Diversity als zentrales Qualifizierungsthema
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Diversity als zentrales Qualifizierungsthema
Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Das Projekt XENOBau im Überblick Das Projekt XENOBau verknüpfte öffentlich geförderte Beschäftigung für junge Erwachsene, denkmalgerechte bauliche Instandsetzungsarbeiten, kulturelle und interkulturelle Bildung, handwerkliche Basisqualifizierung und Berufsorientierung. Es fand im historischen Baerwaldbad aus dem Jahr 1901 in Berlin-Kreuzberg statt. Das Projekt entstand aus der Zusammenarbeit von Zukunftsbau GmbH als Träger, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentewicklung (Sonderprogramm „Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort“), dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg, dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und dem TSB e.V.. Der gemeinnützige Jugendhilfeträger und anerkannte Ausbildungsbetrieb Zukunftsbau GmbH widmet sich seit 1986 der ganzheitlichen und arbeitsmarktintegrierten Ausbildung und individuellen Förderung von benachteiligten jungen Menschen und Langzeitarbeitslosen. Im Projekt waren in zwei zeitlich gestaffelten Durchgängen je bis zu 21 Teilnehmende tätig. Davon waren pro Durchgang 14 junge Erwachsene unter 25 Jahre alt. Sie hatten i.d.R. keinen Berufsabschluss und keine oder geringe praktische Erfahrungen im Baubereich. Neben den jungen Erwachsenen arbeiteten weitere sieben über 25-Jährige im Projekt mit. Darunter sind Architekt/innen, ein Holzschnitzer sowie vor- oder ausgebildete Maler/innen und Tischler/innen. Alle 21 Personen waren im Rahmen einer ABM beschäftigt. Darüber hinaus wurde die Baustelle für fünf über die Jugendhilfe geförderte Auszubildende genutzt. Die Anleitung der Arbeiten übernahmen professionelle Maler/innen und Tischler/innen sowie Sozialpädagog/innen. Fast alle Teilnehmenden stammten aus Kreuzberg. Waren einige deutscher Herkunft, so hatte die Mehrheit der Teilnehmenden einen türkischen, arabischen oder osteuropäischen Migrationshintergrund; ungefähr ein Viertel waren Frauen. Das Projekt begann am 1.8.2007. Die zwei ABM-Durchläufe umfassten jeweils eine Länge von neun Monaten, wobei nur 14 Monate durch das XENOS-Programm unterstützt wurden. Das Konzept von XENOBau vereinbarte zwei Aspekte: Praktische Arbeit und theoretische Weiterbildung. Im praktischen Teil führten die Teilnehmer/innen im Baerwaldbad denkmalgerechte Sanierungsarbeiten aus. Unter Beachtung der vorhandenen Substanz und unter Aufsicht der Denkmalpflege wurden Wände, Treppen, Fenster und Türen in den beiden Treppenhäusern farblich gestaltet, im Foyer fehlende Türen nach historischem Vorbild nachgebaut. Ein zweiter Schwerpunkt war die Sanierung der Umkleidekabinen in der alten Halle. Neben einer grundlegenden Renovierung wurden Kunststofftüren durch Holztüren ersetzt, die nach historischem Vorbild entworfen wurden. In der Theorie wurden die Teilnehmenden in regelmäßigen Kursen weitergebildet. Besonderer Schwerpunkt war interkulturelle Bildung (Diversity). In weiteren Seminaren ginhg es um Geschichte, Badekultur, Denkmalschutz und Architektur. Für die berufliche Orientierung bot das Projekt eine Basisqualifikation im Maler- und Tischlerhandwerk. 1 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Ziele der Qualifizierung Das Projekt XENOBau maß der Weiterbildung der Teilnehmenden eine große Bedeutung zu. So waren rund 40 % der Zeit unterschiedlichen Weiterbildungen gewidmet. Das Hauptziel der Theorie war es, den Teilnehmenden 1. Toleranz, das Wissen um Unterschiede zwischen Menschen und Kulturen und den Umgang damit nahezubringen. Als verhältnismäßig neuer Ansatz soll dem Diversity in dieser Darstellung der breiteste Raum eingeräumt werden. 2. Vielfalt der Kulturen aufzuzeigen. 