Diversity als zentrales Qualifizierungsthema

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Diversity als zentrales Qualifizierungsthema
Zukunftsbau GmbH
Projekt XENOBau im Baerwaldbad
Tel..: 67 30 90 69
www.xenobau-baerwaldbad.de
Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Kulturelle Bildung und Qualifizierung im
Rahmen des Projektes XENOBau
Das Projekt XENOBau im Überblick
Das Projekt XENOBau verknüpfte öffentlich geförderte Beschäftigung für junge Erwachsene,
denkmalgerechte bauliche Instandsetzungsarbeiten, kulturelle und interkulturelle Bildung,
handwerkliche Basisqualifizierung und
Berufsorientierung. Es fand im historischen
Baerwaldbad aus dem Jahr 1901 in Berlin-Kreuzberg statt. Das Projekt entstand aus der
Zusammenarbeit von Zukunftsbau GmbH als Träger, dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentewicklung
(Sonderprogramm „Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort“), dem Jobcenter
Friedrichshain-Kreuzberg, dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und dem TSB e.V..
Der gemeinnützige Jugendhilfeträger und anerkannte Ausbildungsbetrieb Zukunftsbau
GmbH widmet sich seit 1986 der ganzheitlichen und arbeitsmarktintegrierten Ausbildung und
individuellen Förderung von benachteiligten jungen Menschen und Langzeitarbeitslosen.
Im Projekt waren in zwei zeitlich gestaffelten Durchgängen je bis zu 21 Teilnehmende tätig.
Davon waren pro Durchgang 14 junge Erwachsene unter 25 Jahre alt. Sie hatten i.d.R.
keinen Berufsabschluss und keine oder geringe praktische Erfahrungen im Baubereich.
Neben den jungen Erwachsenen arbeiteten weitere sieben über 25-Jährige im Projekt mit.
Darunter sind Architekt/innen, ein Holzschnitzer sowie vor- oder ausgebildete Maler/innen
und Tischler/innen. Alle 21 Personen waren im Rahmen einer ABM beschäftigt. Darüber
hinaus wurde die Baustelle für fünf über die Jugendhilfe geförderte Auszubildende genutzt.
Die Anleitung der Arbeiten übernahmen professionelle Maler/innen und Tischler/innen sowie
Sozialpädagog/innen.
Fast alle Teilnehmenden stammten aus Kreuzberg. Waren einige deutscher Herkunft, so
hatte die Mehrheit der Teilnehmenden einen türkischen, arabischen oder osteuropäischen
Migrationshintergrund; ungefähr ein Viertel waren Frauen. Das Projekt begann am 1.8.2007.
Die zwei ABM-Durchläufe umfassten jeweils eine Länge von neun Monaten, wobei nur 14
Monate durch das XENOS-Programm unterstützt wurden.
Das Konzept von XENOBau vereinbarte zwei Aspekte: Praktische Arbeit und theoretische
Weiterbildung. Im praktischen Teil führten die Teilnehmer/innen im Baerwaldbad
denkmalgerechte Sanierungsarbeiten aus. Unter Beachtung der vorhandenen Substanz und
unter Aufsicht der Denkmalpflege wurden Wände, Treppen, Fenster und Türen in den beiden
Treppenhäusern farblich gestaltet, im Foyer fehlende Türen nach historischem Vorbild
nachgebaut. Ein zweiter Schwerpunkt war die Sanierung der Umkleidekabinen in der alten
Halle. Neben einer grundlegenden Renovierung wurden Kunststofftüren durch Holztüren
ersetzt, die nach historischem Vorbild entworfen wurden.
In der Theorie wurden die Teilnehmenden in regelmäßigen Kursen weitergebildet.
Besonderer Schwerpunkt war interkulturelle Bildung (Diversity). In weiteren Seminaren ginhg
es um Geschichte, Badekultur, Denkmalschutz und Architektur. Für die berufliche
Orientierung bot das Projekt eine Basisqualifikation im Maler- und Tischlerhandwerk.
