Die ersten Deutschen

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Die ersten Deutschen
Die ersten
Deutschen
Der Bericht über das
rätselhafte Volk der Germanen
Droemer Knaur
Für Urchi,
fiir lhomar und Florian
I.
bis 50. Tausend
@ Draemer Knaur Verlag
Cdioeller & Ca., Locarno, I971
Satz und Druk: Siidd. Verlagsanstalt
und Dmkerei,
LudwigsburR
Einband: GroRbudibinderei H . Wennberg GmbH, Leonberg
Printed in Germany
ISBN 3-85886-043-3
Nicht die Samniten, nicht die Karthager, nicht die Gallier, nicht
die Spanier, nicht einmal die Parther haben uns so oft herausgefordert wie die Germanen: ja, gefährlicher noch als die Macht der
Arsakiden ist dieses Volk mit seinem Freiheitswillen.
Tacitus
Ein Wort zuvor
,. Kapitel
1
I
I
Ij
Furor Teutonicus 17
wunderbare Zug der Kimbern und Teutonen 17 Barbaren, Menschen zwei„r Güte i 9 Der goldene Süden, Ziel germanischer Sehnsucht 2 2 Der Teuto„nrtein zu Miltenberg 14 Die Ungeheuer aus dem Norden besuchen Rom 29
~ ~ aeterna
m a est. Und unbesiegbar sind die Römer 32 Lösegelder, Geiseln
und Verrräge jj Arausio oder der Tod der Legionäre 37
2.
Kapitel
Das Gottesurteil 45
. ..
daß
Gaius Mariur, Retter des Vaterlands 45 Die Germanen kommen! 48 r
sie mit den Gebeinen der Erschlagenen ihre Weinberge eingehegtr 5 1 Das Inferno von Vercellae jy König Teutobods Ruhm und Ende j8 .Heure zwar
ein unbedeutender Stamm, doch gewaltig sein Nadiruhm. 61
J.
Kapitel
Rätsel der Urheimat 6~
Die erstaunliche Entdeckung des Franr Bopp aus Asdiafienburg 61 Das Engste
Gedichr der Welt 67 Wie man eine Sprache ausgräbt 72 Der Weg zu den
Müttern 74 Die Indogermanen, ein Volk steigt aus dem Dunkel 75 Die Frau
hieß "die Rindercrwerberins 78 Die Pfahlbauten als Beweis 80 Gelehrrenrtreir um die Wiege der Völker Sr
4 . Kapitel
Streitaxt und Hünengräber 89
Deutschland vor 4000 Jahren 89 Ein ~Herrenvolk. gibt sich geschlagen 93 Die
ersren Deutschen - Produkt einer gefährlichen Mischung 96 Zeir der Ruhe,
Zeit der Sammlung 99 Bronze - die wundersame Entdekung ror Der
Germanische Vormarsch ro) Charten, Cherusker, Sweben und Markomannen ioj Warum die Germanen Germanen hießen 106 Hariuha Hairika wenn Steine sprechen 109
I. Kapitel
Cäsar und Ariovist
- die Geschichteeiner Tragödie
I I I.
Die Germanen an die Front! i r s Cäsar - der >Größte der Sterblichen* I19
Die Legionäre meutern 124 Die Gipfelkonferenz in der elsässisdien Ebene r27
Soldoen, die sich nichts befehlen ließen 132 Sdiladitruf, Schwert und Schmiedemeister 134 Ein anriker Prinz von Hornburg wendet das Schladitenglürk 136
L'er Antrag des Marcur Porciur Cato, Cäsar den Germanen auszuliefern 143
am Horizont 147
6 . Kapitel
..
Gespenster im Moor 149
Ein zooo Jahre alter Mord? 149 Götter der Tiefe ryz Grausige Menschenopfer r54 Grürze A la Germania 162 Die Wiederaufersrehung der roten Kri~ r i a nr65 Der Tod einer Ehebrecherin 168 Eine germanische Liebesrragödie 170
7. Kapitel
. ..
I
.
Wie sie wirklich waren.. 173
„.
Rauschebart oder Superheld 173 Die Riesen beginnen zu schrumpfen 180
Von xunbezähmbarer Gewalt< und rvernichrender K r a h 181 Die alten Germanen wurden nicht alt 183 Lichtblond wie die Götter 185 Die Erfinder der
Haarbürsre 188 Minirok, Jeans und Oben-ahne 190 Die Wiedervernordung
und der Schrumpfgermane 194 I>er Irrrum rn it der Kriege
8. Kapitel
..
Der Mann, der' racitus hie
13. Kapitel
Der germanische Alltag 221
..
10.
