Wenn ich an die LIO denke

Transcrição

Wenn ich an die LIO denke
1837- 2012
„Happy Birthday, Lio!”
F est sch r i f t
175 Jahre Liebigschule Gießen
Gymnasium der Universitätsstadt Gießen
I n h a lt
Grußwort der Kultusministerin
Dorothea Henzler.....................................................3
Grußwort der Oberbürgermeisterin
Dietlind Grabe-Bolz.................................................4
Vorwort
Dr. Carsten Scherließ...............................................5
Leitbild der Liebigschule....................................7
Grußwort
Dr. Heidrun Sarges...................................................8
Grußwort
Walter Appenheimer...............................................9
Wenn ich an die LIO denke…
Ehemalige erinnern sich................................. 10
175 Jahr LIO – ein Rückblick
Dr. Ulrike Krautheim............................................. 18
Die Schwerpunkte der Liebigschule....... 32
Schulinspektion 2009....................................... 33
Die musikalische Arbeit an der
Liebigschule Dr. Jörg Abel............................... 34
Und die Musik spielt dazu
Thomas Preuße.....................................................36
„Gießen hilft“-Konzerte 2011 & 2012....... 39
Schulsportzentrum Liebigschule –
Breite und Spitze, Gerald Moos....................44
Gesundheit an der Liebigschule
Renate Fritz.............................................................48
Wer, wie, was? – Wieso, weshalb, warum?
(MINT), Ulrich Fuchs...........................................50
Fremdsprachen, Uwe Kraffert.......................54
Youth Culture – Past and Present
Uwe Kraffert............................................................55
2
Begabtenförderung an der Liebigschule
Tanja Schmidt......................................................... 57
Förderunterricht an der Liebigschule
Claudia Reinhardt, Martina Münke............. 58
Die Nachmittagsbetreuung
Beate Brunkau......................................................... 59
Studien- und Berufsorientierung
Martin Bromm......................................................60
Exkursionen in die Welt der Forschung
Wolfgang Schäfer................................................. 63
„BEM“ – Junge Köpfe gründen
Schülerfirma, Dirk Hölscher............................ 65
Soziales Miteinander an der Liebigschule.
Dr. Carsten Scherließ...........................................67
Kunst an der Liebigschule, Nina Hainmüller,
Uwe Richter, Beate Exner...................................68
Die Schulgarten-AG der Liebigschule
Dr. Sandra Karl......................................................72
Historisches zu Hof und Garten
Joachim Sieben.....................................................74
Baumaßnahmen 2010-2012......................... 75
Abigag-Impressionen....................................... 78
Das Drängen der Eltern
Dr. Beate Korf.........................................................79
Junges Geburtstagskind grüßt „Altes Haus“
Susann Balser-Hahn...........................................82
25 Jahre „Ehemaligenverein“
Sigrid Bachmann.................................................83
SV-Arbeit an der Liebigschule Gießen.... 84
Lio-Gala 2008......................................................... 86
Sommerfest 2009................................................ 88
Sommerfest 2011...................................................9
Projektwochen...................................................... 92
Comedy-Theater„TROJA“................................. 94
Das Kollegium, Sekretärinnen
und Hausmeister 2011..................................... 96
Die erweiterte Schulleitung.......................... 97
Klassen und Tutorenkurse ............................. 98
Die Jubiläumsbroschüre...............................130
Impressum ............................................................135
Grußwort der
Hessischen Kultusministerin
Dorothea Henzler
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Festgemeinde,
zu ihrem 175-jährigen Bestehen möchte ich
der Liebigschule meine herzlichsten Glückwünsche übermitteln. Ich verbinde damit
den Dank an all diejenigen, die in den vergangenen Jahrzehnten an der Gestaltung dieses
Gymnasiums mitgewirkt und einen großen
Teil zu der ausgezeichneten Entwicklung beigetragen haben.
Die Liebigschule wird von mehr als 1400
Schülerinnen und Schülern besucht, die von
etwa 140 Lehrkräften unterrichtet werden.
Vielseitige Lernangebote und Schwerpunkte
in den Naturwissenschaften, den Fremdsprachen, im Sport und der Musik lassen die Liebigschule für die Schülerinnen und Schüler
zu einem Ort werden, an dem ihre vorhandenen Begabungen gezielt gefördert werden.
Die vier Schwerpunkte sind mit Bedacht gewählt. An der Liebigschule gibt es ein großes Orchester mit fast 100 Streichern und
Bläsern, das sich vorwiegend der klassischen
Musik widmet. In einem fast ebenso großen
Vororchester werden die jüngeren Schülerinnen und Schüler auf die Orchesterarbeit
vorbereitet. In zahlreichen Untersuchungen
wurde nachgewiesen, dass das Musizieren
die allgemeine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sowie die Entwicklung positiven Sozialverhaltens bei Kindern fördert.
Insofern ist dieses Engagement nur zu begrüßen. Gleiches gilt auch für den Sport - Sport
und Bewegung sind für unser körperliches,
geistiges und seelisches Wohlbefinden von
grundlegender Bedeutung. In besonderem
Maße gilt das für Kinder und Jugendliche,
da Heranwachsende, wie Studien immer
wieder zeigen, sich auch besser entwickeln
und effektiver lernen, wenn sie sich viel bewegen. Die Hessische Landesregierung setzt
sich mit Nachdruck für die Stärkung des naturwissenschaftlichen und mathematischen
Unterrichts ein, um Talente in diesen Fächern
zu fördern und den Nachwuchs nachhaltig
zu sichern. Dabei geht es vor allem um die
Entwicklung eines stärker praxisnahen Unterrichts, dem es gelingt, Schülerinnen und
Schüler in anschaulicher, verständlicher Weise
zu komplexen Fragestellungen hinzuführen.
Insofern ist der Schwerpunkt Naturwissenschaften ebenso zukunftsorientiert gewählt
wie der der Sprachen. Sprachkenntnisse sind
eine große persönliche Bereicherung. Sie öffnen den Blick für andere Lebensweisen und
Kulturen und ermöglichen einen direkten
Zugang zu den Menschen einer anderen
Sprachgemeinschaft. Im beruflichen Alltag
zählen sie zu den Schlüsselqualifikationen
und sichern eine Perspektive für die Zukunft.
Für die vielen Jahre erfolgreicher Arbeit an
der Liebigschule in Gießen, nicht nur in den
vier Schwerpunkten, möchte ich allen Lehrerinnen und Lehrern, aber auch den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern herzlich
danken. Ich wünsche Ihnen gelungene Jubiläumsfeierlichkeiten und viel Erfolg für Ihre
zukünftigen Aufgaben und Projekte.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Dorothea Henzler
Hessische Kultusministerin
3
Grußwort der
Gießener Oberbürgermeisterin
Dietlind Grabe-Bolz
geist die Entwicklungen unterlagen. Und wir
können sehen, was immerzu blieb und bleibt
– jener Kern des Anspruchs an umfassender
Bildung, der Zeiten und Zeitgeister überlebt
hat und der heute noch darüber entscheidet,
wie die Chancen auf Zukunft und Wohlstand
verteilt werden, zwischen den Menschen,
zwischen den Städten und Regionen, zwischen Staaten. Denn Bildung ist der einzige
stets nachwachsende Rohstoff, gebildete
Menschen die einzige verlässliche und nachhaltige Ressource, aus der Zukunft in Frieden
und Wohlstand entstehen kann.
Liebe Schulgemeinde,
die historische Entwicklung einer Schule, ja die
Frage, wie, für wen welche Form der Bildung
vermittelt und zugänglich gemacht werden
soll, ist eng mit der politischen Geschichte eines Landes und einer Stadt verbunden.
An der 175jährigen Geschichte der Gießener
Liebigschule, an ihrem Wachsen und Werden
können wir ablesen, welchem jeweiligen Zeit4
Die Liebigschule – wie auch die Herderschule
– sind 1837 als Realschulen aus dem Bedürfnis
heraus gegründet worden, den Söhnen – und
sehr viel später auch Töchtern – eines aufstrebenden Bürgertums eine Bildung angedeihen
zu lassen, die für den wirtschaftlichen Fortschritt des Landes nutzbar gemacht werden
sollte. Bildung zur „Erzielung von Werth und
Gut“, wie ein Regierungsvertreter HessenDarmstadts im Jahre 1834 formulierte.
Das bedeutete einerseits: mehr Bildung und
bessere Bildung für mehr Menschen. Und:
andere Inhalte. Nicht mehr ausschließlich
Latein, sondern moderne Sprachen, weni-
ger ausschließlich klassisch-humanistische
Bildung, sondern mehr Naturwissenschaften
und Mathematik – alles, was ein aufstrebendes Handels- und Industrieland braucht, um
wirtschaftlich zu wachsen. Bildungspolitik als
Wirtschaftsmotor. Kommt uns dieses Konzept nicht bekannt vor? Diese erste große
Bildungsreform, die die Liebigschule gebar,
hatte tatsächlich Erfolg. Die neu gegründeten Realschulen wuchsen, mehr Menschen
hatten am erzeugten Fortschritt teil – wenngleich dieser Teil dennoch eine Minderheit
der Bevölkerung war.
Aber: Die eng anwendungsorientierte Sichtweise auf Bildung, jene nur aus wirtschaftlicher Nachfrage geborene Verengung des
Bildungsbegriffs, überlebte nicht. Das sich
emanzipierende Bürgertum wollte auf Dauer
keine Bildung zweiter Klasse. Die Realschulen
arbeiteten schon wenige Jahre später daran,
ihren Schülerinnen und Schülern Abschlüsse
zu ermöglichen, die denen der Gymnasien
gleichkamen. Und auch das gelang später.
Die Liebigschule Gießen ist mit Blick auf diese Geschichte wie kaum eine andere Schule
daher ein Beleg dafür, dass gesellschaftliche
Anstrengungen, das Bildungssystem zu verändern, mehr Menschen ohne gesellschaftliche Privilegien Anrecht auf gute Bildung zu
geben, mehr Jugendlichen eine Chance auf
höhere Schulabschlüsse zu ermöglichen, gelingen können. Sie steht für diese historische
Entwicklung, die in guten Teilen auch den
Aufschwung der Stadt Gießen im 19. Jahrhundert mitbegründet hat.
Ich wünsche mir, dass die heutige Schulgemeinde mit dieser besonderen Geschichte auch besonders verantwortungsvoll umgeht.
Ich wünsche mir, dass Lehrerinnen und
Lehrer, Eltern und ehemalige wie heutige
Schülerinnen und Schüler weiterhin mit
uns als politisch Verantwortlichen zusammen daran arbeiten, dass Schule für alle
da ist, dass umfassende Bildung für alle da
ist – als Motor für eine gute wirtschaftliche
Entwicklung, aber auch als Motor einer
gesunden sozialen Gesellschaftsstruktur
in unserer Stadt und als Schmiede starker
und verantwortungsvoller Persönlichkeiten, die ihren Lebensweg selbstbewusst
und zukunftsorientiert meistern.
Die Liebigschule ist dafür heute gut aufgestellt: Sie verfügt über eine wunderbar
lebendige Schülerschaft sowie eine engagierte Schulleitung und ein ebensolches
Kollegium sowie unterstützende Eltern.
Ihre Arbeit, ihre Erfolge in den Schwerpunkten Musik, Sport, Sprachen und Naturwissenschaften wurden vielfältig ausgezeichnet.
Ich wünsche der Lio einen weiterhin erfolgreichen Weg. In historischem Bewusstsein und mit selbstbewusstem Blick in eine
gute Zukunft.
Dietlind Grabe-Bolz
Oberbürgermeisterin
Vorwort des
Schulleiters
Dr. Carsten Scherließ
Dieses Jubiläum kommt zum richtigen
Zeitpunkt. Denn der LIO geht es gut!
Großartige Schülerinnen und Schüler, interessierte Eltern, engagierte und kompetente
Kolleginnen und Kollegen, zahlreiche Freunde und Förderer.
All dies trägt dazu bei, dass wir dem ersten
Satz unseres Leitbildes immer wieder nahe
kommen: „Die Liebigschule soll ein Ort sein,
an dem alle Beteiligten gerne und erfolgreich
arbeiten und leben können.“ Dieses ange-
strebte gelingende Arbeiten und Leben wird
letztlich durch positive Beziehungen aller an
Schule beteiligten Personen zueinander ermöglicht.
Seit 1837 haben in der Liebigschule tausende Personen gearbeitet und gelebt. In dieser
Tradition zu stehen erfüllt uns auch mit Respekt und Ehrfurcht. Hauptziel der Schule in
der 175jährigen Geschichte war in der Regel
„die Ausbildung von freien Persönlichkeiten,
die in der Lage sind, verantwortungsbewusst,
kritisch und selbstkritisch den Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft zu begegnen“.
Dies konnte und kann nur gelingen, wenn bei
den Kindern und Jugendlichen die Freude am
lebenslangen Lernen und die Wertschätzung
unserer Welt geweckt wurde bzw. wird. Oft
scheint dies – bis in die Gegenwart hinein –
geglückt zu sein.
Um ein Beispiel zu nennen: Der letzte Abiturjahrgang verabschiedete sich am letzten
Unterrichtstag von der Schulgemeinde in Verkleidung: Sie kamen kostümiert als „Helden
unserer Kindheit“ in die Schule. Und so tum5
melten sich Ritter und Feen, Heidi, Schlümpfe,
Pippis, Fußball-Weltmeister, Spiderman, Mario
u.a. auf dem LIO-Gelände. Ein wunderbares
Sinnbild für eine kreative, lebensfrohe und
optimistische Schülergeneration. Diese „Helden unserer Kindheit“ haben eines gemeinsam: Sie sehen Missstände, glauben aber als
Optimisten immer wieder an das Unglaubliche und haben meist Gutes im Sinn!
Carolin Emcke, die 2010 zur Journalistin des
Jahres gewählt wurde, schrieb - auf die gegenwärtigen Revolutionen in der arabischen
Welt und das weltweite Umdenken in der
Energiepolitik Bezug nehmend - vor wenigen
Monaten in der ZEIT die geistreichen Sätze:
„Wir brauchen den Glauben an das Unglaubliche, damit Veränderung möglich ist.“ Es sei
wichtig, „dass wir auf einen Horizont hinausgerichtet sein müssen, der das überschreitet, was ist.“ „Es braucht den Glauben an das
Unglaubliche…- sonst ist Veränderung nicht
möglich.“
Als optimistischer Schulleiter wage ich deshalb an dieser Stelle wenige Thesen zur Entwicklung der Schulen in Deutschland in den
nächsten 25 Jahren:
• In der Bundesrepublik wird aufgrund der
Erkenntnis, „Bildung ist der wichtigste „Rohstoff“ unseres Landes, noch mehr Geld in
den Bildungsbereich investiert, von der
frühkindlichen Förderung angefangen bis
in die Erwachsenenbildung.
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• Die jahrzehntelang anhaltende Diskussion
um richtige Schulformen beruhigt sich.
Man einigt sich bundesweit auf ein ZweiWege-Modell im allgemeinbildenden Bereich: Neben dem Gymnasium existiert nur
noch eine Schulform, über die gute Schülerinnen und Schüler ebenfalls das Abitur
erlangen können.
• Die sinnvoll gestaltete und gut ausgestattete Ganztagsschule etabliert sich. Dazu gehört die Vernetzung mit außerschulischen
Institutionen, aber auch eine neue Rhythmisierung des Tages, z.B. hinsichtlich der
Anfangszeiten und der Ruhephasen.
• Der Beruf „LehrerIn“ wird von sehr guten
und geeigneten Abiturientinnen und Abiturienten angestrebt, auch weil die Wertschätzung und der Respekt gegenüber den
Lehrpersonen wächst.
• Der Unterricht ermöglicht zunehmend individuelles Lernen. Hierbei finden wichtige
Erkenntnisse der Hirnforschung in hohem
Maße Berücksichtigung, z.B. der Umstand,
dass Kinder ohne die Erfahrung verbindlicher persönlicher Beziehungen keine Motivation entwickeln können.
• Neue Unterrichtsstrukturen werden geschaffen, sogar neue Fächer wie „Glück“
werden eingeführt.
• Den Schulen wird in allen Bereichen mehr
Selbstständigkeit zugetraut und zugemu-
tet. Dazu gehört aber auch, dass eine Schulgemeinde über ihre Arbeit Rechenschaft
ablegen muss.
Leitbild der Liebigschule Gießen
• Deutsche Schülerinnen und Schüler
schneiden bei internationalen Vergleichsstudien erfolgreich ab.
Ich bin zuversichtlich, dass die Liebigschule
dank des guten Miteinanders aller Beteiligten
eine erfolgreiche Zukunft vor sich hat. Auf
diesem Weg mag sie sich treu bleiben: mutig,
selbstbewusst und bescheiden zugleich.
Ein Dank und ein Wunsch zum Schluss: Mein
Dank gilt allen, die zum Zustandekommen
dieser Festschrift beigetragen haben. Besonders danke ich Frau Sabine Schuppe, Herrn
Joachim Sieben und Herrn Olaf Johannson
(spoon design).
Die Festschrift, die neben historischen Aspekten vor allem die gegenwärtigen Schwerpunkte der Schule beleuchtet (z.B. Musik,
Sport und Gesundheit, MINT, Fremdsprachen,
Studien- und Berufsorientierung), mag Ihnen
als Leserinnen und Lesern viel Freude bereiten. Ich wünsche Ihnen, dass Sie bei der Lektüre im Sinne Richard David Prechts lernen
und genießen können:
„Lernen und Genießen sind das Geheimnis eines erfüllten Lebens. Lernen ohne Genießen
verhärmt, Genießen ohne Lernen verblödet.“
Die Liebigschule soll ein Ort sein, an dem alle
Beteiligten gerne und erfolgreich arbeiten und
leben können. Freundlichkeit, gegenseitiger
Respekt, Vertrauen, Achtsamkeit und
Kooperationsbereitschaft sind die Grundlage
unseres gemeinsamen Handelns.
Die Schülerinnen und Schüler der Liebigschule
sollen fachliche, methodische und soziale
Kompetenzen auf hohem Niveau erwerben.
Dies erfordert besonderes Engagement,
Eigenverantwortung und Mitverantwortung aller
Beteiligten.
Ziel ist die Ausbildung von freien
Persönlichkeiten, die in der Lage sind,
verantwortungsbewusst, kritisch und
selbstkritisch den Herausforderungen von
Gegenwart und Zukunft zu begegnen.
OStD Dr. Carsten Scherließ
7
Grussworte
Grußwort der ehemaligen
Schulleiterin
Dr. Heidrun Sarges
Gesamtschule ein Übergangsmodell oder
sollte es dauerhaft sein? War das Gymnasium
zu dieser Zeit, an diesem Ort, unter den gegebenen Bedingungen die bessere Lösung?
Hier prallten politische, gesellschaftliche,
ideologische Gesichtspunkte aufeinander
und es wurde deutlich, wie sehr sich eine Gesellschaft in ihrer Schule spiegelt.
W
enn ich an die Liebigschule denke,
dann erscheint vor mir eine Fülle bunter Bilder:
Die Diskussion wurde an unserer Schule ausführlich, offen und somit auch schmerzhaft
geführt.
Der lebendige Schulhof, Rufen und Lachen.
Die jährliche Aufnahmefeier für die neuen
Schüler und die Verabschiedung der Abiturienten, dazwischen ein Schülerleben.
Wir haben uns damals entschieden, eine Schule zu sein, die sich vorrangig und überwiegend
der Vorbereitung auf ein Studium widmet. Die
Schule hat sich auf den Weg gemacht und ein
überzeugendes Profil entwickelt, wobei die
Schwerpunkte einerseits an die Tradition der
Schule anknüpfen, anderseits die Ansprüche
der Gegenwart aufnehmen.
Konferenzen mit mitunter heiklen Diskussionen und Abstimmungen, Elternbeiratssitzungen mit einer Liste von Fragen und
Vorschlägen, Projektwochen mit ihren Fragwürdigkeiten, Schulkonzerte, die den Alltag
vergessen ließen …
Ich denke an die vielen Gespräche ganz unterschiedlicher Art mit Schülern, Eltern und
Lehrern, in denen um Verständnis geworben,
nach Lösungen gesucht wurde.
Ich sehe das stattliche A-Haus, den Treppenaufgang und die Aula, in der so viele wechselhafte Ereignisse stattfanden.
Und da sind die Verhandlungen mit den Behörden um Geld, Ausstattung und Stellen.
8
Dr. Heidrun Sarges
Die Komplexität all dieser Aufgaben hat eine
hohe Faszination, sie fordert den ganzen
Menschen.
Und über allem steht das Ziel, heranwachsende junge Menschen auf ihrem Weg in diese
Welt möglichst gut vorzubereiten. Dies hat
uns als Kollegium zusammengebracht, über
Konflikte hin geeint und verbunden; ich habe
die Schulgemeinde als eine Art Großfamilie
empfunden.
Der zentrale Punkt während meiner Amtszeit
als Schulleiterin war die Frage nach der Schulstruktur. War das Konzept der kooperativen
In diesem Sinne gibt es sowohl Kontinuität als
auch Weiterentwicklung.
Wenn ich auf die Homepage der LIO schaue,
freue ich mich über die Lebendigkeit und die
Erfolge.
Möge dies auch in Zukunft so sein! Schule ist
das Tor zur Welt.
Ich grüße sehr herzlich und gratuliere zum
175. Geburtstag !
Dr. Heidrun Sarges
Grußwort des ehemaligen
Schulleiters
Walter Appenheimer
D
er Liebigschule wünsche ich zu ihrem.
Jubiläum, dass sie auch in Zukunft herausragende Arbeit und eine in die demokratische Gesellschaft hinein wirkende Erziehung
ihrer Schülerinnen und Schüler leisten kann.
Zur Zeit des Schuljubiläums 1987 war ich
Schulleiter der Liebigschule; so bin ich heute
erfreut, noch einmal die festliche Rückbesinnung und die Selbstdarstellung der Schule
erleben zu können.
Dabei entgeht mir nicht, dass sich für die
Schule die Rahmenbedingungen und die
Akzentuierung der Zielsetzungen geändert
haben. Es ist aber offenbar gelungen, einer
neuen Lehrergeneration und einer anderen
Schülerschaft Lehr- und Lernmöglichkeiten
und erweiterte Schwerpunktbildungen zu
schaffen, die der individuellen Entfaltung
Raum geben.
Ich wünsche der Liebigschule, dass sie ihren
Erziehungsauftrag wirkungsvoll weiterführen
kann. Sie hat gute Voraussetzungen dafür.
Walter Appenheimer
Die Beachtung eines Schuljubiläums und der
Blick auf verschiedene Jubiläen der gleichen
Schule ist Anlass dafür, die Schule sowohl in
ihrer Kontinuität und ihrer langjährigen Leistungsfähigkeit zu sehen als auch sich ihrer
Veränderungen bewusst zu bleiben.
9
e h e m a l ig e
W
Wenn ich an die LIO denke …
E h e m a l ig e e r i n n e r n s i c h
W
enn man aus
Anlass des festlichen Jubiläums der
eigenen, „alten“ Schule gräbt, wühlt und
forscht in dem großen
Haufen an blitzlichtartigen Erinnerungen,
bittersüßen Anekdoten und verklärten
Episoden, kommt unDr. Lars Witteck
ter all diesem ein bleiRegierungspräsident
bendes Verdienst zum
Vorschein: Die Liebigschule und die an ihr Wirkenden haben uns Schülern geholfen, unsere
Persönlichkeiten herauszubilden. Vermutlich
braucht es den Abstand von einigen Jahren
– und es ist im ersten Moment erschreckend,
wie viele es schon geworden sind - , um dies
erkennen und würdigen zu können.
Wie konnte dies gelingen? Ich denke, es hat
zum einen viel mit den Angeboten der Liebigschule, die sie für ihre Schüler mit viel Aufwand über das „Kerngeschäft“ hinaus bietet,
zu tun, zum anderen mit den Persönlichkeiten
und dem überobligatorischen Engagement
der Lehrenden, die die Liebigschule stets an
sich binden konnte und kann.
10
Belege für ersteres sind neben
den Markenzeichen der Schule
wie dem fantastischen Orchester,
der Big Band oder dem Chor für
mich vor allem die Möglichkeit für
interessierte Schüler, einige Zeit
im Wege des Schüleraustauschs
in einem anderen Land verbringen zu können. Die Erfahrung des
Alltages, auch des schulischen
Alltages über mehrere Wochen
hinweg, etwa in den USA oder
in Frankreich bietet die Gelegenheit zur Erweiterung des eigenen Horizonts,
wie man sie als junger Mensch sonst selten
bekommt. Ohne dass alle dort gemachten Erfahrungen nur gute gewesen wären, bin ich
nachträglich für diese Chance außerordentlich dankbar.
Diejenigen Lehrenden, die es geschafft haben, unser Interesse an den Hintergründen
des Lernstoffs, an den übergeordneten Zusammenhängen und letztlich an dem, was
unsere Gesellschaft zusammenhält, über
das Läuten der Pausenglocke hinaus und in
einigen Fällen bis zum heutigen Tage wachzuhalten, haben mehr für uns Schüler getan,
als wir in unserer aufgeregten Zeit damals
ermessen oder wertschätzen konnten. Einige
gibt es, die ich in einer sehr persönlichen und
notwendigerweise unvollständigen Auswahl
stellvertretend für alle anderen nennen und
mich zugleich sehr bedanken möchte: Frau
Helga Meyer-Jaeger, die auf tragische Weise
viel zu früh verstorben ist, hat das historische,
gesellschaftliche und politische Denken unseres ganzen Leistungskurses des Abi-Jahrgangs 1993 erst strukturiert und in leidenschaftlichen Diskussionen unsere Argumente
geschärft. Herr Adolf Sauerwald, dessen Tod
im vergangenen Jahr mich sehr betrübte, hat
uns sehr subtil in die reiche Welt der deutschen Literatur eingeführt. Und nicht zuletzt
ist die Liebe von Frau Erika Bredella zu den
englischen Klassikern und zu der großartigen
Stadt London mit ihren kulturellen Schätzen
auf viele ihrer Schüler übergegangen, auch
auf mich.
Möge es der Liebigschule immer gelingen,
solche Persönlichkeiten an sich zu binden,
dann muss uns um die Absolventen dieser
Schule auch in Zukunft nicht bange sein. Alles
erdenklich Gute zum Jubiläum!
enn ich an die LIO
denke, dann denke
ich daran, dass ich von der
Sexta (so hieß damals bei
uns noch das 5. Schuljahr)
an meinen Schulweg nicht
mehr zu Fuß, sondern – sowohl im Sommer als auch
im Winter – von Wieseck
aus mit dem Fahrrad zurücklegte; dass ich die musikalischen Angebote und Dietlind Grabe-Bolz
Oberbürgermeisterin
Schwerpunkte gerne und
ausgiebig nutzte, ich meine Geige allerdings
eine Weile tarnte, indem ich sie in einem Gitarrenkoffer umhertrug, da mir in der Pubertät
Anfang der 70er Jahre Geige zu spielen „uncool“ vorkam; dass außer dem musikalischen
das sportliche Profil der LIO stark war, was meinen Interessen sehr entgegenkam; dass ich an
der LIO begann, mich politisch zu engagieren,
in der neu gegründeten, links orientierten
„Basis-Gruppe“; dass ich „Lebens-Freundschaften“ geschlossen habe
und Verbindungen sowie
nachhaltige Prägungen
mit und durch „meine“,
„unsere Lio“ entstanden
sind, die bis heute fortdauern.