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Projekt XENOBau im Baerwaldbad
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Ziele der Qualifizierung
Das Projekt XENOBau maß der Weiterbildung der Teilnehmenden eine große Bedeutung zu.
So waren rund 40 % der Zeit unterschiedlichen Weiterbildungen gewidmet. Das Hauptziel
der Theorie war es, den Teilnehmenden
1. Toleranz, das Wissen um Unterschiede zwischen Menschen und Kulturen und den
Umgang damit nahezubringen. Als verhältnismäßig neuer Ansatz soll dem Diversity in
dieser Darstellung der breiteste Raum eingeräumt werden.
2. Vielfalt der Kulturen aufzuzeigen.
3. in Ergänzung zur handwerklichen Praxis eine Grundvorstellung der Berufe Maler/in/
Lackierer/in und Tischler/in zu vermitteln und
4. eine Perspektive aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu weisen.
Handwerkliche Grundqualifizierung und
Profiling
In einem neun Monate währenden Projekt mit so vielen anderen Themen konnte nur eine
berufliche Orientierung geleistet werden und keine Ausbildung. Den Hauptanteil hat dabei
die praktische Arbeit am Denkmal mit all ihren unterschiedlichen Tätigkeiten geleistet. Als
Begleitung der Praxis wurden einige Grundlagen der Berufe Maler/in und Tischler/in
vermittelt. Dabei ging es vor allem um Materialien der Arbeit (Farben und Holz), einfache
Berechnungen, Baustelleneinrichtung, Arbeitsschutz, Holzverbindungen, Malerhand- und
Tischlerhandwerk in der Denkmalpflege.
Im Rahmen der Sanierungsarbeiten und der Theorie hatten die Jugendlichen somit
Gelegenheit, sich praktisch und theoretisch mit folgenden Berufen auseinanderzusetzen:
1. Maler/in und Lackierer/in
2. Tischler/in
3. Denkmalpfleger/in/ Farbgutachter/in
4. Maurer/in/ Putzer/in
5. Parkettleger/in
6. Trockenbauer/in
7. Bilderhauer/in/ Schnitzer/in
8. Architekt/in
Im Sinne der dringend notwendigen Berufsorientierung für die Mehrzahl der jungen
Erwachsenen war dies von großer Wichtigkeit. Einige haben nach dem Projekt eine
Ausbildung in einem der genannten Berufe begonnen.
Seitens des Jobcenters bestand das Hauptziel des Projektes für die Langzeitarbeitslosen in
deren Vermittlung in Ausbildung oder auf den ersten Arbeitsmarkt. Dafür mussten ganz
unterschiedliche Wege gegangen werden: Für die einen ging es darum, überhaupt wieder in
einen geregelten Arbeitsrhythmus von 7.00 bis 16:15 Uhr zu kommen und gefordert zu sein.
Für andere fehlte nur der letzte Anstoß, um eine Ausbildung zu beginnen. Für alle fanden
Einzelgespräche und regelmäßige Kurse statt, in den versucht wurde, die Motivation für ein
Leben außerhalb der Arbeitslosigkeit zu wecken bzw. persönliche und berufliche Stärken
und Schwächen sowie berufliche Wünsche und Vorstellungen herauszuarbeiten. Begleitet
wurde dies durch Besuche in beruflichen Ausbildungsstätten und Schulen oder Berichte über
handwerkliche Berufe.
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Kulturelle Bildung
Denkmalpflege
Das Thema Denkmalpflege wurde sehr breit angelegt und versuchte die Teilnehmenden
möglichst vielseitig anzusprechen. In einigen Themenbereichen gab es inhaltliche
Überschneidungen mit den Kursen zur beruflichen Grundqualifizierung. Wichtige Themen
waren
- Berufe in der Denkmalpflege und deren besondere Herausforderungen,
- Besuche von Denkmalen der Umgebung (Gartenanlage Wassertorplatz bis Engelbecken,
Innenstadtführungen)
- Ästhetische Sensibilisierung durch Fotosafaris zu den Themen stilgerechte und
unpassende Fenster und Türen sowie Denkmale der Wohnumgebung,
- Allgemeine Stilkunde,
- Staatlicher Denkmalschutz.