3. in Ergänzung zur handwerklichen Praxis eine Grundvorstellung der Berufe Maler/in/ Lackierer/in und Tischler/in zu vermitteln und 4. eine Perspektive aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu weisen. Handwerkliche Grundqualifizierung und Profiling In einem neun Monate währenden Projekt mit so vielen anderen Themen konnte nur eine berufliche Orientierung geleistet werden und keine Ausbildung. Den Hauptanteil hat dabei die praktische Arbeit am Denkmal mit all ihren unterschiedlichen Tätigkeiten geleistet. Als Begleitung der Praxis wurden einige Grundlagen der Berufe Maler/in und Tischler/in vermittelt. Dabei ging es vor allem um Materialien der Arbeit (Farben und Holz), einfache Berechnungen, Baustelleneinrichtung, Arbeitsschutz, Holzverbindungen, Malerhand- und Tischlerhandwerk in der Denkmalpflege. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten und der Theorie hatten die Jugendlichen somit Gelegenheit, sich praktisch und theoretisch mit folgenden Berufen auseinanderzusetzen: 1. Maler/in und Lackierer/in 2. Tischler/in 3. Denkmalpfleger/in/ Farbgutachter/in 4. Maurer/in/ Putzer/in 5. Parkettleger/in 6. Trockenbauer/in 7. Bilderhauer/in/ Schnitzer/in 8. Architekt/in Im Sinne der dringend notwendigen Berufsorientierung für die Mehrzahl der jungen Erwachsenen war dies von großer Wichtigkeit. Einige haben nach dem Projekt eine Ausbildung in einem der genannten Berufe begonnen. Seitens des Jobcenters bestand das Hauptziel des Projektes für die Langzeitarbeitslosen in deren Vermittlung in Ausbildung oder auf den ersten Arbeitsmarkt. Dafür mussten ganz unterschiedliche Wege gegangen werden: Für die einen ging es darum, überhaupt wieder in einen geregelten Arbeitsrhythmus von 7.00 bis 16:15 Uhr zu kommen und gefordert zu sein. Für andere fehlte nur der letzte Anstoß, um eine Ausbildung zu beginnen. Für alle fanden Einzelgespräche und regelmäßige Kurse statt, in den versucht wurde, die Motivation für ein Leben außerhalb der Arbeitslosigkeit zu wecken bzw. persönliche und berufliche Stärken und Schwächen sowie berufliche Wünsche und Vorstellungen herauszuarbeiten. Begleitet wurde dies durch Besuche in beruflichen Ausbildungsstätten und Schulen oder Berichte über handwerkliche Berufe. 2 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Kulturelle Bildung Denkmalpflege Das Thema Denkmalpflege wurde sehr breit angelegt und versuchte die Teilnehmenden möglichst vielseitig anzusprechen. In einigen Themenbereichen gab es inhaltliche Überschneidungen mit den Kursen zur beruflichen Grundqualifizierung. Wichtige Themen waren - Berufe in der Denkmalpflege und deren besondere Herausforderungen, - Besuche von Denkmalen der Umgebung (Gartenanlage Wassertorplatz bis Engelbecken, Innenstadtführungen) - Ästhetische Sensibilisierung durch Fotosafaris zu den Themen stilgerechte und unpassende Fenster und Türen sowie Denkmale der Wohnumgebung, - Allgemeine Stilkunde, - Staatlicher Denkmalschutz. Badekultur Auch das Thema Badekultur wurde an einigen Tagen ausführlicher behandelt. Schlagworte sollen hier nur einen Eindruck der Themenvielfalt zeigen. So wurden unterschiedliche Badekulturen dargestellt z.B. die der Griechen und Römer bzw. die türkische oder fernöstliche Tradition. Dazu gehörte aber auch die intensive Beschäftigung mit der Berliner Geschichte der Volksbäder, den hygienischen Verhältnissen der Stadt des 19. Jahrhunderts und der Besuch von thematischen Ausstellungen („Berlin geht Baden“ im Ephraim-Palais; „Die öffentliche Badeanstalt in Deutschland“ und „Sentô, das japanische Badehaus“ im Japanisch-Deutschen Zentrum). Neben der Beschäftigung mit der Geschichte des Baerwaldbades und dessen Besonderheiten, wurden auch andere historische Bäder besucht (Stadtbad Oderberger Straße und Stadtbad Steglitz). Als besondere Erfahrung konnte während des Besuchs eines historischen Hammams in Istanbul die Jahrhunderte alte türkische