W
enn ich an die LIO
denke, dann erkenne ich, dass die Lehrerinnen und Lehrer doch
einen größeren Einfluss
auf mich hatten, als ich
damals dachte. Vier sind mir
besonders in Erinnerung geblieben: Hella Nohl, Josefine
Sablik, Direktor Mentel und
Helmut Weber. Frau Nohl hat
in mir als künstlerisch eher
unbegabten Schülerin die
Freude und das Verständnis
für Kunst geweckt, wofür ich
ihr heute noch dankbar bin.
Frau Sablik hat mit ihrer ernsthaften Art immer versucht,
uns zu kritischen, mündigen
und verantwortungsbewussten Menschen
zu erziehen, was ihr manchmal den Spott der
SchülerInnen eingebracht hat, bei mir aber
nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Ihr
Abschiedsspruch nach dem Abitur für uns
war: „Denkt immer daran, dass ihr
auf der Sonnenseite des Lebens
geboren seid.“
ich zu Direktor Mentel. Etwas ängstlich machte ich mich auf den Weg. Statt mir eine Rüge
zu erteilen, hat sich Herr Mendel nett mit mir
unterhalten, der Vorfall wurde gar nicht angesprochen. Offenbar fand er das Verhalten des
Lehrers auch nicht so ganz korrekt.
Unvergessen, fast legendär ist unsere Abschlussfahrt 1977 nach Ibiza mit der Tutorengruppe Weber. Statt der üblichen Museumsbesuche haben wir Hippies befragt, die
auf Formentera lebten. Die Ergebnisse dieser
hochinteressanten empirischen Sozialforschung sind leider verschollen und damit für
die Nachwelt verloren. Über manch andere
Vorkommnisse auf diese Reise bleibt auch
besser der Mantel des Schweigens gehüllt.
A
uf die Zugehörigkeit zur Oberrealschule waren wir stolz.
Mit ihren Symbolen
gaben wir an. Die rote
Schirmmütze, deren
dreifarbiges Band sich
jährlich änderte und
auf die bei der Versetzung ins nächste Jahr
ein kleines Fähnchen
gesteckt wurde, war
In der achten oder neunten Klasse
hatten wir einen
Lateinlehrer, der
uns bei kollektivem Fehlverhalten
öfter als „nackte
Affen“ bezeichnet
hat. Mich hat das
empört. Irgend- Dr. Avraham Bar Menachem
wann habe ich ein Ehrenbürger der Stadt Gießen
Bild mit einer nackten männ- für uns ein Schmuck.
lichen Statue im Klassenzimmer aufgehängt und „Göbel, Fast alle die Schuljahre wurde der Weg zu Fuß
Gerda Weigel.-Greilich
der nackte Affe“ darunter ge- gemacht, erst in den letzten Jahren hatte ich
Bürgermeisterin
schrieben. Daraufhin musste ein altes Fahrrad.
11
e h e m a l ig e
Wenn ich an die LIO denke …
E h e m a l ig e e r i n n e r n s i c h
Es herrschte im Lehrkörper – zu unserem
Glück – eine liberale Stimmung. Unser Klassenlehrer, Dr. Krauss, der uns bis zum Abitur
begleitete, pflegte sogar eine besondere
Freundschaft zu den jüdischen Schülern –
vielleicht ihres Fleißes wegen, vielleicht war
auch gar nichts Besonderes daran.
Die tägliche Begegnung mit den christlichen Mitschülern war völlig normal und
unkompliziert. Ich kann in meinem Gedächtnis kein einziges Zeichen finden für
Anfeindung und Diffamierung oder auch
nur für das Vorhandensein eines Gefühls des
Gemiedenwerdens. Ich glaube, dass unter
den Schülern die übliche Klassenkameradschaft auch für uns galt und sie im Laufe der
Jahre bis zum Abitur sogar stärker wurde.
Für die Vorbereitung der Abiturfeier wurde ein Komitee gewählt, und ich war eines
der drei Mitglieder. Wir feierten zusammen,
und niemand nahm Anstoß daran, dass für
uns Juden sogar koscheres Essen gebracht
wurde. Damals hatten wir also guten Grund
zu glauben, dass die Gemeinschaftlichkeit,
die Freundschaftsbande über die Schulzeit
hinaus währen würden, Noch wussten wir
nicht, wie blitzartig sich all das so völlig auflösen sollte.
12
Dr. Avraham Bar Menachem (Alfred Gutsmuth), Abitur 1930, Ehrenbürger Gießens (seit
1987), Ehem. Oberbürgermeister von Netanya (Israel)
tet wurde, ehe dann das Kurssystem und die
Bewertung nach Punkten kamen.
Ebenso erinnerlich sind mir die damals steigenden Schülerzahlen bei
enn ich an meine
gleichzeitiger Raumnot, wo
Schulzeit an der Lio
das heutige Haus B noch die
von 1965 bis 1973 denke, so
alte Herderschule war und es
hat sich doch nach 40 Jahren
Haus C noch gar nicht gab.
vieles verklärt. Aber die schöDie Übergangslösung waren
nen Erinnerungen überwiezwei Pavillons am Klingelgen eindeutig. Nicht zuletzt
bach nahe der Mensa. Unsedeshalb waren auch unsere
re Klasse hatte über Jahre im
vier Kinder dort.
täglichen Wechsel Unterricht
dort und in der Lio, was nicht
Dank der beiden Kurzschulnur zu längeren SchulweDr. Wolfgang Maaß, IHK-Präsident
jahre 1966/67 (für die Jüngen, sondern auch dazu
geren zur Info: wegen der Umstellung des führte, dass wir Schüler aus mehreren ParallelSchuljahresbeginns von Ostern auf Sommer) klassen nie in der Schule oder auf dem Schulhatte ich das Glück, bereits nach acht Jahren hof erlebten.
und vier Monaten am Gymnasium das Abitur
zu erlangen. Hätte man aus diesen Erfahrun- Unvergessen sind mir selbstverständlich meigen einer ganzen Schülergeneration mit G 8 ne Klassenlehrer in den drei Stufen: Dr. Erich
nicht noch mehr bei der Kontroverse um G Schmitt, Otto Müller und in der Oberstufe Ur8 oder G 9 lernen können? Und ein Zweites: sula Koch. Beeinflusst haben mich aber auch
War doch unser Abiturjahrgang der letzte, der unsere Sportlehrer und Trainer Bert Steines
noch traditionell geprüft (bei mir im sprach- und Volker Clarius, die vorbildlich mit uns
lichen Zweig: Deutsch, Englisch, Latein und arbeiteten und dabei auch immer wieder
Mathe) und mit den Noten von 1 bis 6 bewer- interessant von ihren Karrieren als Leistungs-
W
sportler erzählten. Rudolf Richter hat mein Interesse für Geschichte, Herbert Lang für Kunst
und insbesondere Kunstgeschichte geweckt,
Günther Thüringer mir schon früh die Faszination Chinas nähergebracht. Ich habe aber
auch gefürchtete Lehrer erleben müssen,
die mir jedoch Gott sei Dank weniger im Gedächtnis geblieben sind.
heute viele ehemalige Abiturienten als die
beste Zeit ihres Lebens in Erinnerung haben.
Es könnte sein, dass auch das Kneipenumfeld
rund um die Liebigschule etwas dazu beigetragen hat …..
ten und Ostern aufhellte, Schulkonzerte und
Vorspielabende, den Musik-LK und – als Highlights – die Orchesterfahrten nach England
und Spanien. Kurz vor dem Abi überraschte
uns sogar noch eine Konzertreise nach Versailles. Es gab das große sinfonische und chorische Repertoire zu entdecken und durch diese
gemeinsamen Erfahrungen Freundschaften
über Klassen und Jahrgänge hinweg zu knüpfen.
Vor kurzem schrieb mich
wieder ein ehemaliger
LIO-Chor-Freund an, der
gerade in der Nähe weilte.
Kurz, ohne das Musikleben an der Liebigschule
wären meine Jugend und
mein heutiges Leben nicht
denkbar.
In Erinnerung habe ich noch die äußeren
Rahmenbedingungen und insbesondere
den „alten“ Schulhof. Im Jahr
Wer wie ich im Nachhinein sagen kann, dass 1981 wurden die prächtigen
ihm die schulische Ausbildung eine gute Bäume dort gefällt, um den
Grundlage für das spätere Studium (bei mir mittleren „Neubau“ zwischen
Rechts- und Wirtschaftswissenschaften) ge- dem ehemaligen Liebigwesen ist, ist mit seiner Schule „im Reinen“. Gymnasium und dem ehemaDaher habe ich allen Grund, dankbar zurück- ligen Herder-Gymnasium aufzuschauen, aber auch herzlich zum Jubiläum zunehmen und diese beiden
zu gratulieren und zu hoffen, dass nachfol- alten Gebäudeensembles zu
gende Schülergenerationen ähnlich gut vor- verbinden. Damit ging leider
bereitet werden.
etwas von dem wunderbaren Flair verlo- Prof. Dr. Gundula Kreuzer
enn ich an meine
Und dann war da noch
ren, was den Musikwissenschaftlerin
Schulzeit an der Lio
diese Vokabelliste. Richtig.
Schulhof der
denke, erinnere ich mich
Liebigschule und damit das Jörg Abel hatte für eine der Orchesterfahren
an eine gute Zeit!
äußere Erscheinungsbild bis nach England (ich glaube, es war der erste
Austausch mit Colchester) die wichtigsten
dahin geprägt hatte.
Mit 16 Jahren kam ich aus
musikalischen Termini und Instrumentennaiebigschule Gießen: Das men auf Englisch und Deutsch zusammendem eher ländlich gebedeutet für mich vor al- kopiert. Die dicht besäte und am besten
prägten Biebertal von der
lem Musik, und durch Musik mit Lupe lesbare Doppelseite sollte uns das
dortigen Gesamtschule in
unvergessliche Erfahrungen. Proben mit den Gastgebern erleichtern. Den
die „große Stadt“ Gießen
Da gab es die knarzende Holz- Zweck scheint sie erreicht zu haben; jedenauf die Liebigschule. Die
Dr. Peter Hanker
treppe zu den freitäglichen falls schien mir die Liste nützlich, und so falUnwägbarkeiten des AbiVorstand der Volksbank Mittelhessen
Orchesterproben, den Chor tete ich sie sorgsam in mein Englisch-Lexikon
tur-Kurssystems, das neue
Umfeld, neue Mitschüler und Lehrkräfte ver- und Extrachor, die alljährliche Freizeit im Knüll, und dessen zahlreiche Nachfolger. So reiste
banden sich schnell zu jenem Mix, den noch die den dunklen Winter zwischen Weihnach- sie nach dem Abi mit mir nach Münster, Ox-
W
L
13
e h e m a l ig e
Wenn ich an die LIO denke …
E h e m a l ig e e r i n n e r n s i c h
ford, Berlin und wieder Oxford, wo sie durch
starken Gebrauch allmählich zerfleddert.
Schließlich landete sie in den Kartons, die ich
über den Atlantik an die amerikanische Ostküste schiffte. Dort wäre sie wohl allmählich
in Vergessenheit geraten, wenn nicht amerikanische Doktoranden der Musikwissenschaft
und Musiktheorie sämtlich Deutsch lernen
müssten. Da fiel mir die Liste wieder ein. Erst
kopierte ich das inzwischen vergilbte Papier
für eine einzelne, verzweifelte Studentin,
dann für einen ganzen Jahrgang, später stellte ich sie im Kopierraum bereit. Schließlich
scannte ich ihre Überreste und sandte sie als
pdf-attachment an alle neuen Doktoranden.
Auch damit nicht genug: In diesem Semester
kam die Bitte, die Liste permanent auf unserem Intranet verfügbar zu machen. Wer hätte
das gedacht. Danke, Musik an der LIO!
W
as schreibt man zum 175jährigen Jubiläum einer Schule, die man selbst besucht und an der man vor über dreißig Jahren
das Abitur gemacht hat? „Ad multos annos“?
Das wäre schon deswegen verfehlt, weil Latein als antiquierter Ausdruck des Konservatismus gilt und kaum noch verstanden wird.
Es wäre aber auch sachlich falsch, denn einer
guten Schule darf man nicht ohne Bedingun14
gen wünschen, dass
sie noch möglichst lange bestehen soll. Eine
gute Schule muss jeden
Tag beweisen, dass sie
unverzichtbar ist, und
begründen, warum sie
in Zukunft unverzichtbar sein wird. Dass die
Liebigschule
diesen
Beweis seit 175 Jahren
Prof. Dr. Michael Walter
erbracht hat, lässt alMusikwissenschaftler
lerdings hoffen, dass
sie ihn auch in Zukunft erbringen wird. – Ich
erinnere mich nicht mehr an Anekdoten aus
der Schulzeit, obwohl es viele gab, vielleicht
zu viele, um sie im Gedächtnis zu behalten,
und was vor 30 Jahren unglaublich wichtig
erschien, ist es nach 10, 20 oder 30 Jahren
nicht mehr. Erstaunlicherweise gilt dasselbe
aber auch für das, was ich in der Schule gelernt habe. Bei einigen jener Fächern, in denen ich seinerzeit die besten Noten bekam,
beherrsche ich heute bestenfalls noch die
Grundlagen. Inhalte von Fächern, bei denen
immer die Gefahr eines Noten-Desasters bestanden, prägen dagegen heute meine tägliche Arbeit. Das mag zumindest beruhigend
für die Lehrer sein. Jedenfalls hätten meine
Lateinlehrer nicht vermutet, dass
ich einmal ein Buch über lateinische Texte zur Musiktheorie
schreiben würde, und könnten
befriedigt – und zu Recht – feststellen, dass ihre seinerzeitigen
eher fruchtlos erscheinenden
Bemühungen doch (und zur
Verblüffung beider Seiten) nicht
ganz vergebens waren. Erwiesen
hat sich hingegen für mich, dass
man ohne intime Kenntnis der
Kommaregeln nicht nur glücklich werden, sondern sogar Bücher schreiben
kann. Was von der Schulzeit geblieben ist,
sind nicht die Inhalte, die heute sowieso veraltet wären, sondern die Kompetenz, sich mit
Inhalten aller Art im klassischen (nicht politischen) Sinn kritisch auseinanderzusetzen, sich
eigene Gedanken darüber zu machen und zu
wissen, wie man sich Inhalte aneignet und
weiterverarbeitet. Was vielleicht aber noch
wichtiger war, war die Förderung von Interessen – in meinem Fall des Interesses an der
Musik durch einen hervorragenden Musikunterricht und ein ebenso hervorragendes Angebot an musikalischen Aktivitäten. Interesse
wecken und Kompetenzen vermitteln, und
zwar ohne nach dem unmittelbaren Nutzen
im späteren Leben zu fragen und zugleich die
musischen Fächer nicht zu vernachlässigen,
ist das, was eine gute Schule ausmacht. Denn
nichts anderes sind die Grundlagen von Bildung. Zu wünschen ist der Liebigschule also
nicht nur, dass sie weitere 175
Jahre besteht, sondern dass
sie auch in den nächsten 175
Jahren Bildungsgrundlagen
vermittelt.
ben konnte, dass auch in eine Schule Verwaltung gehört und dass sie Spaß machen kann,
und an Herrn Velten, den viel zu früh verstorbenen Biologielehrer, der uns alle nicht nur
mit trockenem Unterricht begleitete, sondern
Freude vermitteln konnte,
die trockenen Lernstoffe
zu lernen und am Thema
zu bleiben.
Liebe Lio, ich wünsche Dir auch in den nächsten 175 Jahren eine gute Zeit, dass Du auch
zukünftig für Viele der Ort bist, an dem sie Unterstützung erhalten können, an den sie gerne denken, wenn sie so wie ich zurückblicken.
Ich wünsche Dir auch weiterhin Lehrerinnen
und Lehrer, die mit Engagement dabei sind
bei den Nachwuchsgenerationen, die einmal
in dieser Gesellschaft Verantwortung tragen
sollen.
Dann denke ich aber auch
enn ich an meine Schulan das Ehepaar Dewald
Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag.
zeit denke, dann denke
– gab es jemals bessere
ich an viele prägende PersoHausmeister als Euch? Ich
eine Erinnerungen an die Lio sind mir
nen, die für mich und meine
erinnere mich an den den
immer auch ein wenig peinlich – weil
Entwicklung enorm wichtig
ständigen „Spazier“gang
waren und die viel geleistet
zum MTV-Sportplatz und sie so positiv sind. Es ist ja viel einfacher, von
Holger Claes
haben, namentlich im Besonzurück, an das „Ascot“ – einer furchtbaren Schulzeit zu erzählen. Man
Leiter des Diakonischen Werks Gießen
deren an Dieter Alt, der Freude
zeitweise inoffizieller War- kommt sich schnell etwas einfältig vor, wenn
und Ernsthaftigkeit im Unterricht verband und teraum vor den nachmittäglichen Einheiten, man keine Anekdoten von grauenvollen Lehrern (die es natürlich gab),
der mir – wenn auch mit spärlichem Erfolg - an die Wiese vor der Lielangweiligem Gepauke und
Freude an der englischen Sprache vermitteln bigschule, deren Beiname
dem eigenen phantasievolkonnte, an Volker Clarius, dessen sportliche vielen immer noch in Erlen Widerstand (den es naAnleitung und Begleitung durch das Kurssys- innerung ist, und an diejetürlich auch gab) zum Besten
tem im Sport, an die vielen Unterstützungen nigen, mit denen ich diese
geben kann, sondern stattauch im zwischenmenschlichen Bereich und Schule besuchen durfte
dessen im Innersten weiß,
die viele gemeinsame Zeit auf dem MTV- mit Freundschaften fürs
daß die Schulzeit es einem erSportplatz, in der Doppel-Turn-Halle sowie bei Leben.
möglicht hat, der zu werden,
Jugend-Trainiert-für-Olympia, die eine tiefe
der man war, ohne es als Kind
innere Verbundenheit brachte. Ich denke an Vor allem aber denke ich
schon zu wissen – und der
Ursula Koch, die es geschafft hat, mich dem gerne an meine Schuljahman heute gerne ist. Dabei ist
Themenfeld Literatur zu öffnen; die mir die re von 1967 bis 1976 zu- Dr. Thomas Hettche, Schriftsteller
mir, während all der Debatten
Welt des Theaters - sogar die des absurden rück, an eine Zeit, die ich
Bild © Thomas Andenmatten
über Schule und Erziehung
von Samuel Beckett - nähergebracht hat und im Rückblick immer gerne
die bis heute für mich als „die“ engagierte Leh- betrachte und die mir geholfen hat, mich in nach Pisa, in denen es immer nur um Komrerin gilt, an Wolfgang Müller, bei dem ich in meinem Leben zurechtzufinden und zu ori- petivität geht und um zeitliche Optimierung
einer möglichst kurzen Schullaufbahn, immer
den Anfangsjahren des Kurssystems miterle- entieren.
W
M
15
Wenn ich an die LIO denke …
E h e m a l ig e e r i n n e r n s i c h
klarer geworden, daß es zwei sehr einfache
Dinge waren, die für mich die Zeit an der Lio
zu einer so glücklichen gemacht haben. Erstens: Ich komme aus einem, wie es so heißt,
bildungsfernen Elternhaus, in dem es ganz ungewöhnlich war, sein Abitur zu machen, und
ich bin mir sicher, daß es mir nicht gelungen
wäre, diese Schwelle zu überwinden, wenn an
der Lio nicht ein Geist geherrscht hätte, dem
alle Vorstellungen von Elite, wie sie jetzt wieder so populär sind, lächerlich vorgekommen
wären. Zweitens: Dieser Geist der Gleichheit
hatte, wie wir schon damals verstanden, damit
zu tun, daß es an der Lio Lehrer gab, denen
der Schulstoff nur Anlaß war, den Schülern
ihre Begeisterung weiterzugeben. Für mich
war das Ursula Koch und ihre Literaturkurse,
es gab andere, Mathematiker, Kunst- und Musiklehrer, die bei meinen Freunden dieselbe
Empfindung vermittelten, nämlich, daß Noten
und Prüfungen das unwichtige Beiwerk der
großartigen Entdeckungen waren, die wir im
Wissen selbst machten. In der Oberstufe war
die Schule eigentlich nur noch die Form, die
es zu erfüllen galt, ihre Inhalte aber hatten mit
uns zu tun, und diese Inhalte waren, wie das
in diesem Alter ja immer ist, eigentlich Experimente mit dem Leben, das wir noch nicht
kannten. Für diese Experimente ließ die Schu16
le den Raum, uns und auch ihren mitunter
durchaus exzentrischen Lehrerpersönlichkeiten, und nahm sich so, auf eine gewisse Weise,
selbst nicht ganz ernst. Dadurch aber waren
wir gefordert und zugleich frei. Ein ernstes
Spiel. Eine kostbare Zeit.
V
on Buntbarschen, Dürrenmatt und der
Fußball-Nationalmannschaft
für Bienenkunde fuhr. Das hatte damals seinen Sitz noch in Kirchhain und dort wurden
unsere Traumbuntbarsche gehalten, die Art
trägt den schönen Namen Natalbuntbarsch
(Oreochromis mossambica). Heute übrigens
eher als „Tilapia-Filet“ beim Fischhändler zu
finden. Wir hielten dann längere Zeit die Tiere in der Sammlung und züchteten die Tiere
auch nach. Fast hätte unsere Motivation zu
einer Arbeit bei Jugend forscht gereicht.
Und dann war da mein langjähriger Klassenlehrer, „Papa“ Block. Bei ihm hatte ich
Deutschunterricht und wir arbeiteten uns
einmal durch die Gegenwartsliteratur. Ich denke
noch gerne an den Besuch
der alten Dame zurück. Aber
auch Perry Rhodan kam zu
seinem Recht.
Mit Herrn Block fuhren wir
aber auch nach Hamburg zu
Blohm und Voss, besuchten
Stücke von Bertolt Brecht
im Theater und waren Fans
bei Länderspielen der Fußball-Nationalmannschaft in
Frankfurt.
Sicherlich war der Biologieunterricht in der Mittelstufe
für mein späteres Studium Prof. Dr, Hans-Peter Ziemek,
absolut prägend. Wir be- Naturwissenschaftler
schäftigten uns intensiv mit
dem Thema Verhaltensforschung und einige
Mitschüler und ich waren total begeistert. Wir Ich selbst war intensiv in der Schülervertrewaren eh schon routinierte Aquarianer und tung aktiv. Mit Herrn Wiemer, dem damaligen
wir konnten unseren damaligen Biologieleh- Direktor, war das immer ein Vergnügen. Das
rer ein altes Rahmenaquarium aus der Samm- änderte sich allerdings, nachdem ich hartnälung „schmackhaft“ machen. Wir haben so ckig gegen den geplanten Neubau opponierlange genervt, bis wir es nachmittags mit ihm te. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, den
abdichteten und er dann mit uns zum Institut alten Pausenhof zu verlieren.
Es ist schon merkwürdig, heute den schon
zum langjährigen Inventar gehörenden Erweiterungsbau zu sehen. Im Jahr 2010 durfte
ich in diesem Haus die Schülergruppen beobachten, die während der Stadt der jungen
Forscher anspruchsvolle Projekte gemeinsam
mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der JLU erarbeitet hatten und auf hohem
Niveau präsentierten.
Und so behalte ich die LIO als immer anregende Lernumgebung in guter Erinnerung.
Noch viele Schülergenerationen werden in
dieser Schule mit Freude lernen.
W
einem Konzert in Frau Pfisters Haus, wie man
sich diese durch richtigen Umgang mit den
gesellschaftlichen Gegebenheiten nicht verderben lässt.
Parallel zu meiner Schulzeit hat sich auch
meine sportliche Karriere entwickelt. Hierbei hat mich die Schule immer unterstützt,
ob mit Freistellungen für Trainingslager und
Wettkämpfe oder durch die Nutzung des
Kraftraums. Olympiateilnahme und Weltmeistertitel wären nicht möglich gewesen, wenn
es nicht Lehrer wie Herrn Linnemann gegeben hätte. Er stand mir und anderen Schülern
immer mit Rat und Tat zur Seite und hat uns
mit seiner Begeisterung
für den Sport angesteckt
und dazu motiviert, die
eigene Leistungsfähigkeit
immer weiter auszureizen.
enn ich auf meine „LIOZeit“ zurückschaue, so
sehe ich vor meinem inneren
Auge eineReihe schöner und
lustiger Erinnerungen vorEs gibt viele weitere Beibei ziehen. Die LIO hat einen
spiele, die meine PersönAbschnitt meines bisherigen
lichkeit über den Lehrplan
Lebens begleitet, der mich in
hinaus gebildet haben. Sie
einem großen Maße geprägt
aufzuzählen würden aber
hat. In den 7 Jahren, in denen Jonathan Koch, Weltmeister
den Rahmen dieser Festich die LIO besuchte, wuchs
schrift sprengen.
ich vom Jugendlichen zum Erwachsenen heran und diese meine Schule hat mir für das Denke ich an meine Schulzeit zurück, fallen
Leben danach mehr als nur eine gute Allge- mir auch die vielen Freundschaften ein, die
meinbildung gegeben. Im
an der LIO entstanden sind und die ich nicht
mehr missen wollte. Neben dem engagierten
Musikunterricht habe ich beispielsweise Unterricht und der einzigartigen Schulgegelernt, durch das Verständnis und Wissen meinschaft haben sie die LIO zu etwas ganz
über die Zusammenhänge die tieferliegende Besonderem gemacht, an das ich immer wieSchönheit von Musik zu erkennen und bei der gerne zurückdenke.
Gesche Schünemann, Nationalspielerin
A
n die Zeit an der Lio erinnere ich mich
immer gerne zurück. Es waren 7 tolle und
für mich persönlich wertvolle Jahre! Noch
heute treffe ich mich regelmäßig mit einigen
Schulfreunden.
Während meiner Schulzeit gehörte die Liebigschule zu den wenigen Schulen in Gießen,
die Sport als Leistungskurs anbot. Letztendlich
hat mein Sport-LK den Grundstein für mein
Sportmanagement-Studium und damit meine berufliche und sportliche Laufbahn gelegt.
Alles Gute zum Jubiläum. Macht weiter so!
17
175 jahre lio
Die fünf Phasen der Schulentwicklung sollen
sein:
1. 1837 bis 1914: Von der Großherzoglichen
Provinzialschule zur Oberrealschule Gießen („ORG“)
2. 1914 bis 1945: Schule im Griff der Politik
(seit 1937 als Liebigschule „LIO“)
3. 1945 bis 1971: LIO zwischen Restauration
und Aufbruch
4. 1971 bis 2001 LIO als Gesamtschule
5.2001 bis 2012: LIO als Gymnasium im
Transformationsprozess.