Kapitel Die große Schlacht 2 5 5
Der Stedtbrief des Quinriliur Varus 159 Augurtus begibt sioi an ucn nicsiii r > 7
Germanien, ein Enrwi&lungsland rsg Dar römische Finanzamt stand in
Trier 161 Arminius, sein junger Mann von persönlichem Mur, rascher Auffassung und genialer Klugheit* 262 Der Tag X wird vorbereitet 265 Der
Verrat 267 Ein Grabstein als stummer Zeuge 269 Der Todermarrch der Legionäre r7o Staatsbegräbnis nach sechs Jahren 173 Der *falsche Hermaima,
Deutschlands populärster Denkmal 274
r r . Kapitel
Die Rache 277
Der Kampf der Heimatforscher 177 Totcnbusdi, Mordgrube und Gewinn-
feld 2 8 0 i 5 000 Skelette in 1 Schichten 183 Die Tonscherbe vom Kölner Dom,
und war heißt P R I N LEG X I X ? 285 >Damit vorerst der Rbmer keiner, von
der Germania heil'gem Grund entschlüpfe= 288 Strategie der verbrannten
Die Frauen -Legende und Wirklichkeit 3 I 5
-
Die Gladiatoren proben den Aufstand 343
Mir Ruten schlagen, mir Feuer brennen, mit Eisen töten 343 Spartacus und
die letzten Kimbern 345 Sänftenträger und Gorillas 346 Barbaren - in
Freiheit dressiert 349 Wisent gegen Tiger, Germanen gegen Kthiopier 351
Hohe Notierungen für blonde Ware 353 Der Sklavenhändler Aiacius starb
am Rhein 356 Römer in germanischer Sklaverei 357
.. .
9 . Kapitel
Kapitel
n u s n e l d a - Schi&sal ohne Beispiel jry Die demonrierte Brünhilde 317
. ."d weissagten aus dem Blut der Geopferten 320 Der Legionskommandeur
Morgengabe
Veleda rettet Köln 322 Hier irrte Tacirus 329 Bauersfrau und Bauerntöchrer 332 War ist er, war bringt sie mir? Die Ehe ein Vertmg 334 Als die Friesen ihre Frauen verkauften 336 Die doppelte Moral der
~ ~ " n 338
e i Die Erotik oder Lava und Glerrmereis 341
xDar Morgenrot in der Geschidite der Deutschen. ia) Die mGermaniar ein
Au~flugsdam~fer?
204 Die teurrchen kein barbarisch untüchtig vol4
Auch Bücher haben ihr Schidtsal 209 Der Drchungelkrieg der Han,
haßre und liebte die Geri
jiger 211 War Tacitur am Rhein? 11)
Ein Königreich für die Papyrusrolle 217
.is r r i u r i
H . 0. Hansen pflügt mir einem Pflug aus der Eisenzeit r z r r.
leben in stumpfer Trägheit dahin< 123 Auch der Donnergott aß Weizenbrei 121
Butter ist ein Schönheirsmittel t n Der sagenhafte Wildreichtum war eine
Sage 128 Roms Kaiser bevorzugten wesrfäliichen Sdiinken 234 Die Schlacht
um dar Salz 136 Heimweh nach Germanien 238 Der Wald - Hölle und
Paradies 240 Feddersen Wierde, ein »Troja des Nordens*? 141 Uns ist so
animalisch wohl 244 r I m Trinken wissen sie weniger Maß zu halten* 249 Das
gartfreundlichste Land der Welt 253
denen widerwärtig sind, deren Partei sie
daß Ver
191 >.
ergreifena 291 Die Krir6aiirr usi Caecina 194 Eine Frau verhindert eine
Die Gier, die Grausamkeit und der Hochmut 298 Der bittere Lor304
beer der Germanicus 303 Wenn Germanien römisch geworden wäre
~
~- ein Politischer
~
i Verbrecher?
~
306
i Tod ~und Verklarung
~
308 Siegfried war Arminius 310
I
14. Kapitel
Die ~blondenLöwen«359
Der Kaisers stolze Reiter 359 Caracalla und der germanische Ti& 361 Gräber
in der Wüste 363 Römling und Patriot - ein Bruderzwist 365 Der Limes Roms xchinerisdie Mauers 367 Ein Germane auf dem Kaiaerthron 369
Zeittafel 372
Zitierte Literatur 375
Bildnachweis 379
Register 380
dem Gymnasium hatten wir einen Geschichtslehrer, der gerade
1934 - auf einem Schulungskurs mit neue~eschiditserkenntnisversehen worden war und nun mit Feuereifer daranging, sie uns zu vermitteln. Es war eine einfache Erkenntnis, und manch einer von uns fand sie allein deshalb befriedigend, weil sie leicht zu lernen war. Sie bestand aus der Formel
>~odikulturgleicb Aufnordung - Verfall gleich Entnordungu.