Badekultur am eigenen Körper erlebt werden. Geschichte Berlins und Architekturgeschichte In enger Wechselbeziehung zu den Kursen der Denkmalpflege und insbesondere der Berliner Badekultur stand die Beschäftigung mit Geschichte. Dabei galt es, Zusammenhänge herzustellen zwischen Denkmalstatus sowie Architektur- und Stadtgeschichte (Stadtführungen durch das historische Berlin), der Geschichte des Baerwaldbades und seines Architekten Ludwig Hoffmann (Fotosafaris zu seinen Gebäuden in ganz Berlin), Industrialisierung und hygienische Verhältnisse im 19. Jh. (Besuch der großen Heinrich-ZilleAusstellung und historischer Volksbäder in Berlin). Die Fotosafari zu den Gebäuden von Ludwig Hoffmann war Grundlage für die Darstellung seiner Gebäude auf der Internetseite des Projektes www.xenobau-baerwaldbad.de. 3 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Diversity als zentrales Qualifizierungsthema Das Prinzip von Diversity Ein wichtiger Qualifizierungskurs für die Teilnehmenden im Projekt und zudem für Mitarbeiter/innen von Zukunftsbau sowie des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg fand zum Thema Diversity statt. Der englische Begriff Diversity wird mit Diversität, Heterogenität, Ungleichheit oder Verschiedenartigkeit bzw. oft auch nur mit Vielfalt übersetzt. Eingegangen wird dabei u.a. auf Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion und Bildungsstand und deren positive Werte im Zusammenleben und in Organisationen. Der Trainer der Kurse, Andreas Hartwig von „Living Diversity“, formuliert dazu: „Diversity ist ein Konzept zum bewussten und produktiven Umgang mit Vielfalt, das auf Wertschätzung der Unterschiedlichkeit basiert. Das Ziel des Diversity-Konzeptes ist es, die Vorzüge dieser Vielfältigkeit nutzbar zu machen....“1. Und die Gesellschaft setzt sich zunehmend aus verschiedenen Gruppen zusammen. Gründe liegen in der Einwanderung und Integration, in einer zunehmenden Vernetzung und Globalisierung, wozu auch der europäische Annäherungsprozess gehört, in der Veränderung kultureller Gewohnheiten oder in der hohen Mobilität. Exemplarisch zeigt sich diese gesellschaftliche Vielfalt einerseits in der Bevölkerungszusammensetzung von Kreuzberg und andererseits auch an der Gruppe der Menschen, die am Projekt XENOBau mitwirkten. Dazu gehören Frauen und Männer, junge und ältere Erwachsene, Vertreter/innen unterschiedlicher Religionen (muslimisch und christlich), Atheist/innen, Alleinerziehende, deutsche Teilnehmende oder solche mit türkischem, russischem, arabischem, polnischem, persischem, kurdischem Migrationshintergrund, Schulabbrecher/innen oder Hochschulabsolvent/innen. “Diese spezifischen Ressourcen können nur dann ausgeschöpft werden, wenn Rahmenbedingungen es erlauben, jedem Mitglied der Belegschaft die eigenen Stärken optimal einzusetzen. Dazu ist es notwendig, die Chancen zu erkennen, die sich bei der Zusammenarbeit von Frauen und Männern, Jungen und Alten, Angehörigen unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Weltanschauungen sowie Menschen mit besonderen Begabungen ergeben. Diversity als Konzept zu leben bedeutet, ein offenes Klima in Betrieben, Behörden, Vereinen, Bildungseinrichtungen usw. zu schaffen, in dem sich jeder Einzelne mit seiner Individualität wiederfindet. Nur so kann gewährleistet werden, dass Erfahrungen, Sichtweisen, Kräfte und Talente ineinander greifen“. In Diversity-Trainings, lernen die Teilnehmenden, „ein stärkeres Bewusstsein für die vorhandene Vielfalt und den damit verbundenen Chancen in ihrer Organisation oder im Unternehmen zu entwickeln. Zielgerichtet werden Handlungskompetenzen vermittelt, die zu einem produktiven Handeln in einer von Vielfalt geprägten Umgebung befähigen“. Die Methoden umfassen „Theorie-Inputs, Einzel- und Gruppenarbeit, Plan- und Rollenspiele, Diversity-, Interkultur- und Antidiskriminierungsübungen und Medieneinsatz“. 