Das erste Gebäude der Großherzoglichen Realschule in der Weidengasse Nr. 5
Dr. Wilhelm Braubach (1837 bis 1855)
175 Jahre LIO – ein Rückblick
175
Jahre! Von der Frühphase der Industrialisierung 1837 bis zur Frühphase der Globalisierung 2011 – eine Schule,
die so lange besteht, muss Metamorphosen
durchgestanden haben!
Wir durchlaufen diese Metamorphosen in
fünf Schritten, immer auf der Suche nach
dem, was sie miteinander verbindet („Tradition der LIO“?) und was sie unterscheidet. Was
ist neu, was bleibt?
Und für wen? Beteiligte sind Staat und Gesellschaft, Stadt und Umland, Schulleiter, Lehrerkollegien und Eltern, sowie Objekt oder
18
Subjekt ihrer Bemühungen, die Schülerschaft.
Ist diese Reihenfolge schon immer die gegebene Hierarchie gewesen – die Schülerschaft
ganz unten – quasi der Natur einer erziehenden Anstalt geschuldet? Oder haben sich die
Hierarchien auch verschoben oder abgemildert?
Und wo findet das Ganze statt? Wie sehen die
Gebäude aus, die die Schule jeweils aufnehmen, und wie wirkt sich ihre Ausstattung auf
die Arbeit und das Lernen aus?
Und woher wissen wir das? Was sagen uns die
Historiker, was gibt das Schularchiv her, was
Alle Phasen sind jeweils geprägt durch ein Zusammenspiel vieler Elemente, das erst in der
Gesamtschau das komplexe System Schule
ausmacht. Für jede der fünf Phasen durch die
Jahrzehnte sind zu betrachten:
• Unterschiedliche Anforderungen
Staat und Gesellschaft
wurde im Laufe der Zeit für aufhebenswert
gehalten, was ist durch die Zeitläufte oder
durch Prioritätssetzungen, die vielleicht nicht
unsere heutigen sind, unwiederbringlich verloren? Wo zeigen sich aber auch Kontinuitäten in den Sammlungen? Z.B.: Warum tauchen
Schüler in den Archiven bevorzugt immer
dann auf, wenn sie sich daneben benehmen?
Z.B.: Warum wird in den Lehrerratsprotokollen,
seit sie erhalten sind, regelmäßig das Problem
der Pausenaufsicht erörtert? Z.B. aber auch:
Ist es ein Charakteristikum der LIO, dass sie,
als Modellversuch gestartet, sich regelmäßig
Schulversuchen geöffnet und Veränderungen in der Schullandschaft mit gestaltet hat?
von
• Wechselnde Schulformen und Modellversuche
• Schulleitungen und Kollegien und ihre
Leitbilder
• Schülerschicksale
• Wechselnde Gebäude als räumlicher Rahmen
1837 bis 1914:
Von der Großherzoglichen Realschule zur Oberrealschule (ORG)
Dies ist die Zeit, in der die Schule quasi die
Industrialisierung begleitet. 1834 ermöglicht
der Zollverein erstmals freien Handel in den
deutschen Landen. Das Großherzogtum Hessen will Anteil haben an der wirtschaftlichen
Entwicklung und braucht junge Menschen
mit Kenntnissen in den Naturwissenschaften,
in Mathematik und in den lebenden Sprachen. Die Gründung der Großherzoglichen
Realschule1837 in Gießen ist eine bildungspolitische Entscheidung, die sich langfristig
auszahlt: Nach anfänglichen Schwierigkeiten
und Anfeindungen wächst die Anstalt, die
Schülerzahlen steigen, die möglichen Abschlüsse werden immer qualifizierter, eine
frühe Form der Gesamtschule entsteht mit
verschiedenen Zweigen, die schließlich, als
die Schülerzahlen an die Tausend gehen, getrennt werden in das Realgymnasium (heute
Herderschule) und die Oberrealschule (ORG,
heute LIO), beide Schulen mit Abiturberechtigung, das Realgymnasium seit 1884 und die
ORG, die heutige Liebigschule, seit 1905.
Diese Entwicklungen sind der Schule nicht
zugeflogen: Eine Hauptaufgabe der Schulleiter bestand, so in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Klage des Schulleiters Dr. Stein,
darin, die Anstalt gegen Anfeindungen der
Konkurrenz zu verteidigen, um die Berechtigung zu qualifizierten Abschlüssen zu
kämpfen, den am traditionellen Gymnasium
haftenden Eltern den Sinn und Vorteil einer
Die Entwicklung der Liebigschule seit ihrer Gründung 1837
1837
Realschule!
vierklassig
1869
1879
1884
Realschule! Realschule!
sechsklassig! achtklassig!
(II. Ordnung) (I. Ordnung)
1914
Realgymnasium
Realschule!
sechsklassig! Realschule
(II. Ordnung)
Oberreal-!
schule
heute: Herderschule
Oberreal-!
schule für!
Jungen
Real-!
gymnasium
Schulformbezogene!
Gymnasium Gesamtschule mit!
Gymnasialer Oberstufe
Gymnasium
Vorschule
1837
1869
1879
1884
1905 1921 1938
1945
1955
1972
2001
19
175 jahre lio
Insofern muss man sagen, dass in der Schulgemeinde eher gegeneinander als miteinander gearbeitet wird – an ein gemeinsames
Leitbild ist dabei nicht zu denken. Gegen
Ende der Weimarer Zeit werden politische
Gespräche im Lehrerzimmer verboten und
den Eltern wird nahegelegt, ihre Kinder von
politischer Betätigung möglichst fern zu halten. (Jahresberichte 1931 und 1932)
Ungehorsam, Faulheit, Drogenexzesse (Alkohol und Zigaretten) und Strafen, die deutlich
über den „Karzer“ hinausgingen. Sollte sich
hier etwa eine Kontinuität verbergen?
Von ihrer Herkunft her sind die Schüler in
der Tat überwiegend Söhne „kleiner Leute“,
vielfach aus dem Umland; ihre Berufswahl
zeigt, dass sie die Chancen ergreifen, die die
wirtschaftliche Entwicklung bietet; Chemie,
Maschinenbau, Eisenbahn- und Postdienst,
Bauwesen, Naturwissenschaften, Mathematik, Neuere Sprachen spiegeln neben Handel
und Handwerk die industrielle Entwicklung,
besonders nach der Reichsgründung 1871.
Das Schulhaus Ecke Ludwigstraße/Bismarckstraße (heutiges Haus B) wurde im Oktober 1876 bezogen (Bild aus NS-Zeit).
naturwissenschaftlichen Ausbildung für ihre
Sprösslinge nahe zu bringen und den Regierungen zu versichern, dass die Realschule
„weder durch die in den Naturwissenschaften
geforderten Beweise die Kraft zum Glauben
schwäche, (…) noch die Gemüter gegen die
Autorität einnehme und für die Revolution
disponiere.“ (Denkschrift Dr. Stein, 1850 im
Stadtarchiv L 516)
Wenn man den ersten Jahrzehnten ein Leitbild zuordnen kann, dann findet es sich in
der Eröffnungsrede des ersten Direktors der
Großherzoglichen Realschule, Dr. Wilhelm
Braubach: „Realschulen ist das Losungswort
der Zeit, und eine höhere Bildung des Bürgers und Gewerbestandes ist das Bedürfnis
der nach einem höheren Ziel strebenden
20
Menschheit. (…) so soll die Realschule doch
nicht allein Unterricht erteilen, sondern es
ist ebenso ihre Aufgabe, auch der Erziehung
ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken (…)
Die Realschule soll und darf darum nicht ein
bloßes Wissen geben für äußere Zwecke, sie
muss auch den Verstand bilden, das Gefühl
veredeln und den Willen für das Wahre, Schöne und Edle stark machen. Zur Wahrung und
Hervorbildung eines solchen Geistes der Humanität (sollen) denn auch die entehrenden
körperlichen Strafen von den Lehrern möglichst vermieden werden.“ (Eröffnungsprogramm 1837, S. 3ff, Schularchiv VI4a)
Die Schüler der Anstalt honorieren diese human – menschenfreundliche, liberale Haltung
allerdings nicht immer: Überliefert sind auch
Entsprechenden Stellenwert hatte der Unterricht in diesen Fächern; nur hier sei es dem
Schüler möglich, so der Direktor Dr. Schnell
noch 1916, selbstständige Leistungen zu erbringen, während er in den „Gesinnungsfächern“ Deutsch und Geschichte Probleme
und deren Lösung gewöhnlich nur „nach –
denken“ könne. Damit, den Anspruch auf
Selbstständigkeit und autonomes Denken in
„unpolitische“ Bereiche zu verweisen, sind allerdings auch Weichen gestellt, die sich später
verhängnisvoll auswirken konnten.
Haus A und Turnhalle im Jahr 1914
chen. Die Kriege (insgesamt ein Drittel der
Zeit!) fordern Opfer in Kollegium und Schülerschaft und machen geregelten Unterricht teilweise unmöglich. Heftig ist der ungeschützte
Einbruch politischer Auseinandersetzungen
1914 bis 1945:
Die Schule im Griff der Politik
Zwei Weltkriege, drei Staatsformen, eine
davon jenseits aller Humanität, prägen das
Schulleben in dieser Phase der Geschichte.
Kein Mitglied der Schulgemeinde kann sich
dem letztlich entziehen und in die oben genannten „unpolitischen“ Bereiche auswei-
Quarta (Klasse 7) der Oberrealschule 1918 auf einem von
Soldaten auf dem Schulhof zurückgelassenen Fahrzeug
in Staat und Gesellschaft auf allen Ebenen der
Schule.
Die Weimarer Demokratie ist in der Oberrealschule unter Lehrern und Schülern mehrheitlich eher ungeliebt, teilweise auch bekämpft. Direktor Dr. Schnell wird 1922 nach
einer politischen Affäre in der Schule in den
Ruhestand versetzt – ob zu Recht, mag dahin
gestellt sein. Andererseits werden „Demokratisierungen“ in der Schulorganisation wie
der Lehrerbeirat, die Elternmitarbeit und der
Schülerausschuss durchaus wahrgenommen
und mit Leben erfüllt. Erste Versuche einer
„freieren Ausgestaltung“ an den Schulen werden in der ORG gemacht. Daneben bleiben
die autoritären Strukturen der Kaiserzeit weiter bestehen.
Andererseits gibt es aus der Weimarer Zeit
auch durchaus Erfreuliches für die Schüler zu
berichten: Man beteiligt sich an fortschrittlichen Schulversuchen, es gibt Schulfeiern zu
Ehren der Verfassung, der paramilitärische
Sportunterricht wird durch einen Spielenachmittag ergänzt, bei dem sich Schüler mit
selbst gewählten Schiedsrichtern in Gemeinschaftsspielen üben können, es gibt seit 1921
einen Jugendtag und seit 1926 ein Schulorchester, es gibt wieder Wanderfahrten, die
einheitliche Grundschule führt der Oberrealschule neue Schülerschichten zu, Mädchen !!
werden zugelassen. Diese positiven Tendenzen werden aber durch die allgemeine Krise
ab 1930 und die zunehmende politische Polarisierung wieder konterkariert. Weniger Schüler finden den Weg zur ORG, man merkt, dass
bei den „kleinen Leuten“ die Wirtschaftskrise
besonders hart zuschlägt.
Ab 1933 sinken die Schülerzahlen nochmals
beträchtlich, so dass 1935 mit 384 Schülern
weniger als die Hälfte der 816 Schüler von
1924 die Schule besuchen. Zu einem nicht
geringen Teil hat die Vertreibung der jüdischen Schüler an diesem Rückgang ihren An21
175 jahre lio
Ist dies ein Leitbild? Zumindest dokumentiert
das Schularchiv, dass nicht alle Mitglieder des
Kollegiums und nicht alle Schüler sich von
diesem „Geist“ durchdringen lassen.
Hugo Leonhardt (1933 bis 1945)
teil: Waren in der Weimarer Zeit bis zu 10%
der Schülerschaft jüdischen Glaubens, so
sinkt ihr Anteil bereits gegen Ende der Weimarer Republik – die Schule scheint auch in
den Jahren vor 1933 nicht übermäßig „judenfreundlich“ gewesen zu sein. Es sind ehemalige Schüler, die bereits am 5. März 1933 die
Hakenkreuzfahne auf der Schule hissen, und
1935 erklärt sich die ORG stolz für „judenfrei“.
Da ist der liberale Direktor Dr. Roller bereits
zwei Jahre im vorzeitigen, erzwungenen Ruhestand und an seine Stelle tritt ein Studienrat Leonhardt aus Darmstadt.
Die Schulform wechselt 1937/8 zur „Deutschen Oberschule für Jungen“. Die Mädchen
werden in einer eigenen Schule auf ihre „Aufgabe im Volksganzen“ vorbereitet. Die Schulzeit wird auf 8 Jahre verkürzt (hier jedenfalls
aus wirtschaftlichen und wehrpolitischen
und weniger aus pädagogischen Erwägungen heraus). Die ORG erhält einen Namen:
„Justus- von-Liebig – Schule, Oberschule für
Jungen“. Die „LIO“ hat damit im Gegensatz zur
alten Schwesterschule („Langemarckschule“) den Namen nach 1945 nicht wechseln
müssen, auch wenn sich in der Namenswahl
keineswegs, wie manch einer sich gewünscht
Und wie betreut man verantwortlich Kinder
und Jugendliche, die durch Kriegseinwirkungen traumatisiert sind?
Opfer sind jedenfalls die Schüler der LIO, deren seelische und intellektuelle Entfaltung in
den Würgegriff des Systems gerät. Opfer sind
sie auch dann, wenn sie sich begeistert den
Verführungen der HJ öffnen. Ende 1935 gehören laut Jahresbericht „sämtliche Schüler
der HJ an“ und die HJ-Fahne darf bei feierlichen Anlässen neben der Hakenkreuzfahne
gehisst werden. Als „Leistung“ kann die HJArbeit auch schon einmal Minderleistungen
ausgleichen. Sogar die Disziplinarstrafen der
Schule kann in Einzelfällen die HJ an sich
ziehen. Beispiele für Änderungen in den
Unterrichtsinhalten finden sich im Schularchiv zuhauf für alle Fächer (vgl. Festschrift
Dass die LIO sich den Herausforderungen stellt
und einen Neuanfang wagt, ist zweifellos das
Verdienst des ersten Nachkriegsdirektors Dr.
Wilhelm Flörke. Er ist die treibende Kraft, als
sich die LIO nach 1945 daran macht, „um eine
neue Sinngebung ihres Tuns zu ringen.“
Die Liebigschule 1945
1987, S.57ff.). Sie belegen, dass die Schule es
weitgehend unternommen oder zumindest
nicht unterlassen hat, dem oben genannten
„Auftrag“ des „braunen Herrn“ aus Darmstadt
nachzukommen.
Der Zweite Weltkrieg schließlich führt auf allen Ebenen des Schullebens zu chaotischen
Verhältnissen; Lehrer und Schüler werden
zunehmend eingezogen, die Jüngeren werden in die Kriegswirtschaft eingebunden,
später als Luftwaffenhelfer verwendet, „Unterricht“ ist kaum noch möglich, als schließlich das Schulgebäude 1944 und 1945 zwei
Volltreffer erhält. Die letzten pädagogischen
Versuche in diesem schwerbeschädigten
Haus werden von der amerikanischen Militärregierung verhindert, die die Nutzung
Der neue Direktor kommt „mit dem Auftrag,
die Schule mit nationalsozialistischem Geist
zu durchdringen und nach den Grundsätzen
des Dritten Reiches zu führen“. (Lehrerratsprotokoll 1933, S. 252)
Auszug der Luftwaffenhelfer 1944
22
hätte, Kräfte der Schule manifestieren, die auf
einen „unpolitischen“ Namen gedrängt hätten (vgl. dazu A. Haensch, 2003, S.113ff.).
des Schulgebäudes für Unterrichtszwecke
untersagt.
1945 bis 1972:
LIO zwischen Restauration und
Aufbruch
Bereits 1947 steckt Dr. Flörke im Rahmen der
ersten Verfassungsfeier der Schule den Rahmen ab: „Euch Jungen ist das, was Euch Inhalt
Eures Lebens war, zerbrochen und sein Sinn
ist zum Un–Sinn geworden. Wir Alten stehen
mit leeren Händen vor Euch, denn wir haben
Euer Erbe vergeudet: Das ist unsere Schuld,
die wir erkennen und bekennen. Wir tasten
uns zurück zu den Quellen des Daseins (…)
Junge und Alte, sind wir auf der Suche nach
Die Nachkriegszeit sieht die LIO als eine Suchende. Ist der bauliche Zustand das zentrale Problem? Versteckt man sich dahinter, um
dem eigenen Versagen in den vergangenen
12 Jahren nicht ins Auge blicken zu müssen?
Wo und wie weit setzt sich die Einsicht durch,
„dass es bei einer demokratischen Entwicklung
der Gesellschaft auf die Schule ankommt, und
die Vorstellung wirksam wird, die Schule müsse
geändert werden, um die Gesellschaft zu verändern“ ?(Walter Appenheimer, ab 1979 Direktor der LIO in Festschrift 1987, S.78)
Dr. Wilhelm Flörke (1945 bis 1958)
23
175 jahre lio
erkennen und erfassen. Er soll hier schaffen in
dem Bewusstsein der Verantwortung gegen
die Gemeinschaft, in der er lebt.“ (Schularchiv
VI4a, Chronik bis 1950)
Die LIO bricht im Schulversuch der „aufgelockerten Oberstufe“ auf zu neuen Ufern:
neuem Sinn und Inhalt für unser Leben (…)“.
(Schularchiv VI 4a, 1919 – 1950, Verfassungsfeier, Ansprache Dr. Flörke)
1950 bei der Einweihung der wieder aufgebauten Schule formuliert Flörke das Leitbild
in Abgrenzung zur alten Schule: „Schule hat
stets eine dreifache Aufgabe zu erfüllen. Ihr
liegt ob die politische Erziehung, die geistige Erziehung und die allgemein menschliche Erziehung. Unsere Schulen aber besitzen noch in erheblichem Ausmaß die
Organisationsform, die sie vor dem ersten
Weltkrieg hatten. Die alte Schule hat (…)
höchst wirkungsvoll für den Staat, der ein
Staat autoritativer Führung war, erzogen.
Ein Schulwesen aber, das in einem autoritären Staat entstanden ist, vermag nicht ohne
entscheidende Umbildung Menschen zu er24
ziehen, die den werdenden demokratischen
Staat aufbauen und in ihm an hervorragender Stelle mitarbeiten sollen. So ist unsere
erste Aufgabe gestellt, unsere Arbeit so zu
gestalten, dass die Jugend eine wahrhaft demokratische Lebensform in ihr vorgebildet
findet. (…)
Die Schule muss Einrichtungen treffen, um
die in der Jugend ruhenden Kräfte der Selbsterziehung wirksam werden zu lassen, muss
ihr einen Raum der Freiheit geben, in dem sie
sich als Jugend frei betätigen kann.
In der neuen Schule soll der Schüler das
Grunderlebnis der Freiheit in der Bindung
an die Gemeinschaft erfahren. Er soll in einer
selbstgesetzten Ordnung aufwachsen und
Sinn und Notwendigkeit solcher Ordnungen
• Kann man den erhöhten Sitz des Lehrers
auf dem Katheder abschaffen, ohne Anarchie schaffen? – Ja, man kann!
• Kann man auf Körperstrafen verzichten? –
Ja, man kann!
• Kann man Schülern Wahlfreiheit und
Schwerpunktbildung gewähren? Kann
man Blockstunden einrichten und Gruppen- und Arbeitsunterricht statt Lehrerinstruktion in Häppchen zu bieten? Kann
man in regelmäßigen Kolloquien Lehrer
und Schüler gleichberechtigt diskutieren
lassen? Kann man gar Schüler Halbjahresarbeiten zu selbst gewählten Themen
schreiben lassen? – Ja, man kann!
• Darf man Schüler an der Schulverwaltung
beteiligen? – Ja, man darf! (SSV – SMV –
SV)
• Kann man Schüler „anleiten, selbstständig
zu denken, selbstständig zu entscheiden
und verantwortlich zu handeln“? – Man
kann es zumindest versuchen! Kann man
das auch mit Mädchen?? Oh ja! Und sogar ohne einen abgeteilten Bereich auf
dem Schulhof!! Seit 1955 besuchen sie
wieder die LIO.
• Und: Muss man wirklich „die Scheußlichkeiten der Nazizeit immer wieder vor
jugendliche Ohren bringen“? Ja, man
muss! So entscheidet sich das Kollegium
schließlich nach einer langen Aussprache
für eine Gedenkstunde für die Opfer des
Faschismus. (Schularchiv, Lehrerratsprotokolle 1928 – 1952, 1949, S. 355f.)
Der Schulversuch der „aufgelockerten Oberstufe“ wird allerdings überwiegend von den
Naturwissenschaftlern der LIO gestaltet und
hängt sehr an der Person des Schulleiters als
treibender Kraft. Als dieser 1958 in den Ruhestand geht, setzt sich im Kollegium wohl eher
ein Bedürfnis nach „Normalität“ durch. 1963
wird der Schulversuch beendet.
1963 hat die Schule 1001 Schülerinnen und
Schüler, wobei das Wachstum ganz überwiegend darauf zurückzuführen ist, dass immer
mehr Mädchen zur LIO streben. Ab 1964
(„Zweite industrielle Revolution“! Sputnikschock!! Bildungskatastrophe!!) setzt ein weiterer starker Zustrom ein, eine Folge der Bildungswerbung („Schickt Eure Kinder länger
auf bessere Schulen!). 1967 hat die LIO 1340
Schülerinnen und Schüler, davon ca. 40% aus
dem Umland – ein schulpolitischer Konflikt
zwischen Stadt und Kreis bahnt sich an, der
bis in die Gegenwart anhält. Allerdings erhält
die LIO 1970 ihr Haus B, nachdem die Herderschule in die Weststadt gezogen ist.
Wieder steht die Schule vor gesellschaftspolitischen Herausforderungen: „1968“ lässt die LIO
nicht unberührt, Forderungen nach demokratischer Partizipation und Chancengleichheit
werden laut. Zugleich fordern Schüler Umstrukturierungen, die weit über das hinausgehen, was die „aufgelockerte Oberstufe“ angestoßen hatte und was 1963 der kurzen Phase
der „Normalität“ gewichen war: Es geht um
Veränderung des Unterrichtsstils, des LehrerSchüler-Verhältnisses, der Unterrichtsinhalte.
Ein Abiturient fasst das 1968 in Worte: „Die Jugend, so meinte er, fordere ein menschlicheres Leben und einen freieren Menschen. Der
Mensch müsse sich aus seinem Objektdasein
befreien. Voraussetzung dafür sei, dass man kritischer werde, sich engagiere und radikal umdenke. Hier beginne die Aufgabe der Schule.
An die Stelle unnützen Wissens müsse die Anleitung zu schöpferischem Denken treten, statt
des hierarchischen und autoritären Aufbaues
des Schulsystems müsse es ein partnerschaftliches Verhältnis geben.“ (Giessener Allgemeine
Zeitung 1.7.1968,S.9; Schularchiv VI4a, Chronik
1961-1970)
Ein Jahr später antwortet ein Lehrer in seiner
Abiturrede: „Und wer Bedenken hegt, ob es
denn der richtige Fortschritt sei und nicht
etwa ein Hinwegschreiten von etwas Wesentlichem, ohne das der Mensch sich selber
verliert, der bekommt die Plakette „reaktionär“
aufgeklebt. Und so fühle ich es bereits über
mein Gesicht rinnen wie faule Tomaten, Benennungen wie „ewig gestrig“, „obskurantistisch“, „faschistisch“, wenn ich zu fragen wage,
ob Konventionen wirklich nur schädliche
Zwänge seien und nicht am Ende ein Notwendiges, eine Art Spiel-Raum, in dem der
Mensch sich verwirklicht. In Jahrtausenden
hat der Mensch sich in Übereinkünften und
25
175 jahre lio
Riten gegen die Dunkelheiten seines Inneren
gesichert. Kann man, darf man dies alles mit
einer Armbewegung hinwegwischen?“ (Dr.
Heribert Rück am 19.6.1969, Schularchiv VI4a,
Chronik 1961-1970)
Und hatten nicht beide recht? Und haben
sich nicht beide Sichtweisen inzwischen
durchgesetzt? Wie der Historiker Theodor
Schieder sagt: „Historisches Leben kann nur
als Mit- und Gegeneinander relativer Wahrheiten aufgefasst werden (.…)“.
1972 bis 2001
Die LIO als Gesamtschule oder:
Die Reformpolitik kehrt zurück
Zu Beginn der 70er Jahre nimmt die Entwicklung der Gießener Schullandschaft
eine grundlegende Wende, die Jahrzehnte
lang massiv umstritten sein sollte. Für die
LIO bedeutet das: Sie wird kooperative Gesamtschule, erhält einen Haupt- und Realschulzweig und muss die Klassen 5 und 6
an zwei Grundschulen (Pestalozzischule
und Ludwig-Uhland-Schule) abgeben, in
deren neu aufgebauten Förderstufen die
Kinder länger gemeinsam lernen sollen.
Gleichzeitig werden alle weiterführenden
Schulen in Stadt und Kreis Gießen als Gesamtschulen organisiert oder neu gegründet. Warum das?
• Ist es der wirtschaftliche Bedarf nach
mehr höher qualifiziertem Nachwuchs
(„Sputnikschock“, „Zweite Industrielle Revolution“, aufschreckende Prognosen der
OECD, „Bildungskatastrophe“)?
26
• Ist es das Bedürfnis weiterer Schichten
nach sozialem Aufstieg (“Schickt Eure Kinder länger auf bessere Schulen“)?
• Ist es der Wunsch nach mehr demokratischer Partizipation, Gerechtigkeit und
Chancengleichheit?
Symbol für alle drei Begründungen wird das
„katholische Arbeitermädchen vom Land“, in
dem sich die vielfältigen Benachteiligungen
spiegeln, die es aufzulösen gilt.
Nun hätte man vielleicht die gesuchten „Begabungsreserven“ auch im Rahmen des Bestehenden fördern können. Für die Gießener
Stadtväter und -mütter stellen sich aber auch
noch ganz andere Fragen:
• Wie schafft man die anstehenden Veränderungen mit möglichst effizienter Nutzung der vorhandenen (z.B. räumlichen,
aber auch finanziellen) Ressourcen?
• Wie lenkt man Schülerströme so, dass
nicht zu viele eine bestimmte Schule ansteuern und anderswo Schulraum leer
steht?
• Wie schafft man einen Ausgleich zwischen Stadt und Kreis, der die Schüler einigermaßen gleichmäßig verteilt?
