pollenallergie
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pollenallergie alarmstimmung Mit dem Frühling kommt für viele Menschen auch der Heuschnupfen. Millionen leiden darunter, wenn das Immunsystem überreagiert, weil Bäume, Gräser und Sträucher blühen. Warum nehmen Allergien zu und was hilft dagegen? 6 securvita - krankenkasse 2 | 15 A llergien sind kein Phänomen der Moderne. Schon vor 2000 Jahren suchten Ärzte Mittel gegen Asthma. Aber im Industriezeitalter haben sich Heuschnupfen und andere Allergien explosionsartig vermehrt und gelten als »Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts«. Ein Drittel der Bevölkerung leidet schon darunter. Jedes zweite Kind ist gefährdet. In jedem Lebensalter kann die Überempfindlichkeit des Immunsystems völlig unerwartet neu auftreten. Nach Informationen des Robert Koch-Instituts sind Frauen deutlich stärker betroffen als Männer, und Großstädter haben mehr Allergien als Landbewohner. Bei der Suche nach Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten hat die Medizin große Fortschritte gemacht. Aber die Vielzahl der Allergien gibt den Forschern Rätsel auf. Wieso spielt das Immunsystem, das doch auf die Abwehr von Krankheitserregern spezialisiert ist, bei harmlosen Stoffen wie Blütenpollen oder Lebensmittelbestandteilen verrückt? Welche Reaktionen sind erblich, welche werden durch Umwelteinflüsse verschärft? Welche Medizin hilft? Und wie können Kinder am besten geschützt werden? Jedes Jahr im Frühling liegt das Problem wieder in der Luft. Der Wind verweht die ersten Baum- und Blütenpollen. Nichts Giftiges, nichts Gefährliches - und trotzdem brennen die Augen von Millionen Menschen, juckt deren Haut. Ihr Immunsystem spielt förmlich verrückt. Es reagiert kreuzallergie Bei vielen Pollenallergien entwickelt sich gleichzeitig eine Nahrungsmittelallergie. Wer gegen Birkenpollen allergisch ist, reagiert oft auch auf Kiwis. Grund dafür ist die Ähnlichkeit der Eiweißstoffe, die das Immunsystem verwirren. Bei leichten Formen dieser so genannten Kreuzallergie muss also ein Birkenpollen-Allergiker mit Problemen rechnen, wenn er Haselnüsse isst. In schlimmen Fällen kann es zu Atemnot oder Kreislaufproblemen kommen. 7 überempfindlich auf die harmlosen Eiweißstoffe der Blütenpollen, als wären es häufigkeit von allergien bei erwachsenen Krankheitserreger. Ähnlich bei Allergien 30 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland haben im Laufe ihres Lebens mindestens gegen Hausstaub, Katzenhaare oder Erd- eine, wenn nicht mehrere Allergien entwickelt, stellte das Robert Koch-Institut fest. nüsse: Das Immunsystem gibt falschen Heuschnupfen und Asthma sind die häufigsten Allergie-Erkrankungen. Alarm, Antikörper und Botenstoffe steigen Mindest eine Allergie Heuschnupfen Frauen und bewirken damit das Gegenteil: Sie bringen die Gesundheit in Gefahr und ver- Gesamt ursachen geschwollene Schleimhäute, trä- 17 36% 30% nende Augen, allgemeines Schwächege- 15 fühl oder in schlimmen Fällen sogar aller- 13 9 10 7 Männer 24% gische Schocks, die lebensbedrohlich sind. Asthma Nahrungsmittelallergie 5 Die Ursachen für die Kurzschlüsse im Im- 6 3 Nesselsucht 4 5 munsystems sind vielfältig und nach den Neurodermitis Ergebnissen von Allergiestudien in drei Be- 4 reichen zu suchen: Umwelteinflüsse, gene- 4 2 Insektenallergie 3 3 4 tische Faktoren und Lebensstil. Der Anteil 2 der Vererbung ist einigermaßen bekannt: Kinder von Allergikern entwickeln häufiger durch Feinstaub, Ozon und Verkehrsabga- men«, erklärt das Robert Koch-Institut Allergien als andere Kinder. Haben beide se weitere Faktoren, die Allergien fördern. (RKI), das mehrere umfangreiche Studien Elternteile die gleiche Allergie, steigt die Hinzu kommen allergiefördernde Stoffe in in Deutschland durchgeführt hat. Zuviel Wahrscheinlichkeit noch höher. Allerdings Chemikalien, Plastik, Farben, Sprays und Stress, einseitige Ernährung und Rauchen erklärt die Vererbung