1 Alle Zitate in diesem Abschnitt stammen von Andreas Hartwig, zitiert nach http://www.living-diversity.de/ (Stand: 22. August 2008) 4 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Abbildung 1: Das Diversity-Modell nach Gardenswartz Das Thema Diversity erringt besonders in einem multikulturellen Stadtteil wie BerlinKreuzberg immer größere Bedeutung. Die jungen Erwachsenen durchliefen zwei Blöcke des Diversity-Trainings von je einer Woche Länge. Mitarbeiter/innen von Zukunftsbau und des Jobcenters wurden eine Woche zum Thema qualifiziert. 5 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Einzelne Themen des Diversity- Trainings Das zehntägige Training für die Jugendlichen umfasste die Themen Kommunikation, Gewaltpräventation, Konfliktbearbeitung, kulturelle Unterschiede, Vielfalt der Religionen und Kulturen, Gruppenbildungsprozesse sowie Vorbilder. Einzelne Aspekte werden im folgenden Abschnitt näher dargestellt. KOMMUNIKATION Nach Einführung und gegenseitigem Kennenlernen ging es in diesem Workshop zu Beginn um die Festlegung gemeinsamer Umgangsregeln für die Zeit des Seminars. Kernpunkte waren dabei das respektvolle Miteinanderumgehen und die Bereitschaft, eigene Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen. Inhaltlicher Kernpunkt war dann der Begriff des Diversity. Anhand des Modells von Gardenswartz (siehe oben) wurden dabei die Schwerpunkte Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Körperlichkeit, Ethnie, soziale Herkunft, Religion herausgearbeitet. Abbildung 2: Grundregeln des Diversity-Trainings GEWALTPRÄVENTION UND KONFLIKTBEARBEITUNG Zum Thema Gewalt wurden unterschiedliche Formen der Gewalt dargestellt und diskutiert unter anderem am Gewaltdreieck nach Lünse, Rohwedder und Baisch. Spielerisch näherte sich die Gruppe dem Thema durch die Übung „Alles Gewalt?!“ an, aus dem das nebenstehende Arbeitsblatt stammt. An unterschiedlichen Tagen wurde das Thema Gewalt aber auch anhand von zwei Filmen dargestellt. Der Dokumentarfilm „Machtspiele“ begleitet ein Seminar zum Thema „Macht“ und deckt dabei Mechanismen auf, wie aus ganz „normalen“ Menschen Mittäter, Mitwisser, aber auch Vorbilder werden. Das Thema wurde in einer anschließenden Diskussion vertieft. Die Teilnehmer/innen berichteten über eigene Erfahrungen von Gewalt und bezogen Stellung zu den Konflikten aus der Dokumentation. Der zweite Film, der ausdrücklich auf Wunsch der Teilnehmenden gezeigt wurde, war der Film: „La Haine“ / Hass. Auch hier folgten dem Film Gruppenübungen zum Thema Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung mit anschließenden Diskussionen und ein Antigewalttraining. Dabei wurden Verhaltensoptionen bzw. Handlungsalternativen bei der Konfrontation mit Gewalt durch Rollenspiele erarbeitet. GRUPPENBILDUNGSPROZESSE Ziel dieses Trainingsabschnittes war es, Gruppenbildungsprozesse zu erkennen und zu hinterfragen. Die Teilnehmer/innen wurden mit Mechanismen von Exklusion und Inklusion konfrontiert und waren gefordert, sich zu positionieren. Dieser Tag schloss inhaltlich an das Thema „Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung“ an. Gruppenbildungsprozesse wurden anhand der Übungen: „Die Insel“ und „Drei Freiwillige“ thematisiert. „Die Insel“ ist ein Planspiel zu Vorurteilen, Ausgrenzungsmechanismen und Macht. Von visueller Eindrücklichkeit für alle war die Kooperationsübung „Bambusstange“. Was auf dem Foto einfach aussieht, war nicht so einfach, denn hier war vor allem Teamgeist gefragt (siehe Foto unten). 6 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Abbildung 3: Arbeitsblatt der Übung „Alles Gewalt!?