Lesen Sie hier den kompletten Bericht

Transcrição

Lesen Sie hier den kompletten Bericht
Bäderbau
Neubau und Sanierung
Bedarfsgerechte Umgestaltung auf Borkum:
Das neue „Gezeitenland ~ Wasser und Wellness“
Dipl.-Ing. Udo Janßen* und Michael Niederkorn**
Die Insel Borkum mit der gleichnamigen Stadt (6000 Einwohner) ist die westlichste ostfriesische Insel und
liegt 12 km vom Festland entfernt im Bundesland Niedersachsen.
Das dort 1970 in Betrieb genommene Meerwasser-Hallenwellenbad mit dem Kurmittelhaus konnte den
heutigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht werden. Es wurde entsprechend einer neuen baulichen und
betrieblichen Konzeption umgestaltet und in ein modernes, den Anforderungen der Insel entsprechendes
Freizeitbad mit Wellness-Einrichtungen umgewandelt, das nach ca. 19-monatiger Bauzeit am 17. August
letzten Jahres von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff eröffnet wurde.
Historische Entwicklung
Die Insel Borkum, mit 36 km2 größte der sieben ostfriesischen Inseln, blickt auf eine über
150 Jahre alte Tradition als anerkanntes
Nordseeheilbad zurück.
Ab 1834 kamen erste „Erholungssuchende“
auf die Insel. 1844 wurde durch den Arzt
Dr. Ripking eine Art „Verkehrsverein“ gegründet, der für die ersten Badeeinrichtungen
sorgte. Im Jahr 1850 wurden erstmals 252 Kurgäste registriert. Bis heute hat sich diese
Zahl auf ca. 216 000 Gäste einschließlich Tagesgäste mit ca. 2,32 Mio. Übernachtungen
jährlich entwickelt.
Das vorhandene Meerwasser-Hallenwellenbad und das Kurmittelhaus stützten diese
touristische Entwicklung und die Bedeutung
Borkums als Nordseeheilbad seit der Inbetriebnahme 1970. Trotz fortwährender Sanierungen und Umbauten konnte das Meerwasserhallenbad aber den heutigen Ansprüchen
weder in der Angebotsstruktur noch in der
baulichen Ausstrahlung gerecht werden.
Auch die negativen Entwicklungen im Kurwesen zeigten sich in dramatischer Weise in
Wellenbetrieb 1970; Foto: Kurverwaltung Borkum
der Abnahme von Anwendungen, so dass ganze Raumfluchten brachlagen und ein effektiver Betrieb des Kurmittelbereiches nicht
mehr möglich war.
Ausgangssituation
Norderney
Langeoog
Baltrum
Juist
Neßmersiel
Borkum
Bensersiel
Norden-Norddeich
Eemshaven
Emden
Delfzijl
Dollart
DEUTSCHLAND
A 31
N IEDERLANDE
26
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
Esens
Ende der 1990er Jahre
wurden durch die Kurverwaltung Nordseeheilbad Borkum GmbH erste konzeptionelle Überlegungen zur Modernisierung des Meerwasser-Hallenwellenbades
aufgestellt und Anfang
2000 eine umfangreiche
touristische Studie erhoben, in der die Entwicklungsmöglichkeiten
und die Abhängigkeiten
für die Schwerpunktangebote „Bad und Kur-
mittel“ untersucht wurden. Die daraus abgeleiteten Zielsetzungen boten die Chance, die
vorhandenen Einrichtungen Hallenwellenbad und Kurmittelhaus zeitgemäß zu attraktivieren, dem veränderten Anspruchsdenken
und dem Nutzerverhalten anzupassen sowie
als wichtige insulare Infrastruktureinrichtung
konzeptionell und funktional für die nächsten Jahrzehnte zu etablieren.
Aufgabenstellung
Die in den früheren Studien aufgezeigten
funktionalen und organisatorischen Defizite
waren bei der Bearbeitung des neuen Gezeitenland-Konzeptes zu berücksichtigen. Als
wesentliche Aufgabe wurde die Anpassung
der drei Hauptnutzungsbereiche
* de Witt, Dohrn, Janßen, Architekten und
Ingenieure, Bad Zwischenahn
** Gezeitenland ~ Wasser und Wellness Borkum,
Betriebsleiter
Bäderbau
• Kurmittel und Wellness,
• Hallenbad sowie
• Sauna
an die gestiegenen Anforderungen der heutigen Zeit angesehen.
Die konstatierte Baufälligkeit der Gesamtsubstanz musste nachhaltig hinterfragt werden. Es war zu prüfen, ob bei einer Totalentkernung des Objektes die verbleibende
Substanz kostenmindernd wieder verwendet
werden konnte. Die besonders im vorhandenen Wellenbecken festgestellten Bauschäden
mussten berücksichtigt und alle neuen Becken innerhalb der alten Beckenkörper, die
nur als „verlorene Schalung“ genutzt werden
konnten, eingeplant werden.
Der vorhandene Kurmittelbereich war aufgrund der allgemeinen Situation im Kurwesen und der damit verbundenen drastischen
Abnahme der Anwendungszahlen viel zu groß
und konnte nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Auch seine Ausgestaltung und
das dortige Angebot entsprachen nicht mehr
dem heutigen Zeitgeist. Die Anlage war konzeptionell zu überarbeiten und sollte fortan
als Wellness-Bereich betrieben werden, in dem
auch spezifische Therapien verabreicht werden können. Der Schwerpunkt dieser Aufgabe lag auf einer freizeitgerechten, wellnessorientierten, großzügigen Gestaltung und in
der Integration von neuen, modernen Angeboten.
Mit den Veränderungen des Hallenwellenbades musste man ebenfalls auf die geänderte
Situation im Freizeitwesen reagieren. Es war
erforderlich, die Monostruktur aufzuheben und
ein vielseitiges Angebot zu schaffen, um breite
Besucherspektren, vor allem Familien, anzusprechen. Als wesentliches Entwurfskriterium
wurden hier die Reduzierung der vorhandenen
Gebäudekubatur und die Schaffung von Bademöglichkeiten im Außenbereich angesehen.