Badekultur
Auch das Thema Badekultur wurde an einigen Tagen ausführlicher behandelt. Schlagworte
sollen hier nur einen Eindruck der Themenvielfalt zeigen. So wurden unterschiedliche
Badekulturen dargestellt z.B. die der Griechen und Römer bzw. die türkische oder
fernöstliche Tradition. Dazu gehörte aber auch die intensive Beschäftigung mit der Berliner
Geschichte der Volksbäder, den hygienischen Verhältnissen der Stadt des 19. Jahrhunderts
und der Besuch von thematischen Ausstellungen („Berlin geht Baden“ im Ephraim-Palais;
„Die öffentliche Badeanstalt in Deutschland“ und „Sentô, das japanische Badehaus“ im
Japanisch-Deutschen Zentrum). Neben der Beschäftigung mit der Geschichte des
Baerwaldbades und dessen Besonderheiten, wurden auch andere historische Bäder besucht
(Stadtbad Oderberger Straße und Stadtbad Steglitz).
Als besondere Erfahrung konnte während des Besuchs eines historischen Hammams in
Istanbul die Jahrhunderte alte türkische Badekultur am eigenen Körper erlebt werden.
Geschichte Berlins und Architekturgeschichte
In enger Wechselbeziehung zu den Kursen der Denkmalpflege und insbesondere der
Berliner Badekultur stand die Beschäftigung mit Geschichte. Dabei galt es, Zusammenhänge
herzustellen zwischen Denkmalstatus sowie Architektur- und Stadtgeschichte
(Stadtführungen durch das historische Berlin), der Geschichte des Baerwaldbades und
seines Architekten Ludwig Hoffmann (Fotosafaris zu seinen Gebäuden in ganz Berlin),
Industrialisierung und hygienische Verhältnisse im 19. Jh. (Besuch der großen Heinrich-ZilleAusstellung und historischer Volksbäder in Berlin). Die Fotosafari zu den Gebäuden von
Ludwig Hoffmann war Grundlage für die Darstellung seiner Gebäude auf der Internetseite
des Projektes www.xenobau-baerwaldbad.de.
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im Rahmen des Projektes XENOBau
Diversity als zentrales Qualifizierungsthema
Das Prinzip von Diversity
Ein wichtiger Qualifizierungskurs für die Teilnehmenden im Projekt und zudem für
Mitarbeiter/innen von Zukunftsbau sowie des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg fand zum
Thema Diversity statt. Der englische Begriff Diversity wird mit Diversität, Heterogenität,
Ungleichheit oder Verschiedenartigkeit bzw. oft auch nur mit Vielfalt übersetzt. Eingegangen
wird dabei u.a. auf Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion und Bildungsstand und
deren positive Werte im Zusammenleben und in Organisationen.
Der Trainer der Kurse, Andreas Hartwig von „Living Diversity“, formuliert dazu: „Diversity ist
ein Konzept zum bewussten und produktiven Umgang mit Vielfalt, das auf Wertschätzung
der Unterschiedlichkeit basiert. Das Ziel des Diversity-Konzeptes ist es, die Vorzüge dieser
Vielfältigkeit nutzbar zu machen....“1. Und die Gesellschaft setzt sich zunehmend aus
verschiedenen Gruppen zusammen. Gründe liegen in der Einwanderung und Integration, in
einer zunehmenden Vernetzung und Globalisierung, wozu auch der europäische
Annäherungsprozess gehört, in der Veränderung kultureller Gewohnheiten oder in der hohen
Mobilität. Exemplarisch zeigt sich diese gesellschaftliche Vielfalt einerseits in der
Bevölkerungszusammensetzung von Kreuzberg und andererseits auch an der Gruppe der
Menschen, die am Projekt XENOBau mitwirkten. Dazu gehören Frauen und Männer, junge
und ältere Erwachsene, Vertreter/innen unterschiedlicher Religionen (muslimisch und
christlich), Atheist/innen, Alleinerziehende, deutsche Teilnehmende oder solche mit
türkischem,
russischem,
arabischem,
polnischem,
persischem,
kurdischem
Migrationshintergrund, Schulabbrecher/innen oder Hochschulabsolvent/innen.
