam, sondern etwa auf preisgünstigere Extruder und dergleichen aus der VR China.
Die Nachfrage nach Lacken und Farben ist 2013 leicht um 2% auf 1,36 Mio. t gestiegen. Besonders gut
schnitten dabei hochwertige Produkte ab. Das war zu erwarten, denn die einzigen Zuwächse in der
Automobilindustrie erzielten ausländische Hersteller mit einer Produktion in Russland. Für die lokale Fertigung internationaler Pkw-Hersteller werden immer größere Mengen Lacke benötigt.
Weitere wichtige Abnehmer neben der Automobilindustrie sind die Bauwirtschaft und die Metallurgieindustrie im Allgemeinen. Jedoch werden nicht immer Lacke und Farben der höchsten Qualitätsstufe nachgefragt. Selbst in der Hauptstadt Moskau werden Zäune und Metallabsperrungen
mit Billigfarben gestrichen, die oft erst nach Wochen oder sogar Monaten trocknen.
Der russische Markt für Pestizide ist 2013 um 17% auf 1,3 Mrd. US$ angewachsen. Dabei sind die Potenziale für den Pflanzenschutz in Russland bei weitem nicht ausgereizt. Nur etwa zwei Drittel aller
Anbauflächen werden überhaupt mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Darum sind die Aussichten überaus positiv. Laut einer BusinesStat-Prognose dürfte der Markt für Pflanzenschutzmittel in
Russland zwischen 2014 und 2017 jährlich um rund 6,5% zulegen. Im Jahr 2017 könnten demnach
140.000 t Pestizide auf russischen Feldern ausgebracht werden. Das wäre ein Drittel mehr als 2012.
Das Marktvolumen für Pharmazeutika hat 2013 laut Sergei Schuljak, Geschäftsführer beim Marktforschungsunternehmen DSM, um 13,6% auf 1.044 Mrd. Rubel (Rbl; knapp 24,7 Mrd. Euro; Devisenkurs 2013: 1 Euro = 42,34 Rbl) zugelegt. Für 2014 erwartet der Experte erneut einen zweistelligen Zuwachs von etwa 12%. Im 1. Quartal stieg das Marktvolumen um 5,4% auf 284,9 Mrd. Rbl.
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Russland - Chemie-, chemische Industrie
Russischer Pharmamarkt 2013 (in Mrd. Rbl; Veränderung in %)
2013 Veränderung 2013/12
Markt für Arzneimittel, davon
1.044
13,6
kommerzieller Sektor
609,0
13,5
Nahrungsergänzungsmittel
169,4
14,0
DLO-Hilfsprogramm (Abgabe an Bedürftige)
83,0
6,0
Klinikbedarf
182,6
17,2
Quelle: DSM Group
Produktion/Branchenstruktur
Rohstoff- und Chemieholdings in Russland gehen dazu über, ihre Rohstoffe immer stärker vor Ort
zu veredeln. Dazu sind jedoch zunächst umfangreiche Investitionen nötig. Angesichts der politischen Entwicklung dürften einige dieser langfristigen Projekte womöglich wieder auf den Prüfstand kommen.
Allein im Erdgas-Erdöl-Segment sollten in Russland bis 2030 hunderte Milliarden Euro investiert
werden, in der Erdöl- und Erdgaschemie dürften es 2014 etwa 3,5 Milliarden Euro sein, prognostiziert der Chemieexperte Fares Kilzie, Präsident des Chemieberatungsunternehmens Creonenergy.
Geplant sind 15 neue Anlagen zur Erdölverarbeitung. Die Tiefenverarbeitung von Erdöl in Russland ist 2013 leicht auf 71,5% gestiegen. Verarbeitet wurden 277,3 Mio. t Erdöl. Sowohl die Produktion von Benzin als auch von Diesel legten 2013 zu.
Bis 2020 dürften Anlagen zum Hydrocracken für 17,4 Mio. t Benzin sowie zum katalytischen
Cracken für 5,8 Mio. t Benzin modernisiert werden. In der Folge rechnen Branchenexperten wie
etwa Georgi Jelisejew, Abteilungsleiter für Geschäftsentwicklung beim Aktienkonzern Obedinjonnaja neftechimitscheskaja kompanija, mit einem Überschuss an Benzin. Für kleinere Erdölverarbeitungsanlagen könnte dies das Aus bedeuten. Einige dieser sogenannten Mini-NPS werden
Absatzschwierigkeiten bekommen. Kapazitäten in Höhe von 3,6 Mio. t Benzin dürften stillgelegt
werden.
Bei Massenkunststoffen will sich Russland mit dieser Strategie vom Nettoimporteur zu einem wichtigen Lieferanten für die Weltmärkte positionieren. Würden alle angekündigten Vorhaben für
Polyethylen umgesetzt, dann stiegen die Kapazitäten in den kommenden Jahren um den Faktor
sieben. Bei Polyethylenterephthalat sind vier große Neuprojekte in der Pipeline. Außerdem sind
neue Anlagen für PVC und Polypropylen geplant. Und das, obwohl weltweit neue Kapazitäten entstehen - schneller als sich die Nachfrage entwickelt. Trotzdem räumen Marktexperten Russland
beste Chancen ein, auf den Exportmärkten zu dominieren.