Der dritte Hauptnutzungsbereich, die Sauna, war aus ihrem „Kellerdasein“ zu befreien und sollte als Dachaufstockung in ausreichender Größe mit neuer Attraktivität
entwickelt werden.
Lage und Erschließung
Das „Gezeitenland ~ Wasser und Wellness“
liegt am Südwestrand der Stadt Borkum und
bildet zusammen mit der Kultur- und der
Spielinsel sowie dem Kurpark den zentralen
Kurbereich. Die unmittelbare Anbindung an
den Strand, die Strandpromenade und den Dünengürtel stellen einen wesentlichen Standortvorteil dar.
Das Grundstück bildet den Übergang von
der „Naturatmosphäre“ der Dünen- und Strandlandschaft zur gebauten Promenade und dem
Ortszentrum, von ruhig geschützter Lage bis
zu exponiertem „Trubel“, von besinnlicher
Entspannung bis zur anregenden Geschäftigkeit. In diesem Sinne ist der neue, bastionsartig ausgebildete Zugangsbereich mit
Übergang zur Restaurantterrasse auf zwei
Ebenen – unter Aufnahme und Ergänzung
der vorhandenen Wegebeziehungen – ausgebildet. Der Dünenteppich wurde in den Vorplatz hinein ausgeweitet und eine vorhandene Buswendeschleife durch Verlagerung in
den Vorplatz integriert.
Ansicht von der Seeseite 1970 (oben; Foto: Kurverwaltung Borkum) und 2005; alle Fotos (ohne weitere Quellenangabe): Stephan Brendgen, Monheim
Die Badewasseraufbereitung im
Gezeitenland auf Borkum wurde
errichtet von
01/06
A.B. Archiv des Badewesens
27
Bäderbau
Grundriss Bestand
5
4
6
8
5
4
7
10
1
3
6
11
9
2
1. Zugang
2. Verwaltung
3. Foyer mit Kasse
4. Umkleiden
5. Duschen
6. WC
en
hab age
Wir senanl
s
Kas
die für da land t!
n iefer
e
t
i
e
l
Gez um ge
k
Bor
f
u
a
28
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
7. Schwimmmeister- und Erste-Hilfe-Raum
8. Meerwasserwellenbecken mit Sprunganlage
9. Becken für Bewegungstherapie
10. Ruheraum
11. Gastronomie
Bäderbau
Lageplan
N
Der südlich des Gezeitenlandes liegende Kurpark ist durch einen neuen „Dünenweg“ direkt angebunden; die vorhandene brückenartige Verbindung des Gezeitenlandes mit
der Kulturinsel wurde belassen. Für zukünftige Events stellt sie einen wichtigen externen Zugang zur Freiterrasse dar.
Architektur und Gestaltung
Die äußere Erscheinung des alten Hallenwellenbades war durch die hallenartige Architektur des ca. 55 000 m2 umfassenden Solitärbaus mit nahezu geschlossenen Fassaden zu
den dem Ort zugewandten Nord- und Ostseiten geprägt. Gestalterischer und funktionaler Ansatz ist zum einen die wesentliche Reduzierung der Gebäudekubatur um
ca. 10 000 m2 auf der Südwestseite mit der
Schaffung der neuen Sonnenterrasse und
zum anderen eine bauliche Höhenstaffelung
des Komplexes auf der Nordseite durch Angliederung der neuen zweigeschossigen Ein-
gangshalle und der Dachaufstockung mit geschwungenen Fassaden für die Sauna sowie
der Bugspitze nach Westen mit der Panoramasauna.
Durch Auflösung der ehemals geschlossenen Fassaden nach Norden und Osten korrespondiert das Gezeitenland jetzt mit dem
Ort und zeigt seine Funktionen. Maritime Gestaltungselemente wie Bullaugen, der schräg
angestellte Schiffsschornstein des Fluchttreppenhauses an der Ostseite, der Rutschenturm als Leuchtturm auf der Westseite sowie
schräg angeschnittene Fassadenelemente und
die umlaufenden Freidecks der Dachterrassen vermitteln das Bild eines Ozeanriesen,
der in Borkum festgemacht hat.
Funktion und Angebot
„Wellnessdeck“ (Untergeschoss)
Wellness-Angebote
Der vorhandene Kurmittelbereich im Erdgeschoss ist völlig entkernt und zu einem
Wellness-Bereich mit multifunktionalen Raumnutzungen umkonzipiert worden. Der bisher
kellerartige Charakter wurde durch einen
großen Deckenausschnitt oberhalb der Brunnen-Lounge aufgelöst, der über zwei Geschosse führt und im Dach durch eine große
Glaskonstruktion abgedeckt ist. Somit kann
das Tageslicht über zwei Geschosse bis in
den unteren Wellness-Bereich gelangen. Dieser Teil bildet neben der funktionalen auch
die gestalterische Mitte. Um ihn herum gruppieren sich konzentrisch die Anwendungsund Wellness-Räume, z. B. Wellness-Wannenbäder (teilweise mit Meerwasser), Massageräume, Softpackräume, die Schlickwanne,
Private Spas, Jet-Dusche, Rasulbad, Friesische Waschstube, „Floating“-Muschel und das
Strandzelt.