“Diese spezifischen Ressourcen können nur dann ausgeschöpft werden, wenn
Rahmenbedingungen es erlauben, jedem Mitglied der Belegschaft die eigenen Stärken
optimal einzusetzen. Dazu ist es notwendig, die Chancen zu erkennen, die sich bei der
Zusammenarbeit von Frauen und Männern, Jungen und Alten, Angehörigen
unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Weltanschauungen sowie Menschen mit
besonderen Begabungen ergeben. Diversity als Konzept zu leben bedeutet, ein offenes
Klima in Betrieben, Behörden, Vereinen, Bildungseinrichtungen usw. zu schaffen, in dem
sich jeder Einzelne mit seiner Individualität wiederfindet. Nur so kann gewährleistet werden,
dass Erfahrungen, Sichtweisen, Kräfte und Talente ineinander greifen“.
In Diversity-Trainings, lernen die Teilnehmenden, „ein stärkeres Bewusstsein für die
vorhandene Vielfalt und den damit verbundenen Chancen in ihrer Organisation oder im
Unternehmen zu entwickeln. Zielgerichtet werden Handlungskompetenzen vermittelt, die zu
einem produktiven Handeln in einer von Vielfalt geprägten Umgebung befähigen“. Die
Methoden umfassen „Theorie-Inputs, Einzel- und Gruppenarbeit, Plan- und Rollenspiele,
Diversity-, Interkultur- und Antidiskriminierungsübungen und Medieneinsatz“.
1
Alle Zitate in diesem Abschnitt stammen von Andreas Hartwig, zitiert nach http://www.living-diversity.de/
(Stand: 22. August 2008)
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Abbildung 1: Das Diversity-Modell nach Gardenswartz
Das Thema Diversity erringt besonders in einem multikulturellen Stadtteil wie BerlinKreuzberg immer größere Bedeutung. Die jungen Erwachsenen durchliefen zwei Blöcke des
Diversity-Trainings von je einer Woche Länge. Mitarbeiter/innen von Zukunftsbau und des
Jobcenters wurden eine Woche zum Thema qualifiziert.
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Einzelne Themen des Diversity- Trainings
Das zehntägige Training für die Jugendlichen umfasste die Themen Kommunikation,
Gewaltpräventation, Konfliktbearbeitung, kulturelle Unterschiede, Vielfalt der Religionen und
Kulturen, Gruppenbildungsprozesse sowie Vorbilder. Einzelne Aspekte werden im folgenden
Abschnitt näher dargestellt.
KOMMUNIKATION
Nach
Einführung
und
gegenseitigem
Kennenlernen ging es in diesem Workshop
zu Beginn um die Festlegung gemeinsamer
Umgangsregeln für die Zeit des Seminars.
Kernpunkte waren dabei das respektvolle
Miteinanderumgehen und die Bereitschaft,
eigene Denk- und Verhaltensmuster zu
hinterfragen.
Inhaltlicher Kernpunkt war dann der Begriff des
Diversity. Anhand des Modells von Gardenswartz
(siehe oben) wurden dabei die Schwerpunkte
Alter,
Geschlecht,
sexuelle
Orientierung,
Körperlichkeit, Ethnie, soziale Herkunft, Religion
herausgearbeitet.