allein nicht die starke auch in Kosmetikartikeln. können demnach zu den Faktoren gezählt Zunahme von Allergien seit Beginn des In- »Die Häufigkeit allergischer Erkrankun- werden, die das Entstehen von Allergien dustriezeitalters. Offenbar sind erhöhte gen hat seit den 1970er Jahren in Ländern begünstigen. Hinzu kommt eine Entde- Umweltverschmutzung und Belastungen mit westlichem Lebensstil stark zugenom- ckung, die den Forschern zu Denken gibt: Wenn Kinder Kontakt zu Natur, Dreck und Tieren haben, entwickeln sie seltener Allergien als Kinder, die in hygienischen Großstadtwohnungen aufwachsen. abwehr stärken Diese Hygiene-Hypothese, wonach übertriebene Sauberkeit ein Grund für eine steigende Allergierate sein könnte, stammt vom britischen Epidemiologen David Strachan. Prof. Erika von Mutius, Kinderärztin und Allergieforscherin an der Universität München, hat die Hypothese genauer untersucht. Sie fand Bestätigungen dafür, dass das kindliche Immunsystem offenbar die Anreize und Herausforderungen durch Keime und Bakterien verarbeitet, um sich stabil zu entwickeln. Deshalb seien Bauernhofkinder deutlich weniger allergieanfällig. Auch das Wechselspiel der Keime bei engen Kontakten zu Geschwistern und Kindergartenkindern stärke das Immunsystem. Allergien könnten also deshalb ein Problem darstellen, weil die kindlichen AbAllergietest: Die Haut reagiert auf Fremdeiweiße. 8 wehrkräfte nicht ausreichend trainiert wer- Quelle: Robert Koch-Institut, 2013 auf Höchstwerte wie bei einem Notfall securvita securvita- -krankenkasse krankenkasse52| |09 15 den. Diese Erklärung birgt »ein enormes Präventionspotenzial«, meint die Münchner Ärztin. Sie plädiert für die Devise »Schutz durch Schmutz« und empfiehlt Eltern, ihren Kindern die Erlebnisse in der Natur und die Begegnung mit Tieren zu ermöglichen. »Wir müssen dem Immunsystem die Chance geben, sich an fremde Stoffe zu gewöhnen«, meint auch Prof. Margitta Worm, Allergieexpertin an der Berliner Charité. wachsam sein Einen garantierten Allergieschutz gibt es allerdings nicht. Heuschnupfen oder Nahrungsmittelallergien können unverhofft in jedem Lebensalter zum ersten Mal auftreten, nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Auch wer bislang beschwerdefrei war, ist nicht dagegen gefeit. Ärzte stellen immer öfter fest, dass auch Erwachsene plötzlich eine Überempfindlichkeit auf Pollen entwickeln können. Auf die leichte Schulter sollte man allergische Reaktionen nicht nehmen. Wenn ein Schnupfen »aus heiterem Himmel« ohne Erkältungssymptome auftaucht, wochenlang anhält und womöglich jedes Frühjahr zur selben Zeit wiederkehrt, ist ein Arztbesuch ratsam. Denn auch ein Heuschnup- Kontaktfreude: Kinder vom Land haben weniger Allergien. fen, der vielleicht anfangs nur in leichter Form auftritt, kann auf die Bronchien über- das drohende Pollenasthma in vielen Fäl- Allergiegefahr erkennen, Beschwerden greifen. Dann steigt die Gefahr, dass der len verhindert werden«, sagt Prof. Karl- lindern, Auslöser vermeiden. Standard zur Heuschnupfen zu allergischem Asthma Christian Bergmann, Vorstand der Stiftung Diagnose sind die Tests auf der Haut, mit führen kann. »Bei einer guten Zusammen- Deutscher Polleninformationsdienst. denen sich konkrete Allergieauslöser he- arbeit von Patient und Arzt kann Heu- Zur Behandlung von Allergien wenden rausfinden lassen, und Laboruntersuchun- schnupfen unter Kontrolle gebracht und viele Ärzte ein dreistufiges Verfahren an. gen auf spezifische Antikörper im Blut. Mit Arzneimitteln lassen sich viele Symptome lindern. Nasensprays, oft mit kortisonhalti- pollenflugkalender gen Wirkstoffen, können allergischen Januar Februar März April Mai Juni Juli Schnupfen lindern. Häufig verschreiben Birke Ärzte auch antihistaminhaltige Präparate Erle in Form von Tropfen, Sprays oder Tabletten, Hasel die die Symptome bei akuten Allergiesch- Eiche üben abschwächen. Sie lösen allerdings Rotbuche nicht die Ursache des