Vorgelagert sind die entsprechenden Umkleiden und Sanitäranlagen, die von der unteren
Ebene der zweigeschossigen Eingangshalle
aus erreicht werden. Hinter den Anwendungs01/06
A.B. Archiv des Badewesens
29
Bäderbau
Grundriss Erlebnisdeck (Erdgeschoss)
17
14
7
6
16
10
9
8
19
13
A
▲
6
14
24
29
13
32
3
2
34
30
27
28
31
33
24
23
15
11
12
5
4
A
▲
22
20
10
7
21
18
25
26
1
1. Vorplatz, Bastion
2. Eingangshalle
3. Rezeption für Erlebnis- und
Saunadeck
4. Verwaltung
5. Sammelumkleide
6. Umkleiden
7. Fönplätze
8. Behinderten-WC, -umkleide
und -dusche
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
Lichthof
WC, Duschen
Wickelraum
Erste-Hilfe-Raum
Aufgang zur Sauna
Aufgang zur Galerie
Planschbecken, innen
Kursbecken
Infrarot-Wärmeraum
Entspannungsbecken
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
Sportbecken
Erlebnisbecken
FlowRider® (Surfanlage)
Schwimmmeisterraum
Außenwarmbecken mit
Strömungskanal
Sonnenterrasse
Planschbecken, außen
Wasserspielplatz
Großrutsche mit Auslaufbecken
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
Gastronomieterrasse, intern
Gastronomie, intern
Free-Flow-Bereich
Küche
WC
Gastronomie, extern
Gastronomieterrasse, extern
Schnitt A - A (Längsschnitt)
1
5
4
2
6
3
4
4
1. Saunadeck
2. Erlebnisdeck
3. Wellnessdeck
A.B. Archiv des Badewesens
8
4
10
9
11
4
4. Raumlufttechnik
5. Ruhegalerie
6. Planschbecken
räumen befindet sich die aus dem Altbestand
übernommene Schlickaufbereitung, die über
einen „Behandlergang“ angeschlossen ist.
Direkt hinter dem Zugang zum Wellnessdeck wurden der Inhalations- und der Ent30
7
01/06
7. Sportbecken
8. Außenwarmbecken
9. Sonnendeck
spannungsbereich sowie die Physiotherapie
vorgesehen. Ebenso ist über die Eingangshalle dieser Ebene der unterverpachtete Kosmetikbereich, in dem auch Borkum-Souvenirs
angeboten werden, erreichbar.
10. Schwallwasserspeicher
11. Werkstatt
Rezeption, Erschließung
Das Wellnessdeck verfügt über eine eigene
Rezeption, in der Anwendungen terminiert
werden und das Inkasso stattfindet. Die Gäste
können während ihres Aufenthalts auch alle
Bäderbau
Grundriss Saunadeck (Obergeschoss)
15
16
16
16
14
7
8
14
12 5
3
4
6
11
5
3
17
2
15
1
12
14
10
2
9
1. Zugang
2. Umkleide
3. WC, Duschen
18
13
14
4. Kaltwasseranwendungen
5. Fußwärmebecken
6. Kalttauchbecken
7. Dampfbad
8. Aromasauna
9. Panoramasauna
10. Aufguss-, Lichthaussauna
11. Ruheraum
12. Kommunikationsbereich
13. Vitaminbar
14. Sonnendeck
15. Ruhegalerie
16. Solarium
17. Raumlufttechnik
18. Rutschenturm
Grundriss Wellnessdeck (Untergeschoss)
18
10
13
12 14
11
10
9
9
7
8
8
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
4
4
3
5
22
23
1
19
21
21
Eingangshalle
Rezeption für das Wellnessdeck
Umkleide
WC und Duschen
Behinderten-WC
WC
Brunnen-Lounge
15
24 25
36
32
35
34
3
6
27
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
32
16 17
8 8
2
20
12
28
29
29
29
30
33
32
31
26
Massage
Wellness-Wannenbad
Private Spa
Schlickwanne
Softpack
Jet-Dusche
Rasulbad
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
Borkumer Waschstube
Floating-Muschel
Strandzelt
Schlickaufbereitung
Shop
Kursraum (Kosmetik)
Kosmetik
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
Einzelinhalation
Energieinsel
Airnergy
Beratung, Arzt
Entspannung
Brandungsraum
Ruheraum
01/06
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
Physiotherapie
Fitness
Personalbereich
Technik
MSR-Technik
Speicher für Rückspülwasser
Speicher für Rückspülabwasser
Speicher für Schwallwasser
A.B. Archiv des Badewesens
31
Bäderbau
anderen Bereiche des Bades mitnutzen. Die
vertikale Erschließung aller Decks erfolgt über
ein zentrales Treppenhaus mit angegliedertem
Aufzug. Ein Wechsel zwischen den Decks
und Tarifzonen ist durch ein transpondergestütztes Zutritts-Kontrollsystem jederzeit möglich. Spezielle Räumlichkeiten, wie der Entspannungsraum „Energieinsel“ oder der Fitnessraum, können unabhängig von der Rezeption durch eine direkte Buchung auf den Transponder, der an einem Terminal vor dem jeweiligen Raum aufgestellt ist, genutzt werden.
Trotz oftmalig differierender Gästewünsche
finden Kurmittel- und Wellness-Gäste durch
die Gestaltung der Räumlichkeiten zu einem
einträchtigen Miteinander.
„Erlebnisdeck“ (Erdgeschoss)
Badelandschaft
Die alte Badelandschaft mit dem dazugehörigen Umkleidebereich im Erdgeschoss des
vorhandenen Hallenwellenbades wurde komplett entkernt. Aus dem großen „Trog“ des
Wellenbeckens ist eine Badelandschaft mit
vielfältigen Wasserangeboten geschaffen wor-
32
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
den. Durch einen Rückbau der Schwimmhalle
im südwestlichen Teil konnte ein Außenbereich mit großzügiger Terrasse und Außenbecken geschaffen werden. Die neue Fassade
nimmt die Form eines Viertelkreises auf, von
der alten Konstruktion blieben die Stützen
und Binder erhalten.
Die Wasserlandschaft besteht innen aus einem sportiven Becken mit 10 x 25 m (Wassertiefe (WT) 1,33 - 1,80 m), angegliederter
Ruhebucht (Entspannungsbecken, Wasserfläche (WF) 37,50 m2, WT 1,33 m) und – gegenüberliegend – einem Erlebnisbecken (WF
146,40 m2, WT 1,33 m) mit UnterwasserSprudelliegen, Geysiren, Brust- und Nackenduschen, Warmsprudelbecken und weiteren
Attraktionen. Wesentliches Alleinstellungsmerkmal der Badelandschaft ist der, in einem
separaten Bereich gelegene, so genannte
„FlowRider“® (WF 79,60 m2), der als Permanent-Surfanlage gerade für Jugendliche
und sportlich veranlagte Besucher eine dauerhafte Attraktion darstellt. Er kann für
einen Zuschlag benutzt werden und wird über
ein eigenes Buchungsterminal gesteuert. Wei-
terhin wurde eine ca. 75 m lange Großrutsche
mit einem Sicherheitslandebecken in das Konzept aufgenommen.