Abbildung 2: Grundregeln des Diversity-Trainings
GEWALTPRÄVENTION UND KONFLIKTBEARBEITUNG
Zum Thema Gewalt wurden unterschiedliche
Formen der Gewalt dargestellt und diskutiert unter anderem am Gewaltdreieck nach Lünse,
Rohwedder und Baisch. Spielerisch näherte sich die Gruppe dem Thema durch die Übung
„Alles Gewalt?!“ an, aus dem das nebenstehende Arbeitsblatt stammt.
An unterschiedlichen Tagen wurde das Thema Gewalt aber auch anhand von zwei Filmen
dargestellt. Der Dokumentarfilm „Machtspiele“ begleitet ein Seminar zum Thema „Macht“ und
deckt dabei Mechanismen auf, wie aus ganz „normalen“ Menschen Mittäter, Mitwisser, aber
auch Vorbilder werden. Das Thema wurde in einer anschließenden Diskussion vertieft. Die
Teilnehmer/innen berichteten über eigene Erfahrungen von Gewalt und bezogen Stellung zu
den Konflikten aus der Dokumentation.
Der zweite Film, der ausdrücklich auf Wunsch der Teilnehmenden gezeigt wurde, war der
Film: „La Haine“ / Hass. Auch hier folgten dem Film Gruppenübungen zum Thema
Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung mit anschließenden Diskussionen und ein
Antigewalttraining. Dabei wurden Verhaltensoptionen bzw. Handlungsalternativen bei der
Konfrontation mit Gewalt durch Rollenspiele erarbeitet.
GRUPPENBILDUNGSPROZESSE
Ziel dieses Trainingsabschnittes war es, Gruppenbildungsprozesse zu erkennen und zu
hinterfragen. Die Teilnehmer/innen wurden mit Mechanismen von Exklusion und Inklusion
konfrontiert und waren gefordert, sich zu positionieren. Dieser Tag schloss inhaltlich an das
Thema „Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung“ an. Gruppenbildungsprozesse wurden
anhand der Übungen: „Die Insel“ und „Drei Freiwillige“ thematisiert. „Die Insel“ ist ein
Planspiel zu Vorurteilen, Ausgrenzungsmechanismen und Macht. Von visueller
Eindrücklichkeit für alle war die Kooperationsübung „Bambusstange“. Was auf dem Foto
einfach aussieht, war nicht so einfach, denn hier war vor allem Teamgeist gefragt (siehe Foto
unten).
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Abbildung 3: Arbeitsblatt der Übung „Alles Gewalt!?“; nach: Spiele, Impulse und Übungen – zur
Thematisierung von Gewalt und Rassismus in der Jugendarbeit, Schule und Bildungsarbeit;
Arbeitsgruppe SOS – Rassismus NRW, Haus Villigst, 58239 Schwerte
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
Abbildung 4: Die Übung Bambusstange (Foto: Zukunftsbau GmbH)
KULTURELLE UNTERSCHIEDE
Ziel dieses Trainingsabschnittes war es, einen Versuch zu unternehmen Kultur zu definieren
sowie verschiedene Arten von Kulturen benennen zu können, Unterschiede zu akzeptieren
und kulturelle Vielfalt zu respektieren und als Bereicherung zu betrachten. Dazu wurde die
Übung: „Musikstühle“ durchgeführt, bei der die Teilnehmer/innen aufgefordert sind, sich
abwechselnd und paarweise für jeweils eine Minute zu einem, von den Trainern
vorgegebenen, Statement zum Thema Kultur zu äußern. Anschließend erfolgte eine
Diskussionsrunde über eigene stereotype Einstelllungen und Vorurteile. Und es wurden
Fragen diskutiert, die sehr nah mit dem Alltagsleben zusammenhängen, z.B. „Was ist
Kultur?“ oder „Kann ich mehreren Kulturen gleichzeitig angehören?“ Im Verlauf dieser
Diskussion stellten mehrere Teilnehmer/innen „ihre“ Kultur(en) vor (z.B. Hip Hopper, Gothic,
polnische Kultur, türkische Kultur, etc.).