Das Ergebnis solcher Erwägungen war der
„Gießener Schulkompromiss“: Alle (!) weiterführenden Schulen in Stadt und Kreis werden
in irgend einer Form Gesamtschulen. Dabei
ist die LIO in einer besonders misslichen Lage,
was ihre Leitung angeht: Der langjährige Direktor Heinrich Mentel geht 1972 in den Ru-
hestand und die Umwandlung muss 1972 bis
1974 ohne Schulleiter stattfinden. Bis dahin
haben sich im Kollegium Ängste verfestigt:
Man sei einer widrigen Politik ausgeliefert
und habe „politisch gesteuerte Stellenbesetzungen“ zu befürchten. Der erste Gesamtschulleiter, Joachim Wiemer, hält diese Stimmung nicht allzu lange aus: 1974 bis 1979,
dann geht er nach Darmstadt.
Ohne Schulleiter?
Dass die LIO 1972 nicht im Strudel der Entwicklung ins Trudeln gerät, verdankt sie nicht
zuletzt einem Mann, der als „Lotse zwischen
zwei Vakanzen“ in die Geschichte der Schule
eingegangen ist: Eugen Erbs, stellvertretender Schulleiter, der in souveräner Unauffälligkeit (manchmal auch polternd) die Klippen
der Umbruchphase umschifft. Es gilt, die
Schulleiter Walter Appenheimer im Jahr 1987
Aktuelle Ansicht von Haus C nach der Umgestaltung des Schulhofs in den Jahren 2010 und 2011
Oberstufe im Kurssystem neu zu organisieren, neue Kolleginnen und Kollegen aus dem
Haupt- und Realschulbereich organisatorisch
und menschlich zu integrieren, besorgte
Eltern zu beraten und insgesamt zwei Positionen, die des Schulleiters und die seines
Stellvertreters gleichzeitig auszufüllen. 1979
übernimmt er diese Doppelrolle erneut – fast
hätte man sich daran gewöhnen können. Als
1981 Walter Appenheimer das Ruder ergreift,
kann er eine wohlorganisierte Gesamtschule
übernehmen. Mit Walter Appenheimer hat
die LIO wieder einen Chef mit hohem Durchhaltevermögen: Er lenkt sie durch weite Strecken der Gesamtschulzeit hindurch.
Dr. Eugen Erbs im Jahr 1979
Daneben aber und gefördert durch die Existenzängste besonders bei den Gymnasien
taucht auch die LIO zeitweilig ein (oder unter?) in die politischen und gesellschaftlichen Grabenkämpfe der „68er“. Gegenseitige
Vorwürfe ideologischer Verblendung, wie sie
die politischen Debatten der Zeit prägen, machen auch vor dem Kollegium nicht halt:
• Ist ein Kommunist, wer vor den Gefahren
der Kernkraft warnt?
• Ist ein Reaktionär, wer den „Faust“ für unverzichtbar hält?
• Beeinträchtigt es die zarten Seelen Heranwachsender, wenn ihnen die Gefahren
der Umweltverschmutzung vor Augen
geführt werden?
Dass widerstrebende Auffassungen der Schule letztlich trotz alledem nutzbar gemacht
werden können, verdankt die LIO nicht zuletzt ihrem Schulleiter Walter Appenheimer,
der in sanfter Beharrlichkeit Widerstrebendes
zusammenführt, zarte Pflänzchen des pädagogischen Aufbruchs gießt, Bestehendes
fördernd auch umgestaltet und der Schule
einen langen Zeitraum personeller Kontinuität beschert. Hat er ein Leitbild? Vielleicht „e
pluribus unum“? Vielleicht Vertrauen auf den
langfristigen Sieg der Vernunft?
In seine Zeit fällt die bauliche Saturierung
der LIO durch das Haus C. In seine Zeit fallen 1997 auch die ersten Schritte zu einem
Schulprogramm, mit dem die Schule erstmals
aufgerufen ist, sich über ihre Arbeit und Zie27
175 jahre lio
Als Walter Appenheimer 1998 geht, folgt
ihm die erste Frau auf dem Leitungsposten:
Dr. Heidrun Sarges, die bereits über mehrere Jahre als Stellvertreterin in diese Aufgabe
hineingewachsen ist und von allen gewissermaßen als „natürliche“ Nachfolgerin gesehen wird.
2001 bis 2012
LIO als Gymnasium im Transformationsprozess
Schulleiterin Dr. Heidrun Sarges im Jahr 2007
le Rechenschaft zu geben. In seine Zeit fällt
die Ausgestaltung des Aufbruchs. Das symbolische „katholische Arbeitermädchen vom
Land“ ergreift seine Chance. Die Zahl der
Abiturientinnen steigt. Gegen Ende der 90er
Jahre machen an der LIO erstmals mehr Mädchen als Jungen Abitur.
Die Schulzweige bestehen allerdings eher nebeneinander. Der Gymnasialzweig ist bereits
von der Schülerzahl her derart dominierend,
dass böse Zungen die LIO als „Kryptogymnasium“ bezeichnen. In den 90er Jahren wird in
der Gesamtkonferenz ein Antrag gestellt und
beschlossen, zu Beginn jeder weiteren Konferenz einen Bericht zur Lage der Hauptschule
abzugeben.
28
Bereits im letzten Jahr Walter Appenheimers
beginnt die Auflösung der Gesamtschulkonstruktion der LIO mit ausgelagerten Förderstufen und dem Beginn ab der Stufe 7. Appenheimer gibt im LIO-Report 1997 einen Bericht aus
der Schulkonferenz über die Arbeit am Schulprogramm: Die mit dieser Besinnung auf die eigenen Arbeitsgrundlagen verbundene Grundsatzdiskussion hat rasch dazu geführt, dass (…)
auch der institutionelle Rahmen der Schule
in Frage gestellt wurde. (…) Eine knappe Zusammenfassung des Diskussionsstandes kann
feststellen, dass die kooperative (schulformbezogene) Struktur unserer Schule eine Grundlage ist, auf der alle oder fast alle weiter arbeiten
wollen. Allerdings setzt sich ganz deutlich die
Überzeugung durch, dass sich die Trennung
von Förderstufenklassen in benachbarten
Schulen und Klassen 7 bis 10 an der Liebigschule nicht mehr als glückliche Konstruktion
erweist. Die Unterrichtung von Schülern der
Klassen 5 bis 10 als Möglichkeit der kontinuierlichen Gestaltung eines Erziehungsprogramms
– wie es ja auch von anderen Giessener Schulen praktiziert wird – wird eindeutig bevorzugt
gegenüber einem unvermeidlichen Schul-
wechsel zwischen den Klassen 6 und 7. Viele
Eltern suchen früher die Schule für ihr Kind in
den Sekundarstufen 5 bis 10 und 11 bis 13.
Diese Vorstellung hat sich verbunden mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der
Förderstufe als einziger Zugangsmöglichkeit
zu den anschließenden Schulformen. Gesamtkonferenz und Schulkonferenz der Liebigschule fordern deshalb die Einrichtung
von schulformbezogenen Klassen 5 und 6 an
der Liebigschule.“ (LIO – Report 1997, S.5f )
Dieser zunächst wenig spektakulär wirkende
Wunsch hat weitreichende Folgen: Die LIO
hat keinen Raum für acht Gymnasialklassen
5/6. Woher also nehmen? Die Forderung
hätte wenig Wirkung gehabt, wäre sie nicht
eingebettet gewesen in eine schulpolitische
Situation, die auf eine Auflösung der Gesamtschulstruktur drängt. Wieder hat Gießen nach
30 Jahren eine massive Schuldebatte. Will
man „Schulvielfalt“? Will man unter diesem
Deckmantel die gesellschaftliche Entsolidarisierung? Kann man sich als LIO dem gymnasialen Sog der anderen Oberstufengymnasien ohne Verluste entziehen? Was ist der
Elternwille? Was ist und wie viel gilt der Schülerwille? Kann sich die „Raumfrage“ der LIO
lösen durch die Auslagerung des Haupt- und
Realschulzweiges? Könnte eine Konstruktion
von LIO I und II funktionieren? Soll es in Gießen wieder Haupt- und Realschulen geben?
Sind diese eine pädagogisch sinnvollere Einrichtung für Haupt- und Realschüler als die
Gesamtschule oder nur Abfallprodukt der
gymnasialen Wünsche?
Dr. Heidrun Sarges muss diese Kämpfe ausfechten; der Schulformwechsel mit seinen Begleiterscheinungen prägt weite Strecken ihrer
Leitungstätigkeit.
So stellt sie 2003 in der LIO-Festschrift zum
Gedenken an Liebig fest: „Der nach der Kommunalwahl neu zusammengesetzte Schulträger trug an die Schulen die Frage heran,
welche Schulform von den einzelnen Schulen gewünscht würde. Dies löste schulpolitische Kontroversen aus; schulintern begann
eine schwierige Diskussion über Schulformen
und die damit im Zusammenhang stehenden
Auswirkungen. (…) Schmerzlich war bei uns
diese Diskussion im Kreis des Kollegiums –
denn wir hatten lange zusammen gearbeitet,
waren zusammengewachsen und hatten für
vieles Lösungen gefunden. Die Schulformfrage wurde auf dieser Ebene auch eine Frage
der persönlichen Loyalität. Das Kollegium hat
sich nach langen Diskussionen schließlich mit
großer Mehrheit dafür ausgesprochen, eine
Umwandlung in ein Gymnasium, beginnend
mit Klasse 5, zu beantragen. Dabei wurde
ausdrücklich betont, dass die Zusagen des
Schulträgers, gut eingerichtete, selbstständige Haupt- und Realschulen einzurichten, für
diese Entscheidung eine unverzichtbare Voraussetzung darstellten…“. (Liebig-Festschrift
2003, S. 122)
Dass sich die Hoffnung auf einen Vorteil für
den Haupt- und Realschulzweig der LIO nicht
erfüllt hat, ist an dieser Stelle anzumerken –
die „Empörung der LIO-Gesamtkonferenz“
über den Schulentwicklungsplan, der statt
des gewünschten Schulverbundes zwischen
Gymnasium und H/R-Schule („LIO I und II“)
eine Auflösung des H/R-Zweiges verfügt,
geht ins Leere. Eine „LIO II“ gilt dem Schulträger als „finanziell nicht darstellbarer Traum“
(Giessener Allgemeine 28.11.2001). Ende einer alten LIO – Tradition?
Die Kämpfe im Zusammenhang mit dem
Schulformwechsel sollen aber nicht darüber
hinweg täuschen, dass in den 10 Jahren der
Leitungstätigkeit von Dr. Heidrun Sarges viel
frischer Wind in der LIO weht: Spanisch wird
weitere Fremdsprache, Französisch wird erste
Fremdsprache, Informatik wird Leistungsfach,
Berufsorientierung wird ausgebaut, Darstellendes Spiel wird Unterrichtsfach, Methodenlehrgänge („Lernen lernen“) finden statt,
Mediation (Konfliktlösungsstrategien für
Schüler) wird eingerichtet, und ein rasanter
„Umschlag“ des Kollegiums muss personalpolitisch begleitet werden – der Generationenwechsel im LIO – Kollegium bietet Chancen,
den Aufbruch zu gestalten. Der zunehmende
Nachmittagsunterricht erfordert den Bau einer Cafeteria. Die Tradition eines fulminanten
Schulfestes wird begonnen.
Insbesondere wird viel Energie in die Entwicklung eines ehrgeizigen Schulprogrammes gesteckt, das erstmals auf der Basis umfassender
Befragungen in der Schulgemeinde formuliert wird und das nach „Pisa-Schock“ und
„TIMMS-Studie“ zu Neuorientierung und Aufbruch in der LIO führt. Exemplarisch sei hier
aus den „Anregungen zur Schulentwicklung“
zitiert, die Themenvorgaben für die Arbeit im
Schuljahr 2002/3 bieten (Reihenfolge nach
den vom Kollegium gesetzten Prioritäten):
• Was sind / wie vermitteln wir „Schlüsselqualifikationen? (Wie fördern wir bei unseren Schülerinnen und Schülern selbstständiges Arbeiten / Kritisches Denken /
Fähigkeit zur Zusammenarbeit)
• Wie kommen wir zu mehr Kooperation im
Kollegium?
• „Allgemeinwissen“ – fast alle wollen mehr..
Was ein Absolvent / eine Absolventin unserer Schule wissen sollte. (Gibt es das?)
• (Wie) können wir unsere Schülerinnen
und Schüler stärker am Unterricht beteiligen?
• Die Lehrkraft zwischen Nothelfer und
Zensurbehörde – unser Selbstverständnis („Lehrerrolle“ auf dem Prüfstand der
Schulgemeinde)
• Unsere Schule zwischen „Anstalt“ und „Lebensraum“
• Wo sehen wir Möglichkeiten für fächerverbindendes Arbeiten und Denken?
• Wie machen wir uns „medienfit“ ? (Schularchiv, erstes Schulprogramm)
In dieser kleinen Auflistung wird deutlich, wohin Dr. Heidrun Sarges die Schule lenken will,
um den Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Gesellschaft Rechnung zu
tragen. Im Vorwort des ersten Schulprogrammes schreibt sie: „Nur die Identifikation mit
der Schule, die Bereitschaft zur Übernahme
von Verantwortung innerhalb des gemeinsamen Lebensraumes sowie Anstrengungsbereitschaft und persönliches Engagement
29
175 jahre lio
Die Entwicklung der Schule gestaltet sich auch
unter Dr. Carsten Scherließ weiter dynamisch.
Er ist der erste Schulleiter, der sich dezidiert
als „Teamplayer“ versteht: Erstmals wird konsequent die erweiterte Schulleitung in die
laufende Gestaltung der Schule einbezogen;
drei Aufgabenfeldleiter, zwei Koordinatoren
der Jahrgänge, die engere Schulleitung und
viele Kolleginnen und Kollegen, die zusätzliche Aufgaben übernommen haben, finden
kreative Antworten auf die schulpolitischen
Herausforderungen der Zeit. Um nur einige
dieser Herausforderungen zu nennen:
Blick in die Neue Cafeteria
können zur Verwirklichung und Weiterentwicklung dieses Programmes
beitragen“ (S. 5).
Diese Aufforderung gilt Lehrern,
Schülern und Eltern gleichermaßen
und schimmert auch als Leitbild der
„Chefin“ durch: Mit begeisterter und
begeisternder Skepsis zu neuen
Ufern. Die Schulgemeinde hat den
vorzeitigen Rückzug von Dr. Heidrun
Sarges sehr bedauert. Allerdings hat
sie rechtzeitig der Schulaufsicht einen Kandidaten für ihre Nachfolge
präsentiert, der die Schule in dem
begonnenen Sinne weiterführen
sollte: Dr. Carsten Scherließ.
Schulfest 2011
30
Schon kurz nach seinem Amtsantritt
formuliert die Schulgemeinde das
aktuelle Leitbild der Schule, das nun
den Eingangsbereich der LIO ziert.
• Kann das gemeinsame Leitungshandeln
des Schulleitungsteams die Leitungsstrukturen nachhaltig ändern – flache
Hierarchien schaffen, individuelle Kompetenzen nutzen, Aufgaben delegieren,
Verantwortung übertragen?
• Kann die Schule die Einrichtung der Schulinspektion positiv für sich nutzen?
• Wird sich die Einführung von Bildungsstandards und Kompetenzorientierung
förderlich auf die Gestaltung des Unterrichts auswirken?
• Wird die Schule bei 12 Schuljahren bleiben?
• Wie wird die Schule mit der Forderung
nach Inklusion umgehen?
• Wird der Status „Selbstständige Schule“
(ab 1. Februar 2012) positive Auswirkungen auf die Schulqualität haben?
Es gibt noch viel zu tun. Kann die LIO dabei
auf Traditionen aus der Geschichte zurück-
greifen? Oder gestalten wir bei aller
Ehrfurcht vor dem Werk vergangener Generationen heute eine völlig
neue Schule?
ler immer nur so viel Lehrstoff und
Denkarbeit zugemutet wird, wie er
gerade bewältigen kann.
Die Jugend soll bei der Gestaltung
Es gibt da doch so einiges:
ihrer Arbeit so weit wie möglich
• Wir haben 1837 angefangen
Freiheit haben und aus dem Erlebals eine von drei Modellschulen
nis der Freiheit die Verpflichtung in
im Großherzogtum Hessen –
das Leben mitnehmen, eigene InitiDarmstadt, wir waren ab 1952
ative zu entfalten und sich nicht um
beteiligt an dem Schulversuch
die Verantwortung für das gemeine
zur „Auflockerung der OberstuWohl herumzudrücken aus Faulheit,
fe“, der die LIO weit über Hessen
Gleichgültigkeit und was es auch imhinaus bekannt gemacht hat.
mer für Gründe dafür geben mag.
Messlatte für die LIO als eine der
Joachim Sieben, ständiger Stellvertreter; Dr. Carsten Scherließ, Schulleiter;
ersten „Selbstständigen Schulen“
Es geht darum, die herkömmlichen
Dr. Arne Hogrefe, Studienleiter
ab Februar 2012?
Unterrichtsformen so zu verändern,
• Der Gründungsauftrag war, Kindass diese Forderungen erfüllt werdern und Jugendlichen in Stadt und Land Was aber die innere Ausgestaltung der Schule den können.“ (Schularchiv VI 4a, 1951 – 1960)
eine schulische Chance zu geben, gerade angeht, so lohnt es sich durchaus, einen Blick
auch jenen aus Elternhäusern ohne for- zu werfen in die kleine Schrift, die Schulleiter Die „Bildungsstandards“ hätten das nicht besmale höhere Bildung - auch für die Zu- Dr. Wilhelm Flörke verfasst hat, als er nach sei- ser formulieren können.
kunft eine tragende Idee?
ner Pensionierung 1958 noch drei Jahre als
• Wir haben uns von Anfang an um die Leh- Studienleiter in der Internatsschule Schloss Also nur zu für die nächsten 25 Jahre!!
rerausbildung bemüht – ein Ansporn?
Salem tätig war: „Die Aufgabe, die der Schule
• Wir haben immer mit der Universität ko- heute gestellt ist, lautet: Erzieht die Jugend in
Dr. Ulrike Krautheim
operiert, seit unser erster Direktor Dr. Wil- einer Schule, in der sie lernt, selbständig zu
helm Braubach, ein Mitarbeiter der Brüder denken, in der sie an Eigentätigkeit gewöhnt
Grimm, die Schule übernommen und wird, in der man ihr nicht jede Mühe des SuLiebig, seinen Assistenten, zum ersten chens abnimmt, sondern es ihr im Gegenteil
Chemielehrer der Schule gemacht hat. zumutet, in der man sie auch ruhig mal einen
Es gab immer Kollegen, die neben ihrer falschen Weg verfolgen lässt, bis sie selbst das
Unterrichtstätigkeit in der Schule Lehrauf- merkt und nach Korrektur ausschaut, in der
träge an der Universität wahrnahmen und sie nicht dauernd gegängelt und ihr Weg mit
wissenschaftlich gearbeitet haben – eine „Verkehrsschildern“ ständig gesteuert wird, in
Tradition, die fortzuführen in aller Interes- der man sich abkehrt von der „Teelöffelchense ist?
und Häppchenmethode“, bei der dem Schü31
Schulinspektion 2009
Die Schwerpunkte der Liebigschule Gießen
Musik
atik Naturwissens
ch
af t
e
Schule mit Schwerpunkt Musik
n
nik
ch
e
T
Sport &
Gesundheit
MINT
Schulsportzentrum
Partnerschule des
Leistungssports
„Gesundheits
-fördernde Schule“
tik
o rm
Inf
MINT Exellence-Center
Junior-IngenieurAkademie Gießen
Ma
t
h
e
m
a
Fremdsprachen
CertiLingua-Schule
Comenius
32
+ individuelle Förderung
(z. B. Hochbegabtenförderung,
umfassendes Förderkonzept)
+Berufs- und Studienorientierung
Auszüge aus dem Bericht der Schulinspektion 2009
D
ie Liebigschule beeindruckt durch ein
breit gefächertes und klares Profil. Den
Schülerinnen und Schülern wird durch die
engagierte Arbeit der Lehrkräfte ein sehr vielfältiges Bildungs- und Erziehungsangebot
– insbesondere in den Bereichen Musik, Mathematik und Naturwissenschaften, Fremdsprachen und Sport – offeriert.
Die Schulleitung bindet sehr konsequent alle
Gruppen der Schulgemeinde im Sinne einer
„Lernenden Schule“ in die Weiterentwicklung
der Schule ein und sorgt für die Schaffung
konzeptioneller Arbeitsgrundlagen.
Unter Federführung des Schulleiters ist die
Arbeit des Schulleitungsteams in hohem
Maße von Engagement und Innovation sowie
Strukturiertheit und Partizipation geprägt.
Im Schulalltag zeigt sich ein ausgeprägt höfliches, wertschätzendes und offenes Miteinander der Schulgemeindemitglieder. Alle
Mitglieder der Schulgemeinde fühlen sich an
der Schule wohl und sicher.
Den Schülerinnen und Schülern wird in hohem Maße eine Verantwortungsübernahme
für ihre Schule ermöglicht.
In Wettbewerben und Landesprüfungen erzielen Schülerinnen und Schüler der Liebigschule kontinuierlich sehr gute Ergebnisse.
Die Schulleitung setzt verbindliche Vorgaben
unter Nutzung der schulischen Gestaltungsspielräume uneingeschränkt um.
Die Schulleitung ist sich ihrer Vorbildfunktion
bewusst und verleiht ihrer Wertschätzung
dem gesamten schulischen Personal sowie
den Schülerinnen und Schülern gegenüber
Ausdruck.
33
schwerpunkt musik
rigen Aussaat wurden sichtbar. Es gab mehrere gemeinsame Projekte mit der Kunstabteilung, und die Kammermusik wurde stärker
fokussiert. Dies führte bis zur Teilnahme eines
Streichquartettes mit Liebigschülern am Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Sogar ein
Oboentrio und ein Blockflötenquartett gehörten zu den Bundessiegern, und bis heute
sind die Teilnehmer der Liebigschule vor allem in den Regional- und Landeswettbewerben stark und erfolgreich vertreten.
Die musikalische Arbeit an der Liebigschule
M
usikunterricht, bestehend aus dem allgemeinen fachkundlichen Basisunterricht und den musikpraktischen Aktivitäten,
hat seit jeher an der Liebigschule einen großen Stellenwert. Bereits in den 50er Jahren
bestand ein Schulorchester, und der damalige Musiklehrer Alwin Krumscheit unternahm
Konzertreisen nach Spanien. Sein Nachfolger
Dieter Niedecken, der an der Schule von 19631990 wirkte und ihr seinen Stempel aufprägte,
weitete die Arbeit auf den chorischen Bereich
aus. Später gründete er das Vororchester und
nahm 1974 erneut die Spanienfahrten des
Orchesters auf. Er etablierte die regelmäßigen
Schulkonzerte (je eines pro Halbjahr), die Musikabende und die Auftritte bei besonderen
städtischen Veranstaltungen sowie die jährlichen Arbeitstage. Außerdem führte er einen
Geigen-Gruppenunterricht ein und begann
34
ein umfangreiches Leihinstrumentarium anzulegen. Zur Durchführung des Instrumentalunterrichts wurden zahlreiche Privatmusiklehrer und Musiker des Stadttheaters gewonnen.
Ein wesentlicher Aspekt der praktischen Arbeit
ist bis heute die klassische Ausrichtung der
Chor- und Orchesterarbeit. Höhepunkte dieser Entwicklung waren das Konzert zum 150.
Schuljubiläum im Jahre 1987, als gemeinsam
mit Chor und Orchester der (gleichaltrigen)
Herderschule die „Carmina Burana“ komplett
in der Orchesterversion gegeben wurden, und
schließlich das Abschiedskonzert für Dieter
Niedecken im Sommer 1990 mit dem ersten
Teil der „Schöpfung“ von Haydn.
Seit der Einrichtung des Kurssystems in der
Oberstufe im Jahr 1974 konnten auf Grund
der großen Zahl musizierender und begabter
Schüler seit 1975 durchgängig Leistungskurse eingerichtet werden, die sich wiederum
regelmäßig mit besonderen Konzerten und
Aufführungen hervortaten. Auch Schülerkompositionen wurden aufgeführt. Aus diesen Kursen sowie aus Orchester und Chor
sind seitdem eine Reihe von Berufsmusikern
hervorgegangen, die heute in deutschen
Orchestern sitzen, auf zahlreichen Bühnen
singen, Professoren und Dozenten für Musikwissenschaft sind oder als Musiklehrer
ihre Erfahrungen weitergeben. Dass auch die
Liebigschule selbst von dieser Tradition profitiert, zeigt sich daran, dass heute vier der hier
tätigen Musikpädagogen ehemalige Liebigschüler sind.
In den 90er Jahren erweiterte sich die Palette
des Musikangebotes, und Früchte der vorhe-
Sodann rückte die Bigband ins Licht der Öffentlichkeit. Nach einem kurzen Auftritt beim
Schulfest zum 150. Schuljubiläum 1987 begann im Jahr 1992 die kontinuierliche Arbeit
der LieBigBand, welche ein jährliches OpenAir-Konzert im Rahmen des „Musikalischen
Sommers auf dem Schiffenberg“ einschließt,
das sich mittlerweile zu einem Mega-Event
für Schüler, Eltern, Lehrer, Ehemalige und
Freunde entwickelt hat.
Schließlich wurde 1991 der Erweiterte Musikunterricht (EMu) eingeführt, in dem spezielle
Gruppen von begabten und musikinteressierten Schülern gebildet werden, die im Klassenmusizieren und durch eine starke Einbindung
in das musikalische Leben an der Schule besonders gefördert werden sollen. Das führte
im Jahr 2002 dazu, dass die Liebigschule zu
den ersten Schulen in Hessen gehörte, die
mit dem Prädikat „Schule mit musikalischem
Schwerpunkt“ ausgezeichnet wurden. Dieses
Zertifikat wurde im Jahr 2010 erneuert.
Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang die Kooperation mit der Musikschule
Gießen ein.
Gleichzeitig wurde die Einrichtung eines Förderkreises für die Musik an der Liebigschule
möglich. Durch die nun gezielte Förderung
der Wünsche und Bedürfnisse des Fachbereiches konnten weitere Instrumente angeschafft und das bestehende Instrumentarium besser
gepflegt werden. Heute verfügen wir über Geigen, Bratschen,
Celli und Kontrabässe in verschiedenen Größen, über Flöten,
Oboen, Klarinetten, Saxophone,
Fagotte, Hörner, Trompeten und
Posaunen, eine Tuba sowie ein
großes Arsenal an Perkussionsinstrumenten, die den Schülern zur
Verfügung gestellt werden.