Für die kleinen Badegäste ist ein „Wassergarten“ (Planschbecken, WF 36,40 m2,
WT 0,15 - 0,30 m) mit Wasserdüsen, Geysiren und Wasserrutsche im Übergangsbereich
zur internen Gastronomie angelegt worden.
Ein separates Becken mit Hubboden
(WF 70,40 m2, WT variabel von 0,60 - 3,40 m)
wurde für Kursangebote eingebaut. Die Kurse
können unabhängig von der Rezeption an
einem eigenen Terminal am Becken gebucht
werden. Eine neu eingebaute Galerieebene
ermöglicht dort sogar, von einer 3-m-Plattform springen zu können. An der Nordfassade wurde ein kleiner Infrarot-Wärmeraum
angebaut, der von den Badegästen ohne
Zuschlag genutzt werden kann.
Außenterrasse
Die Badelandschaft auf der neu geschaffenen
Terrassenfläche wird von einem Strömungskanal mit Brodelboden als Teil des Außenwarmbeckens (WF 173,60 m2, WT 1,33 m) do-
Bäderbau
Beckenlandschaft, im Hintergrund: FlowRider ®-Bereich
miniert. Als weitere Attraktionen wurden Unterwasser-Sprudelliegen, Geysire, Brust- und
Nackenduschen, Gegenstromanlagen und Unterwasser-Massagedüsen vorgesehen. Das
Becken ist dreifach unterteilbar, so dass je
nach Nutzungsgrad (Saison) die Wasserfläche erweitert oder reduziert werden kann.
Dadurch sind Einsparungen an Energie und
entsprechenden Kosten möglich. Das ehemalige Becken für Bewegungstherapie wurde
zu einem Außen-Planschbecken (WF 17,70 m2,
WT 0,00/0,15 - 0,30 m) mit Wasserspielplatz
umgestaltet.
Umkleiden
Der Umkleidetrakt erhielt seine neue funktionale und gestalterische Mitte durch das
Oval der über zwei Geschosse gehenden Lichtkuppelkonstruktion. Darauf zentral ausgerichtet sind die neuen Wechselkabinen mit
dazugehörigen Schränken, Familienkabinen
und Sammelumkleiden. Ebenfalls attraktiviert
wurden die WC- und Vorreinigungsräume.
Galerie
Im vorderen Bereich des Hallenbades – oberhalb der internen Gastronomie, des Planschbereichs und des Kursbeckens – wurde eine
neue Galerieebene in die vorhandene Halle
eingebaut, um im Übergangsbereich zwischen
Umkleide und Bad eine neue Maßstäblichkeit
zu schaffen. Diese Galerie wird als zusätzliche Verweilfläche und für Teile der zentra-
len Betriebstechnik (Raumlufttechnische Anlagen) sowie neue Solarien genutzt. Sie ist
über eine Wendeltreppe vom Beckenumgang
und eine Treppe aus dem Kursbeckenbereich
erschlossen.
Gastronomie
Die vorhandene Gastronomie wurde komplett neu gestaltet. Von einer zentralen Küche aus werden sowohl der externe Teil mit
neuer Außenterrasse als auch das interne
Restaurant mit Free-Flow-System am Übergang zum Badedeck, ebenfalls mit eigener
Außenterrasse, versorgt. Über einen separaten Speiseaufzug sind auch das Wellnessdeck und die Vitaminbar des Saunadecks
angebunden.
struktion des Umkleidebereichs ausgeführt
werden, da die statische Tragfähigkeit gegeben war. Erschlossen wird die neue Saunaanlage für den externen Besucher über das
zentrale Treppenhaus und für den internen
Besucher über eine Wendeltreppe. Dadurch
bietet sich einerseits dem Saunagast die
Möglichkeit, auch Anwendungen auf dem
Wellnessdeck zu erhalten, andererseits kann
der Wellness-Gast die Einrichtungen des
gesamten Gebäudes nutzen.
Das Saunaangebot beinhaltet eine finnische
Sauna (Lichthaussauna), ein Dampfbad, eine
Aroma- und eine Panoramasauna mit herrlichem Ausblick auf den Strand und die offene
Nordsee. Im Übrigen sind alle erforderlichen
Nebenbereiche, wie Ruheraum und Kommunikationsbereiche, Kaminecke, Kaltwasseranwendung, Sanitär- und Umkleideräume,
vorhanden. Weiterhin wurde eine Vitaminbar
eingerichtet. Der gesamte Saunabereich ist
von einer umlaufenden Dachterrasse mit Windschutz und Ausblick auf die Insel und die
Nordsee eingefasst.
Baukonstruktion
Die baukonstruktiven Rahmenbedingungen
waren durch die bestehenden Systeme des
Altbaus definiert. Der vorgelagerte, in Stahlbeton-Skelettkonstruktion ausgeführte Funktionsbereich des ehemaligen Kurmittel- und
Umkleidebereichs konnte komplett übernommen werden. Sämtliche nichttragenden Bauteile wurden entfernt und als Leichtbauwände in Porenbeton oder als Trockenbau entsprechend dem Planungskonzept wieder erstellt. Die beiden großen Lichtöffnungen in
den bestehenden Decken wurden herausge-
„Saunadeck“
(Obergeschoss)
Die neue Saunaanlage konnte als Dachaufstockung im Obergeschoss auf der vorhandenen Deckenkon-
Verweilbereich Sauna
und
Fußwärmebecken
01/06
A.B. Archiv des Badewesens
33
Bäderbau
Nordansicht
Rezeption des Wellnessdecks
Bronzewanne im Wellness-Bereich
Kursbecken mit Sprungplattform
Badehalle und Galerie
Bäderbau
Außenbereich
mit
Rutschenturm
Brunnen-Lounge im
Wellnessdeck
Terrasse mit
Außenwarmbecken
am Abend
Surfanlage (FlowRider)
Aufgusssauna auf dem Außendeck
01/06
A.B. Archiv des Badewesens
35
Bäderbau
sprachen nicht mehr
den Anforderungen der
heutigen Normen und
Richtlinien. Von den vorhandenen Anlagen konnten lediglich die Schlickaufbereitungsanlage, ein
Filterbehälter für die
neuen Kinderbecken (außen und innen), sechs
Warmwasserspeicher
und das Grundleitungssystem übernommen werden.
