Studium, Forschung und Lehre machen Europa
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Studium, Forschung und Lehre machen Europa
Februar 2007 Heft 1/2007 ISSN 1860-6709 Der Codex Sinaiticus – Internationale Forschergruppe ermittelt in Sachen Bibel Buchmesseakademie trägt neues Wissen nach außen Der Euro ist kein UFO – Eine Erfolgsgeschichte Kunst–Wissen/Wissens-Kunst: das Institut für Theaterwissenschaft Jubiläum 2009 – Neuer Bildband zeigt die Universität in unruhigen Dekaden Ende einer Ära: Zentralmensa macht Platz für Campus-Neubau journal Internationalisierung als Querschnittsaufgabe Studium, Forschung und Lehre machen Europa (be)greifbar EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Inhalt UniVersum Bert Rürup spricht an alter Wirkungsstätte Die Universität präsentiert sich auf der Leipziger Buchmesse Mediziner auf Dienstreise in Afrika Die Zentralmensa schließt – Ende einer Ära Droht der Abstieg? Bemerkungen zu Exzellenzinitiative und Förderranking Interview mit Prof. Frank Emmrich 50 Jahre Herder-Institut 8 9 11 Gremien Sitzungen des Senats im Dezember/Januar Rektoratskollegium wieder komplett 12/13 13 Forschung Leipzig wird als erste ostdeutsche Uni ICAM-Mitglied Forschungsprojekt zum Codex Sinaiticus 14 16 UniCentral Die Erfolgsgeschichte des Euro Die Universität wird bei ausländischen Studierenden und Forschern immer beliebter Erasmus-Erfahrungen einer Studentin Forschungswerkstatt für Juristen Fakultäten und Institute Institut für Theaterwissenschaft setzt auf interdisziplinäre Kooperationen Fulbright-Professor John Paxton überzeugt mit neuem Lehrkonzept 2 3 6 7 18 20 22 25 27 28 Studiosi E-Learning auf Spanisch Symbiose von Leistungssport und Studium 29 31 Personalia Ehrenpromotionen verliehen Neu berufen Nachruf für Holger Preißler Kurz gefasst Geburtstage 33 35 36 37 38 Jubiläum 2009 Rekonstruktion des Jurastudiums um 1880 Gesichter der Uni: Bartholomäus Walther Neuer Bildband zur Universitätsgeschichte 39 40 41 Habilitationen und Promotionen Am Rande Nomen Impressum 38 5 35 2 Titelfoto: Dietmar Fischer EU wertet Forschungsund Studienstandort Leipzig auf „Europa! Diese drei Silben wurden mir zum Inbegriff des Schönen, Erstrebenswerten, zum inspirierenden Antrieb, zum politischen Glaubensbekenntnis und moralisch-geistigen Postulat.“ Die Zeilen aus dem Lebensbericht „Der Wendepunkt“ von Klaus Mann, Sohn von Thomas Mann, könnten aktueller nicht sein. Zum 1. Januar hat Deutschland für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen, und auch die Fakultäten und Institute der Universität Leipzig haben sich der kontinuierlichen und konsequenten Internationalisierung als Querschnittsaufgabe verschrieben, die Hand in Hand mit der Sicherung von Lehre und Foschung geht. In den vergangenen Jahren haben wir auf diesem Terrain wegweisende Etappenziele erreicht. Ein Viertel unserer Studierenden verbringt mittlerweile einen Teil des Studiums im Ausland. Die Universität behauptet seit Jahren den dritten Platz im DAAD-Ranking aller deutschen Hochschulen hinter Berlin. Im Ranking der mobilen Lehrenden innerhalb des Sokrates/Erasmus-Programms rangiert die Alma mater auf Platz fünf. Die Studienreform soll dem Austausch neuen Aufwind geben. Damit wird Leipzig als Gast-Studienstandort noch attraktiver. Modularisierte Strukturen, strukturierte Promotionsprogramme, Alumni, Drittmitteleinwerbung sind weitere Mosaiksteinchen der Europäisierung an unserer Hochschule, fern der Brüsseler Tagespolitik. Nur ein Beispiel: Die Universität Leipzig konnte in den zurückliegenden drei Jahren beachtliche Ergebnisse bei der Drittmitteleinwerbung vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) vorweisen. 2005 kam sie mit mehr als 3,6 Millionen Euro auf den siebten Platz. 321 Partnerhochschulen innerhalb des Sokrates-Programms, 17 weitere innerhalb den Grenzen Europas (beispielsweise in Slowenien, Norwegen, Bulgarien oder Spanien) sowie in fernen Ländern (wie in Äthiopien, Indonesien, Kuba, China, Japan und natürlich den Vereinigten Staaten von Amerika) sind eindrucksvolles Zeugnis der Zusammenarbeit über Sprach- und kulturelle sowie politische Grenzen hinweg. Die Erfahrungen unserer Studenten, aber auch die Eindrücke der Leipziger Gaststudenten dokumentieren dies (siehe Umfrage auf den Seiten 19 – 26). Europa hat in seiner Vielgestaltigkeit auch eine Magnetwirkung auf die Forschung. Mit seinem Beitrag über die Erfolgsgeschichte des Euro nimmt Prof. Dr. Gunther Schnabl vom Institut für Wirtschaftspolitik der oft polarisierenden Teuro-Diskussion den Wind aus den Segeln (s. S. 18/19), Prof. Dr. Markus Kotzur LL.M., Institut für Völkerrecht, Europarecht und ausländisches Öffentliches Recht, erinnert an das 50-jährige Bestehen der Römischen Verträge und das Engagement der Leipziger Juristen fern des unreflektierenden Eurozentrismus (s. S.25/26). Zwei Beiträge, die das Motto der deutschen EU-Ratspräsidentschaft „Europa gelingt gemeinsam“ widerspiegeln und in Leipzig seit Anfang der Neustrukturierung 1990 in vielen Facetten mit Leben erfüllt werden. Prof. Dr. Franz Häuser, Rektor 1 UniVersum Bert Rürups lehrreiche Jahre Vorsitzender des Sachverständigenrates zu Gast an ehemaliger Wirkungsstätte „Wenn es in der Regierung klemmt, dann wird Professor Bert Rürup gerufen.“ Mit diesen Worten stellte Professor Thomas Lenk vom Institut für Finanzen im vollbesetzten Großen Hörsaal des Campus in der Jahnallee einen ganz besonderen Gast vor: Bert Rürup, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Für Rürup, der den Studenten das jüngste Jahresgutachten des Gremiums vorstellen wollte, war es die Rückkehr an eine alte Wirkungsstätte. Von Februar 1991 bis Oktober 1993 war er als Gründungsdekan für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Leipzig (aufgegangen in der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Journal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 20, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 15. 1. 2007 ISSN 1860-6709 2 HTWK) und in gleicher Funktion bei der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig tätig. „Ich komme immer gerne nach Leipzig“, sagte Rürup und fügte hinzu, dass dies auch für ihn „drei sehr lehrreiche Jahre“ gewesen seien. Doch auch schmerzliche Erinnerungen verbindet er nach eigenen Worten mit der sächsischen Metropole: Als er – „damals noch 30 Kilo schwerer“ – in jungen Jahren Kugelstoßer war (er schaffte es sogar bis in den Olympiaauswahlkader der BRD), musste er bei Prof. Dr. Bert Rürup zu Gast an seiner alten WirkungsFoto: Jörg Aberger Ausscheidungswettkämp- stätte in Leipzig. fen oft auch gegen die Kugelstoßer aus der DDR antreten. „Da haben eine Seite der Medaille. „Eigentlich ist der wir immer verloren“, gestand Rürup – und Sachverständigenrat nämlich kein politiseine Zuhörer schmunzelten mit ihm. Kein sches Beratungsgremium für die RegieWunder, war doch die Deutsche Hoch- rung.“ Das regelmäßige Jahresgutachten schule für Körperkultur und Sport (DHfK), zur wirtschaftlichen Entwicklung sei nicht wo die wissenschaftlichen Grundlagen für dazu gedacht, dem „normalen Politiker“ die großen Erfolge nicht nur der DDR-Ku- als Entscheidungshilfe zu dienen. Vielgelstoßer gelegt wurden, ausgerechnet auf mehr sollten die Fachpresse, weitere dem Gelände beheimatet, wo jetztunter an- Forschungsinstitute und nicht zuletzt die derem die Wirtschaftswissenschaftler ihr Spezialisten in den Verwaltungen HandreiDomizil haben.Rürup hätte es als Sportler chungen zur Einschätzung der Lage und fast bis zu den Olympischen Spielen 1968 daraus abzuleitender Strategien geben. in Mexiko geschafft, doch eine schwere „Eine Beratungsfunktion für die Regierung Verletzung bedeutete das abrupte Aus sei- übernehmen wir nur dann, wenn ein Sonner Sportlerkarriere. Für Lenk ist klar, dass dergutachten angefordert wird“, erläuterte sich das Bild des Sachverständigenrates in Rürup. Derzeit arbeite man an einer Experder Öffentlichkeit stark verändert hat, seit tise, in der Wege zum Schuldenstopp aufRürup dessen Vorsitzender ist. Hätte frü- gezeigt werden sollen. Viel Lob mochte her, so Lenk, der Eindruck einer Altherren- Rürup der Bundesregierung bei seinem Beriege in einem wissenschaftlichen Elfen- such in Leipzig nicht angedeihen lassen. beinturm vorgeherrscht, so habe Rürup Vor allem die Gesundheitsreform kritidieses Bild mit „seiner Omnipräsenz in den sierte er heftig. Als nächstes müsse die Medien“ gründlich durcheinander gewir- Neuregelung des Kündigungsschutzes in belt. Aktuellstes Beispiel sei der Streit um Angriff genommen werden. „Allerdings die Gesundheitsreform. Das Gutachten, darf es weiterhin keine willkürlichen Kündas der Sachverständigenrat zu diesem digungen geben“, machte Rürup deutlich. Thema erstellt hatte, zeigte laut Rürup nur Jörg Aberger journal Die Universität auf der Buchmesse Die Buchmesseakademie ist seit acht Jahren ein etabliertes Forum, welches neu entstandenes Wissen der Universität Leipzig nach außen trägt und einer breiten Öffentlichkeit vorstellt. Hier zeigen die Leipziger Wissenschaftler ihre neuesten Leistungen und stellen sich den Fragen der Bürger Leipzigs und der Gäste der Buchmesse. In Vorträgen, Präsentationen und Diskussionsrunden werden ebenso Fachwissenschaftler wie Laien angesprochen und zum Zuhören, Mitdenken und Mitdiskutieren animiert. In diesem Jahr präsentieren sich die Profilbildenden Forschungsbereiche und die neugegründete Research Academy Leipzig durch ausgewählte Einblicke in ihr Forschungsprogramm. Besonders hervorzuheben sind die Veranstaltungen aus dem Bereich „Gehirn, Kognition und Sprache“, die sich der Informationsverarbeitung, zum Beispiel von Auge und Ohr im Gehirn widmen und erklären wollen, warum wir was sehen und hören und denken. Ein weiterer Höhepunkt ist der Länderschwerpunkt Chile, der zusammen mit dem Ibero-Amerikanischen Forschungsseminar der Universität Leipzig gestaltet wurde. Die Un iv er sit ä ti st vo m 22 . –2 Von besonderem Interesse sind die Leseabende mit bekannten chilenischen Autoren und eine Kooperationsveranstaltung mit dem chilenischen Kulturministerium, die auf dem Forum ihr Literaturprogramm vorstellen wird. Die Buchmesseakademie ist eine Kooperationsveranstaltung der Universität Leipzig und der Leipziger Messe GmbH. Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen auf der Buchmesseakademie statt, Halle 3, Stand: H202/G209. Donnerstag, 22. März 11.00 Uhr Von Gehirn, Seele und Körper: Wie das Gehirn Musik verarbeitet Stefan Koelsch, Sebastian Jentschke, Nikolaus Steinbeis, Tom Fritz In der Veranstaltung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften werden drei zentrale Aspekte der Musikverarbeitung im Gehirn dargestellt: die Verarbeitung von musikalischen Regeln, die Verarbeitung der Bedeutung der Musik und die Verarbeitung der Emotionen, die beim Hören von Musik entstehen. Anhand von Beispieldaten zeigen die Wissenschaftler, was diese einzelnen Aspekte der Musikwahrnehmung im Gehirn miteinander zu tun haben und wie sich diese Verarbeitungsprozesse in der Kindheit entwickeln. Dabei können sie auch zeigen, dass und inwieweit diese Verarbeitungsprozesse kulturspezifisch sind. 16.00 Uhr Das Buch als kultureller Reichtum oder die Magie der Lektüre Paulina Urrutia, Ministerin für Kultur der Republik Chile, Alfonso de Toro (Moderation) Das chilenische Kultusministerium, dem die bekannte Schauspielerin Paulina Urrutia vorsteht, stellt einem breiten Publikum seine Buchpolitik vor: In deren Mittelpunkt stehen die Förderung des Lesens als gesamtgesellschaftliches Vorhaben sowie die Förderung junger Autorinnen und Autoren und einer Vielfalt von Gattungen, die sowohl Kinderliteratur, Kurzerzählungen, Romane aller Schattierungen und Regionen Chiles umfasst. 5. M z är fd au er m ch Bu se es Fotos: photocase.de / Randy Kühn Heft 1/2007 3 UniVersum Freitag, 23. März 12.00 Uhr Verantwortung kulturelles Erbe: Valparaíso Burkhard Pahl, Ingolf Schulze, Wolfgang Schuster, Rolf Höhmann Gegenstand der Veranstaltung ist die Frage nach dem Umgang und dem Erhalt des kulturellen Erbes in Deutschland und Chile. Valparaíso (Unesco World Heritage seit Juli 2003) ist ein bedeutendes Zeugnis und Anschauungsobjekt der Baukultur, welches in seinem Bestand bedroht ist. Ähnliche Fragestellungen stellen sich aktuell auch in Deutschland. Erfahrungsaustausch und neue Formen der Zusammenarbeit werden benötigt, welche nicht nur einen Weg in tieferes Verständnis in die Problematik und die ökonomischen Risiken aufzeigen, sondern Wege für ein zukunftsgerichtetes Monitoring sind. tigt die Gesundheit in viel stärkerem Maße als bisher vermutet. Eine Untersuchung Leipziger Psychologen zeigt, dass Arbeitslose früher sterben als Personen, die sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Sie werden depressiv und neigen zu Suchtkrankheiten. Und selbst wenn wieder Arbeit gefunden wird: die Angst bleibt und die frühere Zufriedenheit kehrt nicht wieder ganz zurück. 14.00 Uhr Medizin zwischen Geld, Macht und Gesundheit Charlotte Schubert, Wieland Kiess, Matthias Middell (Moderation) Samstag, 24. März 10.30 Uhr Regenerative Medizin – die Zukunft des Heilens? Frank Emmrich, Jan Matthias Braun Seit jeher sind Mediziner auf der Suche nach immer besseren und wirksameren Therapien. Immer tiefer sind sie in die molekularbiologischen Mechanismen unseres Körpers eingedrungen, die sie für den Heilungsprozess zu nutzen versuchen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. In Bioreaktoren gewachsene Zellen und Zellverbünde etwa nutzt man zur Reparatur defekter Gewebe. Herzklappen, Haut, Knochen scheinen schon heute kein Problem mehr zu sein. Die regenerative Medizin, die sich mit der Entwicklung von Verfahren zum Gewebsersatz oder zur natürlichen Organerneuerung befasst, zeigt therapeutische Perspektiven, die es bisher nur im Märchen zu geben schien: den biologischen Ersatz von Organteilen und Organen. Wo wir stehen und wohin es geht, zeigt der Vortrag des Translationszentrums für Regenerative Medizin. 15.00 Uhr Arbeitslosigkeit und Gesundheit Elmar Brähler, Hendrik Berth In Ostdeutschland haben viele die Hoffnung aufgegeben, wieder Arbeit zu finden, oder bangen um ihre Arbeitsplätze. Diese Angst und Hoffnungslosigkeit beeinträch4 vorliegenden Werk stellt eine internationale Forscher-Equipe nun das kulturelle und künstlerische Geschehen Mitteleuropas im 14. und in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der europäischen Politik anschaulich dar. Schon beim Durchblättern des Buches leuchtet die fesselnde Geschichte der Dynastie der Luxemburger auf, der es gelang, Mitteleuropa zu einigen und ihren unverwechselbaren Stempel aufzuprägen. Der Titel „Karl IV. Kaiser von Gottes Gnaden. Kunst und Repräsentation des Hauses Luxemburg 1347–1437“ steht im Mittelpunkt einer der Veranstaltungen der Buchmesseakademie. Sonntag, 25. März 13.00 Uhr Das kulturelle und künstlerische Geschehen Mitteleuropas im 14. und 15. Jahrhundert im Kontext der europäischen Politik. Buchpräsentation: „Karl IV. Kaiser von Gottes Gnaden. Kunst und Repräsentation des Hauses Luxemburg 1347–1437“ Jifií Fajt, Andrea Langer (Moderation) Von seiner Hauptstadt Prag aus gelang es Kaiser Karl IV. im 14. Jahrhundert, ein komplexes Machtgefüge in der Mitte Europas zu etablieren. Dabei bedienten sich er und seine Dynastie der Luxemburger systematisch der Kunst und nutzten sie als Mittel herrschaftlicher Ambitionen. So sind der Bau des Veitsdoms und der Karlsbrücke eng mit Karl IV. verbunden. Der Kaiser holte Künstler und Gelehrte aus ganz Europa an den Prager Hof. In ihren Goldschmiedearbeiten, Buchmalereien, Skulpturen und Tafelbildern manifestierte sich ein kaiserlicher Stil, der zu den sichtbaren Zeichen der Macht zählte. Mit dem Neue Medikamente, teure Apparate, die hohe Qualifikation der Ärzte – alles kostet Geld. Zumindest wird alles immer teurer. Die Krankenkassen erhöhen die Beiträge fast jährlich, auch die Einführung der Praxisgebühr löste das Problem nur vorübergehend. Woran liegt das? Werden wir immer kränker? Verdienen die Ärzte immer mehr Geld? Nutzen die großen Pharmakonzerne die Bedürftigkeit und Hilflosigkeit der Patienten schamlos aus? Wir diskutieren über umstrittene Entwicklungen in einem Gebiet, mit dem jeder in Berührung ist. Als Beitragszahler, als Patient oder als Angehöriger. Zusammengestellt von Anja Landsmann Leseabende außerhalb der Messehallen: Weltliteratur aus Chile und die Rückkehr der Lust am Erzählen: Das Ibero-Amerikanische Forschungsseminar der Universität Leipzig – in Zusammenarbeit mit der Buchmesse-Akademie der Universität Leipzig und dem Kuratorium Haus des Buches Leipzig e. V. – hat sieben Bestseller-Romanciers aus Chile zu Gast, die in ihren Romanen ein spannendes Panorama von Migrations-, Familien, Individual- und Kollektivgeschichten im Chile des 19. und 20. Jahrhunderts bieten, Romane, die sich wie Krimis lesen. Im Haus des Buches lesen am 22. März, 19.00 Uhr, Arturo Fontaine, Carla Guelfenbein und Carlos Franz. In einer weiteren Veranstaltung im Rahmen von „Leipzig liest“ lesen am 23. März, 19.00 Uhr im Berlitz Center Leipzig, Stentzlers Hof, Gonzalo Contreras, Andrea Maturana und Pablo Simonetti. journal UniVersum Am Rande Knockin’ on Europe’s door Die EU-Grenzsicherungspolitik Von Dr. Monika Eigmüller, Institut für Soziologie Fragen der Grenzsicherung und insbesondere der Kontrolle der Migrationsströme in und nach Europa gehören mittlerweile zu den prioritären Themen europäischer Politik. So hatauch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft eine Verbesserung der Zusammenarbeit in diesen Fragen angekündigt; speziell Europol und die europäische Polizeibehörde sollen gestärkt werden, um den zunehmenden Herausforderungen des internationalen Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität zu begegnen und dadurch ein „sicheres Europa“ zu schaffen, so der deutsche Innenminister jüngst. Um die Migration nach Europa zu steuern, soll zudem die europäische Grenzagentur Frontex weiter ausgebaut, sowie die Zusammenarbeit der Polizei an den „Brennpunkten illegaler Migration“ und den Grenzübergängen selbst intensiviert werden. Hierfür steht der Union ein beachtliches Budget zur Verfügung – allein für das Haushaltsjahr 2007 werden rund 591 Millionen Euro für die Durchsetzung des gemeinsamen Rechtsraums bereitgestellt, ein Großteil davon für die Sicherung der Grenzen vor illegaler Migration. Dem gegenüber stehen die Zahlen von versuchten und erfolgten illegalen Grenzübertritten: Trotz der Schwierigkeiten, hierzu gesicherte Angaben zu treffen, sprechen einige plausible Zahlen doch für sich. So schätzte die International Organization on Migration (IOM) die Zahl illegaler Migranten in Europa für 1998 auf wenigstens zwei Millionen, im Jahr 2000 ging sie bereits von mehr als drei Millionen Menschen aus. Dieser Trend bestätigt sich auch durch die Legalisierungsstatistiken einiger europäischer Staaten: So bewarb sich 1998 jeder dritte Migrant in Spanien um eine Legalisierung seines Aufenthaltsstatus, bei der letzten Legalisierungskampagne bemühten sich rund 35 Prozent aller Migranten um gültige Papiere. Warum also, so eine nicht nur im wissenschaftlichen Diskurs zunehmend gestellte Heft 1/2007 Frage, betreibt die EU einen so immensen finanziellen und auch politisch-administrativen Aufwand, wenngleich doch die Ergebnisse diese Politik nachhaltig in Frage stellen? Diese Frage lässt sich auf unterschiedliche Weise bearbeiten. Zum einen lohnt es sich, sozialwissenschaftliche Überlegungen zum Gegenstand politischer Grenzen, ihrer Funktion und Wirkung anzustellen (vgl. Monika Eigmüller/Georg Vobruba 2006, Grenzsoziologie. Die politische Strukturierung des Raums. Wiesbaden: VS). Zum anderen erscheinen empirische Analysen angebracht, die den Fokus sowohl auf die Frage der Implementation europäischer Grenzsicherungspolitik, als auch auf die Wirkungen dieser Politik – und dies insbesondere im Kontext der Interessen beteiligter politischer Akteure richtet (Monika Eigmüller 2007, Grenzsicherungspolitik. Funktion und Wirkung der europäischen Außengrenze. Wiesbaden: VS). Dann nämlich wird deutlich, dass neben den vordergründig intendierten Effekten dieser Grenzsicherungspolitik andere Funktionen in den Vordergrund rücken. Diese Fragen werden am 23. März um 15 Uhr auf der Buchmesseakademie, Halle 3, Stand H202/G209 diskutiert. Hierzu eingeladen ist Dr. Paolo Cuttitta, Universität Palermo, der sich in verschiedenen Publikationen vornehmlich mit dem Thema der europäischen Flüchtlingspolitik auseinandergesetzt hat. Die Moderation übernimmt Dr. Daniel Schmidt, Universität Leipzig. Die Forschungsergebnisse von Frau Dr. Monika Eigmüller sind unter anderem in zwei Büchern veröffentlicht worden: „Grenzsoziologie“ von Monika Eigmüller und Georg Vobruba, 352 Seiten, VS Verlag für Sozialwissenschaften; 1. Auflage (Mai 2006), ISBN-10: 3-53114-606-8 „Grenzsicherungspolitik“ von Monika Eigmüller, 300 Seiten, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage (Februar 2007), ISBN-10: 3-53115-331-5 „Ob Sonnenschein, ob Sterngefunkel: Im Tunnel bleibt es immer dunkel“, schrieb der einstige Leipziger Student Erich Kästner in „Kurz und bündig. Epirgramme“. Der Zweizeiler aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist schärfste Form der Gedankenlyrik und könnte zugleich posthum ein augenzwinkernder Kommentar des Satirikers zum aktuellen Leipziger Baugeschehen sein. Denn seit nahezu 100 Jahren wird hier ein Tunnel geplant, verschoben, neu geplant, wieder vertagt, bis er nun endlich Realität werden soll: der City-Tunnel. Vier Kilometer Gleistrecke in zwei Röhren. Seit 2003 rollen die Bagger, wie lange es noch gehen wird, ist ungewiss, denn der Leipziger Untergrund bot Bauleuten und Geologen schon so manche Überraschung. Nun könnte man einfach eins und eins zusammenzählen und kombinieren Riesen-Baustelle – Universitätsstadt – Geologenausbildung und würde herausbekommen, dass die hiesige Fakultät einbezogen ist, Studenten Praktika und Übungen vor Ort absolvieren, sich Firmen um das Know-How der Experten vor Ort reißen. Doch das wäre zu logisch. Was, wenn Wissenschaftler plötzlich von riesigen Kohleflözen und Granitblöcken berichteten? Muss die Wegstrecke dann verlegt werden? Vielleicht unter Augustusplatz und Ritterstraße hindurch? Bekäme dann die Uni ihre eigene Bahn-Station, was nur angemessen wäre? Dumm nur für die Studenten von außerhalb, deren Fahrzeit sich dank Tunnel um 20 Minuten verringern soll. Referate morgens im Zug ausarbeiten und mantramäßiges Repetieren der letzten Vorlesung ist dann perdu. Dafür soll nach der Vision der Bauherren die Zentralität Leipzigs gestärkt werden. Die Alma mater mutiert zum geistigen Zentrum Ostdeutschlands, Deutschlands, Europas. Nur gut, dass der Campus-Neubau bereits 2009 eröffnet wird. Zwei Jahre bevor die ersten Züge durch den Tunnel düsen. Wobei auch das noch unklar ist, vielleicht bleibt es nur beim Regionalverkehr. 643 Millionen Euro für einen Bummel-Tunnel? Bei so viel Tunnel-Blick ist der Campus-Neubau glatt ein Schnäppchen. Tobias D. Höhn 5 UniVersum Dienstreise nach Afrika Uni-Mediziner spenden Untersuchungsmaterial und Zubehörteile – Wiedersehen mit Kollegen Die Mikrobiologin Doz. Dr. Rosemarie Blatz, der Gastroenterologe Prof. Dr. Joachim Mössner und der Tropenmediziner Prof. Dr. Stefan Schubert der Universität Leipzig besuchten Ende 2006 Äthiopien und Tansania. Diese Reise gehörte zu einem Programm des DAAD für Zusammenarbeit mit Hochschulen in den Tropen, das bereits seit mehreren Jahren unter der Leitung von Prof. Schubert steht und auch von der Universität unterstützt wird. Auf dem Reise-Kalender standen gemeinsame Laborarbeiten, Patientenuntersuchungen, Stationsvisiten, Vorträge und Arbeitsbesprechungen. Mit der Universität Addis Abeba verbindet die Leipziger Universität ein Vertrag, der 1997 im Rahmen eines Kulturabkommens zwischen Äthiopien und der Bundesrepublik geschlossen wurde und die seit Jahrzehnten bestehenden Kontakte fortführt.m Von der Dekanin der Medizinischen Fakultät, Frau Zufan Lakew MD, wurde ein großer Dank für die bisher geleistete Hilfe auf den verschiedenen Fachgebieten wie HNO-Heilkunde, Virologie, Mikrobiologie, Immunologie, Gynäkologie und Geburtshilfe ausgesprochen – im vergangenen Jahr besonders für die Subspezialisierungen der beiden äthiopischen Internisten Dr. Bekele für Kardiologie (bei Prof. Pfeiffer) und Dr. Abate für Gastroenterologie (bei Prof. Mössner). Dr. Bekele, der dienstlich in Schweden weilte, wird seine in Leipzig erworbenen Spezialkenntnisse im Herzzentrum von Addis einbringen können, dessen Einweihung noch in diesem Jahr vorgesehen ist. Bei Dr. Abate, mit dem es ein herzliches Wiedersehen gab, konnte sich Prof. Mössner überzeugen, welch wertvolle Arbeit er dort auf seinem gastroenterologischen Spezialgebiet leistet. Nicht weniger herzlich verlief der Arbeitsbesuch im Armauer Hansen Research Institut (AHRI – benannt nach dem norwegischen Entdecker der Leprabakterien). Die Leipziger hatten medizinische Untersuchungsmaterialien und Zubehörteile mitgebracht, welche für bestimmte bakte6 Personal der Saint Luke Foundation in Tansania bei der Herstellung von Arzneien. Foto: Mössner/Schubert riologische Untersuchungen sowie für die endoskopische Behandlung von Patienten mit schweren gastroenterologischen Erkrankungen wie akuten Magen-Darm-Blutungen eine wertvolle Hilfe darstellen. Durch eingehende Verhandlungen von Prof. Schubert mit den Kontrollbehörden konnten sie noch rechtzeitig vom Flughafen ausgelöst und den äthiopischen Kollegen übergeben werden. Einige Tage vor ihrem Aufenthalt in Addis Abeba waren Prof. Mössner und Prof. Schubert auf Einladung des Würzburger Tropenarztes Dr. Bernhard Köhler in Moshi (Tansania) in der Saint Luke Foundation (SLF) und am Kilimanjaro Christian Medical Center (KCMC). Köhler ist Direktor der Saint Luke Foundation, einer Einrichtung, in welcher unter anderem Trainingskurse für medizinische Technologien durchgeführt werden, die an die Bedingungen in afrikanischen Landkrankenhäusern angepasst sind und dadurch eine sehr effektive und gleichzeitig kostengünstige Betreibung ermöglichen. Dies stellt in besonderer Weise eine Hilfe zur Selbsthilfe für afrikanische Kranken- häuser dar. Vorträge von Mössner und Schubert zu aktuellen gastroenterologischen und infektiologischen Problemen wurden interessiert verfolgt und diskutiert. Der Präsident des Medical College des KMCM Prof. Shao brachte in einem Arbeitsgespräch zum Ausdruck, dass Studenten aus dem Ausland für spezielle Ausbildungsabschnitte jerderzeit gern gesehen sind. – Und überall ist Leipzig gegenwärtig: Der ärztliche Direktor des KCMC, Dr. Swai, hatte vor vielen Jahren am HerderInstitut Deutsch gelernt, bevor er in Rostock Medizin studierte. Und Leipzig ist für viele Menschen am Kilimandscharo durch die Arbeit der Leipziger Mission seit etwa 100 Jahren (auch gegenwärtig vor allem in der Mitbetreuung von AIDS-Kranken und -Waisenkindern) bekannter als beispielsweise Berlin. Insgesamt zeigte auch diese Reise wieder einmal sehr deutlich, dass eine Nord-SüdZusammenarbeit keine Einbahnstraße ist, sondern ein Voneinander-Lernen hinsichtlich ärztlicher und akademischer Arbeit unter ganz unterschiedlichen Bedingungen. Marlis Heinz journal Adieu, alte Mensa! Eine Hommage mit Augenzwinkern Von Tobias D. Höhn Einmal noch Spaghetti Montanara. Einmal noch den auf sonnengelb gedrucktem Papier ausgebreiteten Speiseplan durchforsten, wenn der Magen knurrt. Sich um kurz vor 13 Uhr in die Schlange einreihen, Wissensbrocken aus Seminaren und Klatsch aus Instituten erlauschen, Schrittfür Schritt hin zur Essensausgabe. Die Augen fokussieren den Teller mit dem leckeren Mittagsmahl, der kein Teller ist. Eher eine Platte mit asymmetrisch angerichteten Ausbuchtungen für Fleisch, Beilagen und Dessert. Welcher Erstsemester stutzte nicht, als er das weiße Essensblech durch die Mensa bugsierte, war es doch etwas anderes als Nicht stapeln, und das Besteckfach voran. Auch nach Jahren schaut Uni-Journal-Redakteur Tobias D. Höhn immer noch auf das Schild, bevor er die „Platte“, wie das unterteilte Essenstablett im Küchenjargon heißt, auf das Förderband stellt. Foto: Dietmar Fischer Heft 1/2007 Muttis feine Meißner-Porzellan-Kollektion. Doch auch er gewöhnte sich daran, während die Spaghetti – neben Schnitzel das meistverkaufte Gericht über Dekaden hinweg – munter revoltierten. Sie schlängelten sich quer über das Tablett, ein Haufen gekrönt mit einem ordentlichen Schöpfer roter Soße – und Reibekäse als i-Tüpfelchen. Beikoch Uwe Wernicke (45) schwitzt in den Küchen3000 Essen wanderten an gut Katakomben der Zentralmensa. In dem Kochkessel verkauften Tagen über die schwimmen rund 40 Kilo Nudeln. Foto: T. D. Höhn Tresen, der Wok wurde vom Geheimtipp zum Bestseller und eroberte weisschild an. Kommt zuerst das Besteckdie Mägen im Sturm. fach oder zuerst die Dessertsektion? Zu Einmal noch den Hürdenlauf durch lange spät: Denn die Platte – eine westdeutsche Reihen von Stühlen, der Zick-Zack-Kurs Errungenschaft aus den ersten Jahren der über Rucksäcke, hin zum erspähten Platz. Wiedervereinigung – wird abgeschafft. Ja, Ob sengender Sonnenschein oder grauer es wird richtige Teller geben. Und das wird Winterhimmel, irgendwie war es immer dann wohl auch am legendären Ruf der dunkel in der Zentralmensa (ZM). Doch Mensa in der Jahnallee enden, wo die Pordie bodenlangen Gardinen im Erdgeschoss tionen so gigantisch sein sollen, dass sich machten die Uni-Kantine ebenso zur Insti- Teller vor der Last der Steaks biegen und tution wie das DDR-Gestühl, auf dem Stu- ausgehungerte Geisteswissenschaftler zu denten wie Professoren mehr schlecht als stillen Mit-Essern zählen. Alles nur ein recht Platz nahmen. Trick: Die Psychologie der kleinen Teller. Nicht zu vergessen jene Mitarbeiter, die Die Tage der Keimzelle studentischen Allmit strengem Auge darauf wachten, dass tags waren seit langem gezählt. Da weder die dreckige Essenplatte beim Hinausge- das Zeitgeschichtliche Forum Interesse für hen in die richtige Richtung auf das För- die Alltagsreliquien von Studentengeneraderband gelegt wurde. Jetzt kann ich es ja tionen angemeldet hatte und auch keine zugeben: Auch nach Jahren schaue ich mir engagierte Bürgerschar für Erhalt oder gar noch heute jedes Mal das riesengroße Hin- Wiederaufbau eintrat, bleibt die Trauer. Bei den 20 Mitarbeitern in den KüchenKatakomben hingegen macht sich alles andere als Wehmut breit. Von 6.30 Uhr an standen sie an Pfannen, Töpfen und Kochkesseln, in denen gut und gerne 40 Kilo Nudeln Platz fanden. Und das alles fern von Tageslicht, dem Duft des Frühlings oder dem Schneeflockentreiben im Winter. Kompliment an die Kombüsen-Crew um Küchenchef Jochen Gottschlich, der einst auf dem DDR-Traumschiff MS Arkona auftischte. Auch wenn das EdelstahlEquipment nicht mehr aus den Anfangstagen aus dem August 1973 stammt, ist vieles technisch überholt. Und auch wenn der Sextant für das nächste Jahr erstmal ins Interim in die Katharinenstraße 15 weist, heißt der Kurs „Volle Fahrt voraus Richtung Neue Mensa“. 2008 soll die neue Zentralmensa (veranschlagte Bausumme 17,6 Millionen Euro; 920 Sitzplätze) eröffnen. Und das Beste daran: Auch künftig wird es neben mehr und mehr Biokost auch Nudeln in allen Formen und (Namens-)Kreationen geben. 7 UniVersum Abstieg in die Mittelmäßigkeit? Bemerkungen zu Exzellenzinitiative und Förderranking Von Prof. Dr. Hubert Seiwert, Religionswissenschaftliches Institut Die Exzellenzinitiative hat dem Wettbewerb zwischen den deutschen Universitäten eine bisher unbekannte öffentliche Aufmerksamkeit beschert. Mit dem Geld werden auch Ansehen und Prestige neu verteilt. Von den rund 100 Universitäten in Deutschland haben im ersten Durchgang der Exzellenzinitiative 21 den Sprung in die erste Liga geschafft. Die Universität Leipzig ist nicht dabei. Nicht viel besser sieht es im „Förderranking“ der DFG aus: Unter den gelisteten 40 forschungsstärksten Hochschulen nimmt die Universität Leipzig den letzten Platz ein. Natürlich besteht die Hoffnung, in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative noch einen Achtungserfolg zu erringen. Immerhin waren unter den 84 Anträgen, die die erste Hürde der Vorauswahl genommen haben, zwei aus Leipzig. Aber das Ziel, die Universität Leipzig in den kleinen Kreis der „Eliteuniversitäten“ aufsteigen zu lassen, ist in weite Ferne gerückt. Gegenwärtig sind wir von einem Spitzenplatz in der Bundesliga weit entfernt und bewegen uns im Mittelfeld der Regionalliga. Das ist ein Abstieg, jedenfalls gemessen am bisher gepflegten Selbstverständnis. Nun wissen wir vom Fußball, dass beim Abstieg zwar in der Regel die Trainer als Verantwortliche herhalten müssen, dass aber ein Trainerwechsel nicht den zukünftigen Erfolg verbürgt. Es kommt schon noch auf die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mannschaft im Ganzen an.m Der bisher geringe Erfolg im bundesweiten Wettbewerb gibt Anlass zu Fragen: Ist die Forschungskompetenz an der Universität Leipzig tatsächlich nur mittelmäßig oder bestehen organisatorische Defizite, die ihre Entfaltung behindern? Haben wir ungenügende Ressourcen oder werden zu viele Ressourcen ineffizient gebunden? Gibt es hinreichende Anreize, große Energien in die Forschung zu investieren, oder 8 droht ein Klima der Frustration und Resignation? Wie lösen wir den Zielkonflikt zwischen Engagement in der Forschung und den Erfordernissen einer überreglementierten Lehre? Das enttäuschende Abschneiden in der Exzellenzinitiative kam nicht völlig unerwartet. Eine Woche vor Bekanntgabe der Ergebnisse der ersten Runde veröffentlichte die DFG ihr aktuelles „Förderranking“ der 40 forschungsstärksten Universitäten. Es ist sicher kein Zufall, dass die 21 Universitäten, die bei der Exzellenzinitiative bisher erfolgreich waren, bis auf drei auch im DFG Forschungsrankings unter den besten 25 gelistet werden. Zu erwarten, dass die Universität Leipzig, die den 40. Rang einnimmt, mit ihrem Zukunftskonzept in den elitären Kreis der fünf bis zehn Spitzenuniversitäten vorstoßen würde, hätte schon eines gewissen Wunderglaubens bedurft. Müssen wir uns also damit abfinden, dass die Alma mater Lipsiensis keine Forschungsuniversität mehr ist und sich als Lehruniversität auf die Durchschleusung studentischer Massen beschränken soll? Dies widerspräche nicht nur dem Selbstverständnis und der respektablen Tradition unserer Universität, sondern würde auch die aktuelle Realität verkennen. Es ist ja nicht so, dass keine oder nur mittelmäßige Forschung betrieben würde. Der mäßige Erfolg bei Exzellenzinitiative und Förderranking belegt nur, dass die strukturellen Bedingungen der Forschung alles andere als hervorragend sind. Denn gemessen wird nicht die Qualität der Forschung einzelner Disziplinen oder Wissenschaftler, sondern die synergetische Mobilisierung von Forschungskompetenz zu sichtbaren Projekten und Kohärenzen. Ob die Mobilisierung der vorhandenen Forschungskompetenz dadurch gelingen kann, dass die Alma mater eine For- schungsakademie gebiert und nährt und ihre übrigen Kinder mit dem trockenen Brot des Lehrbetriebes abspeist, sei dahingestellt. Jedenfalls gilt es, die bestehenden Potenziale selbstorganisierter und kooperativer Forschung zur Entfaltung zu bringen. Ein transparentes und nachhaltiges System von Anreizen, Unterstützung und Honorierung des Erfolgs könnte vielleicht größere Wirkung entfalten als zusätzliche Hierarchieebenen und administrative Strukturen. Die Steuerung einer so komplexen Institution wie der Universität, deren Dynamik von der Motivation hunderter von Wissenschaftlern mit berufsbedingt ausgeprägtem Individualismus abhängt, wird durch Zentralisierung schwerlich große Kräfte freisetzen. Dynamik der Forschung lässt sich nicht administrativ lenken, sondern allenfalls durch geeignete Rahmenbedingungen ermöglichen. The art of governance ist nicht nur ein Thema politikwissenschaftlicher Theorie, sondern auch der universitären Praxis. Als Ausgangspunkt für eine illusionslose Bestandsaufnahme mag das DFG Forschungsranking dienen. Es bietet ein durchaus differenziertes Bild der Stärken und Schwächen einzelner Universitäten. Zwar nimmt die Universität Leipzig insgesamt den letzten Rang der 40 gelisteten Hochschulen ein, jedoch ist die gemessene Leistungsfähigkeit recht unterschiedlich gestreut verteilt. Die nach Fachgruppen differenzierten Übersichten führen nur die jeweils 20 besten Universitäten auf. Immerhin in drei Bereichen gehört unsere Universität zur Spitzengruppe: in den Geisteswissenschaften (Rang 15), der Chemie und im Bauwesen (jeweils Rang 19). Nimmt man die hoffnungsvollen Erfolge der Nano-Forschung und Mathematik in der zweiten Vorrunde der Exzellenzinitiative hinzu, wird deutlich, dass es entwicklungsfähige Potenziale gibt. Unsere Universität mag zwar gegenwärtig etwas schwächeln, doch sie ist nicht unheilbar krank. Eine 600-jährige Tradition mit Höhen und Tiefen gibt das nötige Selbstvertrauen, dass die Universität Leipzig ihren Platz unter den Besten zurückerobern kann. Die vorhandenen Kapazitäten werden nur mobilisiert werden können, wenn Entscheidungsprozesse transparent sind und das Kapital an dezentralem Sachverstand klug genutzt wird. Die Mobilisierung einer akademischen Institution ist ohne öffentlichen offenen Diskurs nicht möglich. Vielleicht ist „weiter so!“ nicht die einzig mögliche Reaktion. journal UniVersum Exzellenzinitiative Universität in der Endrunde Die Universität Leipzig hat mit ihrem Exzellenzcluster Felix Klein Center for Mathematical Sciences and their Application sowie mit der Graduiertenschule BuildMoNa. Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects in der zweiten Auflage der von Bund und Ländern initiierten Exzellenzinitiative die Endrunde erreicht. „Damit hat sich Leipzig in Sachsen als einzige Universität in dieser Stufe des Verfahrens durchgesetzt“, kommentiert Rektor Prof. Dr. Franz Häuser den Erfolg. Die Universität gehört damit zu 35 Hochschulen bundesweit, die zur Antragstellung durch die Gemeinsame Kommission der Exzellenzinitiative von DFG und Wissenschaftsrat aufgefordert wurden. „Für die Universität Leipzig ist diese erste Hürde ein wichtiger Schritt und beweist einmal mehr ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Forschung“, so Häuser. Die Universität hatte sich mit Antragsskizzen für zwei Exzellenzcluster, drei Graduiertenschulen sowie für ein Zukunftskonzept beworben.m Der Antrag für das Exzellenzcluster Felix Klein Center for Mathematical Sciences and their Application hat die mathematische Forschung und ihre Anwendungen in den Naturwissenschaften zum Gegenstand. Die Antragsteller kommen aus der Mathematik, der Theoretischen Physik und der Informatik. Numerisch-algorithmische und strukturelle Forschung wird als Einheit betrachtet. Der Antrag für die Graduiertenschule BuildMoNa. Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects konzentriert sich auf die interdisziplinäre Ausbildung von jungen Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern, basierend auf fachübergreifender interdisziplinärer Forschung und bezogen auf die Entwicklung neuer Materialien. Aus geeigneten Bausteinen wie Nanoteilchen und veränderbaren Molekülen werden vorzugsweise über Mechanismen der Selbstorganisation neue intelligente Materalien hergestellt, die umweltfreundlich und kostengünstig sind. Bereits in der ersten Runde des Forschungswettbewerbs konnte die Universität mit dem Exzellenzcluster Molecules and Cells for Tissue Regeneration einen Erfolg verbuchen und die Endrunde erreichen. r. Heft 1/2007 Medizin für die dritte Lebensphase Prof. Emmrich zum Aufbau des neues Exzellenzzentrums In Leipzig wird ein interdisziplinäres Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) aufgebaut. Koordinator dafür ist Prof. Dr. Frank Emmrich, Direktor des Instituts für Immunologie und Transfusionsmedizin an der Universität Leipzig und Direktor des Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie. Er freut sich über den Erfolg des zukunftsfähigen Konzepts, das von internationalen Gutachtern bestätigt wurde. Zugleich ist ihm bewusst, dass sich die neue Einrichtung im internationalen Wettbewerb behaupten muss. Herr Professor Dr. Emmrich, das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat grünes Licht für das Leipziger TRM-Projekt gegeben. Gemeinsam mit dem Freistaat sind erhebliche Finanzmittel freigegeben worden. Ja, 20 Millionen Euro für vier Jahre und dann – darüber sind wir sehr froh – noch einmal 17 Millionen für Baumaßnahmen und Ersteinrichtungen. 11 Millionen Euro fließen in Umbaumaßnahmen in Forschungslabors eines Teiles der Universitätsfrauenklinik in Leipzig, die im Herbst in das neue MutterKind-Zentrum in die Liebigstraße umzieht, wodurch Gebäude frei werden. Dort können wir die aufwändige Klimatechnik und die technische Ausrüstung der OP-Säle für das Translationszentrum, für unsere Einheit für Mikrochirurgie und für Qualitätssicherung, nachnutzen. Da freut sich natürlich das Wissenschaftsministerium, das in den 90er Jahren den Neubau der Operationssäle in der Frauenklinik finanziert hat, dass das nicht umsonst „ war, sondern in einem sehr forschungsund bildungsnahen Bereich weitergenutzt wird. Neben der Forschung und Bildung soll das TRM aber auch sehr anwendungsnah arbeiten. Translation heißt ja, dass Forschungskonzepte klinisch umgesetzt werden. Wer die klinische Entwicklung und Forschung in den letzten Jahrzehnten betrachtet hat, hatte manchmal den Eindruck, dass bei vielen Themen sehr lange gebastelt und gegrübelt wurde, ohne dass daraus neue diagnostische und therapeutische Produkte entstanden sind. Wir wollen bei den konzeptionellen Ansätzen in Zukunft etwas intensiver darauf achten, dass wir eine Auswahl- und Bewertungsstrategie verfolgen, bei der die Umsetzung in klinische Anwendungen besser kontrolliert wird. Gerade in der Regenerativen Medizin ist in den letzten Jahren ein Umsetzungsstau aufgelaufen. Warum ist die Regenerative Medizin ein so wichtiges Thema? Das muss man im Kontext mit dem Stichwort der „alternden Gesellschaft“ sehen. Wir haben jetzt einen fast vollen dritten Lebensabschnitt: Nach Jugend- oder Ausbildungsphase kommt die Phase der Berufstätigkeit und dann noch einmal mit mittlerweile einer Dauer von etwa 30 Jahren die Phase des Alterns. In diesem Zusammenhang wachsen natürlich auch die Ansprüche, dies in einer Lebensqualität zu erleben, die mit anderen Lebensabschnitten vergleichbar ist. Da muss es auch zu einem Paradigmenwech- Es muss zu einem Paradigmenwechsel kommen. “ 9 UniVersum sel kommen. Heute wird oft zu lange gewartet, bis schwere gesundheitliche Schäden entstehen, die dann mit Apparatemedizin behandelt werden, die den alten Menschen nicht angemessen ist. Die Frage ist zum Beispiel, ob man nicht die Regenerationssysteme des Körpers, sofern wir sie verstehen, stimuliert und dadurch etwas organischer dafür sorgt, dass untergegangenes Gewebe ersetzt wird. Schon heute gibt es rund 40 Projekte, die verfolgt werden. Haben Sie ein, zwei konkrete Beispiele, wo man schon weiter vorangeschritten ist? Da wäre einmal in der Neurologie ein Projekt zur Zelltherapie bei der Schüttellähmung, bei Morbus Parkinson zu nennen, das Professor Johannes Schwarz betreut. Dort werden Zelllinien durch kleine Löchlein in der Schädeldecke gezielt in die betroffenen Gehirnregionen injiziert. Diese Zellen produzieren dann Dopamin, den Stoff, der bei den Erkrankten fehlt. Die Entwicklung der therapeutischen Zelllinien steht kurz vor dem medizinischen Einsatz. Ein anderes Beispiel ist eine der technischen Disziplinen, etwa die Materialwissenschaften. So beschäftigt sich beispielsweise das Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM) mit der Struktur von Materialoberflächen. Das ist unter anderem wichtig für die Entwicklung neuer Prothesen, wie etwa Endoprothesen, die ganz in den Körper eingebaut werden. Diese müssen dann natürlich vom Körper vertragen werden, so dass die Zellen, die damit in Kontakt kommen, nicht beschädigt oder vergiftet werden, sondern dass diese sich im Gegenteil richtig in die Oberfläche „hineinkrallen“. Das IOM hat es auch geschafft, bei bestimmten Metalllegierungen die Abgabe von Nickel zu unterbinden. Auch das ist Regenerative Medizin, weil man verhindert, dass eine schädliche Entzündung durch Überempfindlichkeit eintritt. Diese Beispiele zeigen das breite Anwendungsspektrum der Leipziger Projekte. Ich nehme an, dass die Politiker auch diese Förderentscheidung gefällt haben, weil sie dies besonders beeindruckt hat. Man kann sich kaum ein anderes Gebiet vorstellen, wo so viele Fachdisziplinen zusammenarbeiten. In der Kombination vieler kluger Gehirne erscheinen Probleme auf einmal lösbar, die der Einzelne allein nie lösen konnte. 10 Prof. Dr. Frank Emmrich, Direktor des Instituts für Immunologie und Transfusionsmedizin an der Universität Leipzig, ist Koordinator für den Aufbau des interdisziplinären Translationszentrums für Regenerative Medizin. Foto: Dietmar Fischer Wenn man einen Ausblick wagt, sind dann auch privatwirtschaftliche Ausgründungen von Firmen denkbar, die am TRM-Zentrum entwickelte Produkte vermarkten und so vielleicht sogar zur teilweisen Finanzierung von Forschung beitragen? Ja, mittelfristig könnten dadurch tatsächlich Gelder in das Zentrum zurückfließen. In Zukunft ist das für uns zunehmend wichtig, weil irgendwann die öffentliche Förderung ausläuft. Dann muss das Zentrum sich andere Wege suchen. Der Zuwendungsgeber hat von uns verlangt, dass wir darauf achten, dass Schutzrechte im Zentrum bleiben und gegebenenfalls in eine solche Ausgründung hineingegeben werden können oder Lizenzen erteilt werden. Eine komplett selbsttragende Forschung wird es vermutlich nie geben, aber bestimmte Deckungsbeiträge kann man von solchen anwendungsnahen Konzepten schon erwarten. Neben Leipzig werden ja auch Zentren in Berlin, Hannover und Dresden gefördert. Kommt man sich da nicht ins Gehege? Nein, ganz im Gegenteil, denn alle haben andere Schwerpunkte. Wenn man sich die beiden sächsischen Zentren ansieht, dann ist Dresden mehr grundlagenorientiert, während wir in Leipzig uns stärker anwendungsorientiert aufstellen. Die vier Zentren befinden sich derzeit auf einem Weg der gedanklichen Abstimmung untereinander, wie man eine gemeinsame Strategie für Deutschland entwickeln kann. Man darf nicht vergessen, dass die Konkurrenz im europäischen und außereuropäischen Raum groß ist. Der asiatische Stadtstaat Singapur gibt allein rund eine Milliarde US-Dollar (knapp 772.000 Euro) für Regenerative Medizin aus und stampft einen neuen Stadtteil nur dafür aus dem Boden. Da erwartet die Forschungspolitik schon, dass wir darauf Antworten finden. Interview: Jörg Aberger journal UniVersum 50 Jahre Herder-Institut Die Nachfolger feierten „bewährte Konstellation“ Im Dezember 2006 beging das HerderInstitut der Universität Leipzig gemeinsam mit interDAF e.V. sowie dem Studienkolleg Sachsen das 50-jährige Bestehen. Im Jahr 1956 wurde das Institutfür Ausländerstudium gegründet, fünf Jahre später erhielt es den Namen Herder-Institut, Vorstudienanstalt für ausländische Studierende in der DDR und Stätte zur Förderung deutscher Sprachkenntnisse im Ausland. Bis zu 500 ausländische Studienbewerber bereiteten sich bis 1990 jährlich in Leipzig auf ihr Studium vor. Unter anderem gehörte zu diesen Studierenden auch die heutige chilenische Staatspräsidentin Michelle Bachelet, seit vergangenem Jahr Trägerin der Universitätsmedaille der Universität Leipzig (siehe Uni-Journal 6/2006). Wesentlicher Bestandteil dieser Vorbereitungszeit war das Erlernen der deutschen Sprache, so dass es auch vor diesem Hintergrund nicht verwundert, dass gerade an der Universität Leipzig deutschlandweit der erste Lehrstuhl Deutsch als Fremdsprache im Jahr 1969 gegründet wurde. Nach der Wende kristallisierte sich die dreiteilige Struktur heraus: Das heutige Herder-Institut ist ein Teil der Philologischen Fakultät und hat seinen Magisterstudiengang Deutsch als Fremdsprache mit diesem Semester auf Bachelor umgestellt, ab Wintersemester 2007/2008 gibt es zudem ein Masterstudienangebot. Inzwischen studieren etwa 1400 Studierende in diesem Fach, das Inhalte in den Bereichen Linguistik/Angewandte Linguistik, Phonologie und Phonetik, Didaktik/Methodik sowie Landeskunde und Kulturstudien umfasst. Das Studienkolleg Sachsen setzt als Zentrale Einrichtung der Universität Leipzig die Tätigkeit der früheren Unterrichtsabteilung fort und bereitet ausländische Studienbewerber sprachlich und fachlich auf ein Hochschulstudium im Freistaat Sachsen vor. Darüber hinaus bietet es ausländischen Hörern aller Fakultäten studienbegleitenden Deutschunterricht an. Der Verein interDaF e.V. am Herder-Institut bietet auf kommerzieller Basis Sprach- kurse für Studierende aus dem Ausland und Interessenten weltweit an. Außerdem können sich in unterschiedlich ausgerichteten Fortbildungskursen ausländische Wissenschaftler sowie Deutschlehrer im Gebiet Deutsch als Fremdsprache weiterbilden. „Die dreiteilige Konstellation hat sich in den vergangenen Jahren bewährt, weil sie den teilweise doch sehr unterschiedlichen Aufgabenbereichen der drei Institutionen entspricht und dennoch auch ein wechselseitiges Geben und Nehmen ermöglicht“, erklärt der Geschäftsführende Direktor des „neuen“ Herder-Instituts, Prof. Dr. Claus Altmayer. Zu den Gratulanten der Festveranstaltung am 8. Dezember 2006, im Alten Senatssaal gehörte auch Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer, Staatsminister a.D., der sich in einem Festvortrag die Historie des Instituts würdigte. Außerdem fand anlässlich des Jubiläums ein eintägiges Kolloquium zum Thema „Deutsch als Fremdsprache – Zwischen Wissenschaft und Praxis“ statt. r. Den Auftakt der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Herder-Instituts bildete ein Länderabend unter dem Motto „Stimmen der Völker” in der „moritzbastei“, gestaltet von Studierenden der drei Einrichtungen. Foto: Dietmar Fischer Heft 1/2007 11 UniVersum | Gremien Sitzung des Senats am 12. Dezember Senat beschließt Berufungen und diskutiert Datensicherheit 1. Der Senat befasste sich mit Berufungsangelegenheiten und stimmte den Denominationsänderungen sowie den jeweiligen Ausschreibungstexten und Berufungskommissionen für folgende Professuren zu: W3-Professur „Kirchengeschichte mit Schwerpunkt Spätmittelalter und Reformationsgeschichte“, W2-Professur „Theaterwissenschaft – Gegenwartstheater/Theatergeschichte“, W3-Professur „Kultur und Geschichte Chinas“, die W2-Professur „Gesellschaft Chinas“. 2. Weiterhin stimmte der Senat für Ausschreibungstext und Zusammensetzung der Berufungskommission für die W2-Professur „Sportbiomechanik“, für die W2Professur „Sportmanagement“ sowie die Verfahrenseinstellung für die W2-Professur „Allgemeine Pädiatrie/Neontologie“. 3. Die Listenvorschläge für die W2-Professur „Organische Chemie/Katalyse“ sowie die W3-Professur „Großtierchirurgie“ bestätigte der Senat. 4. Der Senat diskutierte Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Einführung der Software HIS-LSF. 5. Die studentischen Senatsmitglieder wählten Daniel Fochtmann (FS Institut für KMW) sowie Torsten Preuß (FS Politikwissenschaft) als studentische Mitglieder des Wahlausschusses; Eleni Andrianopulu (FS Romanistik/Klassische Philologie/Komparatistik) sowie Fabian Keppler (FS Chemie und Mineralogie) als Ersatzmitglieder. 6. Der Senat beschloss weiterhin vorgelegte Studiendokumente der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, der Fakultät für Mathematik und Informatik, der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie sowie der Fakultät für Physik und Geowissenschaften. 7. Der Senat beschloss eine vorgelegte Korrektur im Ablauf des Akademischen Jahres 2007/2008. 8. Aus aktuellem Anlass eines „Hack-Versuchs“ diskutierte der Senat auf Anfrage der studentischen Senatoren die Datensicherheit an der Universität Leipzig. Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin 600 Gäste beim Tanzfest des Hochschulsports Das Tanzfest des Hochschulsports hat Mitte Januar mehr als 600 Zuschauer in den „Anker“ gelockt. Begeistert feierten sie mit den über 280 Aktiven ein Fest der Bewegung. Das zum 16. Mal vom Zentrum für Hochschulsport ausgetragene Tanzfest bot Einblicke in unterschiedliche Genres und die multikulturelle Vielfalt des Tanzbereiches an der Universität Leipzig. Erstmals wurde auch Line Dance in das Programm aufgenommen. Mehr als 30 Übungsleiter haben während des Wintersemesters die Studenten auf ihren Auftritt vorbereitet. Fotos: Dietmar Fischer 12 journal Das Rektoratskollegium ist komplett: Rektor Franz Häuser (3. v. l.) sowie die Prorektoren Wolfgang Fach, Martin Schlegel und Robert Holländer (von links). Auf dem Bild fehlt Kanzler Frank Nolden. Foto: Dietmar Fischer Rektoratskollegium komplett Prof. Fach neuer Prorektor für Lehre und Studium Das Rektoratskollegium der Universität Leipzig ist wieder komplett. Das Konzil wählte am 19. Dezember Prof. Dr. Wolfgang Fach nach vorläufigem Ergebnis mit 133 Ja-Stimmen (12 Nein-Stimmen, 2 ungültige Stimmen) zum neuen Prorektor für Lehre und Studium. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,2 Prozent. Prof. Fach tritt damit die Nachfolge von Prof. Dr. Charlotte Schubert an. Seine Amtszeit geht bis zum 1. Dezember 2009. Professor Fach hatte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaft studiert und war bis 1992 als wissenschaftlicher Assistent, Universitätsdozent sowie Professor für Politische Wissenschaft an der Universität Konstanz tätig. Seit 1992 hat der Politikwissenschaftler die Professur für Politische Theorie an der Universität Leipzig inne. Seit dem Jahr 2002 engagiert sich Fach als Dekan für die Fakultät Sozialwissenschaft und Philosophie. Das Rektoratskollegium besteht nunmehr aus dem Rektor, Professor Dr. Franz Häuser, dem Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Professor Dr. Martin Schlegel, dem Prorektor für strukturelle Entwicklung, Professor Dr. Robert Holländer, dem Prorektor für Lehre und Studium, Professor Dr. Wolfgang Fach, sowie Kanzler Dr. Frank Nolden. r. Sitzung des Senats am 16. Januar Wichtiger Etappensieg im Exzellenzwettbewerb 1. Der Senat befasste sich mit Berufungsangelegenheiten; dies betraf den Ausschreibungstext und die Zusammensetzung der Berufungskommission für die W3-Professur „Entwicklungsbiologie mit Schwerpunkt endogene Gewebs- und Organentwicklung und Regeneration“ und für die W3-Professur „Bodenökologie“, die gemeinsam mit dem UFZ Leipzig-Halle GmbH besetzt wird. Weiterhin bestätigte der Senat den Ausschreibungstext und die Zusammensetzung der Berufungskommission für die W2-Professur „Geologie“. 2. In seiner Sitzung stimmte der Senat der Verleihung der Ehrendoktorwürde an den Literaturwissenschaftler Professor Dr. Charles Bonn (Université de Lyon 2) durch die Philologische Fakultät zu. 3. Entsprechend der Vorlage des Kanzlers beschloss der Senat nun die Ordnung des Translationszentrums für Regenerative Medizin (TRM), das bereits im vergangeHeft 1/2007 nen Jahr zum 1. Oktober 2006 gegründet wurde. 4. Zur Kenntnis gegeben wurde dem Senat die aktuelle Zusammensetzung der Research Academy Leipzig (RAL) mit ihren Graduiertenzentren „Mathematik/ Informatik und Naturwissenschaften“, „Lebenswissenschaften“ sowie „Geistesund Sozialwissenschaften“. (www.unileipzig.de/~ ral) 5. In einem zusätzlichen Tagesordnungspunkt berichtete Kanzler Dr. Nolden über den aktuellen Stand der Einführung der Software HIS LSF. 6. Rektor Prof. Dr. Franz Häuser informierte den Senat über den aktuellen Erfolg in der Exzellenzinitiative von DFG und Wissenschaftsrat. Die Universität Leipzig hat mit ihrem Exzellenzcluster „Felix Klein Center for Mathematical Sciences and their Application“ sowie mit der Graduiertenschule „BuildMoNa. Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects“ die Endrunde erreicht. Professor Häuser übermittelte dem Senat die Gratulation der Ministerin Dr. Eva-Maria Stange (SMWK) und die ihrerseits erklärte Bereitschaft, die Universität auf ihrem Weg deutlich zu unterstützen (siehe auch Beitrag S. 9). 7. Außerdem berichtete Rektor Häuser über den aktuellen Stand zum Campusneubau am Augustusplatz und die Ergebnisse der Großen Baukommission im Dezember 2006: Um die rechtzeitige Fertigstellung zu gewährleisten sei der Bauabschnitt IV (neues Hauptgebäude mit Aula und Audimax) vom Gesamtbau entkoppelt. Professor Häuser berichtete dem Senat über die ausführlichen Besprechungen zur Ausgestaltung der Aula. Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin 13 Forschung „Eine Ansammlung von Molekülen kann beißen oder liebenswürdig sein“ Leipzig als erste ostdeutsche Uni Mitglied des Institute for Complex Adaptive Matter (ICAM) Von Dr. Bärbel Adams Wissenschaftler dringen immer tiefer in die Gesetzmäßigkeiten der Welt ein, um vielleicht eines Tages des Pudels Kern zu finden, mit dem sich alles erklären lässt. Wenn, ja wenn da nicht etwas wäre, was sich derartigen Erklärungsversuchen entzöge. „Der Reduktionismus in der Wissenschaft (beispielsweise die Suche nach der Weltformel in der Physik) hat uns in Westeuropa sehr voran gebracht, das ist in der Tat das, was unsere Gesellschaften prägt. Dieses Streben wirkt aber der Einheit der Wissenschaften entgegen, auch das ist nichts Neues, wird jedoch in den letzten Jahrzehnten oft unter den Teppich gekehrt“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Haase, Leiter der Arbeitsgruppe Magnetische Resonanz Komplexer Quantenfestkörper am Institut für Experimentelle Physik II. „Wir können heute schon mit großer Sicherheit die Anzahl und die Art der Atome, aus denen ein Mensch aufgebaut ist, angeben, daraus unter anderem sein Gewicht ableiten und vielleicht sogar auf gewisse Krankheiten schließen, aber über viele andere, sehr wichtige Eigenschaften der Person können wir fast gar nichts sagen. Eine höhere Präzision bei der Bestimmung der Bestandteile wird Fortschritte bringen, aber niemals ausreichen, um alle anderen wichtigen Eigenschaften zu charakterisieren. Eine Ansammlung von Molekülen kann beißen oder liebenswürdig sein. “ 14 Eben weil das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teilchen, haben sich exzellente Wissenschaftler aus aller Welt zusammengefunden, um die vereinigenden Elemente der Wissenschaften wieder mehr zu betonen, das Ganze im Auge zu haben, ohne das Einzelne zu unterschätzen. Mit Substanz spinnen ICAM – das Institute for Complex Adaptive Matter – wurde geboren, zunächst 1999 in Los Alamos National Laboratory; ins Leben gerufen von renommierten amerikanischen Wissenschaftlern der Universität von Kalifornien, hat es sich bis heute zu einem multizentrischen Forschungsprogramm mit interdisziplinärer Ausrichtung auf dem Gebiet der physikalischen, chemischen und biologischen Wissenschaften entwickelt. ICAM unterstützt Forschungsprojekte und Ausbildungsprogramme, organisiert Workshops, Symposien Fellowships, For- schungs- und Ausbildungsnetzwerke. Eine ausgeprägte Kommunikations- und Leitungsstruktur trägt zur erfolgreichen Arbeit von ICAM bei, die zum Beispiel von der National Science Foundation und der Richard P. Lounsbery Foundation unterstützt wird. Charakteristisches Merkmal von ICAM ist die Unterstützung wissenschaftlicher Forschung und vor allem junger Wissenschaftler außerhalb bestehender Strukturen. Gefördert werden außerdem nicht nur ICAMMitglieder. „Wir wollen junge, fähige Menschen fördern, egal aus welchem Land. Wir glauben an sie, sie sollen unbürokratische Hilfe bekommen. Wir sind der Meinung, dass junge, interessierte Menschen nicht nur auf Grund von bereits vorhandenen Veröffentlichungen oder weil sie ein Poster vorbereitet haben, zu einer Konferenz fahren dürfen. Wenn sie die ernste Absicht haben, und die will unser Netzwerk unbürokratisch feststellen, dann bekommen sie ihr Geld. 70 Prozent diesbezüglicher Ausgaben gehen an junge Leute, solche, die noch keine feste Stelle haben. Nicht mehr als 30 Prozent kann an ältere gehen“, sagt Prof. Haase. Studenten und junge Wissenschaftler sollen ausdrücklich ermutigt werden, eigene, tragfähige Ideen zu verfolgen, auch „mit Substanz zu spinnen“, meint Prof. Dr. Josef Käs, Leiter der Abteilung Physik der weichen Materie. Beide Professoren, Haase und Käs, sehen in ICAM nicht nur eine Möglichkeit, Netzjournal Forschung Prof. Dr. Daniel Cox, University of California und Co-Direktor von ICAM hielt das 1. Leipziger ICAM-Kolloquium. werke zu bilden und junge Wissenschaftler zu fördern – das ist auch auf andere Weise möglich. Sie sehen vielmehr hinter den Ideen, die durch ICAM realisiert werden, einen notwendigen Schritt, den die Wissenschaft gehen muss. „Wir wollen ICAM lokal auch zu einer Sache der Universität machen“, erläutern beide die Zielstellung, mit der sie erfolgreich eine Mitgliedschaft der Universität Leipzig am Institute for Complex Adaptive Matter beantragten. Damit ist die Universität Leipzig die erste ostdeutsche Universität in diesem Verbund, in dem sie sich mit so namhaften Einrichtungen wie der Princeton University, der University of California, der Boston University, der University of Chicago, der Stanford University, der University of Cambridge, einigen deutschen Max-Planck-Instituten, um nur einige zu nennen, in einer Reihe befinden. Exzellenz einbinden und sichtbar machen Beide sind stolz auf diesen Erfolg, der schon eine gehörige Portion wissenschaftliche Kompetenz erfordert, die dem entscheidenden Gremium bekannt sein muss. Kurz: Ohne Exzellenz kein Beitritt. Prof. Käs arbeitet jetzt im Science Steering Committee des ICAM, das über die wissenschaftliche Tragfähigkeit eingereichter Anträge entscheidet und u. U. wissenschaftliche Auflagen erteilt. Prof. Haase arbeitet am Board of Governors, das die Gesamtleitung überwacht etc. Beide vertreten sich gegenseitig und werden ihr Amt auch einmal austauschen. Jedes Mitglied zahlt zunächst 10.000 USDollar in die zentrale ICAM-Kasse ein, Heft 1/2007 weitere 10.000 Dollar werden vor Ort, also in unserem Falle an der Universität Leipzig, deponiert. Hinzu kommen Mittelzuweisungen, für die Uni Leipzig zum Beispiel 3,5 Millionen US-Dollar für die nächsten fünf Jahre von der National Science Foundation, einer Einrichtung in den USA, die vergleichbar mit der DFG bei uns ist. Grund: die gezeigte Exzellenz. Zugleich versuchen die Wissenschaftler von den wissenschaftsfördernden Einrichtungen in Deutschland und der EU Mittel zu bekommen, die dem gleichen Anliegen dienen sollen. Türkische Gastprofessur für Hey-Hawkins Bürokratie ist zweiter Sieger Lokal haben Haase und Käs ein ICAMKolloquium eingerichtet, mit dem sie sich an die zweimal jährlich stattfindenden ICAM-Sitzungen anlehnen. „Die Anzahl der Stunden, die wir mit Bürokratie (Leitungsaufgaben) verbringen, ist immer kleiner als die Anzahl der Stunden während derer wir Vorträgen von der wissenschaftlichen vordersten Front lauschen und selbst unsere wissenschaftlichen Aktivitäten darstellen“, kommentiert Prof. Haase. Der Hauptvortrag des 1. Leipziger ICAMKolloquiums wurde gehalten von Prof. Dr. Daniel Cox, University of California und Co-Direktor von ICAM, zum Thema „Physik amyloider Erkrankungen“. Das sind degenerative Erkrankungen wie Alzheimer. Ein weiterer kleiner Vortrag mit anschließender Diskussion zum International Institute for Complex Adaptive Matter schloss sich an. Ein nächster Vortrag ist geplant. Die Wissenschaftler hoffen auf rege Beteiligung. 2. ICAM-Kolloquium Frau Prof. Ka Yee Lee, Department of Chemistry University of Chicago. Mitglied des Science Steering Committees von ICAM Datum: 12. Februar Ort: Hörsaal für Theoretische Physik, Linnéstraße 5 14.30 Uhr: Eröffnungsdiskussion „Frauen und Naturwissenschaften in den USA“ 15.15 Uhr: Hauptvortrag über Wechselwirkungen zwischen Lipiden und Proteinen In Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen auf den Gebieten der Anorganischen Chemie hat die Leipziger ChemieProfessorin Evamarie Hey-Hawkins eine Gastprofessur an der türkischen Pamukkale University in Kinikli erhalten. Die Professur wird durch den Scientific and Technical Research Council of Turkey (TÜBİTAK) gefördert, bei dem es sich um die der Deutschen Forschungsgemeinschaft entsprechende Organisation in der Türkei handelt. Gastgebender Professor an der Pamukkale University ist Assist. Prof. Dr. Mehmet Karakuş. Im Februar wird die Leipziger Anorganikerin im Department of Chemistry, Faculty of Arts and Sciences für etwa zwei Wochen als Gastprofessorin Fachvorträge sowie Vorlesungen für Doktoranden halten. Prof. Hey-Hawkins engagiert sich als Sprecherin eines Graduiertenkollegs des Internationalen Promotionsprogramms Forschung in Grenzgebieten der Chemie und einen der sechs Profilbildenden Forschungsbereiche der Universität Leipzig (PbF 1, gemeinsam mit Professor M. Grundmann) in hohem Maße für die Forschungs- und Studienbedingungen an der Fakultät für Chemie und Mineralogie. Ihre wissenschaftlichen Interessen liegen insbesondere im Bereich von Phosphorund Übergangsmetallverbindungen und deren Anwendung in Katalyse und Materialwissenschaften, aber auch bei biologisch aktiven Borverbindungen. Die Pamukkale University wurde 1992 gegründet und ist somit eine junge, moderne Einrichtung. Gegenwärtig studieren etwa 18 000 Studierende in den sechs Fakultäten der Pamukkale University. Dr. Ulrike Helmstedt 15 Forschung In Sachen Bibel wird immer noch ermittelt Leipziger untersuchen in einem internationalen Forschungsprojekt den Codex Sinaiticus Von Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Universitätsbibliothek Es hört sich immer wieder wie ein Krimi an, wenn man die Geschichte des Codex Sinaiticus oder der „Sinai-Bibel“, wie der Entdecker der Handschrift sie nannte, erzählt. Konstantin von Tischendorf brach 1844 von Leipzig auf, um das Kloster am Fuße des Sinai zu besuchen. Und er brachte damals 43 Blätter des äußerst wertvollen Manuskriptes mit, die bis heute in der Universitätsbibliothek Leipzig aufbewahrt werden. Dieser Schatz – war er im 19. Jahrhundert den Mönchen des Katharinenklosters nichts wert? Wir wissen es nicht, nur eines steht fest: Die Blätter aus feinstem Pergament wurden einem Theologen und Bibelforscher gegeben, der wie kaum ein anderer dessen würdig war. Tischendorfs Gelehrsamkeit erstaunt bis heute. Er bewegte sich wie selbstverständlich in der Geisteswelt des 4. Jahrhunderts, er las, verstand und identifizierte problem- los griechische Handschriften aus dieser Zeit, und er war erfüllt von der selbstgestellten Aufgabe, die ältesten Zeugnisse des Bibeltextes zu finden. 1844 hatte er Glück, nicht zum letzten Mal, und seine Zeitgenossen fieberten mit ihm. In der Augsburger Allgemeinen Zeitung bekamen sie am 2. Oktober 1844 „Tischendorfs paläographischen Fund“ vermeldet, wie drei Monate später seine Rückkehr nach Sachsen am 20. Dezember. Im Gepäck hatte Tischendorf außer den Blättern der Sinai-Bibel noch viele andere wertvolle Handschriften. Der Gelehrte edierte seine Funde, und so besitzen wir eine Lithographie aus dem Jahre 1846, welche in bewunderswerter Genauigkeit das Original der Leipziger Bibelhandschrift abbildet. Dieser erste Teil des Krimis zeigt uns Tischendorf gewissermaßen als Kommissar, als Ermittler, der etwas findet und doku- Konstantin von Tischendorf brach 1844 von Leipzig auf, um das Kloster am Fuße des Sinai zu besuchen. Er brachte damals 43 Blätter des äußerst wertvollen Manuskriptes mit, die bis heute in der Universitätsbibliothek Leipzig aufbewahrt werden. Foto (Ausschnitt): Universitätsbibliothek 16 mentiert. Zwar gab es die Nachricht von der Existenz des (heute so genannten) Codex Sinaiticus schon im 18. Jahrhundert, aber erstTischendorf ordnete ihn zeitlich genauer ein, transkribierte und kommentierte seinen Fund. Der zweite Teil des Krimis ist nicht so eindeutig erzählbar, denn dafür kursieren zwei Versionen. Fakt ist, dass Tischendorf noch zweimal ins Katharinenkloster fuhr und weitere Teile der alten Handschrift zu finden hoffte. Auf seiner dritten Reise 1859 war es soweit: Er hielt das gesamte Neue Testament in Händen, 347 Blätter. Überliefert ist seine Erschütterung in Zeilen, die er seiner Frau zukommen ließ: „Ich hatte die Tränen im Auge, und das Herz war mir ergriffen wie noch nie. […] ich fühlte es im tiefsten, tiefsten Herzen: Was mir nicht Ruhe gelassen hat zu Hause, so sehr es auch an das menschliche Trachten und Verlangen sich anlehnte, das war der Ruf des Herrn. Hatte ich mir’s schon immer gesagt: ich gehe im Namen des Herrn und suche nach Schätzen, die seiner Kirche Frucht tragen sollten: jetztwußt’ ich’s und erschrak wahrhaftig vor der Wahrheit selber. Die ganze Handschrift, so wie sie nun ist, ist ein unvergleichliches Kleinod für die Wissenschaft und die Kirche. […] Was wird das für Sensation überall und natürlich in besonderstem Maße in Leipzig erregen.“ (Brief aus Kairo vom 15. Februar 1859) Tischendorf hat diesen zweiten Fund im Auftrag des russischen Zaren Alexander II., der seine Reise finanzierte, nach Kairo und dann nach St. Petersburg mitgenommen; ein Schenkungsvertrag wurde erst zehn Jahre später unterzeichnet. Das Katharinenkloster bezweifelt bis heute die Rechtmäßigkeit der Abgabe, aber die Mönche wirken nun doch mit in einem Projekt zur Erschließung der Handschrift im Internet.m Und das ist die neue frohe Botschaft des 21. Jahrhunderts: Auch wenn Täter und journal Forschung Opfer beim Transfer der 347 Blätter im Jahre 1859 nicht mit Bestimmtheit auszumachen sind, arbeiten die besitzenden Institutionen zusammen, um das zusammenzuführen, was die Geschichte der Entdeckung auseinandergerissen hat. Wie ist die Lage heute? Die Petersburger Blätter wurden 1933 nach London verkauft und liegen jetzt in der British Library, die Leipziger Blätter bilden den zweitgrößten Teilbestand der Handschrift. Im Kloster selbst wurden 1975 noch zwölf ganze Blätter und elf Fragmente gefunden, dazu kommen einige wenige und sehr kleine Fragmente, die in der Sammlung byzantinischer Handschriften der Russischen Nationalbibliothek liegen. Alle diese Institutionen haben im Jahr 2005 eine Kooperation unterschrieben mit dem Ziel, ein virtuelles und ein reales Faksimile herzustellen und dazu die Blätter eingehend konservatorisch zu analysieren, sie zu fotografieren und geschlossen zu transkribieren. Bibelwissenschaftler aus Münster und Birmingham wirken an diesem komplexen Projekt mit, für das die British Library allein fast eine Million Pfund eingeworben hat. Stiftungen und private Geldgeber sind beteiligt, auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat Gelder bewilligt, die für die Technik der Homepage beantragt wurden. Konservatoren in London und Leipzig sind augenblicklich dabei, die einzelnen Blätter sehr genau zu untersuchen, weil man kleinere Schäden protokollieren will, vor allem aber, weil man der Geschichte des Textes auf die Spur kommen möchte. Die Blätter der Sinai-Bibel geben wesentlich mehr als den Text des Alten und des Neuen Testaments (das bis heute im Codex Sinaiticus am frühesten vollständig überliefert ist), sie geben auch Korrekturen, Ergänzungen und Kommentare aus etwa 1000 Jahren: Man hat ganz offenbar mit der Handschrift seit dem 4. Jahrhundert gearbeitet. Das ist verständlich, wenn man sich die Anstrengung zur Kostbarkeit vor Augen hält, die dem Text ablesbar ist. Geschrieben auf Pergament, angelegt als Buch und nicht als Rolle: das sind schon zwei buchhistorische Besonderheiten, zumal angesichts des ungewöhnlich großen Formats und der daraus resultierenden Anordnung des Texts in vier Spalten pro Seite. Feinstes Pergament, vermutlich Kalb (vielleicht auch Gazelle), sehr schöne Schrift, erkennbar um Einheitlichkeit bemüht, auch wenn man inzwischen drei oder vier verschiedene Schreiber mit Sicherheit ausmachen kann. Heft 1/2007 Wo diese Bibel hergestellt wurde, ist nicht bekannt, aber man vermutet, dass der Codex Sinaiticus eine der 50 Niederschriften der Bibel ist, die von Kaiser Konstantin kurz nach der formellen Einweihung von Konstantinopel am 11. Mai 330 in Auftrag gegeben wurden. In einem Brief an den berühmten frühchristlichen Gelehrten Eusebius, Bischof von Caesarea, hatte Konstantin verlangt, dass Exemplare der Bibel von professionellen Schreibern hergestellt und leicht zu lesen sein müssten. Ein Kleinod für die Forschung In jedem Falle spiegelt der Codex den steigenden Status der christlichen Kirche und ihre zunehmende Unterstützung und Verbreitung unter den Reichen und Mächtigen während des 4. Jahrhunderts wider. Nicht zuletzt verdankt sich die Herstellung dieses Buches der Bemühung, eine abschließende Sammlung von Texten zu etablieren, welche die christliche Bibel definierten. Aus der Zeit vor dem Codex Sinaiticus (und dem vermutlich zeitgenössischen Codex Vaticanus, dessen Neues Testament unvollständig ist) sind zwar einzelne Pergamentblätter erhalten, sie lassen sich aber auf nur sieben Handschriften von Teilen der Bibeln zurückführen; eine ganze Bibel ist aus der Zeit vor dem Codex Sinaiticus nicht überliefert und hat vermutlich nicht existiert. Das laufende und bis 2009 oder 2010 geplante Codex-Sinaiticus-Projekt, zu dem sich die Universitätsbibliothek Leipzig, die British Library, die Russische Nationalbibliothek und das Katharinenkloster auf dem Sinai verpflichtet haben, umfasst vier Arbeitsbereiche: konservatorische Behandlung, Digitalisierung, Transkription mit wissenschaftlicher Kommentierung und Verbreitung der Projektergebnisse. Dazu kommt die historische Erforschung der Geschichte des Codex. Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse ist Bestandteil des Projektes. Unter den angestrebten Resultaten ist die frei zugängliche Internet-Präsentation am wichtigsten, beruhend auf digitalen Bildern der gesamten Handschrift und einer wissenschaftlichen Transkription des gesamten Textes einschließlich der im Manuskript verzeichneten Korrekturen. Die Leipziger Projektgruppe, unter der Gesamtverantwortung des Direktors der Universitätsbibliothek Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, besteht aus Mustafa Dogan (technischer Koordinator für das gesamte Projekt bis 2008), Ute Feller (Restauratorin) und Elisabeth Fritsch (Fotografin); mitwirkende UB-Mitarbeiter sind (in betreuender und beratender Funktion) Dr. Christoph Mackert, Dr. Almuth Märker und Dr. Sophia Manns. Übrigens: Die Universitätsbibliothek hat eine reich bebilderte Broschüre (48 Seiten, 7 Euro) zur Sinai-Bibel herausgegeben, deren erste Auflage von 1000 Stück nach vier Wochen ausverkauft war; die zweite Auflage ist in der Albertina (Ausleihtheke) und gegen schriftliche Bestellung mit Rechnung erhältlich. Die Leipziger Blätter bilden den zweitgrößten Teilbestand der Handschrift. Sie werden derzeit von Leipziger Wissenschaftlern in einem internationalen Forschungsprojekt untersucht. Foto: Dietmar Fischer 17 UniCentral Der Euro ist kein UFO Eine Erfolgsgeschichte zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Prof. Dr. Gunther Schnabl, Institut für Wirtschaftspolitik Am 1. Januar 2007 konnte der Euro nicht nur seinen achten Geburtstag feiern (immerhin bestand er schon drei Jahre vor der Bargeldeinführung als unwiderrufliche Wechselkursfixierung), sondern es wurde auch Slowenien als 13. Mitglied in die Eurozone aufgenommen. Weitere Länder wie die Baltischen Staaten, die Slowakei, Malta, Zypern und Bulgarien schicken sich an, den Euro als offizielles Zahlungsmittel einzuführen. Das kontinuierliche Anwachsen der Eurozone ist Zeichen des Erfolgs. Trotz anhaltender Teuro-Diskussion, die wohl das subjektive Empfinden von Preissteigerungen in einzelnen Teilmärkten wie der Gastronomie widerspiegelt, können die Währungshüter in Frankfurt mit Stolz auf eine historisch niedrige Inflation im Eurogebiet verweisen. Die Stabilität der europäischen Währung ist auch international anerkannt. Der Euro wächst zum weltweiten Zahlungsmittel für Unternehmen und Privatpersonen heran. Es steigt auch die Bedeutung des Euro als offizielle Anker- und Reservewährung für die Zentralbanken. Immer mehr Länder binden ihren Wechselkurs an den Euro. Wachsende Anteile der Devisenreserven Russlands, des Mittleren Ostens und Ostasiens werden in Euro gehalten. Der Euro zeigt sich stark auf den Weltdevisenmärkten gegenüber Dollar, Franken und Yen. Dieser Erfolg war nicht immer abzusehen und ist nicht unumstritten. Vor seiner Einführung hatte der Euro viele Befürworter und viele Gegner. Die Argumente für den Euro waren und sind evident: Wenn Europa sich zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zusammenfinden wollte (will), dann war (ist) auf lange Frist eine „Balkanisie18 rung“, also Zersplitterung des europäischen Währungsraums nicht denkbar. Eine Studie der Europäischen Kommission mit dem Titel „one market, one money“ zeigte Anfang der 1990er Jahre sehr plastisch, dass ein Reisender, der an einem Tag alle Länder der Europäischen Union bereisen wollte, durch die Wechselgebühren fast die Hälfte seines Reisebudgets verlieren würde. Kurz: Eine gemeinsame Währung senkt die Kosten für den Handel, Tourismus und Kapitalverkehr in der Union. Trotz dieser Vorteile, gab es Konflikte, weil in einer Währungsunion nur eine Geldpolitik für alle möglich ist. Die geldpolitischen Philosophien in Europa waren aber traditionell unterschiedlich. sehr Deutschland hatte einschneidende Erfahrungen mit Inflation gemacht. Es verpflichtete seine Zentralbank zur Geldwertstabilität und machte sie unabhängig vom Zugriff der Politik. Kleine Nachbarländer wie die Niederlande, Österreich oder Dänemark teilten diese Sicht und hielten ihre Währungen gegenüber der DMark stabil, indem sie den Zinsentscheidungen der Bundesbank folgten. Die Deutschen und deren kleine Nachbarn profitierten von stabilen Preisen, niedrigen Zinsen und einer hohen Kaufkraft der D-Mark im Ausland. Allerdings verteuert eine starke Währung auch die Exporte. Die deutschen Unternehmen mussten lernen mit der starken Mark zu leben, indem sie auf Qualität setzten und sich so gegen wechselkursbedingte Preiserhöhungen absicherten. Hingegen tendierten Länder wie Frankreich und Italien dazu, Staatsausgaben über Inflation zu finanzieren. Die Inflationsraten waren deutlich höher als in Deutschland. Die daraus resultierenden schwachen Währungen begünstigten die Exporte. Italien war nicht nur ein sonniges, sondern auch ein günstiges Reiseziel für die Deutschen. Die unterschiedlichen Geldpolitiken führten zu Spannungen innerhalb des Europäischen Währungssystems, das seit Ende der 70er Jahre auf Initiative von Bundeskanzler Schmidt und des französischen Präsidenten Giscard d’Estaing versuchte die europäischen Wechselkurse stabil zu halten. Schwachwährungsländer waren gezwungen entweder der deutschen Geldpolitik zu folgen oder Abwertungen hinzunehmen, die für eine „Grande Nation“ wenig prestigeträchtig waren. Die Unzufriedenheit mit der „Diktatur der DM“ im Europäischen Währungssystem kann als Grund dafür gesehen werden, dass Frankreich den Euro forcierte. In einem paritätisch besetzten Europäischen Zentralbankrat werden geldpolitische Entscheidungen demokratisch gefällt, da jedem Land unabhängig von dem wirtschaftlichen Gewicht eine Stimme zusteht. Das politische Interesse Deutschlands am Euro war vergleichsweise gering, da man ohnehin die Geldpolitik in Europa dominierte. Eurokritiker befürchteten, dass der Einfluss von ehemaligen Schwachwährungsländern die gemeinsame Währung weicher als die DM machen würde. Zudem gab es die Angst, dass in der „Haftungsgemeinschaft Währungsunion“ Länder mit niedrijournal UniCentral Die Fragestellungen sind vielfältig. Welchen Einfluss haben Wechselkursbindungen an den Euro auf das Wachstum in Mittel- und Osteuropa? Wie stellt sich das (noch) dollarisierte Russland auf den Euro ein? Welche Rolle spielen die europäischen Erfahrungen für die Währungsintegration in Ostasien? Wie beeinflusst der Euro die Reformbemühungen in Deutschland und Europa? Die Forschung des Instituts für Wirtschaftspolitik, die empirisch und wirtschaftspolitisch ausgerichtet ist, geht direkt in die Lehre ein. Im Sommersemester in die Vorlesungen „International Finance“ und „European Integration“ sowie in das Hauptseminar „Emerging Markets“. www.uni-leipzig.de/~wipo Das kontinuierliche Anwachsen der Eurozone ist Zeichen des Erfolgs, trotz anhaltender Teuro-Diskussion. Die Währung löste zum 1. Januar 2002 die D-Mark ab. Fotos: Bundesbank ger Verschuldung (wie Deutschland) gezwungen sein würden, für die Schulden von hoch verschuldeten Ländern (beispielsweise Italien) aufzukommen. Man sagt, dass Deutschland zu Beginn der 1990er Jahre dem Euro nur zustimmte, da es im Gegenzug die Einwilligung der europäischen Partner zur Wiedervereinigung erhielt. Dennoch blieb die deutsche Verhandlungsposition stark, da eine Währungsunion ohne Deutschland als Zentrum des europäischen Wirtschafts- und Währungssystems unmöglich gewesen wäre.m So wurde die Europäische Zentralbank nach dem Modell der Deutschen Bundesbank gestrickt, in Frankfurt angesiedelt und wie keine andere Zentralbank der Welt der Preisstabilität verpflichtet. Die Maastrichtkriterien und der Stabilitäts- und Wachstumspakt sollten sicherstellen, dass sich vor Eintritt in die Währungsunion die Geldpolitiken angleichen und die Staatsfinanzen auch nach Eintritt in die Währungsunion unter Kontrolle bleiben. Diese Verankerung des Euro in den europäischen Verträgen als stabile Währung ist bis heute Ursache für Unzufriedenheit. Französische und italienische Unternehmen haben seit der Einführung des Euro an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verloren, da Preiserhöhungen für Exportgüter nicht mehr durch eine schwächere Währung ausgeglichen werden konnten. Für die Deutschen ist Urlaub in Italien teuer geworden und die Leistungsbilanzdefizite Italiens und Frankreichs sind deutlich anHeft 1/2007 gestiegen. Es ist Disziplin bei den Staatsfinanzen gefragt, die Länder wie Polen oder Ungarn scheuen und deshalb ihre Europläne deutlich nach hinten verschoben haben. Der politische Druck gegen einen stabilen Euro, der derzeit vor allem aus Frankreich und Italien kommt, aber auch in Polen deutlich ist, ist nicht zu unterschätzen. Dies hinterlässt Unsicherheit bezüglich der Zukunft des Euro. Die Stabilität des Euro bleibt eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgaben in Europa, um die auch heute noch gerungen wird. Die Wissenschaft ist dem Teuro auf der Spur Der Euro ist kein Unbekanntes Forschungsobjekt (UFO). Auch die Wissenschaft diskutiert das Pro and Contra einer starken Währung und versucht dem Teuro statistisch auf die Spur zu kommen, (was nicht einfach ist). Das Institut für Wirtschaftspolitik der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig hat einen wichtigen Forschungsschwerpunkt auf die internationale Rolle des Euro gelegt. Wir erforschen – unter anderem in Kooperation mit Wissenschaftlern an der Universität Stanford, der Katholischen Universität Leuven und der Deutschen Bundesbank – die steigende Bedeutung des Euro in Mittel- und Osteuropa, in Russland und Ostasien. Was bedeutet Europa? Eine Umfrage von Ulrike Thiele Kasia Marks (25) aus Lodz (Polen), studiert Deutsch als Fremdsprache, Kulturwissenschaft und Polonistik an der Universität in Leipzig: Ich bin vor viereinhalb Jahren als Erasmus-Studentin nach Leipzig gekommen und habe dann beschlossen, gleich hier zu bleiben und mein Studium hier zu beenden. So kann ich die deutsche Sprache und Land und Leute besser kennen lernen als in Polen. Ich finde es toll, dass man sich innerhalb Europas frei bewegen und so die vielen Kulturen erleben kann. Das baut Vorurteile ab und Toleranz auf. Europa bedeutet für mich eine große kulturelle Vielfalt, die dennoch zusammen gehört. Die Europäer sind sich ähnlich in dem, wie sie leben, worüber sie reden und was sie bewegt. Das merke ich, wenn ich mich mit Franzosen, Deutschen, Italienern oder Spaniern unterhalte. An Leipzig gefällt mir, dass es so viele Studenten gibt. Was ich nicht so mag, ist die Anonymität in den Vorlesungen und Seminaren. Das war bei mir zu Hause in Lodz anders, da kannten sich alle. 19 UniCentral ERASMUS Das Erasmus-Programm der Europäischen Union soll die Zusammenarbeit von Hochschulen innerhalb der EU und anderen europäischen Ländern wie der Türkei, Schweiz, Norwegen und EUBeitrittskandidaten fördern und ermöglicht Studenten und Dozenten Gastsemester in diesen Ländern. Ins Leben gerufen wurde das Erasmus-Programm 1987. Die Abkürzung Erasmus bedeutet European Region Action Scheme for the Mobility of University Students. Namensgeber ist der im 15. Jahrhundert geborne niederländische Humanist Erasmus von Rotterdam. Erasmus ist Teil des Sokrates-Programms, das neben der Hochschulbildung auch Schul- und Erwachsenenbildung fördert. Zentraler Bestandteil sind die Anerkennung von Studienleistungen im Ausland anhand des European Credit Transfer Systems (ECTS) und die finanzielle Unterstützung von Austauschstudenten. www.esn.org ECTS Hinter dem Akronym verbirgt sich das Europäische System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (European Credit Transfer System), welches sicherstellen soll, dass die von Studenten erbrachten Leistungen an Hochschulen des europäischen Hochschulraumes vergleichbar sind und bei einem Wechsel von einer zur anderen Hochschule auch grenzüberschreitend angerechnet werden. Ermöglicht wird dies durch den Erwerb von Leistungspunkten (credit points). Basis ist das Arbeitspensum, das die Studierenden absolvieren müssen, um die Ziele eines Studienprogrammes/Moduls zu erreichen. Die ECTS werden seit 1989 in weiten Teilen Europas auf Leistungsscheinen ausgewiesen, doch erst mit dem Bologna-Prozess ist es zu einer „harten Währung“ geworden. An der Universität Leipzig wurde ECTS für den Austausch nach Angaben des Akademischen Auslandsamtes bislang umfassend genutzt. Es ist mittlerweile eine heimische Messgröße für akademische Leistungen. http://ec.europa.eu/education/ programmes/socrates/ects/ index_de.html T. D. H. 20 Von Leipzig in die Reger Austausch: Die Universität Studierenden und Forschern mehr Von Tobias D. Höhn Die internationalen Beziehungen der Universität Leipzig haben in den vergangenen Jahren einen deutlichen Schub erfahren. „Im Osten Deutschlands führen wir sogar in einigen Spielarten die Liga an“, bilanziert Dr. Svend Poller, Leiter des Akademischen Auslandsamtes (AAA). Im Studienjahr 2004/2005 (neuere Statistiken sind bislang nicht verfügbar) entsandte die Universität Leipzig 575 Studenten im Rahmen des Erasmus-Programms ins Ausland – mehr als jede andere ostdeutsche Hochschule außerhalb Berlins. Mindestens ein Viertel der deutschen Studierenden an der Universität Leipzig verbringt einen Teil seines Studiums im Ausland, der Großteil nutzt dafür insbesondere das Erasmus-Programm der EU. Der Austausch wird dabei mit 321 Hochschulen gepflegt. Im gleichen Zeitraum nutzen 43 Dozenten die Chance eines Auslandssemesters für Forschung und Lehre. „Das Interesse der deutschen Studenten für ein Auslandssemester wächst von Jahr zu Jahr“, sagt Jane Moros. Die Diplom-Arabistin und Volkswirtin berät Studierende bei geplanten Auslandsvisiten und führt sie durch den Dschungel von Antragsformularen und Fördermöglichkeiten. „Heute geht es vielen nicht mehr darum, irgendwo weit weg zu fahren, sondern sie wollen gleichzeitig Leistungen erwerben, die sie sich in Leipzig anrechnen lassen können“, erklärt Moros. Zwar zählen Frankreich und Spanien immer noch zu den beliebtesten Zielen der Leipziger Studenten, doch auch osteuropäische Destinationen wie Prag (Platz 5) und das polnische Krakow rücken auf. Übrigens: Gebündeltes Wissen ehemaliger Austausch-Studenten und Berichte über die Leipziger Partnerhochschulen sind in der Internetdatenbank KISS übersichtlich zusammengestellt. Mit wenigen Mausklicks kann nach Land, Stadt oder dem gewünschten Fachbereich gesucht werden. Die Suchabfrage gibt auch Auskunft über die für den Austausch verantwortlichen Ansprechpartner an den Fakultäten der Universität Leipzig und Erfahrungsberichte ehemaliger Erasmus-Studenten, mit denen man in Kontakt treten kann. (siehe: http://db.uni-leipzig.de/kiss) „Seit der EU-Osterweiterung ist Leipzig noch attraktiver für Studenten aus Polen, Tschechien oder Bulgarien“, weiß Poller. Initiativen wie das vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst seit 2002 initiierte Projekt „Go East“ – Ziel ist die Förderung des akademischen Austausches mit den Ländern Mittel-, Südost- und Osteuropas sowie den Ländern der GUS, um so das bisherige Ungleichgewicht im Austausch abzubauen – unterstützen dies. Ein im Vergleich zu anderen Universitätsstädten moderates Lebenshaltungsniveau und die Umsetzung der Studienreform tun ihr Übriges. Aber auch außerhalb des Erasmus-Programms werden die Fühler ausgestreckt. Internationalisierung als Gradmesser der Qualität Die Partnerschaften reichen neben den europäischen Ländern Bulgarien, Finnland, Russland, Ukraine auch in außereuropäische Staaten wie Äthiopien, Argentinien, Brasilien, Chile, China, Japan, Kuba, Mexiko, Peru, Südafrika, Syrien, Tansania und natürlich Amerika. „Internationalisierung ist Bedingung und zugleich eine Erscheinungsform der Qualität in Lehre, Weiterbildung und Forschung“, sagt AAA-Chef Poller. Gute und modularisierte Lehre und exzellente Forschung allein führten aber weder zu international ausgerichteten Curricula, noch steigerten sie die Mobilitätszahlen. „Es bedarf zusätzlicher Faktoren: einer kompetenten Beratungsstruktur für deutsche wie ausländische Hochschulangehörige, ein effizientes Management der Auslandsbeziehungen und ein hohes Maß an Engagement und gestalterischer Phantasie der Wissenschaftler wie der Mitarbeiter im Akademischen Auslandsamt.