“; nach: Spiele, Impulse und Übungen – zur Thematisierung von Gewalt und Rassismus in der Jugendarbeit, Schule und Bildungsarbeit; Arbeitsgruppe SOS – Rassismus NRW, Haus Villigst, 58239 Schwerte 7 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Abbildung 4: Die Übung Bambusstange (Foto: Zukunftsbau GmbH) KULTURELLE UNTERSCHIEDE Ziel dieses Trainingsabschnittes war es, einen Versuch zu unternehmen Kultur zu definieren sowie verschiedene Arten von Kulturen benennen zu können, Unterschiede zu akzeptieren und kulturelle Vielfalt zu respektieren und als Bereicherung zu betrachten. Dazu wurde die Übung: „Musikstühle“ durchgeführt, bei der die Teilnehmer/innen aufgefordert sind, sich abwechselnd und paarweise für jeweils eine Minute zu einem, von den Trainern vorgegebenen, Statement zum Thema Kultur zu äußern. Anschließend erfolgte eine Diskussionsrunde über eigene stereotype Einstelllungen und Vorurteile. Und es wurden Fragen diskutiert, die sehr nah mit dem Alltagsleben zusammenhängen, z.B. „Was ist Kultur?“ oder „Kann ich mehreren Kulturen gleichzeitig angehören?“ Im Verlauf dieser Diskussion stellten mehrere Teilnehmer/innen „ihre“ Kultur(en) vor (z.B. Hip Hopper, Gothic, polnische Kultur, türkische Kultur, etc.). Bezug nehmend auf die oben genannte Vielfalt von Kultur wurden die Teilnehmer/innen während des folgenden „Kiez Walk“ aufgefordert, für ca. 45 Minuten mit Digitalkameras in der näheren Umgebung des Seminarraumes in Kreuzberg diese multikulturelle Vielfalt zu fotografieren und anschließend in einer Beamerprojektion zu zeigen. Die Gruppen präsentierten Fotos vom Jüdischen Museum, von Einkaufsstraßen, Restaurants, Graffittibesprühten Wänden, Läden, Menschen u.v.m. Jede Präsentation war begleitet von anregenden Diskussionen. So wurde u.a. der Wunsch geäußert, beim zweiten Teil des Diversity-Trainings die Synagoge in Kreuzberg zu besuchen und einen Ausflug ins KZ Sachenhausen zu unternehmen. VIELFALT DER RELIGIONEN Der Wunsch des Besuches von religiösen Einrichtungen wurde vor allem während des zweiten Teils des Diversity-Trainings eingelöst. In Gruppenübungen zum Thema „Vielfalt der Religionen“, wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen erarbeitet. An einem Tag wurde das nahe Jüdische Museum besucht, an einem anderen stand der Islam im Mittelpunkt. Dafür wurde eine Filmdokumentation zur Geschichte des Islam gezeigt und die Sehitlik-Moschee in Kreuzberg besucht. Im Meditationszentrum am Ufer (Mauz) konnten die Teilnehmenden eine dynamische Osho-Meditation erproben. Dies ist eine sehr bewegungsintensive Form der Meditation zum Abbau von Aggressionen und zur Selbstzentrierung. 8 Zukunftsbau GmbH Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de VORBILDER UND ABSCHLUSS DES TRAININGS Der Abschluss des zehntägigen Diversity-Trainings war dem Thema Vorbilder gewidmet, wozu ebenfalls ein Film gezeigt wurde („Mal traurig – mal glücklich“). Von besonderer Wichtigkeit war aber die Erstellung eines Aktionsplanes für und durch die Teilnehmenden unter Berücksichtigung der beim Diversity-Training gewonnenen Erkenntnisse. Dafür verfassten sie jeweils einen „Brief an mich selbst“, in dem sie formulierten, was sie realistisch in drei Monaten persönlich und beruflich erreicht haben möchten. Den Brief bekommen sie (ungeöffnet) nach drei Monaten von den Trainer/innen per Post geschickt und können überprüfen, inwieweit sie die selbst gesteckten Ziele verwirklicht haben. Die Aufnahme Teilnehmenden des Diversity- Trainings durch die jungen Das Training zum Thema Diversity wurde – vielleicht überraschend, vielleicht auch gerade nicht – von den jungen erwachsenen Teilnehmenden durchweg positiv aufgenommen. In der Evaluation zum Projekt wurde festgestellt, dass die Themen tatsächlich die Lebensrealität getroffen haben, es ein Bereich ist, der wirklich interessierte. Von den Teilnehmenden wird darin sogar festgestellt, - dass sie toleranter gegenüber anderen geworden sind, - in der Gruppe mehr Respekt füreinander bekommen zu haben, - durch das Üben von schwierigen Situationen, wie Besuch auf dem Arbeitsamt oder Vorstellungsgespräch, selbstbewusster geworden zu sein. Einige originale Kommentare machen diese Begeisterung deutlich: - „Andreas war einfach Hammer, ich habe viel gelernt.