Panoramasauna
stemmt und mit neuen Stahlbeton-Überzügen
unter Einbindung der vorhandenen Bewehrung versehen.
Die Dachaufstockung für die Sauna ist
als Stahlkonstruktion mit Holzbalkenlage
und einem Warmdachaufbau als Gefälledach
ausgeführt. Alle Außenwände sind mit einem Wärmedämm-Verbundsystem und alle
Fassaden als Leichtmetall-Fassadensysteme voranodisiert und pulverlackbeschichtet
erstellt.
Der vorhandene Stahlbeton-Beckenkörper
des alten Wellenbeckens blieb erhalten. Die
neue Badelandschaft wurde in das alte Becken hineingebaut. Lediglich im Bereich des
Kursbeckens und des FlowRider war ein Teilabbruch des vorhandenen Beckenkörpers erforderlich. Auffüllungen zwischen alter und
neuer Beckensohle wurden mit recyceltem
Bauschutt von der Baustelle vorgenommen.
Sämtliche neuen Becken sind mit erhöhten
Bewehrungsüberdeckungen in WU-Beton ausgeführt, alle Arbeits- und Bauteilfugen wurden mit wieder verpressbaren Injektionsschläuchen versehen.
Die vorhandene Stahlfachwerkbinderkonstruktion der großen Halle blieb komplett
erhalten, wurde im Bereich der Sonnenterrasse freigelegt, mit einem schweren Korrosionsschutz versehen und dient heute als Pergola über dem Außenwarmwasserbecken.
Seewasserversorgung
Nahezu alle Becken des
Gezeitenlandes – ausgenommen der FlowRider
und das Sauna-Kalttauchbecken – werden mit Meerwasser betrieben. Dieses wird über eine Fernleitung
von einer bestehenden Aufbereitungsanlage
bezogen, die die Kurverwaltung in der Fernheizzentrale betreibt. Um Versorgungsengpässen in Niedrigwasserzeiten vorzubeugen,
werden ca. 70 m2 aufbereitetes Seewasser im
Bad bevorratet. Für diesen Zweck wurde der
ehemalige Rückspülabwasserspeicher aufgearbeitet.
Eine Druckerhöhungsanlage verteilt von
diesem Behälter aus das Seewasser zu den
Verbrauchern, zu denen neben den Schwimmbecken auch ein großer Teil des Wellnessdecks gehört. Für die Wellness-Anwendun-
gen wird das Seewasser zusätzlich noch UVentkeimt.
Schwimmbadtechnik
Die neuen Aufbereitungsanlagen konnten
nach Abbruch der alten, offenen Filter und
Betonieren einer neuen Sole in die bisherige
Zentrale eingebaut werden.
Die neuen Becken werden von vier Filteranlagen mit aufbereitetem Wasser versorgt:
• Anlage 1 versorgt die zentrale Badelandschaft in der Halle mit dem Erlebnis-,
dem Sport- und dem Entspannungsbecken,
weiterhin das Außenbecken, die Rutsche
und das Warmsprudelbecken, das wegen
der höheren Wassertemperatur über eine
Wärmerückgewinnung an die Anlage
angeschlossen ist. Die Aufbereitungsleistung beträgt 516 m3/h.
• Anlage 2 versorgt die beiden Kinderbecken (innen und außen) mit einer Aufbereitungsleistung von 65 m3/h.
• Anlage 3 versorgt das Kursbecken mit
85 m3/h aufbereitetem Wasser.
• Anlage 4 versorgt als einzige mit
Süßwasser betriebene Filteranlage den
FlowRider mit 60 m3/h.
Das im Saunadeck befindliche Kalttauchbecken
wird mit Süßwasser im Durchlauf betrieben.
Das für die Desinfektion benötigte Chlor
wird mittels Elektrolyseanlage vor Ort aus
Seewasser erzeugt. Die damit hergestellte
Chlorbleichlauge wird über Dosierpumpen,
für jedes Becken einzeln, automatisch geregelt den Reinwasserströmen zugegeben.
Technische Ausrüstung
Die technischen Anlagen des alten Meerwasserwellenbades waren abgängig und ent36
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
Aufguss-Sauna
Bäderbau
Filteranlage
Die Filterrückspülung der Seewasseranlagen erfolgt aus einem gemeinsamen Rückspülwasserbehälter, während die Spülung der
Anlage 4 (Süßwasser) direkt aus dem Becken
erfolgt.
Schlammwasserentsorgung
Das Schlammwasser wird zunächst in einem
besonderen Wasserspeicher aufgefangen, in
dem sich die Feststoffe absetzen können. Anschließend wird es über einen Aktivkohlefilter geleitet und der Nordsee zugeführt. Über
die Aktivkohle werden die AOX-Bestandteile
des Schlammwassers soweit reduziert, dass
die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden.
Da im Bereich der Dünen und der Strandpromenade keine Erdarbeiten durchgeführt
werden durften, musste die zur Nordsee führende Leitung ca. 130 m vom Gebäude bis
zur Wasserlinie im Horizontalbohrverfahren
eingebaut werden. Danach verläuft die Leitung noch ca. 150 m an einer Buhne entlang
in die Nordsee hinaus.