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Branche kompakt
Produktion von Kunststoffen in Russland (in 1.000 t; Veränderung in %)
Kunststofftyp
Produktion 2013
Veränderung 2013/12
Kunststoffe, davon
6.134
13,0
Polyethylen
1.861
19,8
Polystyrol
457
22,2
Polyvinylchlorid
653
-0,1
Polyester und Polycarbonate
484
-5,1
Polypropylen
857
25,2
Polyamid
137
14,5
Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation
Russland ist einer der wichtigsten Produzenten von Düngemitteln. Die Investitionen von Jewrochim, Uralchim, Fosagro, Akron und Uralkali sind sehr umfangreich. Uralchim etwa investiert 2014
knapp 2 Mrd. Rbl in seine Werke in Prikamje. Der Düngemittelgigant Jewrochim will in den kommenden zwei Jahren 2,2 Mrd. US$ in seine Kali-Projekte investieren. Im Primorski Krai ist eine neue
Düngemittelfabrik geplant. Nach den Worten von Taras Ganaga, Technikdirektor bei ZAO Nazionalnaja chimitscheskaja gruppa, soll dieses Werk eines der größten weltweit werden. Allein in der
ersten Ausbaustufe sollen Kapazitäten für 1 Mio. t Ammoniak, 2 Mio. t Karbamid sowie 1 Mio. t
Methanol entstehen.
Im Pharmasektor legte die Produktion 2013 um 11,4% zu. Seit 1.1.14 gelten in Russland für produzierende Betriebe GMP-Regeln (Good Manufacturing Practice). Am russischen Markt kam es 2013 zu
zehn Übernahmen und Zusammenschlüssen - mehr als 2011 und 2012 zusammen. Das russische Industrie- und Handelsministerium will die Mittel für das föderale Zielprogramm zur Entwicklung
der Pharmaindustrie in Russland verringern. Bis 2020 sollen von föderaler Seite nur noch knapp
100 Mrd. Rbl zur Unterstützung des Sektors fließen. Ursprünglich waren 8% mehr Gelder eingeplant. Das Ziel des Programms ist es, den Anteil russischer Präparate am Gesamtmarkt auf 50% zu
erhöhen und den Export auf 105 Mrd. Rbl pro Jahr zu steigern. Wichtigster Bestandteil ist die Ansiedlung ausländischer Unternehmen in Russland.
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Russland - Chemie-, chemische Industrie
Geplante Investitionsprojekte in der russischen Chemieindustrie (Auswahl)
Vorhaben
Wert Projektstand
DurchfühAnmerkung
rungs-Gesellschaft
Flüssiggaswerk im
k.A. ProduktionsGazprom
10 Mio. t Flüssiggas/
Gebiet Leningrad
start 2019
Jahr
geplant
Ammoniakanlage im 900 Mio. US$ Baubeginn:
Jewrochim
1 Mio. t Ammoniak/
Gebiet Leningrad
2. Halbjahr
Jahr
2014
PET-Werk in Kabar- 320 Mio. Euro Projektierungs- Etana
480.000 t Polyethydino-Balkarien
phase
len
Reifenwerk in
245 Mio. Euro Fertigstellung
Bridgestone 12.000 Reifen tägUljanowsk
2016; 2018 volle
lich
Auslastung
Polyester-Werk im
205 Mio. Euro Baubeginn
OAO KTK
180.000 t PolyesterGebiet Iwanowo
2015, Bauzeit: Iwregionsin- fasern
20 Monate
tes
Modernisierung
161 Mio. Euro Fertigstellung
Sibur-HolKapazitätserweiteKunststoffprodukti2017
ding
rung auf 410.000 t
on Tomskneftechim
PP und PE
neue Produktionsli161 Mio. Euro Fertigstellung
Gaspromneft Produktion hochnie für Öle im Oms2017 geplant
wertiger Schmierker Schmierstoffwerk
stoffe
Fabrik für Farben
23 Mio. Euro Grundsteinle- Hempel
16 Mio. l Farbe pro
und Lacke in
gung im
Jahr
Uljanowsk
Februar 2014
Quellen: Marktforschungsinstitut Creon, russische Wirtschaftspresse
Außenhandel
Russlands Importe von chemischen Erzeugnissen legten 2012 um rund 5% auf 45,3 Mrd. US$ zu.
Deutschland gehörte mit einem Exportvolumen von circa 8,0 Mrd. US$ zu den wichtigsten Lieferländern. Im Arzneimittelsektor ist die Bundesrepublik seit jeher wichtigster Lieferant. Die Exporte
nach Russland lagen 2013 bei 3,06 Mrd. US$. Das entspricht einem Plus von knapp 12% im Vergleich
zum Vorjahr.
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Branche kompakt
Einfuhr ausgewählter Chemieerzeugnisse nach Russland (in Mio. US$)
HS
Warenbezeichnung
2012
2013 davon aus Deutschland (2013)
28
Anorganische chemische
3.272
3.507
127,7
Erzeugnisse etc.