“ journal UniCentral Welt und zurück Leipzig wird bei ausländischen und mehr beliebt Und wie attraktiv ist Leipzig für ausländische Studierende? Rund 400 junge Leute kommen pro Studienjahr befristet für einen Austausch an die Alma mater, die Mehrzahl der insgesamt 2600 ausländischen Studierenden schreibt sich jedoch ein, um einen hiesigen Abschluss zu erwerben. „Absolut hat sich die Zahl der ausländischen Studierenden in der letzten Dekade auf etwa 2600 verdoppelt. Sie kommen aus 129 Ländern, was ebenso bemerkenswert ist, wie der im Vergleich zu westdeutschen Hochschulen hohe Anteil von Bildungsausländern, also Bewerbern ohne deutsches Abitur. Immerhin sind das zirka 90 Prozent“, erklärt Poller. Dies bringt für das Akademische Auslandsamt hohe Anforderungen mit sich, um die Studenten in einer ihnen akademisch und oft kulturell fremden Welt zum erfolgreichen Abschluss zu führen. „Eine Aufgabe, die nur gemeinsam mit vielen Mitstreitern gelingen kann. Es braucht die Verbindung von einerseits zentraler Betreuung und Administration durch das Akademische Auslandsamt und andererseits einer Vielzahl studentischer Initiativen“, sagt Poller und verweist damit auf die Internationale Studentische Woche, den DAAD Freundeskreis, Fachschaften oder WILMA, die Willkommensinitiative für in Leipzig Mitstudierende Ausländer. Aber auch für ausländische Nachwuchswissenschaftler ist Leipzig gut gerüstet. Mit drei geförderten PHD-Programmen (Promotion an Hochschulen in Deutschland) belegt die Uni im Erasmus-MundusProgramm nach der Universität Göttingen einen Spitzenplatz im Wettbewerb der deutschen Hochschulen. Eramus-Mundus zielt auf die Einrichtung multinationaler Master-Programme und deren Vermarktung außerhalb Europas. Seit 2005 führt die Universität Leipzig ein europäisches Erasmus-Mundus-Konsortium an und errichtete unter anderem den M.A.-Studiengang Global Studies – A European Perspective. Im Rahmen des europäischen Heft 1/2007 Universitätsnetzwerkes Utrecht Network wurde zudem 2005 erfolgreich ein Antrag zum Marketing für international ausgerichtete Master-Programme gestellt. Abgerundet wird das Portfolio durch international ausgerichtete Studienprogramme wie der MBA Small Enterprise promotion and Training – ein gemeinsamer Studiengang von Leipzig und Hanoi – oder internationale Studien- und Ausbildungspartnerschaften in der Chemie mit der Ohio University in Athens (USA), und der Monash University (Australien). Was bedeutet Europa? Nadine Lindner (26), Studentin der Politikwissenschaft, Afrikanistik und Journalistik an der Uni Leipzig: Ich sehe das europäische Projekt sehr positiv. Im weiteren Rahmen ist es ein großer Schrittzu mehr Frieden und Völkerverständigung und ein Symbol für die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Für mich persönlich bedeutet die EU Freiheit und Mobilität, die ich oft und gerne nutze. Ich konnte dank des Erasmus-Programms ein Semester in Lissabon studieren. Das ging ohne großen bürokratischen Aufwand und war eine schöne Erfahrung, denn hier habe ich ein anderes Land und seine Leute auch mal im Alltag kennen gelernt. Ich reise viel in Europa und kann davon profitieren, dass die Grenzen offen sind und in den Euro-Ländern mit einheitlichem Geld bezahlt wird. Auslands-BaföG Für deutsche Studierende besteht grundsätzlich ein Anspruch auf eine Teilförderung des Studiums im Ausland über das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Grundlegende Voraussetzungen für die Förderung sind bereits zwei Semester Studium, Unabhängigkeit von inländischer Ausbildungsphase sowie Anrechenbarkeit auf Inlandsförderung. Die Anträge für Auslands-BAföG müssen sechs Monate (bei einem Teilstudium in den Vereinigten Staaten zwölf Monate) vor Beginn des Auslandsaufenthalts gestellt werden. Weitere Informationen beim Amt für Ausbildungsförderung. www.studentenwerk-leipzig.de DAAD Freundeskreis Leipzig Wie aufregend und spannend das Leben in einem fremden Land sein kann und wie nützlich es ist, schnell Kontakt zu Einheimischen aufzunehmen, wissen die Mitglieder der Regionalgruppe Leipzig des DAAD Freundeskreises, allesamt ehemalige DAAD-Stipendiaten. Ihr Ziel ist es, aktuelle und künftige DAAD-Stipendiaten zusammenzubringen, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, bürokratische Hürden zu nehmen und Sprachbarrieren zu überwinden. Gesprochen wird neben Deutsch Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Russisch. www.uni-leipzig.de/~daadfk Fünf Jahre apropos polen: Der Studententreff apropos polen: bereichtert seit fünf Jahren die Leipziger Kulturlandschaft. Ehrenamtlich organisierten seither Studenten der Leipziger Polonistik mehr als 40 Veranstaltungen, in den sie einem aufgeschlossenen Publikum das „terra incognita“ näherbrachten. Neben kulinarischen Leckereien aus dem Nachbarland gab es unter anderem ein Fußball-Turnier mit Mannschaften slawischer Länder, zu Weihnachten wurden Sitten und Bräuche vorgestellt und zum sommerlichen Johannesfest übers Feuer gesprungen. Zur Jubiläumsveranstaltung im Januar las André Hille aus seinen Reiseerzählungen „Begengungen im Land der Birken“. www.apropospolen.de.vu T. D. H. 21 UniCentral Studium, Streik und Sonne Mit Erasmus in Spanien und Frankreich Chemiker gehen für ihre Übungen in Labore, Journalisten hospitieren bei Zeitungen und Radiosendern – dann muss ich für mein Französistik- und Hispanistikstudium nach Frankreich und Spanien. Gesagt, beantragt, getan. So reizvoll die Vorstellung von fremden Ländern und Menschen war, so unterschiedlich waren meine Erlebnisse bei zwei Auslandssemestern. Granada war das beste, was mir passieren konnte. Ich konnte meine Sprachkenntnisse enorm verbessern (auch heute denke ich noch mehr auf Spanisch, als auf Deutsch), unterschiedliche Kulturen kennen lernen, einige Leistungsscheine anerkannt bekommen, Kontakte durch ein Fernsehpraktikum in Spanien knüpfen und sehr viel Spaß haben. Was bedeutet Europa? Der Anfang für meine Zeit in Spanien war mit einem Sommersprachkurs im „Centro de Lenguas Modernas de Granada“ (CLM) gemacht. Unvergesslich bleibt der schauspielerisch-kreative und aufheiternde Unterricht bei José Plácido. Wir sollten uns in die spanische Sprache bei Tempi- und Modiwahl hineindenken, anstatt unreflektiert auswendig zu lernen wie es hierzulande seit Generationen betrieben wird. Dieser neue Lehransatz hat mir langfristig einen Vorteil gegenüber anderen Hispanistikstudenten gegeben. Wir Schüler sollten oft selbst Lehrer spielen; und wer Fehler machte, bekam einen Punkt auf die Nase gemalt. Und das Beste: Da mir für diesen Kurs schon ECTS-Credits angerechnet wurden, musste ich im Unisemester weniger Kurse belegen. Dieser vorzeitige Sprachkurs bereitete mich also nicht nur sprachlich auf das Studium fern der Heimat vor, sondern gab mir auch die Möglichkeit schon vor Ort die or- ganisatorischen Aufgaben vor Unibeginn zu erledigen (Achtung: Institutionen haben nur vormittags geöffnet), die Stadt zu erkunden, die spanische Küche kennen zu lernen. Wohnungsanzeigen kleben in Granada an jeder Telefonzelle. Schwierig ist jedoch, ein Zimmer für nur ein Semester zu finden, da die Wohnungen in der Regel für das gesamte Studienjahr von September bis Juni vermietet werden. Die ersten Kontakte in Spanien waren schnell aufgetan. Heimweh? Fehlanzeige! Man muss nur in die Straßen der lebendigen Stadt spazieren: Es gibt so viele schöne Plätze, Brunnen, Berge, geheimnisvolle Stadtviertel und viele fröhliche Menschen in den Straßen. Sobald man seine WG gefunden hat, wird alles einfacher und dann so schön, dass man nicht mehr fort möchte. Die WG kann zum Erlebnis werden – auch wenn sich schmutzige Töpfe und Teller in der Küche Arminé Vardanian (22), Studentin für dt.-frz.-engl. Übersetzung an der Universität Lyon (Frankreich), derzeit Erasmus-Studentin in Leipzig: So genau habe ich mir über das Thema noch keine Gedanken gemacht. Auf jeden Fall hat mir das Erasmus-Programm erlaubt, in Deutschland zu studieren und das ist sehr gut. Denn so kann ich die Sprache besser lernen, als in Frankreich. Es ist nur ein bisschen schade, dass ich noch nicht so viele Deutsche kennen gelernt habe, denn sie sind meistens unter sich. Ich glaube, dass die Leute in Lyon ein bisschen offener sind, als die Leipziger. Meine Meinung über Deutschland hat sich bestätigt: Deutschland ist sehr sauber und die Deutschen sind immer pünktlich. 22 Die Leipziger ERASMUS-Studentin Antje Lempart und Kommillitonin Silvia vor der Puento Nuevo in Ronda. journal UniCentral stapeln, andere einem das Kühlschrankfach leer futtern, Spaß gibt es zum Nulltarif. Die immer schon möblierten Wohnungen mit TV (in Spanien verpasst man nichts, wenn man keinen Fernseher hat – aber zum Sprachenlernen ist er ganz gut), Waschmaschine, Herd, und und und kosten zwischen 130 und 180 Euro. Um den Winter halbwegs ohne Erkältung zu überstehen, empfiehlt sich im Wintersemester eine Wohnung mit Heizung, was keineswegs selbstverständlich im Süden ist. An die technischen Einrichtungen sollte man nicht zu hohe Erwartungen stellen und sehr wachsam sein. Und: Wenn man aber über längere Zeit eiskalt duschen muss, sollte man einen Techniker kommen lassen, denn es wird auch schon mal Warm- und Kaltwasseranschluss vertauscht: dann duscht man, wie gesagt, kalt und spült in der Toilette mit kochend heißem Wasser. Doch auch Studieren will gelernt sein. Den Stundenplan musste ich mir selbst zusammenbasteln und beim Erasmusbüro melden – einen Erasmusberater gibt es in Granada leider nicht. Welchen Luxus wir doch in Leipzig haben. Stattdessen musste ich drängeln, bis sich jemand bereiterklärte, die deutschen Erasmusdokumente auszufüllen. Die Seminare sind eher wie Vorlesungen gestaltet, und dem Dozenten sollte man besser nicht widersprechen. Spanische Unis leben in Hierarchien. Da bin ich oft bei Dozenten angeeckt, da ich von Leipzig gewöhnt bin, als gleichberechtigte Komillitonin behandelt zu werden, mitzudenken und mich einzubringen. Die Computersituation war mangelhaft. Der Computerraum in der Philologischen Fakultät verfügt nur über 15 Computer. Hat man einen Platz ergattert, darf man nach Abgabe des Personalausweises nur eine halbe Stunde pro Tag in den Raum. Wer eine Hausarbeit schreiben möchte, sollte sich unbedingt Laptop und USB-Stick mitbringen. Da meine Fakultät in Leipzig nur Scheine als Leistungsscheine anerkennt, zu denen eine Hausarbeit notwendig ist, sollte man sich in Leipzig vorher beurlauben lassen. Mein Tipp: Mit dem spanischen Dozenten und dem Dozenten der Heimat-Hochschule eine Hausarbeit absprechen, so ist der Schein sicher. Granada ist stark von islamischer Kultur beeinflusst. Dies erkennt man am Baustil, den engen Gassen, Bögen und detaillierten Mustern im Stadtviertel Albaycín und der Heft 1/2007 mittelalterlichen islamischen Palastanlage Alhambra. Besonders typisch ist für Andalusien der Flamenco. Diesen von Tanz und Musik geprägten Lebensstil führen meist die Gitanos, das sind andalusische Zigeuner. Sie leben im Stadtteil des Berges Sacromonte, zumeist in Höhlen. Die nahegelegene Sierra Nevada lädt zu Wandern und Skifahren. Außerdem sollte man unbedingt Reisen zur Moschee von Córdoba, zum Museum und Geburtshaus Picassos in Málaga, zum „Europabalkon“ in Nerja, nach Sevilla, in das weiße Städtchen Ronda, in die ländliche Region Alpujarra, sowie zum Karneval im schönen Fischerstädchen Cádiz einplanen. Auch das Mittelmeer ist nach einstündiger Busfahrt schnell zu erreichen. Im Sommer kann man sich dann auf die Städte Tarifa (Surferparadis), Bolonia (mit der höchsten Düne Europas) und die Strände von Cádiz (mit der kleinen Bucht Caleta, in der der vorletzte James-BondFilm gedreht wurde) konzentrieren. Doch ohne das nötige Kleingeld geht es auch hier nicht. Mein Erasmusstipendium von monatlich 100 Euro wurde leider erst Ende Dezember, also fast am Ende meines Aufenthaltes, ausbezahlt. Nicht zu vergessen die unzähligen ERASMUS-Partys. Spätestens am Donnerstag geht das Wochenende los. Vor Mitternacht treffen sich die Studenten zu „botellones“ Was bedeutet Europa? Therne Rémi (20), studiert Politikwissenschaft an der Universität von Aix-en-Provence (Frankreich), derzeit Erasmus-Student in Leipzig: Für mich ist Europa sehr wichtig geworden, seit ich in Deutschland bin. Hier habe ich viele Studenten aus anderen Ländern, zum Beispiel Spanier oder Italiener, kennengelernt und gemerkt, dass sich die Europäer alle ziemlich gleichen. Das hat mich schon überrascht. Ich habe das Gefühl, dass alle Europäer zusammen gehören. Die kleinen kulturellen Unterschiede, die dennoch da sind, bereichern das Ganze. Am Studium in Leipzig gefällt mir besonders, dass ich in einer WG mit zwei Deutschen und einem Mexikaner wohne. In Frankreich wohne ich bei meinen Eltern, da gibt es natürlich nicht so viele Partys wie hier. Ein „verlorenes“ Semster: Monatelang war die Universität Aix-Marseille I während des Streiks verbarrikadiert. Fotos: privat 23 UniCentral (man mischt selbst mitgebrachte Getränke und läuft damit durch die Stadt), ab 1 Uhr morgens geht man in die „bares“ (oft gibt es das erste Getränk umsonst, wenn man sich ein Zettelchen auf der Straße unweit der Bar geben lässt) oder „chupiterias“ (hier gibt es gemischte Liköre: phantasievoll auch mit Schlagsahne), ab 3 Uhr geht’s dann in die Discos (bis 8 Uhr morgens oder auch noch ein paar Stündchen länger). Danach kann man sich noch einen Schawarma (ein arabisch beeinflusster Döner) kaufen oder geht in eine WG und kocht Spaghetti. Da wird selbst der fleißigste Student schwach. Als mein Semester in Spanien im Februar 2006 zu Ende ging, war ich tottraurig. Ich musste ja auch noch nach Frankreich, um Französisch zu lernen. Einen so gravierenden Unterschied, dass ich sogar lieber zurück nach Deutschland geflogen wäre, hatte ich nicht erwartet. Und dann noch das Übergewicht meines 80 Kilo schweren Gepäcks! Wieder waren fast 100 Euro weg.m „Auslandsaufenthalte sollten Pflicht sein“ Durch den Streik und die Unterbringung in dem abgelegenen unpersönlichen Wohnheim „Cuques“ (eine WG kann man sich in Frankreich nur schwer leisten) für 135 Euro im Monat, hätte ich mir dieses Erasmus-Semester sparen können. Ich habe wegen des Streiks weder die Sprache gelernt (Kontakte im Wohnheim zu knüpfen ist sehr schwierig und die Franzosen habe ich eher als verschlossen und wenig ausgehfreudig erlebt), noch lohnende Seminare besuchen können. Alles in allem hatten wir etwa vier Wochen Uni. Es war jedoch sehr interessant zu erleben, was die französischen Studenten erreichen konnten. Gleich zu Beginn des Streiks wenige Tage nach Semesterbeginn wurde die Uni mit Stühlen und Tischen verbarrikadiert. Täglich wurde demonstriert und regelmäßig über die Fortführung des Streiks entschieden. Lehrer und Schulleitung demonstrierten mit. Wenn wir in Deutschland streiken und nicht zu den Seminaren gehen, haben wir letztendlich Probleme mit den Scheinen. Deshalb können Streiks hier nicht erfolgreich und langfristig durchgeführt werden. In Frankreich wurde nach dem Streik für die Studenten alles möglich gemacht, die Scheine doch noch zu erhalten – indem der Unibetrieb auf die Sommerferien verlegt wurde. 24 Vor meinem Frankreichaufenthalt, wollte ich gern für längere Zeit nach Frankreich gehen. Die menschlich kühle Atmosphäre und mein Pech bezüglich des misslungenen Unisemesters haben an meinem idyllischen Frankreichbild massiv gekratzt. Es kam mir ganz gelegen, dass ich diesen Aufenthalt mit einer kurzen Forschungsreise nach Mexiko – im Rahmen der Magisterarbeit – mit 15 anderen Studenten der Uni Leipzig unter der Leitung Prof. Dr. Alfonso de Toros unterbrechen konnte. Als Ausgleich für das „verlorene“ Semester organisierte ich mir ein Fernsehpraktikum im spanischen Cádiz, wo ich dann „wirkliches“ Spanisch gelernt habe. Denn bei Interviews muss man die Leute auf der Straße und ihren Dialekt wirklich verstehen. Fazit: Ich empfehle jedem Studenten einen Erasmus-Aufenthalt mit anschließendem Praktikum wahrzunehmen. Für Sprachstundenten sollte dieser sogar Pflicht sein – am besten schon relativ zeitig im Studium! Außerdem kann man nur auf diese Art und Weise andere Kulturen kennen und verstehen lernen. Jetzt möchte ich mein Studium so schnell wie möglich erfolgreich beenden, um dann in Spanien leben und arbeiten zu können. Antje Lempart studiert Hispanistik, Französistik und Journalistik und möchte nach ihrem Abschluss in Spanien leben und arbeiten. Was bedeutet Europa? Adrian Briggs (24), Doktorand Molekularbiologie am Max-PlanckInstitut für Evolutionäre Anthropologie, Bedford (Großbritannien): Europa ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass sich Länder, die in ihrer Geschichte oft verfeindet waren, zusammengeschlossen haben. Persönlich finde ich es toll, so einfach von einem Land zum anderen zu reisen und woanders zu studieren und zu forschen. Das Max-Planck-Institut ist ein typisches Beispiel dafür, wie sich Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern bereichern können. Die Forschung kommt nur voran, wenn man sein Wissen teilt. An Deutschland gefällt mir, dass hier alles so gut organisiert ist. Und ich habe den Eindruck, dass besonders die Ostdeutschen sehr loyale, ehrliche Menschen sind. Ich fühle mich wohl hier in Leipzig und in meinem Institut. Und ich mag das deutsche Bier. Es ist billig und schmeckt gut. Praktikum in Spanien: Interviews und Produktionen auf Spanisch für das Nachrichtenmagazin des Senders „Canal Cádiz Televisión“. journal UniCentral Forschungswerkstatt für „europäische Juristen“ Wissenschaft über den Tellerrand verlangt auch Kooperationen zu außeruniversitären Einrichtungen Von Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M., Institut für Völkerrecht, Europarecht und ausländisches Öffentliches Recht Wenn zum 1. Januar 2007 die Bundesrepublik Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt und Europa sich anschickt, den 50. Geburtstag der Römischen Verträge zu feiern, so geschieht das in einer global vernetzten Welt, die auch der kühnste Visionär des Jahres 1957 wohl kaum hätte vorhersehen können. Neben dem Nationalstaat als die klassisch ordnungsstiftende Instanz sind vielfältige weitere Akteure getreten, die zu einem neuen Nachdenken darüber zwingen, was politische Einheit ausmacht, von welchen Entstehungsbedingungen sie abhängt, welchen Gefährdungen sie ausgesetzt ist. Der profilbildende Forschungsbereich Riskante Ordnungen und das Exzellenzcluster After Order haben sich an der Universität Leipzig diesem Nachdenken in notwendig interdisziplinärer Offenheit verschrieben. Und für die hiesige Juristenausbildung ist der „europäische Jurist“, der als Rechtspraktiker, Forscher und Lehrender auch im Alltag „europäisch“ arbeitet, anspruchsvolles Ideal. Seit ihrer Wiedererrichtung im Jahre 1993 sind europäisches und internationales Recht sowie die komparatistische Befassung mit ausländischen Rechtsordnungen ein fester Bestandteil von Forschung und Lehre an der Juristenfakultät. Und dank fakultätsübergreifender Kooperation mit den Kultur- und Sozialwissenschaften blühen auch Orchideen wie das chinesische oder arabische Recht. Die European Studies werden von der Juristenfakultät mitgetragen. Zwei Masterstudiengänge, der Europäische Privatrechtsverkehr und das Recht der Europäischen Integration, maßgeblich von Thomas Rauscher und Rudolf Geiger ins Leben gerufen, laden in- und ausländische Studierende zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Europarecht auf postgraduiertem Niveau ein. Für ein inspirierendes internationales StudienumHeft 1/2007 feld sorgt schon in frühen Semestern das Sokrates/Erasmus-Studentenaustauschprogramm. Hier finden Studierende aus Leipzig und dem europäischen Ausland ein Diskursforum, das wechselseitiges Lernen ermöglicht, das auf andere Rechtsordnungen und Rechtskulturen neugierig macht. Auf studentischer Ebene tut die „European Law Was bedeutet Europa? Martin Devesvrotte (20), studiert Politikwissenschaften an der Universität in Lyon, derzeit Erasmus-Student in Leipzig: In der EU sehe ich nur Vorteile für Studenten. Es ist eine sehr große Organisation, die viel Bedarf an jungen und gut ausgebildeten Leuten hat. Ich selbst würde gern später in einer europäischen Institution arbeiten, vielleicht im Europäischen Parlament oder in der Kommission. Hier in Leipzig habe ich schon viele Leute kennen gelernt. Hauptsächlich sind das aber auch ausländische Studenten wie ich. Mit Deutschen habe ich noch nicht so viel zu tun gehabt. Ich glaube, es dauert ein wenig, bis man mit ihnen warm wird aber wenn man sie erstmal kennt, sind sie nett. Zwischen dem Studium hier und in Frankreich sind mir bis jetzt keine großen Unterschiede aufgefallen, die Systeme sind fast gleich. Student’s Association“ (ELSA) mit großem Engagement das ihrige, diese Neugier (nicht nur im Hörsaal) zu fördern, Konferenzen zu organisieren oder Praktika zu vermitteln. Der europäische Jurist sollte von Anfang an über den europäischen Tellerrand hinausblicken. Dazu gibt es zwei interessante Programmangebote. Gemeinsam mit der University of Miami, School of Law, veranstaltet die Juristenfakultät ein Seminar für je acht bis zehn Studierende beider Institutionen. Bei den Sitzungen im Januar (Miami) und Mai (Leipzig) dieses Jahres werden in englischer Sprache Themen des Internationalen Privatrechts, des Völkerund Europarechts sowie der Rechtsvergleichung diskutiert – ein „transatlantischer Dialog“, der auf beiden Seiten großen Anklang findet. Fächerübergreifende Lehre Seit Sommer 2006 bietet die Leipziger Universität in Verbindung mit der University of Chicago eine „Summer School“ zum Themenfeld Europa an. Der europarechtliche Lehrstuhl ist an einer interdisziplinären Lehrveranstaltung zum Thema „European Citizenship and Minorities“ beteiligt. Und noch eine „Summer School“ steht für 2007 auf dem Programm. Gemeinsam mit der Bayreuther Forschungsstelle für Europäisches Verfassungsrecht (Prof. Dr. Dr. h.c. mult. P. Häberle) und dem Inter-University Centre Dubrovnik geht es in der Pfingstwoche kroatischen und deutschen Studierenden um die „Europäische Verfassungszukunft“. Den Blick nach Osteuropa (etwa Ungarn und Polen) eröffnen auch Kooperationsprojekte der zivil- und strafrechtlichen Institute an der Juristenfakultät. Den institutionellen Rahmen für europarechtliches Forschen schaffen nicht zuletzt 25 UniCentral die Institute für ausländisches und europäisches Privat- und Verfahrensrecht (Prof. Dr. Thomas Rauscher) sowie Völkerrecht, Europarecht und ausländisches öffentliches Recht (Prof. Dr. Helmut Goerlich, Prof. Dr. Franz Häuser, Prof. Dr. Markus Kotzur, LL.M.). Seit seiner Auflösung sind die Bestände des Europäischen Dokumentationszentrums neben der Universitätsbibliothek den beiden Instituten zugeordnet. Voriges Jahr konnten etwa Gastvorträge der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments oder einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht auch die außeruniversitäre Öffentlichkeit für Grundsatzfragen der aktuellen Entwicklung des Europäischen Verfassungsvertrages gewinnen. Ein programmatisches Grundlagenreferat von G. Teubner zur „Globalen Zivilverfassung“, gemeinsam mit der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie veranstaltet, bot den eindrucksvollen Auftakt der Zusammenarbeit im Exzellenzcluster After order. Intensiver Austausch nötig Was bedeutet Europa? Desislava Deseva (22) aus Plovdiv (Bulgarien), Studentin der Kommunikations- und Medienwissenschaft und Italienisch an der Uni Leipzig: Dass Bulgarien seit diesem Jahr zur EU gehört, hat mir gleich praktische Vorteile gebracht. So brauche ich jetzt kein Visum mehr und habe keinen Ärger mit der Bürokratie. Seit 2003 studiere ich hier in Leipzig und es ist eine schöne Stadt. Es gibt viele Studenten, schöne Parks und das öffentliche Verkehrsnetz ist sehr gut. Ich wohne mit drei Deutschen in einer WG. Die Mentalität ist anders als in Bulgarien, hier ist jeder viel mehr auf sich selbst konzentriert und man zieht sich gern zurück. Auch könnte es im Sommer in Leipzig ruhig ein bisschen lebendiger sein, so wie zur Fußball-WM. Bislang hat mir die EU nur Vorteile gebracht. Ich würde mir wünschen, dass Bulgarien von den anderen Mitgliedsländern bald als gleichwertig angesehen wird. Denn wir haben schon immer zu Europa gehört und fühlen uns auch als Europäer. Damit ist auch ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt des europarechtlichen Lehrstuhls umrissen: die Entwicklungsdynamik im europäischen Verfassungsprozess (Grundrechte, Institutionen, Demokratie in Europa, die Europäische Wirtschaftsverfassung, Europa als Standort für Forschung und Technologie), darüber hinaus die politische Einheitsbildung in einer Welt jenseits des geschlossen Nationalstaates (vor allem die aktuelle Governance-Debatte). Verschiedene Publika- gen, kurz: deren Außenperspektive. Eines tions- und Kommentarprojekte, Tagungen nämlich würde dem Ideal des „europäiund Konferenzen sind dazu für die kom- schen Juristen“ gewiss nicht gerecht: unremenden Semester geplant (schon im Fe- flektierter Eurozentrismus. bruar 2007 eine Vortragsreise über die Zukunft der europäischen Verfassung nach Athen, Griechenland, und Kobe, Japan). Regelmäßige Kooperationsbeziehungen bestehen überdies zu dem von H. FixFierro geleiteten Institutio de Investigacioft ha nes Jurìdicas an der Universidad Nacional tsc 7.de n e 0 Autónoma de México. sid 0 rä .eu2 p Europarechtliches Forschen ers w at -R ww fordert den intensiven EU ter en un Austausch mit nichtsch net t u r europäischen de te ur m In z i Wissenschaftn ne ich tio en s lergemeinschafa d m or fin ten, deren Fornf I e schungsanstöße, er eit W kritische Anregun26 Jugendschutz auf EU-Ebene RundfunkrechtExperte fordert Verschärfung Mit dem Zusammenrücken der 27 Mitgliedsstaaten hat die Europäische Union auch die Chance auf Harmonisierung der Gesetze. Als Mitte Januar in Dresden Justiz- und Innenminister zusammenkamen, ging es auf Initiative von EU-Justizkommissar Franco Frattini auch um den justiziellen Umgang mit Gewaltvideos und so genannten Killerspielen – eine brisante, aber wichtige Debatte, meint Prof. Dr. Christoph Degenhart, Direktor des Instituts für Rundfunkrecht der Universität Leipzig. Amokläufe wie der in Erfurt im Jahr 2002 und jüngst in Emsdetten hätten gezeigt, dass schärfere und konsequentere Regelungen für den Vertrieb und Kontrolle von Gewaltvideos und Killerspielen dringend notwendig seien. „Die geltenden Bestimmungen des Jugendschutzes greifen hier zu kurz. Der Jugendschutz muss überarbeitet werden, um mit der technischen Entwicklung Schrittzu halten“, so Juraprofessor Degenhart. Ein deutscher Alleingang, wie ein generelles Verbot von Einfuhr, Verkauf oder Vermietung, ist Degenhart zufolge nicht sinnvoll. „Wenn, dann brauchen wir einen großen Wurf auf EU-Ebene, und nicht nur eine Änderung des JugendmedienschutzStaatsvertrages und des Jugendschutzgesetzes. Der Staatsvertrag gilt für im Internet abrufbare Spiele, das Jugendschutzgesetz für Gewaltvideos auf Datenträgern“, sagt Degenhart. Der Rundfunkrecht-Experte räumte zwar ein, dass das Internet schwer zu kontrollieren sei, betonte aber: „Das darf kein Freibrief sein. Wird der Jugendschutz in der EU gestärkt, hat das Signalwirkung. Es ist eine Frage der Menschenwürde, wenn wir der Simulation mit verschiedenen Stichund Schusswaffen tatenlos zusehen.“ Gleichwohl entbinde dies nicht von Aufklärung, Kontrolle und Prävention. Degenhart begrüßte die Initiative des EUJustizkommissars Frattini, warnte aber vor „Schnellschüssen“. „Voraussetzung für alle Neuregelungen ist, dass auf empirischer Grundlage hinreichend sicher nachgewiesen ist, dass zum Beispiel aggressive Computerspiele zu Gewalt in der Realität führen. Tobias D. Höhn journal Fakultäten und Institute Kunst–Wissen/Wissens-Kunst Theaterwissenschaft: Interdisziplinäre Kooperation und Austausch von Theorie und Praxis Von Katharina Polster und Michael Lohmann, Institut für Theaterwissenschaft Zwei Menschen prallen aufeinander, kämpfen, ringen und stöhnen. Ein brutaler Akt der Gewalt hinterlässt Spuren der Zerstörung, Verwüstung und Verzweiflung. Dabei werden unfassbare Kräfte freigesetzt, die jedoch nicht nur Abneigung und Hass erkennen lassen, sondern ebenso anziehend und faszinierend wirken können. Die Wut über die Schwäche des Eigenen und gleichermaßen das Begehren des Anderen verwandeln einen nackten Gewaltakt in ein schauriges Lustspiel aus Körpern und Leibern. „Gewaltvorgänge auf dem Theater“, so lautet der Titel der Künstlerischen Gastdozentur, für die das Institut für Theaterwissenschaft im zu Ende gehenden Wintersemester den renommierten Regisseur Volker Lösch in die Probebühne des Instituts im Krochhaus eingeladen hat. Lösch, der zuletzt bundesweite Beachtung durch seine Inszenierung von Gerhart Hauptmanns „Die Weber“ am Staatsschauspiel Dresden erhalten hat, gilt als Regisseur, der Gewaltvorgänge auf der Bühne nahezu physisch spürbar werden lässt. Im Rahmen des Workshops eröffnet sich für die Studierenden der Theaterwissenschaft die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit extremen körperlichen Theaterformen. Aus ihrer gewohnten, theoretisch begreifenden Perspektive heraus steigen sie in den Ring des theatralischen Vollkontaktes, um sich dort der Konfrontation auszusetzen; mit Fragen der Theaterpraxis, mit dem Regisseur und untereinander. Die Einladung Volker Löschs ist der vorläufige Höhepunkt in einer Reihe von Künstlerischen Gastdozenturen seit ihrer Einrichtung im Jahr 2003 durch Prof. Günther Heeg. Vieldiskutierte und allerorts anerkannte Künstler wie Laurent Chétouane, Wanda Golonka, Kattrin Deufert und Thomas Plischke (frankfurter küche) sowie Thomas Hertel boten in der Vergangenheit bereits vielfältige praktische Theater-Begegnungen für die Studierenden. BesonHeft 1/2007 ders in diesen Formaten „Gewaltvorgänge auf dem wird das Lehrpro- Theater“ mit Gastdozent gramm des Instituts Volker Lösch (rechts). Foto: J. Wunderlich durch die unmittelbare Sinnlichkeit des Erlebens bereichert und ergänzt. Es komplettiert eine Erfahrung mit dem Gegenstand, die weit über eine rein theoretische Betrachtung hinausgeht. Dezember 2006: Auf den ersten Blick wirkt die Stadt noch ungewöhnlich ruhig, doch eines produktiven und unmittelbaren Ausallmählich erwacht sie schlaftrunken und tauschs heraus. der stille Betrachter steuert auf die Oper Dabei veranlasst die Geste als besonderes Leipzig zu, welche mit ihren riesigen Glas- Kommunikationselement im Mittelpunkt fenstern und -türen alle Neugierigen auf der hiesigen Auseinandersetzungen sowohl dem Augustusplatz zu sich einladen Wissenschaftler aus der Theaterwissenmöchte. Eine willkommene Geste. Doch schaft, der Bildwissenschaft, der Kunsthinter der Fassade sind die einstmals so wissenschaft und der Philosophie als auch ruhigen Gänge mit Kunst gefüllt, die Künstler aus den Bereichen Bildende Foyers wimmelnd, erobert durch Perfor- Kunst, Theater und Performance gleichermances, die Ehrfurcht gebietenden Thea- maßen, in die lebendige Debatte einzusteiterräume scheinbar zweckentfremdet gen. In drei künstlerischen Präsentationen, durch den Einfall von Kunst und Wissen- der Performance „A:N:Y: Perform or else“ schaft. Im Rahmen des Ausstellungspro- mit Studierenden der Hochschule für jektes „Eine Frage (nach) der Geste“ der Musik und Theater und dem Institut für Hochschule für Grafik und Buchkunst Theaterwissenschaft, unter der Leitung Leipzig – einer Kooperation mit dem Insti- von Dr. Martina Bako, der Lecture Perfortut für Theaterwissenschaft und der Hoch- mance „betabet“ der frankfurter küche schule für Musik und Theater Leipzig –, (Kattrin Deufert und Thomas Plischke) und halten für acht Tage die Künste und die des performativen Spaziergangs der britiWissenschaften in der Oper Einzug. Im schen Architektin Helen Stratford durch Kellertheater lädt das Institut für Theater- die (Ausstellungs-)Räume der Oper, spiewissenschaft zum Symposium „Verhaltene gelt sich die Herausforderung der Künste Beredsamkeit? – Politik, Pathos und Philo- durch die Wissenschaften. Umgekehrt lassophie der Geste“ – unter der Leitung von sen sich die wissenschaftlichen Beiträge Dr. Veronika Darian – ein. Hier prallen des Symposiums und des Forums für junge verschiedene Räumlichkeiten und Institu- WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen, tionen aufeinander, die das unvermutete die ihre Auseinandersetzungen und ForZusammenstoßen als Impuls für einen an- schungsergebnisse in Hinblick auf die regenden Schlagabtausch nehmen. Eine Frage der Geste, ihrer Geschichte, ihrer verbindende Geste. Die vormals zweckent- Bedeutung und ihrer Potentialität vorstelfremdende Anmutung stellt sich als auf- len, vom Gesehenen affizieren und provoregende und herausfordernde Möglichkeit zieren. 27 Fakultäten und Institute Diese Art der Interaktion von Kunst und Wissenschaft und die interdisziplinäre Kooperation, die sowohl die Künstlerische Gastdozentur als auch das Symposium demonstrieren, sind beispielhaft für die Forschung und Lehre am Institut für Theaterwissenschaft. Die interdisziplinäre Herangehensweise konzentriert sich primär auf die Entdeckung und Eröffnung heterogener Spiel- und Handlungsräume, die den traditionellen kunstästhetischen Rahmen der Theaterwissenschaft ausweiten und somit neue Berührungs- und Anknüpfungspunkte entstehen lassen. Beide sind unabdingbar in Zeiten, in denen ästhetische Strategien und kulturelle Praktiken sich in raschem Wechsel immer neue Verbindungen, Mischformen und Hybridzustände erzeugen. In dieser Situation ist die (Theater-)Wissenschaft besonders gefordert und herausgefordert, denn es gilt, die eigenen Kategorien und Anschauungsweisen zu überprüfen und neue Wege der Beschreibung von sich verändernden Gegenständen und Entwicklungen zu erarbeiten. Das anregende Wechselspiel zwischen Kunst und Wissenschaft verlangt über die Grenzen hinaus neue Fragestellungen an die Kunst und an das Wissen: Welches Wissen stellt die Kunst heute bereit? Wie ist dieses Wissen der Kunst erfahrbar? In welchen kulturellen Kontexten verortet es sich? Und welche Kunst des Wissens braucht es zu seiner Darstellung? Die Kunst des Wissens und das Wissen der Kunst sind abstoßend und anziehend zugleich, doch die Kunst der Vermittlung zwischen beiden ist die größte Herausforderung der Theaterwissenschaft. „Eine Frage (nach) der Geste“ hieß es Anfang Dezember, als das Institut für Theaterwissenschaft gemeinsam mit anderen Leipziger Hochschulen die Oper mit Performances füllte. Foto: C. Göring 28 Fulbright-Professor überzeugt mit neuem Lehrkonzept Erst die Praxis, dann die Theorie Erst Theorie, dann Praxis? Nicht mit Professor Dr. John Paxton! „Ich konfrontiere meine Studenten gleich mit der Problemstellung und formuliere die Aufgabe, um sie so zu motiveren, sich mit den theoretischen Grundlagen zu beschäftigen“, sagt Paxton. Dieses Lehrkonzept überzeugte auch die Fulbright-Kommission. Und so lehrt Paxton derzeit mit einem der begehrten Fulbright Scholar Awards am Institut für Informatik. Paxton hat dafür in seinem Kurs zu Algorithmen und Datenstrukturen die traditionelle Form der Vorlesung aufgebrochen. „Ich schließe meinen Laptop an einen Beamer an, sodass die Studenten sehen können, was ich mache, und programmiere vor ihren Augen die Lösung für ein Problem, dem wir uns stellen.“ Die Studenten können dabei aktiv ins Geschehen eingreifen und ihrem Professor Vorschläge machen, auf welchem Weg er das geeignete Programm schreiben kann. Auf diese Weise vertiefen die Studenten später auch den Stoff, den sie während der Vorlesungen präsentiert bekommen haben. Paxton präsentiert ihnen eine Aufgabe, für die sie ein Programm zur Lösung schreiben müssen. Dabei können sich die Informatiker entweder allein oder mit einem Kommilitonen der Aufgabe widmen. Wichtig: Die Arbeiten müssen stets pünktlich per E-Mail an Paxton geschickt werden. Letzter Abgabetermin ist fünf Tage nach der Vorlesung um spätestens 23.59.59 Uhr. Diese Form der Aufgabenstellung orientiert sich an den Wettbewerben der Association of Computing Machinery (ACM), deren Mitglied Paxton seit mehr als 15 Jahren ist. So brachte der US-Amerikaner den Wettbewerb denn auch mit nach Leipzig, wo man ihn bislang nicht kannte. Im Oktober vorigen Jahres organisierte er den ersten lokalen ACM-Programmier-Wettbewerb. 25 Teams von jeweils drei Studenten hatten fünf Stunden Zeit, um gemeinsam an einem Computer fünf Aufgaben zu lösen. Mit den beiden Siegerteams konnte Paxton dann im November in die portugiesische Hauptstadt Lissabon fahren, um am Regionalwettbewerb teilzunehmen, wo eine Gruppe auf Anhieb eine Bronzemedaille gewann. Ermöglicht wurde die Reise durch Prof. Dr. Gerhard Heyer, Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik. Ihm fühlt sich Paxton nicht nur wegen eines Reisegeldzuschusses zu Dank verpflichtet. Heyer war auch der erste Kontakt, den er an der Universität Leipzig hatte und der ihm mit hilfreichen Tipps den Weg zur erfolgreichen Bewerbung für einen der heiß begehrten Fulbright Scholar Awards ebnen half. So konnte Paxton eine der 35 ausgeschriebenen Professoren-Stellen ergattern, um die sich 400 Bewerber bemüht hatten. In gewisser Weise ist Paxton für FulbrightVerhältnisse ein Paradiesvogel. Meist werden die Scholar Awards an Geisteswissenschaftler vergeben, nur selten sind Lehrende technischer Fächer unter den Ausgewählten. Ganz bewusst hat sich der 43-Jährige für eine ostdeutsche Universität entschieden: „Ich wollte sehen, wie sich das Land nach der Wiedervereinigung entwickelt hat.“ Der erste Eindruck sei überwältigend gewesen. „Der Leipziger Hauptbahnhof ist einer der schönsten Bahnhöfe überhaupt.“ Inzwischen ist im die Stadt ans Herz gewachsen – auch wegen des Kulturangebots. Seine freie Zeit hat Paxton genutzt, um sich in der näheren und weiteren Umgebung umzuschauen. Quedlinburg und Weimar standen ebenso auf dem Programm wie ein Abstecher nach Prag und in die Schweiz, wo er zu Weihnachten zum ersten Mal in seinem Leben mit einem Holzschlitten eine Abfahrt machte. Der begeisterte Wanderer und Radfahrer ist in drei Tagen von Passau nach Linz geradelt, hat es zu seinem Leidwesen aber noch nicht geschafft, sich die Sächsische Schweiz anzuschauen. Das will er aber auf jeden Fall noch tun. Wenn er nach dem Wintersemester wieder nach Montana heimkehrt, nimmt Paxton eine Reihe positiver Eindrücke mit. Die Menschen in Sachsen und speziell Leipzig seien sehr freundlich, die Deutschen insgesamt gut über die Vorgänge in der Welt informiert und vorbildlich, was den Umweltschutz angehe. „Und das gut funktionierende System des öffentlichen Nahverkehrs werde ich ganz besonders vermissen“, meint er. Jörg Aberger journal Studiosi E-spañol – E-Learning auf Spanisch Absolventen der Wirtschaftspädagogik entwickeln multimediale Lerninhalte Von Prof. Dr. Fritz Klauser, Lehrstuhl für Berufs und Wirtschaftspädagogik, und Dr. Carlos Búa Carballo, Institut für Romanistik Die effektive Nutzung elektronischer Medien für das Studium ist einer der Schwerpunkte in der Entwicklungsstrategie unserer Universität. Dabei ging es bisher unter dem Stichwort E-Learning vor allem darum, wie Lehrende ihre Inhalte medial aufbereiten und den Studierenden über Lernplattformen zur Verfügung stellen können (vgl. Uni-Journal 5/2006). Dass die Studierenden jedoch wesentlich mehr sein können als ausschließlich Konsumenten von Multimedia, dass sie selbst in der Lage sind, fachliche Inhalte pädagogisch fundiert und technisch versiert aufzubereiten und dabei noch interdisziplinär vorgehen können, zeigen Diplomarbeiten aus dem Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Cornelia Scholz und Anja Rohde, Studentinnen der Wirtschaftspädagogik mit dem Zweitfach Spanisch (eine Kombination, die es nach der Studienreform leider nicht mehr geben wird), haben das multimediale Lehr-Lern-Arrangement „Spanisch für die kaufmännische Aus- und Weiterbildung“ mit einer Lernzeit von zirka 60 Stunden entwickelt und im Netz bereit gestellt. Im Kurs „¡Vámonos a España!“ (Auf nach Spanien!) können die Lernenden in drei Lerneinheiten mit jeweils drei bis vier Lektionen die Themen „Stellensuche im spanischsprachigen Ausland“, „Verfassen spanischsprachiger Bewerbungsunterlagen“ sowie „Korrespondenz mit spanischsprachigen Unternehmen, Institutionen und Behörden“ bearbeiten und sich zudem auf Vorstellungsgespräche in Spanisch und auf Sprachtests vorbereiten bzw. solche Gespräche und Tests üben. Der grammatikalische Schwerpunkt liegt dabei auf zwei Phänomenen, die Spanischlernenden auf allen Niveaustufen erfahrungsgemäß besondere Schwierigkeiten Heft 1/2007 bereiten: die Verben ser und estar sowie die Präpositionen a, de, en por und para. Eine korrekte Verwendung der Verben und Präpositionen ist für eine sichere Beherrschung des Spanischen unerlässlich. Ser und estar haben sich sprachgeschichtlich aus den lateinischen Verben esse (sein) und stare (stehen) entwickelt und werden im Spanischen zur Wiedergabe des Verbs sein verwendet, wobei der jeweilige Kontext darüber entscheidet, welche der beiden Formen benutzt werden muss. Auch die spanischen Präpositionen besitzen eine hohe Relevanz für das Erlernen und aktive Anwenden der Sprache, denn falsch verwendet, können sie sinnentstellend wirken. Die Schwierigkeiten für deutsche Lerner werden bei den Präpositionen vor allem durch die Interferenzen mit der Muttersprache verursacht. Das Arrangement ist auf der Grundlage einer pädagogischen und technischen Strukturvorlage erstellt worden, die im BMBFProjekt IMPULSEC vom Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik entwickelt wurde (vgl. Uni-Journal 2/2001) und bereits erfolgreich in unterschiedlichen Fachrichtungen (unter anderem Electronic Commerce, Urban Management, Business Education) angewandt wird. Charakteristisch dafür sind folgende Komponenten: Die Beschreibung der Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkei- Eine audio-visuelle Foto-Story veranschaulicht die Problematik, wie der obige Screenshot zeigt. Entwickelt wurde die multimediale Spanisch-Lernsoftware von Studenten. Abbildungen: Klauser 29 Studiosi ten), die in der jeweiligen Lerneinheit erworben werden sollen, und zwar in Form von Lernzielen; Beschreibungen des notwendigen Vorwissens und Könnens für die Bearbeitung der einzelnen Lerneinheiten; Systematisierungen, Hilfen und Literaturangaben sowie Anwendungs-, Übungsund Transferaufgaben. Die grammatischen Inhalte sind in die thematisch-lexikalischen Inhalte jeder Lektion integriert. Sie umfassen jeweils eine situative Einbettung und einen zweisprachig angelegten Theorieteil mit Beispielen in narrativer Form. Die offenen und geschlossenen Aufgaben zur Übung und Anwendung sind ebenfalls als Geschichten konzipiert und mit einem elaborierten Feedback über den Lernerfolg gekoppelt. Neue Medien verändern alte Rollenmuster Das Arrangement ist auf problembasiertes Lernen und Lehren ausgerichtet. Didaktisches Herzstück sind realistische und komplexe Problemstellungen, die am Beginn jeder Lerneinheit präsentiert werden und als Bezugspunkt für die Vermittlung und Aneignung der fachlichen Inhalte dienen. Im Kurs „¡Vámonos a España!“ ist es die Geschichte der Studentin Laura, die eine Zeit lang im spanischsprachigen Ausland arbeiten möchte, aber nicht weiß, wie sie bei der Stellensuche und dem Bewerbungsverfahren vorgehen soll, welche Anforderungen sie zu erfüllen hat und welche kulturellen Besonderheiten dabei zu beachten sind. Veranschaulicht wird die Problematik mit einer audio-visuellen FotoStory. Das Lehr-Lern-Arrangement ist auf allen Learning Management Systemen (Lernplattformen) lauffähig, die die einschlägigen Standards (SCORM, AICC) unterstützen. Technisch beruht es auf einer XML-basierten Content Management Architektur (XML steht dabei für die Programmiersprache eXtensible Markup Language). Das heißt jedoch nicht, dass die Studieren- den, die solche Dinge entwickeln, ausgesprochene Technikexperten sind oder gar eine Programmiersprache beherrschen müssen, im Gegenteil: Für die Erstellung der Inhalte steht ein Editor zur Verfügung, der nach kurzer Einarbeitungszeit mit Kenntnissen der gängigen Microsoft-Anwendungen (Word, Power Point usw.) genutzt werden kann. Die einzige Bedingung besteht darin, dass die fachlichen Inhalte nach der beschriebenen pädagogischen Struktur aufbereitet sind. Das Beispiel zeigt, dass die Nutzung neuer Medien auch die traditionellen Rollenmuster verändern kann und noch zahlreiche Herausforderungen für die Ausgestaltung der Lehr-Lern-Prozesse an der Universität bietet. Damit E-Learning wirklich Platz greift, muss man nicht nur „im Netz sein“, es kommt auch darauf an, mediendidaktisch qualitativ hochwertige Lernangebote zu erstellen und anzubieten damit man im Netz etwas findet, das zu bearbeiten sich lohnt. Auch Studierende können dabei Hervorragendes leisten. Problemstellungen mitten aus dem Leben Nach deren Präsentation werden die Lernenden dazu aufgefordert, Laura bei ihrer Stellensuche und dem Bewerbungsprozess zu unterstützen. Dazu müssen sie die fachlichen Inhalte bearbeiten und selbstständig in der Literatur und im Internet recherchieren. Der Inhalt ist nach dem Ansatz der kommunikativen Didaktik aufbereitet und nach grammatischen sowie thematisch-lexikalischen Inhalten gegliedert. Die Grammatik wird eingebettet in den kommunikativen Inhalt erläutert, angewendet, geübt und geprüft. Die thematisch-lexikalischen Inhalte werden durch Text-Bild-Kombinationen und audio-visuelle Animationen multimedial unterstützt. Sie haben ein einheitliches und übersichtliches Design, Cliparts und Abbildungen dienen zur Visualisierung des Handlungskontextes. 30 journal Studiosi Symbiose von Leistungssport und Studium Rektor ehrt erfolgreiche Sportler der Universität Von Sigrun Schulte, Leiterin des Zentrums für Hochschulsport Die Universität Leipzig hat im vergangenen Jahr nicht nur auf dem Gebiet der Lehre und Forschung sehr gute Leistungen aufzuweisen, sondern kann auch mit Stolz auf die hervorragenden Ergebnisse der Studierenden der Alma mater Lipsiensis bei sportlichen Veranstaltungen zurückblicken. Zum Jahresende wurde eine große Zahl deutscher Hochschulmeister duch Rektor Prof. Dr. Franz Häuser ausgezeichnet. Erstmals wurde der feierliche Rahmen auch genutzt, um eine Auswahl der studierenden Spitzensportler für ihre Leistungen zu würdigen. In dem vom Deutschen Hochschulsportverband erstellten aktuellen WettkampfRanking für das Jahr 2005 belegt die Universität Leipzig den hervorragenden 8. Platz. Schließt man die Hochschulen, die sich zu Wettkampfgemeinschaften zusammengeschlossen haben, aus, betrachtet also nur die Einzelhochschulen, steht die Universität Leipzig auf einem exzellenten 2. Platz! Das Zentrum für Hochschulsport konnte auch als Ausrichter verschiedener Deutscher und Sächsischer Hochschulmeisterschaften seinen guten Ruf bestätigen. Leipziger Studierende holten sich 2006 sechs Mal den Titel „Sächsischer Hochschulmeister“. Bei acht Deutschen und Internationalen Deutschen Hochschulmeisterschaften bestiegen sie insgesamt 26 Mal das Siegertreppchen. Neben den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Schwimmen und den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Beach Volleyball waren die Studierenden bei Internationalen Deutschen Hochschulmeisterschaften in den Disziplinen Orientierungslauf, Crosslauf, Hallenleichtathletik und Ski nordisch erfolgreich. Der Schwimmer Toni Franz errang bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften Dass sportliche Karriere und akademische Ausbildung vereinbar sind, bewiesen zahlreiche deutsche Hochschulmeister, die zum Jahresende 2006 geehrt wurden. Oben: Kristin Neumeister und Michael Hauff zeigen sportlichen Rock’n’Roll. Fotos: Zentrum für Hochschulsport Heft 1/2007 zwölf Titel. Zwei Teilnehmer konnten sich für die Studierendenweltmeisterschaften im Orientierungslauf qualifizieren (7. Platz im Sprint für Christian Teich). Dass sich die Universitätsleitung in Verantwortung gegenüber den studierenden Spitzensportlern sieht, zeigt sich in der unterzeichneten Kooperationsvereinbarung zur Förderung studierender Spitzensportler. Ziel dieses Vertrags ist es, die Vereinbarkeit von Studium und Leistungssport zu unterstützen. Die Universität Leipzig möchte ihren Studierenden zeitgleich eine sportliche Karriere und eine akademische Ausbildung ermöglichen. In Anwesenheit des Spitzensportverantwortlichen Prof. Dr. Jürgen Dietze konnte Rektor Häuser Gesine Ruge, Nadja Gänsewig, Anja Wagner, Anett Böhm, Toni Franz und Gabi Teichmann Bücherpreise überreichen. Einige von ihnen wollen bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking dabei sein. In seiner Festrede bestärkte der Rektor die Studenten darin, ihren Weg fortzusetzen und auch zukünftig Studium und Sport miteinander in Einklang zu bringen und in beiden Bereichen Erfolge anzustreben. Er sei fest davon überzeugt, „dass die Symbiose von Sport und Studium zu Synergieeffekten für den Erfolg auf dem weiteren Lebensweg führen wird“. 31 Studiosi Geowerkstatt Verein ermöglicht wissenschaftliches Arbeiten in geographienahen Themen hat besonderen Stellenwert. So werden geographische Exkursionen im Bereich der Umweltbildung für die Kleinsten entwickelt und durchgeführt. Studierende des Institutsfür Geographie konzipieren in Koordination mit Dr. Annett Krüger zudem auch Weiterbildungsangebote für Erzieher in Kindertagesstätten. Des weiteren erarbeitete der Verein die Machbarkeitsstudie für den Geopark Nordsachsen. Zusätzlich wurden Exkursionen durch die Regionen entwickelt. „Buddeln mit Bio“ als interdisziplinäres Projekt von Botanik- und Geographiestudenten ging dieses Jahr zum vierten Mal auf Exkursion und gibt somit Jungwissenschaftlern die Chance, praktische Erfahrungen zu sammeln. www.geowerkstatt.com Johann Simowitsch Newsletter Leipzig to go Die nachhaltige Entwicklung des Ostseeraums war Thema eines internationalen Workshops in Rostock, veranstaltet von Geowerkstatt e. V., einem universitätsnahen Verein. Foto: Samira Jamei „Das Projekt ‚All in one Boat‘ wird mit Unterstützung der europäischen Union finanziert.“ Als die studentische Projektgruppe der Geowerkstatt diesen Satz las, fiel die aufgestaute Nervosität eines Jahres kontinuierlicher Arbeit wie Ballast von ihren Schultern. Doch zunächst zu den Anfängen. Vor einem Jahr kam die Idee auf, das gelernte Wissen des Studiums in einem Seminar zur „Nachhaltigen Entwicklung des Ostseeraums“ einer interkulturellen Gruppe anzubieten. Dass eine solche Unternehmung vor allem mit Partnern aus den Anrainerstaaten viele spannende Erfahrungen bieten könnte, wurde schnell klar, offen war nur die Finanzierung. Das „Jugend für Europa“-Programm der Europäischen Union schien sehr geeignet. Im Rahmen der Geowerkstatt e.V., einem universitätsnahen Verein, begann ein Jahr der Vorbereitung. Stundenpläne mussten konzipiert, Einladungen an Referenten und Teilnehmer geschickt und vor allem der Antrag an die EU eingereicht werden. Im Oktober kam die Rückmeldung der EU – und eine Zusage in Höhe von 12.500 Euro für die Durchführung des Seminars. 32 Das Schiff Likedeeler in Rostock war für diese Unternehmung der perfekte Ort. Die 25 Teilnehmer aus vier Anrainerstaaten erwartete ein Programm bestehend aus Vorträgen von Referenten aus der Regionalpolitik, der Tourismusbranche, der Forschung, der Non-Governmental Organization Greenpeace und der Wirtschaft sowie Diskussionsrunden. Im Zentrum des Diskurses stand immer die „Nachhaltige Entwicklung“ des gemeinsam genutzten Raums. Ein Workshoptag mit unterschiedlichen Angeboten führte die Erkenntnisse zusammen. Die Teilnehmer waren begeistert und wollen nun mit den neu erlernten Methoden eigene Projekte in diesem Bereich entwerfen. Genau zu diesem Zweck wurde die Geowerkstatt e.V. von Mitarbeitern und Studenten des Instituts für Geographie gegründet. Als Plattform will der Verein seinen Mitgliedern die Möglichkeit geben, wissenschaftlich sowie populärwissenschaftlich in geographischen aber auch geographienahen Themen zu arbeiten. Außer dem vorgestellten werden auch zahlreiche andere Projekte unterstützt. Die Zusammenarbeit mit der Kinderakademie Wenn sich das Studium langsam dem Ende zuneigt und die Koffer in der (Wahl-)Heimat Leipzig gepackt werden, kommt bei manchem Studenten der erste Anflug von Wehmut. Um auch in der Ferne über Aktuelles aus L.E. informiert zu sein, haben die Studenten Christian Barth (Soziologie/ BWL) und Marc Lakotta (BWL) voriges Jahr einen kostenlosen Newsletter gestartet. Halbjährlich informieren sie über Neues aus der Buch-, Bach-, Messe-, Sport und natürlich Universitätsstadt. Garantiert werbefrei! Derzeit gibt es nach eigenen Angaben knapp 200 Abonennten. „Doch auch für Leute, die zur Zeit in Leipzig studieren, stellt der Newsletter ein interessantes Medium dar, welches komprimiert über die wichtigsten Geschehnisse aus Politik, Wirtschaft und Kultur berichtet“, erklärt Newsletter-Mitarbeiterin Jenny Babucke. Intention des Projektes sei, Leipziger und Zugezogene an die Stadt zu binden beziehungsweise Noch-NichtLeipziger für die Stadt zu begeistern. „Ziel ist, Menschen mit hohem Potential an Fachwissen, Innovationsgeist oder finanziellem Kapital zu einer Investition in Leipzig zu animieren und die Stadt damit wirtschaftlich zu fördern“, sagt Soziologie-Studentin Babucke. Dies istin vielfältiger Form denkbar: als Existenzgründer, Unternehmer, hoch qualifizierter Arbeitnehmer, aber auch durch entsprechende wirtschaftliche Entscheidungskompetenzen. Der Newsletter kann kostenlos bestellt werden unter www.neuesausleipzig.de T. D. H. journal Personalia Ehrendoktorate verliehen Historiker Pohl untersucht Finanzplatz Leipzig Die Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften verlieh die Ehrendoktorwürde an Prof. em. Dr. Hans Pohl. In seiner Laudatio würdigte Dekan Prof. Dr. Markus A. Denzel insbesondere die Verdienste Pohls um die deutsche und internationale Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte sowie um die Entwicklung des wissenschaftlichen Austauschs zwischen deutschen und ausländischen Forschern zur Belebung des nationalen und internationalen wirtschafts- und sozialhistorischen Diskurses. Erstmals verlieh die Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften damit die Ehrendoktorwürde einem Historiker: Professor Dr. Hans Pohl (geboren 1935) ist der national und international bedeutendste Vertreter des Faches Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte des deutschsprachigen Raumes in den letzten drei Jahrzehnten. Der Historiker Pohl gehört in Forschung und Lehre zu den Wirtschafts- und Sozialhistorikern, die man als „Generalist“ bezeichnet. Chronologisch vom Mittelalter bis zur Gegenwart und räumlich von Westeuropa über Lateinamerika letztlich weltweit orientiert, blieb es ihm allerdings aus politischen Gründen, speziell als Vertriebener aus Schlesien, bis 1990 versagt, Forschungen zur ost- und mitteldeutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte durchzuführen. Das letzte von ihm organisierte wissenschaftliche Symposium der Gesell- Wirtschaftshistoriker Prof. em. Dr. Hans Pohl (M.) erhielt die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften von Dekan Prof. Dr. Markus A. Denzel (re.) und Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Foto: Dietmar Fischer schaft für Unternehmensgeschichte wurde im November 1994 in Jena zum Thema „Organisationsformen im Absatzbereich von Unternehmen in den alten und neuen Bundesländern“ abgehalten. Einige Vorträge in Leipzig – letztmals 2005 auf der Tagung der deutschen Gesellschaft zur Überseegeschichte an unserer Universität – schlossen sich an. Zusammen mit mehreren Leipziger Historikern wird Prof. em. Pohl in den nächsten Jahren ein Buchprojekt zum „Finanzplatz Leipzig“ durchführen. Hans Pohl bestimmte in den letzten Jahrzehnten das Bild der deutschen und mitteleuropäischen Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmens Geschichte im In- und Ausland maßgeblich mit. Als Vertreter in den verschiedenen hochrangigen nationalen wie internationalen Gremien trug er erheblich zum wissenschaftlichen Austausch zwischen deutschen und ausländischen Forschern und zur Belebung des wirtschaftsund sozialhistorischen Diskurses in Deutschland und international bei. r. Prof. Heinritz’ Gedanken zur Innenstadtentwicklung Im Dezember verlieh die Fakultät für Physik und Geowissenschaften an den Münchner Geographen Prof. Dr. Günter Heinritz die Ehrendoktorwürde für seine Leistungen auf dem Gebiet der geographischen Handels- und Zentralitätsforschung, seinen Beitrag zur Entwicklung des Faches Geographie und nicht zuletzt für sein großes Engagement für die Entwicklung des Geographie-Standortes Leipzig. „Dass Leipzig für die Geographie nach der Heft 1/2007 politischen Wende weiterhin einen der wichtigsten Standorte des Faches darstellt, ist auf die Entscheidungen über die Neugestaltung der Wissenschaftslandschaft in Ostdeutschland zurückzuführen, an denen Sie als führender Vertreter Ihres Faches maßgeblich beteiligt waren“, hob Rektor Prof. Dr. Franz Häuser in seinem Grußwort zur Ehrenpromotion hervor. Auch Dekan Prof. Dr. Tilman Butz würdigte insbesondere die Leistungen Hein- ritz’ für die Neugestaltung der Geographie in Leipzig nach der Wiedervereinigung, aber auch seine Leistungen für die Geographie in Deutschland, insbesondere für die Anthropogeographie. Für die „wertvollen Ratschläge bei der Strukturierung des Institutes und der Aufstellung des Diplomstudienganges“ bedankte sich eine der zwei Laudatoren, Prof. Helga Schmidt. Prof. Dr. Reinhard Wießner als zweiter Laudator schlug den Bogen zum Anteil von 33 Personalia Günter Heinritz bei der Neustrukturierung des Faches Geographie in Ostdeutschland nach der Wende. Seine Motivation sei nicht nur fachpolitischen Erwägungen entsprungen, sondern wurzelte auch in gewachsenen Beziehungen aus der Zeit davor. „Es war vor allem das stete Bemühen um wissenschaftliche Kontakte, was in der damaligen Zeit nicht einfach zu bewerkstelligen war. Ausgeprägt war sein Interesse an der regionalen Entwicklung der damaligen DDR. In Seminaren und durch mehrere Exkursionen in die DDR war die Auseinandersetzung mit dem Osten Deutschlands stets auch Gegenstand seiner Lehrveranstaltungen.“ Im Anschluss an seine Dankesrede trug er dem interressierten Forum einige Gedanken zur Innenstadtentwicklung vor, die hier in Auszügen wiedergeben werden: „Innenstadtentwicklung – das Wort kann missverstanden werden, als würde sich da etwas aus sich selbst heraus entfalten. Innenstädte aber tun selbst nichts, sie sind Produkte, Ergebnisse menschlichen Handelns. Entscheidungen und Handlungen von Menschen aber sind immer gebunden an vorgegebene Rahmenbedingungen (…), die sich im Laufe der Zeit ändern können und sich in den letzten Jahrzehnten in der Tat auch massiv verändert haben. Das gän- gige Deutungsmuster dieser Veränderungen geht dahin, die Innenstädte in ihrer Kernfunktion gefährdet zu sehen. ‚Rettet unsere Städte jetzt!‘, hieß das plakative Motto des deutschen Städtetages schon 1971 und seither ist von der Krise der Innenstadt fast regelmäßig die Rede. Gerade das aber scheint mir für die Innenstadt zu sprechen. Ihre Krise wird ja deshalb als besonders wahr und wichtig genommen, weil dieser Bereich der Stadt eben wie kein anderer mit Bedeutungen und Emotionen besetzt ist. Innenstädte sind offensichtlich nach wie vor die räumlichen und assoziativen Kristallisationskerne politischer und gesellschaftlicher Darstellung und Auseinandersetzung. Politische Demonstrationen finden eben nicht in Einkaufszentren, Technoparks oder Gewerbegebieten statt. Innenstädte sind auch weit mehr als eine Agglomeration von Einzelhandels- und Bürostandorten, weit mehr als eine bloße Addition verschiedener Publikumsattraktionen. Letztendlich sind sie für die jeweilige Stadt identitätsbildend. (…) Es geht also bei der Aufwertung von Innenstädten nicht um eine sektorale, nur auf den innerstädtischen Einzelhandel fokussierte Sicht, sondern darum, die Innenstadt als Ganzes in den Blick zu nehmen und Egoismen zu überwinden, die schon Alexander Der Geograph Prof. Dr. Günter Heinritz erhielt die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Physik und Geowissenschaften. Foto: Dietmar Fischer 34 Mitscherlich in seiner ‚Anstiftung zum Unfrieden‘ für die Unwirtlichkeit der Städte verantwortlich gemacht hat (…) Es geht um Kooperationen und Allianzen! Kooperative Ansätze zur Stärkung der Innenstädte mit einem besonderen Akzent auf Public-Private-Partnerships verdienen schon deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil die Auszehrung der kommunalen Finanzen einen all umfassenden Geltungsanspruch der öffentlichen Hand ohnehin hat illusorisch werden lassen. Nicht zuletzt deshalb richten sich die Hoffnungen auf Allianzen aller Akteure vor Ort. Solche Allianzen gibt es natürlich schon lange, zum Beispiel in Form von innerstädtischen Werbegemeinschaften, City- oder Stadtmarketingvereinen oder in Gestalt von Projekten wie ‚Ab in die Mitte!‘, ‚StadtmachtPlatz!‘. Viele solcher Initiativen kranken an einer fehlenden Beteiligung aller Akteure. Gute Argumente auch für ein finanzielles Engagement bei solchen Projekten gibt es alle Male, auch für Grund- und Hausbesitzer, die ein originäres Interesse an einer attraktiven Innenstadt und am Werterhalt ihrer Immobilien haben sollten. Die Entwicklung der Immobilienwerte, der Rückgang der Mieten in vielen Städten, die zunehmende Zahl leer stehender Ladenlokale, steigende Mieterfluktuationen und Schwierigkeiten bei der Vermietung sowie Trading-Down-Prozesse genügen wohl, um eine finanzielle Beteiligung der Immobilieneigentümer zu Gunsten einer Quartiersaufwertung zu rechtfertigen. Der Erfolg solcher Allianzen wird jedenfalls daran zu bemessen sein, inwieweit sie über kurzfristige Belebungen, Events und Verschönerungsmaßnahmen hinaus auch strukturelle Veränderungen bewirken können und wie breit und belastbar die Basis der kooperativen Bemühungen ist. Die entscheidende Frage also wird sein, ob es gelingt, wirklich handlungsfähige kooperative Strukturen zu entwickeln und zu pflegen, die auf Dauer angelegt nachhaltige Verbesserungen auf den Weg bringen können. Deren Zustandekommen sollten Geographen nicht nur beobachten oder analysieren, sondern es konkret befördern und daran mitwirken. Wenn sie das tun, werden sie sicherlich ihre bisherigen disziplinären Grenzen überschreiten müssen, aber die Frage nach der Relevanz ihrer Arbeit gewiss nicht zu fürchten haben.“ Dr. Bärbel Adams journal Personalia NOMEN Die Kolumne von Namenforscher Prof. Dr. Jürgen Udolph Neu berufen: Neu berufen: Dirk Bartz I. Hedderich Prof. Dr. rer. nat. Dirk Bartz ist seit Jahresbeginn erster berufener Professor am Interdisziplinären Zentrum für Computer- und Robotergestützte Chirurgie (ICCAS). Der Informatiker hat an der Universität Erlangen-Nürnberg studiert und zuletzt an der Eberhard Karls Universität Tübingen die Arbeitsgruppe Visual Computing for Medicine geleitet. Wissenschaftlich beschäftigt er sich mit dem Einsatz von Systemen der virtuellen Realität für medizinische Fragestellungen. Bisher galt sein Interesse vornehmlich der virtuellen Endoskopie und der erweiterten medizinischen Realität. Die Computergrafik und ihr Einsatz in den Lebenswissenschaften werden ihn in Zukunft auch weiter beschäftigen, am ICCAS insbesondere unter dem Aspekt des computergestützten chirurgischen Einsatzes. Er setzt Bilddaten von Patienten in dreidimensionale Modelle um, macht Strukturen besser sichtbar, um sie zu verstehen und in den Operationsprozess zu integrieren. Dazu müssen vorhandene Datensätze mit denen der Patienten in Übereinstimmung gebracht werden. Genutzt werden können dann zum Beispiel erkannte Risikostrukturen wie Blutgefäße und Nerven für die Operationsvorbereitung oder die Operation selbst. Dabei kommt es insbesondere darauf an, individuelle Abweichungen von der anatomischen Norm zu hinterfragen und darzustellen. Ziel ist es, auch komplizierte Operationen sicherer zu machen, indem dem Chirurgen OP-reife Prototypen zur Verfügung gestellt werden. Prof. Bartz zeigt sich begeistert von den Möglichkeiten, die ICCAS bietet, und der Aufgeschlossenheit seiner klinischen Partner. „Gemeinsam schaffen wir es, im Bereich der Computer-assistierten Chirurgie einen Spitzenplatz in Europa zu erreichen“, meint er. In Leipzig ist er angekommen, sein Sohn ist Ende letzten Jahres schon hier geboren und nimmt im Moment auch seine Freizeit voll in Anspruch. B. A. Prof. Dr. Ingeborg Hedderich, Inhaberin des Lehrstuhls für Körperbehindertenpädagogik an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät seit diesem Wintersemester, hat ein großes Ziel: Die 47-Jährige möchte an der Universität Leipzig in Kooperation mit regionalen Einrichtungen der Frühförderung eine rehabilitationspädagogische Ambulanz aufbauen. „Frühkindliche Bildung ist zentrale bildungspolitische Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Für Kinder mit Behinderungen bedarf es angesichts erschwerter Lebenssituationen eines noch differenzierter auszubauenden Frühfördersystems, um Bildungschancen zu erhöhen und Partizipation zu ermöglichen“, sagt Hedderich. Ferner setzt sie auf die Erforschung des Burn-out-Symptoms und Psychohygiene in rehabilitativen Arbeitsfeldern. Im Zentrum der wissenschaftlichen Betrachtung steht hier insbesondere die Frage der Belastungssituationen und der Bewältigungsstrategien von Lehrern, die in dem neuen Arbeitsfeld der integrativen Beschulung tätig sind. „Es reizt mich, an der zweitältesten Universität Deutschlands zu forschen und zu lehren“, sagt die in Nordrhein-Westfalen Geborene. Beeindruckend findet sie zudem die bundesweite Vorreiterrolle der Alma mater bei der Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf Bachelor und Master. Zuvor lehrte die Pädagogin acht Jahre lang Didaktik und Methodik der Heilpädagogik an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), hatte eine Vertretungsprofessur an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg inne und war Studienrätin im Hochschuldienst an der Universität Dortmund.m Ihre fachspezifischen Interessen liegen auf der Pädagogik bei schwerster Behinderung, der integrativen Pädagogik und Didaktik sowie der Montessori-Pädagogik. „Ihre didaktischen Materialien und das Prinzip der Freiarbeit entsprechen dem Lernbedürfnis vieler Kinder mit Behinderung nach starker Strukturierung der Lerninhalte.“ T. D. H. Heft 1/2007 Der Name „Hedderich“ Unter 40 Millionen Telefonteilnehmern (Stand: 1998 (neuere CD-ROM sind aus Datenschutzgründen schlecht zu verarbeiten) ist der Name in Deutschland 605 Mal bezeugt. Eine Verbreitungskarte, erstellt mit dem Internetprogramm Geogen (entwickelt von dem Potsdamer Informatiker Christoph Stöpel) zeigt, dass der Name vor allem in Hessen vorkommt: Bei der Erklärung schwankt die Forschung zwischen zwei Möglichkeiten: 1.) Zusammenhang mit mittelhochdeutsch hederich, mittelniederdeutsch hederik „Erysimum officinale, wilder Senf, erscheint vor allem als unkraut auf Äckern“. 2.) Ableitung von dem german. Personennamen Hathurik, Hadurik. Die modernen Methoden der Familiennamenforschung helfen bei der Beurteilung: da sich ein Familienname Hederik, also in niederdeutscher Form nicht nachweisen lässt, fällt die Pflanze als Benennungsmotiv aus. Es wäre auch schwer, eine sinnvolle Begründung zur Verwendung in Namen zu finden. Es bleibt somit der alte Vorname, der schon bei E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 1: Personennamen, Bonn 1900, Sp. 796f. aufgeführt wird, unter anderem bereits im 8. Jahrhundert aus Sankt Galler und Fuldaer Quellen und in Varianten wie Hadorich, Hadarih, Hadaricus, Haderich, Hadrich, Hedirich. Er enthält wie so oft zwei Teile: Im ersten liegt german. hathuvor, noch bezeugt in althochdeutsch hadu„Haß, Hader“ (verwandt mit dt. hadern, Hader), in Namen eher zu verstehen als „Kampf“; im zweiten Teil german. rik-, das schon im Gotischen (4. Jh.) als reik- (gelesen rik mit langem -i-) in den Bedeutungen „reich“ und „Herrscher“ bezeugt ist und in zahlreichen Namen wie Friedrich, Heinrich fortlebt. Da in früher Zeit die beiden Wortelemente frei aneinander gefügt wurden, kann nur jedes für sich übersetzt werden, aber es ist unstatthaft, nach einem Sinn zu suchen, der beide Teile umfasst, etwa „reich an Kampf, Kampfherrscher“ oder ähnliches. 35 Personalia Vieles bleibt unveröffentlicht Trauer um verdienstvollen Religionswissenschaftler Professor Holger Preißler Von Dr. Heinz Mürmel, Religionswissenschaftliches Institut Am 14. November 2006 verstarb nach schwerer Krankheit kurz nach Vollendung seines 63. Lebensjahres der Wissenschaftler Professor Holger Preißler. Holger Preißler wurde am 27. 10. 1943 in Altmittweida geboren und studierte von 1962 bis 1967 am Orientalischen Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig Semitistik und Arabistik. Den Jahren als wissenschaftlicher Assistent von 1967 bis 1970 an der Leipziger Universität folgte ein längerer Aufenthalt an der DDR-Botschaft in Syrien als Übersetzer, wo er sein wissenschaftliches „Damaskuserlebnis“ erfuhr. Bis auf eine kurze Unterbrechung, als er dem Ruf als Gastprofessor nach Saarbrücken folgte (1989 bis 1990), blieb Leipzig seine wissenschaftliche Heimat. 1981 wurde er habilitiert mit der wissenschaftlichen Arbeit zum Thema „Abhängigkeitsverhältnisse in Südarabien in mittelsabäischer Zeit“. Preißler hat noch ein weiteres Mal über eine Phase der Unsicherheit des Instituts hinweg geholfen. Seiner persönlichen Integrität war es, neben seinen wissenschaftlichen Leistungen, mit zu verdanken, dass das Religionswissenschaftliche Institut während der Wendezeit nicht in Turbulenzen geriet und 1992 nach der Neugründung Tolerante Haltung Integrationsfigur während der Wendezeit Dass er 1982 als Dozent für Semitistik und Islamwissenschaft an die Sektion Afrikaund Nahostwissenschaften berufen wurde, sollte sich bald für die Leipziger Religionswissenschaft als vorteilhaft wertvoll erweisen. Als der ehemalige Ordinarius Professor Kurt Rudolph sich entschloss nach einer Gastprofessur in Chicago nicht in die DDR zurückzukehren (1984), schien der Fortbestand des Religionswissenschaftlichen Institutes, das 1912 gegründet worden war, ernsthaft gefährdet zu sein. Der damalige Rektor der Karl-Marx-Universität, Professor L. Rathmann, konnte mit Holger Preißler einen anerkannten Wissenschaftler als Nachfolger vorweisen und dies hat ohne Zweifel wesentlich zum Erhalt der Einrichtung des Instituts beigetragen und den Versuchen einer inhaltlichen Umprofilierung den Boden entzogen. Holger 36 Sein Berufungsgebiet „Vorderorientalische Religionsgeschichte und Islamwissenschaft“ bezeichnet zwar die Arbeitsgebiete, die im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Untersuchungen und seiner Lehrveranstaltungen standen, seine Interessen reichten jedoch weit darüber hinaus. Wissenschaftshistorische Studien fesselten ihn in hohem Maße. Die Vorbereitungen für eine große Monografie über seinen legendären „Vorfahren“ im Fach, Heinrich Leberecht Fleischer, waren nach Recherchen über 20 Jahre hinweg weit gediehen. Der Religionswissenschaftler Holger Preißler starb im Alter von 63 Jahren. Foto: Archiv weiter bestehen konnte. Als Dekan der Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften (1999 bis 2003), als Mitglied des akademischen Senats, als amtierender Direktor des Religionswissenschaftlichen Instituts sowie weiterer Gremien der Universität und als Mitglied des Kuratoriums für weltoffenes Sachsen der Sächsischen Staatsregierung wirkte er bis zu seinem Tod förderlich für das Fach, das akademische Leben und die Allgemeinheit. Dieses Werk wird nun ebenso wenig erscheinen wie die von ihm für das Universitätsjubiläum angekündigte Geschichte der Religionswissenschaft in Leipzig, mit der er das Werk seines Amtsvorgängers Kurt Rudolph fortsetzen wollte. Vieles weitere bleibt unveröffentlicht. Neben den islamwissenschaftlichen und semitistischen Publikationen lagen ihm Veröffentlichungen für Ethik- und Religionslehrer besonders am Herzen, mit denen er vor allem das Verständnis für „andere“ Religionen (speziell den Islam) fördern wollte. Die ihm eigene tolerante Haltung suchte er auf diese Weise breiten Kreisen zu vermitteln. Alle Ethik- und Religionslehrer Sachsens dürften seine Hörer gewesen sein. Viele wurden nachhaltig von ihm geprägt. Das gilt für seine Haupt- und Nebenfachstudenten, denen ein enger Kontakt vergönnt war, in noch größerem Maße. Darüber hinaus war er für seine ausländischen Studierenden immer ein hilfreicher Berater. Gern hat er mit ihnen über aktuelle Themen diskutiert, aber auch für ihre persönlichen Probleme stets ein offenes Ohr gehabt. Die Mitarbeiter des Religionswissenschaftlichen Institutes vermissen ihn besonders: Als Wissenschaftler und Kollege bleibt er unersetzlich. journal Personalia Kurz gefasst Prof. Dr. Günter Bentele, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, und Prof. Dr. Jürg Knoll, Institut für Erwachsenen-, Sozial- und Wirtschaftspädagogik, dürfen sich „Professor des Jahres“ nennen. Die Leipziger Wissenschaftler konnten sich beim Wettstreit der Studentenzeitschrift „Unicum“ unter den Top Ten in der Kategorie Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften platzieren. Deutschlandweit waren mehr als 640 Professoren für den Wettbewerb nominiert. Gesucht wurden jene akademischen Lehrer, die sich in besonderer Weise um die Förderung der beruflichen Karriere ihrer Studierenden verdient gemacht hatten oder machen. Nach dem Ende seiner Amtszeit als Vorsitzender des Evangelischen-Theodologischen Fakultätentages, wurde Prof. Dr. Günther Wartenberg (Institut für Kirchengeschichte) zum stellvertretenden Vorsitzenden bestellt. Er hat das Amt zunächst für zwei Jahre inne. Prof. Dr.Wieland Kiess, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig, wurde in London zum stellvertretenden Vorsitzenden der Spezialist Advisory Group Diabetes/Endocrinology der European Medicine Agency (EMEA) gewählt. Die Arbeitsgruppe berät die Europäische Arzneimittelbehörde bei der Entwicklung neuer Medikamente auf allen Gebieten der Endokrinologie und der Diabetologie. Außerdem wurde Prof. Kiess in das Editorial Bord der Zeitschrift „Hormones“ berufen. Chief-Editor der Zeitschrift ist Frau Prof. C. Dacou-Voutetakis, Athen. Die Zeitschrift ist ein internationales Organ, das sich mit der Physiologie, Pathophysiologie und Erkrankungen des Hormonsystems beschäftigt. Das Zentrum für Hochschulsport hat eine neue Leiterin: Sigrund Schulte. Bevor sie nach Leipzig kam, lehrte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sportwissenschaften der Universität Göttingen in der Abteilung Sportmedizin und in der Medizinischen Fakultät. Ehrenamtlich engagiert hat sich Sigrun Schulte in unterschiedlichen Sportverbänden. Ihr persönlich größter sportlicher Erfolg war die Teilnahme an Welt- und Europameisterschaften als A-Kader-Mitglied der DeutHeft 1/2007 schen Nationalmannschaft Kanupolo. Durch die Organisation mehrerer Deutscher Hochschulmeisterschaften in Leipzig war Sigrun Schulte der Leipziger Hochschulsport schon teilweise bekannt. Prof. Dr. Elmar Brähler, Leiter der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, wurde in die neu gegründete Ethik-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin gewählt. Prof. Dr. Franz Jacobs, ehemaliger Direktor des Instituts für Geophysik und Geologie, wurde zum Obmann der Teil-Sektion Geophysik/Meteorologie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Die Amtszeit begann am 13. Dezember 2006 und beträgt vier Jahre. Die Leopoldina ist die älteste Akademie (naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft) in Deutschland. Sie wurde 1652 in Schweinfurt gegründet und hat seit 1878 ihren Sitz in Halle/Saale. Zu Mitgliedern werden hervorragende Gelehrte aus aller Welt gewählt. Professor Jacobs ist bereits seit 1999 Mitglied der Leopoldina. Dr. Matthias Jäger, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, wurde vom Verein für Hirnaneurysma-Erkrankte Der Lebenszweig e.V. mit einem Forschungspreis ausgezeichnet. Das Thema seiner Arbeit war „Continuous monitoring of cerebrovascular autoregulation after subarachnoid hemorrhage using brain tissue oxygen pressure reactivity and its relation to delayed cerebral infarction“. Der Preis wird jährlich vergeben für Arbeiten, die sich mit der Verbesserung der Versorgung von Patienten mit aneurysmatischer Subarachnoidalblutung in der Frühphase der Erkrankung beschäftigen. Prof. Dr. med. Andreas Merkenschlager, Leiter der Abteilung Neuropädiatrie der Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche wurde in das Herausgeber-Gremium der pubmed-gelisteten Fachzeitschrift ,Klinische Pädiatrie‘ berufen. Dr. Cornelia Sieber, Institut für Romanistik, wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung ein Feodor Lynen-Forschungsstipendium für Durchführung und Abschluss ihres von Prof. Dr. Alfonso de Toro betreutem Habiliatationsprojektes „Prozesse der Alterität, Performativität und Hybridisierung im Zuge der portugiesi- schen Expansion“ verliehen. Sie wird von April an für ein Jahr an der Universidade Nova de Lisboa in Portugal forschen. Die Sportwissenschaftliche Fakultät vergab den Meinel-Preis 2006 an Antje Hoffmann, Doktorandin am Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik. Betreuerin ist Prof. Dr. Dorothee Alfermann, Direktorin des Institutes. Den mit 300 Euro dotierten Preis bekam Frau Hoffmann für ihre Arbeit zum Thema „Die Sportaktivität Jugendlicher im Verein“. Der Meinel-Preis ist benannt nach Prof. Dr. Kurt Meinel, dem Begründer der Bewegungslehre in Deutschland. Er wird jährlich vergeben für herausragende wissenschaftliche Beiträge auf diesem Gebiet. Ein großer Teil des Preisgeldes wurde in diesem Jahr gestiftet von einer Gruppe japanischer Sportwissenschaftler, die sich an der Sportwissenschaftlichen Fakultät weitergebildet haben. Zum Dies academicus 2006 nahmen fünf Doktoranden und acht Studierende am wissenschaftlichen Wettbewerb, der von Poster- und Multimediapräsentationen umrahmt wurde, teil. In die Kammerversammlung der Sächsischen Landestierärztekammer wurden von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig gewählt: Dr. Gerd Möbius, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen sowie Prof. Dr. Axel Wehrend, Professur für Bestandsbetreuung und Reproduktionsbiologie an der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik. Als Vertreter der Veterinärmedizinischen Fakultät wurde benannt Prof. Dr. Uwe Truyen. Auf der letzten Jahrestagung der Gesellschaft für Sexualwissenschaft (GSW) wurde PD Dr. Kurt Seikowski von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie erneut zum Vorsitzenden gewählt. Er bekleidet dieses Amt seit 2000. Der Jürgen-Bierich-Preis, die höchste Auszeichnung der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Endokrinologie (APE) wurde während der Jahrestagung der APE in Dresden an Dr. med. Sabine Heger, Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche, überreicht. Den mit 50 000 Euro dotierten Preis erhielt die Wissenschaftlerin für ihre Forschungsarbeiten zum Thema „Neuroendokrine Regulation der Pubertät und sexuellen Reifung“. Dr. Heger wurde au37 Personalia ßerdem als Leiterin der Abteilung Kinderendokrinologie an die Medizinische Hochschule Hannover berufen. Prof. Dr. Elmar Brähler und Dr. Oliver Decker, Selbstständige Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, wurden von der Friedrich-EbertStiftung beauftragt, eine Anschlussstudie zum Forschungsprojekt „Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2006“ durchzuführen. Das Anschlussforschungsprojekt, für das die Friedrich-Ebert-Stiftung knapp 72.000 Euro zu Verfügung stellt, heißt „Gruppendiskussion zur Untersuchung der Einflussfaktoren rechtssextremer und demokratischer Einstellungen“. Auf dem Research-Festival 2006 erhielten einen Preis für hervorragende Zusammenarbeit in der Vorklinik und Klinik: Robert Rennert, Institut für Biochemie, Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie (FBPP); Anja Zielonka, Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Fakultät (VF); Heinz-Georg Jahnke, Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum (BBZ); Ivonne Haffner, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Medizinische Fakultät (MF); Dr. Petra G. Hirrlinger, PaulFlechsig-Institut für Hirnforschung, MF; Kirsten G. Volz, Max Planck Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften; Ilka Rinke, Institut für Biologie II, FBPP; Doreen Thor, Institut für Biochemie, MF; Axel Jenzsch, Poliklinik für Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie, (MF); Nora Klöting, Medizinische Klinik III, MF; Sabine Siegemund, Institut für Immunologie, VF; Peter Wolf, BBZ. Einen Preis des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) erhielten: Für das beste interdisziplinäre Forschungsvorhaben: Christian Voigt, Orthopädische Klinik und Poliklinik, MF; Dr. Antje Körner, Medizinische Klinik und Poliklinik III, MF. Für hervorragende Zusammenarbeit Klinik/Vorklinik: Andreas Schubert, Forschungslabor Chirurgie I und II, MF; Anett Schulz, Medizinische Klinik IV, MF. Dr. Ulrich Keyser, Institut für Experimentelle Physik I, wurde in das „Emmy Noether-Programm“ der DFG aufgenommen. Er wird eine Nachwuchsgruppe im Bereich Nanobiophysik aufbauen. Ihr Thema ist: Nanoporen für die biologische Physik und die Physik der weichen Materie. Das 38 Emmy Noether-Programm möchte jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern einen Weg zu früher wissenschaftlicher Selbstständigkeit eröffnen. Geburtstage Medizinische Fakultät 65. Geburtstag Prof. Dr. med. Gerhard Asmussen, CarlLudwig für Physiologie, am 18. Februar Prof. Dr. med. Ingrid Kästner, Karl-Sudhoff-Institut, am 3. März 70. Geburtstag Prof. Dr. med. Uwe-Frithjoff Haustein, Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, am 20. Februar 75. Geburtstag Prof. Dr. med. Karl Bilek, Universitätsfrauenklinik, am 28. Januar 85. Geburtstag Prof. Dr. sc. med. Ernst Springer, Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, am 23. Februar Der Rektor der Universität Leipzig und die Dekane der einzelnen Fakultäten gratulieren herzlich. (Die Geburtstage werden der Redaktion direkt von den Fakultäten gemeldet. Die Redaktion übernimmt für die Angaben keine Gewähr. Das gilt auch für deren Vollständigkeit.) Habilitationen Fakultät für Mathematik und Informatik Dr. Michael Hellus (11/06): Local Cohomology and Matlis duality Philologische Fakultät Dr. Sabine Schrader (12/06): Literatur und Film in Italien zu Beginn des Novecento Dr. Heike Jüngst (1/07): Information Comics: Knowledge Transfer in a Popular Format Promotionen Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften Udo Grashoff (6/06): Selbsttötungen in der DDR. Die Selbsttötungshäufigkeit und der Umgang mit suizidalen Handlungen in der SED-Diktatur Carlos Torres Fuchslocher (7/06): Development of Technology-Intensive Suppliers in Natural Resource-Based Economies: The Case of Aquaculture in Chile Elena Sawtschenko (7/06): Die Kantaten von Johann Friedrich Fasch im Lichte der pietistischen Frömmigkeit. Pietismus und Musik Heiko Schneider (7/06): Wahrhaftigkeit und Fortschritt: Ernst Toch in Deutschland 1919–1933 Marion Feuerstein-Tubach (7/06): Reden ist ein Kapital. Magana Jari Ce von Abubakar Imam, ein frühes Werk der Hausa-Literatur und seine Quellen Gottfried Plagemann (7/06): Von Allahs Gesetz zur Modernisierung per Gesetz. Gesetz und Gesetzgebung im Osmanischen Reich und der Republik Türkei Erziehungswissenschaftliche Fakultät Bettina Jekosch-Stein (3/06): Die Entwicklung eines pädagogisch-diagnostischen Verfahrens zur Erfassung sprachlicher Fähigkeiten von Erstklässlern. Makhabbat Kenzhegaliyeva (4/06): Struktur- und Entwicklungsprobleme des Hochschulwesens im Vergleich: Deutschland-Kasachstan. Diversifizierung und (oder) Integration. Anja Oehme (7/06): Subjektive Theorien von Jugendlichen zu den Bedingungen ihres Schulabsentismus. Allyn Vonau (7/06): Elternarbeit in Tagesgruppen. Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von MitarbeiterInnen in Tagesgruppen und der Erprobung eines Eltern-KindSpiel-Trainings. Udo Werner (7/06): Comenius – Ein Lehrer zweier Welten. Eine historische Betrachtung zur Comenius-Rezeption in der deutschen Pädagogik im Zeitraum von 1892–1942. Christiane Hartig (9/06): Auswirkungen der Tätigkeit von Schülerstreitschlichtern – Fallstudie an einer Mittelschule im Kontext des Standes von Mediationsprojekten in Sachsen. Wendy Pasewark (9/06): Die Entwicklung und Evaluation eines RhythmischMusikalischen Trainingskonzeptes zur Förderung des Regelverhaltens unter besonderer Berücksichtigung des Transfers in weitere Unterrichtsstunden. Eine Interventionsstudie mit Schülern mit Verhaltensstörungen und Lernbehinderungen der Klasse 5. Jens Borchert (12/06): Die Entwicklung von pädagogischen und sozialpädagogischen Angeboten im sächsischen Strafvollzug nach 1990. Uwe Michael Steinbach (12/06): Männerarbeit – Männerbildung. Die erwachsenenbildnerische Relevanz der Arbeit des Männerwerkes am Amt für Gemeindedienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern von 1960 bis in die Gegenwart. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Hartmut Merl (5/06): Die Beurteilung des Einsatzes von Kreditderivaten in einem Verbundsystem des deutschen Kreditgewerbes Andreas Mathes (5/06): Neugliederung des Bundesgebiets auf Basis von Kreisdaten – Ein finanzwissenschaftlicher Ansatz Volker Kuppelweiser (6/06): Beziehungsmaßnahmen als Zusatzdienstleistung – Eine empirische Betrachtung des Kundennutzens journal Personalia | Jubiläum 2009 Markus Beyersdorff (6/06): Effektive Gestaltung des kommunalen Immobilienmanagements – Eine Ganzheitliche Analyse zur Gestaltung der Immobilienmanagement-Funktion deutscher Kommunalverwaltungen Regina Richter (7/06): Anpassungsfähigkeit vertikaler Systeme hinsichtlich nachhaltiger Strukturen am Beispiel von Hochhausorganisationen Sina Sok (7/06): Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Armutsprobleme in Kambodscha – Eine Analyse der Problematik Jörg Dietz (10/06): Ein Beitrag zur wirklichkeitsnahen Modellierung von hochfestem Beton im jungen Alter Mirko Pollmer (10/06): Vorgehensweisen zur Integration von Pädagogik und Technik bei der Entwicklung komplexer computerund netzbasierter Lernumgebungen Claudia Rohde (10/06): Strategische Planung in Krankenhausunternehmen Simone Hartmann (11/06): Die ökonomischen und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen des seit 1994 geltenden vereinfachten Bezugsrechtsauschlusses nach § 186 Absatz 3 Satz 4 AktG Theologische Fakultät Gundula Grießmann (7/06): „Arm und Reich“ als Thema im Religionsunterricht Hans-Jürgen Kutzner (7/06): Liturgie als Performance? Überlegungen zu einer künstlerischen Annäherung Philologische Fakultät Petra Augurzky (7/06): Attaching Relative Clauses in German: The Role of Implicit and Explicit Prosodic Principles in Sentence Comprehension Tatiana Evsseenko (7/06): Eigennamen im literarischen Werk. Eine Untersuchung zu den Formen und Funktionen der Eigennamen in der sorbischen Kinderliteratur 1945 – 2000 Tomasz Marek Derlatka (10/06): Die Kategorie „Raum-im-Erzählwerk“: Elemente, Morphologie, Systematik mitAbriss der spatialen und narratologischen Problematik im sorbischen Erzählschaffen Su-Jeong Jeong (10/06): Phraseolexeme mit Eigennamen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich – unter besonderer Berücksichtigung einer lerner-lexikografischen Beschreibung Cornelia Caroline Köhler (10/06): Frauengelehrsamkeit im Leipzig der Frühaufklärung. Möglichkeiten und Grenzen am Fallbeispiel des Schmähschriftprozesses im Zusammenhang mit der Dichterkrönung Christiana Mariana von Zieglers Susan Kreller (10/06): Englischsprachige Kinderlyrik. Deutsche Übersetzungen im 20. Jahrhundert Elvira Mertin (11/06): Prozessorientiertes Qualitätsmanagement im Dienstleistungsbereich Übersetzen Olav Mueller-Reichau (12/06): Sorting the world – on the relevance of the kind-level/object-level distinction for referential semantics Anja Seiffert (12/06): Autonomie und Isonomie fremder und indigener Wortbildung am Beispiel ausgewählter numerativer Wortbildungseinheiten Heft 1/2007 „Präzis“ und „privatim“ Das Jurastudium um 1880 Von Dr. Dr. Andreas Gößner, München Am 21. Oktober 1880 immatrikulierte sich der aus Kehl in Baden stammende Friedrich Hermann im Alter von 21 Jahren an der Leipziger Alma mater, nachdem er zuvor schon an den Universitäten in Straßburg, Heidelberg und Tübingen einige Semester studiert hatte. Hermann bezog für das Wintersemester zunächst Unterkunft in der Nürnberger Straße 48, wo weitere drei Studenten wohnten. Im Sommersemester 1881 zog er in die benachbarte Glockenstraße 7, wo außer ihm ein frisch immatrikulierter Badener, ein älterer Kommilitone – beide studierten Jura – und ein ebenfalls neu eingeschriebener Philologiestudent Quartier gefunden hatten. Insbesondere für angehende Juristen war die Leipziger Universität in den Jahren um 1880 ein bevorzugter Studienort, was sich in der enorm angestiegenen Frequenz seit der Reichsgründung niederschlug. Von den zirka 3200 Studenten (ein Spitzenwert unter den damaligen deutschen Universitäten!) waren ein knappes Drittel Jurastudenten und immerhin zwei Drittel Nichtsachsen. Der Semesterstundenplan von Hermann lässt sich genau rekonstruieren. Von den Juristen hörte er im ersten Leipziger Semester den international bekannten Strafrechtsdogmatiker Karl Binding (Deutsches Strafprocessrecht) und den ebenfalls renommierten Zivilrechtler Adolf Wach (Deutsches Strafrecht). Außerdem besuchte er die Vorlesungen des Nationalökonomen Wilhelm Georg Roscher (Praktische Nationalökonomik und Wirthschafts-Polizei; Finanzwissenschaft), des Rechtsmediziners Carl Reclam (Gerichtliche Medicin) und des Staatswissenschaftlers Carl Victor Fricker (Naturrecht). Im zweiten Semester belegte er je eine weitere Vorlesung Roschers (Gesammte theoretische Nationalökonomik) und Frickers (Verwaltungsrecht mit Rücksicht auf Polizeiwissenschaft). Außerdem besuchte er die an der Juristenfakultät angebotenen Veranstaltungen von Adolph Schmidt (Pandecten II: Familien- und Erbrecht), dem Kirchenrechtler Emil Friedberg (Evangelisches und Katholisches Kirchenrecht), Otto Stobbe (Handels-, Wechselund Seerecht) sowie Adolf Wach (Deutscher Civilprozess; Strafrechtspraktikum). Alle von Fritz Hermann besuchten Lehrveranstaltungen waren „privatim“ und nicht „publice“, das heißt für einen kleineren Hörerkreis, angekündigt. Lediglich das von Wach angebotene Strafrechtspraktikum war „privatissime“ und außerdem kostenpflichtig. Abweichend von der üblichen Praxis, die Lehrveranstaltungen zur vollen Stunde oder mit dem akademischen Viertel anzufangen, kündigte Binding seine Vorlesung im Wintersemester 1880/81 von nachmittags 4.10 Uhr „präzis“ bis nachmittags 5.10 Uhr „präzis“ an. Von einem Kommilitonen Hermanns, Reinhold Anschütz, sind in der Leipziger Universitätsbibliothek die Mitschriften der oben genannten Vorlesungen von Binding, Immatrikulationsurkunden – wie die abgebildete für Friedrich Hermann – sind im Universitätsarchiv nur sehr vereinzelt überliefert. Fotos: privat 39 Jubiläum 2009 Stobbe und Fricker überliefert, die einen genauen Einblick in den vermittelten Stoff geben. Am 5. August 1881 beantragte Hermann in Leipzig die Ausstellung eines „Sittenzeugnisses“, in dem die besuchten Vorlesungen bescheinigt wurden. Für weitere zwei Studiensemester kehrte er nach Straßburg zurück. Gesichter der Uni Friedrich Hermann als Student im Jahr 1880. Nach Staatsexamen und Referendariat war Hermann kurze Zeit als Amtmann in Karlsruhe tätig. Dann wurde er 1893 zum Bürgermeister, ab 1903 ersten Oberbürgermeister, der mittelbadischen Stadt Offenburg gewählt. Seit 1913 war er Mitglied in der Ersten Kammer des badischen Landtages. Aus dieser Tätigkeit ist insbesondere sein Engagement in Justiz-, Sozial- und Verwaltungsbelangen überliefert. Für seine Verdienste wurde Hermann mit dem preußischen Roten Adler-Orden, dem Zähringer Löwenorden und der Goldenen Amtskette durch den badischen Großherzog ausgezeichnet. Auch über das Ende des Ersten Weltkrieges und der Monarchie hinaus blieb der nationalliberal gesinnte Hermann bis an die Ruhestandsgrenze 1921 im Amt. Er leitete das Offenburger Gemeinwesen somit knapp drei Jahrzehnte und gestaltete an der Spitze der Verwaltung den Wandel Offenburgs zu einer modernen Stadt. Der Stadtrat ehrte den auf kulturellem, sozialem und administrativem Gebiet äußerst erfolgreichen Kommunalpolitiker mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts und der Benennung einer Straße. Friedrich Hermann starb 1943 in Wiesbaden. Dr. Dr. Andreas Gößner war bis Ende 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Kommission Universitätsgeschichte. Heute lebt er in München und ist derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Göttingen. 40 Bartholomäus Walther (1542 –1590) Foto: Petra Dorfmüller Die Reihe „Gesichter der Uni“ erscheint seitApril 2004 regelmäßig im Uni-Journal. Sie umfasst kurze Portraits von Universitätsangehörigen verschiedenster Jahrhunderte. Dunkle Kapitel der Universitätsgeschichte bleiben dabei nicht ausgespart. Geschrieben werden die Portraits von Angehörigen und Mitarbeitern der „Kommission zur Erforschung der Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte“. Auf einen Blick finden Sie die „Gesichter“ im Internet unter www.uni-leipzig.de/journal/ gesichter In der Kirche des einstigen Zisterzienserklosters St. Marien zur Pforte bzw. der heutigen Landesschule stehen im südlichen Querhaus drei Epitaphe, auf denen die Verstorbenen etwa lebensgroß dargestellt sind. Eine dieser Grabplatten zeigt Bartholomäus Walther, nach der umlaufenden lateinischen Inschrift, einen „wahrhaft gelehrten, tatkräftigen und fleißigen Mann“. Ein zweiter Stein gibt nähere Auskunft: „Mich, den in Pirna Geborenen, dessen Leib die Erde deckt, bezeichnete man einst mit dem Namen Walther. Was der berühmte Fabricius den Zöglingen Meißens war, bin ich für dich, blühendes Pforta gewesen, solange ich durfte. Nun schaue ich, dreimal glücklich, bewundernd die gestirnten Reiche. Tu, der du das liest, fromm deine Pflicht.“ Die Inschrift des Grabsteins gibt mit poetischen Worten wieder, dass hier einer der Rektoren der Landesschule Pforta beigesetzt wurde. Bartholomäus Walther wurde 1542 geboren. Über seine soziale Herkunft ist nichts bekannt. Von 1555 an war er Schüler der Landesschule St. Afra in Meißen, die ebenso wie Schulpforte 1543 vom damaligen Herzog Moritz von Sachsen gegründet worden war. Hier absolvierte er die vorgeschriebene Schulzeit von sechs Jahren. Sein Rektor in Meißen war der berühmte Georg Fabricius, mit dem er sich in der Grabinschrift vergleichen ließ. 1561 ging Walther zum Studium nach Leipzig, wurde 1563 Baccalaureus und erlangte 1570 die Magisterwürde. Später lehrte er in Leipzig als Professor für Ethik; seine Vorlesungen sollen gut besucht gewesen sein. Im Jahr 1582 wird Walther als Dekan der Philosophischen Fakultät in Leipzig genannt. 1588 wurde er als Rektor nach Schulpforte berufen. Sein Vorgänger, der Rektor Jakob Lindner, hatte aus politischen Gründen das Amt verlassen müssen. Mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Christian I. wechselte das bisher lutherisch-orthodoxe Sachsen ins calvinistische Lager über. Als Schwiegersohn des Leipziger Superintendenten Nikolaus Selnecker, der ein strenger Lutheraner war, erschien auch Lindner verdächtig. Insofern ist zu vermuten, dass der an Stelle Lindners eingesetzte Walther entweder zum Calvinismus tendierte oder aber in religiöser Hinsicht unverdächtig erschien. Allerdings war er nur kurze Zeit Rektor. Schon am 2. Februar 1590 starb Bartholomäus Walther im Alter von nur 47 Jahren und wurde im Chor der Kirche begraben. Petra Dorfmüller, Landesschule Pforta journal Jubiläum 2009 Neuer Bildband erschienen 1943–1992. Die Alma mater in unruhiger Zeit Zwei Jahre nach dem Erscheinen des historischen Bildbandes „Die Universität Leipzig 1409–1943“ legen die Autoren Dr. Jens Blecher und Prof. Dr. Gerald Wiemers dessen lang erwartete Fortsetzung vor. 240 bisher weitgehend unveröffentlichte Fotografien aus dem Universitätsarchiv zeigen die Folgen der schweren Bombardements von 1943 und 1944, die die Leipziger Innenstadt und in eine Trümmerlandschaft verwandelt hatten. An einen geregelten Studienbetrieb war nicht zu denken. „Seit dem Kriegsbeginn waren mehr und mehr Wissenschaftler und Studenten einberufen worden, nun wurden auch noch die Gebäude, Laboratorien, Kliniken und Bibliotheken durch den Luftkrieg zu 70 Prozent zerstört“, heißt es in dem 128-seitigen Werk. Erst in Friedenszeiten gelang der Neuanfang. Unter dem Rektor Hans-Georg Gadamer wurde am 5. Februar 1946 die Universität wiedereröffnet, „aber auch er scheiterte politisch und folgte, wie so viele, einem Ruf an eine westdeutsche Universität“, schlussfolgern die Autoren. Wiemers, langjähriger Leiter des Universitätsarchiv, und Uniarchiv-Mitarbeiter Blecher verknüpfen anschaulich geschichtliche Details und bieten dem Leser eine informative, bildreiche Darstellung der Geschichte und des universitären Lebens aus Hörsälen, Zeltlagern und von Arbeiseinsätzen. Die Autoren schildern in prägnantem Text und spektakulären Fotos die politische Neuausrichtung unter sowjetischer Ägide und die Etablierung der Arbeiter- und Bauernfakultät. Eines der spannendsten Kapitel ist der sich ausbreitende Sozialismus, dem auf Vorschlag der FDJ mit der Umbenennung in Karl-Marx-Universität 1953 Rechnung getragen wurde – ein Prozess, der nicht stillschweigend hingenommen wurde. „Zugleich kam es zwischen 1947 und 1953 zu zahlreichen Verhaftungen unter den Studenten, die ihre demokratischen Rechte einforderten. Den traurigen Höhepunkt bildete 1948 die Verhaftung und Verurteilung des liberalen Studentenratsvorsitzenden Wolfgang Natonek“, schreiben Blecher und Wiemers. Ein Teil der inhaftierten Studenten sei von den DDR-Behörden an den sowjetischen Geheimdienst ausgeliefert und in russische Heft 1/2007 Arbeitslager gebracht worden. In den Folgejahren habe die Karl-Marx-Universität ein sozialistisches Wissenschafts- und Traditionsbild erschaffen, das ältere akademische Überlieferung ausklammerte oder partiell neu interpretierte. „Die Nähe zur DDR-Führung wurde immer wieder gesucht und zumindest in den guten Beziehungen zum Hochschulministerium der DDR auch gefunden.“ Der Abriss von Paulinerkirche und Augusteum anno 1968 und die neuen Universitätsbauten sollten die Macht und die Ideologie der SED symbolisieren. Zahlreiche Aufnahmen zeigen die Hörsäle, Labors und Büros, aber auch politische und wissenschaftliche Prominenz. Das letzte der zehn Kapitel ist der friedlichen Revolution gewidmet, die auch für das Hochschulleben Zäsur und Befreiungsschlag zugleich war. „Mehr und mehr [zog] ein kritischer Geist in die Universität ein, der nach Veränderungen verlangte“, heißt es über den „Selbstreinigungsprozess“ mit gigantischen strukturellen und inhaltlichen Herausforderungen. Außeruniversitäre Bildungseinrichtungen wurden aufgelöst, neue Fakultäten geschaffen, ganze Fächer abgewickelt, Lehrinhalte neu konzipiert. „Manche der beteiligten Akademiker vergaßen es jedoch nicht, sich der vergangenen Jahre zu erinnern und für verursachtes oder toleriertes Unrecht bei den Opfern um Entschuldigung zu bitten.“ Jens Blecher und Gerald Wiemers: DIE UNIVERSITÄT LEIPZIG 1943–1992. Sutton-Verlag, Erfurt. ISBN: 3-89702-954-5, 17,90 Euro. Tobias D. Höhn Ansichten, Einblicke und Rückblicke aus der Universitätsgeschichte von 1943 bis 1992 liefern Jens Blecher und Gerald Wiemers in ihrem neuen Bildband. Die Zerstörung der Paulinerkirche (Coverabbildung oben) ist eines der Themen. Mitte: Verteidigung von Universitätsangehörigen zum Dienst in der BetriebsKampfgruppe der Karl-Marx-Universität, 1978. Unten: Neu immatrikulierte Studenten sammeln sich anno 1971 am Leuschnerplatz, um ins gemeinsame StudentenArbeitslager zu fahren. Repros: Höhn 41 April 2007 Heft 2/2007 ISSN 1860-6709 Zwei Jahre Kinderuniversität (KUNI) – Der Strom und die Maus S. 5 Profilbildender Forschungsbereich Mathematik – Kniffligen Fragen auf der Spur S. 13 Altorientalistik – Alte Texte, wenig Studenten, viel Forschung S. 21 Der Campus verändert sein Gesicht – Ein Fotoessay in Farbe S. 17 In memoriam Altmagnifizienz Volker Bigl – Besuch bei Porträtmaler Arno Rink S. 36 journal Gesichter der Universität – Paul Newman S. 12 Wissenschaftsjahr 2007: Die Geisteswissenschaften Brückenschlag der Kulturen – Erinnern. Vermitteln. Gestalten. EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Geld und Geist Inhalt UniVersum Kooperation mit Elite-Uni aus Texas geplant Universitätschor gastiert mit Verdi in Sevilla Das ist der Strom, und hier kommt die Maus: Zwei Jahre Kinderuniversität Die Ausstellung „Kontrapunkte“ zeigt niederländische Architektur am Augustusplatz Jubiläum 2009 Internationalität bestimmte die Jahrhunderte – ein Vergleich der Immatrikulationszahlen Gesichter der Uni: Paul Newman Forschung Profilbildender Forschungsbereich Mathematik löst knifflige Fragen aus angewandter Wissenschaft Zehn Jahre Theodor-Litt-Forschungsstelle Wie „tickt“ eine Stammzelle? – Modell zur Berechnung des Leukämie-Therapieerfolgs Spezial Der Campus verändert sein Gesicht – ein Fotoessay von Jan Woitas UniCentral Altorientalisitik – alte Texte, wenig Studenten, viel Forschung Der Masterstudiengang European Studies Interview mit Prof. Dan Diner, Simon-Dubnow-Institut Prof. Wartenberg über die Festschrift Fakultäten und Institute Die Agrarwissenschaften an der Universität Leipzig von 1745 bis 1945 Personalia Wanderer zwischen den Welten – Theologe Ulrich Kühn wird 75 Fördern durch fordern – zum 70. Geburtstag von Uwe-Frithjof Haustein Vertrauen, Verantwortung, Humor – zum 65. Geburtstag von Chemiker Helmut Papp Mit dem Auwald-Kran in die Baumwipfel – Nachruf für Botaniker Wilfried Morawetz In memoriam Altmagnifizienz Bigl – ein Atelierbesuch bei Porträtmaler Arno Rink Am Rande Geburtstage Habilitationen und Promotionen Impressum Titelfoto: Jan Woitas 2 3 5 7 10 12 13 14 15 17 21 23 24 26 27 31 Freuen wir uns – das „Jahr der Geisteswissenschaften“ ist ausgerufen, von aller höchster Stelle, sprich: dem zuständigen Bundesministerium. Wettbewerbe und Projekte kündigen sich an, hurtig verfertigt, hektisch vermarktet. Den Anfang macht eine Ausschreibung mit dem Titel „Geist begeistert“. Wirklich? Wen? Wo? Immer noch Johannes 3, 8: „Der Geist weht, wo er will.“ Also keinesfalls zwangsläufig hierzulande und heutzutage. Notabene: Unsere ExzellenzJuroren haben nur eine einzige Fundstelle des Geistes ausfindig machen können: eine kleine Universität im Süddeutschen. Dort scheint er jedenfalls letztes Jahr geweht zu haben, wiewohl seine Konstanzer Kinder mit ihm alles andere als glücklich sind, denn mit viel Geld kann der schöne Geist offenbar nicht gut umgehen. Was anders herum heißt: Da, wo Geld fließt, ist es mit dem Geist nicht weit her. Nicht zwangsläufig, jedenfalls. Natürlich kennen die heimischen humanities so schöne Errungenschaften wie Sonderforschungsbereiche oder Schwerpunktprogramme – auch „weiche“ Wissenschaften können mit harter Währung rechnen. Doch was ist daraus geworden? Wenn Auguren behaupten, deutscher Geist sei wissenschaftlich immer noch weltführend, dann können sie kaum jene etablierten Kartelle meinen, deren wohlgeschmierte Maschinerie die Millionen dort „abgreift“, wo sie fließen. Ausläufer des Selbstbedienungsgewerbes kann man auch an unserer Alm(os)a Mater entdecken, wiewohl das verfügbare Geldvolumen bisher nicht ausreicht, um die Sitten im Ganzen zu verderben. Andererseits gibt es unter denen, die sich darin gefallen, den Teufel der geistigen Korruption an die Wand zu malen, auch genug Worthelden, deren wichtigstes Anliegen darin besteht, lautstark „Drittmittel“ zu verdammen, deren schiere Existenz ihre bequemen Kreise stört. Notabene: Dass der Geist weht, wo das Geld fehlt, ist nicht mehr als eine abgeschmackte Schutzbehauptung. Prof. Dr. Wolfgang Fach, Prorektor für Lehre und Studium 33 34 35 36 25 32 32 2 Das aktuelle Heft kann nur einen kleinen Ausschnitt aus der Themenfülle rund um das Jahr der Geisteswissenschaften bieten. Gerne würden wir den Schwerpunkt in den kommenden Ausgaben fortschreiben. Die Redaktion freut sich über Anregungen für Essays, Neuigkeiten zu Forschungsprojekten und Vorschläge für Porträts von Menschen und ihrer Arbeit. Ihre Vorschläge richten Sie bitte per E-Mail an [email protected]. 1 UniVersum Kooperation mit Elite-Uni Präsident texanischer Rice University in Leipzig – Forschungs- und Studentenaustausch geplant Die Universität Leipzig will die internationale Zusammenarbeit weiter stärken. Eine Delegation, bestehend aus dem Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Martin Schlegel, Amerikanistik-Professor Dr. Hartmut Keil und dem Leiter des Akademischen Auslandsamtes, Dr. Svend Poller, reiste dazu Anfang März nach Houston und New York. Besonders in Houston, der Partnerstadt Leipzigs in den Vereinigten Staaten, wurden große Fortschritte bezüglich einer langfristigen Zusammenarbeit der beiden Hochschulen erzielt. „Die private Rice University hat unmittelbares Interesse signalisiert, in mehreren Forschungsbereichen mit uns zu kooperieren“, sagte Prorektor Schlegel im Anschluss an die Gespräche. Dies betreffe vor allem Linguistik Journal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. und Spracherwerb, Politikwissenschaft, Musikwissenschaft, Biomedizin und Nanotechnologie. „Ziel ist nicht nur eine Kooperation auf Forschungsebene, sondern auch gemeinsame Austauschprogramme, insbesondere für Doktoranden, wurden angedacht“, so Schlegel. So sei überlegt worden, das erste und dritte Jahr an der Heimatuniversität zu absolvieren und dazwischen an der Partnerhochschule zu forschen. „Wir wollen auch Vorurteile amerikanischer junger Nachwuchswissenschaftlerinnen und – wissenschaftler gegenüber Deutschland abbauen und ihnen die Hemmung nehmen, hier bei uns zu studieren. Besonders attraktiv wird dies durch eine Doppelzertifizierung der Studienabschlüsse“, ergänzte Schlegel. Weiterhin seien Austauschprogramme auf der Lehrebene angedacht worden sowie Angebote für Studenten. Der Austausch von Studenten soll parallel anlaufen. Besonders anziehend für amerikanische Studenten sind die Germanistik und auch European Studies an der Universität Leipzig“, erklärte Svend Poller. Die Rice University hat nach eigenen Angaben 4800 Studierende und ist damit halb so groß wie Stanford oder Harvard, das Verhältnis von Studenten und Lehrenden ist 5 : 1. Zur Statistik: Die Hälfte der Studenten stammt aus Texas, ein Drittel aus anderen US-Bundesstaaten und 15 Prozent aus dem Ausland. Die übrigen zwei Prozent machten keine Angaben. Schon jetzt verbindet die Rice University etwas Ganz besonders mit Leipzig: Der erste Präsident, Edgar Odell Lovett, war an der Alma mater Lipsiensis in Mathematik promoviert worden. Vor zwei Jahren lehrte zudem ein Fulbright-Professor aus Houston, Professor Boles, in Leipzig. „Die Tradition spielt eine wichtige Rolle für die Amerikaner. Sie sind sehr daran interessiert, mit der zweitältesten Hochschule Deutschlands Kontakte zu knüpfen“, urteilte Prof. Keil, Direktor des Instituts für Amerikanistik. Im Mai wird der Präsident der Hochschule in Leipzig erwartet. Die Reise der Leipziger Universitätsvertreter war eingebettet in zwei Präsentationen der Stadt Leipzig im Zusammenhang der USA-Tournee des Gewandhausorchesters. Das größte Berufsorchester der Welt unter Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly gab auf der ersten gemeinsamen Konzertreise neun Konzerte, darunter in Chicago, Boston, Philadelphia und New York. „Die Universität war signifikanter Teil eines schwergewichtigen Auftritts“, merkte Schlegel an. Tobias D. Höhn Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 15. 3. 2007 ISSN 1860-6709 2 Engagieren sich für eine Partnerschaft mit der Rice University: Prof. Hartmut Keil, Prorektor Prof. Martin Schlegel und Dr. Svend Poller (v. l.). Foto: Tobias D. Höhn journal UniVersum Verdi unter spanischer Sonne Sevilla umjubelt Universitätschor Leipzig – Einladung zu Beethovens Neunter ausgesprochen Von Tobias D. Höhn José Carlos Carmona ist außer sich vor noch unter Universitätsmusikdirektor Max Dann ging alles Schlag auf Schlag: Schnell Freude, gestikuliert wild und hat trotzt Pommer (1973–1987) und weiß manche sprach Carmona die Einladung für eine seines spanischen Temperamentes Not, den Anekdote zu erzählen. gemeinsame Aufführung in der andalusigut und gerne 150 jungen Sängern Herr zu Zustande kam das jetzige deutsch-spani- schen Hauptstadt aus, die Leipziger brachwerden. Der Musik- und Philologie-Pro- sche Konzert über Umwege: Bárbara Ama- ten dank Förderung durch Universität, fessor wirkt wie eine kleine, leicht unter- dor Jiménez, Mitglied des Leipziger Vocal- Goethe-Institut und Auswärtiges Amt sosetzte Ausgabe des „Tatort“-Schauspielers ensembles und als Studentin einst Sänge- wie Eigenanteil die nötigen Kosten für den Jan Josef Liefers, viel wichtiger aber ist, rin im Unichor von Sevilla, berichtete José Flug auf und saßen keine drei Monate spädass er der Dirigent des Universitätschors Carlos Carmona vom Leipziger Unichor ter in einer Maschine nach Sevilla. von Sevilla ist – und damit Mitte März zum und der glanzvollen Aufführung des Verdi- Mit Erfolg! Schon Tage vor der Aufführung Gastgeber des Leipziger Universitäts- Requiems im November vorigen Jahres.m war kein Platz mehr für das kostenlose chores wurde. Gemeinsam mit Konzert zu bekommen, und denSpaniern setzten 75 Leipziger noch baten Dutzende vor der EinStudenten in der drittgrößten Kagangstür um Einlass. Die Kombithedrale der Welt Giuseppe Verdis nation aus einem der monu„Messa da Requiem“ in Szene mentalsten Chorwerke überhaupt und begeisterten damit mehr als und dem deutsch-spanischen 2500 Besucher. Tête-à-tête machte selbst den „Das ist das wichtigste Konzert in deutschen Generalkonsul Dr. der 500-jährigen Geschichte unMichael Richtsteig und seine serer Universität“, schmeichelt australische Amtskollegin neugierig und am Ende des Abends Carmona – und unterstreicht dabegeistert bis enthusiastisch. „Sie mit in einem Atemzug die Bedeumüssen unbedingt wiederkomtung des Leipziger Gastspiels. men. Warum nicht gleich nächs„Wir sind sehr glücklich, hier zu tes Jahr? Haben Sie auch Brahms sein und gemeinsam musizieren im Repertoire?“ zu dürfen“, so Universitätsmusikdirektor David Timm. In derselben Minute machte bei Die deutschen Chormitglieder juden Sängern im Seitenschiff des beln: „Es war ein tolles Konzert wuchtigen, gotischen Baus Aufund hat wieder einmal gezeigt, regung und Anspannung der verdass die zwei Mal zweieinhalb gangenen Tagen grenzenloser Stunden Probe pro Woche gut inFreude über einen gelungenen vestiert sind“, sagt LehramtsstuAbend Platz. Aufregung wegen dent Karsten Albers. Seit 2004 der vollen Kathedrale (die auf singt er im Chor, der überwiegend Grund ihrer Fläche sogar im aus Studierenden besteht. Aber Guinnessbuch der Rekorde steht auch einige „ältere Semester“ und mit dem Grab Christoph finden sich darunter, so wie Kolumbus und dem 23 Meter Pamela Piekara. Seit 22 Jahren messenden Hochaltar aus dem singt die Pharmareferentin im 15. Jahrhundert ein Meer der ReChor, kam zu Studienzeiten dazu liquien verkörpert) und der und konnte seitdem nicht mehr Raumnot auf der Bühne. Manch vom Singen lassen. Heute ist es einer konnte noch nicht einmal für sie ein Ausgleich zum Job. die Noten aufschlagen. Denn der Der Universitätschor Leipzig begeistert in der Kathedrale spanischen Spontaneität geschulAuch bei Auftritten in den Ver- von Sevilla rund 2 500 Zuhörer. Universitätsmusikdirektor det, lud Dirigent Carmona kurzereinigten Staaten und Frankreich David Timm (rechts) dankt seinem spanischen Kollegen Fotos: Tobias D. Höhn hand zwei Chor-Abordnungen sei sie dabei gewesen, begann José Carlos Carmona. Heft 2/2007 3 UniVersum aus Granada und Malaga ein – ehemalige Wirkungsstätten des vielbegabten und -beschäftigten Maestros. Dies machte das Zusammenspiel nicht einfacher und führte (verständlicherweise) zur Anspannung bei den Leipzigern. Die bis kurz nach Mitternacht dauernde Generalprobe am Abend zuvor raubte manchem den Mut. Es wollte einfach nicht harmonieren. Doch in Künstlerkreisen ist es kein Geheimnis: Je schlechter die Generalprobe, desto besser die Premiere. Und dies bestätigte sich. Die Tempi (die aufgeführte Fassung scheint langsamer als die Leipziger) stimmen, die Chöre sind klanglich sauber und dank des Rates von Universitätsmusikdirektor David Timm, das Pianissimo nicht zu streng zu nehmen, auch erhörbar. Die Sopranistin Aurora Gómez Mora überragt die anderen Solisten um Längen. Die gesamte Dramatik des Verdi-Oeuvres ist in seiner Emotionalität kaum zu überbieten, die von ihm vertonten Schreckensbilder von Endzeit und Verdammnis wurden deutlich in der fantastischen Kulisse der Kathedrale. Und die klangakustischen Einbußen, der Architektur geschuldet, sind zu verzeihen. Vielleicht hätte ein erhöhtes Orchester und ein ebenerdiger Chor wie in Bachscher Zeit geholfen, doch dafür fehlte die Zeit. Der Chor tobte ob des nicht enden wollenden Lobes, und noch mehr als der Musikprofessor die nächste Einladung nachreichte: 2008 soll in Sevilla Beethovens 9. Sinfonie erklingen – mit Leipziger Beteiligung. Auch eine Überraschung für Timm: „Ich wollte zwar irgendwann einmal die Neunte machen, aber nicht sofort“, sagte er. Doch die Idee klingt verlockend, und das musikalische Eisen mit Leipzigs Partneruni gilt es zu schmieden, solange es heiß ist. Die Herausforderung ist für David Timm weniger künstlerischer, denn organisatorischer Natur: „Der Chor ist so gut, wir schaffen das. Doch das Problem bleibt die Finanzierung.“ Außerdem ist auch die Gegeneinladung nach Leipzig ausgesprochen, wenn auch noch nicht terminlich fixiert. www.uni-leipzig.de/unichor Unter spanischer Sonne singen sich die Studenten ein (Bild unten). Zu den Besuchern des Konzerts zählt auch Generalkonsul Dr. Michael Richtsteig (r.) mit Gattin. VII. Leipziger Universitätsmusiktage Vom 20. bis 27. Mai dreht sich alles um die „Leipziger Romantik“. Im Mittelpunkt stehen dabei Komponisten, die zu dieser Zeit in besonderer Weise mit der Stadt Leipzig und der Universität verbunden waren: Richard Wagner, gebürtiger Leipziger, studierte an der Alma mater, und Max Reger war ihr Universitätsmusikdirektor. Zum 100. Mal jährt sich der Amtsantritt Regers als Universitätsmusikdirektor – somit steht Max Reger neben Richard Wagner im besonderen Blickpunkt des Programms der Leipziger Universitätsmusiktage. „Diese mit der Universität verbundenen Komponisten von Weltrang, zu denen auch Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy gehören, zeigen in besonderer Weise die Einbindung der Universität in die Kulturgeschichte Leipzigs und die Bedeutung Leipzigs als eine der wichtigsten Musikstädte im 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert“, erklärt Universitätsmusikdirektor David Timm. Das Projekt übersteigt die übliche Konzerttätigkeit der verschiedenen Ensembles der Universitätsmusik um ein Vielfaches: innerhalb von acht Tagen sind neben Universitätsgottesdiensten und -vespern unter anderem Kammermusikabende, Chor- und Orchesterkonzerte geplant. Im Rahmen der Universitätsmusiktage wird sich auch ein Symposium des Institutsfür Musikwissenschaft der Universität Leipzig (Prof. Loos) mit Max Reger beschäftigen. Höhepunkte des Programms: – 22. 05., 19 Uhr: Richard Wagner: „Die Meistersinger von Nürnberg“ (konzertant-mediale Aufführung im Schauspielhaus) – 25. 05., 21 Uhr: Max-Reger-Orgelnacht in der Thomaskirche – 26. 05., 20 Uhr: „Wagner und Reger“ – Chor- und Orchesterkonzert in der Peterskirche – 27. 05., 20 Uhr: Open-Air-Konzert auf dem Nikolaikirchhof mit der Unibigband und dem David-TimmJazzsextett r. www.leipziger-romantik.de 4 journal UniVersum Das ist Strom, und hier kommt die Maus Wie die Kinderuni ihren 2. Geburtstag gefeiert hat Das ist die Maus, und die ist sichtbar. Doch wo ist der Strom? Wer die Kinderuniversität (KUNI) besucht hat, weiß mehr. Das ist Strom. Sieht man nicht, muss man aber auch nicht. Strom fließt nämlich auch so. Wenn man seinen Finger in die Steckdose steckt, merkt man das. Soll man aber nicht. Strom ist nämlich gefährlich. Wenn ein Kaninchen ein Stromkabel durchbeißt, ist es tot. Ihr solltet so wenig Strom wie möglich verbrauchen, weil die Welt sonst bald untergeht. Also: Macht den Computer immer aus, wenn ihr fertig seid und schaut nicht zu viel fern. Strom macht man, indem man Kohle verbrennt, und das ist nicht gut für die Umwelt. Besser ist es, man nutztdie Sonne oder den Wind. Dann geht die Welt vielleicht doch nicht so schnell unter. So oder so ähnlich hätte die Kinderuni (KUNI) zum Thema „Wie kommt der Strom in die Steckdose“ ablaufen können. Da war nämlich auch die Maus und der Armin aus der Sendung mit der Maus. Ist sie aber nicht. Weil, da war auch noch der Heft 2/2007 Herr Beck. Und der Herr Beck ist von einem großen Stromkonzern, der EnBW aus Baden-Württemberg. Und die EnBW verdient ihr Geld zum Großteil mit Energie aus Atom- und Kohlekraftwerken. Da kann er natürlich nicht erzählen, dass „Solargeschichten“, wie er das nennt, ’ne gute Idee sind. Und erst recht nicht, dass man Strom sparen soll. Aber eigentlich ist die EnBW nett. Sie hat die Geburtstagsveranstaltung der KUNI nämlich gesponsert. Also der Uni Leipzig Geld gegeben, damit diese viele Kinder auf die Neue Messe einladen kann. Das ist lieb von der EnBW und dem Herrn Beck. Der hat sich auch ganz doll gefreut auf den großen Auftritt vor den Kleinen. Da konnte er nämlich über 300 Kindern erzählen, wie sein Konzern Strom macht. Das ist schön für den Herrn Beck und natürlich auch für die Kinder. Die haben sich auch mächtig gefreut. Weil jetzt müssen sie nicht mehr ihre Eltern fragen, wie das ist mit dem Strom. Das hat der Herr Beck nämlich gut erklärt. Zusammen mit dem Armin von der Sendung mit der Maus. Die beiden haben zusammen ganz viele Experimente gemacht. Da konnte man gut sehen, dass der Strom da ist. Auch wenn man ihn eigentlich gar nicht sehen kann. Klingt komisch, ist aber so. Die mutigen Kinder durften sogar auf die Bühne. Da haben sie dann mit einem Fahrrad Licht gemacht. Also Strom. Weil überall, wo Licht ist, ist auch Strom. Eigentlich ganz einfach. Wer es nicht gleich verstanden hat, konnte es später nachlesen. Ein Arbeitsheft gab es nämlich auch. Ich glaube, die Kinder hatten viel Spaß. Auf jeden Fall waren sie eine Stunde lang ganz ruhig. Und haben nur geschrieen, als die dicke große Plüschmaus kam. 5 UniVersum Gelernt haben die Kinder auch was. Zum Beispiel, dass der Italiener Alessandro Volta die erste Batterie erfunden hat. Und deshalb heißt die Maßeinheit für elektrische Spannung jetztVolt. Und dass es Ampere gibt und Transformatoren und Generatoren und Turbinen. Ganz schön schwierig, das mit dem Strom. Aber eigentlich auch ganz einfach. Weil am Schluss, da ist der Strom in der Steckdose. Und da kann man dann was reinstecken und es läuft. Aber nicht den Finger! Das haben die kleinen Studenten auch gelernt. Deshalb waren die meisten Kinder dann auch total begeistert. Zum Beispiel die Jessica. Die ist zehn und hat „einfach alles“ gut gefunden. Oder der Yannik. Der ist auch zehn und will unbedingt die Experimente zu Hause nach machen. Das geht auch. Weil, die waren ganz einfach und gar nicht gefährlich. Da mischt man zum Beispiel Salz und Pfeffer, und dann reibt man mit Wolle an einem Löffel, so wird der elektrisch. Und wenn man dann den Löffel über den Teller mit dem Salz und dem Pfeffer hält, dann zieht der Löffel den Pfeffer an und wird ganz schwarz. Dann kann man Strom sehen. Klingt wieder komisch, ist aber so. Am meisten gefreut haben sich aber die Eltern. Die durften auch mit rein in die KUNI. Das ist einzigartig in Leipzig. In an- Auch Herr Beck (r.) von EnBW hat sich gefreut, weil er zusammen mit Armin von der Sendung mit der Maus gut 300 Kindern erklärt hat, wie sein Konzern Strom macht. Fotos: KUNI 6 Rektor Häuser zum KUNI-Erfolg: „Die KUNI bietet Kindern spannende Einblicke in den akademischen Alltag, stillt den Wissenshunger neugieriger und interessierter Kinder zu unterschiedlichen Themen, leistet aber auch einen wichtigen Beitrag zur Forschungsvielfalt innerhalb der Universität – all das zusammen macht sie so erfolgreich und beliebt bei der Zielgruppe. Ungefähr 40 Prozent der Kinder waren bei jeder Vorlesung dabei. Die Vorlesungen wurden sowohl von Professoren und Doktoren der Universität Leipzig als auch von Professionals aus Politik und Wirtschaft durchgeführt. Aber, das darf auch nicht unerwähnt bleiben: Möglich wurde die KUNI nur durch die Unterstützung der Sponsoren wie der Vereinigung der Freunde und Förderer der Universität Leipzig, der „Leipziger Volkszeitung“ und dem Schulmuseum der Stadt Leipzig. deren Städten müssen die Großen nämlich draußen bleiben. Aber wenn sie mit drinnen sind, ist das besser, weil dann können sie zu Hause die Versuche mitmachen. Machen sie auch. Hat zumindest der Vater vom Yannik, der heißt Mathias, gesagt. Die meisten von den Kindern waren schon ganz oft in der KUNI. Mindestens drei oder vier Mal. Manche auch schon viel öfter. Weil die KUNI, die gibt es jetztschon zwei Jahre. Die hat sozusagen Geburtstag. Und deshalb haben die Macher der KUNI mal geschaut, was sie so geschafft haben in der Zeit. Das klingt ganz schön gut: Bis jetzt waren nämlich schon 3 200 Kinder in der KUNI, zu jeder Vorlesung kommen 230 kleine Studenten. Die sind im Durchschnitt neun Jahre alt. Und das Programm ist auch super. Den kleinen geht es nämlich viel besser als den großen Studenten. Die haben ganz lustige Professoren. Und die reden auch so, dass man sie versteht. Und das Beste ist, dass die ganz viele spannende Themen haben in der KUNI. Im April, da lernen die was über Tiere, ob Rot Stiere wirklich wild macht. Das mögen viele Kinder, was mit Tieren. Und im Juni, da hören die Kleinen was über Gender-Studies. In KUNI-Sprache heißt das: „Dürfen sich Mädchen prügeln und Jungen Röcke tragen?“. Vielleicht dürfen sie das dann auch gleich ausprobieren. Ist ja wieder mit Experimenten. Christiane Abelein Studenten stellen im Naturkundemuseum aus Verbrannt und wieder entdeckt Studenten der Ur- und Frühgeschichte haben kleine Kostbarkeiten aus dem Brandschutt des Völkerkundemuseums Leipzig wissenschaftlich bearbeitet und zeigen diese in einer noch bis zum 20. Mai gehenden Ausstellung im Naturkundemuseum Leipzig. Die Ergebnisse der monatelangen Feinarbeit veranschaulichen die Verankerung der Universität in der Geschichte der Stadt. Die gezeigten Exponate stammen aus der Urgeschichtssammlung des Völkerkundemuseums, das bei einem Luftangriff auf Leipzig in den Morgenstunden des 4. Dezember 1943 zerstört worden war und in Folge dessen nahzu vollständig ausbrannte. Auch die bedeutende archäologische Sammlung blieb nicht verschont. Sie hatte sich seit der Eröffnung des Museums am 7. Juni 1874 stetig weiterentwickelt und wurde 1907 in die Dauerausstellung eingegliedert. Die urgeschichtliche Abteilung wuchs durch den Zugewinn bedeutender Privatsammlungen bis Dezember 1943 auf über 20 000 Exponate an, von denen ein Drittel durch die Bombardierung vollständig zerstört wurde. Große Teile der Dokumentation sind ebenfalls unwiederbringlich verloren gegangen. Nach Kriegsende gelangte ein Teil der noch erhaltenen Urgeschichtssammlung nebst erhaltener Kartei an das Naturkundemuseum der Stadt Leipzig. Dabei handelte es sich hauptsächlich um regionale Funde aus Nordwest-Sachsen. Die Objekte mit überregionalem Charakter wurden ab 1973 im Zuge der Profilierung der musealen Sammlungen der DDR an das Museum für Deutsche Geschichte in Berlin abgegeben. So lagern große Teile der ehemaligen Urgeschichtssammlung des Grassimuseums bis heute in Berliner und Leipziger Magazinen. Sie sind in Kisten verpackt und bislang nur zu einem geringen Teil wissenschaftlich bearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Jörg Frase M.A., Marco Schrickel M.A. www.verbranntundwiederentdeckt.de journal UniVersum Kontrapunkte Ausstellung zeigt niederländische Architektur am Augustusplatz Von Dr. Simone Schulz, Kustodie Ein gemeinsames Ausstellungsprojekt der Kustodie und des Deutschen Werkbundes gemeinsame Ader Kustodie der Universität Leipzig und des Deutschen Werkbundes Sachsen e.V. spürt den Impulsen nach, die zwei niederländische Architekten am Leipziger Augustusplatz setzten und setzen. Die Ausstellung „Kontrapunkte“ präsentiert die Bauwerke von Hendrik Petrus Berlage (1856–1934) und Erick van Egeraat (geboren 1956) anhand von originalen Bauzeichnungen, Fotos und Entwürfen und untersucht ihr Verhältnis zur Architektur der Moderne. Die Schau ist bis zum 3. Juni (jeweils dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr) im Ausstellungszentrum Kroch-Haus zu sehen. Hendrik Petrus Berlage gilt als einer der bedeutendsten niederländischen Architekten und Wegbereiter der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das „Niederländisches Haus“, das er zwischen 1901 und 1903 am Augustusplatz errichtete, war sein einziges in Deutschland realisiertes Werk. Während seine frühen Bauten noch von historistischen Formen geprägt waren, zeichnet sich sein Leipziger Bauwerk – ebenso wie die Börse von Amsterdam, Berlages berühmtestes Bauwerk – vor al- lem durch Sachlichkeit und Funktionsorientiertheit aus. Klare Formen und die Reduktion der Schmuckelemente sind bestimmend, Sichtbackstein und moderne Bautechniken und Materialen (zum Beispiel Gusseisen), fanden Verwendung. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zerstört und musste schließlich einem Hotelbau weichen. Ein gutes Jahrhundert später wird nun wieder ein holländischer Architekt den Augustusplatz durch einen Neubau prägen. Unmittelbar gegenüber dem einstigen Standort des Niederländischen Hauses entsteht nach den Plänen von Erick van Egeraat bis 2009 das neue Hauptgebäude der Universität, in der Ausstellung durch aktuelle Bauzeichnungen, 3-D-Animationen und ein Modell veranschaulicht. Der Siegerentwurf nimmt die Formen der beiden historischen Vorgängergebäude an diesem Ort auf (Universitätskirche St. Pauli und Augusteum). Den Neubau verstehe er als ein Projekt, das an Vergangenes erinnere, aber zugleich auch „in die Zukunft verführen solle“, erläuterte der Gewinner des Architekturwettbewerbs. Sein Entwurf möchte die ehemalige Architektur nicht kopieren, aber versuchen, sie in moderner Form zurückzubringen. Das Niederländische Haus von Hendrik Petrus Berlage, erbaut zwischen 1901 und 1903, ist sein einziges in Deutschland realisiertes Werk. Foto: Universität Leipzig Die Ausstellung versucht, die innovativen und kontrapunktischen Positionen der Werke dieser beiden Architekten im Verhältnis zu den ästhetischen Konventionen ihrer Zeit herauszuarbeiten. Berlages Bau positionierte sich gegen den Ende des 19. Jahrhunderts auch in Leipzig vorherrschenden Historismus und wies den Weg zu zeitgemäßeren „modernen“ Bauformen. Am Anfang des 21. Jahrhunderts wendet sich Erick van Egeraats Entwurf nun wiederum gegen die herkömmlichen Vorstellungen „moderner“ Architektur: Seinen eigenen Aussagen zufolge strebt er eine „Verschmelzung von Historismus und Avantgardismus“ an. Wie seinerzeit der Bau Berlages so kann auch Erick van Egeraats Projekt als eine Weiterentwicklung zeitgenössischer Bauästhetik verstanden werden. In der Ausstellung kann sich der Besucher über die Vergangenheit und die Zukunft des Leipziger Augustusplatzes informieren. Seine wechselvolle Baugeschichte und seine Gestalt im Wandel der Zeiten vom Mittelalter bis zur Gegenwart werden mittels eines Panoramas nachgezeichnet. www.uni-leipzig.de/kustodie Mit Erick van Egeraat wird wieder ein Holländer am Augustusplatz Architekturgeschichte schreiben, wie der Entwurf für das Hauptgebäude bereits jetzt erahnen lässt. Abbildung: EEA associated architects Heft 2/2007 7 UniVersum Superhirn dank Schenkung Als weltweit einzige Hochschule hat die Universität Leipzig Mitte März 2007 eine neue Mainframe-Server-Generation in Betrieb genommen. Das „Superhirn“ mit der technisch korrekten Bezeichnung z900 dient der Ausbildung von Informatik-Studenten in ganz Deutschland, sagt Dr. Paul Herrmann vom Institut für Informatik. Die z900-Maschine mit einer externen Speichereinheit ist der Nachfolger der Multiprise 2003 und der Multiprise 3000. Die Hard- und Software hat einen Wert von rund drei Millionen Euro und ist eine Schenkung des Computerherstellers IBM. „Damit findet seitens des Herstellers die kontinuierlich hervorragende Arbeit des Instituts für Informatik auf dem Gebiet der studentischen Großrechnerausbildung seit fast zehn Jahren in Leipzig ihre Würdigung“, kommentiert Herrmann. In Deutschland nutzten momentan außer der Universität Leipzig eine ganze Reihe von Universitäten und Fachhochschulen den Großrechner-Service. Ohne die Spenden von Großunternehmen wäre die Ausbildung am Institut für Informatik kaum möglich, sagt Herrmann. „Die finanzielle Basis sieht nicht rosig aus. Nur durch Spenden aus der Wirtschaft kann der Lehrbetrieb aufrecht erhalten werden.“ Auch eine dringend benötigte Klimaanlage für den neuen Großrechner müsse aus Spenden finanziert werden. Die Ausbildung am Institut für Informatik der Universität Leipzig umfasst eine zweisemestrige Vorlesung einschließlich Übungen, die im Internet unter der Adresse http://jedi.informatik.uni-leipzig.de für jeden Interessenten erreichbar sind. Die Übungen in Form von Tutorien wurden an der Universität Leipzig entwickelt und erhöhen das Interesse an einer erfolgreichen Einführung in die Mainframe-Welt. Zum Ausbildungsangebot gehören weiterhin Forschungsarbeiten, die unter anderem im Rahmen von Diplom-, Master- und Bachelor-Arbeiten angefertigt werden. „Das Interesse unter den künftigen Informatikern ist groß, da die Nachfrage seitens der Wirtschaft nach Fachleuten auf diesem Gebiet deutschland- und europaweit immer mehr zunimmt und davon abgeleitet sich das Stellenangebot für Dipl.-Informatiker komfortabel gestaltet“, weiß Herrmann. Tobias D. Höhn 8 Modernster Strömungskanal Den ersten Spatenstich für den weltweit modernsten Strömungskanal leisteten (von links) Torsten Burmester, stellvertretender Abteilungsleiter Sport im Bundesinnenministerium, Rektor Professor Franz Häuser, Ministerpräsident Georg Milbradt, Dr. Klaus Rost, stellvertretender Direktor des IAT und Dr. Winfried Nowack, Leiter des Olympiastützpunktes Leipzig. Der Strömungskanal soll im Dezember 2008 fertig werden. Nutzer sollen sein: das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT), die Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität und der Olympiastützpunkt Leipzig. Der Strömungskanal ermöglicht aussagekräftige Untersuchungen im Bereich der komplexen Leistungsdiagnostik und der Bewegungsanalyse, um eine optimale Unterstützung der Sportlerinnen und Sportler im Leistungs-, Gesundheits- und Rehabilitationssport zu gewährleisten. B. A. / Foto: Armin Kühne Studium universale auf der Suche nach dem Glück in allen Facetten Jeder will es, jeder hat es, und jeder will mehr davon. Die Rede ist nicht von Geld oder Macht, sondern vom Glück. Geld macht ja bekanntlich ohnehin nicht glücklich. Oder ist Glück doch käuflich? Süchtig macht es allemal. Wir suchen es, wo wir nur können, in der Liebe, im Spiel, in Gott oder im ganz Kleinen und Privaten. Wir finden es im Alltäglichen, genauso wie im Außergewöhnlichen, und haben wir es einmal gefunden, so ist es endlos, jedoch im nächsten Moment schon wieder vorbei. Aber meistens wissen wir ja eh nichts von unserm Glück. Was also kann uns die Wissenschaft sagen, zu diesem unfassbaren Glück? Kann sie denn überhaupt etwas dazu sagen? Oder stehen unsere Spezialisten dem Glück letzten Endes mit leeren Händen gegenüber? Viele Fragen, denen dieses Semester beim Studium universale nachgegangen wird. Nach dem Zerfall alter Wertesysteme hat die Diskussion über das, was glücklich oder unglücklich macht, derzeit Hochkonjunktur. Um so wichtiger ist es, das Phänomen aus den verschiedensten Blickwinkeln zu betrachten, und nicht nur aus wissenschaftlichen. Die Frage nach dem Glück führt uns zur Philosophie, zur Religion und in andere Kulturen, aber auch in die heutige Drogenszene, in die Pädagogik wie in die Kunst. Wir haben in diesem Semester unter anderem einen Kinderbuchverleger, eine Straßensozialarbeiterin, einen Pater, eine Orientalistin, eine Germanistin, einen Mediziner, einen Sportwissenschaftler sowie einen Lottoveranstalter eingeladen, über ihr Wissen vom Glück (und dessen Gegenteil) zu sprechen. Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen mittwochs von 19 bis 20.30 Uhr im Hörsaal des Städtischen Kaufhauses, Raum 02-11 statt. r. www.uni-leipzig.de/studiumuniversale journal UniVersum Erste Leipziger Picador-Professur für kanadisch-englischen Autor Tristan Hughes Im zurückliegenden Wintersemester wurde erstmals die Picador-Guest Professorship für Literatur am Institut für Amerikanistik der Universität Leipzig besetzt: Den Anfang machte der kanadisch-englische Autor Tristan Hughes, dessen Roman „Send my cold bones home“ in England als eines der besten Bücher 2006 galt. Jeweils für ein Semester soll auch künftig an der Universität Leipzig mit der PicadorGuest Professorship for Literature ein renommierter Autor aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum an der Universität Leipzig über Themen seiner Wahl unterrichten. Eingerichtet wurde diese Gastprofessur in Kooperation mit dem Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) Tristan Hughes erhielt die erste PicadorProfessur. Foto: Dietmar Fischer und dem Veranstaltungsforum der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Ziel der Picador-Guest Professur ist Englisch als kulturtragende Weltsprache zu thematisieren. Tristan Hughes gab während seines Aufenthaltes als Gastprofessor auch mit einer öffentlichen Lesung Einblick in seine Arbeit. Die Picador-Professur soll durch die Vermittlung „gelebter“ Literatur beitragen, die Leipziger Amerikanistik in einer Vorreiterrolle unter amerikanischen und anglistischen Programmen in Deutschland zu platzieren und so die Internationalisierung des Wissenschaftsstandortes Sachsen in besonderem Maße weiter zu unterstützen. M. R. Herz – Motor des Lebens Tag der Gesundheitsforschung lockt 1200 Besucher Schon eine Stunde vor Beginn des „HerzKreislauf-Fitness-Parcours“ kamen die ersten Besucher in das Operative Zentrum des Universitätsklinikums Leipzig. Pünktlich neun Uhr standen bereits mehr als 150 Menschen an, um sich Blutzucker und Blutfettwerte messen zu lassen. Der für 350 Menschen ausgelegte Hörsaal platzte sprichwörtlich aus allen Nähten – selbst auf den Treppen gab es keinen freien Platz mehr. Das Interesse der Besucher galt gleichermaßen dem Vortragsprogramm wie den zahlreichen Info- und Mitmachständen. Dekan Prof. Dr. Jürgen Meixensberger freute sich über das Interesse der Leipziger: „Wir wollten heute Forschung zum Anfassen präsentieren und mit den Menschen ins Gespräch kommen. Das ist hervorragend gelungen. Der heutige Tag war eine gute Werbung für medizinische Forschung und die universitäre Medizin.“ Vom Teddybärenkrankenhaus über den Stand des AOK-Gesundheitszentrums bis hin zum Vortrag „Krankes Herz und Sexualität – geht denn das?“ – für jeden war etwas dabei. Mutig probierten jung und alt den Umgang mit einem Elektroschockgerät, übten die Wiederbelebung, inforHeft 2/2007 Lange Warteschlangen auf Grund des Besucherandrangs beim Tag der Gesundheitsforschung, wie hier beim Messen des Blutdrucks. Foto: Heiko Leske mierten sich, wie ein Eingriff im Herzkatheterlabor erfolgt und ließen ihr persönliches Infarktrisiko bestimmen. Fragen über Fragen stellten sie den Medizinern, aber auch am Informationsstand der Deutschen Herzstiftung. Blutfettmessung, Herz-Ultraschall und die Bestimmung des Infarktrisikos waren so gefragt, dass das ursprünglich für 14 Uhr gedachte Ende der Veranstaltung anderthalb Stunden nach hinten verschoben wurde. H. L. 9 Jubiläum 2009 Internationalität bestimmte die Jahrhunderte Die Immatrikulationszahlen von einst und jetzt Von Thomas Lang, Historisches Seminar Nicht erst in den letzten Jahren hat die Universität Leipzig Internationalität zu einem ihrer zentralen Anliegen erklärt, auch schon die mittelalterliche Universität erweist sich bei genauerer Betrachtung als ein Zentrum von überregionalem, ja gar „internationalem“ Gedanken- und Kulturaustausch. Deutlich wird dies, wenn man die Zusammensetzung der Studierenden und Lehrenden des 21. mit der des 15. Jahrhunderts vergleicht. Trotz guter Transportmöglichkeiten und der allgemein als hoch angenommenen Mobilität ist die Hochschule gegenwärtig stark regional verankert: Knapp die Hälfte der Leipziger Studenten kommt aus Sachsen. Nur Sachsen-Anhalt und Thüringen stellen noch bedeutende Anteile der Studenten. Egal wie man den regionalen Kerneinzugsbereich der Universität definiert, mehr als zwei Drittel der Leipziger Studenten stammen aus der näheren Umgebung. Hingegen kamen in den 130 Jahren von der Universitätsgründung 1409 bis zur Einführung der Reformation 1539 im albertinischen Sachsen lediglich 30 Prozent der knapp 38 300 Studierenden aus einem vergleichbaren regionalen Kernbereich. Die Ursachen dafür sind im Fehlen von Sprachbarrieren, der natürlich ungleich geringeren Universitätsdichte im späten Mittelalter und in der Bevorzugung der „Fremden“ in der alten „Nationenverfassung“ der Universität zu finden. Diese Nationenverfassung wurde von den 1409 aus Prag geflohenen Magistern mitgebracht. Das Verfassungsmodell teilte die Studenten nach Herkunft der Meißnischen, Sächsischen, Polnischen oder Bayrischen Universitätsnation zu. Die große meißnisch-wettinische Nation umfasste mit Sachsen, Thüringen sowie großen Teilen Brandenburgs und Sachsen-Anhalts relativ genau jenen Kerneinzugsbereich der Universität Leipzig, der heute die Mehrzahl der Studenten stellt. Mehr als zwei Drittel der Studenten stammen heute aus der näheren Umgebung, anders in der Zeit zwischen 1409 und 1539. Damals stammten nur knapp 30 Prozent der Studierenden aus einem vergleichbaren regionalen Kernbereich. 10 Damals kam die Mehrheit der Studenten jedoch aus weiter entfernten Landschaften und gehörte zum großen Teil der Bayrischen Nation an, welche alle Studierenden aus den westlich und südwestlich der Meißnischen Nation gelegenen Gebieten aufnahm. Die „Bayern“ stellten in den 1460er Jahren sogar etwas über die Hälfte der Leipziger Studenten. Die anderen beiden „fremden“ Universitätsnationen, die Polnische in östlicher und südöstlicher und die Sächsische in nördlicher Himmelsrichtung, waren in der Gründungsphase der Universität noch zahlreicher vertreten als die „Meißnische Nation“ und verloren erst später an quantitativer Bedeutung. Im Mittelalter größere Überregionalität als heute Die Gleichberechtigung der „Universitätsnationen“ in allen akademischen und wirtschaftlichen Dingen schuf Vorteile für fremde Studenten. Dank den einzelnen Nationen vorbehaltenen Lehrstellen, Kollegien und Bursen (Studenteninternate) war die alltägliche Versorgung ebenso gesichert, wie die Aufstiegschancen. Selbst die Rektoren wurden abwechselnd aus den verschiedenen Nationen gewählt. Zusätzlich profitierte die Hochschule von der geringeren Universitätsdichte im Umfeld: Wittenberg und Frankfurt (Oder) entstanden erst um 1500. Jedoch kamen gerade aus dem Süden und Westen Deutschlands, der wesentlich besser mit Universitäten ausgestattet war (u. a. Heidelberg, Köln, Würzburg, Ingolstadt, Basel, Mainz), viele Studenten an die ungleich anziehendere Universität Leipzig – trotz des deutlich weiteren Wegs. Diese Vorteile sicherten der Universität Leipzig im Mittelalter eine größere Überregionalität als ihrem heutigen Pendant, das eher als regional verankerte Landesuniversität bezeichnet werden kann. journal Jubiläum 2009 Nun ist Überregionalität nicht gleichbedeutend mit Internationalität. Einmal ganz abgesehen davon, dass moderne Nationen als Staaten mit festen Grenzen und differenziertem Rechts-, Bildungs- und Verwaltungssystem erst in der Neuzeit entstanden, so kann man doch – die heutigen Grenzen im Auge behaltend – bestimmte Studierende im Mittelalter als „ausländisch“ identifizieren. Studenten und Lehrende aus England, Schweden, dem preußischen Ordensland, Livland, Schlesien, Böhmen, Siebenbürgen, der Schweiz usw. kennzeichnen einen ähnlich weiten Einzugsbereich, wie er bereits von Wenke Richter (Uni-Journal 7/2006) für die Universität in der Frühen Neuzeit dargestellt wurde. So lag die Polnische Universitätsnation nach heutigen Begriffen vollständig im Ausland, im Süden umfasste sie unter anderem die heutige Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien und Ungarn, im Osten begann sie erst hinter Żary und Lubań in Polen. Allein diese heute rein „ausländische Universitätsnation“ stellte an der Alma mater Lipsiensis 13 Prozent der Studierenden. Ganz anders im 21. Jahrhundert: Bildet man die Nationen nach, würde die Polnische Nation heutzutage unter 5 Prozent der Studenten fallen. Ja sogar alle 2600 ausländischen Kommilitonen zusammengenommen machen nur einen Anteil von 8,6 Prozent der Leipziger Studierenden aus. Auch bei den nördlichen Nachbarn sieht dies nicht anders aus. So stellt Schweden heutzutage einen geringeren Anteil an Studenten als einst allein die Domstadt Uppsala. Gerade das Fehlen der Sprachbarrieren erweiterte im Spätmittelalter den Einzugsbereich bei den östlichen und nördlichen Die Bayrische Nation stellte vor allem in den 1460er Jahren einen großen Teil der Leipziger Studenten. Grafiken: Lang Nachbarn. Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass die Gelehrten- und Unterrichtssprache Latein nicht nur in Vorlesungen, Diskussionen und Repetitorien Verwendung fand, sondern die Studenten zudem genötigt wurden, bei Tisch oder in den Bursen untereinander Latein zu sprechen. Ergo: Latein war damals deutlich präsenter als Englisch heutzutage. Demnach war die mittelalterliche Alma mater Lipsiensis nicht nur überregionaler, sondern durch ihre Studenten und Lehrenden sogar „internationaler“ geprägt als die heutige Universität Leipzig. Der überregionalen Prägung der mittelalterlichen Universität wurde erst durch die Wirren der Reformationszeit, die in Leipzig in den 1520er Jahren erstmals spürbar wurden, ein Ende gesetzt. Ein noch rapiderer Rückgang der Neuimmatrikulationen als in den meisten Pest- und Kriegsjahren traf Leipzig ähnlich hart, wie die meisten anderen deutschen Einrichtungen. Erst mit der Einführung der Reformation im Leipziger Raum 1539 erholte sich die Universität, jedoch hatte sich ihre Besucherstruktur grundlegend geändert. Die Studenten aus dem katholisch geprägten Süddeutschland blieben aus. Die Bayrische Nation sank auf Anteile unter 20 Prozent ab, so dass seit den 1550er Jahren die Meißnische Nation die Mehrheit der Studenten stellte. Ein Stück „Internationalität des Mittelalters“ fand an der Leipziger Universität ihr Ende in der Geburt der lutherischen Landesuniversität! 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Anregungen und Manuskripte (mit Bildvorschlägen) richten Sie bitte an: [email protected] Auf einen Blick finden Sie die „Gesichter“ im Internet unter www.uni-leipzig.de/journal/ gesichter 12 Den 1925 in Ohio geborenen Paul Newman dürfte ebensoviel oder -wenig mit der Universität Leipzig verbunden haben, wie Karl Marx, dessen Namen die Universität von 1953 bis 1990 trug. Dennoch konnten im Jahr 1966 Millionen Kinogänger weltweit das Gesicht des populären amerikanischen Schauspielers in Zusammenhang mit der Universität Leipzig bringen. Paul Newman spielte in Alfred Hitchcocks Thriller „Torn curtain“ (dt.: „Der zerrissene Vorhang“) einen amerikanischen Atomphysiker, der sich zum Schein als Überläufer ausgibt, um ausgerechnet an der Leipziger Universität einem deutschen Kollegen geheime Formeln zu entlocken und diese dann in Amerika zur Beförderung der eigenen Karriere zu verwerten. Der junge Professor gerät dabei jedoch zwischen die Fronten des Kalten Krieges und kann sich schließlich nur durch eine spektakuläre Flucht aus den Fängen der Staatssicherheit retten. Die Filmkritik rechnete „Torn curtain“ (trotz der prominenten Rolle Leipzigs!) nicht zu Hitchcocks besten Filmen – an den unvergleichlichen „North by Northwest“ (dt. „Der unsichtbare Dritte“) reichte die eher bemühte Geschichte, die im Übrigen Parallelen zum realen Fall des sowjetischen Atomspions Klaus Fuchs (1911–1988, Sohn des Leipziger Theologen Emil Fuchs!) aufwies, nicht heran. Hitchcocks Politthriller wurde natürlich nicht am Leipziger Originalschauplatz gedreht – nur einmal ist ein Archivbild des Augusteums am Augustusplatz zu sehen. Die Wahl des Handlungsortes dürfte der Tatsache Rechnung getragen haben, dass die konfrontativen Spannungen des Kalten Krieges nirgendwo unmittelbarer sichtbar waren, als im geteilten Deutschland. „Torn curtain“ war übrigens nicht der erste Hollywood-Spielfilm, in dem die Alma mater Lipsiensis eine Rolle spielte: In der Komödie „Woman of the year“ (dt. „Die Frau von der man spricht“) aus dem Jahr 1942 war dies schon einmal der Fall gewesen. Die welterfahrene Zeitungsredakteurin Tess Harding (Katharine Hepburn) machte darin ihrem Kollegen und Ehemann (Spencer Tracy) während eines denkwürdigen Wetttrinkens klar, welch anspruchsvolle Ausbildung sie an der Sorbonne und an der Universität Leipzig erhalten habe. Anders als 1966 war diese Anspielung ein Nachhall der großen wissenschaftlichen Reputation, die die Universität Leipzig im 19. Jahrhundert gerade in Amerika genoss. Sebastian Kusche, Kommission für Universitätsgeschichte Personelle Verstärkung für Geschäftsstelle 2009 Für die Vorbereitung der Jubiläumsfeierlichkeiten hat sich die Geschäftsstelle 2009 personelle Verstärkung geholt: Dr. Günter Roski und Gerlinde Kämmerer sind seit März neu im Team. Der studierte Journalist Günter Roski ist fortan stellvertretender Leiter der Geschäftsstelle. Bis vor kurzem arbeitete der 54-Jährige im Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig und war dort als Abteilungsleiter unter anderem für die Bürgerumfragen der Stadt und das Wahlhelfermanagement verantwortlich. Jetzt will er seine Erfahrungen mit der Organisation von Veranstaltungen einbringen und gleichzeitig auch die Interessen der Stadtverwaltung mit einflechten. „Die Würdigung der friedlichen Revolution von 1989 liegt mir dabei besonders am Herzen“, so Roski. Aktuell kommen ihm seine Erfahrungen mit soziologisch-statistischen Erhebungen bei der Machbarkeitsprüfung einer Imageanalyse zugute. Die Ergebnisse einer solchen Datenerhebung würden insbesondere hilfreich bei der bevorstehenden Imagekampagne zum Uni-Jubiläum sein. Gerlinde Kämmerer unterstützt die Geschäftsstelle in der Büroorganisation und wirkt als „guter Geist“ im Sekretariat. Die 52Jährige hat nach einem Studium der Kulturwissenschaft in verschiedenen Kultureinrichtungen gearbeitet. Im Haus des Buches betreute sich jahrelang die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Kornelia Tröschel Immer auf dem Laufenden mit dem Newsletter zum Jubiläum. Anmeldung unter: www.uni-leipzig.de/2009/newsletter journal Forschung Knifflige Fragen aus angewandter Wissenschaft Der profilbildende Forschungsbereich Mathematik „Es ist ein Etappensieg“, betont Professor Dr. Stephan Luckhaus, Sprecher der Antragsgruppe für das Exzellenzcluster sowie den gleichnamigen profilbildenden Forschungsbereich Mathematik und ihre Anwendungen in den Naturwissenschaften, aber gleichzeitig auch ein „deutlicher Beweis für die nationale und internationale Sichtbarkeit der Mathematischen Forschung an der Universität Leipzig“. Anfang des Jahres erreichte die Universität die Nachricht, dass sie mit zwei Anträgen – für die Graduiertenschule BUILDMONA sowie für das Exzellenzcluster Mathematik und ihre Anwendungen in den Naturwissenschaften das Finale der Exzellenzinitiative erreicht hat. Dieses Exzellenzcluster umfasst die mathematischen Wissenschaften im breiten Sinn: Mathematik, Theoretische Physik und große Teile der Informatik arbeiten an mathematischen Ansätzen und komplexen Formeln, die auch für angewandte Forschung von großem Nutzen sein können. Vor 125 Jahren: Felix Klein gründete das Institut Beispielsweise lassen sich mit den Leipziger mathematischen Modellen Probleme neu und von mathematischer Seite „anpacken“, etwa bei der Berechnung der Veränderungen an Küstenlinien, an denen Meeresströmungen nagen. Der Übergang zwischen den Aggregatzuständen flüssig, fest, gasförmig ist nicht von ungefähr ein zentrales Forschungsgebiet für die Mathematiker, Theoretischen Physiker und Informatiker. Aus ihren jeweiligen Fachperspektiven machen sie sich auf die Suche nach neuen mathematischen Verfahren für vielfältige naturwissenschaftliche Anforderungen und Anwendungen. Nicht unwichtig für das „Standing“ der Leipziger Mathematik in der aktuellen nationalen sowie internationalen Wissenschaftsgemeinschaft mag auch die weitreichende und erfolgreiche Geschichte von Heft 2/2007 Mathematik und Theoretischer Physik in Leipzig sein. Das Institut für Mathematik, das vor 125 Jahren von Felix Klein gegründet worden war, und das Institut für Theoretische Physik haben eine lange Geschichte der Zusammenarbeit. Gemeinsam mit dem 1996 gegründeten Max-PlanckInstitut für Mathematik in den Naturwissenschaften (Leipzig) forschen die Wissenschaftler auf dem Gebiet der strukturellen Fragen, die direkt aus physikalischen, inzwischen auch immer mehr biologischen Fragen erwachsen. Auf letztgenanntem Gebiet liegt auch ein Schwerpunkt des Instituts für Informatik, die Angewandte Informatik mit dem besonderen Blick auf Life Sciences. „Die traditionelle interdisziplinäre Arbeitsweise von Mathematikern und Physikern, die innerhalb der vergangenen 100 Jahre an manchen Wissenschaftsstandorten durch die voranschreitende wissenschaftliche Ausdifferenzierung mitunter verloren ging, hielt sich an der Universität Leipzig offenbar ein ganzes Stück länger“, beschreibt Professor Dr. Gerhard Heyer, Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik. Drei Hauptforschungsfelder bestimmen die Arbeit im profilbildenden Forschungsbereich Mathematik und ihre Anwendungen in den Naturwissenschaften: In einem ersten Schwerpunkt widmen sich die Forscher den Quantenstrukturen und suchen mit komplexer Geometrie kosmologische Systeme und Systeme höchster Energie zu beschreiben. Quantenmechanik und Gravitationstheorie dienen der Erforschung von Raum, Zeit und Materie. Der zweite Forschungsschwerpunkt widmet sich Mehrskalensystemen in Analysis und Stochastik. Bezugnehmend auf die Vorhersagbarkeit von Wetter und Wandel des Klimas vermögen mathematische Systeme weit über die Prognosen der Meteorologie hinaus Aussagen zu treffen. Die „Grenzen der Vorhersagbarkeit“ wiederum auszuloten und immer genauere Methoden und Berechnungswege zu finden, ist der Ansatz des Forschungsbereichs. Manch- mal gelingt es, für gekoppelte Systeme Vorhersagen zu machen, beispielsweise für die Veränderung von Dünenformen durch den Einfluss von Wind und Wetter. Schließlich gibt es den dritten Forschungsschwerpunkt mit dem Thema Komplexe Systeme: mathematische Methoden, Numerik und Modelle in der Biologie. Wie organisiert sich die Reproduktion des genetischen Codes, mit welcher mathematischen Methode lässt sich die chemische Reaktion in diesem Zusammenhang beschreiben? Es sind also immer wieder und zumeist Fragen aus den angewandten Wissenschaften, die in die abstrakten Ebenen von Mathematik, Theoretischer Physik und Informatik führen. Physik und Biologie bestimmen die großen Themen „Ordnungen beschreiben und die Abhängigkeit von Ordnungen untereinander entdecken“, das sei eine Hauptaufgabe des Forschungsbereichs Mathematik beschreibt Luckhaus die Aufgabe seiner Forschergruppe. Während noch vor rund 100 Jahren die Physik die großen Themen der Anwendung vorgab, so stammen diese inzwischen genauso aus der Biologie. Die Beschreibung von Evolutionsvorgängen und Vielteilchensystemen stehe heute auf der Forschungsagenda ganz oben. Dabei steht die theoretische Auseinandersetzung mit den Problemen an erster Stelle: „Einen Supercomputer haben wir hier nicht“, betont Luckhaus. „Wir entwickeln die Strukturen und die Vorgaben für die Umsetzung in spätere Rechenvarianten.“ Erstes Ziel von Prof. Luckhaus und seinen Mitstreitern ist der weitere Aufbau einer optimalen Forschungsstruktur, die sich selbst trägt – und die mit ihren verbesserten Forschungs- und damit auch Lehrbedingungen auch den Wissenschaftsstandort Leipzig noch attraktiver macht. Dr. Manuela Rutsatz 13 Forschung Theodor Litt – Kritischer Philosoph und Pädagoge Zehn Jahre Forschungsstelle – Bilanz und Ausblick Von Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Schulz, Leiter der Litt-Forschungsstelle Mit der Übernahme des Nachlasses im Jahre 1997 kehrte Theodor Litt gleichsam wieder nach Leipzig zurück, wo er in den Jahren zwischen 1920 und 1947 als Ordinarius für Philosophie und Pädagogik nachhaltig wirkte. Die seitdem der Universität Leipzig zur Verfügung stehenden Unterlagen und Dokumente stellen den umfangreichsten Nachlass dar, über den das Universitätsarchiv verfügt. Es war somit konsequent, im gleichen Jahr eine Forschungsstelle einzurichten, die es sich mit der zeitgleich gegründeten Theodor-LittGesellschaft zur Erforschung und Pflege der geisteswissenschaftlichen Pädagogik e.V. zur Aufgabe gemacht hat, Litts umDas XI. Theodor-Litt-Symposion findet am 25./26. Oktober statt und befasst sich mit dem Verhältnis von Pädagogik und Philosophie. Die Themen der vorangegangenen Symposien: 1997: Zeitzeugen im Gespräch 1998: Theodor Litt und der Nationalsozialismus 1999: Theodor LittsWirken in der SBZ und seine Auseinandersetzung mit der DDR 2000: Theodor Litt und die Naturwissenschaften 2001: Theodor Litt im Leipzig der 20er Jahre 2002: Individuum und Gemeinschaft 2003: Universität und Volksbildung. Zur Differenzierung der Pädagogik im Umkreis von Theodor Litt 2004: Theodor Litt und die Politische Bildung 2005: Theodor Litt – Werte lehren und Werte leben in der Demokratie 2006: Theodor Litt: Freiheit, Verantwortung, Mitwirkung – Eckpfeiler des Demokratieverständnisses 14 fangreiches Werk in den unterschiedlichsten Dimensionen und Facetten wissenschaftlich aufzuarbeiten. Die unmittelbar aufgenommene Forschung verdeutlicht die Multiperspektivität und die Zeitlosigkeit seiner Aussagen, welche die unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen überspannt. Dieses bot und bietet hinreichend Anlass, jährliche Fachtagungen zu veranstalten und die wissenschaftliche Öffentlichkeit in den Diskurs einzubinden. Unbeugsam und herausragend Galt es in einem ersten Arbeitsschritt mittels Zeitzeugenbefragungen unter anderem Fakten zu sichern, so wurden in den folgenden Jahren zum einen thematisch differenzierende Analysen seines umfassenden Werkes geleistet. Zum anderen wurde in Auswahl den unterschiedlichen Ebenen seines außeruniversitären Wirkens und der nachhaltigen nationalen und internationalen Rezeption nachgegangen. Alle Symposien haben bislang eine äußerst lebhafte nationale und internationale Nachfrage erfahren. Ihre Teilnehmerzahl beträgt zwischen 80 und mehr als 100. Die einzelnen Fachtagungen (siehe Infokasten) aufarbeitend und mit weiterführenden Analysen und Forschungsberichten versehen, wird im Zweijahresrhythmus das Theodor-LittJahrbuch herausgegeben; bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen bereits fünf Bände vor, jeder einzelne wurde national und international gewürdigt. Im Mai 2007 wird anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Theodor-Litt-Forschungsstelle ein Sonderband erscheinen. In den zurückliegenden Monaten hat die Erforschung der Rezeptionsgeschichte einige besonders interessante Facetten hervorgebracht: ausgehend von der Anlage eines „Promotionskatasters“ ist es möglich, die Doktoranden Litts berufsbiogra- fisch nach zu verfolgen und durch eine standortbezogene Analyse der Lehr- und Forschungsleistungen einschließlich der mit diesem Personenkreis verbundenen Publikationen die besondere Tiefendimension des sich fortschreibenden Litt’schen Gedankenguts zu ermitteln. Insgesamt war Theodor Litt in den Jahren seines Wirkens an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig an 170 Promotionsverfahren als Gutachter beteiligt; 142 wurden erfolgreich abgeschlossen. Eine vergleichbare Studie für das Wirken Theodor Litts an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn wird gegenwärtig konzipiert. In der Gesamtzahl von 170 Doktoranden sind 26 Frauen erfasst; 24 von ihnen wurden erfolgreich promoviert. Unter den Promovenden befanden sich 17 Ausländer aus 11 Nationen. Eine besonders nachhaltige Wirkung wurde von den zwei Doktoranden aus Japan ausgelöst, die in ihrem weiteren beruflichen Wirken in ihrem Heimatland mehr als 300 wissenschaftliche Arbeiten anregten. Eine aktuell laufende Forschungsarbeit an der Universität Hiroshima geht den damit zusammenhängenden Detailfragen nach; sie soll im Oktober in Leipzig vorgestellt werden. Theodor Litt darf unstrittig als eines der herausragenden Mitglieder der Universität Leipzig im 20. Jahrhundert bezeichnet werden. Seine Antrittsrede bei der Übernahme des Rektorats 1931/32 bewies mit Blick auf den heraufkommenden Nationalsozialismus gleichsam seherische Kräfte. Seine Unbeugsamkeit gegenüber beiden deutschen Diktaturen ist mehr als beispielhaft gewesen; er ließ sich von keiner instrumentalisieren. Die Universität Leipzig ist sich in vielerlei Hinsicht der herausragenden Leistungen Theodor Litts bewusst. So wird der jährlich von der Vereinigung der Förderer und Freunde der Universität Leipzig ausgelobte Förderpreis für Lehre seit 2001 als „Theodor-Litt-Preis“ vergeben. journal Forschung Wie „tickt“ eine Stammzelle? Junge Mathematiker entwickeln ein Modell zur Berechnung des Therapieerfolges bei Leukämie Eine neue, aus einem mathematischen Modell abgeleitete Überlegung zur Behandlung von Leukämie wurde jüngst von einer Gruppe Wissenschaftler der Universität Leipzig in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Forscher um Prof. Dr. Markus Löffler, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), simulieren am Computer Möglichkeiten, leukämische Stammzellen zu beeinflussen und tragen hiermit zur Entwicklung neuer Therapien bei. Bislang wurde die chronisch-myeloische Leukämie (CML), die aus einer Entartung der Blutstammzellen im Knochenmark resultiert, bei einer Vielzahl von Patienten ziemlich radikal behandelt. Durch die Einnahme von Zellgiften wurde die Zahl der neu gebildeten leukämischen Blutkörperchen ständig reduziert. Diese Prozedur ist für den Patienten jedoch äußerst strapaziös, da sie nicht nur kranke, sondern auch gesunde Zellen massiv zerstört. Die Forscher in aller Welt bewegt jetzt ein anderer therapeutischer Ansatz. Mit Hilfe einer neuen Generation von Medikamenten ist man seit Kurzem in der Lage, ganz gezielt nur die leukämischen Zellen anzugreifen, ihre fehlerhafte Funktion einzuschränken und die gesunden Zellen zu schonen. Um nun herauszufinden, wie diese Medikamente optimal eingesetztwerden können und wie man auch eine Beseitigung der kranken Stammzellen gewährleisten kann, muss man die Funktionsweise der Stammzellen besser verstehen. Hier stoßen Biologen und Mediziner beim Blick durch das Mikroskop an Grenzen. „Die genaue Charakterisierung des Zustandes einer Stammzelle ist meist mit der Zerstörung der Zelle selbst verbunden“, erläutert Prof. Löffler die Kompliziertheit der Grenzziehung und die Notwendigkeit mathematischer Ansätze. „Das, was die Wissenschaft heute als blutbildende Stammzelle bezeichnet, ist eigentlich ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Zellen. Nimmt man beispielsweise etwas Knochenmark, dann sortieren die Biologen alle differenzierten Zellen aus. Zurück bleibt ein Rest unreifer Zellen von denen einige das gewünschte Stammzellpotential aufweisen. Die Frage, welche dieser Zellen später im Körper den Nachschub an Blutzellen realisieren wird und wie die Regulation dieser Prozesse abläuft, kann momentan von den Experten nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Aber hier treten die Mathematiker hinzu. Sie erarbeiten und testen im Computer Regelwerke, die Aussagen treffen, wie Stammzellen ‚ticken‘. Wir nennen dies ein Modell.“ „Dies passiert, indem wir zuerst einmal alle Informationen sammeln, die Biologie und Medizin hergeben“, beschreibt Dr. Ingo Röder das mathematische Herangehen. „Wie reagieren Stammzellen unter spezifischen Bedingungen? Wie regenerieren sie sich? Wann sind Transplantationen erfolgreich, wann nicht? Es folgt unser Schritt ins Ungewisse: Wir formulieren einen Satz von Regeln und nutzten diesen zur Vorhersage, wie Stammzellen unter bestimmten Umständen reagieren werden. Und dann vergleichen wir diese Vorhersage mit der Realität, das heißt Biologen in Mannheim, in Toronto oder im Nachbarzimmer überprüfen unseren Regelsatz anhand experimenteller oder klinischer Daten. Und wir korrigieren ihn solange bis der Punkt erreicht ist, an dem wir sagen können: Wenn die leukämischen Stammzellen dieses oder jenes Signal erhalten, werden sie auf folgende Weise reagieren.“ Solch ein Signal kann auch eine von außen zugefügte Substanz, ein Arzneimittel sein. Und mit genau solch einem seit fünf Jahren auf dem Markt befindlichem Medikament beschäftigen sich jetzt international die Leukämie-Forscher. Es handelt sich um Imatinb (Gleevec), ein Medikament das gezielt die Menge der leukämischen Zellen reduziert. Bleibt die Frage, ob es auch auf die Stammzellen wirkt und deren intrazelluläre Informationswege beeinflusst. „Im Gegensatz zu einer Arbeitsgruppe in Anzeige 47<HB< .E7H:B >B 9:E 6>FF:BF8=7;G # ,=7B8:B HB9 2:EFD:?G>I:B .CEHA 0* .CEF8=HB<FFG7B9" 2:EFD:?G>I:B" DC@>G>F8=: 3GE7G:<>:B KGQ( -O$ *$ +ROIF?OBQ" 2LPQ$ D$ 1MAFPAFRJDMOPAFRLE" <LG 1?JJC#=GQQCL@COE) -O$ +$ :AFMJT" -CRQPAFC /MOPAFRLEPECKCGLPAF?DQ) -O$ 4$#1$ 0COPQCL@COE" FMAFPAFRJNMJGQGPAFCO :NOCAFCO BCO 09&7.7#5?LBQ?EPDO?IQGML .CEHA 00* .E7H:B >B 9:E 6>FF:BF8=7;G ;(E9:EB # +:>FD>:@: KGQ( 6$ 0COBGLE % -O$ 0$ /OMFLF?RP" -R?J#,?OCCO#8OMHCIQ" <LG +MAFRK) 8OMD$ -O$ 3$;O'ECO" 8OMOCIQMO" <LG 1CGBCJ@COE) /$ /OGPAF" 6$#8J?LAI#2LPQ$ D$ 6MJCIR# J?OC >CJJ@GMJMEGC -OCPBCL) -O$ 6$ +CLCBGS" /O?RCL@C?RDQO?EQC <LG 5CGNTGE )$ 17> '%%)" &)#'& 5=E" /J<>:B:AHF:HA -E:F9:B" .E7:B?:@F77@ FMAFPAFRJOCDMOK#P?AFPCL$BC Heft 2/2007 15 Forschung Harvard glauben wir, dass die verfügbaren klinischen Daten verträglich sind mit der Behauptung, dass auch die leukämischen Stammzellen angegriffen werden“, fasst Röder den in Nature Medicine erschienenen Leipziger Beitrag zusammen. Die amerikanischen Wissenschaftler begründen ihre konträre Aussage mit der Tatsache, dass nach dem Absetzen von Imatinb die zuvor deutlich gesunkene Anzahl der kranken Blutköperchen explosionsartig wieder ansteigt. „Unsere Theorie hingegen basiert auf der Annahme, dass es nicht eine homogene Population von Stammzellen gibt, die sich etappenweise über Vorläuferformen in reife Zellen entwickeln. Wir gehen davon aus, dass Stammzellen sowohl in einem aktiven als auch in einem ruhenden Zustand existieren und nur die aktiven vom Medikament erreicht werden. Da aber die Stammzellen, bevor sie sich zur reifen Zelle hinentwickeln, sowohl den „schlafenden“ als auch den „wachen“ Zustand mehrmals durchlaufen können, hat prinzipiell jede die Möglichkeit, wirksam mit der therapeutischen Substanz in Kontakt zu kommen.“ Durch dieses mathematische Modell könnte sich auch die Frage beantworten lassen, wie lange die Therapie laufen muss, damit jede der leukämischen Stammzellen erreicht werden kann. Ein weiterer Aspekt, den die IMISE-Wissenschaftler in ihre Berechnungen einbeziehen, ist der Einsatz von Medikamenten, die als „Wecker“ für Stammzellen genutzt werden können. Wenn solche Arzneimittel gleichzeitig mit Imatinb eingesetztwerden, so könnte die größere Aktivität der Stammzellen auch einen intensiveren Effekt der Imatinb-Substanz bewirken. In der Publikation der Wissenschaftler um Dr. Röder wurden hierzu bereits erste hoffnungsvolle Vorhersagen des Modells publiziert, die allerdings noch experimentell bzw. klinisch geprüft werden müssen. „Eine aus unserer Modellvorhersage abgeleitete Behandlung könnte unter anderem dazu führen, dass ein Abbruch bzw. eine Unterbrechung der Imatinb-Therapie, keinen so rasanten Wieder-Anstieg der leukämischen Blutkörperchen nach sich ziehen müsste“, hofft Röder. „Und auf weite Sicht könnte eine wirkliche Heilung der chronisch-myeloischen Leukämie durch optimierte Behandlungsschemata ins Auge gefasst werden.“ Marlis Heinz 16 Neuer Experimentalansatz Leipziger Forscher entschlüsseln Rätsel der Sorptionshysterese Das physikalische Phänomen der Sorptionshysterese ist seit mehr als 100 Jahren bekannt: Poröse Oberflächen nehmen Moleküle auf und geben sie auch wieder ab, wobei die Gesamtmenge der Moleküle im Porensystem während der Aufnahme und Abgabe unterschiedlich ist, obwohl die äußeren Bedingungen wie Druck und Temperatur völlig gleich sind. Die Wissenschaftler Jörg Kärger, Rustem Valiullin, Sergej Naumov und Petrik Galvosas von der Abteilung Grenzflächenphysik der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig haben sich dieses Phänomens angenommen und sind zu überraschenden Ergebnissen gekommen, wie die renommierte Fachzeitschrift Nature kürzlich berichtete. Bislang war die Wissenschaft nach Angaben von Professor Kärger davon ausgegangen, dass die Geschwindigkeit, in der sich ein Gleichgewicht der Moleküle bei Adsorption und Desorption einstellt, durch eine Verlangsamung der molekularen Beweglichkeiten hervorgerufen wird. Die Leipziger Forscher stellten nun fest, dass das Tempo der Gleichgewichtseinstellung eine Folge der Umverteilung der Mo- leküle und der Entspannungsprozesse im Porensystem ist, die damit verbunden sind. Möglich war die Entschlüsselung dieses Rätsels geworden, weil sich die Wissenschaftlergruppe eines neuen Experimentalansatzes bediente: Sie ging dem dynamischen Prozess der Sorptionshysterese mittels verschiedener Verfahren der Kernmagnetischen Resonanz auf den Grund. Poröse Systeme kommen unter anderem in der Industrie zum Einsatz, wenn etwa bestimmte Stoffe voneinander getrennt werden sollen. Auch bei der Umwandlung von Stoffen werden poröse Oberflächen eingesetzt. Die Untersuchungen dazu, wie sich flüssige oder gasförmige Moleküle in solchen Porensystemen verhalten, sind von außerordentlicher Bedeutung für die Praxis: Ein technologischer Prozess kann nämlich nicht schneller verlaufen als es die Geschwindigkeit zulässt, mit der die beteiligten Moleküle in das Porensystem eintreten und es wieder verlassen. Eine schnelle Umwandlung des Moleküls im Porensystem nutzt nämlich gar nichts, wenn dieses dann sehr lange braucht, um aus dem Porensystem wieder auszutreten. Jörg Aberger Die vier Autoren am Magnetresonanzspektrometer (von links): Sergeij Naumov, Rustem Valiullin, Petrik Galvosas und Jörg Kärger. Foto: Kärger journal Spezial Ein Foto-Essay von Jan Woitas Der Campus verändert sein Gesicht Spezial „Der Rektor hat fertig“, könnte man dieses Foto bezeichnen, das den Rektor Professor Dr. Franz Häuser nach einer letzten Begehung des alten Hauptgebäudes am Augustusplatz zeigt. Als kleine Erinnerung nahm er das immer noch vorhandene Hinweisschild am Eingang mit. Zuvor hatte er sich gemeinsam mit Kollegen die früheren Räumlichkeiten des Rektorates angesehen, das bereits seit dem Sommer 1997 im Rektoratsgebäude in der Ritterstraße 26 angesiedelt ist. Obwohl die Räume im Hauptgebäude nach dem Umzug des Rektorats sogar teilweise saniert und vergrößert wurden, kam kaum Wehmut auf. Der von den Mitarbeitern respektlos „Rektorgruft“ genannte Beratungsraum des Rektors in der ersten Etage ließ auch umgebaut den niedrigen fensterlosen Raum zwischen den zwei langen Fluren des Gebäudes erahnen. Hier eine Sitzung abhalten? „Unvorstellbar, auch mit Rauchverbot!“, so Professor Häuser. Zentral-Mensa und Hauptgebäude bröckeln langsam Das Kapitel des alten Hauptgebäudes ist nun also endgültig geschlossen, das Kapitel des Neubaus endgültig aufgeschlagen. Inzwischen ist der Bauzaun längst um das Gebäude errichtet und die Bagger nagen auf dem Gelände: Während gegenüber der Moritzbastei das Gebäude der neuen Mensa inzwischen ihre Fenster erhielt, verschwand im Februar die alte Mensa in der Grimmaischen Straße (vgl. Uni-Journal 1/2007) und legte damit einen erstaunlichen Blick auf den Campus frei. Auch der Abriss des Hauptgebäudes ist nicht mehr aufzuhalten, noch im April soll dieses weitgehend abgetragen sein, um Platz zu schaffen für die neu entstehenden Campus-Gebäude. Der Neubau des Hauptgebäudes soll bis zum Jubiläumsjahr der Universität in 2009 fertiggestellt werden. Dann soll im Paulinum, bestehend aus Aula mit dem Chorraum und einer Ausstellung von Kunstschätzen der Universität der 600. Gründungstag gefeiert werden. Außerdem wird im künftigen Hauptgebäude ein Auditorium maximum mit 800 Plätzen entstehen und die Fakultät für Informatik und Mathematik ihren Sitz beziehen. Das Hörsaalgebäude, das Institutsgebäude in der Grimmaischen Straße sowie der erweiterte Seminargebäudetrakt in der Universitätsstraße runden das Ensemble ab. B. A./M. R. 18 journal Spezial rHxöhn a M D. a & obi l nT o e v erkglossiert s M Heft 2/2007 Menschen sind komisch!Ausgerechnet die letzte Portion Pasta hätte dem Kollegen gemundet, ausgerechnet die ausverkaufte Opernaufführung wäre es gewesen. Und ausgerechnet das stetig bröckelnde Hauptgebäude hat manch einer nun ins Herz geschlossen. Sind wir doch mal ehrlich und betrachten das Seminargebäude, das dieser Tage wie ein waidwunder Korpus die Stellung hält. Die Seminarräume konnten dem Studenten-Ansturm nur mühsam trotzen, die Luft war komatös, die Scheiben blind, die Technik so lala. Der Sozialismus existierte im Ambiente real weiter, und der Teufel in Form von Mephisto dröhnte aus dem zweiten Obergeschoss. Schon gut, Polemik ist unpassend, schwärmte doch spätestens nach zwei Semestern jeder Münchner und Hanseat vom Ostfeeling und strickte mit an Legenden. Hat nicht schon Angela Merkel auf dem klapprigen Stuhl gesessen, auf dem ich jetzt von einer Pobacke auf die andere wechsele? Hat womöglich Volker Braun ein Gedicht in den Tisch geritzt? Mit dem Entsorgen des ausgedienten Mobiliars wurde auch der Kultfaktor verschrottet. Hätte man Ausrangiertes und Betonbröckchen als Souvenir verhökert, wäre manches Finanzloch gestopft. Und die Uni hätte bewiesen, warum sie über Jahrzehnte den Namen des Ökonomen und Kapitalismuskritikers Karl Marx im Titel trug. 19 Mit dem Verschwinden der Zentral-Mensa, die auch die Caféteria beheimatete (Bild unten), und des Hauptgebäudes verliert der Campus am Augustusplatz sein „Herzstück“. Die Häuser entstanden von 1968 bis 1975. Das Seminargebäude (Bild rechts, im Hintergrund) wird entkernt und modernen Anforderungen angepasst. Damit wird sich auch der Blick vom Augustusplatz wandeln. Das obere Bild zeigt die Pforte im Hauptgebäude mit dem bei Professoren wie Studenten beliebten Paternoster im Hintergrund. Die Flure waren schon seit Monaten verwaist (Bild rechts unten). journal UniCentral In einem unbekannten Land Altorientalistik – wenig Studenten, viel Forschung Von Tobias D. Höhn Es ist eine Reise ins unbekannte Land, in Deutschen Forschungsgemeinschaft finanRegionen, deren Namen manch einer zierten Sonderforschungsbereich (SFB gerade mal aus dem Kreuzworträtsel 586) untersuchen die Altorientalisten geoder einer TV-Ratesendung kennt. meinsam mit Historikern, Archäologen Wer weiß schon auf Anhieb, wo Baund Ethnologen und anderen Wissenbylonien, Assyrien oder Ugarit lieschaftlern der Universitäten Leipzig und gen? Professor Dr. Michael P. Streck Halle/Wittenberg die Beziehungen zwiindes liest uralte Keilschrifttexte in schen Nomaden und Sesshaften in der babylonischer, assyrischer oder Alten Welt, ihre Lebensweise, die innern ugaritischer Sprache, die bei arund äußeren Einflüsse sowie Konstanten chäologischen Ausgrabungen im und Variablen der nomadischen Leheutigen Irak und Syrien entdeckt bensweise. Die Auswertungen wurden. alter Literaturquellen und Feld„Wir sind ein sehr kleines Fach forschungen ließen darauf ohne festes Berufsbild“, sagt der schließen, dass sich in beAltorientalist. Dies bestimmt auch stimmten Regionen seit Jahrdas Studium, bei dem die Themen hunderten nur wenig an der nicht selten auf die Schwerpunkte Lebensweise verändert hat. der wenigen Studenten zugeschnitDie politische Lage im Irak ten sind – für den Professor „ideale behindert indes die weitere Studienbedingungen“. Doch will Forschung. Seit mehr als der Altorientalist auch nicht die 15 Jahren hätten in dem Mühen der ersten Semester verhehvon Krieg und Krisen len. „Die meisten unterschätzen, erschütterten Gebiet was es heißt, die schwierigen keine Ausgrabungen Schriften und Sprachen zu erlermehr stattgefunden. nen. Anders als beim Lernen von, Doch auch darin vermag sagen wir, Englisch, geht es hier Streck das Positive zu nicht um Konversation, sondern um sehen: „Wir haben masstrenge philologische Textanalyse.