• LAB 2 (57 500 m3/h):
Umkleide, Badelandschaft und Rutschenturm (je 1 Anlage).
• LAB 3 (29 000 m3/h):
Sauna, Kursbecken und Duschen der
Badelandschaft (je 1 Anlage).
Insgesamt beträgt die Luftleistung fast
150 000 m3/h. Für die Wärmerückgewinnung
sind Kreuzstromplattenwärmetauscher mit
einer Rückwärmezahl (feucht) von über
70 % eingesetzt. Für die Raumlufttechnik
wurde nur im Obergeschoss eine neue Zentrale (LAB 3) geschaffen. LAB 1 und 2
(zusammen 119 000 m3/h) mussten in der
vorhandenen Lüftungszentrale Platz finden.
Aufgrund der Platzverhältnisse, insbesondere der Raumhöhen, konnten nur Sonderkonstruktionen eingesetzt werden. Die Ge-
rätekammern wurden aus Sandwich-Elementen vor Ort gebaut. Die Luftführung im
Schwimmbadbereich erfolgt neben der üblichen Fassadenbelüftung etwa zur Hälfte
über Weitwurfdüsen (teilweise in Standrohre eingebaut). Die Abluft wird oberhalb der
Decke oder über Standrohre erfasst.
Die übrigen Bereiche werden weitestgehend über Drallauslässe be- und entlüftet.
Im Free-Flow-Bereich des internen Restaurants ist eine Abluftdecke installiert. Die
Abluft wird durch eine integrierte UV-Anlage von Fett und Gerüchen befreit und durch
ein separates Gerät über das Dach geführt.
Das Kanalsystem für feuchte Abluft und
in korrosionsgefährdeten Bereichen ist aus
AlMg 3 (seewasserbeständiges Aluminium), im
Übrigen aus verzinktem Stahlblech erstellt
worden.
Die Luftmengen für die einzelnen Bereiche
wurden nach DIN 1946, VDI 2089 und den
KOK-Richtlinien berechnet.
Heizungstechnik
Das Gezeitenland wird aus einem Nahwärmenetz, das die Kurverwaltung betreibt, mit Wärmeenergie versorgt. Die Warmwasserbereiter
für Trinkwasser sind, um für die thermische
Desinfektion stets ein höheres Temperaturniveau zur Verfügung zu haben, direkt, die übrigen Verbraucher über zwei Plattenwärmetauscher indirekt angeschlossen. Die Anschlussleistung beträgt insgesamt ca. 3,1 MW.
Die weitere Wärmeverteilung erfolgt mittels einer drehzahlgeregelten Doppelpumpenanlage. Sie ist wegen der dezentralen Lage
der Verbraucher verteilerlos aufgebaut. Alle
Raumlufttechnik
Es bestehen drei zentrale Luftaufbereitungsanlagen (LAB), deren Leistung über Frequenzumformer bedarfsabhängig gefahren wird:
• LAB 1 (61 500 m3/h):
Wellnessdeck (2 Anlagen); Inhalation
(1 Anlage); Ruhen, Atemtherapie, Yoga
(1 Anlage); Trainingstherapie (1 Anlage);
Eingangsbereich (1 Anlage); Personalbereich (1 Anlage); Küche und Restaurant
(1 Anlage); FlowRider (1 Anlage).
Dosieranlage
01/06
A.B. Archiv des Badewesens
37
Bäderbau
Zentrale der Mess-, Steuer- und Regel-(MSR-)Technik
Verbraucherregelgruppen sind direkt mit einer Hauptleitung verbunden. Dadurch konnten die Baukosten für das Rohrnetz gering
gehalten werden.
Versorgt werden Warmwasserbereiter für
Seewasser und der Speicher für die Küche,
die statischen Heizflächen, zwei unterschiedlich temperierte Fußbodenheizkreise, sechs
Beckenwasserwärmetauscher und 15 Lufterhitzer.
38
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
Sanitärtechnik
Im Zuge der Umgestaltung
des alten Wellenhallenbades
zum Gezeitenland wurde die
gesamte Sanitärtechnik erneuert. Lediglich das Grundleitungssystem und sechs
Warmwasserspeicher konnten übernommen werden.
Das Brauchwarmwassersystem ist so konzipiert worden, dass es dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 entspricht
und die Zirkulation mit mindestens 55 °C in den Warmwasserspeicher eintritt. Für
einen optimalen Legionellenschutz hatte die
Kurverwaltung bereits im alten Bad eine
Ultrafiltrationsanlage betrieben. Der Hersteller
hat diese den jetzigen Anforderungen entsprechend aufgerüstet und wieder eingebaut.
Für die Küche wurde innerhalb des Gebäudes ein neuer Frischfettabscheider vorgesehen.
Das gesamte Bewässerungssystem für Trinkwasser warm und kalt ist aus Kupferrohr
gemäß DIN 1988 installiert worden. Für Seewasser wurde PVC-U bzw. PVC-C, für die
Entwässerung des Schmutz- und Regenwassers gemäß DIN 1986 PPs-Rohr gewählt.
Mess-, Steuer- und Regel-(MSR-)Technik
Die eingebaute moderne Anlagentechnik entspricht den heutigen hohen Anforderungen
der Normen und Richtlinien und somit dem
heutigen Stand der Technik. Diesem Standard
folgend, werden alle Anlagen über eine zentrale SPS-Steuerung geregelt sowie über ein
Leitsystem visualisiert und überwacht.
Es können alle Energie- und Wasserverbräuche, alle Temperaturen, Luftmengen, Luftfeuchte, Umwälzmengen usw. ständig beobachtet, angepasst und optimiert werden.
Elektrotechnik
Die Stromversorgung erfolgt aus der bereits
im Gebäudebestand integrierten Trafostation
der Stadtwerke Borkum. Die Gesamtanschlussleistung beträgt 800 kW. Die Bereichs- und Unterverteilungen wurden nach
örtlichem Bedarf in den Ebenen und den
technischen Bereichen installiert und wer-
Bäderbau
den aus der Niederspannungs-Hauptverteilung eingespeist.