Damit war nicht nur eine Erhöhung der Lehrerstunden verbunden, sondern auch eine rechtliche
Absicherung und dauerhafte Garantie der Durchführung. Seitdem
sind die Teilnehmerzahlen an den
Arbeitsgemeinschaften stark angestiegen. Heute gibt es drei Chöre (Klasse 5 – 6, Klasse 7 – 8, Klasse 9
– 13), das Vororchester, das Orchester, das Kammerorchester, die Bigband sowie Anfängergruppen im
Schwerpunkt z.B. für Streicher und
Bläser, eine Percussionsgruppe
und mehrere Gitarren-Spielkreise
und Tasten-AGs. Einen besonderen
35
schwerpunkt musik
Beflügelt von dem starken Engagement der Elternschaft und einer bemerkenswerten Unterstützung durch die Schulleitung konnten sich
die musikalischen Projekte der Musikabteilung
in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiter entwickeln. Im Jahr 2005 gab es zwei Aufführungen des vollständigen Oratoriums „Die
Schöpfung“. Das Orchester reiste bisher 14mal
nach Spanien, Höhepunkt war 2008 der Auftritt
auf der EXPO in Zaragoza. Der Besuch des spanischen Orchesters „Camerata San Nicolás“ aus
Zaragoza in Gießen im Juni 2010 begründete
eine neue hoffnungsvolle Verbindung.
Weitere Reisen führten das Orchester nach
Versailles sowie nach Colchester und Winchester. Der Chor reiste 1998 und 2000 nach
Neapel, Chöre und Orchester nahmen auch
verschiedentlich an den Landeskonzerten
„Schulen musizieren“ im Kurhaus in Wiesbaden teil; 2009 wurde der Chor dort außerdem
mit dem Sonderpreis „Klasse Klassik“ geehrt.
Heute wird die Musikabteilung in ihren verschiedenen Akzentuierungen repräsentiert
durch die Musiklehrer Dr. Jörg Abel (Orchester), Sabine Schuppe (Kammerorchester), Peter Schmitt und Hermann Wilhelmi (Chöre),
Jens Velten (Bigband) und Michael Zarniko
(Orchester + Bigband). Außerdem sind Lehrkräfte der Musikschule und verschiedene Gesangspädagogen an der umfangreichen Arbeit beteiligt, in der zum Jubiläumsjahr 2012
zwei Aufführungen der „Carmina Burana“ von
Carl Orff auf dem Programm stehen.
Dr. Jörg Abel
36
Und die Musik spielt dazu …
D
ie Berliner Philharmoniker haben einen
als Verein organisierten Freundeskreis,
auch die Alte Oper in Frankfurt und viele andere hochmögende Institutionen: Mit dem
Musikförderkreis der Liebigschule sind wir
in der allerbesten Gesellschaft. Die Berliner
haben Sir Simon, und wir haben Jörg Abel
und sein Kollegenteam. Sicherlich spielen
die Philharmoniker die Egmont-Ouvertüre
noch eine Spur perfekter als das Orchester
der Liebigschule. Aber beim Engagement,
da lässt sich gerade bei uns in der Provinz
keiner die Butter vom Brot nehmen!
Auch wir vom „Förderkreis für die Musikerziehung an der Liebigschule Gießen“ (für
Insider: „Förderkreis Lio-Musik“) machen im
Grunde nichts anderes als die Kolleginnen
und Kollegen in Berlin oder Frankfurt. Alle
fördern wir musikalische Aktivitäten, die
es ohne das ehrenamtliche und finanzielle
Engagement von Mitgliedern und Spendern so nicht geben würde. Wir sind nicht
die gute Fee, die alle Wünsche erfüllt ­- wir
können die Schule ja nicht aus ihrer eigenen
Verantwortung entlassen. Erst recht nicht,
wenn sie sich stolz „Schule mit Schwerpunkt Musik“ nennt. Doch wir tun, was wir
können, um auch künftig möglichst vielen
Schülern den Zugang zur Musik so weit
wie möglich zu ebnen, und nicht nur um
der Musik willen. „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“, dieser Satz kommt uns arg
pathetisch vor, aber das Sprichwort sagt ja
auch: „Böse Menschen haben keine Lieder.“
Als „die“ Schule mit Schwerpunkt Musik in
Gießen und darüber hinaus gilt die „Lio“
schon seit fast 40 Jahren. Ihre Konzerte sind
feste Größen im kulturellen Leben der Stadt.
Das musikalische Angebot der Liebigschule
ist so reichhaltig wie wohl an keiner anderen Schule in Gießen: Erweiterter Musikunterricht, Leistungskurse in der Oberstufe,
Streicher- und Bläser-Anfänger, Tasten-AG,
Vororchester, Kammermusik und Kammerorchester, „großes“ Orchester, Bigband
, Chöre… Und immer mal wieder dürfen
auch die „Ehemaligen“ zeigen, was sie noch
können, zuletzt im Januar diesen Jahres im
Stadttheater. Es ist überhaupt großartig, wie
hier über die Schülergenerationen hinweg
eine eigene Lio-Musik-Identität entstanden
ist, präsent selbst noch nach Jahrzehnten.
In der „Dreigroschenoper“ heißt es: „Doch
man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln
sieht man nicht“. Im Rampenlicht stehen die
Musiker. Wir vom Förderkreis verstehen uns
eher als die grauen Mäuse im Hintergrund.
Wir verwalten zunächst mal das Geld. Mitgliedsbeiträge, Konzerteinnahmen, Spenden, gelegentlich eine Zuwendung von
der Kultusministerin, das ist die bescheidene Habenseite. Die Sollseite dagegen ist
unendlich: Sie reicht von der Anschaffung
und Reparatur von Leihinstrumenten für die
Schüler über das Stimmen der Klaviere, Zuschüsse für Arbeitstage und die großen Reisen bis hin zur Übernahme der Fahrtkosten
für Auftritte in Frankfurt oder Wiesbaden.
In Erscheinung treten wir nur bei den Konzerten. Wir verkaufen Eintrittskarten und Sekt
(nur im Sommer!) und freuen uns, wenn mal
wieder die „gute Gesellschaft“ den Weg zu uns
gefunden hat. Dann gibt es aber auch Konzerte (meist in der so besinnlich-hektischen
Vorweihnachtszeit), bei denen es deutlich
munterer zugeht und man sich schon mal
fragt, ob nicht die Musiker etwas mehr Ruhe
verdienen würden. Den Tausenden bei den
Big-Band-Konzerten auf dem Schiffenberg
dagegen sieht man ihre Begeisterung gern
nach. Das bunte Leben: Die ganze Breite der
Schule spiegelt sich auch in ihrer Musik wider.
Am Ende helfen wir beim Aufräumen.
Vor Auftritten wünschen sich Musiker gern
„Hals- und Beinbruch“. Genau das wünschen
die Jungspunde vom Musikförderkreis mit
seiner gerade 10jährigen Geschichte unserer
alten Tante Lio. Sie wird uns alle überdauern.
Thomas Preuße
37
schwerpunkt musik
38
G i e SS e n - h i l f t - k o n z e r t 2 0 1 1
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G i e SS e n - h i l f t - k o n z e r t 2 0 1 2
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G i e SS e n - h i l f t - k o n z e r t 2 0 1 2
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43
schwerpunkt sport
te Sportklasse besuchen,
die neben der rein sportlichen Förderung auch
eine Vielzahl begleitender
pädagogischer Maßnahmen gewährleistet.
Zentrale Talentsichtung der Erstklässler
Schulsportzentrum Liebigschule – Breite und Spitze
D
ie Liebigschule ist das Schulsportzentrum der Region (SSZ), Schulfußball-,
Schulhandball- und Schulbasketballzentrum
und Partnerschule des Leistungssports. Diese
Auszeichnungen verpflichten die Liebigschule in besonderer Art und Weise, den Sport als
schulischen Schwerpunkt nach innen und außen zu vertreten.
Umfangreiches Angebot
Die Schule bietet zahlreiche Möglichkeiten,
Sport zu treiben. In der Sekundarstufe I findet
der Sportunterricht in den Jahrgangsstufen 5
bis 8 dreistündig statt. Zahlreiche AGs erweitern das freiwillige Angebot und lassen hinreichend Raum für persönliche Neigungen.
Der tägliche Pausensport für die Jahrgangsstufen 5 und 6, die feste Verankerung „beweg44
ter Unterrichtspausen“ in den Unterrichtsablauf und Sport-Sonderveranstaltungen wie
die Kinder-Olympiade, die Jahrgangsturniere,
die Bundesjugendspiele für alle Jahrgänge
der Mittelstufe, die Projektwoche mit sportlichem Schwerpunkt im Jahrgang 7 oder die
Teilnahme an den vielfältigen Wettbewerben
von „Jugend trainiert für Olympia“ sind weitere Indizien für den traditionell hohen Stellenwert des Sports an der Liebigschule.
Als Schulsportzentrum ist die Liebigschule
eingebunden in das Hessische Landesprogramm Talentsichtung - Talentförderung. Damit richten sich die Blicke zuerst nach außen,
in erster Linie auf die Zusammenarbeit mit
den kooperierenden Grundschulen und den
zahlreichen Sportvereinen der Stadt und der
Region. Die Mitwirkung und Präsenz des SSZ
bei einer Vielzahl öffentlicher Veranstaltungen
wie z.B. „Sport in der City“ ist daher selbstverständlich.
Die elementare Aufgabe des SSZ ist eine groß
angelegte Talentsichtung als Einstieg in eine
langjährige Sportförderung. Seit 2010 werden zentrale Talentsichtungen durchgeführt.
Nahezu 10000 Schülerinnen und Schüler der
ersten Klassen aus 13 Grundschulen wurden
seither zu dieser Sichtung eingeladen. An
zehn Stationen müssen Übungen zu den unterschiedlichsten motorischen Eigenschaften
möglichst erfolgreich absolviert werden, um
sich für einen Platz in einer der acht Talentaufbaugruppen (TAG) zu empfehlen.
Die Arbeit in den Talentaufbaugruppen umfasst die vier Grundschuljahre und wird von
erfahrenen Übungsleitern geleistet. Sie beinhaltet im Wesentlichen eine allgemeine
sportartübergreifende Ausbildung. Die Trainingsinhalte folgen dabei einem nach trainingsmethodischen Gesichtspunkten zusammengestellten Trainingskonzept.
Ein besonderer Höhepunkt der Trainingsarbeit ist der Talentwettbewerb für TAG-Kinder
der 4. Klassen.
Mit dem Ende der Grundschulzeit ist ein
Übergang in so genannte Talentfördergruppen (TFG) für die Jahrgänge 5 und 6 möglich.
Die Trainingsarbeit wird nun zunehmend
von Lehrertrainern geleistet, sie ist in hohem Maße sportartspezifisch und orientiert
sich an den vom SSZ angebotenen Schwerpunktsportarten Basketball, Handball, Fußball,
Leichtathletik, Rudern und Schwimmen.
Liebigschülerinnen und –schüler können ab
der 5. Klasse zudem die eigens eingerichte-
Ab der Jahrgangsstufe 7
findet eine Intensivierung
des Trainings in schulischen Leistungsgruppen
(LG) statt, die das eigentliche Vereinstraining unterstützen sollen.
Schülerinnen und Schüler der Liebigschule,
die das Förderprogramm ab der Sekundarstufe I durchlaufen haben, können sich diese
Stunden auf den Wahlunterricht der Klassen 8
und 9 anrechnen lassen. Sie werden dadurch
in diesen Jahrgangsstufen erheblich entlastet.
Wer Sport von der organisatorischen Seite, z.B. der
Planung und Durchführung
von Sportveranstaltungen,
oder als Übungsleiter kennen lernen möchte und das
15. Lebensjahr erreicht hat,
der kann sich an der Liebigschule seit dem Schuljahr
2010/11 zum Schülermentor oder zur Schülermentorin ausbilden lassen. Einige
Sportfachverbände erkennen diese Ausbildung als Teil
der Übungsleiterlizenz an.
Schülerinnen und Schüler, die Sport in Theorie und Praxis als einen ihrer Schwerpunkte
bis zum Abitur belegen möchten, können
dies in Orientierungskursen bzw. späteren
Leistungskursen tun.
Schulsport(-zentrum) - Highlights
Dem besonderen Engagement der Kolleginnen und der Kollegen des Fachbereichs Sport
und der Einsatzbereitschaft vieler Schülerinnen und Schüler ist es zu verdanken, dass
Sport an der Liebigschule tatsächlich mehr als
die Summe aller Unterrichtsstunden ist.
Regelmäßig nehmen Schülerinnen und Schüler, begleitet und angeleitet von Lehrerinnen
und Lehrern, an außerschulischen Wettbewerben und Events teil.
„Sport in der City“ ist nur ist nur ein Highlight im Sportkalender der Liebigschule. Die
Talentwettbewerb der 4. Klassen
45
schwerpunkt sport
Hradec Kralove oder organisierte eine Autogrammstunde mit Renate Lingor, Fußballweltmeisterin und Fußballbotschafterin für
die WM 2011 (unten links).
Zu diesem Engagement zählt auch die Unterzeichnung von Kooperationsvereinbarungen
der Stadt Gießen, dem Staatlichen Schulamt,
erfolgreicher Sportvereine und der Liebigschule als Partnerschule des Leistungssports.
Besonderer Höhepunkt des Jahres 2011 war
der Besuch von Handball-Bundestrainer Heiner Brand und Christian Schwarzer, die im
Rahmen ihres Projekts „Handball-Stars go
School“ ein „Feuer der Begeisterung“ an der
Liebigschule entfachten (unten rechts).
Auswahlmannschaft der Liebigschule in Tschechien
Kinder-Olympiade, Fußball-Wettbewerbe wie
der Regionalentscheid der Initiative SMOG
(Schule machen ohne Gewalt) oder die Starts
beim Gießen-Triathlon und Frankfurt MiniMarathon sind weitere Höhepunkte im Veranstaltungsreigen.
Die Liebigschule schlägt mit unterschiedlichen Initiativen immer wieder eine Brücke
zum Leistungssport. So startete eine Auswahlmannschaft aus Liebigschülerinnen und
-schülern erfolgreich für die Universitätsstadt
Gießen bei einem internationalen Sportwettkampf in der tschechischen Partnerstadt
Auf diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass aus den Reihen der Liebbigschüler zahlreiche Spitzensportler hervorgegangen sind.
Max Pfannmüller
Jonathan Koch
L i o - Sp i t z e n s po r t l e r :
Deutsche Meister, Nationalspieler,
Europa- und Weltmeister,
Olympiateilnehmer
Gerald Moos, Schulsportzentrum. Koordinator
Vladimir Bogojevic
Johannes
Lischka
46
Michael Koch
Gesche Schünemann
47
gesundheit
Kinder, die sich wohlfühlen, sind weniger gefährdet für Sucht und Gewalt. Vielfältige Projekte und Unterrichtsbausteine beschäftigen
sich mit diesem wichtigen Bereich. Aufgrund
dieser Aktivitäten konnte der Liebigschule
2009 auch das Teilzertifikat „Sucht- und Gewaltprävention“ überreicht werden. Auch das
Bemühen um die Gesundheit der Lehrerinnen
und Lehrer fand 2010 offiziell Anerkennung.
„Der Mensch ist, was er isst.“ – Dieses Zitat
macht darauf aufmerksam, dass auch die
Ernährung beim Wohlbefinden eine wichtige Rolle spielt. Das Ernährungsverhalten der
meisten Kinder wird zu Hause geprägt und
ausgebildet. Die Schule kann aber durch
ihre Angebote und durch die gezielte Verbraucherbildung dazu beitragen, dass auch
in diesem Bereich gute Voraussetzungen für
eine gesunde Lebensführung geschaffen
werden. An der Liebigschule ist derzeit ein
Arbeitskreis von einschlägig qualifizierten Eltern, Schülern, Lehrkräften und Schulleitung
damit befasst, vielfältige Aktivitäten im Bereich „Ernährungs- und Verbraucherbildung“
zu konzipieren, institutionell zu verankern
und zu optimieren. Auch hier wird die offizielle Anerkennung durch ein Zertifikat angestrebt. Damit hätte dann die Liebigschule
als eine der wenigen allgemeinbildenden
Gymnasien in Hessen das Gesamtzertifikat
„Gesundheitsfördernde Schule“, das ein umfassendes Programm der Gesundheitsförderung dokumentiert.
Renate Fritz
Gesundheit an der Liebigschule
I
m Alltag der Liebigschule wird der Gesundheit der ganzen Schulgemeinde ein zentraler Stellenwert beigemessen, was seit einigen
Jahren an vielen Stellen erkennbar ist. Unter
Gesundheit versteht man dabei nicht nur negativ die Abwesenheit von Krankheitssymptomen, sondern positiv das Wohlbefinden in
ganz unterschiedlichen Bereichen. Ein gesunder Mensch fühlt sich wohl, ist in sein Umfeld
integriert und verfügt über Ressourcen, die
ihm helfen, auch schwierige Situationen gut
zu überstehen. Die vielfältigen Faktoren, die
zur Gesundheitsentwicklung in diesem Sinne
beitragen, werden in dem Konzept der „Salutogenese“ erfasst.
48
Die gesundheitsorientierten Aktivitäten an
unserer Schule stehen auch im Zusammenhang mit einschlägigen Programmen auf
Landesebene. Im Hessischen Kultusministerium hat sich der Arbeitsbereich „Schule und
Gesundheit“ zum Ziel gesetzt, an den Schulen Initiativen für die Gesundheit aller an der
Schule Beteiligten zu fördern. Um die Aktivitäten in diesem Bereich auch nach außen sichtbar zu machen, werden die Schulen aufgefordert, sogenannte Teilzertifikate für Bereiche
der Gesundheitsförderung zu erwerben.
Die Liebigschule erhielt bereits im Jahr 2006
das Teilzertifikat „Bewegung und Wahrneh-
mung“, das dokumentiert, dass Bewegung
in vielfältiger Weise in den Schulalltag der
Liebigschule integriert ist, nicht nur im Sportunterricht. Bewegung ist ein zentraler Teil
menschlichen Daseins und spielt in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
eine bedeutende Rolle. Bewegung, Spiel und
Sport unterstützen das Wohlbefinden, fördern
das Lernen und stellen auch Ressourcen für
die Bewältigung von Krisensituationen bereit.
Auch eine gezielte Wahrnehmungsschulung
dient der Persönlichkeitsentwicklung und
leistet einen wichtigen Beitrag zum sozialen
Lernen. Hier wird auch die Verbindung zur
Sucht- und Gewaltprävention deutlich: Starke
49
schwerpunkt mint
Die Schülerinnen und Schüler erleben Naturwissenschaften mit Freude und Spaß. Dieser
motivierende Ansatz regt sie vielleicht sehr
viel langfristiger dazu an, sich an ihre Beobachtungen zu erinnern und noch einmal
darüber nachzudenken, als dies der normale
Unterricht erreichen kann.
Alle vier Wochen wird das Experimentieren
von Schülern des Wahlunterrichts der Einführungsphase übernommen. Miteinander Lernen kann so ausprobiert werden und alle für
die Naturwissenschaften begeistern.
AG Naturphänomene
Wer, wie was? – Wieso, weshalb, warum? (MINT)
D
as Aufgabenfeld III umfasst die sog.
MINT-Fächer Mathematik, Informatik sowie die klassischen drei Naturwissenschaften
Biologie, Chemie und Physik. Arbeitsgemeinschaften, Wahlunterricht, Wett­bewerbe und
andere außerunterrichtlichen Aktivitäten,
ergänzen den Unterricht und wecken das Interesse der Schülerinnen und Schüler für die
MINT-Fächer.
Versuch der Woche
Mittwoch, erste großen Pause: Eine große
Schar von Schülerinnen und Schülern der
Jahrgangsstufe 5 drängt sich vor der Tür zum
Chemie-Hörsaal, um einen der begehrten
Plätze in den ersten Reihen zu ergattern. Es
50
ist Zeit für den „Versuch der Woche“. Seit 2008
wechseln sich Biologie, Chemie und Physik
bei den Vorführungen wöchentlich ab.
Die Schülerinnen und Schüler haben sich im
Sachkundeunterricht der Grundschule schon
mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen
beschäftigt und haben in der Regel ein großes Interesse an Technik und Naturwissenschaften. Hier setzt der „Versuch der Woche“
an. Bei den Veranstaltungen werden den
Schülerinnen und Schülern attraktive naturwissenschaftliche Phänomene vorgeführt.
Hier eine kleine Auswahl von bereits gezeigten Versuchen:
• Mehlstaubexplosion
• Hölle der Gummibärchen
• leuchtende Essiggurken
• Wie kann man eine Kerzenflamme mit einer Plastikflasche „ausschießen“?
• eine Krötenwanderung hautnah miterleben.
Wieso fliegen Flugzeuge? Kann man im Weltall eine Explosion hören? Ist ein Ton im Wasser
lauter als in der Luft? Was brennt eigentlich
bei einer Kerze? Viele interessante Fragen aus
ganz verschiedenen Themenbereichen wie
Akustik, Magnetismus, Elektrizität, Kommunikationstechnik erwarten Schüler und Lehrer
in der AG Naturphänomene.
Die AG wird für die Schülerinnen und Schüler
der fünften Klassen angeboten. Den Schülern
wird Raum für das selbstständige Experimen-
tieren und Entdecken gegeben. Oft stehen
Fragestellungen aus der Umwelt der Kinder
am Anfang , die dann mithilfe vorgegebener
oder selbst geplanter Versuche beantwortet
werden sollen. Hierfür benutzen sie einfache,
haushaltsübliche Materialien: Beispielsweise
werden Boote aus Styropor mit Zahnpasta
oder Seife angetrieben und Filmdosenraketen steigen mit Backpulver auf. Zuhause können die Experimente dann nachgemacht und
oftmals sogar weiterentwickelt werden.
In Teamarbeit lernen die Schüler naturwissenschaftliche Arbeits- und Vorgehensweisen
kennen. Erfolgserlebnisse sind erwünscht.
MINT und JIA
Seit drei Jahren wird der naturwissenschaftliche Wahlunterricht in den Klassen 8 und 9
generell fächerübergreifend als MINT-Kurs organisiert. Der weitgehend projektartige und
handlungsorientierte Unterricht greift im 1.
Kursjahr die Fächer Biologie und Chemie auf
und im 2. Kursjahr die Fächer Physik und Informatik. Ein wesentliches Ziel ist das selbstständige Arbeiten. Exkursionen wie ein Besuch
bei der Feuerwehr oder eine Amphibien-/
Fledermauswanderung führen an außerschulische Lernorte.
Der Kurs bietet auch den Rahmen, um Wettbewerbsbeiträge anzufertigen, z.B. für den
Konstruktionswettbewerb der Ingenieurkammer Hessen.
Die Junior-Ingenieur-Akademie (JIA) ist
ein Modellprojekt, das die Deutsche-Telekom-Stiftung an verschiedenen Schulen in
Deutschland finanziell unterstützt. Durch fächerübergreifendes Arbeiten mit einem großen Praxisanteil und vielen Exkursionen sollen
Schülerinnen und Schüler die Arbeitswelt von
Ingenieuren und Wissenschaftlern kennen
lernen und für Forschung und Technologie
begeistert werden.
An der Liebigschule wird die JIA im Wahlunterricht 8/9 angeboten. Zentrale Themen
sind: Lebensmitteltechnologie und Gentechnologie aus den Bereichen Biologie und Che-
51
schwerpunkt mint
mie, Optik und Akustik aus der Physik und der
Medizin, sowie der Brückenbau aus den Bereichen Architektur und Bauingenieurswesen.
In allen vier Halbjahren bestehen enge Kooperationen zu Wissenschaft (JLU-Gießen,
THM) und Wirtschaft (PASCOE Naturmedizin,
Centrum für Humangenetik, Firma NeuSehLand. LTi Technologies).
Wettbewerbe
Es darf auch mal kreativ sein: Ein Rennen für
Fahrzeuge mit Mausefallenantrieb mit 40 Teilnehmern war einer der Programmpunkte des
Sommerfestes 2009. 2010 bestand die Aufgabe in der Konstruktion eines Fluggerätes, das
ohne Antrieb oder Auftrieb möglichst lange
in der Luft bleiben sollte. Ein besonders guter
Beitrag gelang einer Mädchengruppe aus der
damaligen 6E mit einem großen bespannten
„Foliensmiley“.
Mathematikwettbewerbe
Den Einstieg in die Teilnahme an Mathematikwettbewerben bildet an der Liebigschule seit
Jahren der Känguru-Wettbewerb mit seinen
ungewöhnlichen und kreativen Aufgaben.
Die Teilnahme ist für die 6. Klassen verbindlich. Aber auch die „Älteren“ kommen wieder.
Zwei Jahre in Folge konnte die Schule einen
Sonderpreis für besonders rege Teilnahme in
Empfang nehmen. Aber nicht nur die Teilnehmerzahl, sondern auch die erzielten Ergebnisse beeindrucken. Urkunden, Spiele, Bücher
und Experimentierkästen zum Weiterknobeln
und Forschen waren die Belohnung.
52
Eine Ebene höher ist die Mathematik-Olympiade anzusiedeln. Anstelle vieler kleiner Aufgaben sind hier vier umfangreiche Problemstellungen zu bearbeiten, wobei es besondes
auf Argumentieren und Begründen ankommt
Auch durch das Engagement der Lehrerinnen
und Lehrer nimmt eine steigende Zahl an
Schülerinnen und Schüler der Liebigschule
erfolgreich am Wettbewerb teil.
Besondere Leistungen
Zu diesen Leistungen in der Breite kommen
immer wieder Spitzenleistungen einzelner
Schülerinnen und Schüler.
2009 hat Philipp Risius als Mitglied des deutschen Nationalteams bei der Endrunde der
6. Internationalen Junior Science Olympiade
in Baku eine Silbermedaille erreicht. Die Aufgabenstellungen waren in Form und Inhalt
vielfältig und anspruchsvoll und reichten von
der Erdölgewinnung über die Embryonalentwicklung bis zur Funktion der Zirbeldrüse.
Philipps jüngster Erfolg war die erfolgreiche
Teilnahme an einem internationalen Vergleichstest zum Internationalen
Jahr der Chemie. Als Bester unter
mehr als 1600 Schülern konnte er
aus der Hand des Nobelpreisträgers Gerhard Ertl seine Auszeichnung in Empfang nehmen
Unsere Informatiker Lennart Dabelow, Nadine Lukaschik und
Moritz Rupp beteiligten sich 2010
erfolgreich am bundesweiten
Gruppenwettbewerb Intel® Leib-
niz Challenge. Sie hatten sich dabei mit dem
Thema „Chipdesign“ auseinanderzusetzen.
Stadt der Jungen Forscher
Das Jahr 2010 sah Gießen als „Stadt der jungen
Forscher“. An diesem von der Körber-Stiftung,
der Robert-Bosch-Stiftung und der DeutscheTelekom-Stiftung initiierten Wissenschaftsfestival war die Liebigschule mit vier Projekten beteiligt, deren Ergebnisse während der
Fachtagung „Keine Angst vor Wissenschaft“
und schließlich beim Abschlussfestival am Kirchenplatz mit großer Publikumsbeteiligung
präsentiert werden konnten.
Daniel Sieben und Niels Wagner aus dem damaligen 12er Physik-LK bauten in Kooperation mit der Abteilung für Ionentriebwerke des
I. Physikalischen Instituts der Justus-LiebigUniversität Gießen eine mobile Weltraumsimulationskammer, um die Funktionsfähigkeit
von Ionentriebwerken zu demonstrieren, die
in der Raumfahrt zum Manövrieren von Satelliten eingesetzt werden.