“ senhaft Quellenmaterial Bis zu zwei Drittel der Studienanin unseren Museen, das fänger scheitern nach einem Stujetzt ausgewertet wird. dienjahr und brechen ab. Und die Region Syrien Prof. Dr. Michael Streck vor einem Abguss des Kodex Hammurapi, Dennoch promovieren derzeit am einem der ältestem Gesetzestexte der Welt. Foto: Tobias D. Höhn wurde lange Zeit zugunsten des Irak verInstitut in der Klostergasse acht Doktoranden – eine stolze Zahl bei insge- die Absolventen des Leipziger Instituts nachlässigt. Das hat sich jetzt umgekehrt.“ Weltweite Aufmerksamkeit erzielen Streck samt nur 60 Studenten im Haupt- und Ne- gefragte Experten. benfach. „Aber selbst das ist schon viel. Ich Trotzdem sieht sich Streck unter Recht- und seine Kollegen mit dem seit 2004 habe damals in Marburg als einziger ange- fertigungsdruck für sein Orchideenfach. erscheinenden international führenden fangen“, sagt Streck. „Sinologie oder Japanologie, das hat we- Nachschlagewerk der Altorientalistik, dem Und wie steht es um die Berufsaussichten? nigstens noch Gegenwartsbezug. Das kön- Reallexikon der Assyriologie und VorderStreck antwortet differenziert: „Wenn es nen wir von uns nur mittelbar behaupten, asiatischen Archäologie – ein Jahrhundertdarum geht, kann man dieses Studium ei- denn unser Blick geht zunächst nur in die werk, dass in den 1920er Jahren in Berlin gentlich keinem guten Gewissens empfeh- Vergangenheit. Dafür können wir aber begonnen wurde. „Jetzt sind wir bei R. Vor len. Obwohl: Wenn man es mit anderen, etwas über die Entwicklung der menschli- uns liegen noch viele umfangreiche Stichgroßen Geisteswissenschaften wie Germa- chen Kultur aussagen, ein unverzichtbarer wörter wie Sargon und Sanherib, Sippar nistik oder Anglistik vergleicht, haben un- Bestandteil des Fächerkanons. Deswegen und Sternkunde. Und wenn wir auch den sere Absolventen oft bessere Chancen.“ ist das Fach wichtig.“ Buchstaben Z abgearbeitet haben, fangen Nicht nur an Universitäten und Museen, Die Forschungen am Altorientalischen wir hoffentlich wieder von vorne an – die sondern z. B. auch im Medienbereich sind Institutuntermauern dies: In einem von der Forschung bleibt ja nicht stehen.“ Heft 2/2007 21 UniCentral NOMEN Die Kolumne von Namenforscher Prof. Dr. Jürgen Udolph Der Familienname „Streck“ Unter 40 Millionen Telefonteilnehmern (Stand: 1998; neuere CD-ROM sind aus Datenschutzgründen schlecht zu verarbeiten) ist der Name in Deutschland 793 Mal bezeugt. In diesem Fall ist einmal mehr die Verbreitung des Namens interessant. Sie zeigt, dass es sich vor allem um einen süddeutschen Familiennamen handelt. Bei der Deutung sind sich die Standardwerke der deutschen Familiennamenforschung nicht ganz einig, man schwankt zwischen einem Wohnstättennamen zu mittelniederdeutsch Stre(c)ke „Strich Landes, Gebiet, Strecke“ und einem Zusammenhang mit strecken, sich strecken.m Beides überzeugt aber nicht. Zum einen ist der Name Streck gerade nicht im niederdeutschen Sprachgebiet häufig, sondern im hochdeutschen, und zum anderen geht es nicht um strecken oder damit zusammenhängende Wörter und Wortverbindungen, sondern um Streck. Daher ist wohl eher, wie so oft, einem Vorschlag von K. Brechenmacher (Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen, Bd. 1–2, 1960–63) zu folgen, bei dem sich der Hinweis findet: „Streck = Strack“. Unter Strack bietet K. Brechenmacher dann eine überzeugende Deutung für diesen ebenfalls vor allem in Süddeutschland bezeugten Familiennamen (fast 2300 Mal auf der Telefon-CD verzeichnet): Demnach gehört der er zu mittelhochdeutsch, mittelniederdeutsch strack und meint „von straffer, strammer Haltung, gerade emporgerichtet, steif, straff, stark“. Im übertragenen Sinn: fest, strenge, öfters mit dem Nebensinn „störrig, unbeugsam“, heute noch bekannt aus der Wendung schnurstracks. Einheit und Vielfalt müssen kein Widerspruch sein Konferenz des An-Instituts GWZO Die Frage nach der Existenz einer europäischen Identität beschäftigt nicht erst seit den gescheiterten Referenden zur EU-Verfassung vor zwei Jahren Politiker, Journalisten und Wissenschaftler gleichermaßen. Auch das Bundesforschungsministerium leistet dazu seinen Beitrag. Es unterstützt anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und im Rahmen des Jahres der Geisteswissenschaften eine Vielzahl wissenschaftlicher Initiativen, die diese Diskussion weiter vorantreiben sollen. Dabei darf selbstverständlich auch die Alma mater Lipsiensis nicht fehlen: Das Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO), ein An-Institut der Universität, veranstaltet vom 6. bis 9. Juni eine internationale Konferenz, auf der sich Kultur- und Sozialwissenschaftler disziplinenübergreifend der Frage nach einer „Substanz des Europäischen“ (Adolf Muschg) widmen werden. Schon der Titel der Konferenz ist Programm: Es werde nicht darum gehen, die eine europäische Identität zu konstruieren, wie Winfried Eberhard, Direktor des GWZO und Professor am Historischen Seminar der Universität, betont; vielmehr wolle man die zahlreichen Facetten aufzeigen und hervorheben, aus denen sich Europa zusammensetze. Nach der europäischen Identität zu suchen, so Eberhard, verstelle nur den Blick auf die Möglichkeiten und Chancen, die in der Vielfalt Europas lägen. Man wolle sich daher auch nicht mit vermeintlich feststehenden Identitätsmustern befassen, sondern die soziokulturellen Prozesse untersuchen, in denen sich Identitäten ausbilden – Prozesse, die grundsätzlich offen und unabschließbar seien und die sich ebenso durch Abgrenzung und Konflikt, wie durch Austausch, Kommunikation und Dialog auszeichneten. Die Idee einer europäischen Einheit wolle man gleichwohl nicht negieren: Einheit und Vielfalt widersprächen einander nicht, sondern ergänzten und bereicherten sich gegenseitig. Selbst gewalttätige Konflikte und Kriege könnten ein Bewusstsein von europäischer Zusammengehörigkeit fördern – auch dies wolle die Konferenz in einer ihrer Sektionen unter dem Titel „Europäisierende Konflikte“ zeigen. Die eigentliche Konferenz, die vom 7. bis zum 9. Juni stattfindet, wird durch eine feierliche Eröffnung mit prominenten Gastrednern, ein Journalistenstreitgespräch und eine Schriftstellerlesung abgerundet. Heidemarie Petersen www.gwzo-euroconference.de DIE VIELFALT EUROPAS Identitäten und Räume Leipzig | 06.–09. Juni 2007 22 journal UniCentral Gesellschaft und Kultur studieren Neuer Master European Studies Von Prof. Dr. Stefan Troebst, Institut für Slavistik und GWZO Zum Wintersemester 2006/07 ist der viersemestrige fächerübergreifende Masterstudiengang European Studies an der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie gestartet, der organisatorisch an das Zentrum für Höhere Studien (ZHS) angebunden ist. Aus über 50 in- und ausländischen Bewerbern wurden in Eignungsgesprächen 16 ausgewählt, darunter Studierende aus Bulgarien, China, Griechenland, Italien, Japan, Moldova und Taiwan. Das Studienprogramm wendet sich gleichgewichtig den Europäisierungsprozessen in West-, Nord- und Südeuropa sowie in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert zu. In den ersten beiden Semestern liegt der Schwerpunkt auf den historischen Grundlagen von Europäisierung sowie den wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Formen der europäischen Vergemeinschaftung. Das dritte und vierte Semester behandelt die Integration in einer erweiterten Europäischen Union und wendet sich dabei wiederum vergleichend West- und Osteuropa zu. Daneben bieten Module zur europäischen Geschichte der Juden und zur Entwicklung des Christentums in Europa ein besonderes Profil. Das dritte Semester wird jeweils an einer der ausländischen Partnerinstitutionen des Studienprogramms absolviert. Diese sind bislang das Willy-Brandt-Zentrum für Deutschlandund Europastudien der Universität Wroclaw, die Ecole Normale Supérieure Paris, die Masaryk-Universität in Brno sowie die Marc Bloch Université Strasbourg II und die Universität Roskilde in Dänemark. Der Studiengang ist an den Leipziger Forschungsschwerpunkten ausgerichtet: Neben Fragen des Kulturtransfers als Basis einer historisch verankerten Europäisierung sind jene Territorialisierungsprozesse, die die gewohnten Raummuster herausfordern, der verbindende Gegenstand aller Module. Damit soll gerade einer EntHeft 2/2007 gegensetzung von „westlichen“ und „östlichen“ Erfahrungen, Strukturen und Praktiken begegnet werden, deren Überwindung zwar schon oft, aber doch meist vergeblich, gefordert wurde. Der Leipziger Studiengang European Studies versucht mit seinen theoretischen Grundlagen, mit der Gewichtung der Module, mit seiner Interdisziplinarität und mit seinen internationalen Kontakten auf der Höhe der Zeit einer erweiterten EU zu sein, statt unreflektiert die Denkmuster des vorigen Jahrhunderts mitzutragen. Hierzu gehört auch die Einbindung in zahlreiche Dialogformen: So führt jeweils im Wintersemester eine Ringvorlesung die Studierenden in die Unterschiede der disziplinären Perspektiven und die Möglichkeiten ihrer Kombinierbarkeit ein. Die Beteiligung von vier Fakultäten, zwei universitären Zentren und drei An-Instituten der Universität Leipzig ermöglicht die Vermittlung einer Vielfalt von Interpretationsmöglichkeiten zu aktuellen Europäisierungsprozessen und unterscheidet sich von anderen Europastudiengängen gerade durch die Kombination von Sozial- und Kulturwissenschaften. Das Aufeinandertreffen oftmals getrennt diskutierter wissenschaftlicher Ansätze bietet Gelegenheit zu intensiver Methodenreflexion und bereitet die Studierenden auf ein breites Spektrum von Berufsfeldern vor. Exkursionen und Praktika vermitteln Einsichten in den Alltag der Europäisierung, wobei der Studiengang besonderen Wert darauf legt, die Perspektive der EU-Kommission und der multilateralen bzw. gouvernementalen Organisationen um den Blick „von unten“ zu ergänzen. Die fachliche Leitung des Studiengangs obliegt dem Europahistoriker und Slavisten Stefan Troebst, die wissenschaftliche Koordination dem Frankreichzentrum im Zentrum für Höhere Studien. www.uni-leipzig.de/zhs/ european_studies „Ich habe mich für European Studies in Leipzig entschieden, weil hier eine breitere Perspektive auf Europa eröffnet wird: außer Wirtschaft studieren wir auch Recht, Kultur und Geschichte“, sagt Kentaro Ishikawa, aus dem japanischen Saitama. 1994 hat Kentaro sein B.A.-Studium in Business und Commerce in Tokyo abgeschlossen. Die darauf folgende Anstellung in einer Stadtverwaltung zeigte dem heute 36-Jährigen Probleme der Geldverteilungspolitik in den Präfekturen seines Landes, für deren Lösung er die EU als Vorbild sieht. „Ich will Europa verstehen, seine Menschen und ihre Lebensweise.“ Der sozial- und kulturwissenschaftliche Ansatz von European Studies biete dazu Gelegenheit. 2003 verließ er Japan. „In Europa scheinen die Leute zufriedener, sie haben mehr Freizeit“, beschreibt Kentaro seine Eindrücke. Das Masterstudium habe ihm jedoch auch die Problematiken der europäischen Integration gezeigt. „Von hier aus möchte ich den Japanern Europa und seine Kultur näher bringen.“ „European Studies ist ein Fach mit hohen Anforderungen, aber die unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätze machen das Studium sehr interessant“, so Barbara Schnalzger aus Augsburg. Vor drei Jahren hat die 26-Jährige Europäische Kulturgeschichte im B.A. in der Heimatstadt abgeschlossen. Während des anschließenden Volontariats bei einer Münchner Kulturzeitschrift merkte sie, dass ihr das nicht ausreichte. „Ich wollte mich weiterbilden.“ Für Leipzig entschied sie sich unter anderem aufgrund der sozialwissenschaftlichen Komponente des Masterstudiengangs. „Beim Studium in Augsburg war dieser Teil etwas unterrepräsentiert.“ Der Master European Studies regt auch zu kritischen Betrachtungsweisen an. „Der ökonomische Blick auf Europa ist mir persönlich fremd, aber das Studium zeigt mir, dass die Wirtschaft eine wichtige Komponente einnimmt.“ Wenn sie nach dem Abschluss wieder als Journalistin arbeitet, „dann zu Themen mit Europaschwerpunkt.“ Susann Zuber 23 UniCentral Grenzüberschreitung in blühende Zukunft Dan Diner über das Simon-Dubnow-Institut, Fragen seiner Forschung sowie die Geisteswissenschaften Sie leiten das Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Welche Themen genau bearbeiten Sie, was sind Ihre zentralen Fragestellungen? Den Gegenstand der Geschichte und Kultur der Juden, wie sie hier am Institut behandelt wird, wollen wir anhand der Lebens- und Wissenswelten der Juden, vornehmlich von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart, als Exempel für die Entwicklung der Moderne und ihrer Verwerfungen verstehen lernen. Das ist insofern besonders, als es sich bei den Juden um eine transterritoriale, transnationale Bevölkerung handelt. Dies erlaubt uns gleichsam epistemisch vormoderne Phänomene mit postmodernen Entwicklungen in einen Zusammenhang zu setzen. Auf den Punkt gebracht hieße dies die jüdische Existenzerfahrung doppelt zu verstehen – und dies mag sich wie ein Widerspruch ausnehmen: Als Residuen der Vormoderne in der Moderne wenn man die Juden als kollektiv betrachtet; und als Pioniere der Moderne, wenn man sie individuell in den Blick nimmt. Zudem wird die Moderne selbst entwicklungsgeschichtlich als eine Zwischenzeit verstanden, eine Phase des Übergangs. Sie kennt mithin ein Davor und ein Danach. Damit gewinnt die Geschichte der Juden eine exemplarische Bedeutung. Ja, sie lässt sich als Paradigma einer Geschichtsschreibung verstehen, die Phänomene in den Blick nimmt, die a priori jenseits des Nationalstaates angesiedelt sind. Sie können das für das Verständnis von Elementen der europäischen Integration aber auch für solche der Globalisierung nutzen. 24 Ich habe den Eindruck, dass Sie mit dem Dubnow-Institut sehr gut vernetzt und präsent sind, national und insbesondere international. Was halten Sie von dem immer mal wieder erhobenen Vorwurf an die Geisteswissenschaft, dass diese nicht ausreichend vernetzt sei – sowohl inneruniversitär als auch extern? Das sind oft Fragen, die mit der Arbeitsweise der Geisteswissenschaftler in Verbindung stehen. Geisteswissenschaftler arbeiten nun einmal ausgesprochen individuell. Das hat nun einmal mit der Einheit von Denken und Schreiben zu tun. Die naturwissenschaftliche Arbeitsweise lässt sich nur kollektiv betreiben. Das hat sehr viel mit der den Natur- und auch den Technikwissenschaften inhärenten Vorgehensweise zu tun – mit Experiment und Arbeitsteiligkeit. Den Naturwissenschaften und verwandten Disziplinen liegt die kooperative Arbeitsweise in der Natur der Sache. Die Geisteswissenschaften tauschen sich zwar aus, regen sich an. Arbeiten im eigentlichen Sinne tun sie nun einmal allein. Etwas anders die Juristen, deren Arbeitsweise eher kompilatorischen Charakters ist. Und dennoch gibt es ein kooperatives, unter Umständen auch arbeitsteiliges Vorgehen auch bei Geisteswissenschaftlern. Etwa wenn es darum geht, Arsenale von Wissen anzulegen, sie zu ordnen und zu synthetisieren. Aber diese Arbeiten sind „ eher propädeutischen Charakters. Bei unserem Gegenstand der Geschichte und Kultur der Juden verhält es sich nicht anders. Nur mit dem Unterschied, dass die sprachliche, kulturelle und geographische Vielfalt der Judenheiten ein hohes Maß der Vernetzung nötig macht, um überhaupt dem Gegenstand gerecht zu werden. So führt die vernetzte, die kommunikative Lebensform der Juden dazu, auf die Arbeitsweise ihrer Erforschung durchzuschlagen. In diesem Jahr startet ein Langzeitprojekt, finanziert von der Union der Akademien der Wissenschaften, in Ihrem Hause mit 18 Jahren Förderdauer. Was macht dieses Projekt aus? Die lange Laufzeit ist nicht unüblich bei Akademieprojekten. Schließlich geht es hier um Grundlagenforschung in den Geisteswissenschaften. Unsere Absicht ist es, einen Kanon der jüdischen Kulturen zu etablieren, beruhend auf zwei Erkenntnisschienen: von Institution und Wissen. Das Unternehmen ist aus drei Modulen komponiert: einem stark begrifflich orientierten enzyklopädischen Werk, einer zu etablierenden Bibliothek mit Raritäten, kommentiert, annotiert und mit einem Apparat versehen; und drittens archivarisch ausgelegte und vorbearbeitete materiale Sammlungen. Diese drei Module – Enzyklopädie (Begriff), Bibliothek (Werk) und Archiv (Material) stehen in einem systematischen Zusammenhang, kommunizieren gleichsam miteinander. Mithin handelt es sich um unterschiedliche Aggregatzustände von Wissen. Geisteswissenschaften als Produktivkraft entdecken “ journal Thema Bietet dieses Langzeitprojekt Gelegenheit für die disziplinübergreifende Zusammenarbeit? In welchem Bereich könnten Sie sich gut vorstellen, eine Grenzüberschreitung zu den Naturwissenschaften zu wagen? Ich denke nicht, dass das Teil dieses Projektes ist oder auch sein kann, obschon es mich persönlich interessiert. Wir beschäftigen uns mit so genannten weichen Phänomenen, Phänomene der Kultur im weitesten Sinne. Nicht dass Naturwissenschaften oder erst recht Technologien außerhalb der Kultur stünden. Sie sind allemal historisch und damit auch „Kultur“. Nur übersteigt es sowohl unser Mandat als auch unsere Möglichkeiten. Das Verhältnis von Geistes- und Naturwissenschaften oder genauer: von Geistes- und Technikwissenschaften zu erforschen ist anderen, berufeneren zu überlassen. Etwa jene, die es vermögen den Zusammenhang zwischen der Ästhetik und Mechanik bei Leonardo da Vinci zu erforschen. Nicht desto trotz handelt es sich hierbei um zukunftsträchtige Erwartungshorizonte der Geisteswissenschaften im weitesten Sinne. Welche Aufgabe haben die Geistes- und Sozialwissenschaften der Zukunft und was leiten Sie aus Ihrer Beschäftigung mit Wissenschaftsgeschichte für diese Aufgaben ab? Die Geisteswissenschaften haben traditionell zwei Aufgaben: Sie sind Erkenntnis- wissenschaften und Bildungswissenschaften. Weitestgehend ist das eine mit dem anderen verknüpft und wird nur in der disziplinären Diversifikation auseinander gedacht. Gegenwärtig tritt eine dritte Komponente hinzu: Die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften entdecken zunehmend ihre Bedeutung als Produktivkraft. Etwa dann, wenn es darum geht, historisch gewachsene Fähigkeiten und Fertigkeiten in unterschiedlichen industriellen Kulturen mit einander zu verbinden. Es gibt Gemeinwesen, die im Zuge der Globalisierung und der damit verbundenen Arbeitsteilung historisch gewachsene kulturelle „Standortvorteile“ zur Geltung bringen, die anderenorts besser nicht imitiert würden. Die jeweiligen Kulturen bleiben bei ihren Befähigungen und suchen die „Legierung“ mit anderen Kulturen. Völlig unerwartete Kombinationen können sich ergeben. Wie auch immer: Traditionen gilt es zu stärken und sie nicht des kurzen Vorteils wegen wegzurationalisieren. So kann die Globalisierung dazu beitragen, in einer neuen, in einer „qualitativen“ Form der Arbeitsteilung Kultur als Produktivkraft erst voll zur Geltung kommen zu lassen. Über das Wissen verfügen jedenfalls die Geistes- und Kulturwissenschaften in ihrer jeweiligen Differenzierung. Das spricht im Übrigen für die so genannten „Orchideenfächer“, nicht gegen sie. Aber das ist ein anderes Thema. Interview: Dr. Manuela Rutsatz „Kooperatives, unter Umständen auch arbeitsteiliges Vorgehen gibt es auch bei Geisteswissenschaftlern“, sagt Prof. Dan Diner. Foto: Simon-Dubnow-Institut Heft 2/2007 Am Rande Dass die Bundesregierung 2007 „Die Geisteswissenschaften. ABC der Menschheit“ aufs Tableau gehoben hat, verdient Lob, Dank und Anerkennung. Und war wohl auch (politisch) nötig – nach sieben naturwissenschaftlich ausgerichteten Jahren, bei denen jeweils nur einzelne Fachdisziplinen fokussiert wurden. Jetzt folgt aus Berlin der verordnete Rundumschlag von A bis Z, von Amerikanistik bis Ziganologie, von Aufklärung bis Zukunft. Glaubt man der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, sind die Geisteswissenschaften von unschätzbarem Wert, „denn sie reflektieren die kulturellen Grundlagen der Menschheit“. So preist sie in der Infobroschüre ihres Hauses das bunte Sammelsurium an, das mit viel Getöse in der Hauptstadt eröffnet wurde – und auch in Leipzig im Jahresverlauf gewürdigt werden wird. Doch nur einen Satz später schlägt die Ministerin jeden potenziellen Drittmittelgeber wieder in die Flucht: „Die Geisteswissenschaften lassen sich nicht unmittelbar durch ihren Nutzen definieren.“ Den mittelbaren Profit bleibt die ehemalige Studentin der katholischen Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften schuldig, will sie doch nur sagen: Geist ist geil!m Dass nicht wenige mit akademischen Weihen Bedachte zunächst beim Arbeitsamt die Klinke putzen, gehört wohl ebenso zum Profil. Doch wer geht schon davon aus, dass ein Philosophiestudent als Philosoph arbeiten wird. Wenn der Geisteswissenschaftler eine historische Quelle oder einen literarischen Text fundiert analysieren könne, könne er auch die Daten eines Unternehmens betrachten und daraus den Geschäftsbericht erstellen, ist man in der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn überzeugt, heißt es in der Werbebroschüre. Wie hoch die Chancen tatsächlich für Quereinsteiger sind, wissen indes jene, die die literarische Form der Bewerbungsabsagen zur Genüge kennen: „Hiermit müssen wir Ihnen leider mitteilen, ...“ Damit bei Wissenschaft, Wirtschaft und Lobbyisten gar nicht erst die Angst vor sieben mageren (geisteswissenschaftlichen) Jahren aufkommt, soll 2008 das Jahr der Mathematik ausgerufen werden. Tobias D. Höhn 25 UniCentral | Fakultäten und Institute „Dunkle Kapitel der Geschichte gehören dazu“ Professor Wartenberg über die Festschrift zum Jubiläum Die Kommission zur Erforschung der Universitätsgeschichte arbeitet derzeit an einem Mammutprojekt: Bis zum Festjahr soll die 600-jährige Historie der Alma mater Lipsiensis in Buchform vorliegen. „Ein anspruchsvolles Projekt, an dem insgesamt zirka 60 Autoren aus allen Fächern unserer Universität beteiligt sind“, sagte Kommissionsvorsitzender Prof. Dr. GüntherWartenberg im Gespräch mit Dr. Manuela Rutsatz. Aus Anlass des 600. Gründungsjubiläums der Universität Leipzig im Jahr 2009 soll eine Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, bestehend aus vier oder fünf Bänden entstehen. Was genau haben Sie vor? Wir arbeiten an einer fünfbändigen Darstellung der Geschichte der Universität. In den ersten drei Bänden wird die Geschichte der Alma mater von 1409 bis 2009 im Längsschnitt dargestellt, der vierte Band zeichnet die Entwicklung der Fächer und Institute nach und ein fünfter Band widmet sich der Baugeschichte der Universität vom Mittelalter bis heute. Dies wird keine unreflektierte Jubelschrift – zur 600-jährigen Geschichte der Universität gehören neben den zweifellos vorhandenen Höhepunkten der wissenschaftlichen Entwicklung eben auch die dunklen Kapitel, beispielsweise im Nationalsozialismus oder die Bedrängnisse in der DDR-Zeit. Wir haben uns vorgenommen, für ein breites, interessiertes Publikum zu schreiben: handwerklich fundiert, aber essayistisch und gut lesbar. Die Wissenschaftsgeschichte, also die Geschichte der Institute und Diszipli26 nen, in Leipzig dürfte ein besonders spannendes Kapitel sein. Wie viele Institute und Disziplinen wollen Sie hier unter einen Hut bringen? In der Tat ist das ein anspruchsvolles Projekt, an dem insgesamt zirka 60 Autoren aus allen Fächern unserer Universität beteiligt sind. Wir haben die Verantwortlichen der Fakultäten und Institute gebeten, einen kurzen Überblick über die Entwicklung ihrer Fächer und/oder ihrer Institute an der Universität Leipzig zu geben. Geplant ist ein wissenschaftsgeschichtlicher Querschnitt durch die Leipziger Universitätsgeschichte auf fast 1300 Seiten – wobei die Beiträge zur Geschichte der großen Medizinischen Fakultät und der, aus zahlreichen Instituten bestehenden, Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften besonders umfangreich ausfallen werden, aber auch die Universitätsbibliothek, die Kustodie und das Universitätsarchiv werden vertreten sein. Wann wird die „Geschichte der Universität Leipzig“ erscheinen? Alle Bände der Universitätsgeschichte werden rechtzeitig im Jahr 2009 vorliegen. Wobei ich immer nur betonen kann, dass alle Kollegen diese Arbeiten zusätzlich zu ihren üblichen Lehrverpflichtungen und laufenden Forschungsprojekten realisieren. Die Kommissionsmitglieder arbeiten mit ihren Doktoranden und Hilfskräften bereits seit einigen Jahren an der Universitätsgeschichte und haben schon beachtliche Forschungsergebnisse erzielen können. Diese haben wir übrigens teilweise auch schon in einer eigenen Publikationsreihe, den Leipziger Beiträgen zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte (BLUWiG), veröffentlicht – bislang in 14 Bänden, die nächsten zwei kommen im Herbst diesen Jahres. Wirtschaftswissenschaftler Paraskewopoulos emeritiert Fünf Jahre Überstunden Zum letzten Mal stand Prof. Dr. Spiridon Paraskewopoulos am Ende des vergangenen Wintersemesters am Rednerpult des Hörsaals der Wirtschaftwissenschaftler. Der 63-jährige Experte für Volkswirtschaftslehre und Makroökonomik wurde emeritiert und bedankte sich mit einer besonderen Vorlesung bei seiner Fachschaft und den Kollegen, die seine Leistungen für die Universität Leipzig würdigten: „Professor Paraskewopoulos hat die Entwicklung und das Profil der damals neu gegründeten Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät nachhaltig mitgeprägt“, so Dekan Prof. Dr. Ralf Diedrich. „14 Jahre an der Uni ergibt 2000 unbezahlte Arbeitstage“ Im Oktober 1992 berufen, wechselte Paraskewopoulos von Köln nach Leipzig und übernahm schon ein Jahr später den Vorsitz im Prüfungsausschuss. Seit 1996 war er Mitglied des Fakultätsrats und kümmerte sich auch stets um studentische Belange. Dabei kam der Spaß nicht zu kurz. „Paraskewopoulos’ humorvolle Reden waren alljährlich das Highlight auf dem Absolventenball der Wirtschaftswissenschaftler“, so Diedrich. Auch in seiner Abschiedsrede brachte er sein Publikum zum Schmunzeln, indem er unter anderem sein Arbeitsleben mit einem Augenzwinkern Revue passieren ließ und durch Statistik-Know-How gläntze: „14 Jahre an der Uni Leipzig macht zirka 40 000 Arbeitsstunden. Wenn man die Forschung noch berücksichtigt, ergibt das im Endeffekt zirka 2000 unbezahlte Arbeitstage beziehungswiese komplette fünf Jahre Überstunden“, fasste Paraskewopoulos zusammen. Stunden, in denen er seinen Schützlingen auch ein hervorragender und engagierter Hochschullehrer war. Sandra Hasse journal Fakultäten und Institute Die Agrarwissenschaften an der Universität Leipzig von 1740 bis 1945 Ein bisher ziemlich unbekanntes Kapitel Von Doz. Dr. agr. habil. Eberhard Schulze, ehemaliger Leiter des Wissenschaftsbereiches Agrarökonomik Vor gut zehn Jahren endete ein bedeutendes Kapitel der Universitätsgeschichte. Auf Beschluss der Staatsregierung schloss 1996 die Agrarwissenschaftliche Fakultät ihre Pforten. Vorausgegangen war eine Empfehlung des Wissenschaftsrates, das Landwirtschaftsstudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu konzentrieren. Den Vorschlag der sächsischen Staatsregierung zu einer Kooperation mit Leipzig zum Erhalt eines Teils der Fakultät lehnte Sachsen-Anhalt ab. Die Universität Leipzig ist nach der Universität Halle (1863) die zweite deutsche Universität, die 1867 das Landwirtschaftsstudium etablierte und 1869 ein Landwirtschaftliches Institut gründete. Vor allem Justus Liebig hatte zur Verbesserung der naturwissenschaftlichen Ausbildung gefordert, das Landwirtschaftsstudium von den landwirtschaftlichen Akademien an die Universitäten zu verlegen. Ein Blick zurück: Die Landwirtschaftslehre begann als Teil der Lehre des Kameralismus, der Finanz-, Wirtschafts- und Handelslehre der absolutistisch regierten deutschen Staaten, die Agrarländer waren. Ab 1740 las Georg Heinrich Zincke Kameralwissenschaften, verließ aber Leipzig bereits 1745 wieder. Der Kameralistiklehrstuhl wurde erst 1764 begründet und auf ihn Daniel Gottfried Schreber berufen. Er strebte unter anderem eine wirksame Förderung der Landwirtschaft an. Außerdem schlug er die Gründung einer staatlichen Tierarzneischule vor, die 1780 auch in Dresden entstand und 1923 als Veterinärmedizinische Fakultät an die Universität kam. Auf Schreber folgten Nathanael Gottfried Leske, Friedrich Gottlob Leonhardi und Hans Friedrich Pohl. Von 1850 bis 1869 blieb der Lehrstuhl wegen ungeklärter wisHeft 2/2007 senschaftsstrategischer Fragen unbesetzt. Mit der Bildung des Landwirtschaftlichen Instituts 1869 und der Berufung von Adolph Blomeyer zum Direktor erfolgte der entscheidende Schritt zur dauerhaften Etablierung des Studiums. Zur Gewährleistung einer hohen Qualität der Ausbildung der Landwirte richtete das Ministerium außerdem das LandwirtschaftlichPhysiologische Institut unter Friedrich Stohmann (Tierernährung, Zucker- und Stärkefabrikation) und das Veterinärmedizinische Institut unter Friedrich Anton Zürn ein. Gemeinsam mit dem schon unter dem Direktorat von Wilhelm Knop vorhandenen Agrikulturchemischen Institut (ihm gelang erstmals in der Welt die Ausreifung von Samen mittels der „Wasserkulturmethode“ (Hydroponik)) widmeten sich zeitweilig vier Institute der Lehre und Forschung in den Agrarwissenschaften. Blomeyer und sein von 1890 bis 1920 wirkender Nachfolger Wilhelm Kirchner, der vor allem in der Milchforschung bedeutende Ergebnisse erzielte, bauten das Landwirtschaftliche Institut zu einer hervorragenden Lehr- und Forschungseinrichtung aus, die nach Kirchner in der „ersten Reihe“ stand. Gemeinsam mit den genannten Instituten, weiteren Wissenschaftlern der Philosophischen Fakultät und ihren auf den verschiedenen Gebieten der Agrarwissenschaften tätigen Mitstreitern trugen sie zum Aufstieg der deutschen Agrarwissenschaft und davon ausgehend der Erträge auf den Feldern an die Weltspitze bei. Das Institut nahm hinsichtlich der Zahl der Studenten unter den 13 deutschen landwirtschaftlichen Hochschuleinrichtungen Das 1903 erbaute Hauptgebäude des Landwirtschaftlichen Instituts wurde 1943 zerstört. Vor gut zehn Jahren schloss die Agrarwissenschaftliche Fakultät auf Beschluss der Staatsregierung. 27 Fakultäten und Institute mindestens ein Jahrzehnt nach seiner Gründung den zweiten Platz nach der Universität Halle ein – verbunden mit einer hohen Ausstrahlungskraft für Studenten von außerhalb Sachsens einschließlich des Auslands. Insgesamt absolvierten bis 1945 rund 6600 Studenten das Landwirtschaftsstudium, 885 davon promovierten und 16 habilitierten sich. Mit der zweimaligen Errichtung neuer großer Gebäude sowohl für das Landwirtschaftliche Institut (Ecke Brüderstraße/Stephanstraße sowie Johannisallee 21–23) als auch für das Veterinärinstitut 1878/79 und 1903 schuf Sachsen dafür die wesentlichen materiellen Voraussetzungen. Stürmische Entwicklung erzwang Aufteilung in Sonderinstitute nach 1945 sich als hervorragende Lehrer und Forscher einen Namen machten.m Weiterhin entstanden bis 1927 die relativ selbständigen Abteilungen für Kulturtechnik, Gartenbau, Bienenzucht, Forstwirtschaft, Landwirtschaftliches Bauwesen sowie das Pädagogische Seminar, deren Leiter ebenfalls in Wissenschaft und Praxis hohe Anerkennung fanden. Das wissenschaftliche Ereignis mit der größten Nachwirkung aus jener Zeit ist die 1927 von Falke initiierte Versammlung der Grünlandforscher aus europäischen Ländern, die später als 1. Internationaler Graslandkongress bezeichnet worden ist. Zur gleichen Zeit begann mit der Weltagrarund Weltwirtschaftskrise aber auch der Abstieg. Die Studentenzahl ging stark zurück und die Mittel wurden auf zwei Drittel gekürzt. Nach ihrer Machtergreifung vertrieben die Nationalsozialisten Adolph Zade und Hans Holldack wegen jüdischer Abstammung von der Universität. Da die Nachfolger der oben genannten Professoren Wolfgang Wilmanns, Josef Knoll, Leopold Krüger, Johannes Glathe und Walter Renard sowie Vorher hatte das Landwirtschaftliche Institut seinen Sitz am Kuhturm, an den heute noch die Kuhturmstraße erinnert. Dort lag auch das Versuchsfeld, das 1891 nach Oberholz verlegt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen noch die Versuchsfläche in Probstheida und das Rittergut Cunnersdorf hinzu. Die 1903 errichteten Gebäude fielen am 4. Dezember 1943 mit ihren Laboratorien und wertvollen Sammlungen in Schutt und Asche. Die Häuser an der Johannisallee sind bis in die 60er Jahre in veränderter Form wieder aufgebaut worden. Die stürmische Entwicklung der Agrarwissenschaften erzwang nach dem Ersten Weltkrieg die Aufteilung des Instituts in Sonderinstitute und Abteilungen, denen aber weiterhin zur Repräsentation des Gesamtinstituts ein Geschäftsführender Direktor vorstand. Es entstanden die fünf Institute für Betriebslehre (Direktor: Friedrich Falke), Pflanzenbau und -züchtung (Adolf Zade), Tierzucht und Milchwirtschaft (Arthur Golf), Landwirtschaftliche Bakteriologie und Bodenkunde (Felix Löhnis) sowie das Landmaschineninstitut und bodentechnologische LaboratoDer Lageplan rium (Hans Holldack), die 28 die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter früher oder später Mitglied der NSDAP geworden waren, verloren sie 1945 ihre Stellen. Es ist vor allem das Verdienst der wieder nach Leipzig zurückgekehrten Professoren Hans Holldack und Anton Arland sowie von Prof. Wilhelm Müller-Lenhartz, dass nach dem Krieg wieder mit dem Landwirtschaftsstudium begonnen werden konnte. Das Landwirtschaftliche Institut stellte bis 1945 mit Kirchner, Falke, Golf und Wilmanns, letzterer von 1943 bis Kriegsende 1945, vier Rektoren. Neben der ausführlichen Darstellung der hier nur kurz formulierbaren Forschungsergebnisse enthält der Band eine Sammlung der Titel der von den Leipziger Agrarwissenschaftlern verfassten Bücher sowie der Dissertationen und Habilitationen. Eberhard Schulze: Die Agrarwissenschaften an der Universität Leipzig 1740 –1945, Evang. Verlagsanstalt, Leipzig 2006 (BLUWiG, Reihe B, Bd. 10), 386 Seiten, 28 Euro. ISBN-10: 3-374-02389-4 des Landwirtschaftlich en Instituts ab 1903. Abbildungen: Archiv journal Ex-Studenten stiften Bronzebüste Ehemalige Studenten der Veterinärmedizinischen Fakultät haben im März ihren verstorbenen Hochschullehrer und Studienjahresverantwortlichen Prof. Dr. Erich Kolb mit der Aufstellung einer BronzeBüste auf dem Gelände der Veterinärmedizinischen Fakultät geehrt. Kolb wäre dieses Jahr 80 Jahre alt geworden. Ihr erstes Studienjahrestreffen nutzen die Veterinärmediziner des Immatrikulationsjahrganges 1984, um einen Hochschullehrer zu ehren, der sie in besonderer Weise geprägt hat. Der im September 2004 ver- storbene Veterinärphysiologe und Biochemiker hatte als Studienjahresverantwortlicher eine besonders enge Beziehung zu den Studierenden und verhalf Generationen von Studenten der Veterinärmedizin zu den erforderlichen Kenntnissen auf dem Gebiet der Physiologischen Chemie. „Er war Mensch und eine Institution zugleich“, sagte Dr. Falk Salchert, heute Geschäftsführer der Tierseuchenkasse Sachsen-Anhalt und einer der Organisatoren des Studienjahrestreffens. „Wir sind dankbar, dass wir bei Professor Kolb studieren konnten, war er doch eine ausgewiesene Kapazität seines Faches, der sein Wissen auch über zahlreiche Publikationen weitergab, die als „Grüner Würger“ und „Dicker Kolb“ ganze Studentenjahrgänge über lange Zeit begleiteten. Die Ex-Studenten legten zusammen und ließen von der Künstlerin Ute Hartwig-Schulz eine Plastik anfertigen. Der Dekan der Veterinärmedizinischen Fakultät, Prof. Dr. Karsten Fehlhaber, hat das Vorhaben von Anfang an wohlwollend begleitet. r. / Foto: Jan Woitas Seminar erlaubt Lernen über Generationengrenzen Am Lehrstuhl Erwachsenenpädagogik wurde im vergangenen Wintersemester erstmals ein Seminar veranstaltet, das junge und ältere Studierende in gleicher Weise einbezog. Das Besondere: Ein ganzes Semester durchlebten Alt und Jung die Seminarveranstaltungen gemeinsam. Das generationen-übergreifende Arbeiten und Lernen sollte den Studierenden der Erwachsenenpädagogik nicht nur theoretisch sondern sogleich mit der eigenen Beteiligung vermittelt werden. Schon vor Beginn galt es eine Reihe von Fragen zu beantworten wie „Was soll da passieren?“, „Bin ich dafür denn geeignet?“ oder „Was ist, wenn ich mit den Jüngeren nicht klar komme?“ Alle Älteren, die sich angemeldet hatten, waren neugierig, voller Ideen und kamen regelmäßig zum Seminar und gestalteten auch eine Ausstellung bis zu deren Eröffnung aktiv mit. Die Schau soll auch beim diesjährigen CamHeft 2/2007 pustag einen Platz im Pavillon der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät bekommen. Die Teilnehmer hätten unterschiedlicher nicht sein können, zwölf im Alter zwischen 60 und 75 Jahren sowie 13 Jüngere zwischen 20 und 30 Jahren. Dennoch war das Eis schnell gebrochen, als die ersten Gespräche mit der anderen Generation begannen und die Frage nach Duzen oder Siezen geklärt war – es gab letztlich beide Varianten. Es galt, viele interessante Themenfelder einzugrenzen, zu realisieren und gemeinsam zu erarbeiten. Vieles wurde besprochen, Meinungen der Älteren und der Jüngeren diskutiert, Pläne für die Umsetzung wurden entwickelt, verworfen und wieder neu kreiert. Eine wahrlich schwere Aufgabe war die der kreativen Gestaltung bei minimalen finanziellen Ressourcen. Der Prozess war für die Beteiligten spannend und anstrengend zugleich. Die Aufgabe der Seminarleitung kann dabei kurz gefasst werden: Impulse setzen, Struktur und Unterstützung geben. Entstanden sind zwei Dinge. Zum einen eine Ausstellung, die als Wanderausstellung konzipiert, von längerer Dauer sein wird. Zum anderen ist etwas mit den Beteiligten passiert, das auf sie weiter wirken wird. Oder, wie es ein Teilnehmer formulierte: „Es war eine Freude, weil einmal wieder unterschiedliche ‚Köpfe‘ Gedanken und Ideen austauschen konnten.“ Die älteren Teilnehmer gaben an, von den Jüngeren rasches Umdenken und Umorientieren gelernt sowie von modernen Kommunikations- und Arbeitsmethoden profitiert zu haben. Und die Studenten meinten, sie hätten Ansichten über vergangene Zeiten verstehen gelernt und erfahren, welche Probleme früher zu bewältigen waren – mit bleibenden Auswirkungen auf den Alltag. Dr. Marion Lehnert 29 Gremien | Personalia Sitzung des Senats am 13. Februar Psychologie startet im Wintersemester mit Bachelorstudiengang 1. Der Senat befasste sich mit Berufungsangelegenheiten und verabschiedete Ausschreibungstext und Zusammensetzung der Berufungskommission für die W2-Professur „Chirurgie mit den Schwerpunkten Hepatobiliäre Chirurgie und Viscerale Transplantation“, für die W2-Professur „Innere Medizin/Nephrologie“ sowie für die W2-Professur „Angewandte molekulare Hepatologie“. 2. Weiterhin nahm der Senat zu folgenden Berufungsvorschlägen positiv Stellung: „Iberoromanische Sprach- und Übersetzungswissenschaft“, „Amerikanische Kulturgeschichte“, „Diagnostische und Interventionelle Radiologie mit dem Schwerpunkt Neuroradiologie“ sowie „Technische Informatik“. 3. Der Senat befürwortete den Antrag des Dekans der Juristenfakultät, Prof. Dr. Horst-Peter Götting (Technische Universität Dresden) zum Honorarprofessor zu bestellen. 4. Weiterhin befürwortete der Senat einen Antrag der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, einen Bachelorstudiengang Psychologie zum WS 07/08 und einen Masterstudiengang Psychologie zum WS 2010/11 einzurichten. Der Diplomstudiengang wird folgerichtig im kommenden Semester nicht wieder angeboten. 5. Mit Senatsbeschluss wird ein gemeinsamer Masterstudiengang der Universität Leipzig (Philologische Fakultät) mit der Universidad de Salamanca „Deutsch als Fremdsprache“ zum WS 07/08 eingerichtet. Dieser Studiengang ist am HerderInstitut angesiedelt. Prof. Dr. F. Häuser Rektor 30 Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin Sitzung des Senats am 13. März Anträge für Exzellenzinitiative 1. Der Senat befasste sich mit Berufungsangelegenheiten und verabschiedete den Ausschreibungstext und die Zusammensetzung der Berufungskommission für die W2-Professur „Technische Chemie mit dem Schwerpunkt Chemische Reaktionstechnik“. 2. Weiterhin nahm der Senat zu folgenden Berufungsvorschlägen positiv Stellung: W3-Stiftungsprofessur „Vattenfall Europe Stiftungsprofessur für Energiemanagement und Nachhaltigkeit“, „W3-Professur „Innovationsökonomik/Innovationsmanagement“, W2-Professur „Kinderheilkunde und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Hämastaseologie“, W2-Professur „Herzchirurgie“, „W2-Professur „Onkologische Pathologie“, W2-Professur „Gastroenterologie/Schwerpunkt Endoskopie“. Außerdem befürwortete der Senat den Einstellungsvorschlag für die Juniorprofessur „Sorbische Literaturwissenschaft“. 3. Der Senat stimmte der Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „außerplanmäßiger Professor“ zu für PD Dr. Cornelia Albani-Blaser, PD Dr. Annette Weber sowie PD Dr. Guido Hildebrandt. 4. Unter dem Tagesordnungspunkt „Besondere universitäre Angelegenheiten“ wurde im März zudem der aktuelle Stand der Antragstellung der Universität Leipzig im Rahmen der Exzellenzinitiative für die Graduiertenschule „Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects (BuildMoNa)“ sowie für das „Felix Klein Center für Mathematical Sciences and their Application“ erörtert. Beide Anträge wurden in erster Lesung vorgestellt – die zweite Lesung und Verabschiedung der Anträge ist für einen außerordentlichen Senat am 3. April eingeplant. 5. Eine Vorlage des Prorektors für Studium und Lehre, Professor Wolfgang Fach, galt der Verschiebung von Masterstudiengängen. Mit dem Beschluss des Senats haben die Fakultäten nun die Möglichkeit kurzfristig noch vor eventuellen Bewerbungsphasen Masterstudiengänge zurückzustellen. 6. In einem außerordentlichen Tagesordnungspunkt berichtete Kanzler Dr. Nolden über den aktuellen Stand der Einführung des online-Einschreibesystems HIS-LSF, das im Sommersemester 2007 für ausge- wählte Studiengänge der Uni Leipzig zum testweisen Einsatz kommen soll. 7. Rektor Professor Häuser informierte den Senat über eine aktuelle Diskussion mit dem Innenstadtkonvent und forderte, künftig uniinterne Diskussionen nicht öffentlich zu führen. 8. Aufgrund einer Anfrage des StudentInnenRates informierte Rektor Professor Franz Häuser den Senat über den aktuellen Arbeitsstand zum Jubiläum 2009. Ein eigenes Motto aus Anlass des 600. Gründungstages soll es nicht geben. Die gute Nachricht war, dass soeben die Herausgabe einer 10-Euro-Jubiläums-Münze bekannt wurde, die gemeinsam mit einer Briefmarke im Jahr 2009 in Umlauf kommen soll. Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin Personalia In die Landeszahnärztekammer Sachsen wurden gewählt: Prof. Dr. Karl-Heinz Dannhauer, Leiter der Selbstständigen Abteilung für Kieferorthopädie, Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie. Die European Medicines Agency (EMEA) in London berief Prof. Dr. Fritz R. Ungemach, Direktor des Institutes für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie an der Veterinärmedizinischen Fakultät, als Vertreter der Europäischen Tierärzteschaft in ihr Management Board. Die EMEA koordiniert die Bewertung und Überwachung aller Human- und Tierarzneimittel. Weiterhin wurde Prof. Ungemach durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung als Mitglied der Sachverständigenkommission für Tierarzneimittel berufen. Zugleich wurde er Vorsitzender der Sachverständigenkommission. Sieger des Future Sax Wettbewerbes für die besten Geschäftsideen 2007 in der Kategorie Technologie wurde das SPMG-Team journal Personalia (SPMG steht für „Sächsische Phantomkonstruktion Möckel Grunert“) mit Ronny Grunert und Hendrik Möckel vom Interdisziplinären Zentrum für computer- und robotergestützte Chirurgie (ICCAS). Das Team hat ein chirurgisches Simulationssystem entwickelt, das Verletzungen von Risikostrukturen, z. B. Nerven und Gefäße, entdeckt. Mit den Demonstrationsmodellen können Mediziner trainieren oder sich weiter bilden. Außerdem erstellt SPMG für Patienten spezifische 3D-Modelle, die in der präoperativen Planung für chirurgische Eingriffe eingesetztwerden und der Patientenaufklärung dienen. Prof. Dr. François Buscot, Leiter der Abteilung Terristische Ökologie am Institut für Botanik, ist in die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit am Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Berlin berufen worden. Die Kommission überprüft gentechnisch veränderte Organismen auf mögliche Risiken für Mensch, Tier und Umwelt und gibt Stellungnahmen dazu ab. Dipl.-Chem. Sven Baumann, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, erhielt das Heinz-Breuer-Stipendium in Höhe von 7.200 Euro für einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Er wird an der Identifizierung und Charakterisierung krankheitsspezifischer Proteommuster arbeiten. Das Heinz-Breuer-Stipendium wird von der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. vergeben. Theologe Ulrich Kühn wird 75 Wanderer zwischen den Welten Flink sausen Ulrich Kühns Hände über die Tastenreihe des Cembalos: Johann Sebastian Bachs „Italienisches Konzert“ stimmt der Theologieprofessor an. Musik gehört für ihn genauso zum Leben wie das Nachdenken über die Fragen des Glaubens. 1932 in Halle geboren, sang Ulrich Kühn im Leipziger Thomanerchor und studierte Theologie. Ernst Sommerlath, der Onkel der heutigen Königin Silvia von Schweden, wurde im Studium zum prägenden Lehrer. „Als Lutheraner hat er deutlich gemacht, dass uns bei allen Unterschieden auch sehr viel mit den Katholiken verbindet“, erinnert sich Kühn. Er selbst gilt heute als Experte für Ökumene-Fragen. Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Ishmael Noko, würdigt Ulrich Kühn für dessen „wegweisenden Studien zur katholischen und lutherischen Theologie und ihrem Verhältnis zueinander“. Pfarrer Noko hebt Kühns „Engagement für die Kirche und ihre Einheit“ hervor. Wie viele Pfarrer er am Sprachenkonvikt in Berlin, am Theologischen Seminar Leipzig, an der Universität Wien und an der Theologischen Fakultät in Leipzig mit ausgebildet hat, hat Kühn nicht gezählt. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1997 unterrichtete er sogar am Ökumene-Lehrstuhl der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Viel herumgekommen ist Ulrich Kühn schon zu DDR-Zeiten. Er arbeitete ab 1968 in der zentralen Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Anfangs durfte er nicht zu den Tagungen ins Ausland reisen. „Dann aber war die DDR darauf bedacht, dass sie auf internationalem Parkett als Staat sichtbar wurde“, berichtet Kühn. Manchen gilt Kühn als ein Theologe, der zu nah am Katholischen sei. „Die Kirche beginnt nicht erst im 16. Jahrhundert“, sagt er. „Auch vor Luther haben Denker wie Thomas von Aquin Entscheidendes geleistet.“ Das sei in der evangelischen Kirche nicht allen bewusst. Vor rund 500 Jahren seien die lutherischen Bekenntnisschriften „goldrichtig“ gewesen, so Kühn. „Heute müssen wir sie als Leitlinien für unsere Situation zeitgemäß auslegen.“ Über Jahrzehnte engagierte sich Ulrich Kühn in der Synode des DDR-Kirchenbunds, in der sächsischen Landessynode und in der Generalsynode der Vereinigten Lutherischen Kirche Deutschlands. Ihn schmerze, dass die sächsische Landeskirche ihr Bewusstsein vor allem mit Strukturfragen besetze, sagt er. Er hoffe, dass „das Evangelium und die Beschäftigung mit anderen“ wieder zu zentralen Aufgaben würden. Die Theologische Fakultät in Leipzig ehrte Ulrich Kühn am 20. März in ihren Räumen mit einer Festschrift. Der Titel: „Wider die Müdigkeit im ökumenischen Gespräch“. Leonhardt Krause Prof. Dr. Elmar Brähler, Leiter der Selbstständigen Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, erhielt von der DFG eine Sachbeihilfe für die Bearbeitung des Themas „Psychologische Prädiktoren der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen bei Personen mit somatoformen Beschwerden“. Die Bewilligung umfasst Sachmittel in Höhe von 62.500 Euro sowie eine BAT 2a halbe Stelle für 30 Monate. Prof. Dr. DorotheeAlfermann, Direktorin des Instituts für Sportpsychologie und Sportpädagogik, und Prof. Dr. Elmar Brähler, haben vom Europäischen Sozialfonds für ein Projekt zum Coaching von Medizinstudierenden 62.000 Euro bewilligt bekommen. Heft 2/2007 Der Theologe Ulrich Kühn wurde 75 Jahre alt. Die Fakultät ehrte ihn mit der Festschrift „Wider die Müdigkeit im ökumenischen Gespräch“. Foto: Uwe Winkler 31 Personalia Personalrat wird gewählt Im Mai endet nach vierjähriger Amtszeit die Wahlperiode der gegenwärtig noch amtierenden örtlichen Personalräte unserer Universität, vom Personalrat (Hochschulbereich) und vom Personalrat der Medizinischen Fakultät. Die Neuwahlen finden am 8. und 9. Mai 2007 statt. Zu diesem Termin werden auch die Vertreter der beiden Bereiche für den • Gesamtpersonalrat der Universität Leipzig (der übergreifende, der beide Bereiche der Universität betreffende Fragen behandelt) und den • Hauptpersonalrat beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gewählt. Zudem ist es sinnvoll, auf diesen Termin auch die Wahlen zu den • Jugend- und Auszubildendenvertretungen zu legen. Das Wahlverfahren gestaltet sich wie folgt: Nach dem SächsPersVG sind die Wahlvorstände (getrennt für den Hochschulbereich und die Medizinische Fakultät) für die Personalratswahlen verantwortlich. Auch der Gesamtpersonalrat hat einen Wahlvorstand bestellt. Bei den örtlichen Wahlvorständen liegen die Wählerverzeichnisse zur Einsicht aus. Alle Beschäftigten wählen in der Gruppe (der Arbeiter, der Angestellten oder der Beamten), der sie angehören. In den einzelnen Gruppen wird es – je nachdem, ob sich Kandidaten in verschiedenen Listen zur Wahl stellen oder ob nur eine einzige Liste vorliegt – eine Listenwahl oder eine Personenwahl geben. Bei der Listenwahl entscheidet sich der Wähler für eine Liste, er gibt somit seine Stimme für die gesamte Vorschlagsliste ab. Bei der Personenwahl entscheidet sich der Wähler mit seiner Stimme für die entsprechenden Personen, die in dieser Gruppe gewählt werden können. Wer zum Zeitpunkt der Wahl verhindert ist, kann sein Wahlrecht durch Briefwahl wahrnehmen. Dazu ist formlos ein schriftlicher Antrag beim jeweils zuständigen Wahlvorstand einzureichen. Angaben zu den Wahllokalen können Sie den Wahlinformationen entnehmen, die bereits seit Mitte März in Ihren Einrichtungen aushängen. Die Wahlvorstände, vertreten durch A. Knobelsdorf, W. Löhrmann, Dr. W. Goltzsch 32 Geburtstage Theologische Fakultät 60. Geburtstag Prof. Dr. Rüdiger Lux, Dekan, Institut für Alttestamentliche Wissenschaft, Universitätsprediger, am 25. März Prof. Dr. Wolfgang Ratzmann, Direktor des Instituts für Praktische Theologie, Leiter des Liturgiewissenschaftlichen Instituts der VELKD bei der Theologischen Fakultät, am 25. März 75. Geburtstag Prof. Dr. em. Ulrich Kühn, Institut für Systematische Theologie, am 16. März Prof. Dr. med. Johann Peter Hauss, Chirurgische Klinik und Poliklinik II, am 5.Mai 65. Geburtstag Prof. Dr. rer. nat. Klaus Arnold, Institut für Medizinische Physik und Biophysik, am 19. Mai 70. Geburtstag Prof. Dr. med. Joachim Bennek, Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, am 27. April 75. Geburtstag Prof. Dr. med. Arno Hecht, Institut für Pathologie, am 28. Mai Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften 80. Geburtstag Altmagnifizienz Prof. Dr. Lothar Rathmann, ehemals Sektion Afrika- und Nahostwissenschaften, am 16. Februar Fakultät für Chemie und Mineralogie 65. Geburtstag Prof. Dr. Bärbel Schulze, Institut für Organische Chemie, am 22. Februar Erziehungswissenschaftliche Fakultät 65. Geburtstag Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Schulz, Institutfür Allgemeine und Vergleichende Pädagogik, Schulpädagogik und Pädagogische Psychologie, am 9. Mai Medizinische Fakultät 60. Geburtstag Prof. Dr. med. Stefan Schubert, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, am 1. Mai Philologische Fakultät 75. Geburtstag Prof. Dr. phil. Gottfried Graustein, Institut für Anglistik, am 10. Mai Der Rektor der Universität Leipzig und die Dekane der einzelnen Fakultäten gratulieren herzlich. (Die Geburtstage werden der Redaktion direkt von den Fakultäten gemeldet. Die Redaktion übernimmt für die Angaben keine Gewähr. Das gilt auch für deren Vollständigkeit.) Habilitationen Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften Dr. Andreas Brockmann (12/06): Dynamik und Funktionen von Ämtersystemen im Einflussgebiet des ehemaligen spanischen Kolonialreiches in Amerika Dr. Rudolf Frhr. Hiller von Gaertringen (1/07): Italienische Gemälde im Städel 1300 –1550. Toskana und Umbrien Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie Dr. Thomas Höpel (1/07): Von der Kunst- zur Kulturpolitik. Städtische Kulturpolitik in Deutschland und Frankreich 1918 –1939 Fakultät für Mathematik und Informatik Dr. Mario Bebendorf (1/07): Hierarchical Matrices – A Means to Efficiently Solve Elliptic Boundary Value Problems Dr. Hartmut Schwetlick (1/07): Travelling fronts arising in the mathematical modelling of transport and chemotaxis Dr. Sascha Mario Orlik (3/07): The Cohomology of Non-Archimedean Period Domains with regard to the Local Langlands Correspondence Medizinische Fakultät Dr. Arne Dietrich (1/07): Effekte eines kontinuierlichen in vivo Gentransfers mit verschiedenen Genen und einer intraoperativen autologen Tumorzellvakzination in der Milz im Maus Tumormodell Dr. Markus Richter (1/07): Pathomechanismen und Therapie der Transplantatvaskulopathie am heterotopen Herztransplantationsmodell der Ratte Dr. Matthias Wahle (1/07): Modulation der Neuro-immunologischen Interaktion im Rahmen chronischer Entzündungsprozesse am Beispiel beta2-adrenerger Rezeptoren bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis Dr. Henrike Wolf (1/07): Structural neuroimaging studies in subjects with mild cognitive impairment Dr. Dominik Huster (2/07): Untersuchungen zur Funktion, Regulation und Pathophysiologie des Kupfertransportproteins ATP7B (Morbus Wilson Protein) Dr. Katarina Stengler-Wenzke (2/07): Psychosoziale und neurobiologische Aspekte der Zwangserkrankung journal Personalia Fakultät für Biowissenschaften Pharmazie und Psychologie Dr. Thomas Gruber (2/07): Signatures of memory traces in the brain Induced Gamma Band Responses in the human EEG: Morphology, manipulation, use-dependent plasticity Philologische Fakultät Dr. Helmut Beifuss (2/07): Der Dialogus rationis et conscientiae des Matthäus von Krakau. Geistesgeschichtliche Einordnung, Interpretation und Textausgabe Promotionen Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften Anita Punkt (12/06): Der Friedrich Hofmeister Musikverlag. Ein Nachschlagewerk zu seiner Geschichte mit einer Zusammenstellung wesentlicher Autoren und sämtlicher Rezensionen in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung und daraus resultierend: Die Gründung der Editionsreihe „Hofmeisters Autoren im Spiegel der Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ Christoph Volkmar (1/07): Reform stattReformation. Die Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen, 1488–1525 Christian von Soest (1/07): The African State and the Capability to Raise Revenue. A Comparative Study of the Tax Administration in Zambia and Botswana Susan Steiner (1/07): An Evaluation of the Impact of Decentralisation on Poverty – The Case of Uganda Danny Weber (1/07): „… der größte Kaufmann des ganzen heiligen Römischen Reiches…“. Die Geschäfte des Handelsund Bankhauses Frege & Comp. in Leipzig (1739 – 1815/16) Constansia Mumma (1/07): Managing Transnational Water Conflicts in the Nile Region: with Reference to Lake Victoria, Kagera and the Nile Basins Maren Rößler (1/07): Big Man oder Funktionär. Der Traum vom großen dicken Schwein. Neue indigene Bewegungen und ihre Repräsentanten im lokalen, nationalen und internationalen politischen Feld am Beispiel Peru Zum 70. Geburtstag von Prof. Uwe-Frithjof Haustein, 27 Jahre Direktor der Universitätshautklinik Fördern durch fordern Professor Dr. Uwe-Frithjof Haustein, ehemaliger Direktor der Universitätshautklinik Leipzig und jetzt Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, feierte am 20. Februar 2007 seinen 70. Geburtstag. Ein Alter, das alle, die seinen mitreißenden Elan und seine innovative und ansteckende Dynamik als Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften kennen und miterleben, kaum glauben werden. Er publiziert, hält internationale Vorträge und bewältigt als Präsident das nicht immer leichte Management einer interdisziplinären Wissenschaftsakademie. Er ist das repräsentativste Beispiel dafür, das man auch jenseits der Pensionierung grandios einem neuen sehr anspruchsvollen Aufgabengebiet gewachsen ist. Mit 32 Jahren habilitiert Er studierte Humanmedizin in Leipzig und Dresden, erwarb 1959 die Approbation und promovierte. Dem folgten Pflichtassistenz, poliklinisches Jahr und Weiterbildung zum Facharzt für Dermatologie und Venerologie in Dresden. 1969 habilitierte er sich in Jena bereits im 32. Lebensjahr mit dem Thema „Physiologie und Pathologie der lo- Internationale Anerkennung Philologische Fakultät Alina Chernova (1/07): Ekatarinas II. „Mémoires“ und Ekatarina R. Daskovas „Mon Histoire“. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte adliger Frauen in Russland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Fakultät für Physik und Geowissenschaften Andreas Schäfer (7/06): Funktionelle Bildgebung mittels magnetischer Resonanz (fMRI) auf der Grundlage intermolekularer Multiquantenkohärenzen Kai Radtke (7/06): Zur Sensitivität von Starkwindfeldern gegenüber verschiedenen meteorologischen Parametern im Mesoskalenmodell LM Martina Dyck (7/06): Lipid Headgroup Organization and Interaction of Neuropeptide Y with Phospholipid Membranes Heft 2/2007 kalen Fibrinolyse in gesunder und kranker Haut“. Diese Arbeiten waren die ersten dieser Art in der Welt. 1970 wurde er stellvertretender Klinikdirektor an der Universitäts-Hautklinik Berlin (Charite); 1975 wurde er als Direktor der UniversitätsHautklinik in Leipzig berufen. In der 27jährigen Periode seines Klinikdirektorates hat sich das Fachgebiet der Dermatologie in Leipzig enorm entwickelt, sowohl auf klinisch-dermatologischem Sektor als auch auf dem Gebiet der dermatologischen Grundlagenforschung. Unter Hausteins Federführung entwickelte sich die Leipziger Hautklinik zu einem Zentrum der Immundermatologie, insbesondere für progressiv-systemische Sklerodermie, Lupus erythematodes und das bullöse Pemphigoid. Die Hautklinik nahm innerhalb der Medizinischen Fakultät in der Forschung permanent eine Spitzenposition ein. Ausdruck des ausgezeichneten wissenschaftlichen Klimas unter seinem Ordinariat sind 17 erfolgreich abgeschlossene Habilitationsverfahren, darunter auch von Naturwissenschaftlern. Es hat sich für die Klinik sehr segensreich erwiesen, dass er neben der Entwicklung seiner eigenen Forschungsarbeiten auch den Mitarbeitern viel wissenschaftlichen Spielraum für eigene Kreativität eingeräumt und diese Ideen fördernd begleitet hat, indem er Studienaufenthalte in anderen Städten und Ländern initiiert hat sowie Forschungsprojekte mit London, München und Philadelphia anregte. Uwe-Frithjof Haustein (r.) im Gespräch mit Prof. Dr. Peter Wiedemann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde. Foto: Armin Kühne Er folgte immer der Losung: Förderung der Teams durch Fordern. Für seine hervorragende Fähigkeit, bei Mitarbeitern wissenschaftliches Interesse zu wecken und sie in Wissenschaftsteams einzubeziehen, spricht die hohe Zahl von Forschungs- und insbesondere DFG-Projekten unter seinem Direktorat. Seine Leistungen, die sich auch in der Ausstrahlung der Klinik widerspiegelten, fanden breite nationale und internationale Anerkennung: Acht Dermatologische Gesellschaften anderer Länder haben ihm die Ehrenmitgliedschaft verliehen, allergologische Zeitschriften haben ihn ins Herausgeber- beziehungsweise Beratergremium 33 Personalia berufen. Seine rastlosen klinischen und wissenschaftlichen Aktivitäten fanden ihren Niederschlag in Hunderten von Publikationen und Vorträgen. Darüber hinaus wurde er zu Gastvorlesungen nach England, Griechenland, Japan, Österreich, Polen, Ungarn und in die USA eingeladen. Fünf dermatologische Monographien wurden von ihm verfasst beziehungsweise federführend herausgegeben, wobei besonders die „Dermatologische Lokaltherapie“ und „Sexuell übertragbare Krankheiten“ hervorgehoben werden sollen. Engagiert für den Nachwuchs und extrem seltene Krankheiten erkannt Auf regionaler Ebene hat er sich ebenfalls stets für die Entwicklung des Nachwuchses seiner klinischen Fachdisziplin engagiert. Der Lehre und Ausbildung der Medizinstudenten war er in seiner gesamten Dienstzeit verpflichtet. Die Studenten schätzten sehr sein präzises Urteil und seine didaktischen Fähigkeiten, Wissen verständlich zu vermitteln. Seine Fähigkeit, extrem effektiv und konzentriert zu arbeiten, hat sich auch in seinem klinischen Engagement widergespiegelt. Sein immer wieder unter Beweis gestelltes Detailwissen in der klinischen Dermatologie führte dazu, dass extrem seltene Krankheitsbilder letztendlich nur von ihm erkannt und klassifiziert werden konnten.m Seine so intensiv fachbezogene Seite des Lebens erfordert einen Ausgleich, die er bei Musik und beim Bergsteigen findet. Sowohl die Studenten früher als auch die Kollegen und Freunde bei geselligen Zusammenkünften waren schon Nutznießer seines Pianistentalentes. Er hat es stets verstanden, das oft steife Reglement erfrischend aufzulockern. Alle seine Leistungen und Aktivitäten sind sicher ohne die familiäre Geborgenheit, die ihm seine liebenswürdige Ehefrau, Dr. med. Brunhilde Haustein, Fachärztin für Transfusionsmedizin, seit 38 Jahren angedeihen lässt, nicht denkbar. Prof. Dr. Hans-Jürgen Glander, Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie 34 Vertrauen, Verantwortung und Humor Kolloquium für Chemiker Papp zum 65. Geburtstag Als nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Professor Helmut Papp lud die Fakultät für Chemie und Mineralogie am 30. März zu einem Festkolloquium, das den Namen des Jubilars trug. Die Feier markierte einen Wendepunkt im Leben von Professor Papp, nämlich einen Abschied aus dem Dienst, aber keinen Abschied von all den Dingen, die er in Leipzig in die Wege geleitet hat. Professor Papp war am 14. Dezember vorigen Jahres 65 Jahre alt geworden. Helmut Papp wurde am 1. April 1993 auf die Professur für Technische Chemie der Universität Leipzig berufen. Seit 1994 ist er Direktor des gleichnamigen Instituts. Mit seiner Berufung nach Leipzig hat er sofort seinen Umzug von Bochum nach Leipzig vorangetrieben und ist in Baalsdorf sesshaft geworden. Nach Ämtern hat Professor Papp nie gesucht, sie wurden und werden ihm angetragen und er füllt sie aus, mit menschlicher Wärme, Verantwortungsbewusstsein, Vertrauen, Humor und der nicht zu übertreffenden Fähigkeit, bei Konflikten ausgleichen zu können – als Dekan, als Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, als Direktor des AnInstituts für Nichtklassische Chemie e. V. (seit dessen Gründung 1997) und jetzt als Vorsitzender der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft. Als Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs von Dezember 2000 bis Dezember 2003 hat er vieles angeregt und befördert, das heute das Gesicht der Universität Leipzig prägt: Vom Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum, dessen Gründungsdirektor er war, über die Förderung des wissenschaftlichen Nach- wuchses, das Ringen um das neue Antlitz der Universität am Augustusplatz (das 2003 zum Rücktritt des gesamten Rektoratskollegiums geführt hatte), bis zur Bündelung der auf Mittel- und Osteuropa fokussierten Aktivitäten an der Universität und am Wissenschaftsstandort Leipzig. Heute noch ist Professor Papp stellvertretender Direktor des im März 2003 gegründeten Kompetenzzentrums Mittel- und Osteuropa Leipzig e. V. Er hat zugleich großen Anteil an der Ansiedlung des 2006 eröffneten Mittel- und Osteuropazentrums der Fraunhofer-Gesellschaft in Leipzig, nach zähem Ringen von Universität, Stadt, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und sächsischer Staatsregierung. In seine Amtszeit als Prorektor fiel die Einrichtung von zwei Internationalen Promotionsprogrammen, die Einstellung der ersten Vorgriffs-Juniorprofessoren, die Förderung von Wissenschaftlerinnen im Rahmen des HWP, die Erarbeitung der Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, die Vorbereitung der Bundestagung zur EU-Forschungsförderung im Juni 2004 und vieles mehr. Professor Papp ist außerordentlich belesen, liebt Malerei und Musik. Vielleicht nimmt er sich nun etwas mehr Zeit dafür. Prof. Dr. M. Schlegel, Dr. S. Richter journal Personalia Mit dem Auwald-Kran erforschte er die Baumwipfel Nachruf für den Botaniker Prof. Wilfried Morawetz Nach langer und schwerer Krankheit ist am 12. März der bekannte Leipziger Botaniker Professor Dr. Wilfried Morawetz im Alter von 55 Jahren verstorben. Der gebürtige Österreicher wurde 1994 als Professor für Spezielle Botanik und Ökologie sowie Direktor des Botanischen Gartens der Universität Leipzig berufen. Zu seinen ersten Aktivitäten gehörte die Planung und Umsetzung einer umfangreichen Restaurierung und Umstrukturierung des Botanischen Gartens und der Gewächshäuser, die inzwischen zu einem beliebten Anlaufpunkt für die Leipziger Bevölkerung geworden sind. Daneben engagierte er sich für die Einrichtung eines Apothekergartens und eines Duft- und Tastgartens, der demnächst übergeben wird. Professor Morawetz war in der ganzen Welt zu Hause. Er beherrschte neben seiner deutschen Muttersprache Englisch, Portugiesisch und Spanisch, konnte sich aber auch im Französischen, Italienischen und Lateinischen bewegen. Er ging in Bogotá/ Kolumbien, Madrid und Wien zur Schule, studierte in Wien, wurde bei dem bekannten Botaniker Friedrich Ehrendorfer promoviert, ging für wissenschaftliche Stu- dien bzw. einen Gastprofessoraufenthalt mehrmals nach Brasilien, habilitierte sich an der Universität Wien und war seit 1991 Mitglied des Steering Committee beim European Science Foundation Programm Tropical Canopy Research. 1993 wurde er Leiter der Forschungsstelle für Biosystematik und Ökologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bis er 1994 an die Universität Leipzig kam. Er war ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Beauftragter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für Biodiversität, Gründungsvorstand und späterer Direktor des Lateinamerika-Zentrums an der Universität Leipzig. Zwischendurch besuchte er etliche Male zu Forschungszwecken den südamerikanischen Kontinent, Asien und Afrika, machte Schlagzeilen mit der Organisation eines Kranes für die Baumkronenforschung zunächst in Venezuela und später im Leipziger Auwald. 2005 holte er die Baumkronenforscher der ganzen Welt zu ihrer 4. Internationalen Konferenz nach Leipzig. „Bei seinen vielseitigen und erfolgreichen Aktivitäten kamen dem Wissenschaftler Der international angesehene Botaniker Prof. Dr. Wilfried Morawetz starb nach langer und schwerer Krankheit im Alter von 55 Jahren. Foto: Armin Kühne Heft 2/2007 Wilfried Morawetz seine Kommunikationsfreude, seine Konsens- und Kompromissbereitschaft und sein diplomatisches Geschick zugute“, sagte der Rektor der Universität Leipzig, Professor Dr. Franz Häuser. „Er arbeitete mit den lokalen Behörden und wissenschaftlichen Institutionen ebenso zusammen wie mit ausländischen Regierungsvertretern und kulturellen Einrichtungen.“ So gelang es ihm voriges Jahr, ein besonderes Highlight nach Leipzig zu holen: eine Inka-Gold-Ausstellung aus Peru. „Professor Morawetz hat viel dazu beigetragen den Namen der Universität Leipzig in der ganzen Welt bekannt zu machen“, so der Rektor weiter. Wissenschaftlich beschäftigte sich Prof. Morawetz unter anderem mit den Ursprüngen der Gefäßpflanzen und den vielfältigen und besonders engen Beziehungen zwischen Pflanze und Tier, wie in der Bestäubungsbiologie oder den Ameisenpflanzen. Hierbei interessierte ihn besonders die komplexe Genetik der Gewächse. Seltene exotische Pflanzen hatten es ihm ebenfalls angetan, zu denen er nicht selten spannende Geschichten zu erzählen wusste. Eine Vorreiterrolle spielte er bei der Einführung neuer Methoden für die botanische Forschung, und es gelang ihm auch, die notwendigen finanziellen Mittel dafür sicher zu stellen. Seine größten Erfolge waren wohl die Forschungskräne in Venezuela und im Leipziger Auwald, die dazu beitrugen, die Pflanzen- und Tierwelt in ihrer Vielfalt und gegenseitigen Abhängigkeit zu erschließen. „Professor Wilfried Morawetz war ein Mensch mit Ausstrahlung und Esprit und vielen neuen Ideen“, meinte sein langjähriger Kollege Professor Dr. Werner Reißer aus dem Institutfür Biologie I. Die Wissenschaftler, Mitarbeiter und Studenten der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie werden ihn vermissen. Prof. Dr. Annette Beck-Sickinger, Dekanin der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie 35 Personalia Konzentriert, aufrecht, zurückhaltend Ein Besuch im Atelier von Maler Arno Rink weckt Erinnerungen an Magnifizienz Volker Bigl Von Tobias D. Höhn Das leuchtende Kobaltblau zieht den Betrachter in den Bann. Fesselt ihn. Lenkt ihn auf das markante Gesicht, das vertraute. Das von Altmagnifizienz Volker Bigl. Es ist kein Foto und doch scharf, aber nicht die Konturen sind es, sondern die Beobachtungsgabe des Interpreten „Rink“, wie er sich am rechten unteren Bildrand zurückhaltend vermerkt hat. Es ist die Verbeugung eines Malers, der sein Gegenüber im Lauf der Zeit zu schätzen gelernt hat – obwohl er ihn nur aus der Erinnerung heraus und von Fotos porträtierte. Denn zum Modellsitzen, wie es für gewöhnlich der Fall ist, kam es nicht mehr. Zu schnell wurde Prof. Dr. Bigl aus dem Leben gerissen. In brauner Kordlatzhose, Poloshirt und Strickjacke öffnet Arno Rink – bis 2005 Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – die Tür. Sofort stellt sich eine von gegenseitiger Achtung geprägte Vertrautheit ein, Maler und Autor haben über die Jahre hinweg so manches Interview geführt – über Ausstellungen, Ehrungen, die Leipziger Schule (die alte wie die neue) und die gegenwärtige Hausse am Anfang der 1990er Jahre totgesagten Markt für Malerei diskutiert. Doch dieses Mal soll Rink zurückblicken, sich an ein Bild entsinnen, das sein Atelier vor gut und gerne zwei Jahren verließ. Die Erinnerungen wirbeln durcheinander. Doch als ich auf dem braun gestreiften, barock geschwungenen Sofa Platz nehme, sagt Rink: „Jetztweiß ich es wieder: Genau dort saß Professor Bigl.“ Ehre und Bürde des Rektoramtes hatte er damals schon abgelegt, Rink als Maler seines Bildes für die Magnifizienzen-Galerie erkoren – „vermutlich weil ihm meine Bilder von Walter Markov [Anm.: Der Leipziger Wissenschaftler (1909–1993) zählte zu den international bekanntesten und geschätzten Historikern der DDR] und Horst Hennig [Anm.: Letzter Rektor der Karl-Marx-Uni36 versität von 1987–1990] irgendwie zusagten“. Dennoch oder gerade unter dem Eindruck des Hennig-Abbildes spürte Rink bei Bigl eine gewisse Angst, zu modern dargestellt zu werden. „Er gab gleich zu, wenig von Malerei zu verstehen und so fragte ich ihn, was denn in seinen Augen modern sei. Und ich erkannte eine sympathisch-konservative Haltung. Er wollte keinen Firlefanz, Vordergründigkeiten oder modernistischen Schnickschnack, auch auf die Amtskette wollte er verzichten“. Spätestens mit diesem Bekenntnis waren Maler und zu Malender auf einem Nenner, denn auch Rink, einstselbstRektor der Kunsthochschule hat ein gespaltenes Verhältnis zu Amtsinsignien. „Ich hätte gar nicht gewusst, wie man eine Amtskette malt.“ Als ihm die Parteioberen einst angetragen hatten, doch für die HGB eine RektorenKette fertigen zu lassen, lehnte er vehement ab. Eine Kunsthochschule und eine womöglich vor Gold strotzende Amtskette?! Das hätte ebenso wenig gepasst wie die Darstellung Professor Bigls im Stil von Altkanzler Gerhard Schröder, der sich jüngst vom Düsseldorfer Maler Jörg Immendorf als goldene Büste vor einem stilisierten Bundesadler und einer Horde Affen verewigen ließ. „Professor Bigl war ein Mann mit hoher Zurückhaltung, das habe ich zu schätzen gelernt im Lauf unserer Gespräche.“ Doch die Irritation bei Bigl blieb zunächst bestehen, als Rink nicht sogleich zu Skizzenblock und Stift griff. „Zeichnen tue ich Sie jetzt nicht. Ich guck’ Sie mir erst mal an“, hat Rink ihm entgegnet. Er fand, wie er drei Jahre später sagt, einen Mann vor, „der mir sehr viel gegeben hat. Ein Mann, der leise ist und in sich ruht, der konservativ ist, aber auch eine starke Meinung hat und sie ohne aufdringlich zu sein, bewahrt. Das findet man selten.“ Dies war es auch, das Bigl im Streit um die Neugestaltung des Campus am Augustusplatz zum Rücktritt bewogen hatte, denn er legte von Anfang an im Streit um Neubau oder Wiederaufbau der Paulinerkirche sein Amt in die Waagschale der Entscheidung. „Bigl war ein Mann, der etwas geleistet hat und trotzdem von großer Bescheidenheit war.“ Von Minute zu Minute werden in dem 66-Jährigen die Erinnerungen wach und er zieht Parallelen zu Markov. „Bigl war verrückterweise ähnlich wie Markov. Markov nannte mich immer nur Maestro und sagte: ‚Was finden Sie bloß an meinem komischen Kopf?‘“ Was Rink ihm geantwortet hat, erzählt er nicht, aber wer ihn kennt, weiß, dass er die Balance aus ambivalenten Charakterzügen des Zuhörens und Rumpelns gefunden haben wird. Schließlich schaffte er es auch, dass sich Bigl am Ende des ersten Ateliertreffens in Schleußig wohl fühlte und wieder kommen wollte. Nach seiner Operation. Bigl wusste damals schon, dass er es nicht an den Augen hat, wie der Hirnspezialist zunächst selbst vermutet hatte, sondern dass er gegen einen Tumor in seinem Kopf kämpft. Bigl kam nach langer Zeit wieder, hatte den Eingriff überstanden, aber kämpfte weiter. „Wir haben uns dann über die Krankheit unterhalten, es war ein Gespräch von Patient zu Patient“, lässt Rink durchblicken. Denn auch der Maler littund leidet wieder an Krebs. Hoffnungen und Ängste bestimmten die Unterhaltung. „Bigl war sehr gefasst, nur an den Händen konnte ich die Unruhe in ihm ablesen.“ Zu einem dritten Gespräch kam es nicht mehr. Prof. Bigl starb am 24. März 2005. Und Arno Rink hatte noch nicht einmal mit dem Auftragsporträt begonnen. Er schaute sich Dutzende von Bildern an, rang mit sich und dem Versprechen die Altmagnifizienz zu verewigen. „Das Hauptproblem war nicht die Ähnlichkeit. Sie müssen sich vorstellen, da sitzt ein Mann journal Personalia In memoriam Arno Rink malte das Porträt von Altmagnifizienz Volker Bigl (Bild unten). Fotos: Tobias D. Höhn/Marion Wenzel mit einer stattlichen Statur vor Ihnen, sieht aus wie ein Seefahrer, aber im Gespräch merken Sie, dass er überhaupt nicht offensiv ist, keine ausladenden Gesten hat, sondern sehr versammelt ist, nicht lässig, sondern hoch konzentriert und aufrecht durch und durch. All dies konnte kein Foto wiedergeben.“ Wer diese Geschichte kennt, den wird das Ergebnis umso mehr in faszinierendes Schwelgen versetzen. Die Augen – nicht bis auf das Glanzlicht perfekt wie bei manch anderem Porträt – blicken direkt in die Seele Volker Bigls. Die Farben – eine explizite Lieblingsfarbe hatte Bigl im Gespräch mit Rink nihiliert und nur gebeten von grellen Tönen Abstand zu nehmen, so dass dieser sich für Blau entschied – ziehen den Beobachter als Funksignal ins ÖlOeuvre, gehen in ein feines Grau über und unterstreichen die Klarheit und Eindeutigkeit einer Lebenshaltung. Der Körper ruht als Plastik vor dem so ausgebreiteten Hintergrund, fokussiert den Blick auf das warme Gesicht, immer kontrastiert mit der Zurückhaltung. „Rückblickend kann ich sagen, dieses Blau ist das einzig richtige. Aber vielleicht habe ich auch mehrere Farbschichten übereinander gelegt. Ich weiß es nicht mehr.“ Wichtiger als die detailgetreue Auffädelung des Entstehungsprozesses ist für Rink die Dankbarkeit, einen Mann gekannt, erlebt, begleitet zu haben. Es ist gewiss kein Bild von der Stange, das in Akkordarbeit entstand, wie es der Neuen Leipziger Schule immer wieder nachgesagt wird. Heft 2/2007 Altmagnifizenz Volker Bigl wäre dieses Jahr 65 Jahre alt geworden. Er verstarb am 24. März 2005 nach schwerer Krankheit. Dennoch ist er vielen Universitätsangehörigen und Studenten noch in lebendiger Erinnerung. Ein Porträt Bigls, von Maler Arno Rink gefertigt, hängt im Dienstzimmer von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Bigl – ein international renommierter Mediziner auf dem Gebiet der Hirnforschung – war von 1997 bis zu seinem Rücktritt 2003 Rektor der Universität Leipzig. Grund für den Rücktritt war der Streit um den Universitätscampus, in dem Bigl sich vehement für die Errichtung eines innerstädtischen Campus einsetzte und die diesbezüglichen Zusagen der sächsischen Landesregierung einforderte. 1992 zum Professor für Neurochemie berufen, war Bigl seit 1993 Direktor des Paul-Flechsig-Instituts für Hirnforschung und von 1995 bis 1997 Dekan der Medizinischen Fakultät. Zu Jahresbeginn 2004 war er zum Präsidenten der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig gewählt worden. Mit dem Namen Volker Bigls verbunden ist eine Neubelebung der alten Idee der Universitas litterarum, die den Erhalt der großen Fächervielfalt ebenso einschließt wie die Förderung neuer innovativer Entwicklungen in den angewandten Naturwissenschaften, nicht zuletzt von Biomedizin und Biotechnologie. Sein Credo war, in der Welt von heute die „Universität als verwirklichte Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden über ihren Ausbildungsauftrag hinaus wieder zur Stätte der geistigen Auseinandersetzung mit den Fragen der Zeit“ zu machen. Bigl wurde postum das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig verliehen, die seine Witwe am 25. Mai 2005 in Empfang nahm. r. 37 Heft 3/2007 Was kommt nach Mohammed? Karikaturen als Kirchenkritik S. 16 Nachdenken über die Universität – eine Serie mit Interviews und Essays Leipzig-Erfahrungen einer schottischen Chemiestudentin S. 29 Die Höhepunkte des Jubiläumsjahres – Tradition und Zukunft bestimmen 2009 ISSN 1860-6709 S. 2 S. 13 Sanskrit beim Bügeln – Die Gästehäuser der Uni S. 6 „Akademischer Ritterschlag“ für Urologie-Chef Stolzenburg S. 34 journal Vom Studium in die Selbstständigkeit Die Karriere beginnt an der Universität Dokument: Titel_Uni.pdf;Seite: 1;Format: (230.82 x 317.82 mm);Auszug: Vollfarbe;Datum: 22.May 2007 10:21:09;1 ISO coated V2 - PDF X3 zu 4c Juni 2007 EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Inhalt UniVersum Nachdenken über die Universität – Teil 1 der Serie – Interview mit Rektor Franz Häuser Gleichstellungsbeauftragte Monika Benedix: „Elite darf nicht vom Geschlecht abhängen“ Wissenschaftsministerin Stange zu Gast Sanskrit beim Bügeln und Verschwungene Eleganz – die Gästehäuser der Universität Die „Allianz“ Chile-Leipzig wächst weiter Neue Rechtschreibung verunsichert Studenten 25 Mal „Das Sonntagsgespräch“ – Gespräch mit Organisator Prof. Georg Meggle 2 4 5 6 9 10 40 Gremien Sondersitzung des Senats am 3. April Sitzung des Senats am 17. April 12 12 Jubiläum 2009 Die Höhepunkte des Jubiläumsjahres Theodor Frings’ Amtsantritt vor 80 Jahren Gesichter der Uni: Ewald Flügel 13 14 15 Forschung Karikaturen als Instrument der Kirchenkritik Sibirien – der achte Kontinent 16 17 UniCentral Ein Jahr SMILE – eine Zwischenbilanz ElePhant – Die Oma warnte vor dem Schuldenmachen „Kontakte knüpfen“, rät Prorektor Fach für einen gelungenen Berufseinstieg Was braucht der Mensch zum Unternehmer? media:port will Medienkompetenz vermitteln 19 20 21 23 25 Fakultäten und Institute Die EU zwischen Konvergenz und Divergenz 27 Studiosi Die Mitteldeutsche Jobbörse Fremdsprachige Fettnäpfchen im Imagefilm 28 30 Personalia In memoriam Carl Friedrich von Weizsäcker Redakteur verstärkt Pressestelle „Akademischer Ritterschlag“ für UrologieChef Jens-Uwe Stolzenburg Guter Geist seit 46 Jahren: Günter Paetzold Am Rande Geburtstage Habilitationen und Promotionen Impressum 32 33 34 36 31 37 37 2 Karrieresprungbrett Uni: Gründerelan fördern, realistisch bleiben Die Zahl der Studierenden ist in der Vergangenheit insgesamt gewachsen. Auch an unserer Universität, wie die Immatrikulationszahlen seit der Wende dies eindrucksvoll nachzeichnen. Doch sind Magister und Diplom, und künftig Bachelor und Master automatisch die Eintrittskarte in die langfristig Existenz sichernde Berufswelt? Eher nicht. Süffisante Schlagzeilen von taxifahrenden Ethnologen, kellnernden Soziologen kennt jeder. Klischees, die gepflegt werden – oft an der Realität vorbei und verzerrt dargestellt. Worüber kaum berichtet wird, sind die Erfolgsstorys: Vielen Absolventen liegen, bevor sie ihr Zeugnis in der Tasche haben, die ersten Arbeitsangebote auf dem Tisch. Andere haben das Forschen während ihrer Abschlussarbeit zu schätzen gelernt und setzen dies in einer Dissertation mit anschließender wissenschaftlicher Laufbahn fort. Und wieder andere wählen den Weg in die Selbstständigkeit, weil sie theoretisches Wissen wirtschaftlich gewinnbringend umsetzen wollen. Start-Ups wie media:port zur Vermittlung von Medienkompetenz oder das chirurgische Trainingswerkzeug ElePhant, eine Ausgründung aus der Universität heraus, sind nur zwei Beispiele von vielen (siehe Seite 20 und 25). Zugegeben: Die großen Unternehmen mit Dutzenden oder gar Hunderten von Mitarbeitern, wie sie in Zeiten der New Economy vorkamen, sind selten geworden. Nach einer Erhebung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung werden 60 Prozent der High-Tech-Gründungen von einem Team gegründet, das durchschnittlich drei Personen umfasst. Aber gesundes Wachstum ist sinnvoll, Maßhalten eine Tugend. Entscheidend ist, dass der Entdeckergeist weiterlebt und die Gesellschaft voranbringt. Nur so kann der Bildungsauftrag, dem wir uns nach Leibniz’ Motto „Theoria cum Praxi“ verschrieben haben, mit Leben erfüllt werden. 29 Prozent der Akademiker gründen laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau „chancenmotiviert“, 23 Prozent aus einer Notlage heraus. Hier gilt es in den kommenden Jahren anzusetzen und den Studierenden frühzeitig und im Gleichschritt mit der Veränderung des Arbeitsmarktes Perspektiven und Alternativen aufzuzeigen, wie wir dies in der Gegenwart mit zahlreichen Initiativen schon tun. Prof. Dr. Franz Häuser, Rektor der Universität Leipzig Titelfoto: Jan Woitas 1 UniVersum „Wir brauchen mehr Stipendienangebote für herausragende Studenten“ Elitebegriff als Chance für Wissenschaftsnachwuchs Herr Prof. Dr. Häuser, der Begriff „Elite“ machte in den letzten Monaten immer wieder Schlagzeilen, nicht nur in Zusammenhang mit der Eliteuniversität. Was ist für Sie Elite? Elite ist aus meiner Sicht sowohl positiv als auch negativ interpretierbar: Positiv, wenn man den Begriff Elite weit fasst und damit Leistungsstärke und Qualifikation im eigenen Beruf oder im eigenen Fach meint. Das „weit fassen“ bezieht sich dann auf einen größeren Kreis, der durch eigenes Engagement sich hier weiterentwickelt. Negativ auslegbar ist der Elitebegriff vor allem Journal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. dann, wenn damit allein eine Abgrenzungsintention verfolgt wird. Wenn beispielsweise weniger aufgrund von qualifizierten Gründen eine Elite entsteht denn aus formellen. Dies könnten ökonomische oder statusrechtliche Eigenschaften sein. Ausgehend von der ersten Definition beantworte ich Ihnen gern die weiteren Fragen. Gibt es an der Universität Leipzig Elitestudenten? Ich will sehr hoffen, dass wir Elitestudenten im positiven Sinn haben und bin auch davon überzeugt. Wenn unsere Erstsemester in diesem Studienjahr eine durchschnittliche Abiturnote von 1,88 vorweisen können, so mag dies ein Zeichen für Leistungsstärke sein. Hoch qualifizierte Studierende können sich durchaus einer Elite angehörig fühlen, einer Elite, die gestützt durch die Gesellschaft eine umfassende Ausbildung erhält und somit Wissen erwirbt, das sie in die Lage ver- setzt, gesellschaftlich relevante Probleme zu lösen. Wie stehen Sie zur Elite-Diskussion in Deutschland und was ist Ihre Meinung zur Elite- und Exzellenzinitiative der Regierung? Wer sind die Verlierer dieser Entwicklung, wer die Gewinner? Aufgrund der vielfältigen Interpretationsmöglichkeit gehe ich mit diesem Begriff sehr vorsichtig um. Was ist beispielsweise der Gegenbegriff zur Elite? Sind das die „Universitäten zweiter Klasse“ oder die übrig gebliebene undefinierte Masse. Aus meiner Sicht ist es wie meist im Leben: Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern vielfältige Nuancen und Farben. Es gibt eher Fachbereiche und Disziplinen, einzelne Studierende und Lehrende, die auf ihrem jeweiligen Gebiet im Sinne ihrer herausragenden Arbeit einer Elite angehören. Diese Bereiche an unserer Universität explizit zu fördern, das ist in unserem Sinne. Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 2. 5. 