Drei-Schluchten
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Drei-Schluchten
Drei-Schluchten-Staudamm 15. November 2003 Unser Tag am Staudamm: Nach dem Auschecken vom Kreuzfahrtschiff fuhren wir mit dem Bus zum Besucherzentrum der Three Gorges Corporation. Im eigens für den Bau des Staudamms entstandenen Museum bekamen wir eine fachmännische Führung durch die unterschiedlichen Abteilungen. Gezeigt wurden unter anderem verschiedene Modelle des gesamten Staudammes wie auch einzelner Turbinen. Des weiteren sahen wir Bilder über die einzelnen Bauphasen am Staudamm. Anschließend fuhren wir zum fünfstufigen Schiffshebewerk. Danach stand die Führung durch die Turbinenhalle in Begleitung zweier Voith-Siemens-Mitarbeiter auf unserem Plan. Unsere Reisegruppe wurde in zwei kleinere Gruppen unterteilt, damit auch jeder der fachkundigen Ausführung der Ingenieure in den lauten Maschinenräumen folgen konnte. Unsere Besichtigung führte uns zuerst durch die Halle in der die Turbinen zusammengebaut und installiert werden. Danach brachten uns die Ingenieure in eine Art „überdimensionale schneckenhausartige Röhre“ durch die später einmal das Wasser schießen wird. Zum Schluss konnten wir noch den Einbau eines Turbinengestänges hautnah verfolgen. In diesem Sinne wollten wir uns nochmals recht herzlich bei Herrn Dipl.-Ing. Kienle und Herrn Lopez von Voith-Siemens bedanken. Der Drei-Schluchten-Staudamm (auch Sanxia-Staudamm genannt) Im Süden Chinas entsteht derzeit das größte Wasserbauprojekt der Welt. Das geplante Wasserkraftwerk soll voraussichtlich 2009 fertig sein. Der entstehende Stausee soll 140 Millionen Menschen und weite Flächen fruchtbaren Ackerlandes flussabwärts vor Überflutungen schützen und ferner den Schiffsverkehr über den Yangze („langer Fluss“) begünstigen, wobei die überstaute Wasseroberfläche im Vergleich zum vorhandenen Zustand gerade mal verdoppelt wird. Querschnitt Stausee, Bild: Döring Politische und Historische Hintergründe: Sun Yatsen schlug Anfang des letzen Jahrhunderts als erster einen Staudamm im Yangze-Tal vor. Die von ihm 1911 mitbegründete Republik ging aber zugrunde und somit blieb der Damm unerreichbar. Im Jahr 1944 wurde das Projekt von einem Spezialistenteam des USBureau of Reclamation mit der Chinesischen Regierung verhandelt. Wegen des Bürgerkrieges mussten die Vorhaben wieder stillgelegt werden. Das Projekt wurde 1954 von Mao in die Industrialisierungskampagne aufgenommen und ab 1955 von Sowjetischen Fachkräften unterstützt und gewann an Bedeutung nachdem 1953 eine der größten Überschwemmungen 30.000 Leben forderte. 1960 kam es zum chinesisch-sowjetischen Bruch, Moskau zog seine Berater zurück. Deng Xiaoping förderte das Projekt seit 1980. Erst Li Peng, von 1988 bis 1998 chinesischer Premierminister, der Elektrotechnik in Moskau studiert hatte, bekam im April 1992 grünes Licht vom nationalen Volkskongress für den Bau des Dammes. Finanzielle Hintergründe: Der Drei Schluchten Damm befindet sich seit 1994 im Bau und soll ca. 24 Milliarden Dollar kosten. Internationale Finanzinstitutionen (z.B. die Weltbank) und private Banken scheuen davor zurück Geld zu investieren, da Fachberichte vorliegen (z.B. in der Erklärung von Bern), in denen die Rentabilität und die Sicherheit des Bauwerkes in Frage gestellt werden. Die chinesische Regierung muss die Investitionskosten selbst aufbringen, wobei sich die Kosten für den Staudamm und die Umsiedelungsmaßnahmen allein aus dem Stromverkauf refinanzieren werden. Das Kraftwerk China hat sehr große ungenutzte Wasserkraftressourcen zur Erzeugung von Strom. Allein der Yangze ist der drittlängste Fluss der Welt mit einem mittleren Abfluss von 22.000 m³/s. Er liegt damit hinter dem Amazonas, Kongo, Ganges und Orinoco an der 5. Stelle der abflussreichsten Flüsse der Erde. Auf den