Max Weigel, Kjell Braden und Florian Brandherm aus den Informatik-Leistungskursen
untersuchten in Zusammenarbeit mit dem
Hochschulrechenzentrum der JLU die Möglichkeiten des Parallelen Rechnens am Beispiel des Raytracing. Dieses Verfahren wird
u.a. bei Filmen wie „Avatar“ genutzt.
Fiona Lüdecke und Katharina Czaja untersuchten mit Unterstützung durch das Institut
für Medizinische Physik und Strahlenschutz
der THM mit einem Hochfrequenzmessgerät
die Stärke der Funkstrahlung in ihrer Umgebung: Sendet das Handy stärker als der Funkmast nebenan oder ist es umgekehrt? Hängt
das auch vom Nutzerverhalten ab? Was bewirken die im Handel angepriesenen Mittel
zum Strahlenschutz?
Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern
untersuchte und untersucht in Kooperation mit dem Institut für Biologiedidaktik der
Justus-Liebig-Universität Gießen und dem
privaten Institut für Tierökologie und Naturbildung die Folgen einer Windhose, die
2008 im Philosophenwald eine Schneise der
Verwüstung hinterließ. Sie bestimmen nicht
nur die Anzahl und die Artenvielfalt der nachwachsenden Bäume sowie deren Wuchs,
sondern beobachten zudem das Konkurrenzverhalten der Pflanzen. Dabei kam neben Bestimmungsbüchern, Maßband und Luxmeter
auch modernste Technik zum Einsatz. .
Leitungsebene durch und bietet Unterstützung bei der Suche nach außerschulischen
Kontakten.
Ein Höhepunkt sind die MINT-Camps: Treffen
für Schülerinnen und Schüler der MINT-Schulen mit Workshops, Vorträgen und Besichtigungen. 2011 nahmen fünf unserer Schüler
an zwei Camps in Berlin teil.
Im Mai 2012 wird die Liebigschule das erste
mittelhessische MINT-Camp organisieren.
16 Gießener Schülerinnen und Schüler werden drei Tage lang fächerübergreifend am
Thema „Steuern und Regeln“ arbeiten. Im
Vordergrund des Camps steht das selbständige Erforschen und Experimentieren. Dazu
kommen Exkursionen zu einem Institut der
THM , einem Industriebetrieb (LTi) und eine
abschließende Fledermausexkursion zum
Schwanenteich.
MINT-EC - MINT-Camp
Seit 2010 ist die LIO Vollmitglied im MINT-EC.
Der MINT-EC (Verein mathematisch-naturwissenschaftlicher Excellence-Center an
Schulen e.V.) ist eine Arbeitgeberinitiative zur
Nachwuchsförderung in den MINT-Fächern.
Zugang zum MINT-EC-Netzwerk erhalten
Schulen über ein bundesweites Auswahlverfahren. Der Verein führt Veranstaltungen für
Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und die
53
lingua
aliena
MINTerdisziplinär
Seit 2009 lädt die Liebigschule Eltern, ehemalige Schüler und Freunde der Schule als Referenten zu MINT-Themen ein. Aufgrund ihrer
Berufserfahrung können sie nützliche Anregungen und Tipps weitergeben und zugleich
für die MINT-Fächer begeistern.
Den ersten Vortrag in dieser Reihe hielt 2009
Prof. Dr. Thoma vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) in Garching
bei München zum Thema „Physik der Schwerelosigkeit“. Ihm folgten Thomas Kupka von
der Firma NeuSehland zum Thema „Optik und
Hörakustik“, Dr. Wolfgang Lust (LTi-Technologies, Lahnau) zum Thema „Automatisierungstechnik und erneuerbare Energien“ und Prof.
Dr. Horst-Werner Korf (Universität Frankfurt)
zum Thema „Die innere Uhr des Menschen“.
Ausblicke
Für eine Schule in einer Universitätsstadt ist
die Universität ein geschätzter und unverzichtbarer Partner. Neben den hier geschilderten und bereits realisierten Projekten
starten derzeit Kooperationen im Bereich der
Biologie (Zusammenarbeit mit der HerrmannHoffmann-Akademie) und im Bereich der
Physik (Schülerlabor am Institut für Didaktik
der Physik). In beiden Institutionen konnten
Schülerinnen und Schüler der Liebigschule
unter qualifizierter Anleitung Erfahrungen
sammeln, die der schulische Rahmen nicht zu
bieten vermag.
Ulrich Fuchs, Leiter des Aufgabenfeldes III
54
Fremdsprache
F
lengua
estera
foreign
language
remdsprachen verändern uns in der
Welt. Fremdprachen öffnen Türen, die es
vorher nicht gab. Fremde Sprachen und das
damit einhergehende Verständnis für andere kulturelle Zusammenhänge sind heute in
der mobilen und globalen Gesellschaft von
großer Bedeutung.
Und weil Sprache nicht isoliert betrachtet
werden kann, bieten wir Austauschfahrten
an. Hier werden Fremdsprachenkenntnisse
verbessert und man lernt fremde Länder,
Menschen und Kulturen kennen. In England geht es traditionell an die County High
School in Colchester.
In der Liebigschule können Schülerinnen
und Schüler verschiedene Sprachen erlernen. Englisch – immer noch lingua franca –
„machen“ wir ab Klasse 5. Auch Französisch
wurde als erste Fremdsprache in den vergangenen zehn Jahren angeboten. Französisch
und Latein sind als zweite Fremdsprachen ab
Klasse 6 wählbar. Spanisch ist unsere dritte
Fremdsprache ab Klasse 8 im Wahlunterricht
oder mit dem Eintritt in die Oberstufe in der
Einführungsphase (früher hieß das Klasse 11
oder Obersekunda). Französisch und Latein
werden ebenfalls als dritte Fremdsprachen
ab Klasse 8 angeboten. Englisch und Französisch bieten zusätzlich bilingualen Unterricht
in bestimmten Jahrgangsstufen.
In Frankreich geht es nach Lyon, Le Mans,
Bordeaux, Avignon, La Réunion und andere
Schulen, mit denen wir zusammen in europäischen Projekten arbeiten. SpanischGruppen fahren nach Madrid oder in die
Nähe von Valencia (Alginet), und Rom ist
natürlich das große Ziel der Lateinklassen.
Durch unsere internationalen Kontakte
nach Italien, Schweden, der Schweiz, Indien
und seit neuestem auch China bietet die
Liebigschule Möglichkeiten zum Gedanken- und Informationsaustausch und in regelmäßigen Abständen auch die einer Reise
selbst.
In allen vier Fremdsprachen können an der
Liebigschule Fremdsprachenzertifikate erworben werden (Cambridge, DELF, DELE,
Latinum). Leistungskurse finden in Englisch,
Französisch und Latein statt.
fremdsprachen
langue
étrangère
Über die Friendshsip Connection können
wir jedes Jahr zahlreiche Plätze für einen
USA-Aufenthalt anbieten.
Einige unserer Schülerinnen und Schüler
absolvieren sogar ihr Betriebspraktikum in
England oder Frankreich.
Aufgrund dieser Angebote ist die Liebigschule vom Hessischen Kultusministerium
als CertiLingua-Schule anerkannt. Für mehrsprachige europäische und internationale
Kompetenzen können Abiturientinnen und
Abiturienten dieses Exzellenzlabel erlangen.
Um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeiten zu geben, Erfahrungen in internationaler projektbezogener Zusammenarbeit zu
sammeln, und um uns international im europäischen Raum weiter zu vernetzen, führen
wir Comenius-Projekte durch.
Zur Zeit arbeiten wir mit Schulen in Spanien,
Italien, Griechenland und der Türkei zusammen zum Thema »Youth Culture – Past and
Present«.
Das nächste Projekt ist in Vorbereitung und
wir hoffen, dass wir neben den bewährten
Partnerschulen noch weitere Partner in Frankreich, der Slowakei, Rumänien, Bulgarien und
Lettland gewinnen können.
Uwe Kraffert, Leiter des Aufgabenfeldes I
Youth Culture –
Past and Present
„Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es
sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu
erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu
lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr
lernen; in den Schulen weniger Lärm, Überdruss und unnütze Mühe herrschen …“
Johann Amos Comenius (1657)
Seit Oktober 2009 arbeitet die Liebigschule
zusammen mit vier Partnerschulen in Spanien, Italien, Griechenland und der Türkei
an einem gemeinsamen Projekt: der Erforschung und Präsentation von Jugend und
ihrer Kultur in den letzten 50 Jahren.
Sie drehen Filme, erstellen Präsentationen
auf dem PC oder auf Stellwänden oder sind
als Models in zeittypischer Kleidung unterwegs. Alles, um in unseren Partnerschulen zu
zeigen, wie das denn so gewesen sein könnte, früher als Jugendlicher in unserer Region.
Im Oktober 2011 reiste eine kleine Gruppe
nach Griechenland, nach Argalasti, um dort
Unserer Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase befragen Zeitzeugen, sammeln Materialien und stöbern in Archiven.
55
individuelle förderung
Im Oktober 2011 reist eine kleine Gruppe
nach Griechenland, nach Argalasti, um dort
Schülergruppen aus allen Partnerschulen zu
präsentieren, was sich in der Liebigschule in
den letzten 50 Jahren geändert hat. Und natürlich sahen sie, wie sich Schule in anderen
Ländern entwickelte.
Begabtenförderung an der Liebigschule
S
eit Sommer 2006 trägt die Liebigschule
das „Gütesiegel für Schulen, die hochbegabte Schülerinnen und Schüler besonders
fördern“, welches vom Kultusministerium
Hessen vergeben wird. Grundsätzlich sind
folgende zentrale Kriterien für eine Schule mit
diesem Siegel zu erfüllen: Kompetenz bei der
Identifizierung hochbegabter Schülerinnen
und Schüler, individuelle Förderung aller an
der Schule vorkommenden Ausprägungen
intellektueller Hochbegabung und Leistungsfähigkeiten, Beratung von Eltern zum Thema
Hochbegabung, Zusammenarbeit mit kompetenten außerschulischen Institutionen auf
dem Gebiet der Hochbegabung, regelmäßige Lehrerfortbildung zum Thema, Dokumentation und Evaluation aller Maßnahmen.
Unter der Anleitung von Dr. Ulrike Krautheim
durchstöberten sie das Schularchiv und fanden Fotos, Artikel und Statistiken, die bunte
Geschichten erzählten, vom neuen Schulgarten 1954, vom engen Schulhof 1980 oder von
Klassen mit 45 Schülerinnen und Schülern
und dass 1957 13% aller Schülerinnen und
Schüler im Zeugnis eine 5 in Mathematik hatten. Mädchen gab es übrigens erst ab 1954
an der LIO.
Im Mai 2012 kommen Schülergruppen aus
den Partnerschulen an die Liebigschule, um
sich hier über Bildungschancen und berufliche Möglichkeiten auszutauschen und um
mit uns das Jubiläum zu feiern.
Zwischen den Treffen dienen Internetforen
wie z.B. eTwinning oder Facebook als Kommunikationsplattformen. Videokonferenzen,
Blogs, E-Mails etc. sind weitere Möglichkeiten,
die wir zum Informationsaustausch nutzen.
Eine Projekt-Homepage ist in Arbeit. Die Projektsprache ist Englisch, mit einzelnen Schulen können Lehrer und Schüler sich auch in
Deutsch oder Spanisch verständigen.
Wir gehen auch davon aus, dass wir durch
dieses Projekt langfristige Schulpartnerschaf56
Konkret gestaltet sich die (Hoch-)Begabtenförderung an der Liebigschule wie folgt:
ten schaffen können, die der Kooperation,
dem Austausch, dem Bewusstsein und der
Mobilität in Europa dienen wird.
Comenius-Projekte werden von der Europäischen Union finanziell unterstützt.
Uwe Kraffert, Leiter des Aufgabenfeldes I
Aufgrund des breit gefächerten Angebots
der Schule, das sich bereits seit Jahrzehnten
bewährt hat (z.B. Schule mit Schwerpunkt
Musik, Schulsportzentrum und Partnerschule
des Leistungssports, MINT-EC-Schule, differenziertes Fremdsprachenangebot mit bilingualen Modulen, CertiLingua), herrscht an
der Liebigschule ohnehin ein Klima, das es
interessierten und (hoch-)begabten Schüle-
rinnen und Schülern leicht macht und nahe
legt, zusätzliche Angebote besonderer Art
wahrzunehmen.
Der Schwerpunkt des schuleigenen (Hoch-)
Begabtenförderkonzepts liegt jedoch auf binnendifferenzierenden Maßnahmen im Regelunterricht. Eine solche Förderung wird in allen
Fächern von allen Kollegen angestrebt und
kann den Unterricht für die gesamte Lerngruppe bereichern. Je nach Interessen des
Kindes und in Absprache mit ihm werden die
Kollegen tätig und vergeben zusätzliche Aufgaben, Projekte etc. Darüber hinaus werden
jedoch regelmäßig, je nach den individuellen
Bedürfnissen einzelner Schüler, Maßnahmen
wie das Überspringen von Klassen, extra eingerichtete Zusatzangebote sowie das Vermitteln außerschulischer Fördermaßnahmen
durchgeführt. Diese Angebote sind weit gestreut (Exkursion im Rahmen eines eintägigen
Pull-out-Programms, Kooperation mit der
Universität, Ferienakademien, Studientage,
unterschiedliche Angebote unterschiedlicher
Stiftungen usw.).
Die seit drei Jahren regelmäßig durchgeführten Ausflüge (sogenannte Pull-out-Programme) für begabte Schülerinnen und Schüler
der Sekundarstufe I führten ins Liebieghaus
nach Frankfurt in die Ausstellung „Bunte
Götter“, zur ESOC nach Darmstadt sowie zur
Phæno in Wolfsburg und wurden von den
TeilnehmerInnen nicht zuletzt aufgrund der
Tatsache, „mit Gleichgesinnten unterwegs
gewe­sen zu sein“, begeistert aufgenommen.
Mir, als der mit Aufgabe „Begabtenförderung“
betrauten Kollegin, obliegt es, Eltern und
Schüler zu beraten, Vortragseinladungen und
Fortbildungen des Kollegiums zum Thema
Hochbegabung zu organisieren sowie auf
Konferenzen zum Thema zu informieren und
Sonderveranstaltungen für Schüler anzubieten.
Immer öfter kommt es inzwischen vor, dass
Eltern uns (zuweilen auch schon vor der Einschulung ihres Kindes bei uns) auf die bereits
diagnostizierte Hochbegabung des Kindes
ansprechen bzw. uns darüber informieren.
Bei Fragestellungen, die über schulische Belange und Zuständigkeiten hinausgehen, verweisen wir an das Staatliche Schulamt sowie
die Beratungsstelle BRAIN in Marburg.
Tanja Schmidt
57
individuelle förderung
Förderunterricht an der Liebigschule
D
ie Liebigschule bemüht sich seit einigen
Jahren mit einem besonders schülernahen Förderkonzept, den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht
zu werden. Das Förderprogramm der Schule
umfasst verschiedene Bereiche.
In dem Projekt „Schüler helfen Schülern“ bieten
Oberstufenschülerinnen und -schüler gegen
einen geringen Betrag Einzelnachhilfe vor allem für Mittelstufenschüler an. Geboren wurde
dieses Projekt zu der Zeit, als die Liebigschule
noch Gesamtschule war. Neben dem Förderaspekt liegt der Fokus besonders auf dem Miteinander innerhalb der Schülerschaft. Gleichzeitig stellt dieses Projekt eine Alternative zu
den teuren gewerblichen Angeboten dar.
Seither nutzen viele Schülerinnen und Schüler
diese Möglichkeit, um gemeinsam Arbeiten
vorzubereiten, schwierige Themen zu wiederholen oder um einfach ganz ungehemmt
nachfragen zu können. Viele „Nachhilfelehrer“
der Oberstufe fiebern vor Klassenarbeiten mit
ihren Schützlingen mit und freuen sich, wenn
die gemeinsame Arbeit erfolgreich war.
Parallel zu dem Projekt „Schüler helfen Schülern“ bietet die Liebigschule im Rahmen der
Nachmittagsbetreuung einen kostenlosen
Förderunterricht in der Lernwerkstatt an. Hier
haben Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 – 7 die Möglichkeit, in Kleingruppen
von 3 -5 Schülern zu arbeiten. Diese Gruppen
werden von Oberstufenschülern unterrichtet,
die für ihre Aufgaben angeleitet werden. Unterrichtet werden alle Hauptfächer (Deutsch,
Mathematik, Sprachen). In entspannter Atmosphäre kann gemeinsam mit anderen daran
gearbeitet werden, Defizite abzubauen und
Methoden zu erkennen, wie man selbstständig lernen kann. In den freundlichen Räumen
der Lernwerkstatt, die auch über das notwendige Zusatzmaterial zu den Lehrwerken verfügt, arbeiten jeden Nachmittag zahlreiche
Gruppen nebeneinander.
Als Ergänzung zu dieser Förderung besteht
die Möglichkeit, an der von der Liebigschule
seit einigen Jahren durchgeführten Osteroder Sommerschule teilzunehmen. Hier wird
in zwei Ferienwochen vormittags, ebenfalls
unter Mitarbeit der Oberstufe, gelernt, aber
innerhalb der Betreuungszeit auch gespielt
und gemeinsam gefrühstückt. Die Osterund Sommerschule soll dazu beitragen, dass
Schülerinnen und Schüler, die in einzelnen
Fächern Probleme haben, das Schuljahr doch
noch erfolgreich absolvieren beziehungsweise mit guten Kenntnissen in das neue Schuljahr starten können.
Die Fördermaßnahmen der Liebigschule sind
darauf ausgerichtet, die Schulatmosphäre
positiv zu beeinflussen, den Gemeinschaftssinn zu stärken und allen Schülerinnen und
Schülern das Gefühl zu geben, dass ihre persönlichen Bedürfnisse für eine erfolgreiche
Schullaufbahn berücksichtigt werden.
Claudia Reinhardt und Martina Münke
58
den die Betreuer erfreulicherweise von Thaddäus Käufer unterstützt, der sein freiwilliges
soziales Jahr an der Liebigschule absolviert.
Die Nachmittagsbetreuung
L
ebhaftes Treiben vor der Mittelstufenbibliothek im Haus A der Liebigschule. Es ist
13 Uhr. Rund 60 Schüler und Schülerinnen
treffen sich vor der Bibliothek, um von dort
den Weg in die Cafeteria anzutreten. Hier beginnt mit dem gemeinsamen Mittagessen die
Nachmittagsbetreuung.
Für den Nachmittag stehen für die Kinder sehr
unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten
auf dem Programm. Dafür sorgt ein breites
Angebot an Arbeitsgemeinschaften (AGs)
aus den Bereichen Musik (Tasten-AG, Chor,
Percussion-AG), Sport (Fußball, Tischtennis,
Handball) Naturwissenschaften (Naturphänomene, Mathe-AG) und Kunst. Diese Angebote
erfreuen sich großer Beliebtheit.
Wie sieht ein Nachmittag in der Betreuung
aus? Nach dem gemeinsam eingenommenen Mittagessen gehen einige Schülerinnen
und Schüler in eine der genannten AGs, wobei für alle in der Zeit der
Nachmittagsbetreuung die
Möglichkeit besteht, ihre
Hausaufgaben zu erledigen,
sich auf anstehende Klassenarbeiten vorzubereiten
oder Unterrichtsinhalte zu
vertiefen.
Bereits seit dem Schuljahr 2002/2003 besteht für die Schülerinnen und Schüler der
Jahrgangsstufen 5 und 6 die Möglichkeit,
das Angebot der Nachmittagsbetreuung von
montags bis freitags (13 bis 15 Uhr) zu nutzen. Nach der Hausaufgabenzeit sorgt eine
abwechslungsreiche Palette an Spielen für
Spaß, Bewegung und Entspannung. Darüber hinaus finden das Lesen in der Bibliothek
sowie die Nutzung des Bewegungsangebotes in der Sporthalle großen Anklang. Für
die Liebigschule, die sich auf ihrem Weg zur
Ganztagschule befindet, ist das Angebot der
Nachmittagsbetreuung
richtungweisend.
Das Betreuungsteam freut sich über den regen Zuspruch und die weitere konstruktive
Arbeit mit den Schülern der Liebigschule.
Beate Brunkau
Hierfür steht ein engagiertes
Team, bestehend aus Oberstufenschülern und -schülerinnen sowie Lehrkräften, zur
Verfügung. Momentan wer59
studien- & berufsorientierung
Studien- und Berufsorientierung – ein vielfältiges Angebot
A
bitur – und was dann? Spätestens mit
dem erfolgreichen Abschluss der Prüfungen werden alle Abiturienten mit dieser Frage
konfrontiert. Aber weshalb ein eigenes Angebot in der Schule? Es bestehen doch durch
neue Medien wie das Internet bereits zahlreiche Informationsmöglichkeiten in dieser
Richtung. Und auch die Bundesagentur für
Arbeit, Universitäten und Fachhochschulen
bieten vielseitige Beratungsleistungen.
Die Begründung für ein eigenes Beratungsund Informationsangebot in der Schule
liegt im Umfang und in der Komplexität des
Themas. Die Arbeits- und Berufswelt befin-
60
det sich in einem Prozess des permanenten
Wandels. Zudem vollziehen sich Veränderungen der Berufe in Zeiten der weltweiten
Globalisierung und des damit einhergehenden wirtschaftlichen Strukturwandels immer
schneller. Gänzlich neue Ausbildungs- und
Studienmöglichkeiten entstehen, beispielsweise die im Hochschulbereich europaweite
Angleichung aller Studiengänge an Bachelor- und Masterabschlüsse. Klassische handwerkliche, technische und kaufmännische
Berufsausbildungen können zusätzlich mit
Hochschulabschlüssen kombiniert werden.
Spezifische betriebliche Ausbildungen gewinnen immer größere Bedeutung. Diese zu-
nehmende Zahl an beruflichen Perspektiven
eröffnet unseren Schulabgängern im Jahre
2012 und den folgenden Jahrgängen zahlreiche Chancen und Möglichkeiten. Zudem
kann mit Sicherheit vorausgesagt werden,
dass die Berufswahl heute nicht mehr automatisch eine Entscheidung und somit Festlegung für das ganze Leben bedeutet.
Gleichzeitig erwächst aus der Fülle und Vielzahl an beruflichen Angeboten und Studienmöglichkeiten ein Bedarf an Information und
Orientierung. An diesem Punkt setzt die Konzeption der Studien- und Berufsorientierung
der Liebigschule an.
Zielgruppe sind vorrangig Schülerinnen und
Schüler der Einführungs- und Qualifikationsphase. Selbstverständlich können jedoch
auch Interessenten aus der Mittelstufe die
Informations- und Beratungsangebote wahrnehmen. Eine erste konkrete Auseinandersetzung der Jugendlichen mit der Thematik
Studien- und Berufsorientierung findet mit
dem „Girls‘ Day“ bzw. Aktionstag „Neue Wege
für Jungen“ zur Berufsorientierung in der 7.
Klasse statt. Begleitend zum Politik- und Wirtschaftsunterricht beginnen die Schülerinnen
und Schüler in der Jahrgangsstufe 8 damit,
ihre Praktikumsbetriebe selbst auszusuchen,
sich zu bewerben und ggf. bereits erste Vorstellungsgespräche zu führen. Fächerübergreifend (im Fach Deutsch) verfassen die
Schülerinnen und Schüler Anschreiben und
Lebensläufe.
Mit dem obligatorischen zweiwöchigen Betriebspraktikum der Jahrgangsstufe 9 findet
schließlich eine vertiefte, reale Begegnung
mit der Arbeits- und Berufswelt statt. Dieses
Praktikum dient gleichermaßen zwei Zielen: Zum einen steht mit dem temporären
Verlassen des Lernortes Schule die allgemeine Erkundung der Arbeits- und Berufswelt im Vordergrund. Darüber hinaus sollen
erste persönliche berufliche Vorstellungen
und Erwartungen formuliert, bestärkt oder
ggf. korrigiert werden. Mit dem Eintritt in
die Oberstufe und dem Erreichen der Einführungsphase bieten sich im Rahmen weiterer Praktika zusätzliche Möglichkeiten,
Einblick in Berufe und Arbeitsabläufe zu
erhalten.
Beide Praktika der Einführungsphase (fakultativ) und Qualifikationsphase (obligatorisch)
haben als Besonderheit die jeweilige Terminierung vor den Sommer- und Herbstferien.
Somit bietet sich eine Verlängerung auf einen
Gesamtzeitraum von maximal sieben bzw.
drei Wochen an. Bei der Wahl des Praktikumsplatzes bestehen keine regionalen Einschränkungen - somit sind Praktika weltweit möglich. Die Begleitung und Reflexion ist dabei
integriert in den Unterricht im Fach Politik
und Wirtschaft in den jeweiligen Grund- und
Leistungskursen.
Jeweils zum Halbjahreswechsel bieten Fachhochschulen und Universitäten sog. „Hochschulinformationstage“ an. Dabei erhalten
Schülerinnen und Schüler der beiden Abschlussjahrgänge (Qualifikationsphase) einen
zweitägigen Einblick in den Vorlesungs- und
Lehrbetrieb sowie in Forschungseinrichtungen und -projekte. Das Spektrum an Studienfächern und -möglichkeiten ist sehr vielfältig
und umfangreich, gleichzeitig findet ein enger Kontakt mit Studierenden statt. Für diesen
zentralen Baustein der Studien- und Berufswahl werden die Schülerinnen und Schüler
vom Unterricht freigestellt und wählen die
Veranstaltungen nach ihren Wünschen und
Neigungen selbst aus.
Zum festen Bestandteil der Konzeption gehört zudem das Angebot einer regelmäßigen
Sprechstunde der Bundesagentur für Arbeit
an unserer Schule. Speziell ausgebildete Berater stehen monatlich einen Vormittag lang für
alle Anliegen um die Studien- und Berufswahl
zur Verfügung. Dazu gehören auch: Fragen
nach Förderungsmöglichkeiten im Studium
(BAföG), freiwilligen und sozialen Tätigkeiten
(Bundesfreiwilligendienst).
Ergänzend dazu wird seitens der Liebigschule
ein zusätzliches individuelles Beratungsangebot mit einem permanenten Ansprechpartner bereitgestellt. Sämtliche aktuellen Fragen
zum Ablauf der Praktika und zum Bewerbungsverfahren allgemein können geklärt
werden. Die Jugendlichen haben eine feste
Kontaktperson für diesen wichtigen Bereich
und erhalten wertvolle Tipps und Informationen, z.B. bei der Vermittlung von Praktikumsplätzen oder Literatur zur Berufswahl. Dazu
gehört ebenfalls die Veröffentlichung und
Weitergabe zahlreicher Informationen (beispielsweise über Ausbildungsplatzangebote,
Tage der offenen Tür, Workshops zur Berufsorientierung usw.) aus den Betrieben und
Hochschulen. Zentraler „Informationsknoten“
für alle Printmedien ist hierzu die Informationswand im Oberstufenraum sowie die Internetpräsenz der Schule.