Problems. Pappel Quelle: Robert Koch-Institut, 2013 August Hoffnung auf ein dauerhaftes Ver- Ulme schwinden von Heuschnupfen und Insek- Platane tengiftallergien bietet die spezifische Im- Roggen muntherapie, auch als Hyposensibilisie- Gräser rung bekannt. Bei dieser Behandlung wird ■ starker ■ mäßiger ■ geringer Pollenflug der angegebenen Pflanzen durch Allergietests ermittelt, welche Stoffe die Auslöser sind. Dann werden dem Pa- 9 tienten kleinste Mengen eines Extraktes für Akupunktur (www.akupunktur.de). Untersuchungen der Berliner Charité bestäti- gegeben oder unter die Haut gespritzt. Die empfehlenswerte bücher Dosis wird nach und nach gesteigert. So Ines Landschek: schnupfen keine Regelleistung der gesetzli- soll das Immunsystem langsam daran ge- Allergien im Griff. chen Krankenkassen in Deutschland. wöhnt und beruhigt werden. Die Hyposen- Stiftung Warentest, sibilisierung braucht Zeit und dauert oft Berlin 2010, hin, dass allergischer Schnupfen durch mehrere Jahre. Sie ist auch nicht ganz ohne 208 Seiten, 16,90 Euro. Selbstbehandlung mit homöopathischen dieser Auslöser als Tropfen oder Tabletten Risiko, denn nicht immer gelingt es, das Homöopathische Ärzte weisen darauf Mitteln gelindert werden kann. Aber Herbert Renz-Polster Immunsystem behutsam zu provozieren, Heuschnupfen und andere Formen von u.a.: Gesundheit ohne eine schädliche Abwehrreaktion aus- Allergien sollten als eine chronische für Kinder: Kinder- zulösen. Eine garantierte Heilung gibt es Krankheit nicht auf die leichte Schulter ge- krankheiten verhüten, auch hier nicht. nommen werden. »Ihre Behandlung muss erkennen, behandeln. sich auf eine gründliche Anamnese und Kösel Verlag 2013, alternativen prüfen eine sorgfältige Verlaufskontrolle stüt- 528 Seiten, 29,95 Euro. Mit Naturheilkunde haben viele Allergie- zen«, sagt Christoph Trapp vom Deutschen patienten gute Erfahrungen gemacht, insbesondere mit Homöopathie gen das. Allerdings ist Akupunktur bei Heu- Zentralverein homöopathischer Ärzte und Schleimhäute und der Lunge regulieren. Akupunktur. Die Traditionelle Chinesische »Pollenallergien lassen sich mit Akupunk- In der Homöopathie werde nicht die Medizin (TCM) nennt den Heuschnupfen tur erfolgreich behandeln, vor allem, wenn Diagnose Allergie behandelt, sondern Men- »Bi Yuan« (bildhaft als »Nasenteich« zu damit schon früh begonnen wird, noch ehe schen mit allergischen Symptomen. Der übersetzen). Sie sieht im Heuschnupfen der Heuschnupfen chronisch wird«, erklärt Arzt bewerte die persönlichen Aspekte der die Reaktion auf krankmachende Vorgän- die Deutsche Ärztegesellschaft für Aku- Krankheit und berücksichtigt Umweleinflü- ge in den Energiebahnen der Lunge. punktur (www.daegfa.de). »Sie regt die ße. Individuell auf den Patienten abge- (www.dzvhae.de). Akupunkteure behandeln Allergien, in- Selbstheilungskräfte an und ermöglicht ei- stimmt sei dann auch die Verordnung des dem sie mit Nadeln jene Punkte an Körper ne spürbare Verbesserung bei Heuschnup- Arzneimittels, die sich nach dem Ähnlich- und Ohren stimulieren, die die Funktion der fen«, meint auch die Deutsche Akademie keitsgebot der Homöopathie richtet. ■ das allergie-alarmsystem am beispiel der nasenschleimhaut 1. kontakt: immunisierung 2. kontakt: abwehrreaktion Pollen Pollen Allergene Allergene 5. Es kommt zur allergischen Reaktion. Die Nasenschleimhaut schwillt an und bildet Sekret. Damit schützt sich der Körper. Histamin B-Zellen T-Zellen Mastzellen IgE-Antikörper 1. Inhaltstoffe der Pollen (Allergene) gelangen über die Nasenschleimhaut ins Blut und versetzen T-Zellen (Immunabwehr) in Alarm. Die T-Zellen aktivieren über Botenstoffe B-Zellen (ebenfalls Immunabwehr-Zellen). 10 2. Die alarmierten B-Zellen produzieren IgE-Antikörper gegen die Allergene. 3. Die IgE-Antikörper heften sich an Mastzellen. 4. Bei erneutem Kontakt mit Allergenen reagieren die alarmierten Mastzellen mit der Ausschüttung von Histamin und Entzündungsstoffen.