2007 ISSN 1860-6709 2 Rektor Prof. Franz Häuser: „Ein Stempel auf dem Namen der Universität allein bedeutet zumindest in Deutschland (noch) keinen Erfolg. Foto: Jan Woitas journal UniVersum Was tut die Universität, um besonders gute Studenten zu fördern? Zunächst bieten wir möglichst gute Studienbedingungen – und seit diesem Wintersemester ein Studium in den neuen Studiengängen entsprechend der BolognaVorgaben: Bachelor und Master. Besonders gute Studierende werden in aller Regel in der direkten Arbeit in den Übungen und Seminaren durch ihre betreuenden Professoren entdeckt und gefördert. Natürlich haben wir auch ein deutliches Interesse diesen herausragenden Studenten beispielsweise eine Promotion zu avisieren. Hierbei ist dann die Beratungstätigkeit der jeweiligen Betreuer gefragt, die zu- ich hier betonen möchte, dass die Aktivität für einen herausragenden Abschluss immer auch beim einzelnen Studierenden selbst liegt. Neben dem fachlichen Angebot sollte es möglich sein, wichtige Schlüsselqualifikationen für das spätere Berufsleben zu erwerben, die Stichworte sind hier: sprachliche und soziale Kompetenzen. Ist Leipzig eine gute Stadt für ein Elitestudium? Leipzig ist insofern eine gute Stadt für ein (Elite)-Studium, als wir hier eine solide Ausbildung anbieten, die Forschung mit Lehre verbindet und die das Leibniz’sche Motto: „theoria cum praxi“ praktiziert. Studierende haben hier alle Möglichkeiten, müssen aber auch bedenken, dass sie sich die Elitezugehörigkeit als außergewöhnlich gute Leistungen selbst miterarbeiten müssen. Ein Stempel auf dem Namen der Universität allein bedeutet zumindest in Deutschland (noch) keinen Erfolg. Interview: Dr. Manuela Rutsatz „ Was ist der Gegenbegriff zur Elite? Sind das die ,Universitäten zweiter Klasse‘? “ meist über Tipps verfügen, an welchen Stellen die Bewerbung um ein Promotionsstipendium sinnvoll ist. Zudem haben wir mit der Einführung der Research Academy Leipzig (RAL) ein Dach für die übergreifende Doktorandenbetreuung an der Universität Leipzig geschaffen, die in erster Linie eine Beratungsfunktion inne hat und auch Schlüsselqualifikationen beispielsweise in der Sprachausbildung anbietet. Was bräuchten Sie, um das noch besser zu tun, etwa mit Blick auf Staat, Gesellschaft, Schulbildung? Insbesondere in der Promotionsförderung brauchen wir mehr Stipendienangebote für unsere Absolventen. Im Moment erhalten wir vom Freistaat gerade einmal acht Graduierungsstipendien, das ist viel zu wenig. Was sind die wichtigsten Faktoren einer Hochschule für eine optimale Ausbildung sehr begabter Studenten? Wichtige Grundlage bildet zunächst eine solide Ausbildung während des Studiums, die Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten sowie die Art der Fragestellungen in der Wissenschaft. Studium ist immer gleichzeitig auch Selbststudium, so dass Heft 3/2007 Die Debattenkultur stärken Mit der neuen Reihe „Nachdenken über die Universität“ soll die Debattenkultur innerhalb der Universität gestärkt werden. In losen Abständen werden Autoren in Essays und Interviews über den Zustand der Alma mater reflektieren, Zukunftsszenarien aufzeichnen und Fragen aufwerfen. Den Anfang macht Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Neben Universitätsangehörigen und Studenten werden sich auch Externe an dieser Debatte beteiligen. Fragen und Anregungen dazu richten Sie bitte an [email protected]. r./Grafik: Oliver Weiss 3 UniVersum $ „Elite darf nicht vom Geschlecht abhängen“ Europäisches Jahr der Chancengleichheit – Im Gespräch mit Dr. Monika Benedix „Frauenforscherinnen stellen sich vor“ heißt ein neuer Band zur Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig. Tobias D. Höhn fragte bei Herausgeberin und Gleichstellungsbeauftragter Dr. Monika Benedix nach, wie es 2007, im Jahr der europäischen Chancengleichheit, um das Verhältnis von Mann und Frau bestellt ist. Frau Dr. Benedix, die Universität Leipzig rüstet sich für ihr 600. Jubiläum. Frauen tauchen in der Historie erst vor gut 100 Jahren auf, als ihnen als Studentinnen der Zugang gewährt wurde. Warum so spät? Deutschland war eines der letzten Länder in Europa, das jungen Frauen Zugang zum Wissen gewährte. Der Grund war, dass sie bis dahin auch keinen Zugang zum Abitur hatten. Schlusslichter waren übrigens Dresden und Berlin. Leipzig hingegen galt als fortschrittlich, hier hatte der Allgemeine Deutsche Frauenverein um Louise Otto-Peters (1819–1895) für Gleichberechtigung gekämpft. Ihr Denkmal im Leipziger Rosental erinnert noch heute an sie. Kleintierpraxis. Und die Tierärztekammer klagt, dass es für Großtiere zu wenig Ärzte gibt, vor allem auf dem Land. Zurück zum Frauenstudium. Allein der Begriff hört sich komisch an. Gibt es denn ein Männerstudium? Nein, eben nicht. Mit dem Eintritt von Frauen in die höchsten Bildungsanstalten wurde dieser Begriff geprägt. Und das zeigt auch, dass bis heute das Haus Wissenschaft von Männern geplant worden ist – so wie sie es brauchen. Vor 100 Jahren wurde das Erdgeschoss dieses Hauses von Frauen gestürmt, aber der Zugang zu nächst höheren Etagen wurde ihnen verwehrt oder sehr erschwert. Dabei sollte Elite nicht vom Geschlecht abhängen, sondern müsste sich auf bestimmte Fähigkeiten beziehen. % Und wie ist der Status Quo im Jahr 2007? Heute sprechen wir bereits von einer Feminisierung des Studiums. Frauen können ihre Studienrichtung – in der Regel dank besserer Abiturnoten als männliche Bewerber – frei wählen. Es gibt Studiengänge wie an der Veterinärmedizinischen oder Erziehungswissenschafltichen Fakultät mit weit über 80 Prozent Studentinnen. Derartige Konzentrationen sind natürlich auch nicht gut. Nehmen Sie zum Beispiel die Veterinärmedizin: Männliche Absolventen entscheiden sich häufig für eine wissenschaftliche Karriere, die Frauen für die freie Wirtschaft und damit zum Beispiel für eine 4 Können Sie Beispiele nennen? An der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät mit einem Anteil weiblicher Studierender von 84,9 Prozent gibt es derzeit eine W3-Professorin (eine zweite Position soll in Kürze von einer Frau besetzt werden).m Keine einzige Hochschullehrerin finden wir an der Juristenfakultät bei einem Anteil von 55,4 Prozent Studentinnen. Gerade mal vier Professorinnen gibt es in der Veterinärmedizinischen Fakultät. Die einzige Dekanin an unserer Universität kommt aus der Fakultät Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie. Ihr Fazit? Es dürfen nicht noch einmal 100 Jahre vergehen, bis der Anteil der Frauen in Führungspositionen 50 Prozent erreicht oder gar überschreitet. Wo sehen Sie Nachholbedarf? Eine wissenschaftliche Karriere sollte für Frauen und Männern gleichermaßen mög- lich sein, tut sie aber nicht, weil zum Beispiel Frauen mit Kindern bislang unter den bestehenden Wissenschaftsstrukturen benachteiligt sind. Wir brauchen unter anderem eine flexible Kinderbetreuung für Akademiker. Und bei der Frage nach Teilzeitbeschäftigung wird in vielen Stellen von Wissenschaft und Verwaltung häufig nur der Kopf geschüttelt. Wer sich für Teilzeit entscheidet, entscheidet sich gegen die Karriere, ist die gängige Devise. Dabei sollte der öffentliche Dienst ein Vorbild für die Wirtschaft sein. Mit Ihrer aktuellen Publikation, die Sie gemeinsam mit Stefanie Bietz verantworten, wollen Sie jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen die Möglichkeit geben, sich und ihre Forschungsergebnisse vorzustellen. Dies widerspricht in gewisser Weise Ihrem Anspruch, denn ein maskulines Pendant wäre undenkbar. Die Publikation zeichnet sich durch die Aufnahme verschiedenster Forschungsfelder und -themen aus, die aber durch zwei wesentliche inhaltliche Schwerpunkte ihre Verbindung enthalten: Die beiden geschichtswissenschaftlichen Beiträge von Julia Katharina Koch zum „Rollenverständnis mobiler Individuen in der archäologischen Fachliteratur“ sowie von Stefanie Bietz zu „Geschlechterverhältnissen in Erbvorgängen am Ende des 19. Jahrhunderts“. Sie betonen die Konstruiertheit von Geschlecht, das heißt, sie stellen die kontextabhängigen Vorstellungen über Frauund Mannsein heraus. Weitere Beiträge stellen berufliche und soziale Ungleichheiten zwischen Mann und Frau fest und zeigen auch erfolgreiche Maßnahmen zur Überwindung dieser Ungleichheiten auf. So gesehen, werden die Männer integriert und dürfen sich als Leser ebenfalls angesprochen fühlen. journal UniVersum Stippvisite auf der Großbaustelle: Sonderbauleiter Volker Kylau, Dr. Eva-Maria Stange, Finanzstaatssekretär Dr. Wolfgang Voß und Rektor Prof. Franz Häuser. Fotos: Jan Woitas Staatsministerin zwei Mal zu Gast Eva-Maria Stange besichtigt Campus-Baustelle und Veterinärmedizinische Fakultät Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange informiert sich bei Prof. Gerald Fritz Schusser über Forschung und Nachwuchsförderung in der Medizinischen Tierklinik. Heft 3/2007 Gleich zwei Mal innerhalb weniger Wochen war die sächsische Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange zu Gast an der Universität Leipzig. Anfang April informierte sie sich bei einem Rundgang über den Fortschritt der Bauarbeiten zur neuen Mensa. Begleitet von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser und Kanzler Dr. Frank Nolden genoss sie den Ausblick aus dem ersten Stock der entstehenden Mensa Richtung Moritzbastei. Ein Besuch, der auch bei Journalisten von Zeitungen, Nachrichtenagenturen, Fernsehen und Radio auf Interesse stieß. In dem Rohbau sollen spätestens Ende 2008 täglich mehrere hundert Essen über den Tresen gehen. Aber auch kritische Themen wie Bauverzug, Mehrkosten und die Pläne zur Bebauung des Paulinerkirchenareals wurden angesprochen. Rektor Häuser demonstrierte die geplante Gestaltung eines Teils des Innenraums anhand eines Modells im Rektorat. Zum Abschluss debattierte Stange im Zeitgeschichtlichen Forum mit Studenten und Hochschulmitarbeitern über den Entwurf eines neuen sächsischen Hochschulgesetzes. Nicht vergessen werden darf ihr Besuch in der Kustodie. Der zweite Ministerbesuch Anfang Mai an der Veterinärmedizinischen Fakultät war nach den Worten von Dekan Professor Dr. Karsten Fehlhaber „einmalig in unserer jüngeren Geschichte“. Die Veterinärmediziner gewährten Stange einen Einblick in wichtige Aufgaben der Einrichtung, in Forschung und Lehre und diskutierten anstehende Aufgaben wie die Studienreform, die Forschung und die anstehende Europäische Evaluierung der Fakultät im kommenden Jahr. „Als kleinste der fünf Veterinärmedizinischen Fakultäten Deutschlands stehen wir im nationalen Vergleich schon sehr gut da, aber Reserven gibt es natürlich überall“, sagte Fehlhaber. Die Fakultät hatte bei einer Umfrage zur Qualität der Absolventen voriges Jahr den ersten Platz belegt. Auch auf dem Gebiet der Nachwuchsförderung konnte über Fortschritte berichtet werden. „Besonders stolz sind wir darauf, dass sich immer mehr Nachwuchswissenschaftler zum Diplomate of the European Colleges qualifizieren“, sagte Fehlhaber. Dabei handele es sich um eine europaweit anerkannte Spezialisierung von Fachtierärzten auf höchstem Niveau. Tobias D. Höhn www.vmf.uni-leipzig.de 5 UniVersum Sanskrit beim Bügeln Fulbright-Professor Johanningsmeier wohnt mit seiner Familie für ein Jahr unter dem Dach der Uni Gemeinsam mit seiner Frau Gina und seinen drei Kindern Emma (10), Grace (7) und Andrew (5) wohnt der amerikanische Fulbright-Professor Charles Johanningsmeier ein Jahr lang im Gästehaus in der Ritterstraße 12. Wie fühlen Sie sich in diesem Gästehaus in der Ritterstraße mit seinem besonderen Charme, der manchmal an „frühere Zeiten“ erinnert? C. und G. Johanningsmeier: Es ist wundervoll. Wir können uns gar nicht daran erinnern, wie oft wir schon gesagt haben, welches Glück wir haben, hier im Zentrum der Stadt mit Blick auf die Nikolaikirche wohnen zu können. Von hier aus können wir überall zu Fuß gehen, fünf Minuten zur Oper, zum Gewandhaus oder auf den Markt. Es ist ein phantastischer Ort für Gastprofessoren, hier an diesem historischen Ort zu leben. Alles ist so schön renoviert und eingerichtet, und die Menschen hier im Hause sind alle so freundlich. Hat der geschichtsträchtige Ort vis-à-vis der Nikolaikirche für Sie eine besondere Bedeutung? Es ist sehr inspirierend für uns gerade an diesem Ort zu sein, wo die ostdeutschen Menschen eine friedliche Revolution, ganz ohne Waffen, begonnen haben. Wir erziehen auch unsere Kinder dazu, Probleme friedlich zu lösen, gerade deshalb bedeutet die Nikolaikirche viel für uns. Es ist wundervoll, dass diese Kirche wirklich „offen für alle ist“, und so gehen wir oft mit den Kindern hin, zum Reden mit anderen Menschen oder, um einen Kaffee zu trinken. Das kann man alles im Hinterhaus der Nikolaikirche tun. Was ist für Sie der Unterschied zu einer herkömmlichen Mietwohnung? Es ist sehr schwierig, in Leipzig eine möblierte, bezahlbare Wohnung für eine Dauer von nur einem Jahr zu finden. Wir haben lange vergeblich gesucht, eine Agentur eingeschaltet, die uns sofort 5.000 Euro (Provision, Kaution zwei Monatsmieten) gekostet hätte. Das wäre für uns unbezahlbar gewesen. Als wir schon ziemlich niedergeschlagen waren und der Semesterbeginn kurz bevorstand, kam das helfende Angebot der Universität. Außerdem ist wirklich alles an Einrichtung da, und wir haben uns auf Anhieb zu Hause gefühlt. Für einen ausländischen Gastprofessor wie mich ist es wichtig, in einem anderen Land unterrichten und forschen zu können. Ich werde diese wunderbaren Voraussetzungen hier in Leipzig der Fulbright-Kommission be- Die Familie schätzt das Ambiente, die Zentralität und den Blick aus dem Fenster. „Das ist besser als Fernsehen“, sagt Gina Johanningsmeier. Foto: Randy Kühn 6 richten und meinen Kollegen zu Hause empfehlen. Das beste am Haus ist, dass man auf Schritt und Tritt interessante Menschen trifft. So zum Beispiel vorhin beim Bügeln (Herr Johanningsmeier!) im Bügelraum, als mir ein netter Hausbewohner aus Indien aus der zweiten Etage ganz viel über seinen Forschungsschwerpunkt Sanskrit erzählte, aber auch bei Feiern im Gästehaus Werner Heisenberg haben wir uns mit anderen Gästen aus verschiedensten Ländern und natürlich auch mit Leipzigern angefreundet. Unsere Tochter Emma (10) übt dort immer Klavier auf dem herrlichen Blüthner Flügel. Auch den Club 2009 finden wir prima, so konnten wir auch die Villa Tillmanns kennenlernen und viele interessante Menschen aus der Uni treffen. Und wie fühlt ihr Kinder euch in Leipzig? Dürft ihr auch eure Schulfreunde mit ins Gästehaus bringen? Emma (10): Meine Schule, die WilhelmBusch-Grundschule, finde ich toll. Es ist schön, Deutsch zu lernen und die anderen Kinder verstehen zu können. Wir hatten bisher immer soviel zu tun, dass wir es noch nicht geschafft haben, unsere Freunde aus der Schule einzuladen, aber wir haben einen Spielnachmittag mit den Schulfreunden im Gästehaus geplant. Grace (7): Ich finde es schön, dass unsere Wohnzimmerwand orange ist. Das ist so gemütlich und außerdem duftet es immer so toll nach indischem Essen aus der Wohnung nebenan; wir durften auch schon kosten. Andrew (5): Ich mag Gwyll aus Australien, das ist mein Freund aus dem Gästehaus IBZ Werner Heisenberg, der auch fünf ist. Und ich liebe die Straßenbahn in Leipzig, die gibt es zu Hause nicht. Gina Johanningsmeier: Die Kinder haben hier noch nie Fernsehen geschaut, weil sie lieber aus dem Fenster gucken. Es gibt einfach zuviel zu entdecken aus unserem Fenster. Interview: Annemone Fabricius journal UniVersum Verschwungene Eleganz und ein Eichhörnchen Wie viele Ecken, wie viele Erker hat diese verwinkelte Villa eigentlich? Dies zu zählen, ist gar nicht mal so einfach. Umwandert man nämlich das – mehr runde als hohe – Gebäude, den Blick in steter Konzentration auf den Mittelpunkt des Zirkels, kann einem leicht schwindelig werden. Auch wird die Aufmerksamkeit beim Zählen abgelenkt von den hübschen Säulen und verspielten Bögen, die die im italienischen Landhausstil errichtete Villa zieren. Erschwerend kommt schließlich hinzu, dass man sich bei der Umrundung seinen Weg durch eine verwunschene Baumlandschaft bahnen muss. Überhaupt die Bäume. Am ersten Morgen, unmittelbar nach dem Aufwachen, blickte ich aus dem dreiflügeligen Fenster meines großräumigen Zimmers. Etwa einen Meter von der Glasscheibe entfernt saß auf einem dicken Ast ein kleines Eichhörnchen, das ähnlich müde zu sein schien wie ich. Gedanklich freundeten wir uns miteinander an. Oft beobachte ich das Hörnchen in den Bäumen, während ich am tollen, weil: großen, schweren Schreibtisch über meinen Notizen brütete (ordinäre Hotels verzichten bisweilen auf dieses – in manchen Kreisen offenbar entbehrliche – Möbelstück).m Etwa genau so oft entschärfte ich den Blick und sah durch die Baumlandschaft hindurch auf das monumentale Bundesverwaltungsgericht. Ein Prachtgebäude, das schon mehrere politische Systeme überlebt hat. Wenige Meter daneben: die frisch renovierte Universitätsbibliothek und das äußerst belebte Geisteswissenschaftliche Zentrum der Universität. Besonders den kurzen Weg dorthin mochte ich, quer durch das Musikviertel, vorbei an alten Villen und modernen Kunsthochschulen, akustisch begleitet von den Blas- und Streichübungen junger Musikhochschüler. Die Stärken der Villa Tillmanns sind damit bereits skizziert. Äußerlich besticht die Villa durch verwunschene Eleganz, innerlich durch geräumigen Komfort. Ihre Lage ist zentral, die Nachbarschaft exquisit (neben Gericht und Uni sei auch die US-Botschaft erwähnt, deren die Wächterstraße passierenden Wächter einem auch nachts Heft 3/2007 Die Gästehäuser der Universität um drei ein Gefühl der kontrollierten Sicherheit geben, den Taxifahrer allerdings Umwege bescheren). Das Personal der Villa ist freundlich, was mir einmal zugute kam, nachdem ich in einem Leipziger Studentenkeller versackt war und dennoch mittags noch ein handverlesenes Frühstück aufgetischt bekam.m Wegen meiner journalistischen und akademischen Tätigkeit komme ich recht viel herum. Allein in der Woche vor Leipzig habe ich in Hamburg, Göttingen, Braunschweig und in einem kleinen Kaff an der Nordsee genächtigt. Nirgendwo, und das ist keine Schmeichelei, habe ich mich so wohl gefühlt wie hier in dieser fast 110 Jahre alten Villa, mitten im mitunter durchaus hektischen und bauchaotischen Leipzig. Nirgendwo war ich so zentral logiert und zugleich so idyllisch und abgeschieden. So kam ich tatsächlich mal wieder in Ruhe zum Nachdenken – und zum Eichhörnchenbeobachten. Michael Schlieben Die Universität Leipzig verfügt über drei Gästehäuser mit insgesamt 98 möblierten Zimmern und Wohnungen, die vom Verein Akademisches Begegnungszentrum Leipzig e.V. bewirtschaftet werden. Die Häuser sollen Gästen der Universität und der Leipziger Max-Planck-Institute aus dem Inund Ausland kurz- oder mittelfristig eine Herberge in Leipzig bieten, ohne dass sie sich durch das Dickicht des lokalen Wohnungsmarktes quälen müssen. Die Villa Tillmanns ist gleichzeitig Tagungs- und Konferenzzentrum der Universität und bietet im Erdgeschoss zwei repräsentative Konferenzräume und ein ausladendes Foyer. In den Obergeschossen befinden sich 17 Gästezimmer unterschiedlicher Größe. Die Ritterstraße in Nachbarschaft des Rektorats bietet auf sechs Etagen 58 möblierte Ein- und Dreiraumwohnungen, von denen einige kurzfristig vermietet werden, die Mehrzahl jedoch von Gästen genutzt werden, die mindestens ein Semester bleiben. Darunter sind zahlreiche ausländische Gastprofessoren, teilweise mit ihren Familien. Das neueste und modernste Haus, das die Alexander von Humboldt-Stiftung innerhalb des Sonderprogramms Gästehäuser für Universitäten in den neuen Bundesländern erbauen ließ, befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedenspark und nennt sich Internationales Begegnungszentrum Werner Heisenberg. Seit 1998 stehen 24 möblierte Wohnungen inklusive Seminar- und Freizeiträume ausländischen Gästen zur Begegnung offen.m Da die Nachfrage nach Zimmern ungebrochen groß ist, empfiehlt sich eine rechtzeitige Reservierung. r. www.unileipzig.de/ ~abz Michael Schlieben, geboren 1979, schreibt regelmäßig für „Die ZEIT“ und ist Lehrbeauftragter der Universität Göttingen. Jüngst verbrachte er drei Nächte in der Villa Tillmanns für eine Leipzig-Reportage. Das Gästehaus „Villa Tillmanns“. Foto: J. Woitas In der April-Ausgabe von „ZEIT Campus“ zeichnet Michael Schlieben sein persönliches Leipzig-Porträt. Repro: R. Kühn 7 UniVersum Gymnastikhalle saniert Die für 1,1 Millionen Euro grundlegend sanierte Gymnastikhalle der Sportwissenschaftlichen Fakultät kann jetzt wieder genutzt werden. Gymnastinnen führten vor, was in der in den 1950er Jahren erbauten Halle jetzt alles möglich ist. „Die Sportwissenschaftliche Fakultät nutzt die Gymnastikhalle bereits seit Ende März diesen Jahres“, sagte Professor Dr. Jürgen Krug. „Vorrangig wird die Halle für die studentische Ausbildung im Bereich Rhythmische Sportgymnastik/Gymnastik/Tanz genutzt. In den Abendstunden bietet das Zentrum für Hochschulsport verschiedene Kurse wie Pilates, Rückenschule, Yoga Modern Dance und Jazzdance an. Außerdem trainieren junge Nachwuchssportler im Leistungszentrum in dieser Halle.“ B. A./Foto: Jan Woitas Spitzenforschung fürs Publikum – Buchmessebilanz Gut 20 sehr gut besuchte Veranstaltungen zu Schwerpunkten der Forschung und mehr als 250 Buchveröffentlichungen des Vorjahres machten die Leipziger Buchmesse zu einer gelungenen Veranstaltung auch für die Universität. Anders als in Vorlesungen und Seminaren waren die Wissenschaftler vor die Herausforderung gestellt, komplexe Sachverhalte knapp und verständlich zu erklären. Schulkinder und Familien blieben stehen, schnappten Sätze auf, nahmen Platz. Dabei erschloss sich nicht jedes Thema dem Laien sofort. Professor Rainer Verch vom Institut für Theoretische Physik erklärte beispielsweise, dass Zeitmaschinen durch ungewöhnliche Energieverteilungen durchaus denkbar und prinzipiell möglich erscheinen. Die Wahrscheinlichkeit für die Realisierung dieser Umstände jedoch gering sei. Und er stellte dies nicht nur als Überlegung vor, er rechnete es vor und gab dem Publikum einen tiefen Einblick in die Möglichkeiten und Anwendungsgebiete von Mathematik in den exakten Naturwissenschaften, einem der Forschungsprofile der Universität. Andere Veranstaltungen, wie die Vorstellung der Wirbeltiernetzhaut und ihrer faszinierenden Anpassungsleistungen in der 8 Ob schwarze Löcher oder Wirbeltiernetzhaut: Die rund 20 Veranstaltungen der Buchmesse-Akademie war stets gut besucht. Foto: Tobias D. Höhn Evolution durch Professor Andreas Reichenbach, waren greifbarer. Eben weil die Biologie mit oftmals beeindruckenden Bildern und Filmen farbig darstellen kann, was ein Mathematiker nur mit einer Reihe von Zahlen zu zeigen imstande ist. Die Buchmesse-Akademie ist eine Herausforderung für die Vortragenden und das Publikum. Anja Landsmann journal UniVersum Weiterer Baustein der „Allianz“ Chile-Leipzig IAFSL setzt Lateinamerika-Initiative fort Von links: Wissenschaftsattaché Dr. Alejandro Ormeño, Rektor Prof. Franz Häuser, Botschafterin Marigen Hornkohl, Prof. Alfonso de Toro und Konsul Roberto Ruiz. Das Ibero-Amerikanische Forschungsseminar der Universität Leipzig (IAFSL) hat die voriges Jahr ins Leben gerufene Leipziger Lateinamerika-Initiative fortgesetzt, dieses Mal mit dem Schwerpunkt Chile. Zur Eröffnung der Veranstaltungen kamen hochrangige Gäste aus Chile wie Botschafterin Marigen Hornkohl, Konsul Roberto Ruiz, Vertreter des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD), der Leipziger Buchmesse und Uni-Angehörige in den Alten Senatssaal. „Ihr Land, Exzellenz, wie im übrigen auch das unsere, ja ganz Europa, befindet sich in einem tiefgreifenden Reformprozess“, sagte Rektor Prof. Dr. Franz Häuser an die Adresse der chilenischen Botschafterin. Und weiter: „Was die chilenischen Universitäten betrifft, so ist uns Ihr großes Interesse an den Themen Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung sowie am Bologna-Prozess bekannt.“ Dass Chile zum wiederholten Mal einen Schwerpunkt an der Alma mater bildet, zeige auch das Interesse, „uns systematisch mit ausgewählten Ländern zu befassen, und somit eine langfristige Zusammenarbeit zu ermöglichen“, schloss Häuser. Auf den Besuch des damaligen Präsidenten Lagos (2004) folgten der Besuch der amtierenden Präsidenten Bachelet (2006) und ein von Prorektor Holländer organisiertes Heft 3/2007 „immer stärker und tiefer“ werde, „weil wir gemeinsame Interessen und Ziele teilen“. Die Anwesenheit von bedeutenden chilenischen Schriftstellern, aber auch Wissenschaftlern aus dem Bereich Biotechnologie und Städtebau sowie Architektur untermaure dies. Die Veranstaltungen während der Buchmesse mit Themen wie „Chilenische Universitäten im 21. Jahrhundert“ oder „Kulturelles Erbe/Welterbe Valparaiso“ wurden in Zusammenarbeit mit der BuchmesseAkademie der Universität Leipzig, der Botschaft Chiles in Deutschland, dem chilenischen Auswärtigen Amt und dem chilenischen Kultusministerium, dem DAAD, dem Kuratorium Haus des Buches e.V., der Leipziger Buchmesse und dem IberoAmerikanischen Institut PK Berlin durchgeführt und unter anderem von der Vereinigung der Förderer und Freunde der Universität Leipzig e.V. unterstützt. Ziel war es, die Beziehungen zu Chile zu intensivieren und mit konkreten Aktivitäten und Programmen langfristig zu fördern. Tobias D. Höhn Energieforum, ermöglicht dank der Initiative von Konsul Ruiz. Der Direktor des Ibero-Amerikanischen Forschungsseminars der Universität Leipzig, Prof. Dr. Alfonso de Toro, betonte die inhaltliche Ausrichtung: „Es ist eine erklärte und inzwischen bekannte bildungspolitische Strategie des IAFSL, das ursprünglich als eine literatur- und kulturwissenschaftliche Einrichtung entstand, die Lateinamerika-Kompetenz in Leipzig, eingebettet in einem transdisziplinären, internationalen und hoch vernetzten Rahmen, breit zu fördern und so mit einem Kontinent, der oft aus dem deutschen öffentlichen Interesse zu verschwinden scheint, langfristige Strategien zu entwickeln.“ Die Botschafterin der Republik Chile in Deutschland, Marigen Hornkohl, würdigte die „Allianz“ Die chilenische Botschafterin Marigen Hornkohl war gemeinzwischen ihrer Hei- sam mit weiteren hochrangigen Vertretern ihres Landes Gast Fotos: Jan Woitas mat und Leipzig, die der Universität. 9 UniVersum Die Reform mit Tücken Die neue Rechtschreibung ist auch im universitären Alltag angekommen – Studenten verunsichert Von Dr. Hannelore Poethe, Institut für Germanistik Kaum ein sprach(wissenschaft)liches Wissenschaftsbetriebes unterschiedliche stellen. Andererseits sind in der wissenThema hat in den letzten rund zehn Jahren Erwartungen erfüllen müssen: nach neuer, schaftlichen Korrespondenz und bei Veröffür so viel Unruhe und kontroverse Diskus- aber eben mitunter auch noch nach alter fentlichungen zum Teil auch noch Vorgaben einzuhalten, die den früheren sionen gesorgt wie die deutsche Recht- Rechtschreibung. schreibung und ihre mehrfache Reformie- Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ war Schreibregeln und der Tradition verpflichrung. Zwar sind nach dem Beschluss der bis Ende 2006 die letzte Medienbastion mit tet sind. Kultusministerkonferenz im März 2006 alter Rechtschreibung. Wer einen Gast- Studierende sind oft unsicher, welche und dem Inkrafttreten der Regeländerun- beitrag oder Leserbrief verfasste, musste Rechtschreibung von ihnen bei wissengen vor einem halben Jahr hitzige Diskus- zurückdenken und zum Beispiel das tra- schaftlichen Haus- und Examensarbeiten sionen Ruhe und Gelassenheit gewichen, dierte ß stattss nach kurzem Vokal verwen- erwartet wird. Im Zweifelsfalle ist es ratsam, sich vorher bei der Betreuerin oder doch Unsicherheiten und Vorbehalte be- den. herrschen weiterhin den Alltag – auch an Bei den Lehrenden und Studierenden sieht dem Betreuer zu vergewissern. Ungeachtet das Bild heute weniger einheitlich aus. Die persönlicher Einstellungen und Vorlieben den Hochschulen. Im Bereich der öffentlichen Einrichtungen Studierenden, auch die ausländischen, sind sollten Lehrende bei ihrer Entscheidung bedenken, dass die gibt es verbindliche künftige Praxis der Anweisungen, an die Studierenden von ihsich die Schreibenden nen die Beherrzu halten haben, wenn schung der neuen Resie im institutionellen geln verlangt. Bei Rahmen SchriftstüLehramtsstudenten cke verfassen. Die versteht sich das von Mitarbeiter in der hieselbst. Aber auch in sigen universitären vielen anderen BereiVerwaltung haben chen, wie in den Mesich seit der Einführung der Neuregelung dien, in der Wirtin zahlreichen interschaft und in der Vernen Fortbildungsverwaltung, wird keine anstaltungen sowie „private“ Rechtim Selbststudium schreibung praktigründlich mit der ziert, sondern verneuen Rechtschreinünftigerweise die bung und den inzwiamtliche Regelung schen erfolgten Überangewandt. Man erweist also den Stuarbeitungen vertraut gemacht. War an- Hitzige Diskussionen, verbindliche Anweisungen, große Unsicherheit. Anstatt eines dierenden einen Bärendienst, wenn man fangs sicher noch öf- Königsweges einigte man sich bei der Rechtschreibreform auf Kompromisse. Foto: Tobias D. Höhn sie direkt oder inditer der Griff zu einem rekt zur Anwendung aktuellen Rechtschreibwörterbuch nötig, sind den meisten in der Mehrzahl schon mindestens seit der alten Rechtschreibung auffordert. inzwischen häufig gebrauchte neue Schrei- 1998, viele schon seit 1996, im Deutschun- Es soll nicht verschwiegen werden, dass bungen wie dass, nummerieren, Justizia- terricht mit der Neuregelung vertraut auch nach der letzten Überarbeitung keine riat, potenziell, im Voraus, im Allgemeinen, gemacht worden. Wer dagegen in seiner Rechtschreibung vorliegt, die allen Erwarim Wesentlichen, des Weiteren, das Fol- Schulzeit die „alte“ Rechtschreibung er- tungen und Wünschen gerecht wird. Die gende, 14-täglich, und Ähnliches/u. Ä. lernt und darin mehr oder weniger große Reformkommission hatte frühzeitig darauf schon in Fleisch und Blut übergegangen. Sicherheit erlangt hatte, musste umlernen aufmerksam gemacht, dass es keinen „KöVerunsicherung entsteht besonders dann, und bisher normgerechte Schreibungen nigsweg“ geben könne und mitunter Komwenn die Schreibenden in der Praxis des und gewohnte Schriftbilder nun in Frage promisse nötig seien. Die Entscheidung, in 10 journal UniVersum bestimmten Fällen die allzu strikte und oft nicht nachvollziehbare Neuregelung nochmals zu überarbeiten und Schreibvarianten zuzulassen, wie es vor allem im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung geschehen ist, erfordert auch ein Umdenken in Bezug auf Schreibnormen. Man muss sich stärker daran gewöhnen, dass mehr als eine Schreibung „richtig“ sein kann. Und die Schreibung, die man selbst kennt und verwendet, kann nicht immer als alleiniger Maßstab gelten. Die Überarbeitung der Regeln hat immerhin in der 24. Auflage des Dudens zu knapp 3000 Schreibvarianten geführt. Eine „kompetente Unsicherheit“, die zum Nachschlagen in einem Rechtschreibwörterbuch veranlasst, kann also nicht schaden und ist auch kein Zeichen von Schwäche. Wer viel und professionell zu schreiben hat, weiß am besten um die Probleme und Fehlerquellen. Kommunikee wird wie andere Eindeutschungen auch nur sparsam gebraucht Welche der heute zulässigen Schreibvarianten sich durchsetzen, wird sich in der weiteren Schreibpraxis erweisen. So deutet sich zum Beispiel heute schon an, dass wohl die Schreibung graf(ie) in allen entsprechenden Wörtern vorgezogen wird (Biografie, Geografie, Orthografie usw.), dass aber ansonsten von eindeutschenden Schreibungen relativ sparsam Gebrauch gemacht wird (zum Beispiel wird wohl eher Kommuniqué als Kommunikee geschrieben). Zusammenschreibung wird sicher wieder stärker genutzt, um Bedeutungsverschmelzungen und Bedeutungsunterschiede zu verdeutlichen, wie bei sitzenbleiben, blutstillend, fleischfressend, alleinerziehend, frischgebacken(es Ehepaar). Es ist auch anzunehmen, dass das Komma wieder stärker zur übersichtlichen Satzgliederung eingesetzt wird. Die Empfehlung einer Vorzugsvariante, die der aktuelle Rechtschreibduden bei Schreibvarianten neuerdings gibt (die Wahrig-Rechtschreibung enthält sich einer Empfehlung), wird nicht ohne Einfluss auf die Schreibpraxis sein. Letztlich entscheiden aber die Schreibenden über die weitere Entwicklung im Rahmen der geltenden Regeln. Der Rat für deutsche Rechtschreibung wird auch künftig die Sprachpraxis aufmerksam beobachten und das orthografische RegelHeft 3/2007 werk im notwendigen Umfang weiterentwickeln.m Abschließend noch einige Bemerkungen zum Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen. Im Zeitalter des Computers vertrauen viele auch beim Schreiben auf die Technik. Bei der Textverarbeitung können Rechtschreibkontrollprogramme zwar eine Hilfe sein und auf Schreibfehler aufmerksam machen, die eigene Kompetenz können sie allerdings nicht ersetzen. Computerprogramme zur Rechtschreibprüfung können die eigene Kompetenz nur unzureichend ersetzen Auch richtige Schreibungen werden von der Rechtschreibkontrolle beanstandet, wenn das betreffende Wort nicht im internen Wörterverzeichnis enthalten ist. Falsche Schreibungen wie fehlerhafte Getrenntschreibungen oder Verstöße gegen die Groß- und Kleinschreibung erkennt das Programm nicht, wenn jedes Wort für sich eine mögliche richtige Schreibung darstellt: glücklicher Weise, Schall intensiv, Computer gestützt, Dank der guten Vorbereitung. Verwechslungen formähnlicher Wörter wie Referenz/Reverenz (wie heute häufig zu beobachten) oder die Falschschreibung lautlich identischer Wörter (Fond/Fonds, Stil/Stiel, Seite/Saite, wider/wieder) kann das Programm nicht verhindern. Verwechslungen der Konjunktion dass und des Relativpronomens das bei der Nebensatzeinleitung lässt die Rechtschreibkontrolle durchgehen. Und die Kommasetzung entzieht sich ohnehin der Kontrolle durch ein solches Programm. Im E-Mail-Verkehr trifft man, wie auch in der Chat-Kommunikation üblich, häufig auf durchgehende Kleinschreibung. Das entspricht zwar nicht den amtlichen Normen, kann aber als bewusste Abweichung akzeptiert werden. Das hängt von der jeweiligen kommunikativen Situation und den Beziehungen zwischen den Kommunizierenden ab. In offiziellen oder halboffiziellen Mails sollte man sich an den gleichen Schreib- und Gestaltungsnormen orientieren, die auch für den offiziellen oder halboffiziellen Brief gelten. www.uni-leipzig.de/~germ www.rechtschreibrat.com www.ids-mannheim.de Historie und Beispiele für Neuregelungen Im Jahre 1996 hatten Vertreter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz unter Beteiligung Liechtensteins sowie einiger Länder, in denen Deutsch Minderheitensprache ist, eine gemeinsame „Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ unterzeichnet. Am 1. August 1998 war die Neuregelung in Kraft getreten und hatte das bis dahin geltende amtliche Regelwerk von 1901 ersetzt. Als Übergangszeit, in der die Schreibung und Zeichensetzung nach den alten Regeln als überholt, aber nicht als falsch gelten sollte, waren sieben Jahre angesetzt worden. Anhaltende Kritik hatte dazu geführt, dass noch vor Ablauf der Übergangsfrist der Rat für deutsche Rechtschreibung eingerichtet und damit beauftragt wurde, sich noch einmal mit den strittigsten Fragen der Neuregelung zu befassen. Nach intensiver und konstruktiver Arbeit hat der Rechtschreibrat im Februar 2006 eine Überarbeitung des Regelwerkes vorgelegt, die vor allem bei der Getrenntund Zusammenschreibung, der Großund Kleinschreibung, der Zeichensetzung und der Worttrennung am Zeilenende Modifikationen vorsah. Wie vor 1996 gilt nun wieder die Zusammenschreibung bei übertragener Bedeutung (klarmachen im Sinn von verdeutlichen, schwerfallen im Sinn von Mühe verursachen). In bestimmten Fällen bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob eine Verbindung als Wortgruppe getrennt oder als ein Wort zusammengeschrieben wird (allein erziehend/alleinerziehend, allgemein bildend/allgemeinbildend). Adjektive, die mit dem folgenden Substantiv einen Gesamtbegriff bilden, können, wenn es dem Schreibgebrauch entspricht, auch großgeschrieben werden (Kleine Anfrage, Öffentlicher Dienst). Einzelvokale am Wortanfang oder am Wortende werden nicht mehr abgetrennt. Nicht verbindlich ist die amtliche Regelung weiterhin für den privaten Schreibgebrauch. Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, die Medien und Verlage haben sich in den letzten Jahren weitgehend der Neuregelung angeschlossen. Dr. Hannelore Poethe 11 Gremien Sondersitzung des Senats am 3. April 1. Der Senat stimmte in geheimer Abstimmung zu, den Antrag für das Exzellenzcluster Felix Klein Center for Mathematical Siences and their Application im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder einzureichen. Der Antrag hat die mathematische Forschung in den exakten Naturwissenschaften zum Gegenstand. Beteiligt sind Wissenschaftler aus der Mathematik, der Theoretischen Physik und der Informatik. 2. Der Senat stimmte in geheimer Abstimmung zu, dass der Antrag für die Graduiertenschule Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects (BuildMoNa) im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder eingereicht wird. Die Graduiertenschule konzentriert sich im Rahmen der Research Academy Leipzig zur strukturierten Doktorandenausbildung auf die interdisziplinäre Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern auf der Basis fachübergreifender Forschung. Beteiligt sind Wissenschaftler aus der Chemie, den Biowissenschaften, Experimentellen Physik, und der angewandten Mathematik. 3. Der Senat erörterte die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes. Prof. Dr. Franz Häuser Dr. Bärbel Adams Rektor Pressereferentin Sitzung des Senats am 17. April 1. Der Senat stimmte in geheimer Abstimmung dem Antrag auf Verleihung des Titels „außerplanmäßiger Professor“ zu für PD Dr. Matthias Middell, Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie, sowie Dr. Kerstin Popp, Erziehungswissenschaftliche Fakultät. 2. Der Senat befürwortete in geheimer Abstimmung die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Theologische Fakultät an den Pfarrer i.R. Ralf Thomas. 3. Der Senat beschloss die Ordnung des Zentrums für Internationale Wirtschaftsbeziehungen. 4. Prof. Günther Wartenberg berichtete dem Senat über die Arbeit der Senatskommission zur Erforschung der Universitätsgeschichte im Zusammenhang mit dem Universitätsjubiläum 2009. 5. Der Senat erörterte die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes und verständigt sich auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe. 6. Der Senat beschloss die Immatrikulation in den Masterstudiengang Geschichte und Theologie des Christentums im Studienjahr 2007/2008 auszusetzen. 7. In geheimer Abstimmung wählte der Senat Dr. Michael Beyer, Theologische Fakultät, als Beauftragten für Studenten mit Behinderung. 8. Der Senat bestellte Prof. Pirmin Stekeler-Weithofer, Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie zum ständigen Gast der Senatskommission Lehre/Studium/Prüfungen. 9. Der Senat bestätigte den Vorschlag für Zulassungszahlen und Zulassungsbeschränkungen für das Akademische Jahr 2007/2008. 10. Der Senat beschloss die folgenden Studiendokumente: Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften: Änderungssatzung zur Studienordnung für den Masterstudiengang Klassische Antike, Geschichte und Literatur; Eignungsfeststellungsordnung für den Masterstudiengang Konferenz- 12 dolmetschen Arabisch; Änderungssatzung zur Studienordnung für den Masterstudiengang Kunstpädagogik; Eignungsfeststellungsordnung für diesen Studiengang. Philologische Fakultät: Änderungssatzung zur Studienordnung für den polyvalenten Bachelorstudiengang mit dem berufsfeldspezifischen Profil Lehramt an Grund-, Mittel und Förderschulen sowie Höheres Lehramt an Gymnasien; Kernfach Sorbisch; Änderungssatzungen zur Prüfungsordnung und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Sorabistik sowie Eignungsfeststellungsordnung für diesen Studiengang; Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft sowie Eignungsfeststellungsordnung für diesen Studiengang; Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Amerikastudien sowie Eignungsfeststellungsordnung für diesen Studiengang. Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie: Eignungsfeststellungsordnungen für die Masterstudiengänge Communication Management, Journalistik, Hörfunk, Logik. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät: Eignungsfeststellungsordnung für den Masterstudiengang Urban Management. Sportwissenschaftliche Fakultät: Änderungssatzungen zur Prüfungsordnung und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Sportmanagement. Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie: Änderungssatzungen zur Studienordnung und Eignungsfeststellungsordnungen für die Masterstudiengänge Biologie und Biochemie. Fakultät für Physik und Geowissenschaften: Prüfung- und Studienordnung sowie Eignungsfeststellungsordnung für den Masterstudiengang Geowissenschaften: Umweltdynamik und Georisiken. 11. Der Senat erörterte den Sachstand der Einführung der Software HIS-LSF. Prof. Dr. Franz Häuser Dr. Bärbel Adams Rektor Pressereferentin journal Jubiläum 2009 Höhepunkte des Jubiläumsjahres Tradition und Zukunft bestimmen 2009 Die Planungen für die Jubiläumsfeierlichkeiten werden konkret: Von Mai bis September 2009 will die Hochschule mit zahlreichen Veranstaltungen, Ausstellungen und Projekten auf sich aufmerksam machen. Diese Zeitspanne wurde in Anlehnung an die Gründung der Universität im Jahr 1409 gewählt, die sich vom Auszug deutscher Studenten und Professoren aus der Prager Karls-Universität im Mai bis zur feierlichen Eröffnung der Universität am 2. Dezember 1409 vollzogen hatte. Auf diesem Fundament der großen wissenschaftlichen und bildungsgeschichtlichen Tradition der Leipziger Hochschule wird das Jubiläumsprogramm einen umfassenden Blick auf die Universität als gleichermaßen weltoffene und zukunftsorientierte Einrichtung für Forschung und Lehre gewähren. Die Höhepunkte des Jahres im Überblick: Eröffnung: Nur eine Universität kann für sich in Anspruch nehmen, dass Johann Sebastian Bach für sie Auftragsmusiken geschrieben hat – die Universität Leipzig. Im Rahmen eines Eröffnungskonzertes am 9. Mai 2009 werden unter anderem die als „Festmusiken zu Leipziger Universitätsfeiern“ gesammelten Werke des ehemaligen Thomaskantors aufgeführt und so die enge Verbindung des großen Musikers zur Universität hervorgehoben. Jubiläumsausstellung „Erleuchtung der Welt“: Die zentrale Bedeutung, die man der Wissenschaft und der Bildung heute zumisst, geht auf die Epoche der Aufklärung zurück. In keinem Zeitraum war Mitteldeutschland und Sachsen in diesem Bereich auch international wichtiger als damals. Mit der Jubiläumsausstellung „Erleuchtung der Welt“ wird diese Epoche ins Blickfeld gerückt. Die zusammen mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und der Stadt Leipzig konzipierte Schau wird von Mai bis Dezember 2009 im Alten Rathaus zu besichtigen sein. Heft 3/2007 Vernetzung: In einer gegenwartsbezogenen und zukunftsorientierten Perspektive wird die Uni als Forum des Wissenschaftsstandortes und als kommunaler Standortfaktor mit Blick auf den innerstädtischen Campus im Sommer 2009 durch Stadtfest, Bachfest, Internationale Studentische Woche und Hochschulsport-Europameisterschaften präsentiert. 20 Jahre Friedliche Revolution: Die „Friedliche Revolution“ jährt sich 2009 zum 20. Mal. Außerhalb Leipzigs findet sich in Deutschland kein Ort, der so authentisch für dieses Ereignis steht. Das Jubiläumsjahr 2009 beschäftigt sich daher in zahlreichen wissenschaftlichen Projekten mit 1989. Festwoche: Mit einer Festwoche vom 30. November bis zum 5. Dezember 2009 enden die Feierlichkeiten zum 600-jährigen Jubiläum der Universität Leipzig. Am 2. Dezember 2009 soll der Festakt im Paulinum am neuen Campus Augustusplatz stattfinden. Erwartet werden hochrangige Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft des In- und Auslandes. Am Abend wird ein Universitätsball stattfinden. Neben den Universitätsmusiktagen und den Kongressen „Was ist Kritik heute?“ und „Ökonomisierung des Wissens“ ist anlässlich des Jubiläums auch die Vorstellung der Bände zur Universitätsgeschichte und die Überreichung einer Sonderbriefmarke sowie einer Jubiläumsmünze geplant. Zusätzlich zu diesen Programmhöhepunkten werden sich die Fakultäten und Einrichtungen der Universität Leipzig im Jahr 2009 mit Fachtagungen, Ausstellungen, kulturellen Veranstaltungen, Ringvorlesungen und vielem mehr einbringen und so die Vielfalt der Volluniversität präsentieren. Das Jubiläum wird unter dem bewährten Motiv „Aus Tradition Grenzen überschreiten“ stehen. Birte Fähnrich Uni-Jubiläumsmünze Wettbewerb für Münz-Motiv Die Universität Leipzig bekommt als eine der wenigen Hochschulen Deutschlands eine Jubiläumsmünze. Damit würdigt auch der Bund die Bedeutung der vor 600 Jahren gegründeten Alma mater Lipsiensis. Die Entscheidung für das Motiv der 10Euro-Münze steht bisher noch aus. In einem Wettbewerb werden 30 Künstler ihre Entwürfe einreichen. Dabei sind so- wohl historische Motive, die auf die Entstehungsgeschichte der Universität Leipzig verweisen, als auch aktuelle und zukunftsgewandte Gestaltungen erwünscht. Ein Preisgericht unter Beteiligung von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser und Oberbürgermeister Burkhard Jung soll in einem zweistufigen Verfahren den Sieger und damit das Motiv küren. Bereits vor zwei Jahren hatte sich die Universität für die Prägung einer Gedenkmünze im Jubiläumsjahr beim Bundesamt für Finanzen beworben. Angesichts der geringen Zahl der jährlichen Prägungen ist die Berücksichtigung der Leipziger eine besondere Ehre, die in den vergangenen Jahrzehnten nur wenigen Hochschulen anlässlich ihres Jubiläums zuteil geworden war. Im Jubiläumsjahr ist darüber hinaus eine Ausstellung zu Medaillen und Münzen der Universität Leipzig vorgesehen, in der auch die eingereichten Vorschläge Berücksichtigung finden sollen. Birte Fähnrich Zum 500. Jubiläum der Universität Leipzig anno 1909 gab es eine ZweiMark-Münze. Foto: Kustodie 13 Jubiläum 2009 Landschaft, Geschichte, Kultur, Sprache Zum Gedenken an Theodor Frings’ Amtsantritt Von Dr. Marianne Schröder und Prof. Dr. Ulla Fix, Institut für Germanistik Theodor Frings ist einer der Sprachwissenschaftler, die der Universität Leipzig internationale Anerkennung gebracht haben. Er hat mit sozialgeschichtlich orientierten Dialektuntersuchungen, mit seinem Prinzip kulturgeschichtlicher Erklärung sprachhistorischer Entwicklungen, mit der Betrachtung von Interferenzen zwischen den germanischen Sprachen und deren Nachbarsprachen und mit sprach- und sachbetonter Literaturgeschichtsschreibung – so fasst sein Schüler Rudolf Große Frings’ Hauptleistungen zusammen – einen bedeutenden Anteil an der Entwicklung der nachpositivistischen Sprachwissenschaft und der Kulturgeschichtsforschung im 20. Jahrhundert. Landschaft, Geschichte, Kultur, Sprache hängen für ihn eng zusammen. Mit seinem sich daraus ergebenden Konzept der Kulturmorphologie, kann er als bedeutender Vordenker heutiger kul- turwissenschaftlicher Ausprägungen der Sprachwissenschaft gelten. Von 1917 bis 1927 war Frings Extraordinarius und Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur in Bonn. 1927 folgte er einem Ruf auf den Leipziger Lehrstuhl, den er bis 1957 innehatte. So jähren sich in diesem Jahr sein Antritt in Leipzig zum 80. und seine Emeritierung zum 50. Mal. Noch nach seiner Emeritierung war er kommissarischer Direktor des Instituts für deutsche und germanische Philologie.m Frings hat nach Kriegsende als gewähltes Mitglied des Gelehrtenrates und Senator seinen Einfluss beim Wiederaufbau des Universitätsbetriebes geltend gemacht, wozu auch der mühevolle Neubeginn der im Luftangriff zerstörten germanistischen Bibliothek gehörte. Die Arbeit an der Universität verband er stets mit seinen Verpflichtungen an der Theodor Frings (1886–1968): In diesem Jahr jähren sich sein Amtsantritt in Leipzig zum 80. Mal und seine Emeritierung zum 50. Mal. Foto: Universitätsarchiv 14 Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, deren Präsident er 20 Jahre lang war. Obwohl seine frühen Forschungen dem Rheinland gewidmet waren, fühlte sich Frings der neuen Heimat Sachsen so eng verbunden, dass er nach 1945 Rufe nach München und Bonn ablehnte. Seit 1946 war er auch Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Dort hat er sich weitreichende Verdienste in der Wörterbucharbeit erworben, die nicht zuletzt auch deshalb so erfolgreich war, weil er mit sicherem Gespür Leipziger Nachwuchswissenschaftler in diese Projekte einband. Unter seiner Leitung wurde 1961 das Grimmsche Wörterbuch nach über 100-jähriger Arbeit abgeschlossen. Er begleitete die Arbeit an dem von Klappenbach und Steinitz herausgegebenen Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, das zum Vorbild für viele gegenwartssprachliche Wörterbücher werden sollte. An der Sächsischen Akademie begann er mit Karg-Gasterstädt 1952 die bis heute fortdauernde Arbeit am Althochdeutschen Wörterbuch. Nach dem Krieg bewirkte er, dass die Arbeit am Obersächsischen Wörterbuch (2003 erschienen), dessen Materialkorpus im Bombenangriff 1943 vernichtet worden war, wieder aufgenommen wurde. Seine Forschung bezog neben den germanischen Sprachen seit den 1930-er Jahren die sprachlichen und literarischen Verflechtungen der „Germania Romana“ mit ein, und nach 1945 beförderte er die einsetzende Arbeit an germanisch-slawischen Sprachbeziehungen. Interdisziplinäre Arbeit war für den umsichtigen Wissenschaftsorganisator eine sich aus sachlicher Notwendigkeit ergebende Selbstverständlichkeit. Von Anfang an legte er auch großen Wert auf echte wissenschaftliche Gemeinsamkeit und übertrug in seinen Projekten den Mitarbeitern hohe Verantwortung. Das beweisen die journal Jubiläum 2009 Herausgabe der von Wilhelm Braune und Hermann Paul begründeten „Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur“. An einer Stelle aus dem unveröffentlichten Briefwechsel zwischen Theodor Frings und seinem ehemaligen Schüler, dem Gymnasiallehrer und Namenforscher Henning Kaufmann, wird das Bedürfnis nach gemeinsamer Arbeit besonders deutlich. Frings schreibt am 18. September 1961 an Kaufmann: „Ich möchte, Sie wären alle 14 Tage Donnerstags bei uns und könnten in dem Kreis von ausgewählten Doktoranden, Assistenten, jungen Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern sitzen, etwa 30 an der Zahl, wo alle neueren Fragen, auch die der Ortsnamen verhandelt werden […] Gemeinschaftliche Forschungsarbeit ist bei uns segensreich gewachsen.“ Frings’ Vorlesungsspektrum war Spiegel seiner wissenschaftlichen Forschungen. Es umfasste sowohl die Lehrveranstaltungen zur Sprachgeschichte und zum Sprachatlas als auch die zur mittelalterlichen Literatur mit Heldendichtung, Spielmannsepen, Troubadourlyrik und deutschem Minnesang. Vorlesungen zu Wortbildung und Syntax waren fester Bestandteil der Lehrangebote. Den Studierenden vermittelte er über die Lehrinhalte hinaus selbst vorgelebte Ansprüche an wissenschaftliches Arbeiten, was in dem mündlich überlieferten Zitat zum Ausdruck kommt: „Bei uns gibt es kein usw., udgl.! Was wir wissen, sagen wir auch komplett.“ Seine Leistungen haben hohe Anerkennungen gefunden: Die Universitäten Amsterdam, Gent und Leipzig verliehen ihm die Ehrendoktorwürde; die DDR-Regierung ehrte ihn mit Nationalpreisen und dem Vaterländischen Verdienstorden. Er war Mitglied in etwa 15 Akademien und anderen gelehrten Gesellschaften. Frings’ moralischer Anspruch zeigt sich darin, dass er das Amt des Sekretars der philologisch-historischen Klasse, das er seit 1932 innehatte, wegen der Forderung nach Ausschluss jüdischer Mitglieder niederlegte. Frings war es auch, der – zusammen mit Franz Dornseiff als dem derzeitigen amtierenden Dekan – 1953 dafür sorgte, dass sein Schüler Peter v. Polenz das in Leipzig erworbene Doktordiplom, das ihm nach seiner „Ausreise“ in die Bundesrepublik vorenthalten werden sollte, in Marburg in Empfang nehmen konnte, dank „loyalen akademischen Widerstands“, wie von Polenz es formuliert, und trotz staatlicher Willkür. Heft 3/2007 Gesichter der Uni Ewald Flügel (1863 –1914) Foto: Universitätsarchiv Die Reihe „Gesichter der Uni“ erscheint seit April 2004 im Uni-Journal. In ihr sollen neben den berühmten „großen Köpfen“ der Alma mater auch weniger bekannte Universitätsangehörige vorgestellt werden. Dunkle Kapitel der 600-jährigen Universitätsgeschichte bleiben dabei nicht ausgespart. Betreut wird die Rubrik von der Kommission zur Erforschung der Leipziger Universitätsund Wissenschaftsgeschichte. Anregungen und Manuskripte (mit Bildvorschlägen) richten Sie bitte an: [email protected] Auf einen Blick finden Sie die „Gesichter“ im Internet unter www.uni-leipzig.de/journal/ gesichter Ewald Flügel wurde 1863 als Sohn einer anglophilen Gelehrtenfamilie in Leipzig geboren. Sein Großvater Johann Gottfried Flügel (1788 –1855) war Lector publicus des Englischen an der Universität Leipzig gewesen. Hier begann er die Arbeit an einem deutsch-englischen Wörterbuch und war auch als amerikanischer Konsul tätig. Beide Aufgaben führte sein Sohn Karl Alfred Felix Flügel (1820 –1904) erfolgreich fort. Er war mit der Amerikanerin Pauline Mencke, einer Urenkelin des Leipziger Historikers Johann Burchard Mencke, verheiratet. Schon als Kind kam Ewald Flügel also intensiv mit amerikanischem Englisch in Berührung. Das relativ neue Universitätsfach Anglistik studierte er in Freiburg und Leipzig, wo er 1881 bei dem hiesigen Lehrstuhlbegründer Richard Wülker (1845 –1910) promoviert wurde. Als einflussreicher Vertreter des wachsenden Fachs konnte dieser seinen Schülern nicht nur an deutschen Universitäten gute Karrierechancen bieten. Nach seiner Habilitation 1888 lehrte Flügel noch vier Jahre neben Wülker als Privatdozent in Leipzig, gab die erste Fachzeitschrift „Anglia“ heraus und forschte vor allem zur mittelenglischen Lexikologie. Im Umfeld der Junggrammatiker, deren Methoden später oft als rein positivistisch verspottet wurden, reifte Flügel zu einem der führenden anglistischen Sprachhistoriker. 1892 nahm er einen Ruf an die neugegründete Stanford University in Kalifornien an. 23 Jahre lang prägte er die dortige Anglistik, deren Vertretung an amerikanischen Universitäten häufiger deutschen oder in Deutschland studierten Fachvertretern überlassen war. Diese galten gerade in der Philologie als führend, kritisierten – wie Flügel – jedoch auch nicht selten die pragmatische Ausrichtung des amerikanischen Studiums und das Leistungsvermögen der Studenten. Deutschland blieb Flügel durch mehrere Reisen verbunden, zuletzt 1909, als er als Vertreter Stanfords zu den Feierlichkeiten des 500. Jubiläums der Universität Leipzig entsandt worden war. Trotz aller Lehr- und Forschungserfolge in den Vereinigten Staaten hätten aber „weder der südlich-blaue Himmel […] noch die kokette Palme dem guten Deutschen die Heimat“ ersetzen können, so ein wohlwollender Nachruf seines ebenfalls deutschstämmigen Kollegen Friedrich A. Wyneken auf den am 9. November 1914 in Palo Alto Verstorbenen. Ulf Morgenstern M. A., Historisches Seminar 15 Forschung Karikaturen als Instrument freidenkerischer Kirchenkritik Mohammed-Streit und interdisziplinäre Perspektiven Von Prof. Dr. Klaus Fitschen, Institut für Kirchengeschichte Nicht erst seit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen ist die religiöse Karikatur ein Anlass für Konflikte. Diese reichen zurück in die Reformationszeit, als die Karikatur ein Mittel der konfessionellen Polemik wurde. Die Verspottung der Kirche und religiöser Anschauungen hatte also schon eine innerchristliche Vorgeschichte, als sich die religiöse Karikatur im 19. Jahrhundert zunehmend selbstständig machte und zum Instrument kulturkämpferischer, aber auch freidenkerischer Kirchenkritik wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg gewann die religiöse Karikatur eine neue Qualität: Künstler wie George Grosz nutzten sie, um die zwielichtige Rolle der Kirchen im Krieg anzuprangern. Vor allem mit seinem Bild „Christus mit der Gasmaske“ aus dem Jahre 1928 wurde Grosz ebenso prominent Die Arbeitsgruppe „Toleranz als Ordnungsprinzip“ Vor rund einem Jahr hatte sich die Arbeitsgruppe „Toleranz als Ordnungsprinzip“ konstituiert. Sie besteht aus der Religionssoziologin Monika Wohlrab-Sahr, den Juristen Christoph Enders, Michael Kahlo und Markus Kotzur und dem Kirchenhistoriker Klaus Fitschen. Am 30./31. März veranstaltete die Arbeitsgruppe eine Tagung zum Thema „Religions- und Kirchenkritik in Kunst und Karikatur“, um auszuloten, in welche Richtungen dieses weiterentwickelt werden kann. Zur Sprache kamen dabei folgende Hauptaspekte: Die Karikatur in der Geschichte des Christentums, der Strukturwandel im (straf-)rechtlichen Schutz religiösen Empfindens, Kunstund Religionsfreiheit in der Perspektive des universellen Menschenrechtsschutzes, die Dynamik gesellschaftlicher Konflikte im Spannungsfeld von Kunst und Religion. Klaus Fitschen 16 wie umstritten. In der weltanschaulich aufgeladenen Atmosphäre der Weimarer Republik sah sich Grosz dem Vorwurf der Gotteslästerung und Kirchenbeschimpfung laut § 166 des Reichsstrafgesetzbuches ausgesetzt. Schon die Versuche, Grosz und seine Bildunterschrift „Maul halten und weiter dienen“ zu verstehen, zeigten, wie wenig handhabbar der auf die Verletzung des religiösen Gefühls bezogene Vorwurf der Gotteslästerung war. Auch liberale protestantische Kreise rieten davon ab, sich auf derart vage Kategorien einzulassen. Dass das Strafgesetzbuch (§ 166) heutzutage die vormalige „Gotteslästerung“ auf die Störung des öffentlichen Friedens durch die Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen und Gemeinschaften eingrenzt, macht die Dinge insofern etwas klarer, als damit religiöse Empfindsamkeiten nicht mehr Gegenstand der Rechtssprechung sind und andererseits die Kunstund Meinungsfreiheit einen erweiterten Schutzraum erhält.m Dies alles hat da konkrete Dimensionen gewonnen, wo im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen der 1960er und 1970er Jahre – jedenfalls in Westeuropa – die Karikatur und der Witz als Mittel der Religions- und Kirchenkritik immer mehr Verbreitung fanden. Klagen aufgrund des einschlägigen Paragraphen verliefen meistens zugunsten der Betonung der Meinungsfreiheit im Sande, und allmählich – so sah es auch der Altmeister Robert Gernhardt – stellte sich eine Koexistenz von Religion und Karikatur ein. Gernhardt und auch andere waren um so überraschter von den Weiterungen des Streits um die Mohammed-Karikaturen, ohne den wahrscheinlich auch die Kontroversen um die Serie „Popetown“ kaum solches Aufsehen gefunden hätten. Dass eines der wesentlichen Argumente in beiden Fällen die Verletzung religiöser Gefühle war und dass von allen Beteiligten für ihre Position „Toleranz“ eingefordert wurde, zeigt, dass grundlegende Fragen immer noch ungeklärt sind. Diese wären in rechtlicher, soziologischer und historischer Perspektive zu erschließen. Der frühneuzeitliche Staat versuchte das Zusammenleben der Konfessionen durch eine rigide Kontrolle zu garantieren. Moderne Gesellschaften stellen die individuelle Meinungs- und Religionsfreiheit in den Mittelpunkt. Zugleich aber zeigen Konflikte wie der um die MohammedKarikaturen, dass längst nicht mehr einzelne Staaten den Bezugsrahmen solcher Konflikte bilden und auch nicht allein Individuen von ihnen betroffen sind. Wie funktioniert also Toleranz überhaupt und inwiefern kann sie als Ordnungsprinzip Akzeptanz finden? journal Forschung Der achte Kontinent Warum Sibirien bis heute als die Wunder- und Schatzkammer Russlands gilt Von Anett Christine Oelschlägel, Institut für Ethnologie Auf der Suche nach Edelpelzen, dem so genannten „weichen Gold“ Sibiriens, verbündete sich im Jahr 1581 die Kaufherrenfamilie Stroganow mit einer Gruppe geächteter Kosaken unter der Führung des Ataman Jermak Timofejew. Zunächst unter Duldung und später im persönlichen Interesse des Zaren Iwan des Schrecklichen leiteten beide Parteien eine Kette von Eroberungszügen ein, die mit dem ersten Sieg der nur 840 Mann zählenden Kosakenschar über den Tatarenkhan Kutschum des Khanat Sibir südlich und östlich des Urals begann. Schon 60 Jahre später war die Eroberung Sibiriens weitgehend abgeschlossen, als Iwan Moskwitin mit seinen Truppen im Jahr 1639 Kamtschatka am Pazifischen Ozean erreichte. Es folgte eine Periode der Erschließung des neuen Landes, verbunden mit der Gründung von Siedlungen (ostrog) und der Ausbeutung der Bevölkerung mittels eines jährlichen Pelztributes (jasak). Der Einsatz von Feuerwaffen führte zur raschen Dezimierung der Pelztierbestände und immer wieder zu blutigen Unruhen und vergeblichen Aufständen der indigenen Bevölkerung, die gnadenlos und brutal niedergeschlagen wurden. Die Pioniere der Erforschung Sibiriens in der Aufklärung Trotz seiner Rolle als Quelle des Reichtums Russlands, blieben die Gebiete Sibiriens bis auf wenige Reiseberichte aus der Zeit um Mitte des 16. Jh. bis Anfang des 18. Jh. so fern wie unbekannt und kaum beachtet. Erst Zar Peter I. (1672–1725) und später Katharina II. (1729–1796) mit ihren Verbindungen zum aufgeklärten Europa begannen, die Vorraussetzungen für eine natur- und geisteswissenschaftliche Erforschung Sibiriens zu schaffen. Dabei nutzte Zar Peter I. unter anderem seine Kontakte nach Mitteldeutschland, wie zu August Heft 3/2007 Hermann Francke (1663 –1727), dem Gründer des Waisenhauses und der Lehrund Erziehungsanstalten in Halle (Franckesche Stiftungen) sowie zu dem in Leipzig geborenen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), die nicht nur wertvolle Anregungen gaben sondern auch Personal für eine erfolgreiche wissenschaftliche Erforschung Sibiriens empfahlen. In Halle oder Leipzig ausgebildete Wissenschaftler, wie Daniel Gottlieb Messerschmidt (1685 –1735), Gerhard Friedrich Müller (1705–1783), Georg Wilhelm Steller (1709–1746) und Peter Simon Pallas (1741–1811), gehörten zu den Pionieren der Sibirienforschung. Es fanden mehrere Expeditionen statt, die in Umfang und Logistik weltweit einmalig erscheinen: Die Forschungsreise von Messerschmidt (1719–1727), die erste Beringexpedition (1725–1730), die Große Nordische oder zweite Beringexpedition (1733–1743) unter Mitarbeit von Croyère, Gmelin, Müller, Fischer und Steller sowie die Akademischen Expeditionen (1768–1774) unter der Leitung von Pallas. Im Verlauf ihrer Forschungsreisen wirkten die Universalgelehrten und ihre zahlreichen Mitarbeiter auf den Gebieten der Astronomie, Geografie, Kartografie, Medizin, Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geschichte, Archäologie, Völkerkunde und Sprachforschung.m Die verschiedenen Herrscher und Regierungen Russlands hatten bis in die heutige Zeit nur wenig Ambitionen, die zahlreichen Schriften der Forscher veröffentlichen zu lassen, was zum einen an der ausländischen, vor allem deutschen, Beteiligung und zum anderen an der kritischen Auseinandersetzung mit der Situation der eroberten Völker lag. Aus diesen Gründen liegen die Aufzeichnungen der oben genannten Wissenschaftler nur zu einem geringen Teil in gedruckten Fassungen vor und lagern nahezu unbekannt in den Archiven Moskaus und Sankt Petersburgs. Genutzt wurde dagegen das angesammelte Wissen von Seiten der verschiedensten russischen Regierungen, vor allem für die Erschließung und Ausbeutung der wertvollen Rohstoffe dieser Gebiete bis in die heutige Zeit. Die indigenen Völker Sibiriens heute Ein charakteristisches und wohl das einzige übergreifende Kulturmerkmal der indigenen Völker des russischen Nordens, Sibiriens und des fernen Ostens ist ihre erstaunliche Anpassungsfähigkeit, zunächst an die extremen klimatischen Bedingungen in dieser Region und später an die Ein- und Übergriffe der chinesischen, tatarischen und russischen Imperien sowie der rohstoffhungrigen Industrie einer globalisierten Welt. Die einstigen Jäger, Fischer und Sammler entwickelten wohl als einziger Kulturraum der Erde – wenn auch nicht flächendeckend – in Anlehnung an die Hirtennomaden Zentralasiens die Rentierhaltung. Kombinationen aus Jagd, Fischfang, Rentierhaltung oder Hirtennomadismus wurden nicht nur zum Charakteristikum sibirischer Kulturen sondern berechtigen auch die dort lebenden Ethnien nach der russischen Gesetzgebung als so genannte „Traditionelle Wirtschaftsweisen in den Siedlungsgebieten ihrer Vorfahren“ die Bezeichnung „Indigene Völker“ zu tragen. Die häufig als „bedroht“ bezeichneten „Zahlenmäßig Kleinen Indigenen Völker“ (44 Ethnien mit zusammen etwa 200 000 Personen) dürfen als zusätzliches Merkmal nicht mehr als 50 000 Angehörige zählen. Wollen Mitglieder solcher Ethnien ihren Lebensstil der aktuellen Situation im Lande anpassen, verlieren sie den Status als Angehörige der „Zahlenmäßig Kleinen Indigenen Völker“, was auch zum Verlust schützender Privilegien führt. Zu diesen besonderen Rechten gehören unter anderem der 17 Forschung privilegierte Zugang zu natürlichen Ressourcen und die Möglichkeit der Entschädigung für die Förderung von Bodenschätzen in ihren Gebieten. Möchten sie wiederum ihre Wirtschaftsweisen beibehalten, sehen sie sich mit verschiedensten Problemen konfrontiert. Dazu gehört die wirtschaftsliberale Politik Putins, die seit 2005 Pacht oder Privatisierung von Land, Wald und Fördergebieten für Rohstoffe und damit eine Art Enteignung der Einheimischen ermöglicht. Gerade die Förderung von Bodenschätzen, wie des derzeit in den Medien präsenten Erdöls aus Westsibirien, führen darüber hinaus zu einer ökologischen Katastrophe, charakterisiert durch vergiftete Flüsse und Rentierweiden, Zwangsumsiedlung, Arbeitslosigkeit, Alkoholmissbrauch sowie Ansteigen der Krebsrate und Sinken des Altersdurchschnittsunter der einheimischen Bevölkerung. Letztere reagieren darauf mehr oder weniger erfolgreich mit der Gründung von indigenen Organisationen (zum Beispiel RAIPON) und der Knüpfung von Kontakten zu internationalen Menschenrechts- und Umweltorganisationen, die sich für mehr Selbstbestimmung der indigenen Völker auf und für ihr eigenes Land einsetzen. Ihre verblüffende Anpassungsfähigkeit sicherte den Völkern des russischen Nordens, Sibiriens und des fernen Ostens bis ins 21. Jahrhundert hinein ihr Überleben. Es bleibt diesen zu wünschen, dass sie auch der neuen Frostperiode globalisierter Rohstoffausbeutung standhalten können. Anett Christine Oelschlägel ist wissenschaftliche Bearbeiterin des DFG-Projektes „Weltwahrnehmung der Tyva im Süden Sibiriens“ und Doktorandin am Institut für Ethnologie sowie assoziiertes Mitglied des Sibirienzentrums am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle. Eroberung und Erforschung Sibiriens Vom 4. bis 10. Januar präsentierte das Institut für Ethnologie in der Villa Tillmanns die Wanderausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle „Terra incognita Sibirien“ und begleitete sie mit einem Kolloquium und Filmprogramm zum Thema „Eroberung und Erforschung Sibiriens“. Die rund 180 Gäste und die Veranstalter erhielten einen umfassenden Einblick in die bewegte Zeit der Entdeckung und Erschließung des so genannten „achten Kontinents“ sowie in die Folgen für die indigene Bevölkerung jenes dünn besiedelten Landes bis in die heutige Zeit. Unser großer Dank gilt allen Teilnehmern und Referenten, die ehrenamtlich mit ihrem Beitrag zum Gelingen der Veranstaltungen beigetragen haben. Neuer Therapiestandard bei Lymphknotenkrebs etabliert Fortschritte bei Diagnostik und Behandlung Weltweit erkranken immer häufiger Menschen an Lymphknotenkrebs. Die häufigste Unterform davon ist das aggressive Non-Hodgkin-Lymphom, das jährlich in Deutschland bei rund 4000 Erwachsenen diagnostiziert wird. Unbehandelt verläuft diese Erkrankung in kurzer Zeit tödlich.m Nachdem in der Vergangenheit eher kleine Fortschritte bei der Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms erzielt wurden, konnte in den letzten drei Jahren ein Durchbruch in der Therapie dieser bösartigen Lymphknotenerkrankung erreicht werden. Durch eine neue Kombinationstherapie aus Chemotherapie mit einem gentechnisch hergestellten Antikörper konnten die krankheitsfreie Zeit und das Überleben deutlich verlängert werden. Klinische Studien unter Leitung der Deutschen Studiengruppe für Hochmaligne 18 Non-Hodgkin-Lymphome (DSHNHL) haben maßgeblich zur weltweiten Einführung und Etablierung dieses neuen Therapiestandards in beigetragen. Exemplarisch dafür steht die von dem Onkologen Professor Michael Pfreundschuh (Homburg) und dem Medizinstatistiker Professor Markus Löffler (Leipzig) initiierte MInT-Studie, an der Kliniken aus 18 Ländern beteiligt waren. Die MInT-Studie ging der Frage nach, ob bei Patienten unter 60 Jahren mit einem günstigen Krankheitsprofil die Kombinationstherapie aus einer CHOP-Chemotherapie und dem Antikörper Rituximab einer CHOP-Standardchemotherapie überlegen ist. Die Ergebnisse zeigten eine hochsignifikante Überlegenheit der Kombinationstherapie, die in ihrer Deutlichkeit selbst für Experten überraschend war. Drei Jahre nach Therapieende war der Anteil von Patienten ohne nachweisbare Tumorerkrankung von 59 Prozent auf 79 Prozent gestiegen und es lebten statt 84 Prozent noch 93 Prozent der Patienten Die Studie wurde in Lancet Oncology Ende des vergangenen Jahres veröffentlicht. Die von den Professoren Pfreundschuh und Löffler geleitete Studiengruppe empfiehlt in Deutschland bei aggressiven B-ZellLyphomen nur noch die Kombinationsbehandlung, die allerdings sehr kostspielig ist. Angesichts der wesentlichen Verbesserung arbeitet die Studiengruppe nunmehr daran, durch geschickte Kombinationen der Arzneimittel die Erfolge weiter zu verbessern. Ein Schritt auf diesem Weg war das Studientreffen der DSHNHL vom 16. März 2007 in Leipzig. Robert Stein journal UniCentral Mit einem Lächeln in die Selbstständigkeit Ein Jahr SMILE – Eine Zwischenbilanz Von Dr. Utz Dornberger (JP) und Prof. Dr. Helge Löbler, Selbst Management Initiative Leipzig (SMILE) Mehr als 1200 Teilnehmer aus fast allen Fakultäten in nur zwei Semestern und insgesamt drei erste Plätze beim futureSAX Businessplanwettbewerb zeugen von dem bisherigen Erfolg des SMILE-Projektes. SMILE bietet seinen Teilnehmern die Lernumgebung, die sie in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, was und wie sie lernen wollen. Dabei geht es nicht primär um Wissensvermittlung, sondern bei uns steht die Persönlichkeit jedes Teilnehmers und ihre Entwicklung im Mittelpunkt, diese wollen wir stärken und entwickeln und für ein lebenslanges Lernen vorbereiten. Dafür bietet SMILE drei Module auf verschiedenen Ebenen an. Im ersten Modul (Potenziale und Fähigkeiten erkennen) lernen unsere Teilnehmer im Diskurs mit Praktikern verschiedene berufliche Alternativen kennen, die für ihr jeweiliges Fachgebiet relevant sein können. Dabei steht das Erkennen und Reflektieren der eigenen Persönlichkeit (Wer bin ich und was kann ich?) im Mittelpunkt. Ferner lernen sie erfolgreiche Persönlichkeiten und deren Wege zum Erfolg kennen. Zu den Gastrednern zählten hier unter anderem außergewöhnliche Persönlichkeiten wie Dr. Michael Kölmel, Inhaber der Kinowelt GmbH und des Zentralstadions Leipzig, Professor Dr. Yadegar Asisi, Leiter der Ausstellungen im Panometer oder Professor. Dr. Ibrahim Abouleish, Träger des Alternativen Nobelpreises 2003. Im zweiten Modul können Teilnehmer ihre Potenziale und Fähigkeiten erweitern. In interdisziplinär zusammengesetzten Lerngemeinschaften werden Schlüsselkompetenzen entwickelt, die im Berufsleben hilfreich und für eine unternehmerische Selbstständigkeit nützlich sind. Seminare zu den Themen Projektmanagement, Rhetorik, Leadership oder Kommunikationstechniken wurden aufgrund der hohen Nachfrage mehrfach angeboten. Die Aussagen „Tolle Veranstaltung, sehr praxisnah, sehr kompetente Referentin, die ganze Uni Heft 3/2007 spricht darüber“ zeigen uns, dass die Seminare sehr positiv aufgenommen werden. Im dritten Modul unseres Angebotes kann gezielt auf die Karrierewünsche der Studierenden und Mitarbeiter eingegangen werden. Denn es hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer in dieser Phase recht gut entscheiden können, ob sie unternehmerisch selbstständig werden wollen oder nicht. Damit stellt SMILE eine wichtige Vorbereitungsphase gerade für Gründungsinteressierte dar. Teilnehmer mit einer interessanten Geschäftsidee werden bei der Verwirklichung ihrer Idee unterstützt. (z. B. Augenklinik in Kamerun, innovativer Tabakanbau, Büro für Grafik und Design mit Angeboten für schlecht erschlossene Zielgruppen, Adventuretours mit Abenteuerreisen in Afrika und Asien, Mediaport mit neuen Medienpädagogischen Angeboten und vieles andere mehr). Gleichzeitig kümmern wir uns auch um eine Vielzahl freiberuflicher Gründungen in den Bereichen Kommunikation und Kunst. „Ihr seid perfekt für uns – das ist genau das was wir brauchen – bei uns muss sich nahezu jeder selbstständig machen“, urteilte der Fachschaftsrat ALuTi über unser Gründercoaching für Dolmetscher. Für Studenten der Hochschule für Grafik und Buch organisiert SMILE ein ähnliches Unterstützungsangebot beim Schritt in die künstlerische Selbstständigkeit. Anerkannte Preise zeigen, dass diese Geschäftsideen auch von anderen als tragfähig angesehen werden. So wurde die PhaCon GmbH, eine Ausgründung des Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Universität Leipzig in der ersten und zweiten Stufe des Businessplan-Wettbewerbs von futureSAX jeweils mit dem ersten Preis der Kategorie Technik ausgezeichnet. Dass SMILE-Mitarbeiter bei Gründungsfragen wirklich wissen, wovon sie reden, zeigt, dass sie mit einem eigenen Projekt beim Businessplan-Wettbewerb von futureSAX in der Kategorie Service den ersten Preis für das Konzept der Ausgründung von internationalen Weiterbildungsangeboten zur Förderung und Professionalisierung von Kleinen und Mittelständischen Unternehmen (KMU) gewinnen konnten. Trotz aller Erfolge ist die Gründungsdynamik an der Universität Leipzig noch nicht auf ähnlichem Niveau wie an vergleichbaren Hochschulen in Deutschland. Andere Universitäten verfügen schon seit einigen Jahren über Förderprogramme für Existenzgründer und konnten hierfür eine beachtliche Infrastruktur aufbauen. An der Universität Leipzig existiert mit SMILE ein solches Angebot erst seit einem Jahr und in dieser kurzen Zeit lassen sich nicht die Aktivitäten mehrerer Jahre aufholen, so dass wir weiter an der Etablierung eines „Entrepreneurial Spirit“ arbeiten müssen. Vor allem aus den an der Universität Leipzig stark vertretenen Geistes- und Sozialwissenschaften kommen noch zu wenig Gründungsprojekte auf der Basis innovativer Geschäftsideen. Wir sehen jedoch gerade in Leipzig im Dienstleistungssektor sehr gute Chancen mit neuen Konzepten erfolgreich zu sein. Zur weiteren Förderung des „Entrepreneurial Spirit“ bieten wir deshalb im Sommer den 1. Leipziger Ideenwettbewerb für Existenzgründer (LIFE) an der Universität an, um Studierende und Mitarbeiter der Universität für die Entwicklung und Umsetzung von innovativen Geschäftsideen zu motivieren.m SMILE verfügt aktuell über eine gesicherte Finanzierung bis März 2008. Wir hoffen jedoch sehr, dass die bisherige finanzielle Unterstützung durch das SMWA und der ESF, ohne die SMILE nicht existieren würde, sowie neue Unterstützer wie das BMWI im gleichen Umfang weiter unterstützen werden, so dass wir unser Ziel für 2009 – die Etablierung eines Gründerzentrums an der Universität Leipzig verwirklichen können. www.smile.uni-leipzig.de 19 UniCentral Die Oma warnte vorm Schuldenmachen Absolventen realisieren Unternehmensausgründung mit chirurgischem Trainingsinstrument ElePhant „Meine Oma hat mich schon davor gewarnt, mir nicht zu viele Schulden aufzubürden.“ Hendrik Möckel (31) lächelt, als er die kleine Episode erzählt. Seine Großmutter bezieht dabei auf einen Vorgang, der noch immer eher die Ausnahme denn die Regel ist: Der Elektrotechniker Möckel und sein Kollege Ronny Grunert (28) wagen den Schritt aus der Universität in die Selbstständigkeit. Am Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Universität Leipzig entwickelten sie innerhalb von zwei Jahren – mit Unterstützung der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde – ihr Projekt „Elektronisches Phantom zur Evaluation und zum chirurgischen Training“, kurz ElePhant. Das Simulationssystem besteht aus einem Schädelmodell, das über die USB-Schnittstelle mit dem Computer verbunden wird. „Der Arzt kann mit dem realen chirurgischen Instrument eine Operation am Schädel zunächst simulieren“, erklärte Grunert. Drohen so genannte Risikostrukturen wie Nerven oder Gefäße verletzt zu werden, wird dies dem Operateur mittels eines akustischen und visuellen Signals am Computer angezeigt. Einen ersten großen Auftritt hatten die Jungunternehmer auf einer Tagung von HNO-Fachleuten in Mannheim. „Nach einem Stromausfall hat da plötzlich ein Teil des Systems nicht mehr richtig funktioniert“, erinnern sie sich an den Schreckmoment. In ihrem Hotelzimmer reparierten sie das System, verlöteten es neu, haben es durchgemessen. Das dafür nötige Messgerät hatten sie kurzerhand in einem Baumarkt erstanden. Allen Widrigkeiten zum Trotz machten sie mit ihrem ElePhanten Eindruck, konnten das Projekt auch im kanadischen Toronto präsentieren. Schließlich entschlossen sich Grunert und Möckel, sich mit dem ElePhanten selbstständig zu machen. Auf einmal hatten sie sich mit ganz anderen als rein technischen Fragen zu beschäftigen. Ein Businessplan Hendrik Möckel und Ronny Grunert machen sich mit dem „Elektronischen Phantom zur Evaluation und zum chirurgischen Training“, kurz ElePhant, selbstständig. Foto: Jan Woitas 20 musste aufgestellt, Kontakt mit Finanziers aufgenommen werden. „Wir hatten es im Vergleich zu anderen vielleicht etwas leichter, die Banker von unserer Geschäftsidee zu überzeugen: Wir nahmen einfach unser Schädelmodell mit und die Leute in der Bank konnten selbst fräsen“, erzählt Möckel schmunzelnd. „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte und ein Objekt mehr als 1 000 Bilder“, ergänzt Physiker Grunert. Sehr dankbar sind die beiden Erfinder ihren Familien, ohne deren Rückendeckung sie sich nicht ins Abenteuer Selbstständigkeit stürzen würden. „Unsere Freundinnen sehen die großen Chancen, die sich dadurch für uns ergeben, und haben auch so manche Stunde am Abend oder Wochenende klaglos in Kauf genommen, die wir dem Projekt widmen mussten“, sagt Grunert. Für ihr Businessmodell haben die beiden Jungunternehmer kürzlich den mit 3.000 Euro dotierten ersten Platz beim Futuresax-Wettbewerb im Bereich Technologie gewonnen. Nun können die Angehörigen der beiden jungen Unternehmer verfolgen, wie diese sich ihrem Ziel nähern: „In der Ausbildung wollen wir einen Weg als Alternative zu Leichenpräparaten ermöglichen, zudem können wir den Chirurgen im Modell auch Krankheitsbilder zeigen, die sie beim natürlichen Präparat nicht vorfinden.“ Den Patienten wollen sie damit helfen, dass den Chirurgen vor einer Operation die Möglichkeit gegeben wird, an einem patientenindividuellen Modell den Eingriff zunächst zu üben. Denn damit kann die Gefahr von schwersten Verletzungen auf ein Minimum reduziert werden. Die nächste große Gelegenheit, internationale Spezialisten auf ihr Projekt aufmerksam zu machen, steht schon vor der Tür: Im September wird der ElePhant auf einer Tagung im US-amerikanischen Washington präsentiert – und hoffentlich auch verkauft. Jörg Aberger www.iccas.de journal UniCentral „Während des Studiums Kontakte knüpfen“ Interview mit Prorektor Fach über strategisches Planen für den gelungenen Berufseinstieg Naturwissenschaftler haben die besten Karten auf dem Arbeitsmarkt, während Geisteswissenschaftler darben und Taxi fahren. Selbstständigkeit als Alternative zur drohenden Arbeitslosigkeit? Alles nur Vorurteile, sagt der Prorektor für Lehre und Studium und Politikwissenschaftler Professor Dr. Wolfgang Fach im Interview mit Tobias D. Höhn. Herr Prof. Fach, ein Patentrezept für einen gelungenen Start ins Berufsleben gibt es nicht.Welche Empfehlungen aber geben Sie Studenten und Absolventen? Am liebsten keine. Wenn es aber denn sein muss, greift man natürlich auf die ParadeExemplare unter seinen Absolventen zurück. Schaue ich meine Exempel an (darunter immerhin ein paar Staatssekretäre und Firmenvorstände), dann ergibt sich für mich ein bestimmtes Muster. Erstens: Der Einstieg ist ihnen gelungen, weil, nicht obwohl sie sich während ihres Studiums intensiv mit theoretischen Problemen beschäftigt haben. Zweitens: Man sollte das theoretische Interesse immer mit einem Problembezug verbinden um herauszufinden, was sich über die Welt da draußen theoretisch sagen lässt. Drittens: Dieses Wissen sollte man möglichst früh und häufig mit der Praxis konfrontieren – Lerneffekte entstehen genau da, wo beide nicht übereinstimmen. Viertens: Praxis heißt zunächst Praktikum, und Praktika sind auch darum hilfreich, weil sie den späteren Berufseinstieg erleichtern. Das ist eine Frage der strategischen Planung. Einige verdrängen das während des Studiums und wollen erst einmal nur Studieren. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen, wenn man das Risiko bewusst in Kauf nimmt. Welche Rolle spielen hier Alumni-Vereinigungen? Die meisten denken dabei nur ans Geld: Alumni sind Menschen, die aus DankbarHeft 3/2007 keit ihrer alten Uni etwas zukommen lassen, am besten gleich ein paar Millionen. Für mich sind diese Figuren als „Spinnen“ im Praxis-Netz mindestens genauso interessant. Deswegen müssen derartige Beziehungen in jedem Fall ausgebaut werden, möglicherweise im Rahmen des geplanten „Career Center“. Doch ist die Frage der organisatorischen Anbindung eher zweitrangig. Hauptsache, es passiert etwas. Anderweitige Kontakte zur Berufswelt sollten darüber aber nicht vernachlässigt werden, etwa Fortbildungsseminare für Unternehmen oder Verbände. Hat man mit einem Lebenslauf voller Praktika bessere Chancen? Im Prinzip wohl ja, auch wenn man dazu pauschal wenig sagen kann. Für Journalisten etwa bedeutet „mehr“ sicher „besser“, in anderen Fällen kommt es stärker darauf an, dass man vor lauter Praxis die Theorie nicht vergisst. Universitäten sind schließlich Wissensagenturen und keine Praktikumsbörsen. Noch einmal: Entscheidend ist die theoriegeleitete Vorbereitung. Wer etwa in der Verwaltung hospitiert, sollte vorher Max Weber gelesen haben, sonst ist sein Praxis-Geschnuppere für die Katz. Theorie sensibilisiert: Uns fällt auf, dass im wahren Leben manches falsch läuft, sprich: anders als theoretisch erwartbar. diese Differenz ist der Stoff für kluge Gedanken. Kommen sie, hat sich der Kontakt rentiert, sonst nicht oder bestenfalls zufällig. Noch etwas: Studiengänge ohne fest umrissenes Berufsbild sind auf die „Intelligenz aus Differenz“ besonders angewiesen. Wer das beneidenswerte Privileg und zweifelhafte Vergnügen genießt, einen Prorektor Prof. Wolfgang Fach: „Studiengänge ohne fest umrissenes Berufsbild sind auf die ‚Intelligenz aus Differenz’ besonders angewiesen.