In diesen Bereich der freiwilligen zusätzlichen Angebote fällt auch die Teilnahme an
Angeboten und Wettbewerben wie beispielsweise „Schüler im Chefsessel“ oder
„Young Leaders“. Mehrfach haben bereits
Schülerinnen und Schüler der Liebigschule
sehr erfolgreich daran teilgenommen. Beide Projekte sollen exemplarisch die Vielzahl
an Möglichkeiten verdeutlichen, die sich auf
dem Feld der Studien- und Berufsorientierung bieten!
61
studien- & berufsorientierung
überregional bedeutenden Handelskonzernes) sowie die Berufsbilder Pilot und Fluggerätemechaniker beim Luftwaffenstützpunkt
in Büchel/ Eifel. Über die Möglichkeiten zum
Einsatz in der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit informierte eine Exkursion
nach Bonn zum Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Organisationsbedingt werden diese
Veranstaltungen auch jahrgangsübergreifend
durchgeführt und im Unterricht vorbereitet
und ausgewertet.
Begleitend zu diesem Informationsangebot
finden jährlich wechselnde Vortragsreihen
und Berufsorientierungstage für alle Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase
statt. Hierzu werden Experten und Repräsentanten unterschiedlicher Fachrichtungen aus
Forschung und Lehre, Wirtschaft und sozialen
Dienstleistungen für einen Tag an die Liebigschule eingeladen. In diesem Rahmen führen
Schülergruppen auch Bewerbungstrainings
und Teile eines Auswahlverfahrens (sog. „Assessment Center“) mit Experten durch.
Auch wenn an dieser Stelle nur ein kleiner
Ausschnitt aus der Vielfalt der Ausbildungsund Studienmöglichkeiten vorgestellt werden kann, vermitteln diese Aktionstage
eine nachhaltige Auseinandersetzung der
Schülerinnen und Schüler über berufliche
Perspektiven für die Zukunft nach dem
62
Schulabschluss. Weitere Begegnungen mit
personalverantwortlichen Entscheidungsträgern auf lokaler Ebene werden durch die
Teilnahme an der lokalen Ausbildungs- und
Berufsmesse „Chance“ sowie an der von den
Rotary-Clubs Gießen organisierten Veranstaltung „Schüler fragen - Profis antworten“
geboten.
Außerschulisches Lernen in Verbindung mit
dem Themenkomplex Arbeits- und Berufswelt findet zudem nicht nur während der
Praktika statt, sondern auch im Rahmen von
Betriebserkundungen und berufsbezogenen
Exkursionen. Hierbei bieten sich zusätzliche
Einblicke über Betriebsabläufe in ausgewählten Berufen. Beispiele hierfür sind durchgeführte Unternehmenserkundungen im Wirtschaftszweig Einzelhandel/ „StudiumPlus“
(Regionaldirektion und Zentrallager eines
Besonders erwähnenswert ist die seit dem
Jahr 2010 zwischen der Liebigschule und
NeuSehLand (Optik und Hörakustik) bestehende Partnerschaft „Schule-Wirtschaft“. Sie
sieht eine vertiefte und kontinuierliche Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Schulpraktika und Unternehmenserkundungen
vor. Um sich in die Rolle als Auszubildende
bei NeuSehLand hineinversetzen zu können,
haben drei Lehrkräfte der Liebigschule für
zwei Tage den Klassenraum mit Ausbildungswerkstatt und Verkaufsraum veretauscht – ein
eindrucksvolles und nachhaltiges Erlebnis!
Allen Schülerinnen und Schülern bleibt zu
wünschen, ihre persönliche Studien- und
Berufswahl als große Chance zur Gestaltung
der eigenen Biographie zu verstehen und sie
positiv engagiert zu gestalten. Seitens der
Liebigschule wird dieser Prozess durch das
vielfältige Angebot aktiv unterstützt und begleitet werden.
Martin Bromm
Exkursionen in die Welt der Forschung
D
er Bedarf an Fachkräften in Naturwissenschaften und Technik war und ist hoch,
die Zukunftsaussichten für Absolventen sind
gut. Der Fachbereich Physik der Justus-LiebigUniversität musste Ende der neunziger Jahre
einen starken Rückgang der Studienanfänger
verzeichnen, an anderen Studienorten war
das nicht anders. Universität und Technische
Hochschule stellten darauf einen intensiven
Kontakt zu den weiterführenden Schulen her.
So entstand zum Beispiel die noch heute äußerst populäre und erfolgreiche Vortragsreihe
„Physik im Blick“. Seit dieser Zeit werden auch
Projektwochen für Physikkurse der Oberstufe
angeboten, die meist von Leistungskursen
besucht werden. Die Zwölftklässler werden
für eine Woche vom Unterricht freigestellt
und können sich ganz der Physik widmen. Sie
hören Vorlesungen, arbeiten mit Professoren
und Studenten an verschiedenen Projekten
und können selbst experimentieren. Auf diese Weise betreiben Hochschule und Schule
gemeinsam Nachwuchsförderung, die sich
auszahlt. Die Schüler, vor Beginn bezüglich
ihrer Begabungen vielleicht noch ein wenig
verunsichert, fühlen sich durch die Praktikumswoche enorm aufgewertet. Denn am
Institut werden sie bereits wie Studenten
empfangen, angesprochen und auch betreut.
Dabei erhalten sie Einblick in die Forschung
und erkennen, wofür sie in der Schule lernen,
denn im Unterricht kann die Verbindung zwischen Theorie und Praxis nicht immer klar gemacht werden.
Eine Bildunterschrift im Gießener Anzeiger
anlässlich eines Berichts über unser Kernphysik-Praktikum bei Dr. Novotny im II. Physikalischen Institut lautete: „Der Kick in Physik: Mit
den Geräten der Universität ergibt sich für
Schüler ein ganz anderer Zugang zum Stoff.“
Hier durften sie in Kleingruppen Spektren aufnehmen, Detektoren basteln und vieles mehr.
Für die Gastgeber bedeutet das einen ganzen
Tag Intensivbetreuung, echte Mehrarbeit, die
neben Forschung, Seminaren, Telefonaten,
Prüfungen und vielem mehr geleistet werden
muss. Die Praktikanten dagegen müssen sich
blitzschnell auf eine völlig neue Lernsituation in einer fremden Umgebung mit teurer
Ausrüstung umstellen. Es ist erstaunlich zu
beobachten, wie Zweiergruppen einen Tag
damit verbringen, in der Kernphysik ein Spektrometer zu eichen, um danach eine einzige
Messung durchzuführen. Hier erkennt man
als Lehrer Leistungspotentiale, die im Unterricht niemals ausgeschöpft werden, kann den
einen oder anderen fördern und bezüglich
seiner Studienwahl beraten.
Der Besuch eines Forschungslaboratoriums stellt eine neue Erfahrungsebene eines
vertrauten Schulfaches dar. Alleine die Apparaturen belegen eindrucksvoll jenes Spezialwissen, das eine Universität auch gegenüber Forschungseinrichtungen der Industrie
auszeichnet. Folgende Aussage stammt aus
einem Schülerbericht über die Projektwoche
Licht und Farbe am I. Physikalischen Institut
bei Prof. Hofmann und Dr. Hofstaetter: „Wir
waren von der anfänglichen Verständlichkeit
sogar ein wenig überrascht und waren froh,
63
angebote
etwas über Physik zu hören, was keinem Lehrplan entsprungen ist.“ Thematisch ging es
u.a. um Temperaturstrahlung, Farbstoffe und
Halbleiter – alles Dinge, für die in der Schule bei der hohen Stoffdichte im Fach Physik
keine Zeit bleibt. Aufwändige Experimentalvorträge und ein kleines Elektronikpraktikum
sorgten für methodische Abwechslung.
Alle unsere Gastgeber haben nicht nur Werbung für ihren eigenen Wissenschaftszweig
gemacht, sondern stets auch benachbarte
Fachrichtungen, Chemie oder Elektronik oder
Medizintechnik seien hier nur stellvertretend
genannt, in ihre Projekte ausdrücklich einbezogen. Auch die gesellschaftliche Relevanz
der Projektthemen spielte meist eine große
Rolle. Prof. Dr. Breckow von der Technischen
Hochschule Mittelhessen lud uns zu einer
Projektwoche „Strahlenschutz“ ein und verstand es vorzüglich, die Teilnehmer zu einer
differenzierenden und kritischen Betrachtungsweise der Strahlenbelastung hinzuführen. Untersucht wurden die Reichweite
radioaktiver Strahlung und die Möglichkeiten,
diese abzuschirmen. Dass auch Haushaltsgeräte eine messbare niederfrequente Strahlung emittieren, erstaunte die Besucher. Mit
einem Frequenzanalysator untersuchte man
die ankommenden hochfrequenten Signale
eines Mobiltelefon-Bands. Außerdem lernten
die Teilnehmer die Medizintechnik als eines
der wichtigsten Tätigkeitsfelder heutiger Ingenieure und Studenten kennen. Das Motto
der Projektwoche lautete: Nicht jede Strahlung, die künstlich ist, ist gefährlich und nicht
jede Strahlung, die natürlich ist, ist harmlos.
64
Mit jeder Strahlenanwendung muss ein Nutzen verbunden sein, der größer ist als die
mögliche Schädigung.
Bekannte Forschungszentren wie die GSI
(Gesellschaft für Schwerionenforschung) in
Darmstadt und die DLR (Deutsche Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt) unterhalten
aufwändige Schülerlabore. Der Besuch dauert nur einen Tag und die Schüler müssen sich
bereits zuhause auf ihre Versuche vorbereiten.
Die GSI bietet Versuche zur Kernphysik, die
z.T. mehrere Zehntausend Euro Ausstattungswert haben. Hier wird mit Computern ausgewertet, die Ergebnisse können auf USB-Sticks
abgespeichert werden, sowohl für die Schüler
als auch für den Lehrer. Somit besteht auch
ein gewisser Zwang, im gesetzten Zeitrahmen fertig zu werden. Die Schülerlabore
der DLR sind über das ganze Bundesgebiet
verteilt, Köln ist für uns das nächstgelegene
und meist für mehr als ein Jahr im Voraus
ausgebucht. Luft- und Raumfahrt scheinen
im Augenblick große Anziehungskraft auf
Heranwachsende auszuüben. Die DLR kann
sogar für Biologie-, Chemie- und Physikkurse spezifische Praktikumsversuche anbieten.
Schon der erste Blick in das Schülerlabor, gelegentlich noch als Zentrifugenhalle genutzt,
fasziniert, denn der Empfang lässt keinerlei
Zweifel an Ernsthaftigkeit und fachlichem Anspruch aufkommen. Es geht unter anderem
um Schwerelosigkeit, Kometensimulation,
Gravitationsbiologie und Lärmkontrolle, solare Wasserreinigung und sehr vieles mehr.
Dennoch beschreiben die jungen Besucher
die Arbeitsatmosphäre, vor allem auch dank
der Betreuung durch Wissenschaftler und
Studenten in höheren Semestern, als familiär.
Natürlich bieten diese Praktika auch mir als
Lehrer immer eine intensive Fortbildung. Es
gibt zweifellos so viele Berufwege, nicht zwingend muss man Physik studieren, um glücklich zu werden. Hauptsache ist, dass man
sich bewusst ist, mit der Berufswahl eine der
wichtigsten Entscheidungen seines Lebens
zu treffen. Natürlich ist es erfreulich, dass aus
unseren Physikkursen immer wieder Physiker
hervorgehen. Gelegentlich gibt es anlässlich
eines Besuchs an einer Hochschule ein Wiedersehen mit Ehemaligen, die dann selbst das
Programm mitgestalten.
Wolfgang Schäfer
„BEM“ - Junge Köpfe gründen Schülerfirma
I
m Schuljahr 2011/12 wurde von 14 Schülern
des Leistungskurses Politik und Wirtschaft in
Jahrgang 12 eine Schülerfirma gegründet.
Nach einem Brainstorming mit vielen Vorschlägen wurden gleich mehrere Geschäftsideen entwickelt. Man einigte sich schließlich auf das Entwickeln und Vermarkten von
Textilien und Liebigschul-Artikeln. Der Name
ergab sich aus der Geschäftsidee – BEM (Bekleidung, Eventmanagement, Marketing).
Mit dieser Geschäftsidee konnte man sich bei
JUNIOR anmelden. JUNIOR steht dabei für
Junge Unternehmer Initiieren Organisieren
Realisieren. Das Projekt richtet sich an Schüler
ab Klasse 9 und hat unter anderem das Ziel,
handlungsorientiertes Lernen zu fördern. Es
wird vom Institut der deutschen Wirtschaft
in Köln ausgeschrieben und betreut. Theoretisches Wissen über Wirtschaft soll so praktisch vermittelt werden. Bei JUNIOR agieren
die Schüler wie im richtigen Geschäftsleben.
Der Unterschied sind allerdings wesentlich
vereinfachte Bedingungen und ein finanziell
geringerer Umfang.
Als erste Aktion wurden Hersteller von Textilien gesucht und in Qualität, Ausführung
und Preis verglichen. Das Liebigschul-Logo
„LS“ sollte nicht nur aufgedruckt, sondern aufgestickt sein, damit es länger hält. Daraufhin
wurden mehrere Textilbedruckungsfirmen
um Angebote angeschrieben. Man entschied
sich für ein in Gießen angesiedeltes Unternehmen, das auch noch weitere Produkte
bedrucken konnte. Außerdem wurde nach
ökologischen Zertifikaten und fairen Arbeitsbedingungen bei der Produktion geschaut
Bei der Auswahl der Artikel kam die Frage
auf, ob man eher wenige, aber gängige Waren anbieten oder doch eine große Auswahl
bereithalten sollte, um individuelle Wünsche
65
soziales miteinander
destens verdoppelt, so dass sich alle Anteilseigner über die Gewinne freuen dürften.
Zusätzlich zu dem Projekt gibt es auch noch
einen Wettbewerb der JUNIOR-Firmen untereinander, an dem „BEM!“ vielleicht teilnehmen
wird.
berücksichtigen zu können. Nach einer Präsentation mit anschließender Diskussion
vor der Schulleitung, Eltern und der Presse
entschied man sich für einen Mittelweg und
entwickelte einen Flyer und Plakate mit der
Produktbeschreibung. Nun konnte Werbung
für die Artikel gemacht werden.
Gerade für das Jubiläumsjahr zeigen viele
Schüler und Lehrer ihre Identifikation mit der
Schule und deckten sich mit T-Shirts, PoloShirts, TankTops, Hemden, Damenblusen oder
aber auch mit Regenschirmen, Thermobechern, Kugelschreibern und Aufklebern ein.
Die Firma besitzt wie ein richtiges Unternehmen einen Vorstandsvorsitzenden (Daniel
Sticher), eine Verwaltungsabteilung (Abteilungsleiter Lukas Grote), eine Finanzabteilung
(Abteilungsleiterin Ann-Kristin Moritz), eine
Technische Abteilung (Abteilungsleiter Leonard Schliesser) und eine Marketingabteilung
66
(Abteilungsleiterin Sandra Meier). Alle Schüler
haben sich einer Abteilung zugeordnet und
arbeiten seit Oktober 2011 hoch motiviert an
der Geschäftsidee, dem Businessplan und der
Marketingstrategie. Um einen Eigenkapitalstock aufzubauen wurden 90 Anteilsscheine
à 10 Euro ausgegeben. Alle Aktien konnten
verkauft werden, so dass 900 Euro als Investitionsmittel zur Verfügung standen. Neben
vielen Schülern, Lehrern und Eltern kauften
auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Gießen Dietlind Grabe-Bolz und der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium
für Bildung und Forschung Dr. Helge Braun
eine Aktie (Bild oben). Nach der ordnungsgemäßen Auflösung des Schüler-Unternehmens wird der Gesamtwert der Firma durch
die Zahl der Aktionäre geteilt und das Geld
komplett ausgeschüttet. Die Nachfrage ist bis
jetzt sehr hoch und wir sind uns sicher, dass
unsere Schülerfirma ein voller Erfolg wird. Die
10 Euro für eine Aktie wurden bis jetzt min-
Nach Beendigung des JUNIOR-Geschäftsjahres erhält jeder Jung-Unternehmer eine Bescheinigung, die von Unternehmen und IHK
hoch angesehen wird. Das sogenannte „Zertifikat junger Unternehmer“ wird jedoch nur
ausgestellt, wenn jeder Schüler eine regelmäßige Teilnahme von mindestens 50 Stunden
im JUNIOR-Unternehmen nachweisen kann.
Dafür ist die Verwaltungsabteilung zuständig,
die die Lohnabrechung der Finanzabteilung
zukommen lässt, die wiederum in jedem
Monat Buchführungsunterlagen der JUNIORGeschäftsstelle in Köln schicken muss. Zusätzlich müssen noch Protokolle geschrieben,
Werbung gemacht, ein Geschäftsbericht mit
Bilanz angefertigt und natürlich verkauft werden. Weitere Informationen zu JUNIOR gibt es
unter www.juniorprojekt.de.
Sollten Sie an Liebigschul-Artikeln interessiert
sein, so bitten wir Sie, sich auf der Homepage der Schülerfirma (www.bem-giessen.
jimdo.com) die LS-Artikel anzuschauen und
auf dem Kontaktformular zu bestellen. Nach
diesem Schuljahr kann man Informationen zu
dem weitergehenden Verkauf der LS-Artikel
im Sekretariat der Liebigschule einholen.
Dirk Hölscher, Leiter des Aufgabenfeldes II
Soziales Miteinander an der Liebigschule
S
chule kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten freundlich, vertrauens- und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Denn letztlich gilt, was ein berühmter Pädagoge des
letzten Jahrhunderts schrieb: „Das Wichtigste
in der Schule sind die Beziehungen ihrer Menschen zueinander.“ Dementsprechend heißt
es im Leitbild der Schule: „Die Liebigschule
soll ein Ort sein, an dem alle Beteiligten gerne
und erfolgreich arbeiten und leben können.
Freundlichkeit, gegenseitiger Respekt, Vertrauen, Achtsamkeit und Kooperationsbereitschaft sind die Grundlage unseres gemeinsamen Handelns.“
Wir freuen uns, dass dies oft zu gelingen
scheint. Denn im letzten Inspektionsbericht
wird betont: „Im Schulalltag zeigt sich ein
ausgeprägt höfliches, wertschätzendes und
offenes Miteinander der Schulgemeindemitglieder.“ Dass dies so bleibt, erfordert große Anstrengungen, die auch konzeptionell gebündelt sein müssen. Wenige zentrale „Bausteine“
seien hier zumindest stichwortartig genannt:
• Transparente und faire Kommunikationsstrukturen im Schulalltag (Schüler – Eltern
– Kollegen – Schulleitung)
• Verankerung von sozialem Lernen in vielen Unterrichtsfächern (z.B. Religion, Politik und Wirtschaft, Ethik, Deutsch)
• Sozialkompetenztraining mit Schülerinnen und Schülern (z.B. an Projekttagen
und Klassenlehrerstunden)
• Zusammenarbeit mit außerschulischen
Experten (z.B. am „Trapperdiplomtag“ mit
Sozialpädagogen des Schulträgers, Bilder
oben links und rechts)
• Fortbildung des Kollegiums im Bereich
„soziales Miteinander“ (z.B. durch „Lions
Quest – Erwachsen werden“)
• Unterstützung der Lio-Mediations-/ Streitschlichter-Gruppe (Lehrer und Schüler)
• Unterstützung und Begleitung der Kollegen, die in diesem Bereich Sonderaufgaben übernommen haben, wie z.B. der
Schulseelsorgerin, der Verbindungslehrer
oder der Kollegen, die sich im Förderbereich, im Krisenteam oder der Mittagsbetreuung engagieren.
• Förderung von besonderen Initiativen,
z.B. der Kooperation mit dem Pflegezentrum „Ensemble“ oder dem Schulsanitätsdienst. oder Organisationen wie Missio
(Bild oben Mitte).
Dr. Carsten Scherließ
67
kunst
Kunst an der Liebigschule
D
as Fach Kunst ist in den Jahrgängen
5 bis 13 gut etabliert. Wir freuen uns,
stets Leistungskurse anbieten und unsere
Schüler in all ihren kreativen und gestalterischen Potenzialen fördern zu können. Wir
knüpfen an ihre Erlebniswelt an und ermuntern sie, Erfahrungen auf ästhettisch-künstlerische Weise zu bearbeiten.
Die heutige Welt ist dominiert vom Visuellen. Dieses gilt es zu erkennen und zu dechiffrieren. So geht der Kunstunterricht in
der Oberstufe über traditionelle Kunstformen wie Malerei oder Grafik hinaus und auf
unsere Lebenswelt, z.B. anhand von Fotografie, Medien oder Architektur. ein.
Wir könnnen unseren Schülern z.B. umfassende Möglichkeiten der digitalen und traditionellen Bildbearbeitung bieten.
Auch für die jüngeren Jahrgänge stehen
zahlreiche unterschiedliche Materialien,
Werkräume und Verfahren zur Verfügung.
Ein Schuh für …
I
dee/Planung/Entwurf und Herstellung eines Designobjekts sind im Lehrplan Kunst
als verbindliches Unterrichtsthema vor dem
Übergang in die Oberstufe vorgesehen. „Mit
Schuhen betritt man die Bühne des Lebens“
führte als Motto in eine Unterrichtsreihe, die
im Sommerhalbjahr 2011 in der Klasse 9A
gehalten wurde. Nach der Betrachtung von
Bildbeispielen aus Alltagskultur, Mode- und
Designgeschichte wurden zum Thema „Ein
Schuh für…“ neue Zielgruppen und Nutzer
festgelegt, sowie eigene Konzepte erstellt.
Die Schülerinnen und Schüler haben sich
bewusst über allgemein gültige Designkriterien (wie z.B. praktischer Nutzen,
Haltbarkeit, Ergonomie usw.) hinweg
gesetzt und zielgerichtet ihre eigensinnigen Ideen umgesetzt.
NIna Hainmüller, Uwe Richter,
Beate Exner
Diese Vielfalt auf wenigen Seiten abzubilden, ist schlicht unmöglich und so beschränkem wir uns auf wenige symbolische Beispiele. Für die klassische
Zeichentechnik steht der Schädel
von Svenja Suchfort (rechts) aus dem KunstLK von Frau Exner. Einen anderen Weg zur
Kunst zeigen die Schuhe auf der folgenden
Doppelseite.
68
69
kunst
Ein Schuh für … einen
apokalyptischen Reiter
Arsenij Ustjanzew
Ein Schuh für … eine Meerjungfrau
Annika Endres
Ein Schuh für … einen Royalisten
Lisa Failing
70
Ein Schuh für … einen Raver
Henrik Roßmann
Ein Schuh für … eine Pianistin
Katja Savcenko
Ein Schuh für … einen Computerfreak
Leonard Diehl
71
schulgarten
ge Exkursionen in den Schulgarten der Biologiedidaktik unternommen und Studenten
haben im Gegenzug an der Schule hospitiert.
Die Schulgarten-AG der Liebigschule
I
m August 2009 wurde die Schulgarten-AG
gegründet. Sie findet jeden Mittwoch in
der 7. Stunde im Schulgarten statt und steht
Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen offen.
Mit dem Frühjahr erfolgte der Start für die
Neuanlage. Eine Blumenwiese wurde als Nahrungsquelle für die Bienen, Schmetterlinge
und Käfer des Insektenhotels angelegt. Dank
einer großzügigen Pflanzenspende der Gärtnerei Arnold aus Linden konnte ein Kräuterbeet entstehen.
Die ersten 3 Monate verbrachten wir damit
ein Beet nach dem anderen von Unkraut und
Efeu freizulegen.
Die Schulgarten-AG im Juni 2011
72
Dann bremste uns der Winter und wir planten, bauten und richteten unser InsektenHotel ein. Es beinhaltet ein Punkte-Penthaus,
„Les chambres des papillions“, eine Suite für
Hummel und eine für Florfliegen sowie die
Biene-Maja-WG ganz unten.
Zwei phänologische Beete, die den Jahresverlauf anhand des Pflanzenwuchses widerspiegeln, konnten dank der Unterstützung
des Fördervereis der Liebigschule eingerichtet werden. Auch Nutzpflanzen findet man
im Schulgarten. Neben einigen Beerensträuchern und den Apfelbäumen stand 2011 die
Kartoffel im Vordergrund. Viel Spaß und einen
guten Ertrag hatten wir bei der Ernte Ende
September. Noch mehr Spaß hatten wir jedoch bei der Verkostung der vier sehr unterschiedlichen Kartoffelsorten.
Besucher sind im Schulgarten zum Mitarbeiten oder Genießen stets willkommen. Man
kann sich auch auf unserer Homepage: garten.liebigschule-giessen.de über die Entwicklung des Gartens informieren.
Dr. Sandra Karl
Dank der tollen Unterstützung durch das Gartenamt konnten die Wege mit Kies angelegt
und Bänke aufgestellt werden, die das grüne
Klassenzimmer vervollständigen.
Es besteht zudem eine Kooperation mit der
Biologiedidaktik der Justus-Liebig-Universität
Gießen. Die Schulgarten-AG hat bereits eini73
b a u m a SS n a h m e n s c h u l h o f
Historisches zu Hof und Garten
D
Arbeit im Schulgarten 1954
ie Liebigschule Gießen gehört mit ihren
175 Lenzen zu den traditionsreicheren
Schulen. Nicht ganz so weit muss man zurück gehen, wenn man die Ursprünge des
heutigen Schulgartens sucht. 1954 begannen
unter der Leitung des Studienrates und Biologielehrers Dr. Karl Heidt Schüler damit, auf
dem ehemaligen Trümmergrundstück einen
Schulgarten anzulegen. „Angewandte Biologie“ war das Stichwort. Dabei ging es nicht
nur um die Pflanzen. Dr. Heidt im Gießener
Anzeiger 1954: „Den Pflanzboden haben wir
uns selbst hergestellt. Wir hatten in der Stadtmitte ein verfallenes Haus mit Lehmsteinen
ausgemacht. Die Lehmziegel wurden zerkleinert, mit Biohum, Thomasmehl und Kali
gemischt und geben uns nun den besten
Pflanzboden, den wir haben können.
Der Schulhof zeigte lange Zeit noch deutlich,
das es auf dem Schulgelände mit Liebigund Herderschule einmal zwei unabhängige
Schulen gab. Zunächst durch einen Zaun
und später durch einen wenig schmückenden Fahrradständer getrennt, verbrachten die
Schülerinnen und Schüler der beiden Schulen ihre Pausen getrennt. Auch die in den
60er-Jahren errichtete und damals hoch moderne Doppelturnhalle zeigt das. Während es
um Zaun und Fahrradständer nicht schade ist,
wurde der Verlust der Bäume im Zusammenhang mit dem Bau des C-Hauses doch sehr
beklagt. Der junge Bursche rechts im Bild hat
als Lehrer viele Jahre auf dem Schulgelände
verbracht. Es ist Helmut Weber. Die Schüler im
Hintergrund gehören zur Herderschule.