Bezug nehmend auf die oben genannte Vielfalt von Kultur wurden die Teilnehmer/innen
während des folgenden „Kiez Walk“ aufgefordert, für ca. 45 Minuten mit Digitalkameras in
der näheren Umgebung des Seminarraumes in Kreuzberg diese multikulturelle Vielfalt zu
fotografieren und anschließend in einer Beamerprojektion zu zeigen. Die Gruppen
präsentierten Fotos vom Jüdischen Museum, von Einkaufsstraßen, Restaurants, Graffittibesprühten Wänden, Läden, Menschen u.v.m. Jede Präsentation war begleitet von
anregenden Diskussionen. So wurde u.a. der Wunsch geäußert, beim zweiten Teil des
Diversity-Trainings die Synagoge in Kreuzberg zu besuchen und einen Ausflug ins KZ
Sachenhausen zu unternehmen.
VIELFALT DER RELIGIONEN
Der Wunsch des Besuches von religiösen Einrichtungen wurde vor allem während des
zweiten Teils des Diversity-Trainings eingelöst. In Gruppenübungen zum Thema „Vielfalt der
Religionen“, wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen
erarbeitet. An einem Tag wurde das nahe Jüdische Museum besucht, an einem anderen
stand der Islam im Mittelpunkt. Dafür wurde eine Filmdokumentation zur Geschichte des
Islam gezeigt und die Sehitlik-Moschee in Kreuzberg besucht. Im Meditationszentrum am
Ufer (Mauz) konnten die Teilnehmenden eine dynamische Osho-Meditation erproben. Dies
ist eine sehr bewegungsintensive Form der Meditation zum Abbau von Aggressionen und zur
Selbstzentrierung.
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VORBILDER UND ABSCHLUSS DES TRAININGS
Der Abschluss des zehntägigen Diversity-Trainings war dem Thema Vorbilder gewidmet,
wozu ebenfalls ein Film gezeigt wurde („Mal traurig – mal glücklich“). Von besonderer
Wichtigkeit war aber die Erstellung eines Aktionsplanes für und durch die Teilnehmenden
unter Berücksichtigung der beim Diversity-Training gewonnenen Erkenntnisse. Dafür
verfassten sie jeweils einen „Brief an mich selbst“, in dem sie formulierten, was sie realistisch
in drei Monaten persönlich und beruflich erreicht haben möchten. Den Brief bekommen sie
(ungeöffnet) nach drei Monaten von den Trainer/innen per Post geschickt und können
überprüfen, inwieweit sie die selbst gesteckten Ziele verwirklicht haben.
Die Aufnahme
Teilnehmenden
des
Diversity-
Trainings
durch
die
jungen
Das Training zum Thema Diversity wurde – vielleicht überraschend, vielleicht auch gerade
nicht – von den jungen erwachsenen Teilnehmenden durchweg positiv aufgenommen. In der
Evaluation zum Projekt wurde festgestellt, dass die Themen tatsächlich die Lebensrealität
getroffen haben, es ein Bereich ist, der wirklich interessierte. Von den Teilnehmenden wird
darin sogar festgestellt,
- dass sie toleranter gegenüber anderen geworden sind,
- in der Gruppe mehr Respekt füreinander bekommen zu haben,
- durch das Üben von schwierigen Situationen, wie Besuch auf dem Arbeitsamt oder
Vorstellungsgespräch, selbstbewusster geworden zu sein.
Einige originale Kommentare machen diese Begeisterung deutlich:
- „Andreas war einfach Hammer, ich habe viel gelernt.“
- „Ich würde gern nochmals so etwas machen, wenn es geht, weil alles, was wir gemacht
haben, auf mich zugetroffen hat.“
- „Ich habe gelernt, dass man Probleme nicht immer mit Gewalt lösen muss.“
- „Ich habe mehr Kontakt mit Menschen aufgebaut.“
- „Ich habe gelernt, besser mit Menschen umzugehen.“
- „Die Scheu ablegen. Zu sehen, dass man sich oft voreinander versteckt“
- „Es war cool über Vergleiche und Vorurteile zu reden“ (im Zusammenhang mit der
Beschäftigung mit unterschiedlichen Religionen).