“ - „Ich würde gern nochmals so etwas machen, wenn es geht, weil alles, was wir gemacht haben, auf mich zugetroffen hat.“ - „Ich habe gelernt, dass man Probleme nicht immer mit Gewalt lösen muss.“ - „Ich habe mehr Kontakt mit Menschen aufgebaut.“ - „Ich habe gelernt, besser mit Menschen umzugehen.“ - „Die Scheu ablegen. Zu sehen, dass man sich oft voreinander versteckt“ - „Es war cool über Vergleiche und Vorurteile zu reden“ (im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit unterschiedlichen Religionen). - „Ich finde es sinnvoll, dass dieser Kurs in dieser ABM durchgeführt wurde“. - „Das Training mit Andreas war das Beste in der ABM.“ Verfolgung von Minderheiten als Teil deutscher Geschichte Aufbauend auf bestimmten Themen des Diversity-Trainings und daraus entstandenen Wünschen wurde eine weitere Woche gestaltet, in der die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte, der Judenvernichtung und der Verfolgung von Minderheiten vertieft wurde. Dafür wurde an zwei Tagen die Gedenkstätte „Konzentrationslager Sachsenhausen“ besucht und das Haus der Wannseekonferenz, wo die Judenvernichtung beschlossen wurde. Die Besuche wurden durch Dozenten vor Ort begleitet. Ein besonderer Schwerpunkt in Wannsee war u.a. der Umgang mit Obdachlosen im Dritten Reich. Aufgrund der auch heute existierenden Obdachlosigkeit in Kreuzberg war dies ein durchaus aktuelles Thema und die Möglichkeit, eigene Standpunkte zu diskutieren. Auch an weiteren zwei Tagen ging es um aktuelle Bezüge zu deutscher Geschichte bezogen auf die heutige Situation in Kreuzberg. Denn Antirassismus im Allgemeinen, Antisemitismus im Speziellen oder, um ein Beispiel vom Juli 2008 aus Kreuzberg heranzuziehen, Gewalt 9 Zukunftsbau GmbH Projekt XENOBau im Baerwaldbad Tel..: 67 30 90 69 www.xenobau-baerwaldbad.de Kulturelle Bildung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes XENOBau gegen Homosexuelle, sind leider bis heute existent. Diese beiden Tage wurden durch die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA e.V) gestaltet. Stand an einem Tag der Film „Shalom-Berlin-Salam“, der die Freundschaft zwischen einem palästinensischen und einem jüdischen Berliner Jugendlichen schildert, auf dem Programm, so lag der Schwerpunkt des zweiten Tages auf dem „Planspiel Nahost“, das sich mit der Entstehung des Staates Israel beschäftigt. Reise nach Istanbul Höhepunkt des Projektes im Bereich (Inter)kulturelle Bildung war die Reise nach Istanbul. In Vorbereitung dazu wurden verschiedenen Kurse durchgeführt. Zu den Themen gehörten: - die Geschichte des osmanischen Reiches und der jungen Türkischen Republik bis zum 2. Weltkrieg, Geschichte der modernen Türkei nach 1945, türkische Migration nach Deutschland, das deutsch-türkische Verhältnis, der Islam, verknüpft mit einem Besuch im Islamischen Museum auf der Museumsinsel in Berlin und einer Moschee in Kreuzberg, Minderheiten in der Türkei, Verhalten als Tourist in der Türkei. Aber nicht nur die konkreten Vorbereitungskurse zur Türkei, sondern auch die anderen Themen, die im Rahmen der theoretischen Qualifizierung stattfanden, hatten einen Bezug zu Istanbul. Die ausführliche Beschäftigung mit der Badekultur in Berlin und anderen Teilen der Welt, konnte in Istanbul durch einen tatsächlichen Hammam-Besuch abgerundet werden. Denkmalpflege in Berlin – sogar die eigene praktische Beschäftigung auf der Baustelle im Baerwaldbad – konnte mit Baustellen in Istanbul verglichen werden. Erlernte interkulturelle Kompetenz wurde praktisch in der türkischen Hauptstadt getestet. Und der türkische Berufsschulalltag wurde durch den Besuch einer Baufachschule illustriert. © Zukunftsbau GmbH, Lukas Born, Berlin 2008 10