“ Foto: Jan Woitas 21 UniCentral exakt berechenbaren Karriereplan vor sich zu haben, fährt mit Scheuklappen sicher am besten – manche Studiengänge tun daher gut daran, ihren Klienten wenig Reflexion zuzumuten. Diese verordnete Enthaltsamkeit kommt ja meistens auch ganz gut an, weil man Semester für Semester ein Stückchen Fortschritt abhaken kann. Außerdem brauchen wir uns nichts vorzumachen: Die angeblich so experimentierfreudige Wirtschaft feiert zwar den Typus des interessanten Quereinsteigers, bekommt aber in 99 von 100 Fällen Angst vor der eigenen Courage und stellt am Ende doch wieder Leute „von der Stange“ ein. Aus ihrer Warte gibt es so etwas wie einen optimalen Intelligenzgrad: Köpfe sollen klug genug sein um zu lernen, aber nicht so klug, dass sie verstehen. ter dem Ruf leiden, Profitgeier zu sein. Kant hätte seine wahre Freude gehabt: zweckfreie „Aufklärung“ als Abbau selbstverschuldeter Unmündigkeit. Aber auch Nicht- oder Nach-Kantianer mögen einen Sinn darin finden, das Studium ein bisschen in die Länge zu ziehen. Denn in Zeiten des lebenslangen Lernens kann einer kaum falsch liegen, der zumindest lange lernt. Sollten die Lehrenden ihre Studenten für die Arbeitswelt trainieren und sie im Hauptstudium wachrütteln? Lehrende sollen lehren. Wenn sie das gut hinkriegen, haben sie ihrem Namen alle Ehre gemacht und getan, was von ihnen erwartet werden darf. Das heißt nicht, dass es „ Wo sehen Sie Lücken und Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Das Ideal vieler Absolventen liegt auf der Hand: ein guter Job auf dem lokalen Arbeitsmarkt. Diese Rechnung geht aber in den seltensten Fällen auf. Wer hier bleiben will, wird eben mit dem zufrieden sein müssen, was hier angeboten wird; wer etwas Besseres sucht, muss sich bewegen, geographisch und geistig. Beide Varianten haben ihre Reize, man sollte sich halt für eine entscheiden. Lehrende sollen lehren. Aber auch universitäre ,Wachrüttler‘ muss es auch geben. Festanstellungen, zudem unbefristet, scheinen in Zeiten der „Generation Praktikum“ zur Ausnahmeerscheinung zu werden. Stattdessen informieren sich immer mehr Studenten vor ihrer Abschlussprüfung beim Arbeitsamt über Förderungen und Hartz IV. Sicher. Meine Generation wäre bei solchen Aussichten ziemlich unruhig geworden. Doch in Zeiten der Ich-AGs scheint sich das ziemlich schnell zu ändern. Ein Fehlschluss wäre es jedenfalls zu glauben, wer nicht unterkommt, sei eben ein Opfer oder gar Versager. Manchmal kalkulieren die „Selbst-Unternehmer“ ziemlich kühl: Wer lange studiert, wird zwar auf manches verzichten müssen, hat dafür aber den Spaß, relativ unbeschwert studieren zu können.m In der sozialen Hängematte ein kluges Buch lesen: das gilt zwar als parasitär, doch stören sich diese Unternehmer in eigener Sache daran so wenig, wie ihre Gesinnungsgenossen in der freien Wirtschaft un22 “ keine universitären „Wachrüttler“ geben müsste, also Instanzen, die den Studierenden Möglichkeiten nahe bringen, sich für ein Leben nach dem Studium zu wappnen. Initiativen wie SMILE (Selbst Management Initiative Leipzig) oder SEPT (Small Enterprise Promotion & Training) erfüllen da eine wichtige Funktion. Wir planen außerdem „Assessment Centers“, die unseren Leuten spielerisch (wenn man so will) verdeutlichen, welche Einstiegshürden der berufliche Ernstfall bereit hält. Und noch etwas: Den ganzen Praxis-Zauber kann sich sparen, wer keine Fremdsprachen lernen und nie im Ausland studieren will. Dabei könnten dann auch Lehrende helfen, ohne sich sinnlos verbiegen zu müssen. Als IT-Spezialist sind die Erfolgsaussichten einer Selbstständigkeit sicherlich höher als als Philosoph. Was tun? IT studieren. Oder denken lernen. Was brau ein guter Zwischen einer Einige Befunde Von Daniel Markgraf und Prof. Dr. Helge Löbler, Lehrstuhl für BWL Wird man eigentlich zum Unternehmer geboren oder kann man das lernen? Um dieser Frage nachzugehen, hat der Lehrstuhl für BWL untersucht, warum einige Menschen Unternehmer werden und andere nicht. Dabei wollten wir herausfinden, ob diese Faktoren unter anderem durch universitäre Ausbildung beeinflusst werden können und wenn ja, wie eine optimale Lernumgebung aussehen kann. Bisherige Untersuchungen zeigten, dass die Entscheidung, Unternehmer zu werden gar nicht oder nur schwer direkt durch klassische universitäre Ausbildung beeinflusst werden kann. Berücksichtigt man allerdings, dass die Entscheidung, Unternehmer zu werden, eine lange „Vorlaufzeit“ hat, dann wird die Gründungsentscheidung zum Entscheidungsprozess. In diesem Prozess lassen sich (mindestens) die drei folgenden Phasen unterscheiden: Die erste Phase vor der eigentlichen Unternehmensgründung (Vorgründungsphase), die zweite Phase der eigentlichen Gründung (Gründungsphase) und eine dritte Phase nach der Gründung (Nachgründungsphase), in der es darum geht, unternehmerisch erfolgreich zu sein. Schon in der Vorgründungsphase lassen sich Personen identifizieren, die eine ausgeprägte Bereitschaft zeigen, unternehmerisch tätig zu werden. Sie unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht von denen, die diese Bereitschaft nicht haben. Zunächst zeigt sich, dass Personen mit hoher unternehmerischer Bereitschaft einen so genannten internen „Locus of Control“ haben. Personen mit einem internen Locus of Control glauben, dass sie selbst ihr Umfeld beeinflussen können, während Personen mit einem „externen Locus of Control“ glauben, dass sie eher von ihrem Umfeld beeinflusst werden. Personen die glauben, journal UniCentral cht der Mensch, um Unternehmer zu werden? Idee und dem Erfolg steht die Tat – aus der Forschung sie können allgemein etwas bewegen, stehen einer unternehmerischen Selbstständigkeit aufgeschlossener gegenüber. Auch im Bereich der Persönlichkeit gibt es deutliche Unterschiede: Personen mit einer stärkeren unternehmerischen Bereitschaft gehen auf Andere zu, stehen Neuem aufgeschlossener gegenüber, sind verträglicher, emotional stabiler und gehen strukturierter und gewissenhafter an die Arbeit. Diese Charakteristika einer Person allein sind jedoch nicht ausreichend für die eigentliche Gründungsentscheidung. Sie bilden allerdings eine gute Basis für persönlichen Erfolg, sei es in der beruflichen Selbstständigkeit oder in einem Anstellungsverhältnis. Den Ausschlag für die eigentliche Gründungsentscheidung gibt letztlich die Selbstwahrnehmung einer Person. Ist die Person selbst der Meinung, dass sie über die Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt, um ein Unternehmen zu gründen, so wird sie dies tun. Nimmt sie diese Fähigkeiten bei sich nicht wahr, so wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch kein Unternehmen gründen. Dabei spielt es interessanterweise keine Rolle, ob die betreffende Person die bei sich vermuteten Fähigkeiten und Kenntnisse tatsächlich hat oder nicht.m In der Nachgründungsphase stellten wir uns die Frage, was die erfolgreichen von den weniger erfolgreichen Unternehmern unterscheidet. Dabei lässt sich der Erfolg natürlich unterschiedlich definieren. So wirken beispielsweise eine interne Kontrollüberzeugung (interner Locus of Control) und eine positive Selbstwahrnehmung sowie eine vorangegangene Branchenerfahrung positiv auf den finanziellen Erfolg. Interessanterweise wirkt eine hohe soziale Verträglichkeit eher negativ auf den finanziellen Erfolg. Personen die also auch Heft 3/2007 einmal ihren Kopf durchsetzen können und nicht zwangsläufig nur auf Harmonie im Geschäftsleben bedacht sind, sind mittelfristig finanziell erfolgreicher. Die nächste Frage, der wir nachgegangen sind, ist die Frage, ob sich die gefundenen Faktoren, die in der ersten Phase mit der unternehmerischen Bereitschaft, in der zweiten Phase mit der Gründungsentschei- keit beschäftigten, nahmen ihre Fähigkeiten und Kenntnisse am Ende der Veranstaltung wesentlich stärker wahr als Personen, die sich im Rahmen einer klassischen Lehrveranstaltung mit dem Thema der beruflichen Selbstständigkeit befasst haben. Die Ergebnisse unserer Untersuchung fasst unten stehende Abbildung noch einmal grafisch zusammen. dung und in der dritten Phase mit dem unternehmerischen Erfolg einhergehen, durch bestimmte Lernumgebungen und Interventionen positiv beeinflussen lassen. Hierzu haben wir ein neues Lernprogramm auf konstruktivistischer und sozial konstruktionistischer Basis entwickelt und es klassischen Lehrmethoden gegenübergestellt. Wir stellten fest, dass klassische Lehrmethoden wie Vorlesungen, Seminare oder Übungen in keiner Phase einen wirklich positiven Beitrag leisten konnten. Dagegen zeigte das neu entwickelte Programm die folgenden Wirkungen: Die stärksten Änderungen fanden wir im Bereich der Offenheit für Neues. Weiterhin konnten positive Entwicklungen im Bereich der Selbstwahrnehmung nachgewiesen werden. Personen, die sich im Rahmen der sozial-konstruktionistischen Lernumgebung mit der beruflichen Selbstständig- Unsere Beiträge zu diesem Thema wurden national und international so positiv aufgenommen, dass wir nun einen neuen, internationalen Arbeitskreis „Entrepreneurship Education“ im Rahmen des deutschen Gründer-Forums (G-Forum) initiiert und gegründet haben. Ferner wird zur 600-JahrFeier der Universität das deutsche Gründer-Forum in Leipzig tagen. Schließlich haben wir mit unserem durch das SMWK, die SAB und den ESF unterstützte SMILE-Programm innerhalb des letzten Jahres bereits 1200 Teilnehmer fördern können. Wenn man vielleicht nicht lernen kann, Unternehmer zu werden, so kann man doch viele begünstigende Eigenschaften durch geeignete Lernprogramme fördern und damit insgesamt die unternehmerische Landschaft bereichern und die Eigenständigkeit vieler unterstützen. 23 UniCentral Risikobereitschaft, Innovationsfreude und Leistungsbereitschaft Drei Fragen an Staatssekretär Hartmut Schauerte Herr Schauerte, wie wirkungsvoll sind Förderinitiativen aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit? Gründungsinitiativen wie SMILE, eine Kooperation zwischen der Universität und der Handelshochschule Leipzig, kommt eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Belebung des Gründungsgeschehens zu. Sie helfen, ein gründungsfreundliches Klima und eine „Kultur der unternehmerischen Selbstständigkeit“ an wissenschaftlichen Einrichtungen zu schaffen. Konkret heißt das, sie sensibilisieren Studierende wie Beschäftigte für die unternehmerische Selbstständigkeit als berufliche Option, machen Angebote zur gründungsbezogenen Ausbildung und Qualifizierung und bieten Rat und Tat, wenn es um die Verwirklichung innovativer Geschäftsideen und die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen geht. Aus diesem Grunde fördert die Bundesregierung mit ihrem Programm „Exis- tenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)“ bedarfsorientiert eine Reihe von Gründungsinitiativen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wie viele Neugründungen von Hochschulabsolventen gibt es jährlich in Deutschland? Nehmen wir nur einmal die rund 18.000 neu gegründeten Unternehmen im so genannten High-Tech-Bereich, also die forschungsintensiven Industrien und die technologieorientierten Dienstleistungsbereiche. Nach Untersuchungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) haben sieben von zehn dieser Unternehmen mindestens einen Gründer mit Hochschulabschluss. Bei jedem zehnten stammt die Gründungsidee unmittelbar aus einer vorherigen Tätigkeit an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung. Darüber hinaus schaffen innovative Unternehmensgründungen deutlich mehr Arbeitsplätze als herkömmliche Gründungen. Die meisten Hochschulabsolventen gründen jedoch nicht unmittelbar nach Abschluss ihres Studiums. Oft sammeln sie zuvor erste Berufserfahrung, lernen Märkte und vielleicht auch schon ihre potentiellen Kunden kennen. Beides erhöht ebenso wie ein fundierter Geschäftsplan mit einer durchdachten Unternehmensstrategie und konsequent an den Kundenbedürfnissen orientierte Produkte oder Dienstleistungen die Erfolgschancen neu gegründeter Unternehmen. An welchen Klippen scheitern Jungunternehmer? Ganz besonders wichtig für erfolgreiche Existenzgründungen sind persönliche Einstellungen wie Risikobereitschaft, Innovationsfreude, Eigeninitiative, Kreativität, Leistungsbereitschaft und nicht zuletztOptimismus. Darüber hinaus sollten Gründer im Vorfeld ihrer Existenzgründung größten Wert auf vorherige Information, Schulung und Beratung von Experten legen, denn das Geschäftskonzept muss nicht nur fachlich entwickelt, sondern in persönlichen Gesprächen mit Haus- und Förderbanken auch erläutert und verteidigt werden können. Interview: Caroline Kieke/Foto: BMWI Tipps und Adressen für angehende Gründer Neben SMILE bieten unter anderem folgende Ansprechpartner Unterstützung zu den verschiedenen Fragestellungen von Gründern: Beratung und Prüfung des Unternehmenskonzeptes Hilfestellung bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells und des dazugehörigen Geschäftsplans bieten in Leipzig das Unternehmergründerbüro UGB, die Industrie- und Handelskammer zu Leipzig und die Handwerkskammer Leipzig an. Diese Institutionen sind neben privaten 24 Unternehmensberatungen auch authorisiert, die Tragfähigkeit des Gründungskonzeptes einzuschätzen – eine Voraussetzung für Fördermittel wie das Überbrückungsgeld. www.ugb-leipzig.de www.leipzig.ihk.de www.hwk-leipzig.de Fördermittel für Gründer Aus der Vielzahl an Fördermitteln unterschiedlicher Institutionen sind folgende besonders auf Existenzgründer fokussiert: • ESF-Mikrodarlehen bis zu 20.000 Euro für den Start in die Selbstständigkeit www.sab.sachsen.de www.kommunalentwicklungsachsen.de • KfW-Mikro-Dalehen bis 25.000 Euro, KfW-Startgeld bis 50.000 Euro www.kfw-mittelstandsbank.de • Überbrückungsgeld für den Start aus der Arbeitslosigkeit: Agentur für Arbeit Leipzig Team akademische Berufe Georg-Schumann-Straße 171–175 04159 Leipzig journal UniCentral Eigenes Risiko, eigenes Glück Die Medienkompetenzvermittler Seit Oktober vorigen Jahres lebt Marion Nagel ein anderes Leben. „Eigenes Risiko, eigenes Glück“ könnte das Credo lauten. Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Thomas Matsche gründete sie das Unternehmen media:port, wo sie nun ihre Schritte hinlenkt, die Laptoptasche geübt in der rechten Hand schwingend. Herzstück des „Medienhafens“ sind 22 lichtdurchflutete Quadratmeter in einem hohen Backsteingebäude direkt am Kanal der Weißen Elster im Leipziger Stadtteil Schleußig. Im Büro wartet bereits eine Mitarbeiterin, die noch ein paar letzte Telefonate mit Kunden führt, um dann gemeinsam mit Thomas das Mietauto im Hof zu beladen. Gleich wollen die drei Jungunternehmer sich auf den Weg nach Zwickau machen, wo sie künftige Erzieher in Medienkompetenz schulen und „Personalge- Marion Nagel und Thomas Matsche sind media:port. Gemeinsam wollen sie Medienkompetenz vermitteln. Foto: Jan Woitas Eigenkapital Um Kredite erhalten zu können, ist ein Mindestmaß an Eigenkapital notwendig. Dieses muss nicht vollständig von den Gründern stammen. • Der High-Tech Gründerfonds stellt den Unternehmen bis zu 500.000 Euro im Rahmen einer ersten Finanzierung zur Verfügung. Die Mittel werden den Gründern in einer Kombination aus Eigenkapital und Nachrangdarlehen angeboten. www.high-tech-gruenderfonds.de Heft 3/2007 • Für Leipziger Gründer bietet die Sparkasse Leipzig mit einer eigenen Beteiligungsgesellschaft Eigenkapital an. www.s-beteiligungen.de Unternehmensnachfolge Unternehmensnachfolge als Spezialform der Existenzgründung ist eine interessante Option und wird vielfältig unterstützt und finanziert. Mit über 10 000 Inseraten ist die Unternehmensbörse „nexxt-change“ bundesweit der größte Marktplatz für Unternehmensnachfolgen: www.nexxt.org spräche“ zur Erweiterung des Teams führen möchten, wie Marion augenzwinkernd ankündigt. Sie greift nach einem der neu gedruckten Flyer auf dem großen Schreibtisch, mit denen sich das Unternehmen vorstellt: Darauf schimmern in sanften Pastelltönen die Schlagworte „Medienkompetenz“, „Zuhörförderung“ und „Journalismus“. Drei Säulen, auf denen sich die Firma gründet. Ihre Geschäftsidee: Kinder, Jugendliche und Erzieher im Umgang mit modernen Medien schulen. Beide Jungunternehmer sind sicher, dass es dafür in einer ständig wachsenen Medienkonsumgesellschaft großen Bedarf gibt. Das Prinzip „copy & paste“ ist ihnen ein Dorn im Auge. „Ich habe nichts gegen wikipedia.de und hausarbeiten.de, aber Schüler realisieren oftmals nicht, dass sie solchen Quellen nicht blind vertrauen dürfen“, erklärt Marion ihren medienpädagogischen Ansatz. Thomas beteiligt sich als Radio-Profi zwar mit an den Lehrprojekten in Leipzig, Zwickau und Dresden, produziert aber vor allem Beiträge für die Radiosender MDR INFO, Deutschlandfunk, WDR und textet für RBB-Online. Mit ihrer Bürowahl sind die Beiden absolut zufrieden. Wie zum Beweis zeigt Marion aus dem Bürofenster. „Dort, genau gegenüber, sitzt die Bildungsagentur Leipzig, einer unserer wichtigsten Partner.“ Dann begrüßt sie einen Mann, kaum älter als sie selbst, der an der offenen Tür vorbei geht. „Das ist unser Coach“, sagt sie in einer Mischung aus Sympathie und aus Ironie angesichts seines jugendlichen Alters. Der Mann heißt Thomas Lehr, gehört zur Leipziger Gründungsinitiative SMILE und bereitete die beiden drei Monate lang in kontinuierlicher Arbeit auf die Gründung Räumlichkeiten In Leipzig gibt es zwei große Gründerzentren mit einem Angebot an unterschiedlich großen und unterschiedlich ausgestatteten Geschäftsräumen sowie zentralen Dienstleistungen für die Gründer unter einem Dach: • das Business & Innovation Centre Leipzig www.bic-leipzig.de • die Bio City Leipzig www.bio-city-leipzig.de Uwe Becher 25 UniCentral | Fakultäten und Institute vor. Bezahlen mussten sie dafür nichts. „Vor allem hat er uns geholfen, unsere vielen Ideen zu fokussieren und daraus ein marktfähiges Produkt zu machen“, erinnert sich Marion. Den Schritt in die Selbstständigkeit hat sie keine Sekunde bereut. „Ich wollte einfach meine eigenen Ideen umsetzen und hatte keine Lust mehr darauf zu warten, einen Arbeitgeber zu finden, bei dem ich mich verwirklichen kann.“ Viel brauchte media:port nicht für den Start: Einen Laptop gab es schon, dann kam noch ein Mietvertrag hinzu und schon konnte es losgehen. „Die meisten fangen mit dem an, was sie haben, oder auch erst mal mit nichts“, bestätigt Uwe Kreil, Referent für Unternehmensgründung bei der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig.m Für Marion und Thomas ist das jedoch eher ein leidiges Thema. Nur mit Mühen konnten sie ein Bank für den benötigten Kredit von 7.500 Euro gewinnen. Dabei kann eine Hausbank Gründern die Tür zu einem von rund 700 Fördertöpfen in Deutschland öffnen, doch bereits im Vorstellungsgespräch trenne sich die Spreu vom Weizen. „Das ist ein Test“, sagt Kreil, „der Banker will wissen: Sitzt vor mir ein Unternehmer oder jemand, der nur Geld leihen möchte“. Doch es geht auch ohne Hausbank: Für Initiativen während oder nach dem Studium bietet das Mikrodarlehen der Sächsischen Aufbaubank interessante Möglichkeiten, Gründungen in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens zu fördern. Ein weiterer Tipp für Gründer ist die Internetplattform startothek.de. Initiiert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und der ehemaligen Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW, finden sich dort gründungsrelevante Gesetze, Genehmigungen und Verordnungen, was die oft mühsame Recherche in Broschüren und Ämtern erleichtern soll. Doch zum Gründen gehören noch ganz andere Herausforderungen. „Zu Anfang willst du am liebsten alles freundschaftlich regeln, alles ausdiskutieren“, sagt Thomas Matsche. „Doch das geht nicht.“ Zu seinen wichtigsten Erfahrungen gehört, dass es in einem Unternehmen eine klare Aufgabenverteilung geben muss. Dies lehrt nur die Praxis.m Inzwischen ist das Trio im Hof versammelt, und einer nach dem anderen verschwindet in dem kleinen Auto. Marion besteht darauf, hinten zu sitzen. „damit ich noch telefonieren kann“. Caroline Kieke www.mediaport-leipzig.de 26 Ein Kanadier geht nach Hause Veterinärmediziner Ferguson hat das Image der Leipziger Fakultät im Ausland aufgewertet Prof. Dr. James Grant Ferguson übernahm vor etwa zehn Jahren das Direktorat der Chirurgischen Tierklinik an der Veterinärmedizinischen Fakultät. Mit Respekt und Hochachtung haben die Hochschullehrer der Fakultät den Entschluss des Fachtierarztes für Chirurgie und des Fachtierarztes für Pferde aufgenommen, in ein anderes Sprachgebiet zu wechseln und seiner schönen Heimat Kanada für einige Jahre den Rücken zu kehren. Der am 10. September 1943 geborene James Ferguson studierte an den kanadischen Universitäten in Alberta und Saskatchewan sowie am Veterinärkolleg Ontario Veterinärmedizin, erwarb 1971 das Diplom für Kleintierchirurgie und promovierte sich 1987 an der Veterinärmedizinischen Universität Wien zum Dr. vet. med. Nach einer Professur in Saskatchewan entschied er sich schließlich für Leipzig, wo er Direktor der Chirurgischen Tierklinik wurde. In seiner Leipziger Zeit als Hochschullehrer und Direktor der Chirurgischen Tierklinik engagierte er sich für die tiermedizinische Ausbildung und Forschung an unserer Fakultät. Auf dem schwierigen Fachgebiet der Chirurgie vermittelte er den Tiermedizin-Studenten über ein Jahrzehnt solide Kenntnisse und Fertigkeiten. Seine Lehrveranstaltungen waren geschätzt und bei den Studenten beliebt. Das gilt genauso für seine Aktivitäten in der Fort- und Weiterbildung. Mit hohem Einsatz kümmerte er sich um die Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses an seiner Klinik und gab sein Wissen und seine Erfahrungen an die Assistenten und Mitarbeiter weiter. Die Kollegen schätzen an James Ferguson nicht nur seine wissenschaftliche Kompetenz, sondern auch seine Hilfsbereitschaft, Aufrichtigkeit und Kollegialität. Prof. Dr. James Grant Ferguson kehrt nach seiner Emeritierung in seine kanadische Heimat zurück. Foto: Universitätsarchiv Seine zahlreichen wissenschaftlichen und persönlichen internationalen Kontakte, nicht zuletzt auch als Mitglied des Evaluierungs-Teams der European Association of Establishments for Veterinary Education haben das Image der Leipziger Fakultät im Ausland sehr gefördert. Dazu trugen natürlich auch seine vielfältigen wissenschaftlichen Aktivitäten auf dem Gebiet der Chirurgie wesentlich bei. Auch die Anbahnung der wissenschaftlichen Kontakte zur Universität in Alberta/Kanada hat die Fakultät ihm zu verdanken. Inzwischen haben sich die bilateralen Kontakte zu einer Universitätspartnerschaft ausgeweitet, in die auch andere Fakultäten einbezogen sind. Prof. Dr. Karsten Fehlhaber Dekan der Veterinärmedizinischen Fakultät journal Fakultäten und Institute Was ist Europa? Die erweiterte Europäische Union zwischen Konvergenz und Divergenz Von Cornelie Kunze und Thomas Lenk, Zentrum für Internationale Wirtschaftsbeziehungen Jedes europäische Land kann nach den geltenden Bestimmungen Mitglied der EU werden, wenn es bestimmte politische und wirtschaftliche Bedingungen (die so genannten Kopenhagener Kriterien) erfüllt. Aber was ist Europa? Ein geographischer Raum? Eine historisch gewachsene Gemeinschaft? Eine Wertegemeinschaft? Und wer definiert Europa? Dass derartige Fragestellungen, die in der Gründungsphase der EU kaum thematisiert wurden, in den letzten Jahren zunehmend und häufig kontrovers diskutiert werden, hängt mit dem Wandel der EU zusammen. Kulturelle und finanzielle Integrationspotenziale der EU sind überfordert Über mehr als drei Jahrzehnte speiste sich die Entwicklungsdynamik der EU aus der Verbindung und wechselseitigen Bestärkung von Integration und Erweiterung. Mit dem Vollzug der Osterweiterung hat die Heterogenität der Mitglieder ein solches Ausmaß erreicht, dass die kulturellen, verwaltungstechnischen und finanziellen Integrationspotenziale der EU überfordert sind. Die Union befindet sich in einer Erweiterungskrise. Um das übergeordnete Ziel der Stabilitätssicherung an der Peripherie der EU dennoch weiterzuverfolgen, wurde das Konzept der Europäischen Nachbarschaftspolitik entwickelt, das inzwischen sechzehn Länder der EU-Peripherie umfasst. Ähnlich wie bei der Erweiterungspolitik wird den Nachbarn eine wirtschaftliche und institutionelle Annäherung, verbunden mit wirtschaftlichen Hilfen, angeboten, allerdings ohne die Perspektive des Beitritts. Eine zentrale Rolle in diesem Konzept spielt wie schon beim ErweiterungskonHeft 3/2007 zept der Werteexport, dem das Stabilisierungsziel jedoch übergeordnet wird. Die These, dass der Werteexport der EU im Rahmen ihrer Nachbarschaftspolitik der Logik von Interessenkalkülen folgt, kann empirisch auf verschiedene Weise untermauert werden. Die Hypothese, dass der Wandel der strategischen Bedeutung eines Landes oder einer Region stärker handlungsbestimmend ist als deren Werteannäherung, lässt sich am Positionswechsel der EU gegenüber den Beitrittsbestrebungen der Türkei verfolgen. Die Türkei signalisierte ihre europäische Zugehörigkeit erstmals 1959 mit dem Antrag auf assoziierte Mitgliedschaft in der damaligen EWG. Das Assoziierungsabkommen wurde 1964 in Kraft gesetzt und schrittweise verwirklicht. Der Weg der Türkei zum EU-Beitritt Im Jahr 1987 beantragte die Türkei die Vollmitgliedschaft in der EG. Zwar wurde dieser Antrag nach eingehender Prüfung 1990 abgelehnt und das Land auch bei der Eröffnung des Beitrittsverfahrens für die Mittel- und Osteuropäischen-Bewerberländer und Zypern im Jahr 1997 wegen der instabilen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse und wegen Menschenrechtsverletzungen nicht berücksichtigt, doch wurden ihr im Jahr 2002 Fortschritte bei der Erfüllung der Beitrittskriterien und 2004 schließlich die Erfüllung der Beitrittskriterien bescheinigt. Daraufhin beschloss der Europäische Rat im Oktober 2005 die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen. Parallel zur realen Werteannäherung und zum Verhandlungsbeginn mehrten sich jedoch Statements politischer Entscheidungsträger einzelner EU-Länder, die den Beitrittder Türkei nunmehr grundsätzlich in Frage stellen. Versteht man die Erweiterungspolitik als politischen Tausch zwischen Zentrum und Peripherie (Übernahme der Pufferfunktion und der Lasten der Modernisierung gegen die Perspektive eines späteren EUBeitritts), so leidet die Nachbarschaftspolitik an der Crux, bei ähnlichen Anpassungsforderungen einen deutlich weniger attraktiven Tausch anzubieten. Die Bereitschaft der Nachbarn dieses Kooperationsangebot annehmen, hängt darum wesentlich von deren eigenen Vorteilsabwägungen wie auch vom Vorhandensein möglicher Bündnis-Alternativen ab. Das 20. Leipziger Weltwirtschaftsseminar Im Januar fand zum Thema das 20. Leipziger Weltwirtschaftsseminar „Die erweiterte Europäische Union zwischen Konvergenz und Divergenz“ statt. Die Beiträge auf der gemeinsam von ZIW und MOEZ veranstalteten Tagung hielten Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident a. D., Meinhard Miegel (IWG Bonn), Marek Mora (Vizeminister für Bildung der Tschechischen Republik), Józef Olszyński (Wirtschaftsuniversität Warschau und Botschaft der Republik Polen in Berlin), Gunther Schnabl (Universität Leipzig), Rolf Hasse (Fraunhofer MOEZ), Norbert Wunner (EU-Kommission), Georg Vobruba und Spiridon Paraskewopoulos (Universität Leipzig). www.uni-leipzig.de/ziw. 27 Fakultäten und Institute | Studiosi Chemielehrerfortbildung Neues Zentrum Aktuelle chemiedidaktische und methodische Konzepte, experimentelle Fortbildungen, neueste Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung im Fach Chemie, Workshops mit Referenten aus der Industrie, neue Medien wie grafikfähige Taschenrechner und spezielle PC-Software, Schülervorlesungen für Mittelschüler und Gymnasiasten, neue Lehrplanthemen – das steht auf dem Programm des neuen Chemielehrerfortbildungszentrums LeipzigJena, das kürzlich feierlich eröffnet wurde.m Angesprochen sind Chemielehrer und Grundschullehrer aus zirka 3000 Schulen Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens, aber auch Erzieher von Kindertagesstätten, da bereits dort die naturwissenschaftliche Früherziehung beginnen soll. „Wir wollen aber auch dem zunehmenden Interesse der Berufsschulen für das Grundlagenfach Chemie oder die berufliche Ausbildung in Richtung Chemie und Umwelt entsprechen“, sagt Professor Dr. Rebekka Heimann, die als Chemiedidaktikerin der Universität Leipzig die Geschäftsführung des neuen Zentrums übernommen hat. „Dieses Angebot richten wir an die rund 500 staatlichen und privaten Berufsschulen im Einzugsbereich.“ Anliegen des Zentrums ist es auch, Fachberater, Fachleiter beziehungsweise Fachmoderatoren für das Fach Chemie in die Organisation und Durchführung von Fortbildungen einzubeziehen. Die Fortbildungen finden an den Universitäten Leipzig, Jena, Halle, der FH Merseburg (Schülerlabor), am KUBUS des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig/Halle und an Schulen des Einzugsbereiches statt. Finanziert wird das Zentrum durch die Gesellschaft Deutscher Chemiker, den Fonds der Chemischen Industrie, die Universitäten Leipzig und Jena sowie weiteren Sponsoren. Das Sächsische Staatsministerium für Kultus und das Kultusministerium des Freistaats Thüringen unterstützen das Zentrum mit der Teilabordnung von Lehrkräften. Als Referenten fungieren vor allem Hochschullehrerinnen und -lehrer der Chemiedidaktik und der Chemie, Experten aus der Industrie sowie erfahrene Lehrerinnen und Lehrer. Organisatorisch angebunden ist das Chemielehrerfortbildungszentrum an die Professuren für Chemiedidaktik der Universitäten. Dr. Bärbel Adams 28 „Vom Laborkittel zur Chefkrawatte“ Mitteldeutsche Jobbörse Anfragen zur Möglichkeit von Praktika, zur Unterstützung bei Diplomarbeiten oder zur Chance einer Promotion – breit gefächert waren die Themen der 4. Mitteldeutschen Jobbörse für Natur- und Ingenieurwissenschaften Ende April an der Fakultät für Chemie und Mineralogie. Genau so hatte es sich Prof. Dr. Martin Schlegel, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, vorgestellt. „Finden Sie Ihren Traumjob oder bekommen vielleicht sogar die Idee zu einer Unternehmensgründung“, sagte er an die Adresse der Studenten, die sich kurz darauf an den Ständen der beteiligten Unternehmen informierten, Karrierechancen ausloteten und den Firmenpräsentationen folgten. „Es sind alle Facetten da, von denen, die nur ganz allgemein mal schauen, bis zu solchen, die schon sehr konkrete Fragen mitbringen“, sagte Karlheinz Deitz, der für Bayer Leverkusen Auskunft gab. Von ihm wollte unter anderem Chemiestudent Christian Himmel wissen, wie die konkrete Jobsituation beim „Branchenriesen“ derzeit ausschaut. Und welche Voraussetzungen er mitbringen müsse, um bei Bayer eine Chance zu haben. Deitz meinte, auch für das Unternehmen sei es wichtig, sich als attraktiver, potenzieller Arbeitgeber vorstellen zu können. Er sagte, dass auf beiden Seiten massiver Bedarf für solche Veranstaltungen vorhanden sei. Dies sah auch Matthias Beier so, der sich unter anderem beim Pharmaproduzenten Merck über Chancen für eine Promotion Chemiestudent Christian Himmel informiert sich über Perspektiven nach dem Studium. Foto: Jörg Aberger informierte. „Ich wollte wissen, welche Ausstattung es beim Unternehmen gibt und wie wichtig es ist, von welcher Universität man kommt und bei welchem Professor man studiert hat.“ Für ihn die überraschende Antwort: So lange die Noten stimmten, sei die Hochschule egal. Um so wichtiger war es für Beier deutlich zu machen, dass es für Unternehmen oft unverständlich sei, wie Benotungen an den einzelnen Universitäten und den verschiedenen Studiengängen zu Stande kommen. Er selbst studiert Chemie im Masterstudiengang und befürchtet, dass er beim alleinigen Blick eines Arbeitgebers auf die Noten eventuell das Nachsehen haben könnte. Dem Bedürfnis nach Informationen über die Gründung eines eigenen Unternehmens kam unter anderem Dr. Alexander Braun vom Leipziger Solarzellenbauer Solarion nach. Er erläuterte den Werdegang des Unternehmens von der ersten Basisidee im Jahr 1998 bis zur Firmengründung und Geschäftsaufnahme. Drei Punkte unterstrich er besonders: „Überprüfen Sie Ihre eigene Qualifikation, melden Sie schon während des Studiums Patente an und machen Sie sich mit den Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre vertraut.“ Bei potenziellen Investoren helfe ein Doktortitel durchaus, mit Patenten könne man auch die Finanziers überzeugen, die von der eigentlichen Materie keine Ahnung hätten – und oft auch gar nicht haben wollten. Nach seinen Erfahrungen ist die Unternehmensgründung in Deutschland nicht unbedingt einfach. Er selbst hatte 1996 die Universität Leipzig als Absolvent eines Physikstudiums verlassen. Es brauche einen langen Atem, viel Mut, Hilfestellung und Verständnis von anderen, um „Vom Laborkittel zur Chefkrawatte“ zu gelangen – so hatte er seinen Vortrag überschrieben. Auf diesem Weg sei es gut, mit seinem Unternehmen in der Nähe der Hochschule zu bleiben, an der man selbst seine Ausbildung erhalten habe. Denn so könnten vorhandene Bekanntschaften und Netzwerkstrukturen für die ersten eigenen erfolgreichen Schritte effektiv genutzt werden. Jörg Aberger journal Studiosi „Studenten arbeiten hier praxisorientierter als bei uns“ Die Schottin Jacqueline Garland über ihre Leipzig-Erfahrungen „Hier in Leipzig wird viel praxisorientierter gearbeitet,“ sagt Jacqueline Garland, die an der Universität im schottischen St. Andrews Chemie und Deutsch studiert. Seit September vergangenen Jahres ist sie im Arbeitskreis von Professorin Eva HeyHawkins am Institut für Anorganische Chemie zu Gast. Die Professorin lernte sie in St. Andrews kennen, wo sie ihr von einem ihrer dortigen Professoren vorgestellt wurde. In den vergangenen Monaten hatte sie Gelegenheit, die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem britischen Lehrbetrieb kennen zu lernen. Dabei fiel ihr schnell auf, dass an ihrer Heimatuniversität das Wissen sehr viel mehr durch Vorlesungen vermittelt wird, während in Leipzig die Laborarbeit einen wesentlichen Bestandteil des Studiums bildet. Doch das allein macht den Unterschied zwischen St. Andrews und Leipzig nicht aus. In der schottischen Küstenstadt gibt es insgesamt nur rund 7 000 Studenten, die einen wesentlichen Teil der Gesamtbevölkerung des Ortes ausmachen. „Hier in Leipzig hat schon die Uni mehr Studenten als St. Andrews an Einwohnern hat“, verdeutlicht Garland die unterschiedlichen Dimensionen. Doch nicht nur die überschaubarere Studentenzahl macht die familiärere Atmosphäre in Schottland aus, tatsächlich werden die Studentinnen und Studenten dort zu Beginn ihres Studiums in eine „akademische Familie“ aufgenommen: „Im ersten Studienjahr bekam ich einen ‚akademischen Vater‘ und eine ‚akademische Mutter‘, Studenten aus höheren Jahrgängen, die sich um mich und meine ‚akademischen Geschwister‘ kümmerten“, berichtet sie. Im Gegensatz zu dem, was sie hierzulande zum Beispiel im Studentenwohnheim erlebe, sei der Kontakt untereinander wesentlich enger. „Bei uns im Studentenheim teilen sich viele Leute eine Küche, da trifft man sich dann eben auch“, erzählt Garland. Unter anderem sei dies ein Grund dafür gewesen, dass sie sich anfangs in Leipzig etwas schwer getan habe. „Man schließt hier nicht so schnell gute Freundschaften“, sagt sie. Doch im Lauf der Zeit hat sie sich eingelebt, hat im Labor und auch außerhalb neue Leute kennen gelernt, mit denen sie ihre Freizeit verbringt. Diese ist jedoch knapper, als sie es aus St. Andrews gewohnt ist: „Dort findet man nach 18 Uhr kaum noch einen Studenten auf dem Campus, während ich hier manchmal bis 20 Uhr im Labor bin.“ Insgesamt, so hat sie den Jacqueline Garland: „Manchmal bis 20 Uhr im Labor.“ Foto: Jörg Aberger Heft 3/2007 Eindruck, würden die Studenten in Deutschland die Arbeit ernster nehmen als in ihrer britischen Heimat. Ihr selbst macht die Arbeit aber offensichtlich so viel Spaß, dass sie noch vor Ablauf ihres Studienjahrs in Deutschland einen Entschluss gefasst hat, über den sie eigentlich erst zum Ende ihres Aufenthaltes nachdenken wollte: „Ich habe mir gesagt, dass ich die Promotion angehen will, wenn mir das Jahr hier in Leipzig gefällt.“ Schon heute, so sagt sie, hat sie sich vorgenommen, diesen Entschluss in die Tat umzusetzen. Dabei kann sie sich auch vorstellen, an der Universität in Leipzig zu promovieren. Aus ihren bereits gemachten Erfahrungen heraus kann sie es „jedem Studenten nur empfehlen, im Ausland zu studieren.“ Dies gelte insbesondere auch für ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen in Großbritannien. Dass diese nicht so häufig ins Ausland und nach Deutschland kämen, habe mehrere Gründe. Zum einen seien die Menschen in ihrer Heimat nicht sonderlich motiviert, eine Fremdsprache zu beherrschen, weil „man Englisch ja überall spricht.“ Außerdem seien naturwissenschaftliche Fächer ohnehin nicht sehr beliebt. Hinzu komme, dass man weitgehend auf sich selbst gestellt sei, wenn man im Ausland studieren wolle; Austauschprogramme würden hier sicher manches erleichtern, meint sie. Dass Praxiserfahrungen sich im Lebenslauf gut machen, vor allem wenn sie im Ausland gemacht wurden – davon ist Jacqueline Garland fest überzeugt. Sie selbst zieht es stets in die Fremde. Ihren Aufenthalt in Leipzig nutzt sie auch, um die angrenzenden Länder kennen zu lernen. So machte sie im Winter eine Rundreise durch Tschechien, die Slowakei, Polen, Ungarn und Österreich. Italien, Dänemark und die Niederlande standen ebenfalls auf ihrem Reiseplan. So weit ihr die Arbeit im Labor dafür Zeit lässt. Jörg Aberger 29 Studiosi Fremdsprachige Fettnäpfchen Mentalität und Kultur im Imagefilm – Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt Die Frage, auf welche Weise Unternehmen und Institutionen für fremdkulturelle Zielgruppen optimal präsentiert werden können, beschäftigt weltweit immer mehr Kommunikationswissenschaftler und Marketingstrategen. Die interdisziplinäre Analyse der Wechselbeziehungen zwischen Kultur und (Fach-)Kommunikation ist deshalb auch ein Schwerpunkt der Leipziger Fachsprachenforschung und Translationswissenschaft. Ein Diplomand des Instituts für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT) hat sich nun aus linguistischer Sicht mit diesem Problem befasst – und die Filme in Englisch, Französisch und Spanisch gleich mitgeliefert. Die Filme richten sich an Erasmus-Studenten, die sich über ihren künftigen Aufenthalts- und Studienort Leipzig informieren möchten, sind also auch für AustauschStudenten an anderen Instituten sehenswert. Schaut man alle drei Filme an, wird klar, dass hier keine einzige Einstellung zufällig gewählt wurde – was die Präsentationsweise anbetrifft, unterscheiden sie sich erheblich voneinander. „In den Filmen soll das Ausbildungskonzept des IALT so gut wie möglich rüberkommen“, erklärt der Autor Robert Fleischer, „darum war es nötig, sie an die jeweilige Kultur anzupassen“. Eine Frage drängt sich dabei auf: Was hat Dolmetschen und Übersetzen mit Film zu tun? Ein Film ist zunächst einmal ein Text, der im Unterschied zu schriftlichen Texten über mehrere Mittel verfügt, Sinn und Inhalte weiterzugeben sowie Wirkungen zu erreichen. Die Art und Weise, wie dies zu geschehen hat, ist eng an den Zweck des multimedialen Texts gebunden. So weisen Texte in Imagebroschüren charakteristische Eigenschaften wie Suggestivität, Einprägsamkeit und Emotionalität auf. Bei multimedialen Texten wie dem Film werden diese Eigenschaften auch in Bild und Ton wirksam. „Während beim Text entscheidend ist, wie etwas ausgedrückt wird, 30 muss beim Film zusätzlich darauf geachtet werden, wie etwas gefilmt, geschnitten und mit welcher Musik es unterlegt wird“, so der Autor. In seiner Arbeit „Ein kulturelles Analyseraster multimedialer Texte in Einheit von Theorie und Praxis“ hat der frühere redaktionelle MDR-Mitarbeiter Fleischer darum zunächst untersucht, mit welchen filmischen Mitteln solche werbewirksamen Eigenschaften umgesetzt werden können. Mentalität, Stereotype und soziodemographische Faktoren sind von Bedeutung Entscheidend für den Erfolg eines Imagefilms ist aber vor allem die Zielgruppe selbst – und sogar Experten laufen bei fremdsprachlichem Publikum zuweilen Gefahr, ins Fettnäpfchen zu treten. So bemerkte die Fastfood-Kette McDonald’s erst viel zu spät, dass das weißgeschminkte Unternehmensmaskottchen Ronald McDonald in Japan nicht so gut ankam – denn diese Farbe wird in Japan nicht wie bei uns mit Reinheit und Unschuld assoziiert, sondern mit Tod und Trauer. Inzwischen wirbt in Japan eine weibliche Figur für das Unternehmen. Ohne weiße Schminke. Im internationalen Marketing gibt es unzählige Beispiele missglückter Kampagnen, die Kultur als wichtige Einflussgröße für Unternehmenspräsentationen unterstreichen.m Zur Erstellung der Filme hat Fleischer daher mehrere Faktoren ermittelt, die seiner Meinung nach den größten Einfluss auf die Präsentationsweise haben. So sind Mentalität, Stereotype, die Lebenswelt von Erasmus-Studenten, aber auch soziodemographische Faktoren von entscheidender Bedeutung. Bestehende Stereotype sind ein besonders interessanter Fundus für die Gestaltung von Werbebotschaften: Positive Stereotype über Deutsche können im Film unterstrichen werden – wie beispielsweise Innovation und Kreativität – oder auch durchkreuzt werden. So warb eine deutsche Fluggesellschaft in Spanien für ein besonders günstiges Angebot mit dem Satz: „Wir scherzen nicht. Wir sind Deutsche.“ – wohlwissend, dass Deutsche in Spanien eher nicht für ihren Humor bekannt sind. Bildelemente, mit denen der Zuschauer negative Stereotype assoziiert, sollten hingegen vermieden werden. Auch für die Glaubwürdigkeit des Films sind Stereotype von Belang: „Bevor man behauptet, es ginge hier so oder so zu, sollte ein Filmemacher erst einmal herausfinden, wie die Zielgruppe über die Deutschen denkt und was sie für möglich oder unmöglich hält“, so Fleischer. Da bis dato keine passenden Daten zu Mentalitätsmerkmalen, Stereotypen und soziodemographischen Eigenschaften von Erasmus-Studenten an der Universität Leipzig vorlagen, hat der Autor für die Filme eigens einen Fragebogen konzipiert und unter Austausch-Studenten verteilt. Insgesamt nahmen 129 Personen aus 22 Ländern an der Umfrage teil; unterstützt wurde Fleischer dabei von der Studentenorganisation WILMA sowie vom Akademischen Auslandsamt. Gemäß dieser Untersuchung ist das Durchschnittsalter von Erasmus-Studenten an der Universität Leipzig 22 Jahre, über 60 Prozent von ihnen studieren ein sprachbezogenes Fach. Ihre Hauptgründe für den Antritt eines Austauschsemesters in Leipzig ähneln sich: Am wichtigsten sind ihnen Verbesserung von Sprachkenntnissen, Erweiterung des Horizonts, das Kennenlernen der deutschen Kultur sowie Verbesserung von Kompetenz, Toleranz und kulturellem Verständnis. Darüber hinaus existieren jedoch erhebliche Unterschiede. 84 Prozent der befragten Franzosen versprechen sich von ihrem Erasmus-Aufenthalt bessere Berufschancen – aber nur 46 Prozent der journal Thema befragten Briten. Über 60 Prozent der Franzosen und Spanier spielen mit dem Gedanken, ein Leben in Deutschland zu beginnen – aber nur einem Viertel der Briten und 14 Prozent der Italiener ergeht es ebenso. „Die Rangliste der Gründe fürs Austauschsemester zeigt, dass die meisten Erasmus-Studenten sich gleichermaßen bewusst und aktiv mit ihrem individuellen Lebensweg und ihrer Persönlichkeitsentwicklung auseinandersetzen“, fasst Fleischer zusammen. „Sie zeigt aber auch kulturspezifische Unterschiede, denen man im Film Rechnung tragen muss“. Anders als Amerikaner bevorzugen Italiener flexible Stundenpläne Weiterhin wurden folgende Mentalitätsmerkmale von Erasmus-Studenten ermittelt: Machtdistanz, Individualismus/Kollektivismus, Maskulinität/Feminität sowie Unsicherheitsvermeidung. Die ermittelten Werte zeigen teils erhebliche Mentalitätsunterschiede zwischen den Kulturen: • Vor allem Amerikaner und Franzosen begegnen ihren Professoren und Lehrkräften mit großem Respekt und betrachten diese als ausgesprochene Autoritätspersonen, wohingegen Spanier, Briten und Italiener ein unkomplizierteres Verhältnis zu ihnen haben. • Spanier, Franzosen und vor allem Italiener legen bei ihrem Studium großen Wert auf ein gutes Verhältnis zu Kommilitonen und ein angenehmes Studienumfeld, während Amerikaner und Briten von ihrem Studium eher Herausforderungen sowie die Möglichkeit erwarten, etwas erreichen zu können. • Italiener, und in etwas geringerem Maße auch Briten, Franzosen und Spanier, bevorzugen flexible Stundenpläne und weit gefasste Lernaufgaben – sie erwarten Belohnung für Originalität. Die befragten Amerikaner hingegen haben das Bedürfnis nach strikt festgelegten Stundenplänen mit strukturierten Lernsituationen und exakten Zielsetzungen. „Diese Mentalitätsmerkmale müssen bei der Filmgestaltung für fremdkulturelle Zielgruppen unbedingt berücksichtigt werden“, so Fleischer. Beispielsweise könnte ein herausfordernd dargestelltes Studium bei Spaniern eher abschreckend als einladend wirken – bei Amerikanern verhält es sich umgekehrt. Heft 3/2007 Die Daten der Umfrage sowie weitere Kriterien erlaubten dem Autor schließlich die Erstellung eines Gestaltungsrasters für jeden der geplanten Filme. Es enthält genaue Angaben zur beabsichtigten Wirkung, Präsentation der Stadt, der Universität, des Instituts, der Professoren, der Kommilitonen. Auch Angaben zur Musik- und Textgestaltung sind enthalten. Die Filme selbst wurden mit Hilfe der Leipziger Filmproduktionsfirma NuoViso realisiert – als No-Budget-Produktion. „Weder ich noch das IALT hätten eine kommerzielle Produktion bezahlen können, also kam NuoViso zu Hilfe. Wir haben über einen Monat lang gedreht und mehr als zwei Monate im Schnitt gesessen“, erzählt Fleischer. Unterstützung bekam der Autor auch von der Stadt Leipzig, ARD Aktuell, dem Stasi-Museum und vielen weiteren Menschen – unter anderem mit kostenlosen Luftaufnahmen der Stadt sowie verdeckt gefilmten Aufnahmen von den Massendemonstrationen in Leipzig, die 1989 um die Welt gingen. Doch vor allem die Anpassung an die jeweilige Mentalität gestaltete sich äußerst aufwändig: „Wenn ein Film auf die Mentalität passen soll, erledigt sich das nicht im Schnitt, sondern er muss bereits so gedreht sein. Man muss auf jedes noch so winzige Detail achten“, so Fleischer. Herausgekommen sind Imagefilme mit ähnlichem Inhalt, aber mit völlig unterschiedlicher Gestaltung. Während sich beispielsweise die Handlung im individualistischen, französischen Film um eine einzelne Erasmus-Studentin und ihre Erlebnisse in Leipzig dreht, steht im spanischen Film die Gruppe im Vordergrund, da Spanien eher kollektivistisch orientiert ist. Auch im britischen Film steht ein Protagonist im Mittelpunkt, doch in England erwartet man von Präsentationen auch Humor, und zwar den typisch britischen. Darum gehorcht der britische Film vor allem dem Gesetz der Selbstironie, so Fleischer: „Ein Institutsdirektor, der mit seinem Motorrad durch rote Ampeln rast und dabei fast einen Studenten rammt, um schließlich auf die Uhr zu schauen und ganz trocken zu sagen: ‚Oh…I made it just in time‘ – sowas trifft bei Briten voll ins Schwarze, in anderen Ländern wäre es skandalös. Ich schätze mal, das war nicht mein letzter Imagefilm für Großbritannien“. Frank Höfer und Robert Fleischer www.nuoviso.de/filmeDetail_ialt_ span.htm Am Rande Neulich fand ich das Programm des Zentrums für Hochschulsport in meinem Postfach. Ich weiß bis heute nicht, wem ich es zu verdanken habe. Ich lehne mich zurück, blättre und gerate ins Schmunzeln. „Sportarten“, von denen ich nie hörte, wie Capoeira. Oder Breakdance. Letzteres ist eine Kombination aus Toprock, Downrock, Freezes und Powermoves (so die Beschreibung), sieht bei Fortgeschrittenen akrobatisch und bei Anfängern spastisch aus, wurde in den 1970er Jahren von der afro- und puertoamerikanischen Jugend nach Deutschland gebracht und in TV-Filmen häufig kriminellen Straßenkindern auf den Leib geschrieben. Mittlerweile ist sie also auch hochschultauglich, genauso wie Renaissancetanz, Trampolinspringen und diverse Kampfsporttechniken. Wozu das alles gut sein mag, fragen Sie sich? Um fit zu bleiben oder zu werden, Pfunde abzutrainieren und möglichst lange pumperlgesund im Dienste der Wissenschaft zu stehen, zu lehren und zu lernen. Immerhin nehmen pro Semester knapp 10 000 Studenten und vereinzelt auch Mitarbeiter das Angebot wahr. Kein Wunder, schwebt das Damoklesschwert namens Übergewicht oder gar Fettleibigkeit doch an einem kalorienschweren Faden über jedem. Und senkt sich bei jeder Portion Mousse au chocolat bedenklich. So wie die Nadel der Personenwaage immer weiter nach rechts dreht, greift man nicht regelmäßig zu Salat statt Sauce hollandaise getränktem Spargel. Doch was lese ich da? „Dicke Menschen leben länger.“ Der das sagt, ist kein Geringerer als der wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, Udo Pollmer. Also doch Burger statt Bewegung? „No sports“ (Churchill) statt „Sport frei!“ (dem alten Gruß, mit dem zu DDR-Zeiten Training und Schulsport begonnen hatte)? Vielleicht wäre ein Alibi-Sport als Kompromiss der Ausweg aus dieser moralischen Misere? Schach. Oder Golf. Das eine ist Gehirnjogging, das andere an der frischen Luft – aber Kalorien werden kaum verbrannt. Tobias D. Höhn 31 Personalia Physik, Philosophie und Friedensforschung In memoriam Carl Friedrich von Weizsäcker, Ehrendoktor der Physikalischen Fakultät Am 28. April 2007 ist der Physiker, Philosoph und Friedensforscher Carl Friedrich von Weizsäcker nach langer Krankheit im Alter von 94 Jahren verstorben. Er begann auf Anraten seines Mentors, des Entdeckers der modernen Quantentheorie, Werner Heisenberg, seine wissenschaftliche Karriere in Leipzig auf dem Gebiet der Physik. Als ein hoffnungsvoller Kernphysiker erlebte er die ambivalente Nutzung der Energietechnik, zuerst die militärische, später, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, auch die friedliche Nutzung der Kernspaltung. Sein lebenslanges kosmisches Interesse, sein frühes Interesse an den Sternen, führte ihn intuitiv in den 1930er Jahren in Leipzig zur Entdeckung der Kernfusion als einer nachhaltigen Energiequelle der Sonne. Diese Pionierleistung in der Sonnenphysik ist für immer mit seinem Namen verbunden: Bethe-Weizsäcker-Zyklus. Eine Grundlage für diese Anwendung war seine Massenformel zur Berechnung des Energieinhaltes der Atomkerne (Leipzig, 1934), die heute noch jeder Physikstudent kennen muss. Der physikalischen Energetik widmete sich der „Sommerfeld-Enkel“ von Weizsäcker nicht nur in seiner Leipziger Zeit (Kernenergetik). Selbst während seiner Internierung in Farm Hall beschäftigte er sich mit der Energetik, der Lehre von der Energie. Er nutzte sie dort zur Analyse von astrophysikalischen Turbulenzen. Darüber hinaus ist seine historische Skizze zur physikalischen Energetik noch heute lesensund bedenkenswert. Carl Friedrich von Weizsäcker ergänzte seinen retrospektiven Aufbau der Physik mit der Urtheorie (München, 1966). Sie repräsentiert einen abstrakteren, informationsdominierten Zugang zur Entwicklung einer Einheitstheorie in der Physik. Sie gilt heute als ein Vorläufer der sich im Aufbau 32 befindlichen Quanteninformationstheorie. Das ursprüngliche philosophische Interesse setzte er in Hamburg in den Kreisgängen seiner „komplementären“ Philosophie und Logik um und kennzeichnete seinen Lebensweg einmal so: „Ich habe Physik studiert aus philosophischem Interesse und Carl Friedrich von Weizsäcker, Ehrendoktor der Physikalischen Fakultät, starb am 27. April im Alter von 94 Jahren. Foto: Armin Kühne Philosophie betrieben als Konsequenz des Nachdenkens über Physik.“ Zunehmend rückte das Problem des Friedens in der komplexen wissenschaftlichtechnischen Welt in das Zentrums seines Philosophierens: Wie ist das Leben bei einer anhaltenden Existenz der Atom- und Wasserstoff-Bomben nachhaltig zu gestalten? Die Initiative zur Erklärung der „Göttinger Achtzehn“, die Produktion und den Einsatz der Atomwaffen weltweit einzustellen, ging 1957 von ihm aus. Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1963 war eine erste Anerkennung seiner hartnäckigen Bemühungen um Frieden und seinen tief schürfenden Analysen der Bedingungen des Friedens. Ein Höhepunkt der Friedensforschung war die Gründung des Max-Planck-Institutes zur Erforschung der Lebensbedingungen in der heutigen wissenschaftlich-technischen Welt (Starnberg, 1970). C. F. v. Weizsäcker hat sich dem deutschdeutschen Dialog verpflichtet gefühlt und ihn auf verschiedenen Ebenen geführt. In der Leopoldina in Halle war es die wissenschaftliche Ebene; der Ehrendoktor der Physikalischen Fakultät der Leipziger Universität inspirierte 1988 in einem Leipziger Kolloquium die Gilde der naturwissenschaftlich interessierten Philosophen. Die in Leipzig begonnene erste friedliche Revolution in Deutschland analysierte von Weizsäcker 1990 in seinem Vortrag in der Nikolaikirche. Er konnte in den 90er Jahren die friedliche Umgestaltung in Europa miterleben – als Modellfall einer globalen Umgestaltung – hin zu einer nachhaltigen Friedensordnung. Sein letzter Mitarbeiter, Th. Görnitz, nennt ihn in seiner Biografie einen Denker an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Carl Friedrich von Weizsäcker wird uns in dieser Zeit des tief greifenden globalen Umbruchs fehlen. Dr. rer. nat. Wolfgang Eisenberg Präsident der Arnold-SommerfeldGesellschaft e. V. journal Personalia NOMEN Die Kolumne von Namenforscher Prof. Dr. Jürgen Udolph Pressestelle wieder komplett Der Familienname „Hegerl“ Neu berufen: Ulrich Hegerl Er brachte das Kompetenznetz Depression mit nach Leipzig: Professor Dr. Ulrich Hegerl, neu berufener Professor für Psychiatrie und Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie an der Universität Leipzig. Er ist Sprecher des Gesamtprojektes, das sich mit Depression und Suizidalität befasst und das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 1999 gefördert wird. Depression und Suizidgefährdung gehören auch zu den Forschungsschwerpunkten des zuvor an der Ludwig-Maximilians-Universität München tätigen Psychiaters. Er postulierte vier Interventionsebenen für die Versorgung psychisch Kranker und die Prävention von Suizidalität. Diese beziehen sowohl den Hausarzt, als auch den Patienten ein, aber auch die Information der Öffentlichkeit und Multiplikatoren wie Lehrer, Pastoren oder Altenpflegekräfte, die ihrerseits wieder zum besseren Verständnis von Depression und Suizid beitragen. Letzteres ist eines der zentralen Ziele des engagierten Wissenschaftlers, der sich folgerichtig für das Deutsche Bündnis gegen Depression einsetzt, das aus dem Kompetenznetz hervorgegangen ist. Auf europäischer Ebene ist Hegerl seit 2004 Leiter der „European Alliance Against Depression“, die von der Europäischen Kommission gefördert wird. Außerdem ist er Autor einer Reihe von wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Büchern zum Thema. Wissenschaftlich beschäftigt sich Hegerl weiterhin mit der Neurobiologie von Zwangsstörungen, der Hirnfunktionsdiagnostik bei psychischen Erkrankungen und der Versorgung psychisch Kranker. Professor Hegerl hat sich mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Leipzig angesiedelt und inzwischen auch wieder manchmal Zeit für sein Hobby gefunden: das Sammeln von Steinen, die ihm besondere Freude machen, wenn sie Abdrücke von Fossilien haben. Dr. Bärbel Adams Heft 3/2007 Unter 40 Millionen Telefonteilnehmern (Stand: 1998; neuere CD-ROM sind aus Datenschutzgründen schlecht zu verarbeiten) ist der Name in Deutschland 55-mal bezeugt. Damit gehört er zu den selteneren Familiennamen. Die Verbreitungskarte zeigt, dass er vor allem in Süddeutschland zu finden ist. Das wird bestätigt durch vier Einträge in der umfassendsten Familiennamen-Datenbank des Internets familysearch.org. Die Namenträger lebten im ehemaligen Donaukreis und in der Oberpfalz. Es handelt sich mit ziemlicher Sicherheit um einen mit dem Suffix -l- erweiterten Familiennamen. Wir kennen dieses Element aus Hänsel und Gretel, Kose- und Verkleinerungsformen von Hans, Johannes und Grete, Margarethe, auch von Bübel, Häusel, Krümel. Die Grundlage der -l-Ableitung ist aber leider nicht eindeutig. Zugrunde liegt Heger, Häger, Namen, die fast 4000 Mal auf einer Telefon-CD erscheinen, die in zweifacher Weise erklärt werden können: 1.) Berufsname zu dt. hegen, das heute immer noch in der Wendung hegen und pflegen vor allem für den Jäger verwandt wird. Früher war ein Heger vor allem ein Forstbedienter, dem die Pflege des Waldes aufgetragen war. Darin enthalten ist mittelhochdeutsch hegen „mit einem Hag oder einer Hege umgeben, umzäunen“, später übertragen auf die Schonung des Forstes, sowie des Fischwassers und der darin sich aufhaltenden Tiere“. Zugrunde liegt nach dem Wörterbuch der Brüder Grimm (Deutsches Wörterbuch) die Vorstellung, dass die Schonung ursprünglich durch das Umgeben der geschonten Örtlichkeit mit einem Hag geschieht“. 2.) Alter Personenname Hagi-hari, der im ersten Teil germanisch hag „Einhegung, eingehegter Ort“, ahd. hagan „Dornstrauch, Hecke“, mhd. hac, hain „Buschwald“, enthält, dazu auch Personennamen wie Hagen. Im zweiten Teil steckt german. harja „Heer, Kriegsschar“. Letzten Endes ist in beiden Namen hagen enthalten, das mit Hecke etymologisch verwandt ist und früher einen durch eine lebende Hecke abgegrenzten Bezirk bezeichnete. Seit März ist die Stelle des Redakteurs für das Uni-Journal wieder besetzt: Der Diplom-JournalistTobias D. Höhn (28) setzte sich im Bewerbungsverfahren durch und komplettiert damit die Pressestelle. Nach dem Weggang von Carsten Heckmann an die Martin-Luther-Universität Halle betreute Tobias D. Höhn das Heft drei Ausgaben lang bereits kommissarisch und setzte schon in dieser Zeit manchem Stammleser auffallende, eigene Akzente – und erntete positive Reaktionen. Nun möchte der in Coburg Geborene das Uni-Journal möglichst noch in diesem Jahr neu konzeptionieren: „Ich denke dabei an ein Magazin, das breitere und tiefere Informationen für die unterschiedlichen Leserkreise bietet. Optisch aufgewertet sein sollte dies durch ein frischeres Layout und einen modernen Bildjournalismus, der die Vorzüge aus Forschung, Lehre und UniAlltag zur Geltung bringt“, verrät er. Auch mehr Farbe soll ins Spiel kommen. Tobias D. Höhn hat am Leipziger Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft Journalistik und im zweiten Hauptfach Politikwissenschaft studiert und eine herausragende Diplomarbeit über die Schnittstelle zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus verfasst. Er volontierte bei der Deutschen Presse-Agentur und ist auch heute – nicht zuletzt, da die Redakteursstelle an der Uni leider nur eine halbe ist – für die dpa, Die Zeit und andere Medien als freier Journalist tätig. Neben dem Uni-Journal gibt es übrigens noch ein weiteres großes Projekt für Tobias D. Höhn: Die Vorbereitung einer Promotion. Dr. Manuela Rutsatz 33 Personalia „Akademischer Ritterschlag“ für Leipziger Urologie-Chef Jens-Uwe Stolzenburg wird „fellow ad hominem“ des Royal College of Surgeons of Edinburgh Von Tobias D. Höhn Der Leipziger Urologe Jens-Uwe Stolzenburg kann es selbst kaum fassen: Die älteste Vereinigung chirurgischer Fächer weltweit hat ihn zum jüngsten Ehrenmitglied der Geschichte ernannt. „Nur vier Urologen in der 501-jährigen Geschichte des Royal College of Surgeons of Edinburgh wurde diese Ehre bisher zu teil, davon keiner aus Deutschland“. Der Anfang Mai zum Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie ernannte Privatdozent ist mit Recht stolz auf diese Ehrung. „Diese Auszeichnung bekommen nur wenige, und dann meist am Ende ihres Berufsweges“, sagt Stolzenburg. Der 42-Jährige ist immer noch ergriffen, wenn er die Fotos auf seinem Computerbildschirm betrachtet und das feierliche Zeremoniell Revue passieren lässt. Im Talar des College mit cyanfarbener Schärpe nahm er am 13. April die DINA3-große Urkunde in Empfang. Teezeremonie, Galadinner, Dudelsackmusik Für viele ist Freitag der 13. ein Unglückstag, nicht so für den Geehrten. „Es ging schon nachmittags mit einer Einladung zum Tee beim Präsidenten des Royal College los, wo wir auf die folgende Zeremonie vorbereitet wurden. Parallel dazu wurden die Ehepartner zur Frau des Präsidenten geladen. Allein die Zeremonie ist über 200 Jahre alt“, erzählt er. Neben dem Leipziger Mediziner wurden an diesem Tag weitere Mitglieder in die Wissenschaftsvereinigung aufgenommen, zu der weltweit 17 000 Mitglieder gehören. Doch nur drei wurden an diesem Tag in den kleinen Kreis der „fellow ad hominem“ aufgenommen – eine Auszeichnung, die der deutschen Ehrendokterwürde gleichkommt. Ein Ritterschlag für Akademiker. Ein Galadinner bildete den Abschluss des Tages, 34 Die Urkunde wird noch gerahmt und ziert fortan sein neues Dienstzimmer, denn seit 1. Mai ist PD Stolzenburg Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie. Foto: Tobias D. Höhn der „very scottish“ mit Dudelsackmusik begleitet wurde. Das Royal College of Surgeons of Edinburgh unter dem Patronat von Prinz Philipp, Gemahl von Königin Elisabeth II., legt laut Stolzenburg einen besonderen Schwerpunkt auf die Ausbildung. Der Leipziger wurde für seine Verdienste um die laparoskopische Chirurgie in der Urologie von einem Expertengremium vorgeschlagen und durch den Präsidenten und das Konzil des Royal College bestätigt. Laudator Dr. Alan McNeill (Chairman Department of Urology, Western General Hospital, Edinburgh) würdigte Stolzenburgs Verdienste, um die Ausbildung zahl- reicher Kollegen in der minimal-invasiven Behandlung von Prostatakrebs. Hier hat Stolzenburg, wie bereits berichtet, eine neues Verfahren, die so genannte endoskopische Extraperitoneale Radikale Prostatektomie (EERPE) entwickelt und mittlerweile bei mehr als 1400 Patienten erfolgreich angewendet. Stolzenburg sei bei der Ausbildung vom herkömmlichen Prinzip „see one, assist one, do one“ weggegangen, so der Laudator und habe das „modular surgical training“ eingeführt. Dabei lernen junge Chirurgen Schritt für Schritt unterschiedliche Schwierigkeitsgrade der Operation – ohne Nachteile für den Patienten, ohne längere journal Personalia OP-Dauer, ohne höhere Kosten und eine deutlich kürzere Lernkurve für den Chirurgen. „Prostatakrebs mit 30 000 Neuerkrankungen jährlich in Deutschland ist die dritthäufigste Krebs-Todesursache bei Männern“, weiß der Mediziner. Der Vorteil der von ihm entwickelten Methode: bei sehr guten Ergebnissen hinsichtlich der Tumorkontrolle sind die früher häufig vorkommenden Nebenwirkungen (Inkontinenz, Impotenz) deutlich weniger geworden. Für den Patienten ist die EERPE ein im Vergleich zur Schnittoperation ein besonders schonendes Verfahren. Kein Wunder also, dass Urologen aus der ganzen Welt nach Leipzig kommen, um diese Methode zu erlernen. Viele besuchten internationale Operationsseminare des 2002 gegründeten Trainingszentrum für Urologische Laparaskopie oder schauten Stolzenburg bei einem seiner Operationsseminare im Ausland über die Schulter. Nicht zu vergessen: jährlich kommen zirka 200 nicht aus Sachsen stammende Patienten zur Operation in die Klinik in der Liebigstraße, zunehmend Patienten aus dem Ausland. Und auch wenn er sonst wenig von gerahmten Urkunden hält, will er sich die mit Siegel verbriefte Schrift in sein neues Dienstzimmer in der Liebigstraße hängen – ist es doch Ansporn für weitere Projekte. „Ich will die Klinik weiter aufbauen. Das Gesundheitssystem ändert sich, da müssen wir Schritthalten“, sagt er und verweist auf den angestrebten Einsatz der robotergestützten Chirurgie in der Urologie, den Aufbau eines zertifizierten Kontinenzzentrums gemeinsam mit der Kinderchirurgie, der Gynäkologie und der Chirurgie und eines Prostatakompetenzzentrums. Seit der feierlichen Zeremonie darf sich PD Dr. Uwe Stolzenburg als einziger Urologe Deutschlands „fellow ad hominem“ des Royal College of Surgeons of Edinburgh nennen. Foto: privat Heft 3/2007 Begeisterter akademischer Lehrer Prof. Dr. Holm Häntzschel zum 65. Geburtstag Prof. Holm Häntzschel hatte 20 Jahre den Lehrstuhl Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie inne. In einer sowohl medizinisch als auch künstlerisch geprägten Familie wurde er am 3. Oktober 1941 in Chemnitz geboren. Nach dem Studium der Humanmedizin in Leipzig arbeitete er zunächst am Anatomischen Institut der Universität Leipzig und absolvierte danach seine Facharztausbildung für Innere Medizin am Medizinisch-Poliklinischen Institut. Nach erfolgreicher Promotion wurde er 1972 Facharzt für Innere Medizin und führte unter seinem Lehrer Werner Otto seine Spezialisierung in der Rheumatologie fort, in einem Fach, das ihn schon früh klinisch und wissenschaftlich faszinierte.m Nach seiner Habilitation 1978 führte ihn seine wissenschaftliche Karriere mehrmals an das Institut für Rheumatologie der Akademie der Medizinischen Wissenschaften der UdSSR in Moskau. 1987 erfolgte die Ernennung zum Professor für Innere Medizin/Rheumatologie. 1993 übernahm er die aus dem Medizinisch-Poliklinischen Institut hervorgegangene Medizinische Klinik IV am Zentrum für Innere Medizin der Universität Leipzig. Als deren Direktor war er am Aufbau der Medizinischen Fakultät und der Universitätsklinik entscheidend beteiligt, so als langjähriger Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Innere Medizin und als Mitglied der Medizinischen Fakultät. Im April 1990 wurde Holm Häntzschel zum Vorsitzenden der Gesellschaft für Rheumatologie der DDR gewählt. Unter seiner maßgeblichen Mitwirkung gelang wenige Monate später die Vereinigung der beiden deutschen Fachgesellschaften. In zahlreichen Gremien der DGRh hat er danach mitgewirkt. Er ist Gründungsmit- glied der Rheuma-Liga Sachsen und war deren erster Präsident. Die Funktion des ersten Sprechers des Rheumazentrums Leipzig wird er auch weiterhin innehaben. Seit Jahren ist er als Vorsitzender der Prüfungskommission für den Schwerpunkt Rheumatologie bei der Sächsischen Landesärztekammer zuständig. Über Jahre hinweg war Holm Häntzschel Mitglied des Vorstandes der Sächsischen Gesellschaft für Innere Medizin, die ihn für die Jahre 2003 bis 2005 zu ihrem Vorsitzenden wählte und ihm aufgrund seiner engagierten Arbeit im Jahre 2006 die Ehrenmitgliedschaft verlieh. Wissenschaftliche Schwerpunkte der Arbeit von Professor Häntzschel waren die Kollagenosen sowie die rheumatoide Arthritis, wobei insbesondere die Forschungen zu Prognosefaktoren, genetischen Krankheitsdeterminanten und die extraartikulären Organmanifestationen bei der rheumatoiden Arthritis national und international Ansehen erworben haben. Zahlreiche Publikationen in nationalen und internationalen Zeitschriften, ungezählte Vorträge sowie die Mitarbeit in internationalen Forschergruppen und der europäischen Rheumatologengesellschaft (EULAR) weisen auf die erfolgreiche Arbeit einer patientenorientierten Forschung hin.m In der Ausbildung der Studenten und in etlichen, teilweise schon zur Tradition gewordenen Fortbildungsveranstaltungen beweist er sich als begeisterter akademischer Lehrer. Durch seine exzellente klinische Weiterbildung von Kollegen und sein großes Engagement für die Patienten hat er die von Werner Otto begründete „Leipziger Rheumatologenschule“ erfolgreich weitergeführt. Dr. Wolfram Seidel Prof. Dr. Christoph Baerwald 35 Personalia Grüner Daumen und um keine Antwort verlegen Guter Geist seit 46 Jahren: Günter Paetzold Von Tobias D. Höhn „Morgenstund ist aller Laster Anfang“, sagt Günter Paetzold. Der Mann mit grüner Latzhose und Anorak ist von zupackender Art und nie um einen Spruch verlegen. So kennen und schätzen ihn seine Kollegen, aber auch die Besucher des Botanischen Gartens der Universität Leipzig, die bei ihm Rat zur Pflanzenpflege suchen. Der stellvertretende technische Leiter ist so etwas wie das Urgestein des ältesten Botanischen Gartens Deutschland und ein guter Geist im Verborgenen. „Er hat immer ein offenes Ohr für die Kollegen, beruflich wie privat. Er ist da, wenn es irgendwo klemmt und steht mit fachlichem Rat zur Seite“, sagt seine Kollegin Brigitte Klipp. Und Ute Lohs ergänzt: „Er ist ein Fachmann alter Schule, weiß auf jede Frage eine Antwort – und die ist mit Sicherheit richtig. Ob Tag oder Nacht: Herr Paetzold ist immer präsent.“ Am 13. August 1961 war Paetzold aus Oschersleben in Sachsen-Anhalt nach Leipzig gekommen. Zwei Tage später begann er als Gärtnergeselle im Botanischen Günter Paetzold, stellvertretender technischer Leiter des Botanischen Gartens und dessen guter Geist. Nach 46 Jahren geht er in den Ruhestand. Foto: Tobias D. Höhn 36 Garten, legte 1973 die Meisterprüfung ab und fungierte in der Wendezeit von Februar 1990 bis Februar 1991 als Leiter. Sein Revier ist über die Jahrzehnte gleich geblieben, er widmete sich vor allem dem Austausch von Saatgut mit anderen botanischen Gärten aus aller Welt, betreute die Systematische Abteilung, Heilpflanzenabteilung und die blütenbiologischen Gruppen. Und dann hat er noch einen ganz besonderen Spleen, wie er selbst sagt: „Die Pflanzen, die ich betreue, sollen den Alten schon einmal pro Tag sehen. Jede einzelne schaue ich mir genau an.“ Dass dies immerhin 2000 Stück sind, verrät er erst auf Nachfrage. Auf die Frage, ob er auch mit ihnen rede, muss er noch lachen: „Das bedarf es nicht zwischen einem erfahrenen Gärtner und seiner Pflanze.“ Die Tage beginnen für den 64-Jährigen um 6.45 Uhr. Wochenenddienste gehören dazu. Beim verheerenden Hagelsturm letzten Sommer (Uni-Journal 7/2006), bei dem 260 Isolierglasscheiben der Gewächshäuser zerstört wurden, war er als erster vor Ort. „Es tat schon weh, das zu sehen, wo wir doch alles vor kurzem erst neu gemacht hatten.“ In der Linnéstraße überwiegt die Praxis, das theoretische Wissen liest sich Paetzold zuhause an. „Viele Besucher haben detaillierte Fragen, bringen Saatgut oder Pflanzenblätter mit und wollen etwas zu Schädlingen wissen“, sagt er. Bei kniffligen Fragen muss selbst er manchmal passen und ruft dann zurück. Günter Paetzold ist ein Mann, der seinen Beruf liebt und lebt. Dass er mit 65 Jahren dennoch aufhören will, ist dabei kein Widerspruch. „Nach 51 ununterbrochenen Berufsjahren will ich Platz machen für einen Jüngeren.“ Künftig will er seinen „grünen Daumen“ im eigenen, 230 Quadratmeter großen Schrebergarten einsetzen, in dem auch so manches exotische Gewächs steht. In seinem sechsjährigen Enkel hat er dabei einen interessierten Schüler gefunden. Wenn Paetzold am 31. Juli die Latzhose ablegt, „geht mit ihm nicht nur der beste Mann des Betriebes, sondern auch die gute Seele“, sagt der Technische Leiter Matthias Schwieger. Doch Paetzold wird wieder kommen. Als Besucher. Und manchmal auf seine Schützlinge schauen und die drei Meter große Hanfpalme neben dem Verwaltungsgebäude. 1962 hatte er die Samen dafür ausgesät. Heute ist sie gut drei Meter groß. „Ein Gärtner sollte Geduld haben. Wenn er sie nicht hat, sollte er Salat pflanzen. Der wird nach sechs Wochen gegessen“, sagt er. Gute Geister Man sieht sie selten auf der Bühne. Ihr Platz ist meist hinter dem Vorhang. Doch ohne sie müsste die Vorstellung ersatzlos ausfallen. Sie haben die helfenden Hände, sie kümmern sich, wenn alle Stricke zu reißen drohen, sie schaffen eine angenehme Atmosphäre. Nur: Wenn sie ihre Arbeit gut machen, merkt manchmal kaum jemand, dass sie überhaupt da sind. Die Rede ist von den „guten Geistern“, ohne die auch ein so großer Wissenschaftsbetrieb wie die Universität nicht auskommen kann. Das Uni-Journal stellt einige dieser verlässlichen Menschen in loser Folge vor. Dieses Mal: Günter Paetzold, stellvertretender technischer Leiter des Botanischen Gartens. Bestimmt kennen auch Sie den einen oder anderen „guten Geist“ in Ihrer Arbeitsumgebung. Ob er nun in der Pförtnerloge sitzt oder im Vorzimmer, im Referentenbüro oder im Institutsarchiv. Verraten Sie uns, wie Ihr „guter Geist“ heißt, wir sorgen dann für ein wenig Rampenlicht. Ihre Vorschläge bitte per E-Mail an: [email protected]. journal Personalia Geburtstage laufende Jahr 163.850 Euro bewilligt bekommen. Fakultät für Mathematik und Informatik 60. Geburtstag Dr. Rolf Hartwig am 2. April Dr. Karlheinz Haubold am 12. April Werner Reutter am 3. Juni Dr. Dieter Sosna am 5. Juni 80. Geburtstag Prof. Dr. Hans-Joachim Rossberg am 5. Juni Prof. Dr. Michael Riekenberg, Historisches Seminar, wurde eingeladen, als „fellow in residence“ in der Forschergruppe „Control of violence“ mitzuarbeiten, die im Oktober diesen Jahres am Zentrum für Interdisziplinäre Studien ZIF der Bielefelder Universität eingerichtet wird. Die Gruppe thematisiert vorrangig die Bedingungen nachlassender Gewaltkontrollen. Fakultät für Chemie und Mineralogie 70. Geburtstag Prof. Dr. Peter Welzel, Institut für Organische Chemie, am 25. Mai Prof. Dr. Horst Hennig, Institut für Anorganische Chemie, am 6. Juni Der Rektor der Universität Leipzig und die Dekane der einzelnen Fakultäten gratulieren herzlich. (Die Geburtstage werden der Redaktion direkt von den Fakultäten gemeldet. Die Redaktion übernimmt für die Angaben keine Gewähr. Das gilt auch für deren Vollständigkeit.) Kurz gefasst Die Deutsche Geophysikalische Gesellschaft ernannte auf ihrer Jahrestagung in Aachen Prof. Dr. Franz Jacobs, ehemaliger Direktor des Instituts für Geophysik und Geologie, in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste um die Geophysik und um die Gesellschaft zu ihrem Ehrenmitglied. Auf der gleichen Tagung wurde Christoph Sens-Schönfelder mit dem Günter-Bock Preis für eine hervorragende Publikation eines jungen Wissenschaftlers ausgezeichnet. Herr Sens-Schönfelder promoviert zur Zeit am Institut für Geophysik und Geologie in der Arbeitsgruppe Theoretische Geophysik und beschäftigt sich mit seismologischen Untersuchungen an Vulkanen. Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt, Direktorin des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung hat vom Europäischen Sozialfonds für das Projekt „Förderung von Qualifizierungsprojekten zur Verbesserung der Berufseinstiegschancen von Hochschulabsolventen und -absolventinnen“ für das Heft 3/2007 Von der Fritz-Thyssen-Stiftung hat Prof. Dr. Dr. Georg Schuppener, Institut für Germanistik, kürzlich Projektgelder in Höhe von 3.600 Euro für das Forschungsprojekt „Handbuch der deutschen mathematischen Fachsprache des 16. und 17. Jahrhunderts“ bewilligt bekommen. Habilitationen Fakultät für Physik und Geowissenschaften Dr. Peter Schreck (3/07): Metallmobilität und Stoffströme im Bergbaudistrikt Mansfelder Land – eine Systemanalyse Dr. Detlef Müller (3/07): Characterization of Free-Tropospheric Particles With Multiwavelength Raman Lidar: Geometrical, Optical, and Microphysical Properties of Aerosol Pollution From Europe, North Africa, South Asia, and North America Dr. Christoph Waack (4/07): Randerscheinungen – Regionalisierungen und Skalierungen im Kontext von Transformations- und Globalisierungseffekten in der Kontroverse um den Goldbergbau im rumänischen Westgebirge Medizinische Fakultät Dr. Sabine Heger (3/07): Neuroendokrine Regulation des Pubertätsbeginns: Regulatorische Aspekte der Gonadotropin-Releasing Hormon Neuronenfunktion Dr. Markus Ullsperger (3/07): Functional Neuroanatomy of Preformance Monitoring: fMRI, ERP and Patient Studies Dr. Jörg Hofmann (4/07): Beiträge zur Pathogenese und Diagnostik der prä- und postnatalen Rötelnvirusinfektion Promotionen Fakultät für Chemie und Mineralogie Aleksandar Tsekov Staykov (6/06): Struktur, Energiespektren und magnetische Eigenschaften eindimensionaler Stapel polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoffe ohne und mit Defekten Manuela Schellin (7/06): Entwicklung und Anwendung neuer Techniken zur Extraktion organischer Kontaminanten aus verschiedenen Matrizes Arnd Garsuch (7/06): Templatgestützte Synthese und Charakterisierung von porösen Kohlenstoffmaterialien Karsten Seeger (7/06): Untersuchung von Protein-Ligand-Wechselwirkungen und eines de novo entworfenen coiled-coil Peptides mit NMR Rakesh Kumar Bhat (7/06): Cloning, over-expression and NMR characterization of 5S subunit of transcarboxylase multienzyme complex of Propionibacterium shermanii Jens Hunger (7/06): Koordinationspolymere aus der Kombination von Bipyrazol- und Polycarboxylatliganden Alexandra Hildebrand (9/06): Synthesis, Structure and Reactivity of Metal Complexes with Phosphanyl- and Arsanylarylthiolato Ligands Ulrike Helmstedt (9/06): Anionen von ungesättigten Mercaptocarbonsäuren als Brückenliganden in heterometallischen Komplexen Irfan Ullah Khan (9/06): Synthesis and Characterization of Neuropeptide Y Analogues for Tumour Diagnosis and Therapy Sarah Kohn (9/06): Phosphor-funktionalisierte Cyclopentadienylverbindungen in der Hauptgruppenmetallchemie Alexander Stranzky (9/06): Synthese und Eigenschaften von Übergangsmetallkomplexen mit P-chiralen Aminoalkylphosphanen Agnes Schulze (10/06): Entwicklung neuer IBX-vermittelter Oxidationsreaktionen sowie Synthese und biologische Untersuchung von Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitoren Fakultät für Physik und Geowissenschaften Thomas Nobis (9/06): Beobachtung und Modellierung des optischen Flüstergalerie-Effekts in hexagonalen Zinkoxid-Nanoresonatoren Bryan Lincoln (9/06): The Microfluidic Optical Stretcher Julius Tsuwi (10/06): Dynamics in emulsions and fluorinated side-chain polymers studied by Broadband Dielectric Spectroscopy Andreas Brzank (11/06): Molecular traffic control and single-file diffusion with two species of particles Muhammad Fahim Akhtar Khokhar (11/06): Retrieval and Interpretation of Tropospheric SO2 from UV/VIS Satellites Instruments Katja Hungershöfer (12/06): Optical Properties of Aerosol Particles and Radiative Transfer in Connection with Biomass Burning Bashkim Ziberi (12/06): Ion Beam Induced Pattern Formation on Si and Ge Surfaces Antje Böhnke (12/06): Natürliche Radionuklide in der Umwelt – Ein Beitrag zur Lokalisierung und Charakterisierung natürlicher Heißer Teilchen in festen Proben Michael Tammer (12/06): Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie an verstreckten Elastomernetzwerken Sibylle von Löwis of Menar (1/07): Measurements within the exhaust plume of a passenger car under real-atmospheric dilution and on-road driving conditions Lars Thomas (2/07): Untersuchungen zur Wechselwirkung von Neuropeptid Y mit Modellmembranen Alexander Vogel (2/07): 2H-NMR-Untersuchungen zur Struktur und Dynamik der membranbindenden Domäne des humanen NRas-Proteins 37 Personalia Timo Betz (4/07): Actin Dynamics and Forces of Neuronal Growth Katrin Lehmann (4/07): Experimental Investigations of the Influence of Turbulent Mixing on Cloud Microphysical Processes Christian Tonk (4/07): Die Anwendung der Spaltspurenmethode auf Apatitproben aus dem sächsischen Grundgebirge – Ein Beitrag zur Rekonstruktion der postvariszischen thermischen und tektonischen Entwicklung Sachsens Fakultät für Mathematik und Informatik Gil Bekö (7/06): Uncovering the Structure of an Artificial Chemistry Universe Jelena Djokic (7/06): Efficient Update of Hierarchical Matrices in the case of Adaptive Discretisation Schemes Julia Ebling (7/06): Visualization and Analysis of Flow Fields based on Clifford Convolution Stephan Steigele (7/06): Computer assisted analysis of RNA-based cellular regulation Thorsten Weber (7/06): Software-Referenzarchitekturen für Geschäftsmodelle des e-Business unter besonderer Beachtung ihrer Erlösmodelle Sören Auer (10/06): Towards Agile Knowledge Engineering: Methodology, Concepts and Applications Claudia Stocsits (11/06): Comparative Genomics of Regulatory Sequence Elements Peter Hornung (11/06): Analysis of Thin Elastic Films Alexander G. 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Gewährleistung von Verfahrensgrundrechten durch die Fachgerichte Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie Susanne Manetto (7/06): Isomerisierende Wirkung von Thiylradikalen in Biosystemen Markus Morawski (7/06): Perineuronal nets – A potentially neuroprotective structure against iron mediated oxidative processes in Alzheimer’s and Parkinson’s disease Angelika Gärtner (7/06): Anforderungsbewältigung im aktuellen gesellschaftlichen Wandlungsprozess – eine gesundheitspsychologische multizentrische Studie Katrin Walther (7/06): Entwicklung und Evaluation eines interaktiven Gedächtnishilfesystems für hirngeschädigte Patienten mit Beeinträchtigungen des prospektiven Erinnerns Miriam Gade (7/06): Aufgabeninhibition als Mechanismus der Konfliktreduktion zwischen Aufgabenrepräsentationen Franziska Kopp (7/06): Rehearsal-Prozesse im Arbeitsgedächtnis und EEGKohärenz Christian Henze (7/06): Untersuchungen zur Bedeutung der Interleukin-6-induzierten Serinphosphorylierung des Transkriptionsfaktors Stat3 Katja Stehfest (7/06): Die FT-IR-Spektroskopie in der Pflanzenphysiologie – Anwendungsmöglichkeiten für die Zellinhaltsstoffanalyse Kristina Zanger (7/06): Synthese und erste biologische Tests neuer Thalidomid-Derivate Tobias Großmann (7/06): Emotion Processing in the Infant Brain: Electrophysiological Insights into Infants’ Perception of Emotion from Face and Voice Uta Wolfensteller (7/06): Habituelle und arbiträre sensomotorische Verknüpfungen im lateralen prämotorischen Kortex des Menschen Karen Hurtienne (7/06): Nutzeffekte multiprofessioneller Teamarbeit in familienorientierten psychologischen Beratungsstellen kirchlicher Träger Alejandra Villegas (7/06): Untersuchung von Effekt- und Prozesswirkungen der tanzorientierten Interventionsmethode Biodanza Florian Th. Siebörger (8/06): Funktionelle Neuroanatomie des Textverstehens: Kohärenzbildung bei Witzen und anderen ungewöhnlichen Texten Sabine Grimm (9/06): Representations of auditory time: Pre-attentive and attentive processing of temporal sound features Anne Henning (9/06): Early intersubjectivity and interaction in infancy Franka Pluder (9/06): Proteome Analysis to Study Signal Transduction of G Protein-Coupled Receptors Helena Cvijic (9/06): Role of coactivators in transcriptional control of STAT3-target genes Holger Römpler (9/06): Evolutionäre Aspekte der Struktur G-Protein-gekoppelter Rezeptoren: Implikationen für Rezeptorfunktion und physiologische Relevanz Christiane Rammelt (9/06): Untersuchungen zu Struktur- und Funktionsbeziehungen von Nukleotidyltransferasen Franziska Lange (12/06): Wirkungsmechanismen aktueller Therapieansätze der Rheumatoid-Arthritis Florian Heißig (12/06): Evolution of primate gene expression journal Personalia Anke Hannemann (12/06): Charakterisierung des Promotors des Gens der P-Typ 6-Phosphofructo-1-kinase aus Mensch und Ratte Katrin Schulze (12/06): Neural Correlates of Working Memory for Verbal and Total Stimuli in Nonmusicians and Musicians With and Without Yun Nan (12/06): Music phrase structure perception: the neural basis, the effects of acculturation and musicality Susanne Dehmel (12/06): Pharmakologische Charakterisierung inhibitorischer Einflüsse auf die Signalverarbeitung im anteroventralen Cochleariskern der Wüstenrennmaus Meriones unguiculatus Ywona Goczalik (1/07): Die Expression von Interleukin 8 (CXCL8) und seinen spezifischen Rezeptoren CXCR1 und CXCR2 in glialen Zellen der gesunden und pathologisch veränderten Säugetiernetzhaut Romy Kursawe (1/07): Modifizierung der TSHR Signal-transduktion durch posttrans-lationale Veränderungen und b-Arrestin vermittelte Internalisierung Manja Böhme (1/07): Patterns of genetic diversitywithinaspecies:A case study on the Green Lizard Lacerta viridis (Laurenti, 1768) Juliane Bräuer (1/07): Perspective taking and food competition in Great Apes Korinna Eckstein (1/07): Interaktion von Syntax und Prosodie beim Sprachverstehen: Untersuchungen anhand ereigniskorrelierter Hirnpotentiale Jörg Bahlmann (1/07): Neural correlates of the processing of linear and hierarchical artificial grammar rules: Electrophysiological and Neuroimaging studies Reimo Kindler (2/07): Der Beitrag mikrobieller Biomasse zur Bildung der refraktären organischen Substanz im Boden Christian Ihling (2/07): Identifizierung und Charakterisierung von Peptiden und Proteinen mittels Fourier Transformation IonenZyklotron-Resonanz-Massenspektrometrie Gundula Fischäder (2/07): In vitro-Modelle zur Untersuchung von immunmodulierenden und inflammatorischen Effekten durch flüchtige organische Verbindungen Tina Paul (2/07): Emotionale Arbeit in der Führung: Komponenten, theoretisches Modell und konkrete Strategien Jan Zwickel (2/07): Specific Interference Effects Between Temporally Overlapping Action and Perception Veterinärmedizinische Fakultät Sabine Rottmann (10/06): Einfluss von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) auf hämatologische und klinisch-chemische Parameter bei Rindern mit Dystokie Silke Engl (10/06): Untersuchungen zur Eignung einer neuen GnRHVariante zur Brunstinduktion bei pluriparen Sauen Gerald Stumpf (10/06): Feldstudie zu fieberhaften Erkrankungen des Pferdes unter besonderer Berücksichtigung der Ehrlichiose und des freien Endotoxins Audrey Bagon (10/06): Untersuchungen zum Nachweis und Differenzierung von Campylobacter fetus subsp. venerealis beim Rind mit konventionellen und molekularbiologischen Methoden Heft 3/2007 Christina Werner (10/06): Klinische Kontrollstudie zum Vergleich des homöopathischen und chemotherapeutischen Behandlungsverfahrens bei der Therapie der akuten katarrhalischen Mastitis des Rindes Monique Zimmermann (11/06): Studien zur Epidemiologie und Therapie der Saugferkelkokzidiose Claudia Preising (11/06): Literaturstudie zum Vermehrungs- und Toxinbildungsvermögen von Clostridium botulinum, zu den Eigenschaften des Botulinumtoxins sowie zum Vorkommen und zur Tenazität der Clostridium botulinum-Sporen Sven Kurze (11/06): Untersuchungen zur Häufigkeit, zu potentiellen Eintragsquellen sowie zur Prävention des SalmonellaVorkommens bei Schweinen am Beispiel Brandenburger Erzeugerketten unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte Corinne-Constanca Martin (11/06): Eine Untersuchung über die Realisierung des HACCP-Prinzipes nach § 4 der LMHV in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und der Gastronomie in der Stadt Karlsruhe Kathrin Spekl (11/06): Tierexperimentelle Untersuchungen zum Einfluss einer konditionierenden Vorbestrahlung (6 Gy) auf den Fraktionierungseffekt in der Mundschleimhaut Melanie Kleinschek (11/06): Beyond Th1 and Th2: A non-classical immune pathway induced by Interleukin (IL)-23 complements IL12 in immunity to Cryptococcus neoformans infection Frauke Hugo (12/06): Einfluss von Mistelextrakt auf die Migration von kaninen Mammatumorzellen und die Genexpression und das Wachstum von humanen B-NHL-Zelllinien in Bezug auf den Einsatz der Misteltherapie bei Mensch und Tier Eva-Maria Schmölzer (12/06): Untersuchungen zur Vitrifikation von immaturen und In-vitro maturierten Rinderoozyten Noelia Fernández Castro (12/06): Untersuchungen zur Inaktivierung von Salmonella enteritidis auf der Schale von Bruteiern mit Ozongas Doreen Nöbel (12/06): Untersuchungen zur Osteointegration und Resorbierbarkeit von Implantatbeschichtungen für den Knochenersatz – Eine histologische und histomorphometrische Studie am Tiermodell Matthias Angermann (12/06): Vergleichende biometrische und funktionsanalytische Auswertung von Röntgenaufnahmen des Kopf-HalsÜberganges klinisch gesunder Hunde Matthias Hoops (12/06): Peripartaler Stoffwechsel und Morbidität bei Hochleistungskühen während eines Jahres Norman Ständer (12/06): Untersuchungen zum Einfluss von neurotoxinhaltigen Kulturüberständen der Clostridium botulinum Toxovare A bis G auf eukaryote Degradierungssysteme am Modellorganismus Tetrahymena pyriformis GL Gunter Hädrich (12/06): Untersuchungen zu der Entwicklung der Körperkondition, dem peripartalen Stoffwechsel und der Morbidität von Hochleistungskühen Sportwissenschaftliche Fakultät Karina Dubois (1/07): Die sportliche Aktivität von Frauen als Bestandteil ihrer Lebenweise – untersucht im Muldentalkreis Ines Pfeffer (1/07): Motivation zur Verhaltensänderung im gesundheitlichen Sport – Effekte einer psychologischen Intervention in 12-wöchigen Ausdauerkursen Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Jörg Michael Hipp (12/06): Änderung der jahresabschlusspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten und weiter reichende Konsequenzen für die Unternehmenspolitik deutscher Lebensversicherungsaktiengesellschaften Angela Göllnitz (1/07): Programmplanung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Konzeptionelle Gestaltung am Fallbeispiel Mitteldeutscher Rundfunk Christina Keller (1/07): Querkrafttraverhalten von Biegebauteilen Holger Schneider (1/07): Zum Tragverhalten kurzer, umschnürter, kreisförmiger Druckglieder aus ungefasertem UHFB Rüdiger Volk (1/07): Evaluierung kritischer Erfolgsfaktoren eines New Workout Managements zum Zwecke der Ableitung von Handlungsimplikaturen für die Optimierung des Workout-Prozesses Philologische Fakultät Silvio Brendler (4/07): Grundlagen der englischen Zunamenforschung Medizinische Fakultät jeweils 9/06: Christiane Pleul: Lebensqualität gemessen mit dem SF-36, Inanspruchnahme medizinischer Versorgung und Krankheitskosten bei Patienten mit altersabhängiger Makuladegeneration Susanne Meister: Prospektive, longitudinaleUntersuchung zu Einflussfaktoren auf Adipositas im Kindes- und Jugendalter in der Region Leipzig sowie Prädiktoren des Behandlungsverlaufes Niels Büttner: Muskelfasertpen und Myosin-Isoformen in der Kehlkopfmuskulatur des Menschen Stephanie Elsner: Untersuchungen zu Dentallegierungen als Hilfsmittel zur Identifikation unbekannter Toter Evelyn Escher: Verringerung des Ischämie/Reperfusionsschadens durch Einsatz eines selektiven EndothelinA-Rezeptor-Antagonisten (BSF 208075) nach Pankreastransplantation am Schwein Antje Haut: Untersuchungen mit potentiellen Soforttyp-Allergenen von Taubenzecken (Argas reflexus) und Scabiesmilben (Sarcoptes scabiei) am Modell der In-vitro-Histaminfreisetzung aus humanen basophilen Leukozyten Viola-Maria Lindenthal: Praxisorientierte Vorschläge zur Verbesserung der Impfrate im Sene Distrikt in Ghana Gerald Robert Ludäscher: Inzidenz und Verlauf von Atemwegsstörungen nach Allgemeinanästhesien Ina Naumann: Modulation funktioneller Katecholamineffekte auf die Zytokin-Produktion von T-Zell-Subpopulationen nach Vorinkubation mit Interleukin-2 Hagen Rehor: Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Blasinstrumentalisten 39 UniVersum Wozu sind Universitäten überhaupt da? Zur Optimierung von Forschung und wissenschaftlicher Lehre – und je stärker beide verbunden sind, desto besser. Diese Auffassung ist richtig. Aber das ist nicht alles. Mindestens ebenso wichtig ist: Universitäten sind kein Ort für Denkverbote, weder für explizite noch für die durch die Schere im eigenen Kopf. Im Gegenteil: Sie sind der Ort, für den – im jeweiligen Rationalitätsrahmen der verschiedenen Disziplinen – das offene, meinungsfreiheitliche und furchtlos soli- täre und gemeinsame Nachdenken grundrechtlich zugesichert ist. Die Universität bildet nicht nur Fachexperten aus, sie erzieht auch zum öffentlichen Gebrauch von Vernunft. Das ist keine freiwillige Luxusleistung von Seiten der Universität; es ist nach dem Grundgesetz ihre Pflicht. Dieser zweite Gesetzes-Auftrag kommt an den meisten Universitäten zu kurz. Ihm nachzukommen, erfordert bei den gegenwartsbezogenen und zukunftsrelevanten Problemen, je größer diese werden, entsprechend zunehmend Mut. Die Universität Leipzig nahm im Wintersemester 2003/04 diese Herausforderung an und erweiterte ihr bisheriges Veranstaltungsrepertoire um „Das Sonntagsgespräch“. Am 24. Juni um 11 Uhr findet nunmehr das 25. Sonntagsgespräch statt, dieses Mal im Neuen Rathaus. Von Anfang an dabei ist Organisator und Philosoph Prof. Dr. Georg Meggle. Ihn befragten Dr. Manuela Rutsatz und Tobias D. Höhn. „Wir wollen brisante Dinge beim Namen nennen“ „Das Sonntagsgespräch“ bietet seit 2003 Orientierungshilfe in streitbaren Fragen Für die Leipziger Öffentlichkeit ist „Das Sonntagsgespräch“ heute ein etabliertes Markenzeichen der Universität. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück? Diese Veranstaltung entspricht offenbar einem echten Bedürfnis des eher kritischen Sektors der Öffentlichkeit. Wem die üblichen Talkshows nicht reichen, wem politische Korrektheit nicht das Höchste ist, wer auch die brisantesten Dinge beim Namen genannt wissen will, wer von Denkverboten nichts hält – für den sind, so jedenfalls das Konzept, die Sonntagsgespräche mit der Universität das Richtige. Freie Rede ist hier schließlich vom Gesetz her garantiert. Und ich glaube, dass es gerade die Leipziger Bürger besonders zu schätzen wissen, dass ihre Universität von dieser Garantie auch extensiven Gebrauch zu machen bereit ist. „ (April 2002 bis Februar 2003). Danach hatten nicht wenige Teilnehmer ersichtlich „Entzugserscheinungen“ – und fragten, wann es denn die nächste gäbe. Nach der abschließenden Pressekonferenz, in der dieses öffentliche Diskussionsbedürfnis sich deutlich Gehör verschaffte, stand ein kleiner Kreis (Monika Krüger, die damalige Prorektorin; Klaus Bente, Leiter des Studium Universale; der Leiter der Pressestelle Volker Schulte, Walter Altmann für die Vereinigung der Förderer und Freunde und ich) noch länger zusammen – und am Ende dieser Runde war klar: Wir wollen, dass es „Das Sonntagsgespräch“ gibt. Das Rektoratskollegium fand die Idee großartig; die Vereinigung der Förderer und Freunde auch. Das 1. Sonntagsgespräch fand am 19. Oktober 2003 statt. Ted Honderich, dessen Buch „Nach dem Terror“ kurz zuvor vom Suhrkamp Verlag aus dem Verkehr gezogen worden war, sprach zum Thema „Gibt es ein Recht auf Terrorismus?“. Die Veranstaltung fand unter Polizeischutz statt. Das war gut so; sonst hätte sie nicht stattgefunden. Mit ei- Die erste Veranstaltung fand unter Polizeischutz statt. Wie ist es zu dieser Reihe überhaupt gekommen? Sie ist eine Folge der von mir geleiteten Öffentlichen Universitätsringvorlesung „Terror & Der Krieg gegen ihn“ 40 “ journal UniVersum Welche Veranstaltungen sehen Sie selbst als die bisherigen Höhepunkte an? Außer der eben genannten Eröffnungsveranstaltung die mit Peter Singer, Uri Avnery und die mit Noam Chomsky, wobei die beiden letzteren zugleich Veranstaltungen aus der Ringvorlesung Deutschland/Israel/ Palästina (April 2005 bis Februar 2006) waren. Und natürlich sehe ich auch der kommenden Jubiläumsveranstaltung mit Julian Nida-Rümelin mit großen Erwartungen entgegen. Sie haben sich entschlossen, nach diesem 25. Sonntagsgespräch für die Leitung dieser Reihe nicht länger zur Verfügung zu stehen. Warum? Weil 25 Veranstaltungen in Serie auch für jemanden, der solche Dinge gerne macht, wirklich genug sind. Zudem ist es, nachdem die Sonntagsgespräche als etabliert gelten können, auch um der Reihe selbst willen besser, denke ich, dass diese nicht zu lange mit ein und derselben Person identifiziert wird. Das Rektorat und die Vereinigung der Förderer und Freunde der Universität – die beiden Säulen, auf denen diese Reihe bislang ruht – wollen die Sonntagsgespräche fortführen. Ich mache mir, was die unmittelbare Weiterführung der Universitätssonntage angeht, keine Sorgen. Und langfristig? Ob unsere Universitäten über die Forschung und Lehre hinaus weiterhin der Ort sein wird, an dem auch die nicht-universitäre Öffentlichkeit erfahren kann, was es heißt, wenn Denker – also mitunter auch extrem dissidente Denker wie Chomsky, Honderich oder Singer – sich, wie es bei Kant heißt, „öffentlich des eigenen Verstandes bedienen“, wer will das wissen? Ich kann nur hoffen, dass unsere Öffentlichkeit selbst weiterhin danach verlangt. Ich würde mir daher wünschen, dass sich „Das Sonntagsgespräch“ zu einem echten Gemeinschaftsprojekt der Universität und der Stadt Leipzig weiterentwickelt. www.uni-leipzig.de/sonntag Heft 3/2007 Foto: G. Meggle und www.photocase.com nem klareren Signal dafür, dass die Universität tatsächlich zu ihrem Auftrag steht, auch in sehr heißen Fragen Orientierungshilfe zu leisten, hätte die Reihe der Sonntagsgespräche nicht beginnen können. Julian Nida/Rümelin (München) Demokratie und Wahrheit ÖFFENTLICH. EINTRITT FREI JUNI 24 2007 Muss eine Demokratie, um den zivilen Frieden zu sichern, auf Wahrheitsansprüche verzichten? Diese Frage ist vor allem mit Blick auf die gegenwärtigen religiösen und kulturellen Konflikte von großer Brisanz. Julian Nida-Rümelin entwickelt die These, dass normative Wahrheitsansprüche in der Politik unverzichtbar sind. Ohne sie verliere die Demokratie ihre humane Substanz. Dr. Julian Nida-Rümelin ist Professor für Philosophie und Politische Theorie an der Ludwig Maximilians Universität München und gehörte als Kulturstaatsminister von 1998 bis 2000 dem ersten Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder an. Nida-Rümelin hatte Philosophie, Physik, Mathematik und Politikwissenschaft studiert. Nach Promotion und Habilitation lehrte er in München, Minneapolis (USA), Tübingen, Berlin, Göttingen, Brügge (Belgien), St. Gallen (Schweiz) und seit April 2004 wieder in München. Der Schwerpunkt seiner Lehr- und Forschungstätigkeit liegt im Bereich der interdisziplinären Rationalitätstheorie (Philosophie, Ökonomie, Politische Theorie) und der Angewandten Ethik (Unternehmen-, Wissenschafts-, medizinische Ethik). r. 41 Juli 2007 Heft 4/2007 ISSN 1860-6709 Deutschunterricht im Knast mit Insassen und Studenten S. 3 Noch informativer, noch lesefreundlicher Leserumfrage: Ihre Meinung ist gefragt Beilage Halle, Jena und Leipzig begründen Archivaustausch S. 8 Allerlei Adel zu Gast 1909 – ein Uni-Jubiläum mit Weltgeltung S. 17 Außenseiter, Spitzenreiter: Uni siegt im Professoren-Fußball S. 12 Studentischer Idealismus und Klingereuphorie S. 30 journal Studieren mit Kind Auf dem Weg zur familienfreundlichen Universität EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Inhalt UniVersum campus 2007 lockt 11000 Besucher Deutschunterricht hinter Gefängnismauern Nachdenken über die Universität – Die Juniorprofessur: ein verkanntes Erfolgsmodell SANDiE vergibt erstmals Preise Die Welt von Leibniz-Professor Gumbrecht Gastvortrag von Ministerpräsident Milbradt zur Verschuldung öffentlicher Haushalte Leipzig gewinnt Professoren-Fußballmatch Die Kunst des Bücherheilens 11 12 13 Gremien Sitzung des Senats am 8. Mai Sitzung des Senats am 12. Juni 14 15 Jubiläum 2009 Anekdoten, Fragmente, Notizen Gesichter der Uni: Miklós Rózsa 1909 – ein Uni-Jubiläum mit Weltgeltung 16 16 17 UniCentral DFG unterstütztKinderbetreuung Leben nach Stundenplan – ein Tag im Leben zweier studentischer Mütter Wissenschaftliche Begleitung auf dem Weg zur familienfreundlichen Universität 2 3 6 7 9 18 20 21 Forschung Politikwissenschaft: Strategien gegen Rechts Genetische Ursache von Übergewicht Sammelband zum Auwaldkran-Projekt 23 24 25 Fakultäten und Institute Ackerknecht-Preis für Professor Oechtering Kranke Kinder lieben „meepl“ Alles Milch: Kuh, Lama, Wasserbüffel 26 27 28 Studiosi Idealismus und Klingereuphorie Auszug aus dem Kroch-Haus 30 31 Personalia Der britische Sprachmagier James Hopkin Pharmazie-Professor Eger geht in Ruhestand Nachrufe für Werner Otto und Rolf Schöllner Neu berufen Ehrendoktorwürde für Prof. Klaus Wandelt 32 33 34 35 37 Am Rande Geburtstage Nomen Impressum 14 36 35 2 Titelfoto: Jan Woitas Familienfreundliche Universität Kinderbetreuung – das Thema beherrscht seit Monaten die Diskussion in den Medien Deutschlands. Bundes- und Landespolitik diskutieren über „best practice“, und auch an der Universität Leipzig ist es deutlich zu spüren. Sowohl im Alltag der jungen Eltern, die hier studieren oder arbeiten, als auch in der Hochschulleitung: Nicht zuletzt wird das Thema in den Gesprächen mit der DFG und anderen Drittmittelgebern, aber auch in Berufungsverhandlungen deutlich. Wir haben hier noch viel zu tun, und deshalb gibt es seit dem 24. Mai auch einen Rektoratsbeschluss für die Initiative „Familienfreundliche Universität“. Diesen Titel möchten wir als Universität Leipzig in den nächsten Jahren erwerben und folgen deshalb einem Vorschlag der Gleichstellungsbeauftragten Dr. Monika Benedix, die verschiedenen Initiativen von Fakultäten und Instituten zusammenzuführen. Die Idee ist klar definiert: Wir wollen und wir müssen Möglichkeiten zur Kinderbetreuung anbieten, die insbesondere die üblichen Kernzeiten kommunaler Angebote überschreiten. Zielzeitraum ist das Jahr 2009. Pünktlich zum 600. Geburtstag der Universität sollte eine betriebsnahe Kinderbetreuung an der Universität Leipzig funktionieren. Einen Maßnahmen- und Kostenplan hat eine inneruniversitäre Projektgruppe, geleitet von Frau Dr. Benedix, vorgelegt. Unterstützung erfährt das Projekt durch die Arbeitsgruppe „Junges Leipzig“ im Rahmen der gemeinsamen Jubiläumsvorbereitungen.m Künftig soll es eine zentrale Koordinierungsstelle geben, die Anfragen den jeweiligen Projekten an Fakultäten oder Instituten zuleitet. Viele dieser Projekte sind bereits angelaufen, und eine Auswahl stellt sich in diesem Journal vor. Diese „kleinen Inseln“ untereinander zu verbinden, ist die Aufgabe in der nächsten Zeit. Vor allem die Nachwuchswissenschaftlerinnen sollen künftig in ihrer Karriere an der Universität Leipzig unterstützt werden. Welcher Kindergarten vermag in Leipzig Kinder über Nacht oder am Wochenende zu betreuen? Dieses Problem haben nicht nur die Wissenschaftler, die in der Laborarbeit stecken oder Experimente betreuen. Auch eine Geisteswissenschaftlerin benötigt für die abendliche Bibliotheksarbeit Zeit. Zunächst soll im Projekt „Familienfreundliche Hochschule“ der Bedarf für die gesamte Universität genauer erfasst werden. Statistisch geht man im Moment von einer Nachfrage an Kinderbetreuungsplätzen in Höhe von sechs bis acht Prozent aus, also knapp 2 000 Kinder, die eventuell auch einmal außerhalb der üblichen Krippen- und Kitazeiten betreut werden müssten. Wenn alles nach Plan läuft, werden wir schon bald eine zentrale Koordinierungsstelle für die Eltern in unserer Universität haben, die vielfältige Angebote vermittelt: Zum Beispiel Wochenendhotel für Kinder oder (Abend-)Betreuung. Prof. Dr. Franz Häuser, Rektor der Universität Leipzig 1 Freibier zur Eröffnung von campus 2007: Alumnus Aristides R. Lima (Kap Verde), Rektor Franz Häuser, Dezernent Dr. Ralf Schulze und Ur-Krostitzer-Geschäftsführer Wolfgang Welter (v. l.). campus 2007 weckte Wissensdurst Information, Sport und Musik – 11000 begeisterte Besucher Von Tobias D. Höhn Schulabgänger informierten sich über Studienmöglichkeiten und entdeckten Wissenschaft hautnah. Journal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Dipl.-Journ.Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de campus 2007 war eine Premiere im dreifachen Sinn: Erstmals auf dem Marktplatz, erstmals ohne Regen zur Eröffnung und erstmals mit dem Parlamentspräsidenten der Republik Kap Verde. Voller Begeisterung sprach der berühmte Alumnus der Alma mater über seine Studienzeit in Leipzig Anfang der 1980er Jahre, als er Rechtswissenschaften studiert hatte. „Der jungen Generation sage ich: Leipzig war geil und Leipzig ist geil – als Stadt und als Wissenschaftsstandort“, so Aristides R. Lima „Was ich hier gelernt habe, konnte ich auch in meinem Land anwenden. Und ich glaube, ich bin damit nicht schlecht über die Runden gekommen“, sagte er in perfektem Deutsch. Gemeinsam mit Rektor Prof. Dr. Franz Häuser eröffnete er nach dem traditionellen Fassbieranstich den „Markt der Wissenschaft“. Die a-capella-Gruppe Uni5ono, die vor einem Jahr gegründete Uni-Bigband und das Valentin-Stahl-Quartett – allesamt Studenten – zeigten die Vielgestaltigkeit der Universitätsmusik, was Universitätsmusikdirektor David Timm mit seinem Jazzensemble und andere Gruppen am Samstag zu ergänzen wussten. Im Mittelpunkt von campus 2007 stand am Samstag die Forschungslandschaft. In 16 Zelten wurde dank spannender Experimente, Vorführungen und Vorträgen Wissenschaft zum Anfassen erlebbar. Die Geistes- und Sozialwissenschaften, die Naturwissenschaften, die Tier- und Humanmedizin stellten aktuelle Forschungsprojekte vor, erklärten Alltagsphänomene („Warum hält Ihr Kaffee Sie wach?“) und gaben Tipps bei (Volks-) Krankheiten wie Bluthochdruck und Borreliose. Mehr als 11 000 Leipziger strömten bis Samstagabend auf den Markt. Kinder testeten ihren Geruchssinn, bastelten und waren begeistert vom Streichelzoo. Erwachsene konnten ihr Wissen im Quiz der Rechtswissenschaften testen, logische Fähigkeiten trainieren und einen Blick in die Anfangszeit der Computer gewinnen. Viele Schulabgänger informierten sich über ein Studium in Leipzig und den im Bau befindlichen Campus am Augustusplatz. Wo die einzelnen Organe im Körper angeordnet sind, demonstrierte Dr. JanMatthias Braun, Translationszentrum für Regenerative Medizin. Guten Sound brachte die Uni-Bigband am Freitagabend auf den Marktplatz. Fotos: Tobias D. Höhn Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 14. 6. 2007 ISSN 1860-6709 2 journal UniVersum Deutschunterricht hinter Gefängnismauern Ein Seminar von Germanistikprofessor Meier „Als ich dieses Seminar im Vorlesungsverzeichnis fand, wusste ich, dass ich das belegen wollte. Endlich mal ein besonderes Angebot, ein Seminar, das neue Erfahrungen versprach“, begründete die Studentin Ann Reinhöfer ihre Teilnahme am Seminar „Deutschunterricht im Knast“. Eigentlich wollte sie ja Grundschullehrerinnen werden, erklärte auch die Kommilitonin Janine Pohle. Aber wo steht geschrieben, dass der Umgang mit Schülern nur und ganz allein mit Schülern im Kindes- und Jugendlichenalter zu erlernen ist? Wer arbeitet heutzutage sein Leben lang im gleichen Beruf und mit der gleichen Klientel von Leuten? Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, also das Vermitteln von Lerninhalten, ist in jedem Fall das Metier von Professor Bernhard Meier vom Institutfür Germanistik. Während es hierbei jedoch zumeist um schulisches Lernen geht, wollte er mit dem Seminar im Knast nun erstmals unbekanntes Terrain betreten. Insgesamt haben sich etwa 30 Studentinnen eingeschrieben, in drei kleine Gruppen besuchten sie die Haftvollzugsanstalt Leipzig. Vor dem Start des Deutschunterrichts im Knast gab es die intensive Vorbereitung, die viel Raum für Fragen ließ. Erst nach der Heft 4/2007 Besichtigung und vorbereitenden Seminaren trafen die Studentinnen auf die kleine Gruppe von acht Insassen, die durch die Haftanstalt ausgewählt waren. Anke Heimann, 6. Semester, beschrieb das erste Zusammentreffen folgendermaßen: „Wir waren schon sehr nervös, da wir nicht recht einschätzen konnten, was uns erwartet. Für uns gut war, dass wir die jeweiligen persönlichen Geschichten bereits in diesem ersten Treffen erfuhren“. Die Ungewissheit innerhalb dieses Projektes war für beide Seiten sehr groß, die Beiträge der von den Insassen und Studierenden gemeinsam angefertigten „Knastzeitung“ machen dies deutlich. Immer wieder liest man hier von Ängsten und Vorurteilen. Schnell kann einem dann klar werden, wie wichtig der Ausblick in andere, beispielsweise sozial hoch angespannte Lebensbereiche, ist. Selbst der Leiter und Initiator von „Deutsch im Knast“, Professor Meier, war sich seiner Sache nicht immer ganz sicher. Immerhin war es das erste Mal, dass Leipziger Studenten für einen Deutschkurs ausgerechnet Häftlinge als Lerngruppe hatten. „Und dann war es für uns doch überraschend, wie schnell wir miteinander ins Gespräch kamen und wie interessant diese waren“, resümierte Studentin Dana Bogenhardt. Während die Insassen die Chance nutzten, mit den Studentinnen eher alltägliche Probleme wie das Vorbereiten von Bewerbungen und Lebensläufen zu besprechen, so lernten die Studentinnen viel auch über philosophische und soziale Fragen, über Situationen und Konstellationen. Und so geht die Idee des Seminars am Ende doch auf. Bernhard Meier fasst zusammen: „Das Arrangieren mit ungewöhnlichen Situationen ist ein wichtiger Bestandteil des Lehrerberufs. Und nicht nur das. Wer übt heute sein Leben lang ein und denselben Beruf aus? Vorurteilsfrei in Situationen gehen können – das ist nicht nur für die künftigen Lehrerinnen und Lehrer gut“. r. Während des Seminars „Deutsch im Knast“ erarbeiteten Insassen und Studenten eine gemeinsame Zeitung. Die Ausschnitte stammen von einer Studentin. Foto: Woitas/Repros: Kühn 3 UniVersum „Meine Gedanken sind frei“ Ein Häftling berichtet über einen ganz normalen Tag in der JVA Mein Name ist Michael*, und ich bin 22 Jahre alt. Im Juli 2006 wurde ich verhaftet und in die JVA Leipzig überführt. Nun haben wir den 15. Mai, und dieser Tag wird sehr ereignisreich im tristen Knastalltag. Ach Scheiße, schon wieder wurde ich bei einem schönen Traum aufgeweckt und zwar von unseren Hausarbeitern, denn es ist 6.30 Uhr, und ich muss mein Frühstück in Empfang nehmen. Das heißt: Raus aus den Federn und noch im Tiefschlaf zwei Brötchen, Marmelade und die Margarine an der Tür entgegennehmen. Heute habe ich keine Briefe oder Anträge abzugeben, also machen sie die Tür wieder zu. Da heute Dienstag ist, ist in einer Stunde Hofgang (…). Oh Mann, schon 7:30 Uhr. Ich muss mich noch schnell anziehen bevor es zum Hofgang geht. In der ersten Stunde im Freien, werde ich gegen den Uhrzeigersinn im Kreis laufen und mich mit jemandem unterhalten, damit mir nicht allzu langweilig wird. Am liebsten würde ich lieber Volleyball spielen, aber heute sind wir auf der anderen Seite und einen Ball haben wir auch nicht mehr. Punkt 8.30 Uhr heißt es: Einkauf!! Ich nehme meine Tasche, mein Leergut und meinen Einkaufsschein und bewege mich rasch zur Treppe in Richtung Keller, denn dort befindet sich der Tante-Emma-Laden, von den Preisen her könnte es sogar stimmen. Hier gibt es eigentlich alles was man so braucht, von einer Zahnbürste bis zum Kamm, von Kaugummi bis zum Fernseher, aber heute werde ich nicht alles ausgeben, da ich mir eine teure Anschaffung leisten möchte. Heute kann ich mir nicht so viel Zeit beim Einkauf lassen, da vier Wochen lang jeden Dienstag um 9.00 Uhr Schule ist, denn ich besuche einen Germanistikkurs. Deswegen jetztschnell nach oben, ordentlich anziehen und noch einen Spritzer nicht genehmigtes Parfum auflegen. Geschafft. Um 9.00 Uhr betrete ich den Klassenraum und begrüße den Dozenten und die angehenden Lehrerinnen. Ja, ihr habt richtig gehört, Frauen besuchen uns jeden Gemeinsam stellten die Häftlinge ein Wörterbuch mit Begriffen aus dem GefängnisSlang und der hochdeutschen Übersetzung zusammen. Repro (Ausschnitt): R. Kühn 4 Dienstag. Es ist richtig angenehm mal weibliche Gesellschaft zu haben und ich muss zugeben, dass ich jedes Mal ein bisschen aufgeregt bin, denn sonst sehe ich ja bloß schöne Frauen im Fernseher. Aber die Hauptsache ist ja, dass ich etwas lerne und Beschäftigung habe und nicht nur in die Röhre starre. Leider ist es schon 11:00 Uhr und willkommen in der Realität. (…) Nun sitze ich wieder um 11:15 Uhr in meiner Einzelzelle, schalte den Fernseher ein und gebe mich dem Mittagsprogramm hin. Da geht auch schon nach ein paar Minuten die Tür auf und ich nehme mein Mittagessen entgegen. Heute ist Dienstag, und es gibt wie fast immer Nudeln. Für mich ist das Essen wie ein Schlag ins Gesicht, aber ändern kann ich alleine es nicht, also Augen zu und rein damit. Mit halbvollem Magen lege ich mich ein bisschen ins Bett, um die Zeit bis 13.00 Uhr rumzukriegen, denn dann ist Aufschluss. Obwohl die Freizeit eigentlich total langweilig ist, freut man sich doch irgendwie darauf. Meine Tür ist dann zwei Stunden auf und ich kann mich auf meiner Abteilung frei bewegen. Entweder wird gekocht, geduscht oder Tischtennis gespielt, 13.30 Uhr findet Kraftsport statt. Beim Gewichtheben und Hanteltraining kann ich mich wenigstens richtig auspowern und meine Wut rauslassen. Natürlich auch etwas für meinen Körper tun. Einschluss! Um 15.00 Uhr werden die Türen geschlossen und der Tag ist in dem Sinne vorbei. Ich werde nun noch etwas Kaffee trinken und den Rest des Tages verbringe ich damit, mich irgendwie von Knast abzulenken, entweder schaue ich Fern oder höre selbstaufgenommene Musik, lasse meine Gedanken schweifen, und die sind bekanntlich immer noch frei, und die können sie mir nicht nehmen. Um 16.30 Uhr werde ich noch einmal gestört, denn es gibt das Abendessen, das aus vier bis sechs Scheiben Brot, Wurst und/oder Käse besteht. Den Tag lasse ich nun bis 23.30 Uhr mit Serien oder Spielfilmen ausklingen. Und morgen geht’s von vorne los. (* Name geändert) Auf dieser Doppelseite finden Sie zwei Beiträge sowie Illustrationen aus der „Knastzeitung“. Diese entstand in dem Seminar „Deutschunterricht im Knast“ als gemeinsames Produkt von künftigen Deutschlehrerinnen und Insassen eines Leipziger Untersuchungsgefängnisses. Das Seminar fand im Sommersemester 2006 erstmals statt und wurde durch Professor Dr. Bernhard Meier geleitet. journal Das erste Mal Warum ein Gefängnis eine gute Schule sein kann Von Prof. Dr. Bernhard Meier, Institut für Germanistik Es ist wie beim ersten Mal: du bist entschlossen und zurückhaltend, zielgerichtet und abwägend, unsicher und doch nicht halbherzig. Du willst es. Du machst es. „Bist du verrückt geworden? Mit den Mädels in den Knast gehen? Du sollst Lehrer ausbilden. Für die Berufsschule, die Mittelschule, die Grundschule, das Gymnasium. Doch nicht für die JVA.“ So tönt ein Kollege. Er hat Recht – und Unrecht. Recht – weil die Studentinnen später an Schulen unterrichten wollen – Unrecht – weil die Zeiten vorbei sind, wo du einen Beruf erlernst und meinst, ihn ein Leben lang ausüben zu können. Du willst Lehrer werden, und findest dich plötzlich nicht mehr in der Schule, sondern in der Klinik, in einer JugendReha – oder im Knast. Was erwarten die von uns? – so schießt es uns durch den Kopf. Grammatik? Rechtschreiben? Schreiben? Lesen? Reden – über Gott und die Welt, Freiheit und Tristesse, Schuld und Sühne? Natürlich bin ich unsicher. Ist meine Entscheidung richtig? Noch dazu die Mädels in die JVA mitschleppen? Wer geht schon freiwillig in den Knast? Das müssen doch Spinner sein! Die Mädels sind keine Spinner. Sie nehmen ihren Beruf ernst. Sie engagieren sich. Das erste Mal. Lockere Atmosphäre. Vertrauen und Respekt. Vielleicht sogar menschliche Wärme. Ich bewundere die Offenheit der Gefangenen. Und das pädagogische Geschick meiner Mädels. Ja, ich bin stolz auf sie. Sie sind dabei, ein Pflänzchen zum Blühen zu bringen. Wir glaubten, Knastis anzutreffen. Wir trafen auf Menschen. „Wer geht schon freiwillig in den Knast“, fragt Prof. Bernhard Meier. Die Zeitung (o.) bleibt lebendige Erinnerung für Studenten und Häftlinge. Foto: Woitas/Repro: Kühn Heft 4/2007 5 UniVersum Die Juniorprofessur – ein verkanntes Erfolgsmodell Plädoyer für eine ungeliebte Erfindung Von Juniorprofessor Dr. Alexander Weiß, Historisches Seminar Die Juniorprofessur hat seit ihrer Erfindung ein schweres Leben. Als Wiederauflage der in den 1970er Jahren rasch zu Grabe getragenen Assistenzprofessur wurde sie diffamiert, von den Freistaaten Bayern, Sachsen und Thüringen vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt, in der ZEIT im Juli vergangenen Jahres bereits mit einem „Nachruf“ bedacht. Aber ist die Juniorprofessur wirklich ein tot geborenes Kind des von uns allen gescholtenen Reformübermutes der Bildungspolitik? Oder hat das Kind nicht viel eher deswegen Laufschwierigkeiten, weil die Hochschulen ihm bei seinen ersten Gehversuchen unnötig Knüppel zwischen die Beine werfen? Es gibt Strickfehler, die der Politik anzulasten sind. Dass mit der Einführung der Juniorprofessur versucht wurde, die Habilitation, an der viele Herzen hängen, zwangsweise abzuschaffen, war ihrem Ruf sicher nicht dienlich und hat unnötige Abwehrreflexe provoziert. Mal ganz ehrlich: Jeder Nachwuchswissenschaftler weiß, dass der Weg zur Professur nach der Promotion auch weiterhin mit dem Erforder- nis qualitativ hochwertiger Publikationen gepflastert sein wird, gleichgültig ob man sein „Zweites Buch“ oder seine 20 bis 50 paper durch ein Habilitationsverfahren bringt oder nicht. Ein weiterer Strickfehler ist die unsinnige Zwölf-Jahresregel, in welche die Qualifikationsphase eines Nachwuchswissenschaftlers eingezwängt wurde. Hatten die Assistenten vormals nach erfolgter Habilitation in der Regel noch einmal vier Jahre Zeit, sich von einer Oberassistentenstelle aus auf eine Professur zu bewerben, so werden Juniorprofessoren wie Assistenten, die trotz erstklassiger Leistungen nach Abschluss ihrer Qualifikationsphase nicht gleich auf eine Professur berufen werden, sich zukünftig aus einer soliden Hartz IVBesoldung heraus bewerben. Dieses Problem ist auch mit der jüngst erfolgten gesetzlichen Nachbesserung (Stichwort Drittmittelstellen) nicht behoben, denn wer hat schon immer rechtzeitig sprudelnde Drittmittel zur Verfügung? Mäßig hilfreich ist auch, dass – im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern – den Juniorprofessoren in Sachsen die Füh- rung des Professorentitels verwehrt wird. Selbst der als Förderer der Juniorprofessur völlig unverdächtige Freistaat Bayern zeigt wahre Größe und gestattet seinen Juniorprofessoren, „die Bezeichnung ‚Professor‘ oder ‚Professorin‘ als akademische Würde zu führen“. In Sachsen hingegen stellt sich die Frage: Wie spricht man diese merkwürdigen Gestalten eigentlich an? Herr Juniorprofessor? Frau Juniorprofessorin? Macht man sich eigentlich strafbar, wenn man doch Herr oder Frau „Professor“ sagt? Wer hier nicht zur Spottdrossel wird, dem ist nicht zu helfen. Nun aber zu den Hindernissen, welche die Universitäten errichten. Eine im Mai veröffentlichte Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) hat ergeben, dass die Juniorprofessoren übermäßig mit Verwaltungsaufgaben belastet sind. Das ist kein Wunder, denn die Hochschulen stellen vielfach keine Infrastruktur zur Verfügung. So hat an der Universität Leipzig bislang kein einziger Juniorprofessor Sekretariatskapazitäten oder studentische Hilfskräfte aus Haushaltmitteln erhalten, von einem wissenschaftlichen Mitarbeiter ganz zu Mit der neuen Reihe „Nachdenken über die Universität“ soll die Debattenkultur innerhalb der Universität gestärkt werden. Fragen und Anregungen dazu richten Sie bitte an [email protected]. Dr.Alexander Weiß ist seit 2003 Juniorprofessor für Alte Geschichte an der Universität Leipzig und Co-Leiter des Projekts B5 am Sonderforschungsbereich 586. Er ist zudem freier Mitarbeiter am Projekt „Antike Sklaverei“ der Mainzer Akademie. Er promovierte 2002 an der Universität Bonn. Von Oktober an ist er Feodor-Lynen-Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Macquarie University, Sydney. Kontakt: [email protected] Foto: Tobias D. Höhn/Grafik: O. Weiss 6 journal UniVersum schweigen. Teilhabe an Mitteln erfolgt höchstens auf Kulanzbasis. Viele Institute behandeln die Juniorprofessoren nicht als gleichwertige Hochschullehrer. Die Leipziger Universitätsleitung hat bislang kein einziges Mal von sich aus das Gespräch mit ihren immerhin 16 Juniorprofessoren gesucht, um über Probleme und Zukunftsperspektiven zu sprechen. Vor diesem Hintergrund verwundert es zunächst, dass die angesprochene CHEStudie eine hohe bis sehr hohe Zufriedenheit bei über 70 Prozent aller Juniorprofessoren konstatiert. Es gibt eben auch unbestreitbare Vorteile. Das Recht selbständig zu lehren und zu forschen eröffnet den Juniorprofessoren die Möglichkeit, Qualifizierungsarbeiten anzuregen und zu betreuen. Dass dies meist auch der eigenen Forschung nützt, ist bekannt. (Und wer dies als Belastung ansieht, sollte den Beruf des Hochschullehrers nicht anstreben.) Die vorhandenen Hemmnisse haben die Juniorprofessoren auch nicht davon abgehalten, fleißig Drittmittel einzuwerben. Die Juniorprofessoren sind im Vergleich zu ‚richtigen‘ Professoren sogar überdurchschnittlich antragsaktiv – und überdurchschnittlich antragserfolgreich, wie eine in der Öffentlichkeit kaum beachtete Studie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vom Mai letzten Jahres festgestellt hat. Das gilt auch für die Leipziger Juniorprofessoren, die in den letzten Jahren eine millionenschwere Drittmitteltonnage aufgebracht haben. Das allein spricht schon für den Erfolg der Juniorprofessur. Warum die meisten deutschen Universitäten ihren Juniorprofessoren keine TenureTrack-Optionen in Aussicht stellen, ist daher kaum verständlich. Für die Uneingeweihten: „Tenure Track“ bedeutet, man kann auf der Basis exzellenter Leistungen nach sechs Jahren Juniorprofessur auf eine ordentliche Lebenszeitprofessur an der eigenen Hochschule berufen werden. Auch die Leipziger Universitäts- und Fakultätsleitungen haben dies heiße Eisen bislang nicht angerührt. Der wohlfeile Einwand, die Tüchtigsten und Besten fänden immer irgendwo einen Platz, verfängt nicht. Es geht ja nicht um Tenure-Track-Angebote als Sozialmaßnahme nach dem Gießkannenprinzip. Sondern es sollte das Anliegen einer Universität sein, exzellente Nachwuchswissenschaftler zu behalten. Das Sächsische Hochschulgesetz hat seit diesem Jahr die Türen hierfür aufgetan. Jetzt müssen die Universitäten den Mut haben, sie zu durchschreiten. Heft 4/2007 Exzellenznetz SANDiE vergibt erstmals Preise für Promotionen Von Dr. Alexander Weber, SANDiE Network of Excellence Das Europäische Exzellenznetz SANDiE, das von der Universität Leipzig koordiniert wird, vergibt erstmals die SANDiE PhDPreise für die besten Promotionen des vergangenen Jahres. Ein internationales Komitee wählte die drei Preisträger aus, die 2006 jeweils eine hervorragende Promotion abgeschlossen hatten. Der erste Preis (2.000 Euro) ging an Dr. Emmanuelle Peter, die an der Université Paris XI, Orsay, Frankreich promoviert hat und ihre Arbeit am CNRS-LPN (Laboratoire de Photononique et Nanostructures) in Marcoussis, Frankreich angefertigt hat. Sie konnte die starke Kopplung von Exzitonen, die in Dickenfluktuationen eines Quantentopfes lokalisiert sind, mit den optischen Moden eines Mikroscheiben-Resonators nachweisen und untersuchen. Die von ihr nachgewiesene Rabi-Aufspaltung ist die größte ihrer Art weltweit. Der zweite Preis (1.500 Euro) wurde an Dr. Robert Young für seine Arbeit zur Feinstrukturaufspaltung von Exzitonen in GaAs Quantenpunkten verliehen. Diese Arbeit wurde in den Forschungslabors von Toshiba Europe in Cambridge angefertigt und im Physik-Department der Cambridge University, UK eingereicht. Die erzielten Ergebnisse sind wegweisend für die Erzeugung von verschränkten Photonenpaaren, die in quantenmechanisch verschlüsselten Kommunikationssystemen eingesetzt werden. Dr. Young hat Zwei-Photonen-Experimente gemacht und mit einer Einstellung der Feinstrukturaufspaltung auf Null erstmalig verschränkte Photonenpaare mit einer Halbleiterquelle erzeugt und spektroskopisch nachgewiesen. Der dritte Preis (1.000 Euro) ging an Dr. Charles Cornet vom Labor für Nanostrukturen und Halbleiterstudien in Rennes, Frankreich für seine Arbeit zu InAs Quantenpunkten auf InP. Der Einfluss der chemischen Zusammensetzung von InAs und InAsSb Quantenpunkten wurde im Rahmen einer Kooperation innerhalb des Netzwerks detailliert spektroskopisch und theoretisch untersucht. Als Resultat entstanden Quantenpunkte, die bei der für Telekommunikation wichtigen Wellenlänge 1500 nm und auch bei noch größeren Wellenlängen emittieren. Die Preise wurden durch den Leiter der SANDiE Arbeitsgruppe „Education“ (Ausbildung), Prof. Dr. Sergio Molina von der Universität Cadiz, Spanien, überreicht. „Das Exzellenznetz SANDiE ermöglicht den beteiligten Wissenschaftlern und insbesondere den Doktoranden, ihre Arbeiten auf europäischer Ebene mit hervorragender Ausstattung und Betreuung sowie hoher Mobilität durchzuführen“, erklärt Professor Dr. Marius Grundmann, Koordinator von SANDiE und Direktor des Instituts für Experimentelle Physik II der Universität Leipzig. Im SANDiE PhD-Programm werden die Doktoranden von zwei Partnern gemeinsam betreut. Die Universität Leipzig ist mit insgesamt fünf laufenden Promotionen bzw. Doktoranden beteiligt, die gemeinsam mit den Universitäten in Lund, Schweden, und Aveiro, Portugal, sowie der Technischen Universität Berlin betreut werden. Die wissenschaftlichen Arbeiten finden innerhalb des Profilbildenden Forschungsbereich 1 statt. Das SANDiE PhD-Programm ist Baustein der Internationalisierung der Doktorandenausbildung an der Universität Leipzig und Teil des Antrags auf die Graduiertenschule BuildMoNa im Rahmen des Exzellenzwettbewerbes. 7 UniVersum In einem Jenaer Studentenalbum um 1750 sind vier Studiosi aus Leipzig, Halle, Jena und Wittenberg charakterisiert. „In Leipzig ist man tag u. nacht auf Courtoisie u. Staat bedacht“, heißt es darin. Foto: Universitätsarchiv Halle, Jena und Leipzig begründen Archivaustausch In der Geschichte waren die drei Universitäten Halle, Jena und Leipzig harte Konkurrenten. In der Gegenwart überwiegen die gemeinsamen Interessen. Als jüngstes Kind erwächst aus dem mitteldeutschen Universitätsverbund ein Archivverbund. Unter wohlwollender Förderung der Hochschulrektoren haben sich die drei Universitätsarchive in Halle, Jena und Leipzig zu einer partnerschaftlichen Gruppe verbunden, die auch anderen Hochschularchiven zur fachlichen und wissenschaftlichen Orientierung dienen soll. Kernaufgabe ist aber natürlich die Bewahrung und Vermittlung der historischen Vergangenheit, die in den drei Archiven schlummert – und da gibt es einiges aus der Geschichte zu erzählen. 2008 feiert die Universität Jena ihr 450. Gründungsjubiläum, und ein Jahr später kann Leipzig auf sogar 600 Jahre ununterbrochenes Bestehen zurückblicken. In den Universitätsarchiven finden sich schätzungsweise 15 000 Regalmeter an historischen Aufzeichnungen, darunter hunderttausende Bilder und gut 1000 Filmrollen aus ihrer bewegten Vergangenheit. Die Archivare wollen diese Schätze in regelmäßigen Tagungen einer breiteren Öffentlichkeit vermitteln und natürlich auch 8 kräftig Werbung für die mitteldeutsche Region betreiben. Als erstes Projekt wird nächstes Jahr ein gemeinsamer Band zum historischen Weg von der Konkurrenz in den Verbund entstehen. Während es nämlich früher die gut betuchten Studenten in die Messestadt zog, lächelte man dort über die armen Schlucker (Mucker) aus Halle, die Schluckspechte aus Wittenberg oder die Raufbolde (Eisenfresser) aus Jena. Auswärtige Doktoren – besonders Mediziner – sah man in Leipzig dagegen gar nicht gern. Wollte ein Jenenser Arzt sich in Sachsen niederlassen, musste er noch im 19. Jahrhundert erst eine strenge und teure Prüfung vor der Leipziger Fakultät bestehen. Selbstverständlich hat der Verbund aber auch historische Vorbilder im Wissenschaftler- und Ideenaustausch. So kam Paul Koebe (1882–1945), einer der Kollegen des berühmten Mathematikers Felix Klein, aus Jena nach Leipzig und lieferte ihm wichtige theoretische Vorlagen. Seit 1910 lehrte er abwechselnd in Leipzig und Jena. Schließlich wurde er 1926 auf eine ordentliche Professur in Leipzig berufen und arbeitete mit der Forschergruppe um dem Leipziger Nobelpreisträger Werner Heisenberg eng zusammen. Dr. Jens Blecher Leserbrief Zum Interview mit Dr. Monika Benedix (Uni-Journal 3/2007, S. 4) erreichte die Redaktion folgender Leserbrief von Prof. em. Dr. med. vet. W. Seffner: „In diesem Gespräch führte die Gleichstellungsbeauftragte unter anderem aus, dass die Konzentration von über 80 Prozent weiblicher Studenten in der veterinärmedizinischen und erziehungswissenschaftlichen Fakultät ‚natürlich nicht gut‘ ist. Dem kann man nur beipflichten. […] Dem Beruf des Tierarztes und des Lehrers – zumindest für die Sekundarstufen – bekommt diese Form der Präselektion auf die Dauer schlecht. Es wäre wohl an der Zeit darüber nachzudenken, wie in diesen beiden Studienrichtungen und damit nachhaltig in den entsprechenden Berufen ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu erreichen ist. Angesichts der bürokratischen Regelungen der Zugangsvoraussetzungen vordergründig nach den Abiturnoten sollten entwicklungspsychologische Erfahrungen und Kenntnisse zu einer Relativierung der Abiturnoten bei weiblichen und männlichen Jugendlichen führen. Traut sich keiner an diese Frage heran, weil sie nicht in den politischen Mainstream passt? Oder Frage an die oder den Gleichstellungsbeauftragten im Jahr der Chancengleichheit: Ist es gerecht, dass männliche Jugendliche generell schlechtere Chancen haben, Tierarzt zu werden als weibliche?“ journal UniVersum Leibniz-Professor denkt über das Schweigen nach Gumbrecht wünscht sich eine kompliziertere Welt Von Caroline Kieke „Leibniz“, sinniert Hans Ulrich Gumbrecht, „ist der Philosoph der westlichen Kultur, der mir immer am meisten Angst gemacht hat.“ Und er setzt spielerisch hinzu, dass es deshalb besonders ehrenvoll und besonders unverdient sei, am SimonDubnow-Institut diesen großen Namen tragen zu dürfen. Gumbrecht hat für das Sommersemester 2007 die Leibniz-Forschungsprofessur der Universität erhalten und seinen Wohnsitz dafür für ein paar Wochen von Stanford in Kalifornien nach Leipzig verlegt. Seine Bescheidenheit in Anspielung auf den Leipziger Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz (1646 –1716) ist nur bedingt ernst zu nehmen, denn neben Jürgen Habermas und Peter Sloterdijk wird Hans Ulrich Gumbrecht zu den einflussreichsten Intellektuellen Deutschlands gezählt. Beschwingt und in legeres Schwarz gehüllt, betritt der 58-Jährige den Seminarraum im Simon-Dubnow-Institut. Seine Statur verrät den Genießer, und die Art, wie er das kräftige graue Haar trägt, lässt den Altachtundsechziger durchscheinen. Mit überraschend klein wirkenden Händen streicht sich Gumbrecht über den Schnauzbart, während er sich vorstellt. Seine Arme zeigen ein leuchtendgelbes Charity-Armband für Krebskranke und bunt geknüpfte Schnüre, die manchem vielleicht noch als Freundschaftsbänder bekannt sind. Die Blicke von etwa 20 Zuhörern ruhen auf dem neuen Gastdozenten – es sind Studenten am Zentrum für Höhere Studien, Mitarbeiter des Instituts und Neugierige anderer Institute. Aktuell gilt sein Interesse der Zeit, die ihn selbst stark geprägt hat, den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. In seinem Leipziger Seminar „Stimmung der Latenz“ will er dem kollektiven Schweigen in Europa und den USA in den ersten Jahrzehnten nach 1945 auf den Grund gehen. Damals hätten sich in den westlichen Gesellschaften gemeinschaftliche GedächtnisstruktuHeft 4/2007 ren entwickelt, die sich tief einschrieben und erst später sichtbar wurden. Als die erste Nachfrage kommt, legt Professor Gumbrecht entspannt den Kopf in den Nacken und überlegt kurz. Einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter in der Runde hat die Ausführungen zur Faszination der Menschen an ihrer eigenen Geschichte aufgenommen und führt eine präzise Gegenargumentation ins Feld. „Encouraging“, entgegnet Gumbrecht schließlich mit einem Leuchten in den Augen. „Sie sind wahrscheinlich hegelianischer als Hegel. Ihre Darlegungen sind wie ein Billardspiel über viele Banden des Bewusstseins.“ Gumbrecht selbst allerdings spiele weniger „ enthusiastisch, das entspreche nicht seinem intellektuellen Temperament. Ein Intellektueller zu sein, bedeutet Gumbrecht viel. „Wissenschaftler und Geisteswissenschaftler müssen die Welt komplexer und komplizierter machen“, ist er überzeugt. Prof. Dan Diner, Direktor des Simon-Dubnow-Instituts beschreibt Gumbrecht als einen Suchenden, der den Austausch liebt. Seine Denkweise sei kaleidoskopisch, anregend und diskursiv. Außerdem bekennt Diner, er sei überrascht gewesen, wie stark Metaphern das methodische Denken beeinflussen können. Gumbrecht analysiere und interpretiere Texte nicht nur, bei ihm würden sie „aufgeschlitzt und ausgeweidet“. „Eine Wissenschaftler müssen die Welt komplexer und komplizierter machen “ Intellektueller mit Liebe zum Baseball: Leibniz-Professor Hans Ulrich Gumbrecht. Foto: Jan Woitas 9 UniVersum faszinierende Methode, um singuläres Wissen zu kontextualisieren“, berichtet Diner von dem gemeinsamen Forschungskolloquium „Verborgene Gedächtnisse“ mit seinem deutsch-amerikanischen Kollegen. In seiner freien Zeit überlässt sich Gumbrecht gern seiner Leidenschaft für Baseball, Football, Fußball und Eishockey. Was er an Geld und Zeit in Jahrestickets investiere, sei enorm und nur schwer mit seiner sonst eher ökonomischen Art zu vereinbaren, sagt er über sich selbst. Diese Schwäche hat er sich zunutze gemacht und 2005 das Buch „Lob des Sports“ herausgebracht. Darin geht der Literaturwissenschaftler, Philosoph und Historiker der Frage nach, was dem Sport seine enorme Anziehungskraft verleiht. Im Moment beschäftigt Gumbrecht das Verhältnis der beiden Staaten, in deren Spannungsfeld er sich sein Leben aufgebaut hat – Deutschland und die USA. Dafür hat er Interviews mit amerikanischen und europäischen Intellektuellen wie Joschka Fischer und Condoleezza Rice geführt, um diese in seinem neuen Buchprojekt „Transatlantische Spiegelungen“ aufeinandertreffen zu lassen. Ob Nachkriegszeit, Sport oder transatlantische Beziehungen – Gumbrecht schöpft für sein wissenschaftliches Wirken aus einer reichen Biographie. Biographisches: Hans Ulrich Gumbrecht wird 1948 in Würzburg geboren. Er studiert Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie unter anderem in München, Salamanca und Pavia. Im Alter von 26 Jahren wird er Professor. Er gründet das erste geisteswissenschaftliche Kolloquium in Deutschland, schreibt für bedeutende Periodika wie FAZ, NZZ, Merkur und Literaturen – mit 40 Jahren hat er das Gefühl, seine berufliche Karriere bereits hinter sich zu haben. Dann der Bruch: 1989 entscheidet er sich für eine Professorenstelle für vergleichende Literaturwissenschaften an der Stanford University in Kalifornien und ist seit sieben Jahren Staatsbürger der USA. Seine jüngsten Publikationen: Lob des Sports, Suhrkamp Verlag 2005; Diesseits der Hermeneutik, Suhrkamp Verlag 2004; Die Macht der Philosophie, Suhrkamp Verlag 2003; Vom Leben und Sterben der großen Romanisten, Carl Hauser Verlag 2002; 1926. Ein Jahr am Rand der Zeit, Suhrkamp Verlag 2001 10 „Doktorgrad entzogen!“ Festakt zur Rehabilitierung von verfolgten Doktoren der Leipziger Juristenfakultät Von Dr. Jens Blecher, Universitätsarchiv Mit der Aberkennung von Doktorgraden an der Juristenfakultät der Universität Leipzig zwischen 1933 und 1945 beschäftigte sich am 30. April ein akademischer Festakt. Eröffnet wurde die Veranstaltung im Rahmen der 17. Jahrestagung der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung im Festsaal des ehemaligen Reichsgerichts unter anderem durch den israelischen Botschafter Shimon Stein. Im Publikum waren mehr als 250 Juristen aus beiden Nationen, Angehörige und Gäste der Universität, die sich mit einem sich mit einem dunklen Kapitel der Universitätsgeschichte auseinandersetzten. Depromotion ist juristisch schwer zu fassen – trotz moralischen Unrechts Im Grußwort von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser und den einleitenden Worten von Günter Kröber, Präsident der Rechtsanwaltskammer Sachsen, wurde deutlich, wie sehr sich die Universität um die Rehabilitation sorgt und wie aufmerksam dies im Ausland zur Kenntnis genommen wird. Thomas Henne, der gemeinsam mit AnneKristin Lenk und Thomas Brix die Beiträge von 14 Autoren für den Band des Bandes „Die Aberkennung von Doktorgraden an der Juristenfaktulät der Universität Leipzig 1933–1945“ koordinierte, konnte neben einer vollständigen Namensliste noch eine umfangreiche Dokumentation vorlegen. Juristisch ist dabei der Sachverhalt der Depromotionen nicht leicht zu fassen – auch wenn es offenkundiges moralisches Unrecht war, so sind unterschiedliche Verfahrensweisen zur Rehabilitierung denk- bar. Zunächst haben einige deutsche Fakultäten pauschal alle Depromotionen der NS-Zeit als unwirksam erklärt, andere Fakultäten versuchten dagegen Einzelfallregelungen vorzunehmen. In Leipzig wurden durch die Kriegsereignisse fast alle Akten der Juristenfakultät 1943 vernichtet. So nutzte die Fakultät den Unrechtsgehalt des Massenverfahrens, das in seiner bedenkenlosen Routine alle damaligen und heutigen Rechtsgrundsätze missachtet, um zwar den unterschiedlichen Grad an geschehenem Unrecht zu betonen – jedoch alle Betroffenen wieder in den vorherigen Rechtszustand zu setzen. Neben den juristischen und rechtshistorischen Darstellungen in der vorliegenden Publikation schließen sich zahlreiche biographische Skizzen an. Unter anderen waren von der Depromotion auch Julius Lips (einer der ersten Nachkriegsrektoren, Beitrag von Dietrich Treide), Eva Lappe (Steffen Heldt) und Max Friedländer (Tillmann Krach) betroffen. Im Band mit erwähnt werden auch die zahllosen Fälle, in denen Betroffene Studium oder Promotion abbrechen mussten. Renate Drucker, aus einer Leipziger Juristenfamilie stammend, wurde im April 1938 als „jüdischer Mischling II. Grades“ (als „Vierteljüdin“) ein mündliches Studienverbot und ein Hausverbot für die historischen Institute ausgesprochen. Heute ist die emeritierte Professorin Ehrenbürgerin der Universität Leipzig und feiert demnächst ihren 90. Geburtstag. Die Aberkennung von Doktorgraden an der Juristenfakultät der Universität Leipzig 1933 –1945. Thomas Henne (Herausgeber), in Zusammenarbeit mit Anne-Kristin Lenk und Thomas Brix, Leipzig 2007. journal UniVersum Mut zu neuen Wegen Gastvortrag von Ministerpräsident Milbradt zum Thema Verschuldung Über einen Mangel an Begegnungen mit namhaften Entscheidungsträgern können sich Studierende der Wirtschaftswissenschaften kaum beklagen. Nach dem Wirtschaftsweisen Bert Rürup (Uni-Journal 1/2007) folgte im Juni Sachsens Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt. Sein Thema: Neue Wege für die föderalen Finanzen? Die Pfadabhängigkeit der öffentlichen Haushalte. Der Landesvater wünscht sich mehr Ökonomen in der Politik. Auch deshalb sei er gern der Einladung von Prof. Dr. Thomas Lenk, Direktor des Instituts für Finanzen, gefolgt. „Die im Studium vermittelte wissenschaftliche Theorie sollte möglichst häufig einen engen Bezug zur Praxis haben“, meinte Milbradt. Mit sichtlichem Vergnügen trug er lebhaft ein vermeintlich trockenes Thema vor: „Neue Wege für die föderalen Finanzen? Die Pfadabhängigkeit der öffentlichen Haushalte“. Da wurde im Ministerpräsidenten der einstige Hochschullehrer und Finanzwissenschaftler wieder wach. Ein Manuskript benötigte Professor Milbradt nicht. Schließlich ist der gebürtige Westfale ein Mann vom Fach. Schon seine Dissertation schrieb er Anfang der 1970er Jahre über öffentliches Schulden-Management. „Zu einer Zeit, als dieses Thema die öffentlichen Kassen noch gar nicht belastete“, wie er scherzhaft anfügte.m Seine wesentliche Botschaft klang schließlich in vereinfachter Wiederholung überraschend simpel: „Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben verdeutlicht, dass es sinnvoll ist, dass öffentliche Haushalte ähnlich denken sollten wie private: Die Ausgaben dürfen die EinHeft 4/2007 nahmen nicht übersteigen. Hierzu muss man manchmal einen eingeschlagen Pfad verlassen, um notfalls auch in wenig angenehmer Weise quer durchs Gebüsch wieder auf den richtigen Weg zu finden. Doch das wollen die meisten nicht – oder sie trauen es sich nicht.“ Milbradt formulierte angenehm salopp – ohne jedoch die wissenschaftliche Ernsthaftigkeit des Themas zu ignorieren. Irgendwie klar, dass kurz nach Beginn der Ausführungen des Ministerpräsidenten ein unvermeidliches Protestbanner durch den Großen Hörsaal an der Jahnallee getragen wurde: „Bildung krepiert – Dummheit regiert!“ Prof. Milbradt registrierte es, ohne darüber seine gute Laune zu verlieren. Während des eigenen Studiums der Volkswirtschaft, Jura und Mathematik an der Uni Münster von 1964 bis 1968 und anschließend als Assistent und Professor für Finanzwissenschaft an der gleichen Hochschule erlebte er sicher eine intensivere Form der Meinungsäußerung. Im Auditorium saßen zwischen den Studierenden unter anderem Rektor Prof. Dr. Franz Häuser, Kanzler Dr. Frank Nolden, der Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Ralf Diedrich, und zahlreiche Lehrstuhlinhaber. Dazu eine Reihe Vertreter der Stadt Leipzig. Da ein solches Zusammentreffen von Studierenden mit Personen des öffentlichen Lebens gern Gelegenheit zum spontanen Gedankenaustausch bietet, organisierte das Institut für Finanzen/ Finanzwissenschaft rund um die Veranstaltung eine kleine Gesprächslounge. Bereits am nächsten Tag sahen sich Ministerpräsident und Wirtschaftsprofessor wieder: Im Berliner Bundestag sprach Thomas Lenk als Sachverständiger der Föderalismuskommission II zu den Finanzen. Holger Gemmer www.uni-leipzig.de/wifa/ finanzen Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt hatte in seiner Gastvorlesung zum Thema Verschuldung öffentlicher Haushalte einen simplen Tipp: „Die Ausgaben dürfen die Einnahmen nicht übersteigen.“ Foto: Jan Woitas 11 UniVersum Außenseiter, Spitzenreiter Leipzig gewinnt erstmals Professoren-Fußballmatch Hätte man bloß auf Leipzig gesetzt – den ewigen Verlierer im jährlichen Professoren-Fußballmatch. Seit 1998 wechselten die Siege nahezu zwischen Jena und Halle, Leipzig schien auf den dritten Platz verbannt. Kaum einer hätte mehr geglaubt, dass der Pokal einmal in die Messestadt wandert. Bis zum 10. Mai. Wurde bei der Beratung der drei im mitteldeutschen Universitätsverbund organisierten Rektorate noch konstruktiv miteinander debattiert, ging es anschließend auf den Fußballplatz Ziegelwiese in Halle Mann gegen Mann, dafür aber interdisziplinär. „Doppelpass statt Bypass“ könnte die Devise gelautet haben – waren die Mediziner doch in der Mehrzahl. Verstärkt wurden sie durch Vertreter von Geographie, Architektur und Verwaltung. Schon nach zwölf Minuten lag die gastgebende Martin-Luther-Universität 0 : 2 gegen Leipzig zurück. Und das war erst der Anfang. Denn Leipzigs Torjäger-Trumpf, der Intensivmediziner Prof. Dr. Lothar Engelmann, schlug nach der Pause ein drittes Mal zu. „Es war ein inkompletter Hattrick“, sagt er. Und kurz vor Schluss durfte sich Rektor Prof. Dr. Häuser, der seine Mannen vom Spielfeldrand anfeuerte und moralisch unterstützte, gar über ein 4 : 0 freuen. Auch Urologie-Chef Prof. Dr. Uwe Stolzenburg legte gemeinsam mitAssistant „ Professor Danki Sillong aus Kamerun – „unser Asamoah“ – eine beneidenswerte Dynamik auf den Platz. Doch wie erklärt sich der plötzliche Leistungsschub der Leipziger Hobbysportler? Doping – das Erfolgsrezept manches Profis – schließt Prof. Engelmann jedenfalls aus. Stattdessen setzen die Leipziger auf mentale Vorbereitung und regelmäßiges Training während des Winters. Immer montags wurde in der Halle gekickt, Spielabläufe optimiert, Laufwege der Mitspieler verinnerlicht. Der Intensivmedizin-Professor weiß, wovon er spricht. Seit seinem Klinikeintritt anno 1969 ist der Allroundsportler (Erfahrungen hat er zudem in Handball, Boxen und Segelfliegen) beim Betriebsfußball aktiv. „Fußball gehörte bei uns zur Allgemeinbildung, anders als bei vielen IAGs, die zwar auf ihrem Fachgebiet perfekt sind, aber ansonsten Einzelgänger.“ IAG steht im Uni-Jargon für „in Amerika gewesen“.m Der 63-Jährige hat mit seiner Leistung aber auch bewiesen, dass Ausdauer und Ehrgeiz keine Frage des Alters ist. „Die hallesche Mannschaft war jünger, sah aber alt aus“, sagt er lächelnd. Ob unter den Gegnern wirklich nur Professoren waren, wie es die Ausschreibung vorsieht, bezweifelt er. Und gibt insgeheim zu: „Mittlerweile ist es üblich, dass man die eigenen Reihen durch „Fremdeinkäufe“ aus dem Uni-Umfeld verstärkt.“ Oder, wie es der Teamchef der Martin-Luther-Universität, Prof. Dr. Gerhard Hübner, auf den Punkt brachte: „Leipzig hat offenbar in Sachen Fußball die bessere Berufungspolitik betrieben.“ Tobias D. Höhn Leipzig hat die bessere Berufungspolitik betrieben Erstmals gelang der Universität Leipzig im jährlichen Professoren-Fußballturnier der Sieg. Für die Hallenser stand fest: Der nasse Platz brachte den Leipzigern den Sieg. Fotos: Martin-Luther-Universität, Maike Glöckner “ journal UniVersum Die Kunst des Bücherheilens Kleine Retrospektive über die Restaurierungsausstellung in der Bibliotheca Albertina Von Tobias Grave, Universitätsbibliothek Eigentlich hätte man sich wundern müssen, denn weder ausgesprochene Raritäten noch Kostbarkeiten gab es in der letzten Ausstellung der Universitätsbibliothek zu sehen, stattdessen allerhand Kaputtes: angenagte und verschimmelte Bücher; zerrissenes, zerbröckeltes und feucht gewordenes Papier. Wer an den zwölf Vitrinen der Ausstellungshalle entlang ging, konnte einen Eindruck davon bekommen, was der Bibliothekar außer den viel gerühmten vergessenen Schätzen noch so alles findet, wenn er die Regale inspiziert. Eine Ausstellung mit Dingen also, die jeder Bücherfreund eigentlich lieber versteckt? Nicht ganz, denn das Lädierte war nur der Anfang. Wem bei seinem Anblick das Herz schwer wurde, der konnte zum Trost auch die Produkte der Arbeit der Restauratoren betrachten. Sie bildeten das Komplement zu den beschädigten Exponaten und auch einen Kommentar zu dem Motto, unter dem die Universitätsbibliothek 1993 ihr 450jähriges Jubiläum beging: Geschriebenes aber bleibt – Littera scripta manet. Jetzt konnte man gewissermaßen die Modalitäten betrachten, unter denen Geschriebenes nicht vergeht. Das betrifft zuerst die Erhaltung und Restaurierung der Medien, durch die sich das Geschriebene vermittelt. Zumal in früheren Zeiten waren das immer die Materialien, auf denen es steht. Beim Schreibmaterial hatte nun jede Zeit ihre Präferenzen. Zu sehen gab es Papyrus, Pergament und Papier, daneben die Materialien für deren Schutz, Erhaltung und Reparatur. Ein jedes erfordert besondere Pflege und entsprechenden Umgang und alle haben sie ihre Tücken: Sie schimmeln, zerfallen, wurden überschrieben oder beHeft 4/2007 nagt. Sie erinnern daran, was sie bei aller Bedeutung und auch im höchsten Alter noch sind, nämlich vergänglich. Mit ihren Restauratoren beschäftigt die Universitätsbibliothek eine Gruppe von Spezialisten, die genau um diese Vergäng- Fo to :S te fa n Hö hn e lichkeit weiß. Für sie hat das Buch einen Körper, auch wenn dessen Alter das der unsrigen weit übersteigt. Das vermag der Buchkörper freilich nur durch die für ihn Die Ausstellung „Die Kunst des Bücherheilens. Restaurierung und Konservierung in der Universitätsbibliothek Leipzig“ war in der Bibliotheca Albertina vom 1. März bis zum 30. Mai zu sehen und wurde bis zum 20. Juni verlängert. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der auch weiterhin der in der Bibliotheca Albertina für fünf Euro erhältlich ist. Bestellungen per E-Mail an: oeffentlichkeitsarbeit@ ub.uni-leipzig.de, Tel.: 03 41 / 9 73 05 65 (Bei Versand zzgl. Versandkosten). in restauratorischer Arbeit investierte Zeit. Und Zeit kosten solche Aufgaben in der Tat. Wie findet man z. B. heraus, ob ein Holzwurm in einem wertvollen Codex noch aktiv ist? – Man gibt ihm Zeit. Der Codex wird auf eine saubere Unterlage gestellt, und wenn sich darauf nach einigen Tagen Holzmehl ansammelt, wird der Band restauratorisch behandelt. Meistens aber sind diese Bewohner schon vor Jahrzehnten, in manchen Fällen noch wesentlich länger, verzogen. Aber die Ausstellung zeigte auch die Bücher selbst als Bewohner von Räumen. Man sieht den Spuren nämlich oft an, wie die Bücher standen, wenn sie (wie in unruhigen Zeiten oft nicht zu vermeiden) in feuchten oder schlecht belüfteten Räumen gelagert waren. Spuren: das heißt dann meist Sporen – den Pilzkulturen entstammend, die im Buch ihre Nahrungsgrundlage finden und es als Schimmel befallen. Was tun? Wohl gibt es beständig sich verfeinernde Methoden und eine Vielzahl technischer Hilfen, deren Wirksamkeit von denen früherer Zeiten ganz unerreicht bleibt. Aber welche für das einzelne Stück die angemessene ist, muss der Restaurator entscheiden. Sich durch die Kenntnis des Materials im Geist die Jahrhunderte zu verkürzen, darin liegt seine Kunst. Von der Vielfalt, in der das Material dem Restaurator begegnet, von der unterschiedlichen Beschaffenheit seiner Krankheiten und von der Verschiedenheit der Therapien, deren es zur Genesung bedarf, davon versuchte die Ausstellung einen original verstaubten Eindruck zu geben. Und da über den von ihnen beherbergten Stücken inzwischen keineswegs auch die Vitrinen selbst verstaubt sind, darf man wohl sagen, das sei ihr gelungen. 13 Thema Am Rande Man nehme ein halbes Dutzend Vorurteile, mische sie mit einer Prise Empirie und nicht zu wenig handverlesenen, aber saftigen Zitaten aus der Konserve. Anschließend beides tüchtig gehen lassen, durchrühren, nochmals gehen lassen und mit einem markanten Titel versehen: Fertig ist der Bestseller. So könnte die Backanleitung für „Professor Untat“ aussehen; ein knapp 300 Seiten starkes Buch aus dem Econ-Verlag, das aufzeigen will „was faul ist hinter den Hochschulkulissen“. Ob der Inhalt verspricht, was der Titel preist, ist zweitrangig. Seit Wochen sorgt das Buch für Diskussionen. Studenten feixen, wissenschaftliche Mitarbeiter nicken scheinbar wissend und Univ.-Profs. lamentieren. Nicht verwunderlich, denn das Autorenduo aus Uwe Kamenz (BWL-Professor an der FH Dortmund) und Martin Wehrle (Journalist und Berater) haben eine Generalabrechnung mit einem ganzen Berufsstand hingelegt. Sie wollen entkräften, dass die vier Buchstaben „Prof (...) als Gütesiegel, als Eintrittskarte zu den Eliten unseres Landes“ zählt. Der Fehler liegt ihrer Meinung nach im System: Leere Kassen, ein Beamtenrecht wider das Leistungsprinzip und nicht immer transparente Berufungskriterien. Doch warum die ganze Aufregung? Wendet man das Raster von Kamenz und Wehrle auf die Universität Leipzig an, lässt sich erleichtert und selbstbewusst aufatmen. Von der Alma mater hatte sich kein Professor auf den Köder in Form einer Stellen-Anzeige eines lukrativen Nebenjobs beworben. Arbeit gibt es schließlich uniintern mit 2009 und der nicht enden wollenden Exzellenzinitiative genug. Oder, wie es bei „Professor Untat“ heißt: „Vor den tätigen Professoren sollte man den Hut ziehen – vor den untätigen auf der Hut sein!“ Tobias D. Höhn 14 Sitzung des Senats am 8. Mai 1. Der Senat unterstützte die Berufungsvorschläge für die W2-Professur „Design und Neue Medien in der Kunstpädagogik“; die W3-Professur „Pharmakologie und Toxikologie“ und die W2-Professur „Sozialpsychologie und Methodenlehre“. 2. Der Senat nahm den Antrag auf Verleihung der mitgliedschaftlichen Rechte eines Hochschullehrers an Professor Dr. FrankDieter Kopinke zustimmend zur Kenntnis; ebenfalls den Antrag auf Ernennung von Professor Dr. Jean-Claude Garcia-Zamor zum Honorarprofessor. 3. Der Senat beschloss die Drittmittelrichtlinie der Universität Leipzig. 4. Der Senat stimmte dem Antrag auf Umbenennung des Bachelor- und des Masterstudienganges „Sprachen und Kulturen Süd- und Zentralasiens“ in „Indologie, Tibetologie und Mongolistik“ zu. 5. Der Senat stimmte der Bestellung von Professor Dr. Harald Krautscheid als Mitglied der Senatskommission Lehre/Studium/Prüfungen und von PD Dr. Roland Schuhr als ständigen Gast dieser Kommission zu. 6. Der Senat beschloss die folgenden Studiendokumente: Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften: – Änderungssatzungen zur Prüfungsordnung und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Arabistik – Änderungssatzung zur Studienordnung für den Masterstudiengang Small Enterprise Promotion and Training Philologische Fakultät: – Eignungsfeststellungsordnung, Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Frankreich- und Frankophoniestudien – Eignungsfeststellungs-, Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Lateinamerikastudien – Eignungsfeststellungsordnung, Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Spanien- und Portugalstudien – Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Translatologie – Eignungsfeststellungsordnung, Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Deutsch als Fremdsprache – Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Konferenzdolmetschen Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie: – Eignungsfeststellungsordnung für den Masterstudiengang Web Content Management Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät: – Änderungssatzung zur Studienordnung für den Masterstudiengang Urban Management Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie: – Prüfungsordnung und Studienordnung für den Bachelorstudiengang Psychologie – Eignungsfeststellungsordnung, Prüfungsordnung und Studienordnung für den Masterstudiengang Psychologie 7. Der Senat beschloss – alle vorgenannten Prüfungsordnungen dahingehend zu ändern, dass die Mitteilung der Prüfungsergebnisse grundsätzlich durch Aushang und auf elektronischem Wege erfolgen soll; – in allen Eignungsfeststellungsordnungen, soweit vorgesehen, das Motivationsschreiben als Zulassungsvoraussetzung für die Eignungsprüfung zu streichen; – die Entscheidung, ob in Eignungsfeststellungsordnungen für Masterstudiengänge das Abiturzeugnis als Zulassungsvoraussetzung verlangt werden soll, den Fakultäten zu überlassen. 8. Der Senat erörterte die geplante Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes. Prof. Dr. Franz Häuser Dr. Bärbel Adams Rektor Pressereferentin journal Gremien | Jubiläum 2009 Sitzung des Senats am 12. Juni 1. Der Senat befasste sich mit Berufungsangelegenheiten und verabschiedete den Ausschreibungstext sowie die Zusammensetzung der Berufungskommission für die bis März 2010 befristete W3-Professur „Bürgerliches Recht, Bank und Börsenrecht“. 2. Weiterhin bestätigte der Senat Ausschreibungstext und Zusammensetzung der Berufungskommission für die W3-Professur „Grundschulpädagogik“ sowie für die gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft berufene W3-Professur „Kognitive Neurologie“. 3. Ebenso wurden Ausschreibungstext und Zusammensetzung der Berufungskommission für die Juniorprofessur „Sport und Umwelt – SchwerpunktWintersport“ bestätigt. 4. Die Verfahrenseinstellung für die W2Professur „Grundschuldidaktik Deutsch“ durch die Erziehungswissenschaftliche Fakultät bestätigte der Senat. 5. Das Gremium nahm weiterhin zu folgenden Berufungsvorschlägen positiv Stellung: W3-Stiftungsprofessur „Geschichte Ostmitteleuropas“ (gemeinsame Berufung mit GWZO), W2-Professur „Germanistische Linguistik (Schwerpunkt Pragmalinguistik) und W2-Professur „Pharmakogenetik/Toxikogenetik“. terte der Senat den Antrag der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät auf Einrichtung eines gemeinsamen Masterstudiengangs „International Energy Economics and Business Administration“ der Universität Leipzig und der MGIMO Moskau. Die studentischen Senatoren legten hier ein Gruppenveto ein. 6. Der Senat sprach sich gegen den vorgelegten Listenvorschlag für die W3-Professur „Rechtsmedizin“ aus. 10. Der Senat beschloss Studiendokumente für den Masterstudiengang Konferenzdolmetschen Arabisch, Masterstudiengang Sinologie, die Satzung zur Eignungsfeststellungsordnung für den Bachelor Musikwissenschaft (Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften). Weiterhin beschließt er die Änderungssatzung zur Prüfungs- und zur Studienordnung für den Bachelor Informatik, den Master Informatik sowie die Eignungsfeststellungsordnung zum Masterstudiengang. 7. Der Senat befürwortete die Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „außerplanmäßiger Professor“ für PD Dr. Steffen Leinung (Medizinische Fakultät).m 8. Der Bestellung zum Honorarprofessor stimmte der Senat zu für Dr. Werner Esser (Erziehungswissenschaftliche Fakultät) sowie für PD Dr. Andreas Berkner (Fakultät für Physik und Geowissenschaften). 9. Unter dem Tagesordnungspunkt Besondere universitäre Angelegenheiten erör- Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin Blick hinter die Kulissen von 2009 Fakultätsbeauftragte sind wichtige Akteure Sie sind die Universität Leipzig – die Wissenschaftler und Studierenden in den Fakultäten und Einrichtungen geben der Alma Mater ihr unverwechselbares Profil. Ein Jubiläum 2009 ohne die Fakultäten ist deshalb undenkbar! Dies wurde auch beim Aufbau der Organisationsstrukturen für 2009 berücksichtigt. So sind die Fakultäten bereits im vergangenen Jahr gebeten worden, Verantwortliche für das Festjahr zu benennen. Nach der erfolgreichen Einrichtung des Gremiums bildet die Gruppe der 14 Fakultätsbeauftragten nun das Verbindungsglied in die Fakultäten. Als Schnittstelle zwischen der zentralen Organisation und den dezentralen Projekten im Rahmen von 2009 sind sie maßgeblich verantwortlich für die Gestaltung fachbezogener Programmpunkte, die die Fakultäten zum Jubiläum 2009 präsentieren und Heft 4/2007 die die Vielfalt der Volluniversität widerspiegeln. Gleichzeitig verstehen sie sich als Multiplikatoren und Motivatoren für 2009: ihre Fakultät regelmäßig über den Stand der Vorbereitungen zu informieren und zur Mitarbeit anzuregen, zählt ebenfalls zu ihren Aufgaben. Vor wenigen Wochen tagten die Fakultätsbeauftragten zum zweiten Mal unter Leitung von Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Ziel des Treffens war es, einander und der Universitätsleitung die geplanten Veranstaltungen und Projekte der Fakultäten im Jubiläumsjahr vorzustellen. Ein besonders engagiertes Vorhaben ist in diesem Zusammenhang die Organisation des interdisziplinären Kongresses „Ökonomisierung des Wissens“, im Rahmen dessen sich verschiedene Fakultäten mit der Frage auseinandersetzen, wie viel Ökonomie die Wissensgesellschaft braucht und wie viel sie tatsächlich verträgt. „Dieses Gremium hat mich besonders motiviert und inspiriert“, äußerte sich Dr. Siegfried Haller, Jugendamtsleiter der Stadt Leipzig, als Gast des Treffens. In der Sitzung hatten er und Prof. Harald Marx, Dekan der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, als Vertreter der AG Junges Leipzig ihre Projekte für 2009 vorgestellt, unter anderem den Kongress „Bildung und Erziehung im 21. Jahrhundert“ (Arbeitstitel). Beim nächsten Treffen der Fakultätsbeauftragten wird es um die Präzisierung der vorliegenden Ideen gehen. Weiterhin sollen wichtige Rahmenbedingungen für 2009 diskutiert werden, um das Jubiläum gemeinsam zu einem Erfolg werden zu lassen. Birte Fähnrich 15 Jubiläum 2009 Anekdoten, Fragmente, Notizen Eine Zeitung für Schildbürger Gut, mochte sich Dozent Werner Holzmüller zu Kriegsende sagen, als es ihn in das kleine Städtchen Schildau verschlagen hatte, dass ich mich bei meinem Leipziger Studium neben der theoretischen Physik (bei Heisenberg und Hund) auch und vor allem mit der Experimentalphysik beschäftigt habe. So hat er zusammen mit anderen Doktoranden unter Anleitung seines Doktorvaters Debye die Hochfrequenzerwärmung praktisch erprobt. Am dritten Tag der russischen Besatzung in Schildau wurde er zur Kommandantur gerufen, wo er in gebrochenem Deutsch begrüßt wurde: „Du Hochfrequenz, du Spezialist für Radio, du bei uns arbeiten als Radiomeister!“ Seine erste Aufgabe war, einen Verstärker mit Großlautsprecher zu bauen, damit den ganzen Tag über bis in den späten Abend hinein auf dem Marktplatz in Schildau der Moskauer Rundfunk zu hören war. Des weiteren hatte er beschlagnahmte Radiogeräte, die meist in unbrauchbarem Zustand abgegeben wurden, wieder in Ordnung zu bringen. Sein Tagessoll war die Fertigung von drei funktionierenden Geräten, für die er in der Regel sechs unvollständige benötigte. Da ihm die Russen volles Vertrauen entgegen brachten, beauftragten sie ihn zwischen 12. und 20. Mai 1945 überdies mit dem täglichen Abhören des britischen und sowjetischen Rundfunks, um daraus gedruckte Nachrichten für die Einwohner Schildaus (die berühmten Schildbürger!) zu verfertigen. Diese Texte hatte er dann nach Vorlage beim Stadtkommandanten am Rathaus anzuschlagen. Wenn man so will: eine der ersten in der sowjetischen Besatzungszone erschienenen Zeitungen für die deutsche Bevölkerung – und ihr Redakteur war der promovierte und habilitierte Leipziger Physiker und neuberufene sowjetische Radiomeister Werner Holzmüller. Volker Schulte Werner Holzmüller, Jahrgang 1912, studierte von 1932 bis 1937 Physik an der Universität Leipzig. 1952 Berufung zum Professor für Technische Physik, 1978 Emeritierung. Quelle: Gespräch mit Prof. Dr. Holzmüller im April 2007 sowie dessen Erinnerungsbuch „Fröhliche Stunden in ernsten Zeiten“, Verlag im Wissenschaftszentrum Leipzig 2002 16 Gesichter der Uni Miklós Rózsa (1907–1995) Foto: Breitkopf & Härtel KG Wiesbaden Die Reihe „Gesichter der Uni“ erscheint seit April 2004 im Uni-Journal. In ihr sollen neben den berühmten „großen Köpfen“ der Alma mater auch weniger bekannte Universitätsangehörige vorgestellt werden. Dunkle Kapitel der 600-jährigen Universitätsgeschichte bleiben dabei nicht ausgespart. Betreut wird die Rubrik von der Kommission zur Erforschung der Leipziger Universitätsund Wissenschaftsgeschichte. Anregungen und Manuskripte (mit Bildvorschlägen) richten Sie bitte an: [email protected] Auf einen Blick finden Sie die „Gesichter“ im Internet unter www.uni-leipzig.de/journal/ gesichter Nicht viele kennen den Namen Miklós Rózsa, nennt man aber die Filmtitel „Quo Vadis“, „Ben Hur“ oder „El Cid“ haben viele eine Vorstellung. Der ungarische Komponist Miklós Rózsa schrieb die Musik zu diesen und vielen anderen großen Hollywood-Produktion. Als einem der wenigen gelang es ihm, sowohl als Filmkomponist als auch in der Konzertwelt große Erfolge zu feiern. Miklós Rózsa wurde im April 1907 in Budapest geboren. Mit fünf Jahren lernte er das Viola- und Violinspiel. Seine Mutter, die (eine Kommilitonin Béla Bartóks) an der Budapester Akademie war, brachte ihm das Klavierspiel bei. Als Kind sammelte Rózsa Melodien und schrieb erste Kompositionen. Nach dem Abitur nahm er 1925 ein Chemiestudium an der Universität Leipzig auf. Als Nebenfach wählte er Musikwissenschaft. Schnell machte sich Rózsa mit dem kulturellen Leben der Universitätsstadt vertraut, regelmäßig besuchte er die Motetten- und Kantatenaufführungen sowie die Konzerte im Gewandhaus. Noch während seines Grundstudiums spielte Rózsa bei Hermann Grabner ein Klaviertrio vor, der ihn sofort als Studenten im Fach Komposition am Leipziger Konservatorium akzeptierte. Auf Grabners Anfrage hin komponierte Rózsa das Trio für Streicher op. 1 (1927 im Konservatorium uraufgeführt). Grabner teilte Rózsas Vater daraufhin vom großen musikalischen Talent des Sohnes mit – und dieser konnte sich fortan mit dem Einverständnis des Vaters dem Kompositionsstudium widmen.m Nach Zwischenstationen in Paris und London siedelte Rózsa nach dem Kriegsausbruch in die USA über. Rózsas erste Hollywood-Produktion war „The Jungle Book“ (1942 als erste kommerzielle Filmmusik auf Schallplatte erschienen). Bei Metro-Goldwyn-Mayer stand Rózsa von 1949 bis 1962 unter Vertrag und schrieb seine bekanntesten Filmpartituren. Innerhalb von 40 Jahren schrieb er die Musik für 90 Filme. Der letzte Film mit Musik von Rózsa „Dead Men don’t wear Plaid“ kam 1982 in die Kinos. Von da an komponierte er nur noch Kammermusik. Neben seiner Arbeit für den Film unterrichtete Rózsa an der University of Southern California und blieb auch weiter der Ernsten Musik treu. Regelmäßig bereiste er Europa, um zu komponieren und Konzerte zu dirigieren. Im Alter von 88 Jahren verstarb Miklós Rózsa in Los Angeles. Juliane Bally, Institut für Musikwissenschaft journal Jubiläum 2009 Allerlei Adel zu Gast 1909 – ein Universitätsjubiläum mit Weltgeltung Von Kornelia Tröschel, Geschäftsstelle 2009 Wer vom 27. bis 29. Juli 1909 mit dem Zug in Leipzig anreiste, der begegnete in allen Bahnhöfen Frauen und Männern mit weißgrünen Schleifen. Manch ein Reisender fragte sicherlich verwundert nach der Bedeutung dieses Aufzugs und bekam dann zur Antwort: „Die Universität Leipzig feiert ihr 500-jähriges Jubiläum, und wir zeigen unseren Gästen den Weg zum Empfangsbureau.“ Dort konnten die Gäste sich dann für das Fest anmelden. Damals wie heute war die Feier des Universitätsjubiläums etwas ganz Besonderes – ein großes Ereignis, das würdig begangen werden sollte. Damit das Fest strukturiert vorbereitet werden konnte, wurden zehn Festausschüsse eingerichtet, die nicht nur für das Programm verantwortlich waren, sondern auch die Unterkünfte für die Gäste organisierten oder das Einladungsgeschäft überwachten. Dass das Jubiläum schließlich doch viel plötzlicher als erwartet bevor stand, zeigt die Begrüßung des damaligen Rektors Karl Binding in der 1. Ausgabe der Festzeitung: „Die […], die berufen waren, [das Fest] unmittelbar vorzubereiten, denen kam es mit fast beängstigender Hast wie ein durchgegangenes Pferd entgegengejagt. Sie hatten kaum Zeit, beiseite zu treten, – da war es da.“ In einem rauschenden Fest wurde das Jubiläum gefeiert: mit Tanz und Musik, Essen und Trinken, Schauspiel und Gebet, Festvorträgen und Ehrungen. Viele hochrangige Gäste wurden zu dem Fest am 29. und 30. Juli 1909 geladen: der König Friedrich August von Sachsen und die Mitglieder des Königlichen Hauses, Prinz August Wilhelm von Preußen als Vertreter des Kaisers, Kronprinz Ferdinand von Rumänien sowie weitere Prinzen, Herzöge und Großherzöge des Deutschen Kaiserreichs. Der erste Festtag begann mit einem Gottesdienst in der Paulinerkirche. Daran schloss sich der Festakt im Neuen Theater an, bei dem die Jubiläumsfeierlichkeiten vom König von Sachsen und vom Rektor Karl Binding offiziell eröffnet wurden. Glückwünsche aus den verschiedensten Ländern wurden überreicht. Neben den Vertretern Heft 4/2007 der deutschen Schwester-Universitäten waren Mitglieder von Hochschulen und Universitäten aus der ganzen Welt zu Gast in Leipzig. Nicht nur aus Europa, auch aus Afrika, Asien, Amerika und Australien kamen die Gratulanten in die sächsische Metropole. Man darf wohl mit recht behaupten, dass es ein Fest mit internationalem Charakter war. Am Abend wurde die Feier in ungezwungenerer Weise fortgesetzt. Ein Festmahl im Palmengarten, ausgerichtet von der Staatsregierung, war der Auftakt zum anschließenden Gartenfest. Ein Tanzplatz wurde eingerichtet, „[…] damit auch die tanzlustige Jugend und das schöne Geschlecht zu ihrem Recht kommen“, wie es in der Festzeitung hieß. Den Glanzpunkt der Jubiläumsfeier bildete das Feuerwerk, das 20 Minuten lang die Gäste verzauberte. Der Vormittag des zweiten Festtages war den akademischen Feierlichkeiten gewidmet: Zu Beginn des Festakts in der Wandelhalle des Augusteums wurde nicht nur das Standbild des sächsischen Königs enthüllt. Ebenso vollzog der Rektor die Immatrikulation der Prinzen Georg und Friedrich Christian. Die Schwerpunkte dieser Veranstaltung lagen jedoch auf der Festrede von Prof. Wilhelm Wundt und der Verleihung der Ehrenpromotionen durch die vier Fakultäten – die theologische, juristische, medizinische und philosophische. Daran schloss sich um die Mittagszeit der historische Festzug der Studentenschaft an, der laut Organisatoren „die Geschichte unserer Universität in lebendigen und farbenreichen Bildern vor Augen stellen“ sollte. Fast 2000 Universitätsmitglieder nahmen teil.m Bevor der zweite Tag mit dem Festkommers seinen Höhepunkt erreichte, hatten die Gäste das Vergnügen, entweder im Gewandhaus der Musik von Wagner, Schumann und Beethoven zu lauschen oder im Neuen Theater drei Einakter von Lessing, Goethe und Schiller zu genießen. Für den Festkommers wurde der Stadtbaurat Scharenberg mit der Planung einer eigenen Festhalle beauftragt, die auf dem MessePlatz extra für diesen Anlass errichtet Das Plakat zum 500. Jubiläum der Alma mater anno 1909. Abbildung: Universitätsarchiv wurde. Der Kommers begann mit kurzen Reden, es folgten Gesangsvorträge, die in ein geselliges Beisammensein übergingen. Am Abend wurden fröhliche Lieder gesungen und vornehmlich die Studenten griffen wohl beherzt zum Bierglas. Das Ende um ein Uhr verkündete eine Fanfare. Einer kleinen Zahl von Gästen stand am Abend des 31. Juli eine seltene und auserlesene Nachfeier in Aussicht, denn Seine Majestät der König hatte zu einem Mahle auf der Albrechtsburg in Meißen geladen. Eine besondere Ehre für alle jene, die dabei sein durften. Mit diesem Bankett endeten die Feierlichkeiten und auch die letzten der 12 000 Festteilnehmer machten sich wieder auf den Heimweg – mit Erinnerungen an ein einmaliges Jubiläum 1909. 17 UniCentral Wenn Mutti forscht, wird Frau Beyer aktiv DFG unterstütztKinderbetreuung im Sonderforschungsbereich 610 und trotzt Bürokratie Von Sandra Hasse „Noch einen Wind machen“, bittet die kleine Mia und grinst erwartungsvoll. Als der herbeigesehnte Luftstoß ihr Gesicht erreicht, wirbeln die blonden Locken durcheinander. Sie wirft den Kopf zur Seite und kreischt vor Freude: „Noch mal!“ Die Spaß bringende Windmaschine hat die fast Dreijährige gerade eben selbst erfunden. Ein Teil der Konstruktion ist Hannelore Beyer, die die Pappseiten eines überdimensionierten Buches – fast so groß wie das Mädchen – eifrig umblättert und dabei der Kleinen Luft zufächelt. Frau Beyer selbst ist fasziniert: „Mia hat die Kreativität, die auch ihre Mutter bei der Arbeit sicherlich benötigt.“ Die Mama heißt Dr. Ines Neundorf und ist Wissenschaftlerin im Institut für Biochemie der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie. Und während ihre Tochter im Seminarraum des Instituts liebevoll betreut wird, nimmt die Wissenschaftlerin an einem Forschungskolloquium teil. Es ist 17.30 Uhr. Der Kindergarten in den Mia täglich geht, hat schon geschlossen, so wie die meisten seiner Art um diese Uhrzeit. Deshalb kommt Frau Beyer zum EinHannelore Beyer betreut die Kinder von Wissenschaftlern auch außerhalb der Öffnungszeiten von Kindergärten. Foto: Jan Woitas satz. Sie ist Erzieherin und seit Dezember 2006 angestellt im Sonderforschungsbereich (SFB) 610, einem Verbund zwischen den Universitäten Leipzig und Halle, der die Zustandsformen von Proteinen erforscht. Naundorfs Tochter, und die Kinder der anderen Wissenschaftler und Doktoranden im Bereich des SFB 610 werden immer dann betreut, wenn alle anderen Stricke reißen: „Heute beispielsweise, während des Forschungskolloquiums. Das findet regelmäßig statt“, erläutert die Erzieherin. „Dann bin ich mit den Kindern immer hier, im Seminarraum des Instituts für Biochemie. Ich fahre aber auch mit auf wissenschaftliche Kongresse, behüte die Kinder dort, oder springe ein, wenn Kindergärten an Klapptagen geschlossen haben und die Wissenschaftler trotzdem arbeiten müssen.“ Bevor Frau Beyer voller Passion die neue Stelle antrat, war sie lange Zeit Leiterin des Kindergartens „Blauer Elefant“ in Leipzig, bis sie im März 2005 Ihre Arbeit verlor. Damals wusste sie noch nicht, dass bereits ein Jahr davor einige Wissenschaftler im Institut für Biochemie der Universität Leipzig darüber nachgegrübelt hatten, wie man die oft problematische Situation, insbesondere für Mütter in der Forschung, verbessern könnte. Prof. Annette Beck-Sickinger, selbst Mutter von zwei Kindern und die „Erfinderin“ der innovativen Betreuungslösung erklärt: „Als vor drei Jahren der Verlängerungsantrag zum SFB 610 anstand, habe ich eine Umfrage gestartet, an alle jungen Frauen mit kleinen Kindern im Umfeld des SFB, wo es die größten Engpässe gibt und was in der Praxis helfen würde. Ein Punkt war dabei die Kinderbetreuung am Wochenende, abends und in Notfällen. Um das Problem flexibel zu lösen, entstand das Konzept der ‚SFB-Tagesmutter‘. Das haben wir bei der DFG mit beantragt.“ 2006 trat Frau Beyer die neu geschaffene Stelle an. „Ich bin dankbar, dass mich die Eltern so freundlich aufgenommen haben, dass sie mir so vertrauen und ebenfalls dankbar sind, für die Unterstützung die sie seit einigen Monaten haben.“ Die ehemalige Kindergärtnerin betreut seither bis zu fünf Kinder, alle zwischen zwei und sieben Jahre alt. Sie gehen auf den Spielplatz oder backen, basteln, malen und beschäftigen sich gemeinsam. Foto: Playmobil UniCentral Heute ist Mia allein mit Frau Beyer, hat aber trotzdem eine Menge Spaß und Ideen. In den Schrank packt sie die großen Legosteine hinein, mit denen sie vorhin einen Eisenbahntunnel für die Zugdurchfahrt gebaut hat, denn jetztwill sie noch malen und schnappt sich vom Tisch ein grellgrünes Papier. Mit Wachsmalstiften wird das nun ausgiebig verziert. Doch weniger spaßig geht es gerade in Sachen Bürokratie zu. Das Jugendamt Leipzig weiß die neue Form von Kinderbetreuung noch nicht einzuordnen. „Es gibt derzeit einige Probleme die wir mit den zuständigen Behörden dringend noch lösen wollen und müssen.“ So fordere die Behörde zum Beispiel die Anschaffung von Kindertischen und -stühlen, Kindertoiletten, weiterem Kinderspielzeug, Garderobeneinrichtung und Schlafmöglichkeiten. Die Unfallversicherung der Kinder während der Betreuungszeit sei noch nicht exakt geklärt und Frau Beyer dürfe als Tagesmutter nicht zu den Kindern nach Hause, wenn sie krank sind. Und, und, und. „Trotz aller Probleme ist dieses Kinderbetreuungsmodell ein Vorreiter“, so Prof. Beck-Sickinger, „weil es sich den Erfordernissen einer Arbeit in der Wissenschaft anpasst und den Müttern hilft, Kinder und die eigene berufliche Weiterentwicklung zu vereinbaren.“ Es ist das erste seiner Art an der Universität Leipzig und wird jetzt auch in anderer Forschungsbereichen aufgegriffen: Zum Beispiel im Konzept der BuildMoNa-Graduiertenschule, die Chemiker und Physiker jetzt im Rahmen der DFG-Exzellenzinitiative gemeinsam beantragt haben. Mia ist so etwas egal. Sie saust immer wieder um den Tisch herum und als ihre Mama endlich den Raum betritt, wirkt Mia nicht so, als ob sie gehen möchte. „Komm wir ziehen die Jacke an“, sagt Ines Neundorf und bedankt sich bei Frau Beyer, „noch ein bisschen gemeinsam aufräumen und dann aber ab nach Hause.“ Ein straffes Programm Eva Klapetz (24) studiert in Leipzig und wohnt in Weißenfels (Sachsen-Anhalt). Stress pur für die 24-Jährige, die Mutter eines zweijährigen Sohnes ist. Montags klingelt um vier Uhr ihr Wecker, eine Stunde später geht es mit dem Fahrrad zum drei Kilometer entfernten Bahnhof. Die erste Vorlesung beginnt kurz nach sieben Uhr in der Uni-Frauenklinik. Madeleine Rau sprach mit der jungen Mutter. Ihr Tag beginnt früh und endet spät. Gibt es denn keine anderen, kindgerechteren Vorlesungen und Seminare? „Dank“ Bachelor gibt es Anwesenheitspflicht. Montags habe ich immer ein straffes Programm, bin erst abends um neun wieder zu Hause, ohne meinen Sohn nur eine einzige Minute gesehen zu haben. Ohne meinen Mann wäre Bachelor bereits am ersten Montag gescheitert. Aber Sie hatten sich doch vorher über den Studiengang informiert? Niemand konnte mir Genaues zum Bachelor sagen und schon gar nicht, wie es mit der Erziehung eines Kindes vereinbart werden kann. Nach zwei Beratungen wurde es „hinten am Horizont ganz schwarz“, wie die Sozialberaterin sagte. Auch zu Beginn des Wintersemesters herrschte noch Chaos durch die Änderungen im Studiengang. Im Vergleich mit den alten Studiengängen bin ich jetzt sehr viel unflexibler, und es war ein riesiger Spagat für mich und meine Familie, den Halbtagsplatz in der Kita mit meinem Stundenplan abzugleichen. Aber mein Studium jetzt ist genau das, was ich gern machen will. Die Pendelei mit der Bahn kostet einiges, andererseits gewinne ich damit Zeit, um Skripte und Bücher zu lesen und mich auf Seminare vorzubereiten. Das sind ja immerhin anderthalb Stunden täglich. Stehen Ihnen nicht auch Urlaubssemester für die Erziehung Ihres Sohnes zu, in denen Sie Studienleistungen erbringen können? Das ist im Bachelor nicht praktikabel. Jedes Semester werden so genannte Timeslots an die verschiedenen Studienrichtungen vergeben, so dass der BachelorStudent einen geordneten Stundenplan ohne Überschneidungen hat. Soweit gut gedacht, aber bei einem Urlaubssemester bekommt man im neuen Semester große Probleme, denn die Veranstaltungen werden nur jährlich angeboten und man kann auch nicht einfach das darauf folgende Modul belegen, weil man dafür erst das vorhergehende bestanden haben muss. Ist dieses straffe Programm mit einem Kind bis zum Abschluss durchzuhalten? Ich versuche es! Eventuell werde ich nach dem Bachelor-Abschluss gleich arbeiten gehen müssen und danach erst den Master und das Referendariat machen. Wie es finanziell läuft, wenn ab August das Erziehungsgeld wegfällt, müssen wir sehen. Zeit zum Jobben bleibt mir ja nicht. Eva Klapetz will Studium und Familie unter einen Hut bekommen und fährt dafür täglich von Weißenfels nach Leipzig. Foto: M. Rau Bastelsachen und Kinderbücher gesucht Die Kinderbetreuung benötigt Bastelmaterial, Wassermalfarben und Kinderbücher. Wer diese Dinge übrig hat und spenden möchte oder generell mehr zur Kinderbetreuung erfahren, meldet sich bitte bei Frau Hartung. Tel.: (0341) 9736990, E-Mail: [email protected] (Sekretariat Prof. Annette Beck-Sickinger). r. Heft 4/2007 19 UniCentral Leben nach Stundenplan Ein Tag im Leben zweier studentischer Mütter 7:30 8:15 Auch der zweijährige Lias ist um diese Zeit schon auf den Beinen. Eine halbe Stunde ist er mit seiner Mutter Stefanie Wollny zur Kinderkrippe unterwegs. „Wenn ich um neun an der HTWK sein muss, bringt ihn mein Freund“, erzählt die 26-Jährige Lehramt-Studentin. „Dann ist er schon kurz vor um acht zum Frühstück dort.“ 11:00 12:00 15:30 In der Caféteria am Augustusplatz sitzt Stefanie oft über Büchern und Kopien für Seminarvorbereitungen. Hier kann sie gleichzeitig essen, lesen und auch mal eine Pause machen, um mit anderen zu plaudern. 16:00 Nachmittags holt Stefanie ihren Sohn Lias immer selbst ab, weil ihr Freund meist erst zum Abendessen von Arbeit kommt. „Veranstaltungen kann somit ich nur bis um drei besuchen“, erzählt sie. „Das geht aber nur, weil ich nur noch eins von drei Fächern zu Ende studieren muss. Sonst wäre es gar nicht möglich, alle Pflichtseminare in das kappe Zeitfenster zu legen.“ 20 Auch Bettina hat nach um drei erstmal Feierabend von der Uni und widmet sich ihrem Sohn. Spielplatz und Park im Sommer, Musik- und Sportkurse im Winter – so sieht ihr Nachmittagsprogramm aus. „Nach so einem Tag ist es schon schwer, sich abends noch mal für Uni-Aufgaben zu motivieren“, sagt sie. Während ein Kind isst, spielt das andere noch und das nächste schläft schon. Im Kinderladen des Studentenwerks wird der studentische Nachwuchs individuell betreut – bis zu zwölf Stunden in der Woche. Zum effektiven Studieren reicht die Zeit wohl nicht. Trotzdem wird der Kinderladen gern als Überbrückung genutzt, bis ein fester Krippen- oder Kindergartenplatz gefunden ist. Stefanie und Bettina hatten Glück und waren auf das Angebot nicht angewiesen. Deshalb gibt es für Bela einmal die Woche einen Tag bei Oma Gisela. Da wird vorm Abendessen auf Wunsch auch noch ein Pfannkuchen gebraten. Zurzeit übernachtet der Dreijährige mitt16:30 wochs bei seiner Oma. „Mein Freund ist gerade beruflich vereist“, erklärt Bettina. „An diesem Tag gehe ich abends zum Fachschaftsrat und am nächsten Morgen muss ich schon halb acht im Ukrainisch-Seminar sitzen. Da ist es so das Beste.