Womit
war, da8 Staaten und Kulturen immer dann morsch
wurden und zum Untergang reif, wenn nordisches Erbgut sich durch
Vermischung verflüchtigt hatte.
Die Träger dieses .Blutes und Gutesn, die Germanen, waren blond
und blauäugig, hehr und hochgemut und ständig bemüht, ihrer heldischen Gesinnung eisenklirrend zu entsprechen. In dieser Form bekamen wir unser Germanenbild geliefert.
Das Germanenbild unserer Vater und Großväter war anders, aber
nicht viel besser. Germanen, das waren für sie Leute mit Rauschebart, zwei Hörnern auf dem Kopf und wild wallendem Haar, die
den größten Teil des Tages damit verbrachten, am Ufer des Rheins
zu liegen und immer noch eins zu trinken.
Nordische Obermenschen oder biertrinkende Bärenhäuter, so war
das Bild der Deutschen von ihren Vorfahren, und es nimmt beinah
nicht wunder, wenn sich bis heute daran wenig geändert hat. In
den Jahren nach 1945 schien das Thema verständlicherweise suspekt, wissenschaftliche Begriffe wie ~Rassen,~Vererbung., nnordischc waren auf das böseste korrumpiert, Ideale wie ~Vaterlanda
und >Volk* mißbraucht. Das prekäre Verhältnis des Deutschen zu
seiner eigenen Geschichte, das von jeher nur die Extreme von übersteigertem Nationalismus oder arger Selbstbeschimpfung kannte,
'"ar noch prekärer geworden.
'ie Folge war die Flucht in die Vergangenheit anderer Völker:
~~f
- man schrieb das Jahr
I
Uber die >alten. Agypter, die naltena Römer, die >alten. Griechen,
über Azteken, Phönizier, Etrusker, über prä- und nachkolumbianische Indianer war alles zu erfahren, über die eigenen Vorfahren
dagegen kaum etwas. Wir sprechen jetzt nicht von der Fachliteratur, von den Büchern der Vor- und Frühgeschichtler, der Altphilologen, der Gerqanisten, der Linguisten, der Ardiaologen. Auf diesen Gebieten sind, gerade in den letzten Jahrzehnten, hervorragende For~chungser~ebnisseerzielt worden. Dem großen Publikum
aber müssen solche Veröffentlichungen Bücher mit sieben Siegeln
bleiben. Weil die Wissenschaft nun einmal ihre eigene Sprache
spricht.
Der Verfasser war bemüht, aus den antiken Schriftstellern, den ardiaologischen Funden und den zahllosen wissenschaftlichen Publikationen sich usein eigen Gebild* zu gestalten. Wobei er sich bei seinen
Studien an Goetbe hielt, der einmal seinen Eckermann anherrschte:
r . . . so habt doch endlich mal die Courage, Euch den Eindrücken
hinzugeben, Eucb ergötzen zu lassen, Euch rühren zu lassen, Eucb
erheben zu lassen, ja Euch belehren und zu etwas Großem entflammen und ermutigen zu lassen, aber denkt nur nicht immer, es wäre
alles eitel, wenn es nicht irgend abstrakter Gedanke und Idee wäre!~
Der Verfasser hofft, daß es ihm gelungen ist, an seine Leser weiterzugeben, was die Griechen ndas große Staunen* nannten, das Staunen als Voraussetzung aller Erkenntnis. Und staunenswert genug ist
die Geschichte der ersten Deutschen, voller Spannung, strotzend von
Szenen, wie sie kein Dramatiker wirksamer entwerfen Konnte, beherrscht von Menschen, die ihr Schicksal tapfer bezwangen oder
ihm auf tragische Weise erlagen.
Doch wer weiß das alles noch?
Arminius kennen wir nur als Denkmal, Thusnelda ist zu einem
Spitznamen geworden, die Schlacht im Teutoburger Wald vegetiert in Lesebüchern, und die >>Germaniaades Tacitus, ein Kleinod,
wie sie kein anderes Volk der Erde aufweisen kann, ist zum bloßen
Examensstoff für Lateinschüler herabgesunken.
Man spricht so viel von Nostalgie, von dem Heimweh nach der
Vergangenheit. Wenn Nostalgie auch dazu führt, sich der eigenen
Vorfahren zu entsinnen, so hat sie ihren Zweck erfüllt. Jedenfalls
scheint es an der Zeit, da8 die Deutschen ein Verhältnis zu ihrer
vergangenheit gewinnen, das weder von Zerknirschung geprägt ist
no& von Arroganz, sondern von der schlichten OberZeugung, daß
,ich seiner Urväter nicht zu sdiimen braucht: ein natürliches
~~tionalbewußtsein,
wie es andere Völker seit Jahrhunderten mit
in Anspruch nehmen. ..
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