- „Ich finde es sinnvoll, dass dieser Kurs in dieser ABM durchgeführt wurde“.
- „Das Training mit Andreas war das Beste in der ABM.“
Verfolgung von Minderheiten als Teil deutscher
Geschichte
Aufbauend auf bestimmten Themen des Diversity-Trainings und daraus entstandenen
Wünschen wurde eine weitere Woche gestaltet, in der die Beschäftigung mit der deutschen
Geschichte, der Judenvernichtung und der Verfolgung von Minderheiten vertieft wurde. Dafür
wurde an zwei Tagen die Gedenkstätte „Konzentrationslager Sachsenhausen“ besucht und
das Haus der Wannseekonferenz, wo die Judenvernichtung beschlossen wurde. Die
Besuche wurden durch Dozenten vor Ort begleitet. Ein besonderer Schwerpunkt in Wannsee
war u.a. der Umgang mit Obdachlosen im Dritten Reich. Aufgrund der auch heute
existierenden Obdachlosigkeit in Kreuzberg war dies ein durchaus aktuelles Thema und die
Möglichkeit, eigene Standpunkte zu diskutieren.
Auch an weiteren zwei Tagen ging es um aktuelle Bezüge zu deutscher Geschichte bezogen
auf die heutige Situation in Kreuzberg. Denn Antirassismus im Allgemeinen, Antisemitismus
im Speziellen oder, um ein Beispiel vom Juli 2008 aus Kreuzberg heranzuziehen, Gewalt
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Kulturelle Bildung und Qualifizierung
im Rahmen des Projektes XENOBau
gegen Homosexuelle, sind leider bis heute existent. Diese beiden Tage wurden durch die
Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA e.V) gestaltet. Stand an einem Tag der
Film „Shalom-Berlin-Salam“, der die Freundschaft zwischen einem palästinensischen und
einem jüdischen Berliner Jugendlichen schildert, auf dem Programm, so lag der
Schwerpunkt des zweiten Tages auf dem „Planspiel Nahost“, das sich mit der Entstehung
des Staates Israel beschäftigt.
Reise nach Istanbul
Höhepunkt des Projektes im Bereich (Inter)kulturelle Bildung war die Reise nach Istanbul. In
Vorbereitung dazu wurden verschiedenen Kurse durchgeführt. Zu den Themen gehörten:
-
die Geschichte des osmanischen Reiches und der jungen Türkischen Republik bis zum
2. Weltkrieg,
Geschichte der modernen Türkei nach 1945,
türkische Migration nach Deutschland,
das deutsch-türkische Verhältnis,
der Islam, verknüpft mit einem Besuch im Islamischen Museum auf der Museumsinsel in
Berlin und einer Moschee in Kreuzberg,
Minderheiten in der Türkei,
Verhalten als Tourist in der Türkei.
Aber nicht nur die konkreten Vorbereitungskurse zur Türkei, sondern auch die anderen
Themen, die im Rahmen der theoretischen Qualifizierung stattfanden, hatten einen Bezug zu
Istanbul. Die ausführliche Beschäftigung mit der Badekultur in Berlin und anderen Teilen der
Welt, konnte in Istanbul durch einen tatsächlichen Hammam-Besuch abgerundet werden.
Denkmalpflege in Berlin – sogar die eigene praktische Beschäftigung auf der Baustelle im
Baerwaldbad – konnte mit Baustellen in Istanbul verglichen werden. Erlernte interkulturelle
Kompetenz wurde praktisch in der türkischen Hauptstadt getestet. Und der türkische
Berufsschulalltag wurde durch den Besuch einer Baufachschule illustriert.
© Zukunftsbau GmbH, Lukas Born, Berlin 2008
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