Joachim Sieben
Ein Teil des Gartens wurde als Klimagarten angelegt mit verschiedenen Thermometern und Regenmessern, die die wechselseitigen
Beziehungen der Pflanzen untereinander deutlich machen sollten
Nur wenige wissen, dass bis in die
70er-Jahre hinein der heutige Parkplatz neben dem B-Haus ebenfalls
ein Garten mit Beeten und Wasserbassins war . Heidts Werben um
Mitstreiter bei Gieß- und Jätarbeiten konnten seine Schüler auch in
diesen Jahren kaum widerstehen.
Dr. Karl (Charly) Heidt
baumassnahmen sporthalle
76
baumassnahmen Haus B
77
a b ig a g
e n g a g e m e n t d e r e lt e r n
Das Drängen der Eltern
E
ltern drängten schon im Mittelalter. Als
mit der Entwicklung der Städte erstmalig Bildung auch außerhalb der Klöster für
die Privilegierten zu haben war, forderten
die zahlenden Eltern, die Unterrichtssprache
von Latein in Deutsch zu ändern. Diese Forderung wurde in sogenannten Winkelschulen
realisiert, die mit dem beginnenden Handel
aufkamen und in denen des Schreibens und
Rechnens kundige Menschen gegen Bezahlung Kinder und Erwachsene in deutscher
Sprache unterrichteten.
Zu Beginn der Neuzeit traten Eltern des
wachsenden Bürgertums mit Erfolg gegen –
damals nicht unübliche – erniedrigende Bestrafungen der Kinder wie das Stellen an den
Schulpranger oder das Tragen einer Eselskappe ein. So verfügte der Stadtrat von Esslingen
1548, dass die Lehrer „allein das Sitzfleisch mit
Ruten streichen“ sollten. Schlagen mit Stöcken und Kolben sowie Naseumdrehen wurden nach massivem Widerspruch der Eltern,
die das Schulgeld zahlten, verboten.
Als im Laufe des 19. Jahrhunderts alle Kinder in der Volksschule unterrichtet wurden,
kommt es zu einer deutlicheren Trennung der
Erziehung in Familie und Schule. Dies führte
zwar zu stärkeren Widersprüchen zwischen
beiden Erziehungsstätten, aber auch zu der
Erkenntnis, dass eine Abstimmung zwischen
Elternhaus und Schule sinnvoll wäre. Als ein
wichtiges Ziel dieser Abstimmung formulier78
te Fröbel 1830 nach Gesprächen mit „unverständigen Müttern“ die Einflussnahme auf
die häusliche Erziehung und das „Herausbilden tüchtiger Mütter“.
In der Weimarer Republik scheiterte die Festschreibung der vierjährigen Grundschule in
einem Reichsschulgesetz an der Frage der
Mitbestimmung der Eltern in religiösen Belangen.
Die Grundlagen für elterliche Mitbestimmung
wurden 1919 durch eine Ministerialverfügung in Preußen und später auch in anderen
Ländern formalisiert. Erst mit dieser Reform
erhielten Eltern das Recht, Elternbeiräte in
den staatlichen Schulen zu wählen. Die elterlichen Mitwirkungsrechte blieben allerdings
beratend.
Im Nationalsozialismus wurden 1934 die Elternbeiräte aufgelöst, die kollegiale Schulleitung verboten und alle Formen von Schülermitverwaltung abgeschafft.
Nach dem Krieg wurde das Elternrecht aus
der Weimarer Republik übernommen, das
den Eltern die Schulwahl und die Entscheidung über die Teilnahme am Religionsunterricht einräumte.
In Hessen wurde bereits 1958 ein Gesetz zum
Elternrecht verabschiedet, in anderen Bundesländern geschah dieses erst wesentlich
79
e n g a g e m e n t d e r e lt e r n
Schulen statt, der Einfluss dieser Elterngremien und der Erfolg der Elternarbeit hängen jedoch wesentlich von den Persönlichkeiten ab,
die miteinander interagieren. Übergeordnete
Gremien wie Stadtelternbeirat und Landeselternbeirat können diese eher lokale, auf eine
einzige Schule bezogene Elternarbeit zu einer
politischen Kraft mit breiterer Basis werden
lassen, mit der Eltern sich auch in Stadt, Kreis
und Land Gehör verschaffen können, wenn
sie sich denn auf eine gemeinsame Position
einigen können.
später. Die Entscheidungen, die in der Schule getroffen wurden, waren zu Anfang sicher
noch wenig vom Einfluss der Elternschaft
geprägt. Regelmäßige Elternabende erinnern
Ehemalige der Liebigschule erst ab ca. 1960.
Mit den 68ern tat sich auch in der Schule viel.
Mitbestimmung von Schülern wurde deutlicher, Eltern meldeten sich erst später zu Wort.
Das heute gültige hessische Schulgesetz regelt Wahlen und Mitbestimmungs- und Beratungsrechte der Eltern, die auch heute an
vielen Schulen noch nicht in vollem Ausmaß
ausgeschöpft werden. Klassische Elternabende mit Wahl von Klassenelternbeiräten und
regelmäßige Treffen des Schulelternbeirates,
bei denen über Entwicklungen in der Schule
berichtet wird, finden seit langem in fast allen
80
Ein entscheidender Schritt für die Elternarbeit war die Einrichtung der Schulkonferenz.
Hierdurch kam es nach einer anfänglichen
„Findungszeit“, in der die beteiligten Gruppen
erst einmal feststellen mussten, wozu dieses
Gremium taugt, zu einer deutlichen Veränderung in der Form der Auseinandersetzung
und auch der Zielrichtung von Elternarbeit.
Durch die Schulkonferenz erhalten Eltern
Informationen über wichtige Themen und
Entwicklungen der Schule und diskutieren
und entscheiden im direkten und kontinuierlichen Dialog mit allen an Schule beteiligten
Gruppen. Dies hat zur Folge, dass- manchmal
auch nach einigem Ringen- gemeinsame Ziele formuliert und angestrebt werden.
Meine ersten eigenen Erfahrungen mit diesem Gremium in der Liebigschule konnte
ich 1995 sammeln. Unter der konzilianten
Leitung von Herrn Appenheimer verfolgten
Lehrer, Schüler und Eltern- häufig in blockartiger Sitzordnung- zunächst ihre eigenen Interessen und unternahmen erste, noch recht
vorsichtige Gehversuche zu einem gemeinsamen Ziel. Mit der Zeit und mit der Bearbeitung schwieriger und kontrovers diskutierter
Fragen (wie z.B. das erste Schulprogramm, die
Einrichtung der Jahrgangsstufen 5 und 6 an
der Liebigschule und die Umwandlung der
Kooperativen Gesamtschule in ein Gymnasium) kam es allmählich –nicht nur im Bezug
auf die Sitzordnung- zur Auflösung der Blöcke und zu festeren zielgerichteten Schritten.
Durch die bessere Information über schulische Vorgänge, den engeren Dialog und die
Möglichkeit in der Schulkonferenz direkt zu
kommunizieren, sind Eltern offener geworden in ihrer Kritik. Auch Lehrer äußern häufig
Kritik an der „häuslichen Lernsituation“ und
die Schülervertreter prägen mit ihren jeweiligen Schwerpunkten das Gremium deutlich.
In den Sitzungen ist Zuhören, Besprechen,
Diskutieren, Streiten und Interagieren gefragt.
Immer noch gilt, dass die beteiligten Personen durch ihre Fähigkeit zur Interaktion, ihre
Kompromissfähigkeit und ihren Wunsch nach
einer Einigung und klaren Zielsetzungen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen der gemeinsamen Arbeit haben.
Wohin drängen Eltern heute?
Genuines Elterninteresse ist und bleibt natürlich die gute schulische Ausbildung ihrer eigenen Kinder (wobei über die Frage, was eine
gute Ausbildung ausmacht, in Elternkreisen
ebenso heftig gestritten wird wie in Lehrerund Schülerkreisen).
Die Zeit, die Eltern sich für die schulische
Entwicklung ihrer Kinder nehmen können,
tenwoche zu diskutieren und die Projektwoche parallel zu den Klassenfahrten zu planen.
Heute haben Schüler oft mehr Unterricht,
als sie verdauen können, die Eltern fürchten
eher die Überlastung, fürchten um Qualität
von Unterricht unter den gegebenen, von
Zeitmangel bestimmten Bedingungen. Es
wird (von Eltern und der Schule) nach Möglichkeiten gesucht, Schülern in dem vorgegebenen engen Zeitrahmen Möglichkeiten zur
Entfaltung spezieller eigener Interessen zu
schaffen. Essen in der Schule wird heute zum
Dauerthema, da viele Schüler den ganzen Tag
in der Schule verbringen.
Frau Dr. Beate Korf erhält 2011 für ihr ehrenamtliches Engagement den Ehrenbrief des Landes Hessen
ist deutlich weniger geworden. 1995 waren
in den Klassen noch viele Eltern (vorwiegend Mütter) nur in Teilzeit berufstätig oder
zur Betreuung der Kinder zuhause, während
heute meist beide Elternteile berufstätig sind.
Diese Entwicklung wird auch Veränderungen
der Elternarbeit erfordern. Organisatorische
Strukturen müssen geschaffen werden, um
Arbeitsbereiche des Schulelternbeirates auf
mehrere Schultern aufzuteilen. Aber auch der
Unterricht an den Schulen und insbesondere an den Gymnasien muss der veränderten
Situation Rechnung tragen. Die heute noch
in vielen Fällen übliche Mithilfe der Eltern bei
der Bewältigung schulischer organisatorischer und inhaltlicher Aufgaben ihrer Kinder
wird immer seltener gewährleistet sein. Dem
berechtigten Wunsch nach gleichen Voraussetzungen für Schüler aus unterschiedlichsten Familien kann diese Entwicklung nur
entgegenkommen. Schule wird damit allerdings vor neue und umfassendere Aufgaben
gestellt. Das Drängen der Eltern wird bleiben,
die Richtung des Drängens ändert sich stetig.
1990-95 waren Eltern überwiegend besorgt,
weil zu wenig Unterricht stattfand (die Stundentafel beinhaltet heute erheblich mehr
Stunden) und dieser noch durch Krankheit
oder Klassenfahrten ausfiel. Viele Stunden
verbrachten wir in der Schulkonferenz und
in anderen Gremien damit, über die Zusammenlegung der Klassenfahrten in eine Fahr-
Das Drängen bleibt- Gott sei Dank- ungeachtet der Zielrichtung als elterliche Kraftentwicklung bestehen. Zeitmangel und berufliche Belastung mögen es abschwächen, aber
der stete Wunsch nach Verbesserung drängt...
Bei gleicher Richtung der unterschiedlichen
„Verbesserungskräfte“ können sich beachtliche Kräfte mit einem großen Potential zur
Veränderung ergeben. Diese gilt es, weiterhin
zu bündeln und zu nutzen.
Möge die Liebigschule auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom konstruktiven Drängen der Eltern begleitet werden
– zum Wohle nachfolgender Schülergenerationen!
Herzlichen Glückwunsch!
Dr. Beate Korf
Ehem. Schulelternbeiratsvorsitzende
81
f ö r d e r - / e h e m a l ig e n v e r e i n
Junges Geburtstagskind grüßt „Altes Haus“
25 Jahre „Ehemaligenverein“
Der Förderverein der Liebigschule wird 10!
Der Verein der ehemaligen Schüler, der Freunde und Förderer der Liebigschule Gießen e.V.
V
W
or zehn Jahren haben sehr ambitionierte
Eltern den Förderverein Liebigschule e.V.
ins Leben gerufen. Ihr Ziel war es, die pädagogische Arbeit unserer Schule zu unterstützen.
Seither wurden zahlreiche Projekte aller Fachbereiche gefördert oder voll finanziert und
viele Aktionen gemeinsam mit den anderen
Organen der Liebigschule durchgeführt. Exemplarisch nur eine kleine Auswahl dafür:
• die Kletterwand
• Sportgeräte
• Ausstattung der Cafeteria und der Mediathek
• IT-Geräte, z.B. Lego-Mindstorms-Bausätze
• Schülerqualifizierung, z.B. durch Teilnahme an Streitschlichter-Seminaren
• Vorträge für Eltern zu schulrelevanten
Themen, z. B. zum Thema Medienkompetenz
• Literatur
• Geräte für die Naturwissenschaften
• Ausstattung für diverse Schulfeiern
• Schulgarten
• Medien-Ausrüstung
• Planung des neuen Schulhofs.
Im Förderverein sind zurzeit rund 250 Mitglieder organisiert, die mit ihren finanziellen
Beiträgen, ihrer ehrenamtlichen Zeit, ihren
82
beruflichen Kompetenzen und vielen guten
Ideen das Schulleben bereichern. Hier finden
sie eine Plattform, um sich aktiv am Schulleben zu beteiligen. Besonders bei Schulveranstaltungen, bei denen wir gerne präsent sind
und manchmal für die Verpflegung sorgen,
können Eltern „Schule“ näher kommen und
auch die Arbeit des Fördervereins kennenlernen. Für uns ist gute Zusammenarbeit mit
allen schulischen Gremien nicht nur Voraussetzung, sondern auch Beflügelung für unsere Arbeit. Die im Leitbild der Liebigschule
vermittelten Werte wie z.B. „Freundlichkeit,
gegenseitiger Respekt, Vertrauen, Achtsamkeit und Kooperationsbereitschaft“ spiegeln
sich auch in dieser Zusammenarbeit wider.
Das bunte Programm, welches für das Jubiläum zusammengestellt wurde, bietet sicherlich allen Familien Gelegenheit, die Liebigschule näher und auch mal anders kennen zu
lernen. Viel Spaß dabei!
Wir gratulieren ganz herzlich und wünschen
der gesamten Schulgemeinde weiterhin, dass
die Liebigschule ein Ort bleibt, an dem alle
Beteiligten gerne und erfolgreich arbeiten
und leben können.
Susann Balser-Hahn
ir feiern 25-jähriges Jubiläum, gratulieren der Schule zum 175-jährigen
Bestehen, danken der Schulleitung und dem
Kollegium für die beachtlichen Leistungen
der letzten Jahre.
Am 6. März 1987 , dem Jahr des 150-jährigen
Schuljubiläums, trafen sich 20 Ehemalige aus
den Abiturjahrgängen 1923, 1937 und 1957
bis 1985 zur Gründung unseres gemeinnützigen Vereins. Nach einem Jahr umfasste er
bereits 150 Mitglieder; viele Abiturienten, ermutigt von ihren Tutoren, hatten sich angeschlossen.
gangs der jüngeren Vorstandsmitglieder zu
häufigen Veränderungen.
Der anfänglich schnelle Mitgliederzuwachs
des Vereins hat sich in den letzten Jahren stark
verlangsamt. 450 Mitglieder zählt der Verein
zur Zeit.
Unsere jährliche Vereinszeitung „Liebig´s
Schulextrakt“ erscheint Mitte Dezember in
einer Auflage von 490 Exemplaren und ist
wichtiges Bindeglied zwischen uns und den
Mitgliedern untereinander. Sie berichtet ausführlich über Schulereignisse, den Verein und
dessen Mitglieder. Die Resonanz auf das Tätigkeitsfeld „Traditionspflege“ bestätigt unsere
Bemühungen.
Zum Vorsitzenden wurde Dieter Nettelbeck
gewählt, der dieses Amt 20 Jahre inne hatte
und jetzt 2. Vorsitzender und Schriftführer ist.
Seit der Vereinsgründung, d.h. seit 25 Jahren
ist Dietmar Wosimsky zuverlässiger Kassenwart.
2007 übernahm Sigrid Bachmann, auch eine
Frau der ersten Stunde im Vorstand, den Vorsitz des Vereins.
Im sieben Mitglieder umfassenden Vorstand
kam es aufgrund des beruflichen Werde-
Wir unterstützen Jubiläumsjahrgänge bei
Treffen, u.a. durch Schulführungen, ehren
goldene und ältere Abiturjahrgänge bei der
jährlichen Abiturentlassungsfeier und zeichnen die besten der „grünen“ Abiturienten mit
einem Buchgutschein oder dem LIO 90-Preis
aus.
Beiträge und Spenden erlauben die finanzielle Unterstützung der Schule in den unterschiedlichsten Bereichen. So wurden u.a. die
LieBigband, Fahrten des Orchesters, der Informatikbereich und die beiden Schulbibliotheken besonders gefördert.
Wir wünschen unserer Schule eine erfolgreiche Weiterentwicklung, die wir gerne nach
unseren Möglichkeiten unterstützen wollen,
und uns mehr Mitglieder aus den Reihen der
„Freunde und Förderer.“ Man muss nicht warten, bis man Ehemalige oder Ehemaliger ist.
Das andere, sehr wichtige Tätigkeitsfeld unseres Vereins liegt in der Traditionspflege, Pflege
der Verbindungen zwischen Schule und Ehemaligen und Ehemaligen untereinander.
Herzliche Geburtstagsgrüße
Sigrid Bachmann, Vorsitzende
83
Schülervertretung
Wie ist SV zu sehen?
Neben Projekten für und mit der Schülerschaft sind wir in Gremien, wie der Schulund Gesamtkonferenz sowie dem Schülerrat
vertreten und zu sehen. Auch online sind wir
sichtbar für unsere Mitschüler/-innen; in sozialen Netzwerken veröffentlichen wir Arbeitsschritte, Termine und wichtige Informationen.
Zu einer erfolgreichen Vertretung der Schülerinnen und Schüler, ist es wichtig, einen
stetigen Kontakt insbesondere zwischen
Schulleitung, Eltern, Schülerschaft und Schülervertretung zu pflegen.
chen gemeinsam mit ihnen Projekte zu gestalten und Themen zu bearbeiten, die alle Schulen einer Stadt bzw. eines Kreises betreffen.
oder verschiedene Schulformen besuchen
sollten, ob es Ganztagsschulen geben sollte,
etc.
Darüber hinaus gibt es auch eine Landesschülervertretung (LSV), die alle 850.000 hessischen Schülerinnen und Schüler in Hessen
repräsentiert. Sie vertritt die Schülerschaft in
der Öffentlichkeit und vor dem hessischen
Kultusministerium und behandelt bildungspolitische Themen angefangen bei der Frage
der Leistungskurswahlen, über die selbstständige Schule bis hin zu der Frage, ob Schülerinnen und Schüler eine gemeinsame Schule
Weiterhin führt sie dazu Kampagnen durch,
wie die Kampagne „Ausbildung für alle – für
ein Grundrecht auf Ausbildung“, bei der bundesweit fast 80.000 Unterschriften für ein
Grundrecht auf Ausbildung gesammelt wurden.
Weiterhin unterstützt die LSV auch Schülervertretungen an Schulen und auf der Stadt-/
Kreisebene.
Denn nur so lassen sich gemeinsam Lösungsansätze für die alltäglichen Probleme finden.
Was tut SV?
SV-Arbeit an der Liebigschule Gießen
Was ist SV?
SV
bedeutet Schülervertretung. Zwei
Buchstaben hinter denen viel Verantwortung steckt, der sich die Schüler/-innen
freiwillig annehmen, um die Schülerschaft
so gut wie möglich vor der Schulleitung, den
Eltern und der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Dies geschieht während der normalen
Unterrichtszeit und dem Klausurendruck –
trotzdem ist es den SVen der Liebigschule in
den vergangen Jahren immer gut gelungen
84
mit dem Rest, der zum „Unternehmen Schule“
gehört, zu kooperieren und tolle Projekte auf
die Beine zu stellen.
Wie/Wo tritt SV auf?
Die SV besteht aus dem von der Schülerschaft
gewählten Vorstand, so wie freiwilligen Mitarbeitern. Sie steht in regelmäßiger Verbindung
mit dem Schülerrat (SR), der aus den gewählten Vertretern (Klassensprecher) der einzelnen Klassen besteht. In diesem Gremium
werden alle wichtigen Entscheidungen, die
die SV-Arbeit betreffen, gefällt. Eine ebenfalls
regelmäßige Verbindung besteht zur Schulleitung; in Gesprächen werden Neuigkeiten
und wichtige Informationen ausgetauscht, so
wie Fragen gestellt und beantwortet. Unterstützung bekommen wir auch von unseren
Verbindungslehrern, der zwischen Lehrerkollegium, Schulleitung, Schülerschaft und
Schülervertretung vermittelt.
Die Hauptaufgabe einer Schülervertretung
besteht darin Schülerinteressen zu vertreten.
Dennoch wirken wir auch bei Schulveranstaltungen (Sportturniere etc.), Projekten zu
wichtigen gesellschaftlichen Themen (u.a.
Welt-Aids-Tag), Spendenaktionen und interschulischen Angelegenheiten mit unserer
örtlichen Stadtschülervertretung und anderen Schul-SVen mit. Doch auch über unsere
eigentliche Arbeit hinaus, setzen wir innerschulisch, sowie nach außen hin ein Zeichen
für aktive Mitgestaltung des Schulalltags.
Welche Ebenen gibt es?
Neben der SV-Arbeit an der Schule gibt es
auch SV-Arbeit auf der Stadt- bzw. Kreisebene.
Diese SVen vernetzen die Schulen und versu85
Li o - G a l a 2 0 0 8
86
87
Sommerfest 2009
88
89
sommerfest 2011
90
91
Projektwochen
92
93
c o m e d y-t h e at e r t r o j a
„Man muss auch über sich und über das, was einem wichtig ist, lachen können.“
Frei nach diesem Motto präsentierten Lehrer
und Abiturienten der Liebigschule die rasante Comedy-Version der antiken Troja-Sage.
Achilles, Helena, Venus, das trojanische Pferd
& Co verwandelten im Jubiläumsjahr des
Gymnasiums die Aula für 70 Minuten in den
Olymp und die mächtige Hochburg Troja.
-Theate
medy
r
Co
Troja
In den zwölf ausverkauften Vorstellungen besuchten über 1300 Zuschauer das von den
Schauspielern entwickelte Stück, das anlässlich des 175järigen Jubiläums der Schule auf
die Bühne gebracht wurde.
Auf humorvoll-bizarre Art und Weise wurde
dieser Stoff der Weltliteratur (Homer, Vergil) so
inszeniert, dass kaum ein Auge trocken blieb.
Da wurde ebenso gesungen und getanzt wie
gekämpft, so dass keine Langeweile aufkam,
zumal die Zuschauer immer wieder eingebunden wurden. Und neben dem Spaß lernte
man gleichzeitig noch Wissenswertes über
die Antike. Auf nach Troja!
94
95
K o l l e gi u m & S c h u l l e i t u n g
Das Kollegium, Sekretärinnen und Hausmeister der Liebigschule im Jahr 2011
Die erweitere Schulleitung im Jahr 2011
Uwe Kraffert, Ulrich Fuchs, Joachim Sieben, Dr. Carsten Scherließ, Dr. Arne Hogrefe, Dagmar Reuther, Gerald Moos, Uwe Hölscher
96
97
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 5A | Klassenleitung Frau Sander
Klasse 5C | Klassenleitung Frau Fritz
Klasse 5B | Klassenleitung Frau Schuppe
Klasse 5D | Klassenleitung Herr Abdel-Rahim
98
99
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 5E | Klassenleitung Frau Schad
Klasse 6B | Klassenleitung Frau Hedrich
Klasse 6A | Herr Kotulla als Nachfolger von Frau Roether
Klasse 6C | Klassenleitung Herr Kraffert
100
101
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 6D | Klassenleitung Frau Schmidt
Klasse 7A | Klassenleitung Frau Böckling
Klasse 6E | Klassenleitung Frau Buhl
Klasse 7B | Klassenleitung Frau Hahn
102
103
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 7C | Klassenleitung Frau Bedenbender
Klasse 8A | Klassenleitung Frau Spengler
Klasse 7E | Klassenleitung Frau Lüpkes
Klasse 8B | Klassenleitung Frau Rittirsch-Ott
104
105
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 8C | Klassenleitung Frau Well
Klasse 8E | Klassenleitung Frau Gödicke
Klasse 8D | Klassenleitung Herr Richter
Klasse 9A | Klassenleitung Herr Schleifer
106
107
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 9B | Klassenleitung Herr Harth
Klasse 9D | Klassenleitung Herr Sauerborn
Klasse 9C | Klassenleitung Herr Schäfer
Klasse 9E | Klassenleitung Herr Zulauf
108
109
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse 9F | Klassenleitung Frau Reinhardt
Klasse EB | Klassenleitung Frau Münke
Klasse EA | Klassenleitung Herr Reichard
Klasse EC | Klassenleitung Herr Stracke
110
111
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse ED | Klassenleitung Frau Krüger
Klasse EF | Klassenleitung Herr Fuchs
Klasse EE | Klassenleitung Herr Hölscher
Klasse EG | Klassenleitung Frau Sondergeld
112
113
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Klasse EH | Klassenleitung Herr Giar
Tutorengruppe 12 Herr Bucior
Tutorengruppe 12 Frau Bachmann
Tutorengruppe 12 Herr Bräuer
114
115
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 12 Frau Freitag-Hild
Tutorengruppe 12 Frau Hahn
Tutorengruppe 12 Herr Fuchs
Tutorengruppe 12 Frau Herrmann
116
117
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 12 Frau Hansen
Tutorengruppe 12 Herr Linnemann
Tutorengruppe 12 Herr Ketter
Tutorengruppe 12 Herr Moos
118
119
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 12 Frau Regin
Tutorengruppe 12 Frau Richter
Tutorengruppe 12 Frau Reuther
Tutorengruppe 12 Frau Schmidt
120
121
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 12 Herr Theiss
Tutorengruppe 13 Herr Abel
Tutorengruppe 12 Herr Wagner
Tutorengruppe 13 Herr Behnen
122
123
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 13 Frau Bischoff
Tutorengruppe 13 Herr Drese
Tutorengruppe 13 Herr Bromm
Tutorengruppe 13 Frau Franz
124
125
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 13 Herr Haensch
Tutorengruppe 13 Herr Heimbach
Tutorengruppe 13 Frau Hainmüller
Tutorengruppe 13 Herr Hogrefe
126
127
KL a s s e n u n d T u t o r e n k u r s e
Tutorengruppe 13 Herr Martens
Tutorengruppe 13 Herr Schott
Tutorengruppe 13 Herr Powilleit
128
129
Jubiläumsprogramm
130
131
S.133
132
133
S.135
© 2012 Liebigschule Gießen
Verantwortlich für den Inhalt: Sabine Schuppe, Joachim Sieben, Carsten Scherließ
Fotos: Barbara Czernek, Till Schürmann, Foto Raabe, Shutterstock.com, Privat
Satz: Joachim Sieben, Design: Olaf Johannson, spoon design
Druck:
134
135
Liebigschule Gießen
Gymnasium der
Universitätsstadt Gießen
Schule mit Schwerpunkt Musik
Schulsportzentrum | MINT-EC-Schule
CertiLinguaSchule
Bismarckstr. 21 | 35390 Gießen
Tel. 0641 – 3062569 | Fax 0641 – 72842
www.liebigschule-giessen.de
[email protected]

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