Das Gebäude ist mit folgenden Anlagen
ausgestattet worden:
• Brandmeldeanlage,
• Sicherheitsbeleuchtungsanlage,
• Videoüberwachungsanlage und
• ELA-Anlage.
Die Videoüberwachungsanlage dient dem sicheren Betrieb der Großrutschenanlage sowie der kompletten Innen- und Außenüberwachung. Die ELA-Anlage wurde entsprechend
den Nutzungen in verschiedene Einzelgruppen aufgeteilt, die zu- oder abgeschaltet werden können. In den Wellness- und SaunaBereichen kann zusätzlich eine mehrkanalige Anlage unabhängig betrieben werden, die
individuell raumweise zu steuern ist. Die
Kurs-, Erlebnis- und Außenbecken sind mit
Unterwasserlautsprechern ausgestattet.
In das gesamte Objekt ist ein Datennetz
installiert, das die verschiedenen Nutzungsbereiche erfasst und gleichzeitig wichtige
Betriebsfunktionen via Internet an die entsprechenden Überwachungs- und Fernwirkzentralen überträgt.
Unter Berücksichtigung der architektonischen Belange wurden moderne, energiesparende Beleuchtungskörper ausgewählt. Computergestützt lassen sich diverse Lichtszenarien steuern.
Realisierung
Das vorhandene Meerwasser-Hallenwellenbad Borkum ging am 4. Januar 2004 außer
Betrieb, wurde zunächst von der Kurverwaltung in Eigenleistung geräumt und teilweise entkernt. Nach einer ersten von drei
öffentlichen EU-weiten Ausschreibungsblöcken begannen Ende Mai 2004 die Rohbauarbeiten. Bereits drei Monate später fand das
Richtfest statt. Die Bauarbeiten waren von
den fortwährenden „Überraschungen“ der
Altbausubstanz, den teilweise extremen Witterungsverhältnissen und anderen inseltypischen Rahmenbedingungen – wie der besonderen Transportlogistik, den Lärmschutzsatzungen und den Gewichtsbeschränkungen
für den Fahrzeugverkehr – geprägt.
Durch eine Vielzahl von Baustellenführungen während der Saisonzeiten konnte dem
öffentlichen Interesse an der Baumaßnahme
Rechnung getragen und vermeintliches Konfliktpotenzial abgebaut werden. Das Gezeitenland wurde am 17. August 2005 kostenund termingerecht an die Kurverwaltung
übergeben.
Betriebskonzept
Das Gezeitenland wird als eigenständiges
Profitcenter innerhalb der Kurverwaltung der
Stadt Nordseeheilbad Borkum GmbH betrieben.
Die Investitionssumme in Höhe von 16,9
Mio. € wurde je zur Hälfte von der Stadt
Borkum sowie durch Förderungen des Landes Niedersachsen und der Europäischen
Union gedeckt. Kalkuliert wird mit jährlich
150 000 Gästen auf dem Erlebnis- und 25 000
auf dem Saunadeck.
Standortsituation
Durch die Lage des Gezeitenlandes auf der
Nordseeinsel Borkum mit 6000 Einwohnern
und ca. 200 000 Gästen jährlich gestaltet
sich die Steuerung des Betriebs der Anlage
gänzlich anders als bei Bädern auf dem
Festland.
Längere Wege und Anlieferzeiten, ein begrenztes Einzugsgebiet durch eine lange und
teure Anfahrtszeit mit der Fähre sowie die
natürliche Konkurrenz durch 26 km Sandstrand sind nur einige Faktoren, die den
Unterschied aufzeigen. Außerdem sind durch
den Standort bedingte, starke saisonale Auslastungsschwankungen zu berücksichtigen.
Während in Ferienzeiten bis zu 30 000 Gäste
gleichzeitig ihren Urlaub auf der Insel verbringen, sind in der Nebensaison nahezu nur
Insulaner vor Ort. Daher mussten saisonale
Einschränkungen der Öffnungszeiten getroffen werden.
Personal
Alle Mitarbeiter – außer in der Gastronomie
und in der Beauty-Abteilung – sind Bedienstete der Stadt. Die Beschäftigten des Meerwasserhallenbades wurden während der
Bauphase in anderen Teilen der Stadtverwaltung eingesetzt und sind seit der Wiedereröffnung im Gezeitenland tätig.
Bereits über ein Jahr vor der Eröffnung ist
die Stelle des Betriebsleiters durch die Kurverwaltung über eine Personalserviceagentur bundesweit ausgeschrieben worden. Ganz
bewusst wurde diese Position mit Michael
Niederkorn, einem Mann aus der Privatwirtschaft, besetzt, der vorher als Geschäftsführer des privat betriebenen Erlebnisbades
„Calypso“ in Saarbrücken tätig war. Er hatte
durch den frühen Einstellungszeitpunkt die
Möglichkeit, bereits im Rahmen der Bauphase lenkend einzugreifen. Die notwendigen
Schulungen für die neuen und die übernommenen Mitarbeiter haben kurz vor der Eröffnung großteils in den neuen Räumlichkeiten
des „Gezeitenland ~ Wasser und Wellness“
stattgefunden.
Besucher
Zielgruppe sind neben den Insulanern und
den Kurgästen, die seit Jahrzehnten nach Borkum kommen, vor allem alle Borkum-Urlauber.
Mit dem neuen Angebot wird versucht, ein
starkes Argument dafür zu liefern, neue
Gästeschichten auf die Insel zu holen und
insbesondere die Nebensaison zu beleben.
Betrieb des „FlowRider“® (Surfanlage)
Der FlowRider wird über ein eigenes Buchungsterminal gesteuert. Gäste, die sich im
Erlebnisdeck befinden, können ihn für einen
Aufpreis von 3 € pro 55 min nutzen. Er kann
jedoch bereits vorab über das Internet gebucht werden. Da sein dauerhafter Betrieb
energiewirtschaftlich nicht sinnvoll ist, wird
er erst nach der Buchung durch vier Gäste
gestartet.