Yangze entfallen 70 % des Binnenverkehrs von Chinas. In der Berglandschaft des Südens ist der Fluss meist das einzige günstige Transportmittel. Das Drei-Schluchten-Kraftwerk soll nach seiner Fertigstellung ca. 9 % des gesamten Strombedarfs Chinas decken. Für die gesamte Bauzeit wurden 19 Jahre veranschlagt. Der Staudamm ist fertiggestellt, bis 2009 sollen auch alle Nebenbauwerke fertig sein. Im Jahr 2003 ist ein Teileinstau erfolgt . Das Kraftwerk befindet sich im Bauzustand. Die erste Stufe beinhaltet 14 der insgesamt 26 Turbinen. Sie sollen bereits im Jahr 2004 mit einer Leistung von 11.000 MW an das Netz gehen und Strom aus Wasserkraft erzeugen. Gemessen an der geplanten Ausbauleistung mit 18.200 MW wird hier das grösste Wasserkraftwerk der Welt entstehen. (Das z. Zt. grösste Wasserkraftwerk Itaipu (Brasilien) hat eine Leistung von 12.600 MW.) Es können 50 Mio Tonnen Kohle pro Jahr eingespart werden, bzw. es kann auf den Bau von 14 Kernkraftwerken der Größe Biblis verzichtet werden. Quers chnitt Staumauer, Bild: Döring Die Staumauer: Die Staumauer ist 115 m hoch (gemessen über Talsohle) und ca. 2300 m lang. Für den Bau der Staumauer wurden die folgenden Daten errechnet: • • • • • Aushub Steine und Erde Füllmaterial Steine und Erde Zementverbrauch Metallverbrauch Gewicht der Staumauer 102,6 Mio. m³ 29,3 Mio. m³ 27,15 Mio. m³ 281.000 t 354.000 t Querschnitt Staumauer, Bild: Döring Die Mauer ist im Vergleich zu anderen Staumauern weder die höchste noch längste der Welt. Sie nimmt z.Zt. lediglich Rang 65 unter den großen Staumauern der Welt ein. In den Medien wird gern die Dammkrone mit 175 m+NN als Dammhöhe bezeichnet, was sachlich völlig falsch ist. Das Hebewerk: Über fünf Staustufen sollen 10 Tonnen schwere Schiffe über eine Höhe von insgesamt 100 m gehoben werden. Die Turbinen und Generatoren: Die Mehrzahl der ersten 14 Turbinen und Generatoren werden von Voith-SiemensHydropower geliefert. Jede Turbine wird eine Leistung von 700 MW erbringen und einen Durchmesser von 9,5 m haben. Mit diesen Maßen übertreffen sie jede andere Wasserkraftturbine der Welt. Die erzeugte Energie kann später einmal bis nach Shanghai transportiert werden, mehr als 900 Kilometer Luftlinie vom Staudamm entfernt. Technische Seele des 3 Schluchten Damms, Fotos: Oliver Moritz Das Reservoir: Hinter der Staumauer wird sich ein See von 600 km Länge, einer Fläche von ca. 1048 km² und eine maximalen Höhe von 175 m + NN aufstauen. Dieser große Wasserspeicher eröffnet hochseetauglichen Schiffen die Möglichkeit bis weit ins Land hinein zu fahren. Die Stadt Chongqing wird am hinteren Ende des Staubeckens die Funktion des Haupthafens übernehmen. Der Staudamm soll außerdem vor Hochwasser und Überschwemmungen schützen. Bei einem einzigen Hochwasser im Jahre 1870 gab es über 400.000 Menschenleben zu beklagen. Die Gesamtzahl der Opfer der periodische wiederkehrenden Flutkatastrophen seit 1800 ist nicht genau bekannt. Mit seinem Stauinhalt von 39.300 Mio m³ erreicht der Drei-Schluchten-Stausee Rang 34 in der Liste der großen Talsperren der Welt. Gemessen an der Kakhovskaya Talsperre in Russland oder dem Kariba-Staudamm am Sambesi mit jeweils 180.000 Mio m³ ist das Reservoir des Drei-Schluchten-Dammes nicht so gigantisch (und größenwahnsinnig), wie es in den öffentlichen Medien gern dargestellt wird. Drei-Schluchten-Staudamm, Fotos: Prof. Döring Natürlich gibt es auch negative Begleitumstände, wie z.B. die notwendige Umsiedlung von ca. 1.2 Mio Bewohnern oder die zu befürchtenden Umweltbelastungen durch unzureichende Vorarbeiten im Staubereich. Bei Abwägung aller Vor- und Nachteile des Staudammprojektes sollte eine objektive Bewertung die Bedeutung des Staudammes für die wirtschaftliche Entwicklung der Yangze Region nicht in Frage stellen. Christine Weiß und Lia Willmann