29
Organische chemische
3.374
3.332
649,5
Erzeugnisse
30
Pharmazeutische Erzeugnisse
13.394
14.822
3.057,3
31
Düngemittel
64
69
4,5
32
Gerbstoffauszüge; Farbstoffe,
2.687
2.628
488,6
Pigmente, Farben und Lacke
etc.
33
Ätherische Öle, Körperpfle3.656
3.899
554,0
ge- oder Schönheitsmittel etc.
34
Seifen, Waschmittel,
1.651
1.734
362,1
Schmiermittel, Wachse etc.
35
Eiweißstoffe, Klebstoffe etc.
625
697
149,2
38
Verschiedene Erzeugnisse der
2.866
3.080
672,8
chemischen Industrie
39
Kunststoffe und Waren
11.456
11.553
1.967,1
daraus
Summe
43.045
45.321
8.032,8
Quelle: Föderaler Zolldienst der Russischen Föderation, 2014
Geschäftspraxis
Eine Reihe von chemischen Produkten (auch Importerzeugnisse) ist nach dem russischen Normensystem GOST-R zertifizierungspflichtig. Für die Zertifizierung vor Ort stehen Prüf- und Testlabors
zur Verfügung, die für die entsprechenden Warengruppen beim Normeninstitut Föderale Agentur für technische Regulierung und Metrologie akkreditiert sind. In Deutschland werden von der
russischen Seite anerkannte Zertifikate von der DIN GOST TÜV Berlin-Brandenburg, Gesellschaft
für Zertifizierung in Europa mbH (GZE Berlin) und der in Hamburg ansässigen SGS-Controll-Co.
m.b.H. erteilt. Bei der Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien orientiert sich Russland
am UN-System GHS (Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals).
Der Internetauftritt der Föderalen Agentur für technische Regulierung und Metrologie findet sich
unter www.gost.ru. Datenbanken zum Normensystem GOST-R sind verfügbar unter www.gost.ru/
wps/portal/pages.CatalogOfStandarts und www.vniiki.ru.
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Russland - Chemie-, chemische Industrie
Internetadressen
Bezeichnung
AHK Russland
Anmerkungen
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Wirtschaftsministerium der www.economy.gov.ru
federführend für nationale FörRussischen Föderation
derprogramme sowie für die Auswahl und Festlegung von freien
Wirtschaftszonen
Industrie- und Handelswww.minpromtorg.gov.ru zuständig für Industriepolitik,
ministerium der Russischen
Entwicklungsprogramme und
Föderation
Zolltarifpolitik
Rossiski Sojus Chimikow
www.ruschemunion.ru
Vereinigung der größten russischen Chemieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Institute
Creon
www.creon-online.ru
Marktstudien, Consulting, Fachkonferenzen zum Kunststoffmarkt, Petrochemie
Sibur Holding
www.sibur.ru
größte russische Chemieholding;
die Aktienmehrheit gehört dem
Gaskonzern Gazprom
MChK Jewrochim
www.eurochem.ru
Düngemittelhersteller
OAO Nischnekamsknefte- www.nknh.ru
Hersteller von Kautschuk, Polychim
styrol, Polyethylen
OAO Nischnekamskschina www.shina-kama.ru
Reifenhersteller
Salawatnefteorgsintes
www.gpns.ru
Produktion von Benzin, Diesel,
Kerosin, Polyethylen, Styrol etc.
SAO Fosagro
www.phosagro.com
Hersteller von Phosphordüngemittel
OAO Kasanorgsintes
www.kazanorgsintez.ru
Produzent von Ethylen, Polyethylen, organischen Chemikalien etc.
OAO Akron
www.acron.ru
Düngemittelhersteller
Chimia
www.chemistry-expo.ru/en Leitmesse für Chemie in Russland
Interplastika
www.interplastica.ru
jährliche internationale Fachausstellung für Kunststoff und Kautschuk
Interlakokraska
www.interlak-expo.ru
jährliche Fachausstellung für
Farben und Lacke
Intercharm
www.intercharm.ru
Fachausstellung für Parfüms und
Kosmetika
Chimkurier
http://chem-courier.ru
Fachjournal für den Chemiesektor
RCCNews
www.rccnews.ru
Fachstudien und Nachrichten
über die russische Chemiebranche
Niitechem
www.niitekhim.ru
Forschungsinstitut
6
Branche kompakt
Internetadresse
http://russland.ahk.de
Kontakt
Impressum
Herausgeber: Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH
Villemombler Straße 76
53123 Bonn
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Fax: +49 (0)228/24993-212
E-Mail: [email protected]
Internet: www.gtai.de
Hauptsitz der Gesellschaft:
Friedrichstraße 60, 10117 Berlin
Geschäftsführung:
Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer
Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer
Autor: Bernd Hones, Moskau
Redaktion: Oliver Idem
Tel.: +49 (0)228/24993-480
E-Mail: [email protected]
Ansprechpartner: Edda Wolf
Tel.: +49 (0)228/24993-214
E-Mail: [email protected]
Redaktionsschluss: Mai 2014
Bestell-Nr.: 18991
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