Der FlowRider dient dem Betreiber, auch
wenn er sich allein gerechnet wirtschaftlich
nicht trägt, als ein starkes Marketing-Instrument, das vor allem junge Besucher fasziniert und in das Bad zieht. Durch Veranstaltungen, wie den „1. Indoor Surfing Contest
Norddeutschlands“, werden zusätzliche Gäste
angesprochen und die Anlage über die Insel
hinaus bekannt gemacht.
Bäderbau
Anfangsphase
Der Zeitpunkt der Eröffnung des Gezeitenlandes während der Saison führte im Bad in
den ersten Wochen des Betriebes durch die
noch andauernde Ferienzeit zu einer sehr
starken Auslastung.
Die erwarteten Besucherzahlen konnten
trotz des einsetzenden guten Wetters erreicht
werden. Problematisch stellte sich die Personalbedarfsplanung aufgrund der kurzfristigen hohen Nachfrage dar. Vor allem bei den
angebotenen Anwendungen auf dem Wellnessdeck konnte deshalb der Bedarf in den
ersten Wochen des Betriebes nicht vollstäncg
dig gedeckt werden.
Öffnungszeiten
Hauptsaison
Erlebnisdeck
Mo. - Do.
Fr. - Sa.
So.
10.00 - 21.00 Uhr
10.00 - 22.00 Uhr
10.00 - 21.00 Uhr
Saunadeck
Täglich
10.00 - 22.00 Uhr
Wellnessdeck
Mo. - Do.
Fr. - So.
08.00 - 20.00 Uhr
10.00 - 20.00 Uhr
17 Mio. €
Flächen und Volumina
Grundstücksfläche
Grundstück gesamt
13 463,00 m2
Bruttogrundflächen
Kellergeschoss
1 883,66 m2
Untergeschoss
(Wellnessdeck)
4 978,85 m2
Erdgeschoss (Erlebnisdeck) 4 978,45 m2
davon Terrassen
1 277,63 m2
Obergeschoss (Saunadeck) 1 278,76 m2
davon Dachterrasse
463,80 m2
Bruttorauminhalt
Bestand
55 088,06 m3
Rückbau
6 667,14 m3
Erweiterung
4 136,03 m3
Gesamt
52 556,95 m3
Wasserflächen
Kursbecken
70,40 m2
mit Hubboden, WT
variabel: 0,60 - 3,40 m
Sportbecken
260,70 m2
10 x 25 m, WT 1,33 - 1,80 m,
mit Ruhebucht
37,50 m2
(Entspannungsbecken, WT 1,33 m)
Erlebnisbecken
146,40 m2
WT 1,33 m
Warmsprudelbecken
4,90 m2
Planschbecken, innen
36,40 m2
WT 0,15 - 0,30 m
„FlowRider“ ® (Surfanlage)
79,60 m2
40
Saunadeck
Täglich
15.00 - 22.00 Uhr
Wellnessdeck
Mo. - Do.
Fr. - So.
09.00 - 19.00 Uhr
10.00 - 19.00 Uhr
90 Min.
Bauzeit
Eigenleistung
05.01.2004 - 15.05.2004
Weitere Bauzeit 16.05.2004 - 16.08.2005
Außenwarmbecken
WT 1,33 m
Planschbecken, außen
mit Wasserspielplatz
WT 0,00/0,15 - 0,30 m
Gesamt
15.00 - 20.00 Uhr
10.00 - 20.00 Uhr
15.00 - 20.00 Uhr
10.00 - 22.00 Uhr
15.00 - 20.00 Uhr
Tarife
Kenndaten
Baukosten
inkl. Nebenkosten,
netto
Nebensaison
Erlebnisdeck
Mo. - Di.
Mi.
Do.
Fr. - Sa.
So.
173,60 m2
17,70 m2
35,20 m2
862,40 m2
A.B. Archiv des Badewesens
01/06
3 Std.
Tageskarte
Erlebnisdeck
Erwachsene
5€
9€
12 €
Kinder / Jugendliche (4 - 15 Jahre)
3€
6€
9€
Erziehungsberechtigter
+ 1 Kind (4 - 15 Jahre)
–
14 €
19 €
Familie (Eltern und 2 eigene Kinder)
–
24 €
35 €
Saunadeck
mit Erlebnisdeck
pro Person
15 €
18 €
ohne Erlebnisdeck
pro Person
10 €
14 €
Projektbeteiligte
Bauherr und Betreiber
Kurverwaltung Nordseeheilbad
Borkum GmbH
Abteilung Gezeitenland~ Wasser und
Wellness
Betriebsleiter: Michael Niederkorn
Goethestraße 1
26757 Borkum
Generalplanung
de Witt, Dohrn, Janßen
Architekten und Ingenieure
Seerosenweg 3
26160 Bad Zwischenahn
U. Janßen, H. Berens, S. Kerst,
K. Setje-Eilers, O. Rothauscher
Tragwerksplanung
Sasse + Dr. Arend GmbH
Haferwende 7
28357 Bremen
Dr. M. Arend, R. Großkopf
Controller des Bauherrn
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Göken, Pollak + Partner
Treuhandgesellschaft mbH
Dr. D. Göken
Hollerallee 8
28209 Bremen (Schwachhausen)
und
Dipl.-Ing. H. A. Schemmel, Architekt
Louis-Leitz-Straße 1
28355 Bremen
H. A. Schemmel, L. Nordmann
Technische Gebäudeausrüstung
Wolff + Partner GmbH
Beratende Ingenieure VBI
Haferwende 18
28357 Bremen
H. Hartig, H. Müller
Elektroplanung
Ingenieurbüro Wilfried Heise
Westerwieke 181
26802 Moormerland
W. Heise, R. Willhaus, D. Slink
Außenanlagen
Planungsgruppe Freiraum
Gartenstraße 36
26122 Oldenburg
H. J. Flemmig, H. Lebéus
Fotos
Stephan Brendgen Fotodesign
Sandstraße 24
40789 Monheim
S. Brendgen

Documentos relacionados