“ journal Text/Fotos: Madeleine Rau Ihre Vorlesung verschlafen kann Bettina Friedrich nicht. „Mein Wecker heißt Bela und klingelt jeden Morgen um sieben“, erzählt die 24-jährige Journalistik-Studentin. Bis zur ersten Veranstaltung in der Uni gibt es für sie jede Menge zu tun: Frühstück machen, Kind waschen, anziehen, Vesper einpacken, und und und. Um diese Zeit liegen viele ihrer Kommilitonen noch im Bett. UniCentral 17:00 Vor der Hauptbibliothek der Uni herrscht bis in die Abendstunden reger Betrieb. Stefanie kann die langen Öffnungszeiten nie nutzen. „Um diese Zeit bereite ich meist schon das Abendbrot vor. Ich kopiere mir tagsüber alles, was ich brauche.“ Ein unscheinbarer Zettel im Geisteswissenschaftlichen Zentrum verweist auf einen Wickeltisch. Eine Initiative von Eltern, denn beim Neubau wurde an Studierende mit Kind nicht gedacht. Bei der Prüfungsanmeldung letzte Woche hat Stefanie ihren Lias im überfüllten Wartezimmer gewickelt, weil ihr der Zettel nicht aufgefallen war. 17:30 18:15 Zwei Stunden im Schnitt – so schätzt Stefanie das tägliche Pensum für den Haushalt ein. „Kein Vergleich zum WGChaos von früher“, erzählt sie. „Mit Lias hat sich das mächtig verändert. Ordnung ist mir jetzt viel wichtiger.“ 23:00 Erst spät am Tag heißt es für Stefanie „Endlich Feierabend“ vom Doppeljob studentische Mutter. Dann wird auf der großen roten Couch vorm Fernseher entspannt. „Texte für Seminare lese ich nachts nur, wenn es unbedingt sein muss.“ Heft 4/2007 Familienfreundliche Universität Wissenschaftliche Projektbegleitung Konstanze Becker, Erziehungswissenschaftliche Fakultät Die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Thema, dass häufig in den Medien aufgegriffen wird. Frauen kehren früher aus dem Erziehungsurlaub zurück, wollen Kinder und Beruf verbinden. Auch das Rollenverständnis hat sich in vielen Familien gewandelt, Väter übernehmen eine andere Erziehungsfunktion als noch vor Jahren. Wie sind diese Erkenntnisse aber zu vereinbaren mit der unzureichenden öffentlichen Kinderbetreuung, den unflexiblen Prüfungsmodalitäten und den starren Arbeitszeiten für Mitarbeiter an Hochschulen? Die Notwendigkeit einer besseren Vereinbarkeit von Studium/Beruf und Familie zeigt sich im Universitätsbereich in besonderer Weise, denn Hochschulangehörige haben eine eigene Vereinbarkeitsproblematik. Veranstaltungen sowie Sitzungen, die außerhalb der Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen stattfinden, können oft nicht besucht werden. Die Krankheit von Kindern beziehungsweise nahen Angehörigen kann den Druck während der Prüfungs- und/oder Arbeitszeiten erhöhen. Nicht zuletzt kann eine Betreuungsübernahme die Unterbrechung und unter Umständen sogar den Abbruch der wissenschaftlichen Karriere bedeuten. Wie lassen sich familiäre Interessen und berufliche Anforderungen verbinden? Der erste Schritt in Richtung Familienfreundlichkeit wurde in Leipzig durch den Gründungsakt des „Lokalen Bündnis für Familie“ am 25. August 2004 als Zusammenschluss der Stadt Leipzig und der Universität Leipzig gemacht. Mitinitiiert als Vertreter der Universität Leipzig durch die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Monika Benedix und unterzeichnet durch Prorektor Prof. Dr. Martin Schlegel setzte das Bündnis das Ziel, in einem aktiven offenen Netzwerk die Familien und die Kinderfreundlichkeit Leipzigs zu stärken. Aus dieser Selbstverpflichtung können nun durch familienfreundliche Maßnahmen praktische Schritte erwachsen. Dabei versucht die Universität auf der Grundlage der Magisterarbeit von Konstanze Becker „Das Audit Familiengerechte Hochschule an der Universität Leipzig“ die familiären Interessen mit den Anforderungen aus Studium und Beruf in Einklang zu bringen. So soll eine entspannte Ausbildungssituation und Arbeitssituation für Hochschulangehörige, die Familie und Studium/Beruf vereinbaren wollen, entstehen. Ost-West-Unterschiede bei Studenten mit Kind Um das gesamte Vorhaben wissenschaftlich abzusichern, wurden erste empirische Arbeitsschritte bereits im Rahmen der oben genannten Magisterarbeit an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät unter Betreuung von Prof. Dr. Jörg Knoll entwickelt; unter anderem die Erfassung der Ausgangssituation und der Handlungsbedarf aus der Perspektive der Hochschule. Anhand umfassender Dokumentenanalysen sowie durch die qualitative Auswertung von drei problemzentrierten Interviews wurden der Ist-Zustand sowie Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Studium aufgezeigt. Um an Beiträge und empirische Befunde über die soziale und wirtschaftliche Lage Studierender an Universitäten zu gelangen, wurden Auszüge aus den Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerkes der Sommersemester 1997, 2000 sowie 2003 zur Erhebung herangezogen. Dabei sind folgende Auswertungsergebnisse entstanden: Studierende waren zum Zeitpunkt der Befragung in der Regel jünger als ihre westdeutschen Kommilitonen, ihr Studienverlauf ist anders und sie haben andere Wohnverhältnisse. Etwa fünf Prozent der Befragten in Leipzig hatten 1997 eines oder mehrere Kinder. Drei Viertel der be21 UniCentral Fotos: Playmobil treffenden Personen hatten wiederum nur ein Kind. Interessant ist dabei die Altersverteilung der Kinder: Das Kind war zum Zeitpunkt der Befragung bei zwei Drittel der Befragten erst ein Jahr alt oder jünger, bei zehn Prozent der Studierenden hatte das Kind das Schulalter erreicht, und bei nochmals 17 Prozent der Befragten war das Kind zum Zeitpunkt der Befragung bereits zwischen 11 und 15 Jahre alt. Studierende in den neuen Bundesländern weisen im Gegensatz zu ihren Altersgenossen in den alten Bundesländern Besonderheiten auf: Zu Beginn der 1990er Jahre lag der Anteil an Studierenden mit Kind in Ostdeutschland deutlich höher als im Westen der Republik. Dies reduzierte sich jedoch bis zum Jahr 1997 merklich auf ein Niveau, welches unterhalb des Anteils an Studierenden mit Kind in den alten Ländern lag. 1991 hatten an ostdeutschen Hochschulen immatrikulierte Studenten dabei im Vergleich zu West-Studentinnen prozentual häufiger bereits ein Kind. Im Jahr 2000 hatte sich dieser Unterschied umgekehrt. Bis in das Jahr 2000 ist der Anteil an studierenden Müttern und Vätern in den neuen Ländern weniger geschlechtsspezifisch als in den alten Ländern. Mehr als 100 000 junge Menschen studieren mit Kind Hochgerechnet bedeutet ein Anteil von 6,7 Prozent Studierender mit Kind im Jahr 2000, dass mehr als 100 000 Studierende in Deutschland ein oder mehrere Kinder haben. Damit sind zirka jede 14. Studentin und jeder 16. Student gefordert, zusätzlich zum Studium – und oft zusätzlich zur Erwerbsarbeit – der nicht immer leichten Rolle als Mutter beziehungsweise Vater gerecht zu werden. Von den 23- bis 26-jährigen Studierenden haben weniger als ein Prozent ein Kind. Ab Ende 20 haben erstmals mehr als zehn Prozent der Studenten Nachwuchs. In nahezu allen Altersjahrgängen ist der Anteil stu22 dierender Mütter höher als der Anteil studierender Väter. Das größte Problem besteht darin, dass die Interessen von Studierenden mit Kind bei der Terminplanung von Vorlesungen und Seminaren nicht berücksichtigt werden. Veranstaltungen, die in den Abendstunden stattfinden, können Studierende, die kleine Kinder haben, nur schwer wahrnehmen. Das führt bei Pflichtveranstaltungen zu Problemen mit der Anerkennung und letztendlich zu Zeitverzögerungen im Studium, weil die gleiche Veranstaltung in späteren Semestern noch einmal belegt werden muss. Eng an dieses Problem geschlossen ist die Frage der Kinderbetreuung. Zum einen fehlt es an hochschulnahen Betreuungsplätzen, zum anderen weisen viele Studierende mit Kind darauf hin, dass die Öffnungszeiten von Kindertagesstätten zu unflexibel und zu wenig angepasst an die elterlichen Bedürfnisse sind. Die Probleme sind vielschichtig Kinderbetreuung ist oft auch ein finanzielles Problem, denn die Kosten von Kindereinrichtungen, Tagesmüttern und Babysittern strapazieren den ohnehin meist knappen Etat der Studierenden zusätzlich. Als Aussagen aus den geführten Interviews mit Betroffenen kann festhalten werden, dass Studierende mit Kind an der Universität Leipzig wie auch an anderen Hochschulen Deutschlands verschiedenste Vereinbarkeitsprobleme zu bewältigen haben. Ihnen ist ein verlängertes Studium zugeschrieben, ein Abschluss in der Regelstudienzeit ist meist nicht machbar. Ein großes Manko ist die Finanzierung des Studiums. Seitdem einige Finanzierungshilfen weggefallen sind und die Änderung des Kindergeldes durchgesetzt wurde, erhöht sich der Druck auf die Studierenden. Neue Finanzierungsangebote wie der Bildungskredit nehmen allerdings nicht den finanziellen Mehraufwand durch ein Kind im Studium. Ergo: Die Kinderbetreuung sollte dringend ausgebaut werden. Die Stadt Leipzig – wie auch die Universität – muss auf den Bedarf nach flexiblen Kinderbetreuungsmodellen reagieren und Initiativen ausbauen. Generell kann man mehr Familienfreundlichkeit erreichen, indem man Regelungen für Prüfungen schafft und ebenso eine flexible Kinderbetreuung einrichtet. Dafür sind die Frauenförderpläne der einzelnen Fakultäten ein wichtiger Schritt. Um eine familienfreundliche Struktur zu erreichen, muss eine Zusammenarbeit aller Universitätsorgane angestrebt werden. Ebenfalls darf die Universität den Anschluss an andere familienfreundliche Hochschulen nicht verlieren. Mit dem Grundzertifikat „Audit Familiengerechte Hochschule“ der Hertie-Stiftung wurden beispielsweise bereits ausgezeichnet: Universität Trier (Mai 2002), die Universität Kiel (November 2002), die FH Mainz (November 2003), die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Mai 2004), die Universität des Saarlandes (im Mai 2004) sowie die Universität Erfurt (Juli 2005), um nur einige Hochschulen zu nennen, die ihre Familienfreundlichkeit auch nach außen zeigen. Die Schaffung einer inneruniversitären Projektgruppe zur Entwicklung und Umsetzung der Familienfreundlichkeit ist eine entscheidende Etappe in diese Richtung. Konstanze Becker hat von 2001 bis 2007 Erziehungswissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig studiert, war während ihres Studiums zwei Jahre die Sozialberaterin des StuRa der Universität Leipzig. Sie plant derzeit eine Promotion über Familienfreundlichkeit an der Universität Leipzig unter Betreuung von Prof. Dr. Jörg Knoll vor. Fragebogen Bedarfsanalyse Kinderbetreuung Im Rahmen von Bestrebungen der Universität zur Schaffung von familienfreundlichen Strukturen für Beschäftigte des Hochschulbereichs bitten wir Sie um Ihre Unterstützung bei der Durchführung unserer Bedarfsanalyse. Der Fragebogen wird sich demnächst auf der Homepage der Universität befinden. Bitte schicken Sie diesen ausgefüllt an: Frau Dr. Benedix, Gleichstellungsbeauftragte Universität Leipzig, PF 381001. Auch die Meinung derer, die keine Kinder in dem entsprechenden Alter haben, interessiert uns. Die Daten bleiben anonym und werden vertraulich behandelt. journal UniCentral | Forschung Forschungsprogramm in der Politikwissenschaft KIWI Kindergarten für junge Wissenschaftler geplant „Eine Kita, auch für uns!“, heißt es in dem kleinen Flyer der Veterinärmedizinischen Fakultät, in dem für eine Kindertagesstätte geworben wird. Diese soll jungen Wissenschaftlern – Männern wie Frauen gleichermaßen – helfen, die Betreuung ihrer Kinder und ihre wissenschaftliche Arbeit unter einen Hut zu bringen. Die Idee war, eine arbeitsplatznahe Kindertagesstätte aufzubauen. Gemeinsam tüftelte man an dem Projekt, suchte Träger und Standort, erstellte ein Konzept. Danach sollen 120 Plätze, davon etwa ein Drittel für Krippenkinder geschaffen werden. Träger soll das Internationale Bildungs- und Sozialwerk e.V. sein, das in Leipzig schon Kindertageseinrichtungen mit Modellcharakter wie den integrativen Bauernhof-Kindergarten in Mölkau, den Familienkindergarten in der Schenkendorfstraße sowie eine Autismusambulanz betreibt. Jetzt hat man den Standort für den Wissenschaftler-Kindergarten gefunden. Zirka 2000 Quadrameter schräg gegenüber der Kleintierklinik der Veterinärmedizinischen Fakultät. Nur noch der Flächentausch muss vollzogen werden, daran schließt sich ein Architektenwettbewerb an, der momentan vorbereitet wird. Auch ein Name ist schon gefunden: KIWI – Kindergarten der WissenSchafft. Das Konzept Das Konzept orientiert sich an den Anforderungen der Beteiligten, die zur IG Alte Messe gehören und zu denen die Veterinärmedizinische Fakultät, das Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie und das Biotechnologische-Biomedizinsche Zentrum gehören. Das Konzept zeichnet sich aus durch – Lange Öffnungszeiten (6–18 Uhr) – Kurzfristige Aufnahmen – Bevorzugte Aufnahme der Kinder der beteiligten Institutionen. Das pädagogische Konzept sieht den Kindergarten als „Lernwerkstatt“ mit Modellcharakter. Räume für Musik, Physik und Heft 4/2007 dergleichen sollen den Kindern jederzeit zugänglich sein. Eltern und beteiligte Unternehmen können und sollen ihr Knowhow durch Werks- und Arbeitsplatzbesichtigungen, Besuche in der Tierklinik, Vorstellung fremder Kulturen, Lese- und Vortragsnachmittage sowie andere Projekte einbringen. Aufgrund der Zusammensetzung der Elternschar wird KIWI nicht nur einen integrativen, sondern auch einen multikulturellen Charakter erhalten. Um der Sprachenvielfalt Rechnung zu tragen, sollen auch Englisch sprechende Erzieher eingestellt werden. Darüber hinaus sollen die weiblichen und männlichen! Betreuer ein möglichst breites Spektrum hinsichtlich Ausbildungen, Fähigkeiten und Interessen repräsentieren. Danach sind Erzieher ebenso gefragt wie beispielsweise Sozialpädagogen oder Heilpädagogen. Realisation Die Eröffnung soll möglichst bald stattfinden. Geplant ist der Herbst 2008. Der Großteil der Finanzierung ist gesichert. Ob sich das Projekt tatsächlich realisieren lässt, hängt davon ab, ob sich die Finanzierungslücken beseitigen lassen. Innerhalb der Veterinärmedizinischen Fakultät ist deshalb ein Spendenaufruf gestartet worden mit dem Slogan: 1 Euro für KIWI (oder mehr). Damit können Mitarbeiter und Studierende zeigen, dass sie das Vorhaben nicht nur gut finden, sondern auch bereit sind, etwas dafür zu tun. „Jeder kann zeigen, „was in unserer kleinen Macht steht“, so Dr. Michaele Alef von der Kleintierklinik, eine der Initiatorinnen. „Das gesammelte Geld geht als projektbezogene Spende an den Träger.“ Dr. Alef ist auch die Ansprechpartnerin des Projektes an der Veterinärmedizinischen Fakultät. Sie ist zu erreichen unter: [email protected] oder unter der Telefonnummer (0341) 2 12 66 64 bzw. 97 387 63; Telefax: (0341) 2 12 66 74 oder 97 387 99. Dr. Bärbel Adams Strategien gegen Rechts Wann immer rechtsextreme Parteien Wahlerfolge einfahren oder sich so genannnte „rechtsextreme Vorfälle“ ereignen, also antisemitisch oder fremdenfeindlich motivierte Straftaten begangen werden, wird nach wirkungsvollen Gegenstrategien gesucht. Nach einiger Zeit verliert sich dann meist die öffentliche Aufmerksamkeit. Am Lehrstuhl für Politische Theorie geht eine Forschungsgruppe um Dr. Rebecca Pates, Dr. Daniel Schmidt und Dr. Dieter Koop der Frage nach, wie langfristig rassistische und xenophobe Einstellungen verändert werden können, die nicht im extremen Spektrum angesiedelt, sondern Teil von Alltags-Erzählungen sind. Es sind oft lokale Diskurse – sei es in einer Schule, in einer Kommune oder in einer Region –, an die rechtsextreme Parteien anknüpfen und die sie sich zu nutze machen. Mit finanzieller Unterstützung in Höhe von 16.000 Euro der bündnisgrünen Bundestagsfraktion haben Doris Liebscher und Dr. Christian Schmidt die lokalen Strukturen in zwei Kleinstädten rekonstruiert. Bürgerschaftliche „Bündnisse gegen Rechts“ werden dort von der Rathausspitze dominiert und schließen sich quasi gegen alternative oder von außen kommende Initiativen ab. Sollten – wie derzeit geplant – die Förderung solcher Nichtregierungsorganisationen den Kommunen überlassen werden, dürften nicht verflochtene Initiativen leer ausgehen. Die Studie „Grenzen lokaler Demokratie“ wurde im Juni im Bundestag der Öffentlichkeit vorgestellt – mit großer öffentlicher Resonanz. Ein weiteres Projekt („RYPP“) in Kooperation mit dem Antidiskriminierungsbüro Sachsen und der Universität Malmö erforscht die Arbeitsweisen von Antirassismus-Vereinen an Schulen. Ziel ist es herauszufinden, welche der didaktischen Vorgehensweisen Erfolg versprechen und welche nicht. In einem späteren Schritt könnten dann diese Techniken und Inhalte in die Lehramtsausbildung an der Universität integriert werden. Die Ergebnisse werden Anfang 2008 auf einer internationalen Konferenz diskutiert. Die EU-Kommission fördert das Projekt mit 220.000 Euro. Dr. Daniel Schmidt 23 Forschung Genetische Ursache von Übergewicht entdeckt Dicke sind an Leibesfülle nicht immer selbst schuld „Wer dick ist, hat selbst schuld!“ – So lautet ein weit verbreitetes Vorurteil, mit dem übergewichtige Menschen häufig konfrontiert werden. Oftmals sogar aus dem Mund von Ärzten. Doch Professor Wieland Kiess, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig, und seine Kollegen Dr. Antje Körner und Dr. Peter Kovacs, Leiter der Nachwuchsgruppe im Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) haben nun eine Entdeckung gemacht, die den vermeintlichen Zusammenhang „Dick gleich doof und dumm“ als das entlarvt, was es ist: ein Vorurteil. Übergewicht in der Hälfte der Fälle genetisch bedingt In Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen aus Frankreich, Island, Schweden und Deutschland konnten sie zeigen, dass eine Veränderung des so genannten FTO-Gens maßgeblich für die Entwicklung von Über- gewicht und sogar Fettleibigkeit bei Kindern und Erwachsenen verantwortlich ist. „Zu 50 Prozent hat Übergewicht eine genetische Ursache und allein 22 Prozent des Risikos bei allgemein auftretendem Übergewicht lassen sich auf Veränderungen des FTO-Gens zurückführen“, so Professor Kiess. FTO ist die englische Abkürzung für „fat mass and obesity associated“ und lässt sich direkt mit „fettmasse- und übergewichts-assoziiert“ übersetzen. „Wir konnten feststellen, dass Veränderungen des FTO-Gens direkt und unmittelbar die Fettmasse und das Übergewicht eines Menschen bedingen“, erklärt Kiess. Allerdings ist das FTO-Gen nicht das einzige, das mit Übergewicht in Zusammenhang gebracht werden muss. „Wir wissen inzwischen über Übergewicht und Adipositas, dass es eine Reihe von einzelnen Genen gibt, die alleine so genannte monogene Erkrankungen verursachen“, macht der Mediziner deutlich. Dies bedeutet, dass eine Veränderung an einem einzelnen Gen krank macht. Als Beispiel nennt Kiess den so genannten Prof. Dr. Wieland Kiess, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche hat gemeinsam mit Kollegen die genetische Ursache von Übergewicht erforscht. Foto: Zentrum für Foto und Film 24 MC4-Rezeptor im Gehirn: „Wenn man dort bestimmte Veränderungen hat, dann hat man einen ständigen Drang nach Essen und wird natürlich dick, wenn man nicht massiv gegensteuert.“ Ein weiteres Beispiel für eine monogene Erkrankung sei der Leptin-Defekt. Menschen, deren Körper selbst kein Leptin bilde, würden sich zu viel Nahrung zuführen, weil ihr Sättigungsgefühl ausgeschaltet ist. Gibt man den Betroffenen Leptin, dann hören sie auf zu essen und werden schlank. Gene verhalten sich wie die Mitglieder eines Orchesters Die meisten anderen Gene, und dazu gehöre auch das FTO-Gen, seien jedoch viel komplexer. Sie verhielten sich wie Mitglieder eines Orchesters: Aus ihrem funktionierenden oder gestörten Zusammenspiel ergebe sich, ob man schlank bleibe oder aber auch dick werde. Sicher seien noch weitere genetische Faktoren von Bedeutung, wenn sich ein Übergewicht oder eine Adipositas entwickele, so dass man in diesem Zusammenhang von polygenetischen Erkrankungen sprechen müsse, erklärt Kiess. Im genetischen Netzwerk sitze das FTO-Gen aber an zentraler Stelle und wenn darin eine Veränderung auftrete, sei dass Risiko, dick zu werden, enorm erhöht. Noch ist die genaue Funktion des FTOGens nicht bekannt, die Entdeckung der Leipziger Mediziner könnte aber eines Tages dazu beitragen, die Behandlung des durch das veränderte FTO-Gen bedingten Übergewichts zu ermöglichen. Doch neben der genetischen Veranlagung bleibt auch der eigene Lebenswandel ein Risikofaktor für Übergewicht. Für die große Überzahl der Menschen mit Übergewicht gilt, dass es einen Zusammenhang zwischen genetischer Ausstattung und dem eigenen Verhalten gibt. „Unser heutiger Lebensstil, viel Fernsehen, viel fettes Essen, viel ungesundes Essen, dichte Nahrung ist das Schlagwort“, so Kiess. Hinzu journal Forschung kommt Bewegungsmangel: Das Auto wird auch bei kurzen Fahrten dem Fahrrad vorgezogen, der Lift oder Aufzug wird benutzt, stattöfter einmal Treppen zu steigen. Durch einige wenige Verhaltensveränderungen, könnte auch das genetisch bedingte Übergewicht zumindest in Schach gehalten werden. „Man kann es beeinflussen und je früher man damit beginnt, desto besser“, unterstreicht Kiess. Übergewicht zeigt sich schon im 3. oder 4. Lebensjahr Als Kinderarzt wisse er, dass man bereits im dritten oder vierten Lebensjahr eingreifen müsse, weil sich das Übergewicht bereits zu diesem frühen Zeitpunkt zeige. Je später eine gesündere Ernährungsrichtung eingeschlagen werde, desto schwieriger sei eine echte Wende zu erreichen: Wenn ein Jugendlicher im Alter von 15 oder 16 Jahren bereits übergewichtig ist, dann liegt das Risiko, dass er als Erwachsener eine Adipositas entwickelt, bei 85 Prozent. Kiess: „Also dieser Spruch von früher, dass sich das Pummelige von Teenagern verwächst, stimmt knallhart nicht.“ Ideal wäre es, wenn Mütter bereits während der Schwangerschaft einen gesunden Lebensstil und eine gesunde Ernährung anstrebten. Nach der Geburt ist die Muttermilch die gesündeste Nahrung für die Säuglinge: „Gestillte Kinder sind auch als Erwachsene schlanker als Kinder, die mit Babynahrung aufgezogen wurden“, berichtet der Spezialist. Nach seinen Angaben gibt es Grund zu der Annahme, dass Babys durch die Säuglingsnahrung an Zucker und Stärke gewöhnt werden und sich daraus bis ins Erwachsenenalter andere Ernährungsgewohnheiten entwickeln. Zudem sollten Kinder sehr früh dazu angehalten werden, sich ausreichend zu bewegen. So ist die Bekämpfung des Übergewichts sowohl eine individuelle als auch eine medizinische Angelegenheit. Doch Professor Kiess weist auch darauf hin, dass sie eine Herausforderung und Aufgabe für die Gesamtgesellschaft bleibt: „Zu den bereits genannten Determinanten für Übergewicht in Deutschland kommen Bildung und das Einkommen der Eltern.“ Je niedriger das Bildungsniveau und je niedriger das Einkommen, desto höher die Chance, dass jemand adipös sei. Dies ließe sich durch vorliegende Daten beweisen, die „genauso hart sind, wie unsere genetischen Daten.“ Jörg Aberger Heft 4/2007 Fünf Jahre Leipziger Auwaldkran-Projekt – Sammelband Schmackhaftigkeit der Blätter Das interdisziplinäre Leipziger Auwald- dass viele seltene und zum Teil geschützte kran-Projekt (LAK-Projekt) begann im und bedrohte Tiere auf den Lebensraum März 2001 und ist seither eines von weni- Baumkronen beziehungsweise auf einen gen wissenschaftlichen Vorhaben in tem- naturnahen Wald mit hohem Totholzanteil peraten Regionen, das die Biodiversitäts- angewiesen sind. Auch die Fledermäuse forschung in Baumkronen zum Thema hat, sind im Untersuchungsgebiet artenreich, und es ist das einzige, das den Lebensraum 75 Prozent der in Sachsen bekannten Arten Auwald sowohl am Boden als auch in den wurden nachgewiesen. Sie finden in dem höchsten Wipfeln der Bäume erforscht. strukturreichen Waldgebiet gute JagdbeDas kürzlich erschienene, englischspra- dingungen sowie viele Ruheplätze vor. chige Buch gibt mit 20 wissenschaftlichen Ohne die finanzielle Unterstützung des Beiträgen einen umfassenden Einblick in Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) sowie das Engagement von die Arbeiten der letzten Jahre. zahlreichen ProfesIm ersten Kapitel soren, Dozenten, wird das UntersuDoktoranden, Gastchungsgebiet vorwissenschaftlern, gestellt. Dazu gehöStudenten, sowie ren Beschreibungen weiteren Universides Bodenreliefs, tätsangehörigen des Baumbestands, wäre das LAK-Proder vertikalen jekt nicht zu realiLichtverteilung im Wald, sowie der sieren gewesen. IhKronenoberfläche. nen sei herzlich gedankt. Einen besonDie Arbeiten liefern Ein wissenschaftlicher Sammelband veressenzielle Daten eint die Ergebnisse des interdisziplinären deren Dank gebührt Leipziger Auwaldkran-Projekts aus fünf zur Interpretation Jahren. Foto: Randy Kühn Herrn Andreas Sickert, dem Leiter von Artenvielfalt, Verteilung und Interaktionen der Organis- der Abt. Stadtforsten des Grünflächenammen im Kronenraum. Untersuchungen tes Leipzig. Seine Kompetenz prägte weüber den aktuellen Zustand und die Rege- sentlich das wissenschaftliche Konzept des nerationsfähigkeit des Waldes sind von Projekts. großer Bedeutung für das LAK-Projekt, Das Buch ist dem kürzlich verstorbenen das von Beginn an in enger Zusammenar- Chef des Lehrstuhls Spezielle Botanik, beit mit dem Leipziger Grünflächenamt Prof. Dr. Wilfried Morawetz, gewidmet. Er war für die Planung und Durchführung des koordiniert wird. Der zweite Teil des Buches beinhaltet Stu- LAK-Projekts verantwortlich und hat dien, die hauptsächlich an den Bäumen wesentlich dazu beigetragen, dass die Kroselbst durchgeführt wurden. Dazu zählen nenregionen von Wäldern heutzutage als Arbeiten zum zeitlichen Ablauf von Blüh- besonders schützenswerte Lebensräume phasen, Blattaustrieb und Fruchtreife in gelten. Abhängigkeit von Baumart und Position in Dr. Martin Unterseher, der Krone. Erste Ergebnisse zur genetiInstitut für Botanik schen Variation einzelner Bäume werden ebenfalls präsentiert. Mit den Untersuchungen zum Blattfraß „The Canopy of a Temperate Floodplain und zur Schmackhaftigkeit von Blättern Forest – Results from five years of research wird das dritte Kapitel eingeleitet, das vor at the Leipzig Canopy Crane“. allem der großen Welt der Arthropoden ISBN 978-3-934178-61-8. 180 Seiten; (Insekten und Spinnen) gewidmet ist. In 24,90 Euro. Zu bestellen über das Sekretaneun Beiträgen wird die Vielfalt un- riat des Lehrstuhls Spezielle Botanik, Frau terschiedlicher Organismengruppen be- Karin Schubert leuchtet (Spinnen, Wanzen, Florfliegen, ([email protected]). Käfer, Schmetterlinge, Fledermäuse, Pilze). Die Ergebnisse machen deutlich, 25 Fakultäten und Institute Grundlagen mit Wortwitz Ackerknecht-Preis für ausgezeichnete Lehre geht an Professor Gerhard Oechtering Ihren diesjährigen Ackerknecht-Preis für Lehre hat die Veterinärmedizinische Fakultät im Rahmen ihrer akademischen Festveranstaltung mit feierlicher Promotion an Professor Dr. Gerhard Oechtering, Direktor der Klinik für Kleintiere, vergeben. Die Begründung dafür lieferten die Studierenden selbst. Im Vorschlag des Fachschaftsrates ist zu lesen: „In diesem Jahr möchte der Fachschaftsrat Veterinärmedizin auf Vorschlag der Studierenden für den Ackerknechtpreis den Direktor der Klinik für Kleintiere, Herrn Prof. Dr. Gerhard Oechtering für seine Lehrleistung im Rahmen der Vorlesungen Kleintierkrankheiten, Querschnitt Kleintier, Vorstellung interessanter Patienten (Wahlpflicht) und der Klinikstunde Kleintier vorschlagen. Seit über einem Jahrzehnt bereichert er neben seinen Verdiensten in der Forschung, der Teamarbeit und den tagtäglichen Herausforderungen die Fakultät mit seiner Lehrtätigkeit. Seine Vorlesungen sind spannend gestaltet und er schafft es jedes Mal aufs Neue die Studenten und Studentinnen auf ihren Plätzen zu fesseln und gebannt der Vermittlung des Lehrstoffs bestehend aus Grundlagen, praktischer Relevanz und Forschung verpackt in Wortwitz und Anekdoten zu lauschen. Prof. Oechterings Vorlesungen bestechen durch eine anschauliche Mischung aus Theorie und praktischen Beispielen. Der Archetypus des Patientenbesitzers, Frau Müller-Lüdenscheidt, begleitet die Studenten ab dem fünften, zum Teil schon ab dem dritten Semester und ist aus dem Hörsaal der Kleintierklinik fast nicht weg zu denken. Auch wenn er seine Vorlesung sehr redegewandt hält, sagen Bilder manchmal mehr als Worte und so schaltet er kurzerhand per Kamera in den OP damit die Studenten in der ersten Reihe mit dabei sein können. Problemlos kann er auch Witze über sich selbst machen und mit kleinen Anekdoten aus den ersten Jahren als (Anfangs-)Assistent aufwarten. Seit Jahren setzt er sich dafür ein, dass alle Lehrmaterialien zeitnah auf der Institutsseite den Studierenden zur Verfügung ste- Prof. Dr. Gerhard Oechtering, Direktor der Klinik für Kleintiere, erhielt den Ackerknecht-Preis für herausragende Lehre. Die Studenten der Veterinärmedizin attestierten ihm Teamarbeit, Vorlesungen mit der richtigen Mischung aus Theorie und Praxis und honorierten seinen Anekdoten-Reichtum. Foto: Jungnickel 26 hen. Ebenso kann über die Seiten Kontakt mit den Lehrenden aufgenommen werden und Fragen, Kritik und Anregungen können ausgetauscht werden. Sein gesamtes Engagement in Sachen technischer Ausstattung der Klinik lässt er auch den Studierenden in der theoretischen und praktischen Ausbildung zugute kommen. Er ist tagtäglich bemüht die Lehre an die Herausforderungen der Praxis anzupassen und weiterzuentwickeln, um den Studenten und Studentinnen das bestmögliche Handwerkszeug mitzugeben.“ Studiendekan Professor Dr. Arwid Daugschies hob hervor, dass Professor Oechtering schon immer ein engagierter Hochschullehrer gewesen sei, der sich durch fundierte und anschauliche Lehrveranstaltungen auszeichne. „Mit seiner Arbeit als Vorsitzender der Projektgruppe Neue Lehre, trug er wesentlich dazu bei, mit vielen innovativen und in die Zukunft weisenden Ideen den neuen Studiengang Veterinärmedizin zu entwickeln.“ Der Ackerknecht-Preis wird seit 2001 jährlich vergeben. Er wurde ins Leben gerufen, um ausgezeichnete Lehre an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig zu würdigen. Mit dem Preis kann ein einzelner Lehrender oder auch eine Gruppe im Rahmen einer gemeinsam geleiteten Veranstaltung ausgezeichnet werden. Vergeben wird der Preis auf Vorschlag der Studierenden. Benannt wurde der Ackerknecht-Preis nach Eberhard Ackerknecht, der in den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts am Veterinär-Anatomischen Institut in Leipzig gelehrt hat und als herausragende Lehrerpersönlichkeit galt. Ackerknecht wurde 1933 aus Zürich als Professor für Veterinär-Anatomie und Direktor des Veterinär-Anatomischen Instituts nach Leipzig berufen. Ab 1937 betreute Ackerknecht auch die Lehrgebiete Histologie und Embryologie. Von seiner außergewöhnlichen Lehrbegabung sprechen seine ehemaligen Schüler noch heute. Dr. Bärbel Adams journal Fakultäten und Institute Kranke Kinder lieben „meepl“ Multimedia in der Uni-Kinderklinik der kinderonkologischen Station der Universität Leipzig vor. Es bestehe großes Interesse, das Terminal weiter einzusetzen. Künftig werde zudem eine gezielte Anbindung der Kinder an den Unterricht in der Heimatschule mittels Internet angestrebt. Allerdings fehlen bislang die nötigen finanziellen Mittel, um Unterhaltskosten zu decken und die Betreuung des Terminals zu finanzieren. Darüber hinaus ist eine ausreichende wissenschaftliche Dokumentation und Evaluation erforderlich. „In den Fokus der Forschung rückt verstärkt die Frage nach der psychosozialen Anpassung der Kinder und Jugendlichen an Krankenhausaufenthalte sowie der Reintegration nach abgeschlossener Behandlung“, so der Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche, Prof. Dr. Wieland Kiess. Während Kinder bis zum Vorschulalter vor allem mit Verhaltensauffälligkei- ten auf die stationäre Behandlung reagierten, wirke sich diese bei älteren Kindern und Jugendlichen überwiegend auf die Lebensqualität aus. Die Belastungen durch die oft schmerzhaften medizinischen Behandlungen, die auch Nachwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen bis hin zum Ausfall der Haar nach sich ziehen, könnten emotionale Probleme wie Depression und Ängstlichkeit hervorrufen. Daher soll nun zunächst anhand einer Basisdokumentation systematisch festgehalten werden, in welcher Art und Weise, wie lange und welche Altersgruppen das Terminal verwendet. Auch mögliche Veränderungen von Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und Selbstwert sollen registriert und etwaige Auswirkungen auf depressive und ängstliche Symptome und die Bewältigung der krankheits- und behandlungsbedingten Anforderungen erkannt werden. Tobias D. Höhn Wiederholte Krankenhausaufenthalte bedeuten für krebskranke Kinder einen Verlust des sozialen Umfeldes, sie leiden unter der zunehmenden Isolation und der stark eingeschränkten Freizeitgestaltung. Mit dem Multimedia-Terminal „meepl cultura“ ermöglicht die Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche in Zusammenarbeit der Firmen GK-zwo GmbH und Deutsche Telekom AG den Kindern die Kommunikation zur „Außenwelt“. Auf der Station können Kinder und Jugendliche im Internet surfen, Musik hören, DVD-Filme anschauen, mit Hilfe von spezieller Software ihr Gedächtnis trainieren oder dank Webcam und Bildtelefonie mit ihren Freunden reden und am heimatlichen Unterrichtsgeschehen teilhaben. „Die sozialen Ressourcen werden aktiviert und aufrechterhalten, wodurch das Risiko psychischer Beeinträchtigungen verringert wird. Es kommt zu einer Aktivierung des Patienten, was die Krankheitsbewältigung und das Weiterbestehen integrierender Beziehungen bzw. die Reintegration in Familie und Schule nachhaltig unterstützt“, so Prof. Dr. Evelin Witruk. Die Leiterin des Bereiches für Pädagogische- und Rehabilitationspsychologie an der Universität Leipzig bereitet mit ihrem Team das neu initiierte Projekt zur Betreuung und Evaluierung des Einsatzes neuester Kommunikations- und Informationstechnologien in Die neunjährige Michele Kunze sitzt am Multimediaterminal „meepl“ auf der Krebsstation. Foto: Jan Woitas Heft 4/2007 27 Kuh, Lama, Wasserbüffel Was Medien schon immer über Milch wissen wollten ... … erfuhren sie kürzlich an der Veterinärmedizinischen Fakultät. Kreuz und quer ging es mit der dortigen Jahrespressekonferenz über den Campus „An den Tierkliniken“. Von der Kuh über das Lama bis hin zum Wasserbüffel waren weitgehend alle Tiere versammelt, die gemeinhin Milch geben.m Wussten Sie, dass in Deutschland pro Kopf 125 Kilogramm Milchprodukte verzehrt werden? Und dass Sie im Durchschnitt 65 Liter Konsummilch zu sich nehmen? Professor Dr. Axel Sobiraj, Direktor der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik, erklärte denn auch erst einmal, woher die Milch genau kommt. Von der Kuh sagen Sie? Ja, das stimmt. Aber es gibt dazu viel mehr zu sagen, nicht zuletzt aus der Sicht der Veterinärmedizin: In der EU werden 90 Millionen Rinder gehalten (Stand: 2005), davon 23 Millionen Milchkühe. Deutschland steht hierbei mit vier Millionen Milchkühen an der Spitze, gefolgt von Frankreich und Polen. Der Trend ist jedoch rückläufig: Jährlich geht der Milchkuhbestand in Deutschland um zirka 100 000 Tiere zurück. Die Zahl der Milchviehbetriebe ist noch stärker rückläufig, dafür werden mehr Kühe pro Betrieb gehalten. „Zudem konnte durch Optimierung von Fütterung, Haltung, vor allem durch selektive Züchtung auf Leistung konnte die Milchmenge pro Kuh und Jahr 28 in den letzten 60 Jahren von weniger als 2 000 Litern Milch mehr als vervierfacht werden“, erklärt Axel Sobiraj. Tiere mit einer täglichen Milchproduktion von 60 Litern und mehr seien nicht außergewöhnlich. Diese Höchstleistungen haben allerdings ihren Preis: Es ist heutzutage kaum mehr möglich, eine „Powerkuh“ leistungs- und bedarfsgerecht zu füttern. Die Tiere leiden gehäuft an Unfruchtbarkeit. Aber ohne Trächtigkeit und Geburt gibt eine Kuh bald keine Milch mehr. An zweiter Stelle folgen Eutererkrankungen, weil die Euter angesichts der hohen Beanspruchung krankheitsanfällig sind. Die Abgangsraten an Milchkühen sind mittlerweile so hoch, das manche Betriebe kaum noch in der Lage sind, die abzuschaffenden Kühe über die eigene Nachzucht ersetzt zu bekommen.m Schuld an dieser Entwicklung haben zwei Dinge: Die Kosten der Kuhhaltung sind immens und die Milchpreise decken diese im Moment kaum. Das heißt, es muss mit möglichst wenigen Kühen möglichst viel produziert werden. Gefahr für den Menschen besteht durch die bakteriellen Infektionen allerdings nicht, weil Trinkmilch mit Ausnahme strengstens überwachter Vorzugsmilchbetriebe nicht roh verzehrt wird, sondern zuvor der Pasteurisierung unterzogen wird. Diese tötet alle Bakterien ab. Die Qualitätsanforderun- gen an Kuhmilch als Rohprodukt sind in Deutschland die strengsten weltweit. Die Tierärzte in Deutschland für die Untersuchung und Überwachung von Lebensmitteln tierischer Herkunft und damit auch für das breite Segment Milch/-produkte verantwortlich. So lernen die Studierenden denn auch die Grundkenntnisse der Herstellung von Milch und Milchprodukten, die Warenkunde, die mikrobiologische Beschaffenheit sowie die lebensmittelbzw. milchrechtliche Bewertung kennen, erklärte Dr. Peggy Braun, Privatdozentin am Institut für Lebensmittelhygiene. Für die Bekämpfung von Euterentzündungen wenden Tierärzte hauptsächlich Antibiotika an, deren Einsatz streng kontrolliert und streng indiziert erfolgt. Alternativen mit gleichwertiger Wirksamkeit der Antibiotika stehen derzeit leider kaum zur Verfügung, jedoch gibt es Ansätze (Impfstoffe, äußerliche und innere Zitzenversiegler), um den Antibiotikaeinsatz bei Milchkühen weiter einzuschränken. „Es gibt also noch viel zu tun …“, erklärt Sobiraj stellvertretend für die Fakultät. Mögen Sie Eis? – Inzwischen zeigt Peggy Braun anschaulich, wie vielfältig und wie einfach das Produkt Milch weiter verarbeitet wird. Entsprechend den Ansprüchen der Lebensmittelhygiene stehen nun die Journalisten in sterile Plastikmäntel eingehüllt im Milchtechnikum und sehen wie Joghurt, journal Fakultäten und Institute Frischkäse, Butter und Eis entstehen. Währenddessen beschreibt Peggy Braun die verschiedenen Phasen der Herstellung von Käse. Um diesen herzustellen, muss die Milch dickgelegt werden. Das kann mittels Labenzym oder durch Säuerung erreicht werden. „Für Frischkäse vermischen wir die pasteurisierte Milch mit Säuerungskulturen und etwas Lab, bebrüten diese für zirka 16 h bei 30 °C“, erklärt die Expertin. Als Nebenprodukt entsteht hier die leicht grünlich aussehende Molke, die entweder pur oder mit Fruchtzusätzen im Handel erhältlich ist und sich steigender Beliebtheit bei den Verbrauchern erfreut. Besonders interessant bei dieser Erkundung des Themas Milch waren die weiteren Milchgeber, die Professor Gerald Schusser, Direktor der Medizinischen Tierklinik, auf der Wiese vor dem Institut für Physiologie vorstellt. Außergewöhnlich beispielsweise die Stutenmilch, die in Deutschland lediglich an 25 Betrieben gewonnen wird und auch als Creme oder Likör dem Menschen sehr gut tut. Leider ist die Stutenmilch vergleichsweise extrem teuer. Oder die Milch des Wasserbüffels, die vor allem zur Produktion von Käse eingesetzt wird. Dr. Manuela Rutsatz Was viele nicht wussten: Auch Wasserbüffel (Foto unten) geben Milch, die vor allem zur Käseproduktion verwendet wird. Die Qualitätsanforderungen an die unterschiedlichen Milchtypen sind in Deutschland die strengsten weltweit, erklärte Dr. Peggy Braun (Foto rechts), Privatdozentin am Institut für Lebensmittelhygiene. Fotos: Jan Woitas/Randy Kühn Heft 4/2007 Veterinärmedizin-Dekan im Interview Karsten Fehlhaber: Nur gesunde Kühe geben gute Milch Herr Professor Fehlhaber, Milch ist als tierisches Produkt eines der ältesten Nahrungsmittel des Menschen. Besteht überhaupt noch Forschungsbedarf? Prof. Fehlhaber: Unbedingt, unter anderem, wenn wir die Milch aus der Perspektive der Lebensmittelsicherheit betrachten. Es treten nach wie vor viele Infektionskrankheiten auf, die durch mit Keimen befallene Lebensmittel hervorgerufen werden. Davon gelangen manche auch über die Milch zum Menschen. So können Campylobacter-Infektionen entstehen, die schwere Darmerkrankungen verursachen, wenn über das Fell staubige Kotpartikel des Tieres in die Milch geraten und die Milch nicht pasteurisiert wird. Listerien hingegen sind Erreger, welche die Milch irgendwann nach dem Melken besiedeln. Die daraus entstehende Listeriose ist besonders für Schwangere gefährlich, weil sie mit Embryoschädigungen einhergehen kann. Weitere Erreger sind Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC), also pathogene Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli, die beim Menschen unter anderem blutige Durchfallerkrankungen auslösen können. Welche Aufgabe kommt dem Tiermediziner zu? Trotz aller mehr oder weniger vollständigen Abtötung der Erreger, muss die Keimbelastung der Rohware möglichst gering gehalten werden. Ganz wichtig dafür ist die Gesundheit der Tiere. Kühe mit einer Euterentzündung beispielsweise könnten Staphylokokken übertragen. Deshalb ist das Erkennen und Behandeln dieser Krankheit beim Tier für den Konsumenten der Milch wichtig. Außerdem bedeutet der Ausfall einer Milchkuh durch Erkrankungen natürlich eine erhebliche wirtschaftliche Einbuße für den Landwirt. Eine weitere Fragestellung betrifft den Umgang mit Tierarzneimitteln. Wenn beispielsweise manche zur Joghurtproduktion eingesetzte Bakterien nicht mehr aktiv werden, ist das der Beweis dafür, dass der Kuh Antibiotika gegeben wurden, deren Rückstände in der Milch auftauchen. Woran speziell arbeiten derzeit die Forscher Ihrer Fakultät? Eine der Fragestellungen, der wir uns zur Zeit widmen, ist die Euter-Blut-Schranke, die beim gesunden Tier für Mikroorganismen nicht durchlässig sein sollte. Außerdem entsteht auf unserem Gelände eine milchtechnologische Abteilung, also eine „kleine Molkerei“. Hier ist vorgesehen, das Verhalten der Mikroorganismen während der Produktion der verschiedenen Milchprodukte unter die Lupe zu nehmen. Wir wollen wissen, wie sich pathogene Erreger während der Prozesse und im Endprodukt verhalten. Und woher kommt die Milch für diese Experimente? Wir haben ein Lehr- und Versuchsgut im Oberholz, wo unsere Studenten den Umgang mit gesunden Tieren trainieren. Und von dieser Rinderherde stammt dann auch unsere Test-Milch. Interview: Marlis Heinz 29 Studiosi Studentischer Idealismus und Klingereuphorie Ein Erfahrungsbericht Von Nina Schmidt und Carina Bauriegel, Institut für Kunstgeschichte „Griffelkunst – Mythos, Traum und Liebe in Max Klingers Grafik“, so der Titel der letzten Ausstellung im KrochHaus (21.Juni bis 21. Juli). Abbildung: Kustodie 30 Wer glaubt, Studenten fehle es an Verantwortungsbewusstsein und Ausdauer, eine Ausstellung zu kuratieren, irrt. Zwölf Studenten des Instituts für Kunstgeschichte stellten sich auf Initiative Dr. Frank Zöllners, Professor des hiesigen Instituts, dieser Herausforderung. Nichts bot sich mehr an als eine Ausstellung zum 150. Geburtstag des Leipziger Künstlers Max Klinger, der in diesem Jahr allerorts hofiert und in Schauen und Tagungen geehrt wird. Das Œuvre des Künstlers umfasst nicht nur Monumentalwerke wie die Plastik des Beethoven, einst im Gewandhaus und heute im Museum der bildenden Künste, oder Christus im Olymp, das enorme Wandbild, das momentan nur noch als Fototapete zu sehen ist, da es seiner Restaurierung harrt. Zunächst weniger bekannt, aber bei näherem Hinsehen weit moderner konzipiert als seine Plastiken und Historienbilder, präsentieren sich Klingers druckgrafische Folgen. Seine unter der Bezeichnung „Griffelkunst“ bekannte Grafik und Zeichnung galt schon zu Lebzeiten des Künstlers als revolutionär und verhalf dem gesamten Medium Grafik nicht zuletztdank Klingers 1891 veröffentlichter Schrift „Malerei und Zeichnung“ zur Nobilitierung und Autonomie gegenüber der Malerei. Anders als im malerischen Werk sah Klinger in der Druckgrafik Ausdrucksmöglichkeiten für die subjektive Weltanschauung des Kunstschaffenden, die nicht der Abbildung des Schönen unterliegt, sondern die „dunklen Seiten“ des Lebens und des Menschen fassen solle. Widmeten wir uns Klinger zunächst auf breiter Basis, um die latente Vermischung von christlichem und antikem Gedankengut, psychologischen und philosophischen Strömungen von Arthur Schopenhauer bis Friedrich Nietzsche zu verstehen, richtete sich unser Fokus bald auf die Grafik. Mit einem Griffel in der Hand lernten wir im Atelier Prof. Ulrich Hachullas an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) die Virtuosität Klingers grafischer Fähigkeiten schätzen. Ob Radierung, Aquatinta oder Stich, die Schraffuren und Flächendeckung entführen den Betrachter in eine Welt, die ihre Wurzeln in der Wilhelminischen Gesellschaft hat, ihre Triebe jedoch ins Fantastische, Mythische und nach den verbotenen Sehnsüchten und unbewussten Gemütszuständen ausstreckt. Aus diesem Repertoire wurden Mythos, Traum und Liebe übergreifende Themen und Titel unserer Ausstellung. Bei der Umsetzung dieses Konzepts ging es uns vorrangig um eines: Der Ausstellungsbesucher sollte in nur einem Besuch dieselbe Faszination empfinden, in dieselbe Gefühls- und Gedankenwelt Klingers eintauchen, wie sie in uns in jenen zwei Semestern gewachsen ist. Kurze Beschreibungen zu den einzelnen Blättern und einleitende Texte zu den Zyklen kommen dem Besucher dabei unmittelbar zu Hilfe. Zweimal wöchentlich stattfindende Führungen sollen die Welt des „Gedankenkünstlers“ Max Klinger fassbarer machen. Eine ganz spezielle Herausforderung war der Zyklus Amor und Psyche, die Illustration des ältesten überlieferten Märchens der antiken Welt, den der Künstler nicht chronologisch bearbeitete und für den ein spezielles Verweissystem Not tat. Die Arbeit im Team und gegen die Zeit, die händeringende Suche nach Sponsoren, Öffentlichkeitsarbeit und die Bereitschaft Opfer zu bringen: Wir lernten viel während unserer Arbeit an der Ausstellung „Griffelkunst“. Doch auch die Unterstützung war groß. Neben der Kustodie sei Prof. Zöllner, der HGB, dem Wundt-Archiv, Andreas Wendt und Martin Weicker, dem Plöttner Verlag und allen Sponsoren herzlich gedankt sowie allen, die das ihrige zum Gelingen des Projektes beigetragen haben. journal Studiosi Zahnmedizin Die Glockenmänner auf dem Kroch-Haus haben vorerst Pause. Foto: R. Kühn Wissenschaftlicher Tag für Studenten Auszug aus dem Kroch-Haus Wenn am 21. Juli die vom Institut für Kunstgeschichte und der Kustodie veranstaltete Ausstellung „Griffelkunst“ ihre Pforten schließt, endet ein Stück KustodieGeschichte. Seit den 1980er Jahren führte die Kustodie – zentrale Einrichtung der Universität, die den Kunstbesitz der Hochschule verwaltet – in dem ehemaligen Bankhaus Kroch mit seinem historischen Oberlichtsaal pro Jahr durchschnittlich fünf bis sechs Ausstellungen durch. Eröffnet wurde das AusstellungszentrumKroch-Haus im September 1983 mit der Ausstellung „Luther und Leipzig“ unter der Leitung des damaligen Kustos Rainer Behrends. Seither fanden dort, neben universitätsbezogenen Ausstellungen wie „Goethes Universität“ (1999) und „Philipp Erasmus Reich“ (1988), zahlreiche Kunstausstellungen, vor allem mit Leipziger Künstlern, u. a. Bernhard Heisig (1987 und 1996), Werner Tübke (1994), Wolfgang Mattheuer (1995) oder Heinz Zander (1999) statt. Seit 2002 unter der Leitung des Kustos Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen wurden verstärkt Ausstellungen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten der Universität im Kroch-Haus und in der Galerie im Hörsaalbau realisiert, zum Beispiel „Schönheit ist Gesetz/Wilhelm Ostwald“, „Medizin und Geschichte“ (2003), „Ernst Bloch in Leipzig“ (2004), „Campus Blues“ (2005) oder „Gilgamesch“ (2006). Im Rahmen der Baumaßnahmen für den neuen Universitätscampus am Augustusplatz haben bereits tiefgreifende Veränderungen begonnen. Im Juli 2006 wurde umHeft 4/2007 baubedingt die Galerie im Hörsaalbau geschlossen. Nun muss auch der Ausstellungsbetrieb im Kroch-Haus eingestellt werden. Der Umzug der Kustodie in ein Interim erfolgt aufgrund vorgezogener Baumaßnahmen bereits dieser Tage. Während im Kroch-Haus über 400 Quadratmeter Verwaltungs- und Lagerfläche zur Verfügung standen (der gut 220 Quadratmeter große Ausstellungsraum nicht mit eingerechnet), wird das Interim in der Hainstraße nur noch 200 Quadratmeter umfassen. Büroräume und eine Restaurierungswerkstatt werden dort für eine Übergangszeit von annähernd zwei Jahren eingerichtet, bis die Kustodie Räume im neuen Hauptgebäude beziehen kann. Reguläre Ausstellungen wird die Kustodie erst wieder im van Egeraatschen Neubau durchführen können – dort wird sie einen an das Foyer angrenzenden Ausstellungsraum erhalten. In der Zwischenzeit wird es eventuell kleinere Ausstellungen unter anderem in der Studiensammlung geben. Eine Ausstellung über den Altphilologen Gottfried Hermann, ursprünglich für den Herbst im Kroch-Haus geplant, wird nun von Oktober bis Dezember 2007 in der Universitätsbibliothek gezeigt. Bis zu ihrem nächsten Umzug wird die Hauptaufgabe in der Restaurierung der Kunstwerke aus der Universitätskirche St. Pauli bestehen, die für die Präsentation in der neuen Aula/Kirche vorbereitet werden. Außerdem stehen die Vorbereitungen für das 600. Jubiläum und die Erstellung von sammlungsbezogenen Publikationen im Vordergrund. Dr. Simone Schulz Der Wissenschaftliche Tag für Studenten der Zahnmedizin vereinte Studenten der Universitäten Leipzig, Greifswald, Berlin und Olomuc (Olmütz). „Ziel ist es, die Studierenden früh zum wissenschaftlichen Arbeiten hinzuführen”, erläutert Prof. Dr. Holger A. Jakstat, Leiter der Vorklinischen Propädeutik und Werkstoffkunde am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Leipzig. „Dafür wird eine wissenschaftliche Fragestellung so modelliert, dass die notwendigen Versuche und die Auswertung an einem einzigen Tag durchgeführt werden können. Beispielweise haben wir zwei Wege, einen Gesichtsbogen (ein zahnmedizinisches Gerät zur Individualisierung eines Kausimulators) anzulegen, miteinander verglichen. Keiner der Teilnehmer hatte das schon gemacht, alle erhielten dieselbe Einweisung und führten randomisiert beide Verfahren an diesem Tag durch. Andere Studierende überwachten die Versuche oder werteten sie aus. Am Schluss wurden die Ergebnisse beschrieben und es konnte gezeigt werden, dass Methode A bei Ungeübten eine deutlich geringere Streuung aufwies. Es war also für diese die sicherere Methode.“ Einer der Wissenschaftlichen Tage führte zur Erteilung eines Patents und zur Einwerbung von Drittmitteln, so dass auch für die Universität direkt ein Gewinn nachgewiesen werden kann. „Wir wollen dieses Erfolgsmodell, dass auf der Freundschaft der beteiligten Lehrenden basiert, noch weiter ausbauen“, schaut Jakstat in die Zukunft. Künftig soll auch der wissenschaftliche Vortrag von Studierenden übernommen werden. „Vielleicht stoßen ja auch noch weitere Universitäten zu uns“, sagt Jakstat. Marlis Heinz 31 Personalia Rauer Beton und zwitschernde Vögel Der britische Sprachmagier James Hopkin über seine Erfahrungen als Picador-Professor James Hopkin ist seit April dieses Jahres Picador-Professor für Literatur am Institut für Amerikanistik. Der erfolgreiche britische Autor lebt für ein Semester in Leipzig und gibt insgesamt zwei Seminare: Sein Seminar über Thomas Pynchon gibt den Studierenden Gelegenheit, einen der angesehensten US-amerikanischen Autoren aus dem Blickwinkel eines praktizierenden Schriftstellers zu diskutieren. Im Creative Writing/Book Reviewing Seminar haben die Studierenden die Möglichkeit, selbst praktisch mit dem ausübenden Literaten an eigenen Texten zu arbeiten. Picador-Professor James Hopkin hat moderne Belletristik an der Universität von East Anglia studiert. Seine Doktorarbeit schrieb er an den Universitäten von York und East Anglia über Mikhail Bakhtin und Patrick White. Er hat in Krakau, Berlin, Manchester und zahlreichen anderen Orten in Europa gelebt. Sein erster Roman „Winter Under Water“ (2007) fand breite Anerkennung unter Literaturkritikern. So hebt beispielsweise The Independent hervor, dass es „wenige Schriftsteller [gibt], die in ihrem Erstlingswerk die Fähigkeit besitzen, mit Sprache so magisch zu zaubern“. James Hopkin ist Träger des „Inaugural Norwich Prize for Literature“. Die Picador Professorship for Literature an der Universität Leipzig ist eine in Deutschland einmalige Einrichtung. Sie ist Teil der American Studies Studiengänge des Instituts für Amerikanistik und Ergebnis einer Partnerschaft zwischen dem Veranstaltungsforum der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, dem DAAD und der Universität Leipzig. Die Professur verbindet Elemente eines „Writers in Residence“-Programms, schriftstellerisches und literaturwissenschaftliches Arbeiten. Die Picador-Professur bringt damit führende Schriftsteller der Englischen Sprache nach Mitteldeutschland und gibt Studierenden die Möglichkeit, mit den 32 Was ist das Besondere an der Arbeit mit den Leipziger Studenten? Sie sind aufmerksam, aufgeweckt und lernwillig – wie gute Studenten überall. Abgesehen davon, dass natürlich die wenigsten direkt aus Leipzig kommen. Insbesondere die Studierenden in meinem Kurs „Kreatives Schreiben“ haben eine beachtliche Entwicklung über die letzten paar Wochen gezeigt, als Schreibende und als Leser. Picador-Professor James Hopkin. Foto: privat „Produzenten“ von Literatur zu arbeiten. In diesem Sinne trägt sie zu einem lebhaften Austausch über das Verhältnis von Literatur, Sprache und Kultur bei; zentralen Momenten der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit kultureller Vielfalt und Differenz. Das Institut für Amerikanistik freut sich, Picador-Pofessorship-Veranstaltungen zusammen mit lokalen, regionalen und überregionalen Partnern zu organisieren. Herr Professor Hopkin, Sie leben nun bereits seit einigen Monaten in der Universitätsstadt Leipzig. Ist Leipzig in Ihren Augen literarisch? Wie meinen Sie das? Im Sinne der anderen Schriftsteller, die hier lebten oder im Sinne von Inspiration? Jede Stadt, jede Gegend ist literarisch, wenn man darüber schreibt! Welche besondere Erfahrung nehmen Sie mit nach Hause? Vielleicht habe ich die ja auch noch gar nicht gemacht! Radeln durch die extrem ruhigen Straßen von Gohlis, einen Nachmittag allein im Schillerhaus verbringen. Der Moment, wenn der goldene Turm der Russisch-Orthodoxen Kirche über den Bäumen des Friedensparks auftaucht. Der Flohmarkt am Samstagabend. Ein später Aprilabend, an dem eine Schar von Zugvögeln in dem Baum vor meinem Fenster saß und die ganze Nacht lang sang. Als ich mir beinahe meinen Fuß am rauen Beton in der Schwimmhalle in der Tarostraße brach – es ist eher ein Innenhof mit Wasser als ein Pool! Das Öffnen des Fensters eines grauen Morgens und dann der Geruch der Reudnitzer Brauerei. Die Buchläden, Parks und der große Wohnblock auf der Straße des 18. Oktober, daneben dieser einsame Kirschbaum in voller Blüte. Soll ich weiter aufzählen? Da ist so viel mehr! Auch im nächsten Semester wird ein Gastprofessor für die Picador-Professur an der Universität Leipzig erwartet. Welchen Tipp haben Sie für ihn? Er ist ein Schriftsteller. Er wird wissen, wie man überlebt … Dr. Manuela Rutsatz http://americanstudies. uni-leipzig.de/faculty/picador_chair; http://jameshopkin.org journal Personalia „Schwäbisch räs und direkt“ Pharmazie-Professor Eger geht in den Ruhestand Von Dr. Bärbel Adams Professor Dr. Kurt Eger, Inhaber des Lehrstuhles Pharmazeutische Chemie, langjähriger Direktor des Institutes für Pharmazie, zweimaliger Dekan der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, Prodekan und Direktor des Sächsischen Instituts für Angewandte Biotechnologie e.V. an der Universität Leipzig – um nur einige seiner vielen Funktionen zu nennen – geht in den wohlverdienten Ruhestand. Grund genug für Prorektor Martin Schlegel, der für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität zuständig ist, Rückschau zu halten auf aufregende, zukunftsgerichtete und produktive gemeinsame Jahre, hier vor allem in der akademischen Selbstverwaltung. Als neuberufener Professor für Spezielle Zoologie 1994 von Tübingen nach Leipzig gekommen, stieß Martin Schlegel hier auf seinen Kollegen Kurt Eger aus der Pharmazie, der in Tübingen nur einige hundert Meter von ihm entfernt gearbeitet hatte, und schon 1992 den Weg nach Leipzig gegangen war. Ihr gemeinsamer Dekan war damals der Zoologe Professor Karl Drößler und weder Eger noch Schlegel ahnten, dass dieses Amt eines Tages in ihren Händen liegen würde und dass sie es – nur geringfügig unterbrochen – über viele Jahre gewissermaßen im Doppelpack ausüben würden. „Zunächst aber fand ich einen hilfsbereiten Kollegen, der mir beim Aufbau meiner Arbeitsgruppe mit Rat und Tat zur Seite stand“, sagt Professor Schlegel. Als Kurt Eger dann 1996 zum Dekan der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie gewählt wurde, stand ihm Professor Schlegel als Studiendekan zur Seite. „Die Zeit damals war nicht ohne“, meint Schlegel. „Es stand die Profilbildung in der Bioinformatik an, die sich damals als Fach in der deutschen Hochschullandschaft etablieren musste.“ Aber auch für die als Strukturmaßnahme vom Freistaat SachHeft 4/2007 sen angeordnete Lehrerfortbildung im Fach Biologie für die Qualifikation von Grundschullehrern zu Haupt- und Realschullehrern musste erst mal Akzeptanz unter den Hochschullehrern gefunden werden. Auch die Gründung des Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrums (BBZ) warf ihre Schatten voraus und führte zu teilweise kontroversen Diskussionen an der Fakultät. Wie sich dann in der Gründung des BBZ im Januar 2003 zeigte, gelang es aber, alle gegenteiligen Positionen unter einen Hut zu bringen. Da war allerdings Professor Schlegel Dekan und sein Prodekan war Professor Eger. „Unter Kurt Eger Dekan zu sein, stell ich mir ganz schön anstrengend vor, meinte einmal ein Kollege“ erzählt Professor Schlegel schmunzelnd. aber er habe von den Erfahrungen seines Prodekans als Dekan nur profitieren können. „Wer weiß, wie wir sonst die schwere Zeit der Stellenkürzungen und der Umstrukturierung der Fakultät überstanden hätten.“ Da ging es heiß her und führte zeitweilig sogar dazu, dass manche Kollegen aus der Fakultät auswandern wollten. 2002 wurde aber zunächst wieder Eger Dekan „Wir hatten mal ein Jahr Ruhe voreinander“, kommentiert Schlegel. Aber das war nicht von langer Dauer. 2003 wurde Professor Martin Schlegel Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, nun kämpften sie wieder gemeinsam an der Front der akademischen Selbstverwaltung, mal auf der gleichen, mal auf der gegenüberliegenden Seite und gerade „Kurt Egers sehr kritische Haltung half mir bei der Konsensbildung zur Bewältigung wahrer Herkules-Aufgaben wie dem DFGAntrag zur Regenerativen Therapie und der Herausbildung der profilbildenden Forschungsbereiche und damit im Zusammenhang der Entwicklung des Zukunftskonzeptes der Universität Leipzig“.m „Freundlich und hilfsbereit, aber auch schwäbisch räs und direkt“ sei sein Kollege und Freund Kurt Eger, meint Schlegel auf die Frage, wie er denn den Emeritus charakterisieren würde. Wobei „räs“ oder „rääs“ oder „räß“ laut Schwäbisch-deutschem Wörterbuch so viel heißt wie „herb, sauer, vergoren“, und das bezieht sich auf das schwäbisch gute Essen und seinen guten Wein. Und da sollen ja die Herben bekanntlich auch die besten sein. Prof. Dr. Kurt Eger wurde am 13. März 1942 geboren, studierte in Erlangen Pharmazie und promovierte dort 1970. Über die Stationen Bonn, Tübingen und Freiburg kam er 1992 als C4-Professor an die Universität Leipzig, wo er sich als Direktor des Instituts für Pharmazie, als Dekan und Prodekan, in der Haushaltskommission und im Konzil in der akademischen Selbstverwaltung engagierte. Er trug wesentlich dazu bei, den Studiengang Pharmazie in Leipzig wieder zu etablieren. In der Forschung beschäftigte er sich u. a. mit dem Wirkstoff Thalidomid/Contergan. Foto: Institut für Pharmazie 33 Personalia Nachruf für Rheumatologie-Professor Werner Otto Um Innere Medizin verdient gemacht Am 1. Juni verstarb nach langer, tapfer ertragener Erkrankung der Leipziger Rheumatologe Professor Dr. Werner Otto, der 25 Jahre das MedizinischPoliklinische Institut der Universität geleitet hatte. Der am 6. April 1921 geborene Otto studierte nach dem Abitur Medizin in Leipzig und Jena, unterbrochen durch Kriegsdienst und mehrjährige Kriegsgefangenschaft. 1948/1949 legte er das Staatsexamen ab und promovierte zum Dr. med. Seit 1951 am Medizinisch-Poliklinischen Institutin der Härtelstraße tätig, gründete er 1952 die erste Ambulanz für das Teilgebiet Rheumatologie im Profil der Inneren Medizin. Nach der Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin 1956 erfolgte bald die Ernennung zum Oberarzt. Nach der Habilitation 1957 wurde ihm eine Dozentur für Innere Medizin verliehen, fünf Jahre später übernahm er die kommissarische Leitung des Medizinisch-Poliklinischen Institutes, welches mit über 30 Wissenschaftlern die größte deutsche Universitätspoliklinik zur damaligen Zeit darstellte. Mit der Berufung zum Professor mit Lehrstuhl für Innere Medizin erfolgte 1964 die Ernennung zum Direktor des Medizinisch-Poliklinischen Institutes. Als erfahrener Kliniker und Polikliniker hat Professor Otto stets Studenten und Facharztkandidaten zielgerichtet für die klinische Praxis ausgebildet. Wir Studenten schätzten besonders den klaren didaktischen Aufbau, die differentialdiagnostische Orientierung und die klinische Relevanz seiner Vorlesungen. Viele Ärzte profitieren noch heute von diesen praxisnahen Lehrveranstaltungen. Neben seinem Wirken als Hochschullehrer, Polikliniker und Kliniker hat sich Professor Otto besondere Verdienste durch den Aufbau der Rheumatologie am Medizinisch-Poliklinischen Institut erworben. Er gehörte 1952 zu den Mitbegründern des Nachruf für Rolf Schöllner 200 Publikationen und 40 Patente Am 13. März verstarb nach langjähriger Krankheit unser akademischer Lehrer und Kollege Prof. Dr. em. Rolf Schöllner.m Rolf Schöllner wurde am 13. Mai 1930 in Leipzig geboren, wo er nach Lehre und Abitur Chemie studierte. Unter der Leitung von Wilhelm Treibs widmete er sich den Fragen der Autoxidation von organischen Verbindungen. Die Ergebnisse fanden Niederschlag in seiner Diplomarbeit (1957) und der Promotion (1961). Anschließend wechselte Schöllner als Oberassistent an das Institut für Chemische Technologie, wo er sich 1967 unter der Leitung von Eberhard Leibnitz mit einer Arbeit zum Thema „Zur Analytik niedermolekularer, linearer, nichtlinearer und besonders ölmodifizierter Polyester“ habilitierte. 34 1968 erfolgte seine Berufung zum Dozenten für Chemische Technologie und 1970 zum ordentlichen Professor für Technische Chemie an der Universität Leipzig. Nach der III. Hochschulreform in der DDR, verbunden mit der Auflösung der traditionellen Institute, baute Schöllner die Arbeitsgruppe Technische Chemie auf. Gleichzeitig schuf er die inhaltlich-konzeptionellen Voraussetzungen für die Entwicklung der Forschungsgebiete „Adsorption und heterogene Katalyse“. In dieser Periode wandte sich Schöllner speziellen Problemen der C4-Chemie zu. Grundlegende Arbeiten zur Untersuchungen der Position und der Beweglichkeit von Kationen in synthetischen Zeolithen, sowie zum Diffusionsverhalten von Molekülen in Zeolithen, dienten der Entwicklung von adsorptiven Trennprozessen der butadienfreien C4-Fraktion. Später beschäftigte er sich mit Fragestellungen der Druckwechseladsorption sowie der Flüssigphasenadsorption zur Trennung und Reinigung von Stoffgemischen. Arbeitskreises zur Erforschung und Bekämpfung rheumatischer Erkrankungen. Der von ihm 1968 gegründeten Gesellschaft für Rheumatologie der DDR stand er sieben Jahre als Vorsitzender vor. Professor Otto hatte weiterhin wesentlichen Anteil an der Aufnahme dieser Fachgesellschaft in die Europäische und Internationale Liga gegen den Rheumatismus. Nach Übernahme der Leitung der Kommission „Subspezialisierung Rheumatologie“ der Akademie für ärztliche Fortbildung der DDR war es Ottos Verdienst, die Kriterien für die Subspezialisierung Rheumatologie in der Inneren Medizin erarbeitet zu haben. Seine Bücher und Buchbeiträge wie „Die Rheumasprechstunde“ wurden Standardwerke. Er hatte mit seinem Lehrstuhl für Innere Medizin an der Medizinischen Poliklinik entscheidenden Anteil am Aufbau der Inneren Medizin an der Universität Leipzig in der Einheit von ambulanter und stationärer Krankenversorgung, Lehre und klinischer Forschung. Professor Otto setzte mit seinem Lehrstuhl die von Prof. Dr. Adolph von Strümpell begonnene Tradition der Medizinischen Poliklinik und Rheumatologie erfolgreich fort. Prof. Dr. Holm Häntzschel, Medizinische Klinik und Poliklinik IV Rolf Schöllners wissenschaftliches Lebenswerk ist in über 200 Publikationen und mehr als 40 Patenten festgehalten. Dabei sind eine Vielzahl von Arbeiten aus interdisziplinärer Zusammenarbeit und Kooperation mit verschiedenen Partnern aus Hochschulen, Akademieinstituten und der Industrie hervorgegangen. Rolf Schöllner beeinflusste als Direktor der Sektion Chemie auch entscheidend das Gesamtprofil der Chemie an der Universität Leipzig. Sein Wirken als Hochschullehrer ist in besonderem Maße verbunden mit der Entwicklung der Leipziger Vertiefungsrichtung „Verfahrenschemie“ im Fachstudium Chemie, die gemeinsam mit Kollegen angrenzender Fachgebiete gestaltet wurde. Auch der Aufbau verschiedener Praktika, wie beispielsweise das Technisch-Chemische Praktikum, das zwölfwöchige Betriebspraktikum und die einwöchigen Betriebsexkursionen sind eng mit seinem Namen verbunden. Unter Schöllners Betreuung entstanden über 100 Diplom-, 27 Promotions- und 6 Habilitationsarbeiten. Wolf-Dietrich Einicke, Hansjörg Herden journal Personalia NOMEN Die Kolumne von Namenforscher Prof. Dr. Jürgen Udolph Der Familienname „Lokatis“ Neu berufen: Neu berufen: Frank Cichos Siegfried Lokatis Professor Frank Cichos leitet die Abteilung Molekulare Nanophotonik am Institut für Experimentelle Physik I. Er „jagt“ Einzelmoleküle mit optischen Methoden. Dazu markiert er die Moleküle mit Farbstoffen und bringt sie zum Leuchten. Über das Leuchten der einzelnen Moleküle erfährt er vieles über ganz verschiedene Materialsysteme – vom Festkörper bis zur Flüssigkeit. „Das Ganze spielt sich im Nanometerbereich ab, in dem man mit normalen Messgeräten nicht weiter kommt“, sagt der Physiker. „Die Moleküle sind sozusagen unsere Messgeräte, um neuen Strukturen und Prozessen auf die Spur zu kommen.“ Indikatoren dafür sind die Farbe des Leuchtens, die Schnelligkeit der Bewegung und die Veränderung des Lichtes in einem bestimmten Zeitraum. Die Ergebnisse der von ihm betriebenen Grundlagenforschung könnten dann zum Beispiel Eingang finden in den Computer von morgen. Der Wissenschaftler hat an seiner Fakultät Kooperationspartner wie Professor Marius Grundmann und Professor Josef Käs, mit denen er in Zukunft eng zusammenarbeiten möchte. Professor Cichos kommt aus Chemnitz, das zum Zeitpunkt seiner Geburt noch Karl-Marx-Stadt hieß. Hier studierte er und erwarb seine ersten wissenschaftlichen Meriten. Er promovierte zur Flüssigkeitsdynamik und Ultrakurzzeitspektroskopie und habilitierte sich zum Thema „Solvation von Coumarin 153 in Gemischen aus Alkanen und Alkoholen“. 1998/99 war er als Postdoc an der Université Bordeaux in Frankreich. Bevor er seine Professur in Leipzig antrat, war er Juniorprofessur an der TU Chemnitz. An der Universität Leipzig will er weiter seine neuen Ideen verwirklichen und die Zusammenarbeit mit sächsischen Partnern ausbauen. Privat beschäftigt sich der verheiratete Vater von zwei Kindern mit Computergrafik und Animation. Er liebt Musik und spielt klassische Gitarre. B. A. Seit Januar ist die Professur für Buchwissenschaft am Institutfür Kommunikationsund Medienwissenschaften (KMW) der Fakultät Sozialwissenschaften und Philosophie wieder besetzt: Siegfried Lokatis erhielt den Ruf an die Universität Leipzig. Er tritt damit die Nachfolge des im Jahr 2004 verstorbenen Professors Dietrich Kerlen an, der diese Professur seit dem Jahr ihrer Gründung 1995 prägte. Ein Unbekannter ist Siegfried Lokatis auch in Leipzig nicht, hielt er doch zehn Jahre schon Seminare zu seinen bisherigen Schwerpunktthemen Verlags- und Zensurgeschichte in der DDR. Siegfried Lokatis hatte Geschichte, Philosophie, Orientalistik und Archäologie in Bochum studiert und promovierte bei Hans Mommsen an der Universität Bochum zum Buchwesen in der NS-Zeit. Im Mittelpunkt seiner Forschungsarbeit an der Universität Leipzig soll die Geschichte des gesamtdeutschen Buchhandels nach 1945 stehen. Viele kleinere Forschungsprojekte werden mitAbschlussarbeiten und Promotionen zu diesem Themenkomplex an der Professur entstehen: „Zunächst muss die Graduiertenförderung verstärkt werden“, unterstreicht Professor Lokatis. Unter anderem entsteht so im Moment eine Geschichte der Verlagsgruppe Holtzbrinck. Aber auch Leipzig als Buchstadt liegt Siegfried Lokatis am Herzen: Die Kooperation mit den Bibliotheken in der Stadt, mit dem Haus des Buches sind hierfür ebenso wichtige Ausgangspunkte wie die Zusammenarbeit mit Leipziger Verlegern. Noch einmal einen Blick zurück wirft die erste große Konferenz, die Prof. Lokatis im September dieses Jahres in Leipzig organisiert: „Heimliches Lesen in der DDR“ heißt der Titel, es geht um Bücherschmuggel, Giftschränke und das „Lesen zwischen den Zeilen“. Aber auch Leipzig als Lebensmittelpunkt scheint zu gefallen: Im Sommer zieht die Familie Lokatis an die Pleiße. M. R. Heft 4/2007 Unter 40 Millionen Telefonteilnehmern (Stand: 1998; neuere CD-ROM sind aus Datenschutzgründen schlecht zu verarbeiten) ist der Name in Deutschland 38 Mal bezeugt. Seine Verbreitung zeigt lockere Streuung vor allem in Norddeutschland, zumeist ein Hinweis auf Zuwanderung aus dem Osten nach 1945 (Flucht, Vertreibung, Umsiedlung). Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den Nachweisen der Internetseite der Familiennamendaten der Mormonen aus Salt Lake City (familysearch.org), die zirka 700 Millionen Daten enthält. Hier ist der Name Lokatis sieben Mal vertreten, davon sechs Mal in Ostpreußen und einmal in Essen. Die Belege reichen zurück bis zum Jahre 1774. Wichtig sind die Vornamen der eingetragenen Personen wie Kristups, Jurgis, Jons, Kristionss, es handelt sich um baltische Namen. Auch von hieraus führt somit der Weg in die baltischen Sprachen (Litauisch, Lettisch und das ausgestorbene, aber in Namen noch gut zu fassende Altpreußisch). Das Standardwerk der litauischen Familiennamen Lietuviu˛ Pavardžiu˛ Žodynas (deutscher Untertitel: Wörterbuch der litauischen Familiennamen), Bd. 1–2, Vilnius 1985–1989, hilft auch bei der Deutung des Namens Lokatis. Im Litauischen ist ein Familienname Lokaítis bezeugt, der mit einem im Žemaitischen (einem litauischen Dialekt) nachgewiesenen Familiennamen Laukáitis verglichen wird. Zugrunde liegt litauisch laũkis „heller Fleck, Blesse“, vor allem „kahl“, hier bezogen auf einen kahlköpfigen Mann, einfach ausgedrückt: mit Glatze. Die Endung -aitis, -atis ist im allgemeinen als sogenannte patronymische Bildung zu verstehen, also „Sohn, Nachkomme des …“, im vorliegenden Fall „Sohn, Nachkomme des Lokis, Laukis“. 35 Personalia Kurz gefasst Den Nachwuchsförderpreis der Gesellschaft für Thrombose-und Hämostaseforschung e.V. (GTH) 2007 erhielt Dr. Katrin Tefs, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche für ihre Veröffentlichung in der renommierten Zeitschrift blood zum Thema „Molecular and clinical spectrum of type I plasminogen deficiency: a series of 50 patients“. Schwerpunkt ihrer Arbeit war die molekulare Charakterisierung des angeborenen schweren Plasminogenmangels. An 50 Patienten mit dieser seltenen Erbkrankheit konnte sie zeigen, dass eine spezielle Form der Augenbindehautentzündung, die sogenannte Conjunctivitis lignosa, die bei weitem häufigste klinische Manifestation darstellt. Die Ergebnisse leisten einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des Krankheitsbildes und werden dabei helfen, gezielt geeignete Therapieansätze zu entwickeln. Der mit 2500 Euro dotierte Preis wurde verliehen auf der 51. Jahrestagung der GTH. Prof. Dr. Günther Heydemann, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Zeitgeschichte, wurde mit dem Verdienstorden Cavalliere della Stella della Solidarietà Italiana durch den Leipziger Generalkonsul der Republik Italien, Adriano Tedeschi, ausgezeichnet. Professor Heydemann erhielt den Orden für die Förderung der Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien sowie die Veröffentlichung zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten zur vergleichenden Geschichte Deutschlands und Italiens im 19. und 20. Jahrhundert. Zudem hat er zahlreiche Gastdozenturen an verschiedenen italienischen Universitäten wahrgenommen. Außerdem war der Historiker bei der Gründung und dem Ausbau der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Leipzig maßgeblich beteiligt und von 1996 bis 2003 in deren Vorstand tätig. Prof. Dr. Evamarie Hey-Hawkins, Institut für Anorganische Chemie, wurde als Gutachterin für die deutsche Fachakkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik e. V. (ASIIN) zur Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen ernannt. Außerdem nahm Prof. Dr. Evamarie HeyHawkins im Juni eine Gastprofessur an der 36 Université de Rennes (Frankreich) wahr und wurde in das Editorial Board der Zeitschrift Chemistry Central Journal berufen. Sie ist zudem Section Editor für den Bereich „Main Group Inorganic Chemistry“ der Zeitschrift Chemistry Central Journal. Prof. Dr. Thomas Lenk, Direktor des Instituts für Finanzen, wurde in die Expertenkommission der Förderalismusreform II der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen berufen. Professor Dr. med. Christoph Baerwald wurde als Vorsitzender des Arbeitskreises Schmerz bei der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. zum Beiratsmitglied der Initiative „Stark gegen den Schmerz“ ernannt. PD Dr. Andreas Hinz, Selbständige Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, erhielt von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Förderungsschwerpunktprogramms „Psychosoziale Onkologie“ für sein Projekt „Urteilsschwankungen bei der Selbsteinschätzung der psychosozialen Situation von Krebspatienten“ Mittel in Höhe von 67.800 Euro für einen Förderzeitraum von zwei Jahren. Prof. Dr. Attila Tárnok, Klinik für Kinderkardiologie am Herzzentrum Leipzig, wurde zum Editor-in-Chief „Cytometry Part A“ berufen. Dazu der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Jürgen Meixensberger: „Durch eine derartige Position wird Leipzig als Forschungszentrum für die Zellanalytik international weiter herausgehoben. Es unterstützt die erfolgreichen Arbeiten von Universität und Fakultät auf diesem Gebiet.“ Das Equality Studies Centre am University College in Dublin hat Dr. Rebecca Pates, Institutfür Politikwissenschaft, ein Fellowship im Marie Curie Transfer of Knowledge Project verliehen. Im Sommer 2008 wird sie über staatliche Strategien gegen Rechtsextremismus und Rassismus forschen. Prof. Dr. Georg Vobruba, Institut für Soziologie, wurde für die Amtsperiode 2007–2009 in den Vorstand der deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) gewählt. Geburtstage Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät 60. Geburtstag Prof. Dr. Ursula Altenburg am 31. August Sportwissenschaftliche Fakultät 65. Geburtstag Prof. Dr. Jürgen Innenmoser, Institut für Rehabilitationssport, Sporttherapie und Behindertensport, am 2. September Prof. Dr. Jürgen Dietze, FG Schwimmsport, am 16. September 80. Geburtstag Prof. Dr. Günter Schnabel, vormals Institut für Allgemeine Bewegungs- und Trainingswissenschaft, am 17. September Medizinische Fakultät 65. Geburtstag Prof. Dr. med. Gerd Schreinicke, Institutfür Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, am 19. Juli Prof. Dr. med. Frank Deckert, Klinik und Poliklinik für Diagnostische Radiologie, am 3. August Prof. Dr. med. Peter Illes, Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, am 10. August Prof. Dr. rer. nat. (APL) Hans-Joachim Böhme, Institut für Biochemie, am 18. August Prof. Dr. med. Gerhard Metzner, Institutfür Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin, am 10. September 70. Geburtstag Prof. Dr. med. Dietrich Dettmer, Institut für Biochemie, am 17. September 75. Geburtstag Prof. Dr. med. Werner Helbig, Med. Klinik u. Poliklinik II, Selbst. Abt. Hämatologie/Onkologie, am 26. September 85. Geburtstag Prof. Dr. med. Waltraude Fischer, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, am 20. Juli Fakultät für Mathematik und Informatik 60. Geburtstag Prof. Dr. Günter Berger am 25. September 65. Geburtstag Prof. Dr. Ralf Der am 24. August Prof. Dr. Manfred Wollenberg am 30. August 70. Geburtstag Doz. Dr. Peter Göthner am 10. August Fakultät für Chemie und Mineralogie 65. Geburtstag Doz. Dr. Volker Geist, Institut für Mineralogie, Kristallographie und Materialwissenschaft, am 10. Juli 70. Geburtstag Prof. Dr. Rainer Herzschuh, Institut für Analytische Chemie, am 13. August Prof. Dr. Werner Engewald, Institut für Analytische Chemie, am 29. August 75. Geburtstag Prof. Dr. Gerhard Werner, Institut für Analytische Chemie, am 12. September Der Rektor der Universität Leipzig und die Dekane der einzelnen Fakultäten gratulieren herzlich. journal Personalia Leidenschaftlicher Forscher und Lehrer Ehrendoktorwürde für Professor Klaus Wandelt Die Fakultät für Chemie und Mineralogie verlieh am 15. Juni die Ehrendoktorwürde an Prof. Klaus Wandelt (Universität Bonn) für seine außerordentlichen wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Oberflächenforschung, für hervorragende Beiträge zur Öffentlichkeitsarbeit sowie in Anerkennung seiner besonderen Verdienste bei der Entwicklung der Oberflächenanalyse und Katalyseforschung an der Universität Leipzig, insbesondere am Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie. „Er leistete damit einen hervorragenden Beitrag zur gedeihlichen Entwicklung unserer Universität“, sagte Rektor Professor Dr. Franz Häuser. „Viele Jahre einer hoffnungsvollen Entwicklung in einer teilweise turbulenten Zeit des Wandels liegen zwischen Ihrem ersten Besuch in unserem Institut und dieser Stunde“, eröffnete Professor Rüdiger Szargan, Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie, seine Laudatio, in der er den Weg des Geehrten „als leidenschaftlicher Forscher und Lehrer an deutschen Universitäten“ beschrieb. Die Spezialisierung zum Physikochemiker, die Postdoc-Zeit in Kalifornien, die in München abgeschlossene Habilitation, die erste Professur für Physik in München, von der es ihn aber dann doch wieder zur Physikochemie und zur MaxPlanck-Gesellschaft zog, und schließlich dann Bonn, wo er nun seit fast 20 Jahren den Lehrstuhl für physikalische Chemie innehat. „20 äußerst fruchtbare Jahre.“, kommentiert Professor Szargan. In seiner Forschung beschäftigt Wandelt sich mit Festkörpergrenzflächen im Kontakt mit Vakuum, Gasen und Flüssigkeiten. Szargan: „Den Schlüssel für die Geheimnisse des Stoffwandels an der Oberfläche eines Festkörpers sahen Sie in der Mikroskopie, insbesondere in der von den Nobelpreisträgern Binnig und Rohrer entwickelten Rastertunnelmikroskopie, aus der Sie ein perfektes Instrumentarium für Heft 4/2007 Aufnahmen über Struktur und Reaktivität von Einkristalloberflächen in Elektrolytlösungen machten. Besonders spannend wird es, wenn Sie in Zukunft Ihre noch zu verifizierenden Ergebnisse zur atomaren Struktur amorpher Oberflächen präsentieren werden.“ „Was unseren Laureaten von manch anderem Forscher unterscheidet“, heißt es bei Szargan weiter, „ist sein außergewöhnliches Verantwortungsbewusstsein für seine Rolle als Forscher und gleichzeitig als Aufklärer für eine breite Öffentlichkeit. Er sieht seine Aufgabe darin, zu informieren und zu überzeugen, warum, woran und wofür heute an der vordersten Front der Naturwissenschaft gearbeitet wird.“ Unermüdlich habe Klaus Wandelt lange Jahre in expandierenden deutschen und europäischen Fachverbänden und Gesellschaften Entwicklungsrichtungen der Oberflächen- und Grenzflächenforschung mit geprägt und gefördert. Bekannt für seine brillanten Vorträge wurde er immer wieder in Forschungs- und Ausbildungsstätten rund um den Erdball eingeladen. Seine Unterstützung für Leipzig trug wesentlich zur erfolgreichen Arbeit im Fachgebiet Oberflächenanalytik bei. „Er erkannte die guten Voraussetzungen für die profilgebende Entwicklung der Oberflächenchemie und -physik auch in der gesamten Region Halle-Leipzig. Zusammen mit weiteren Kollegen hat er sein ganzes Gewicht für zukunftsweisende Entscheidungen als Mitglied von Berufungskommissionen sowie als Berater und Gutachter im Zusammenhang mit DFG-Forschungsprojekten und mit einem Humboldtpreisantrag in die Waagschale geworfen. Das WilhelmOstwald-Institut profitierte in besonderer Weise davon: Es entstand eine fruchtbare Atmosphäre des wissenschaftlichen Austauschs, die letztlich Grundlage für international anerkannte Forschungsleistungen wurde. Der Dekan der Fakultät für Chemie und Mineralogie, Professor Dr. Harald Krautscheid, bestätigte am Ende einen der Gutachter: „Die Ehrendoktorwürde für Professor Wandelt ist eine längst überfällige Würdigung eines der profiliertesten Oberflächenforscher Deutschlands, mit einem in die Welt ausstrahlenden Werk“. Dr. Bärbel Adams (Text), Sebastian Willnow (Foto) Oktober 2007 Heft 5/2007 ISSN 1860-6709 Ausgezeichnet: PhaCon & SMILE gewinnen bei FutureSAX S. 6 Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum sucht starke Partner für erfolgreiche Zukunft S. 17 Kann man „Kultur“ lernen? – Deutsch als Fremdsprache S. 19 Bundeskanzlerin Angela Merkel bekommt Ehrendoktorwürde S. 9 Druckfrisch: Kalendarium der Uni-Geschichte stellt berühmte Studenten und Forscher vor S. 12 Forschungserfolg: Gentherapie gegen Alzheimer? S. 20 journal Exkursionen, Praktika, Forschungsaufenthalte – Studenten und Wissenschaftler im In- und Ausland Praxisluft statt Hörsaalduft EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Hinauslaufen Inhalt UniVersum Willkommen in Leipzig Anlaufstelle für Alumni-Koordination Symbiose von alt und neu: Der Andachtsraum im Paulinum Professor und Studenten treffen Dalai Lama 50 Jahre Tanzarchiv Gremien Ehrendoktorwürde für Bundeskanzlerin Merkel – Sitzung des Senats am 10. Juli Jubiläum 2009 Der Leipziger Baltist Georg Gerullis zwischen Universität und NS-Politik Anekdoten, Fragmente, Notizen Gesichter der Uni: Gottfried Hermann Forschung Patent für pharmazeutische Nutzung des Herzgespannkrauts DFG-Projekt zur Neuentdeckung des Theaterwissenschaftlers Herbert Ihering Das antike Rom und sein Bild Prof. Andrea Robitzki im Gespräch Fakultäten und Institute MDR-Chefredakteur Kenntemich über die Generation Online und sein Uni-Engagement Auswirkungen von Erwerbslosigkeit auf die Lebensqualität im Alter UniCentral Dolmetschen für Europas Entscheider Tiermediziner schnuppern Praxisluft – zwischen Vogelhaltung und Fischverarbeitung Beliebte Adresse: die Außenstelle Zingst Forschungsaufenthalt in Japan Ein Plädoyer für die Praxis Studiosi Mehr Praxis im Lehramtsstudium Sind Nebenjobs mit Bachelor und Master vereinbar? Personalia Neu berufen Nomen Geburtstage Nachrufe Habilitationen und Promotionen Ehrenpromotionen Impressum 2 4 5 7 8 9 10 11 12 13 14 16 17 20 22 23 25 27 29 31 33 34 35 36 38 40 44 48 2 Das lateinische Exkursion kommt, sagt uns das Lexikon, von ex (hinaus) und currere (laufen). Wer auf eine Exkursion geht, läuft natürlich nicht einfach hinaus aus Schule oder Universität, sondern verfolgt damit einen pädagogischen Zweck: wer draußen war, kommt, richtig angeleitet, erleuchtet zurück. Kennt er das Veilchen nur als Schwarz-Weiß-Zeichnung aus dem Biologiebuch, wird ihn der wirkliche Anblick dieser Blume überwältigen und besser verstehen lassen, warum Poeten die Schönheit unserer Natur anpreisen. Nicht alles freilich lässt sich „exkursiv“ in Augenschein nehmen. Weder können wir die Nano-Welt noch das Ozonloch besuchen; Ausflüge ins Netzwerk des Terrors sind ebenso ausgeschlossen wie Besichtigungstouren zu Finanzmärkten oder Politikprozessen. Da gibt es einfach keinen Ort, an den man „hinlaufen“ könnte. Doch sind das nicht eben jene Probleme, die uns auf den Nägeln brennen? Was wirklich zählt, dieser Eindruck drängt sich unweigerlich auf, entzieht sich dem neugierigen Blick des „ausfliegenden“ Menschen. Exkursionen wären also ein Überbleibsel aus den Kindertagen des forschenden Geistes, als das Wissen noch anschaulich war? Vielleicht doch nicht. Zum Beispiel: In regelmäßigen Abständen stellen unsere Amerikanisten Fotoserien aus, die an Ausflüge in „ihr“ Land erinnern. Da kann man sie dann bestaunen: aufgereiht hinter wichtigen Menschen, im Schlepptau lokaler Honoratioren, zusammen mit neuen Freunden; dazwischenglänzende Bankpaläste, imposante Regierungssitze, vielspurige Autobahnen, allesamt erkennbar beeindruckt abgelichtet. Kurz: Bilder von Personen, Bilder von Sachen. Tatsächlich haben die Beteiligten (hoffentlich) etwas gesehen, das in ihren Fotos systematisch ausgeblendet wird: das Zusammenspiel von Personen und Sachen. Der französische Philosoph Gilles Deleuze hat diese Kombination assemblage genannt und daran die Warnung vor falschen Abstraktionen geknüpft: Wir schimpfen zwar über „den“ Markt, „den“ Staat oder „den“ Verkehr, leiden aber in Wahrheit unter Aktienhändlern, Amtsschimmeln und Autofahrern, die an ihren jeweiligen Schau-Plätzen störende Effekte produzieren. Anders gesagt: Nicht alles, was man denken, aber nicht sehen kann (wie den Weltmarkt, die Staatsmacht, das Verkehrsaufkommen), ist „tiefere“ Realität – da treiben vielleicht Hirngespinste ihr Spiel mit uns. Und nicht alles, was wir sehen, ist schon deswegen trivial (oberflächlich), weil man es sieht. „Hinauszulaufen“ lohnt sich dann, wenn draußen jene Kombinationen von Personen und Sachen beobachtet werden können, die „Gesellschaft” produzieren: Börsenhektik, Staatsempfänge, Automobilsalons zum Beispiel. Eine Exkursion muss kein Fossil sein. Prof. Dr. Wolfgang Fach, Prorektor für Lehre und Studium Titelfoto: Tobias D. Höhn 1 Willkommen in Leipzig! Der steinige Weg bis zum DiplomBären – eine Begrüßung mit Augenzwinkern Von Tobias D. Höhn „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“ Wie oft diese sechs gewichtigen Worte wohl zu Beginn des Semesters mit väterlicher Stimme den neuen Erstsemestern mit auf den Weg gegeben werden? Zu den warmen Worten der Mutter gibt es gerne mal einen gravierten Füller oder eine neue Ledertasche obendrauf, dabei wäre ein iPod oder ein Macbook wohl manchem lieber. Egal. Und das Verhältnis aus Ernst und Leben ist sowieso individuell mischbar. Journal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Dipl.-Journ.Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Was keineswegs in der „Zuckertüte“ jedes Erstmesters fehlen darf, ist der CampusKnigge, das ABC der Universität, die Überlebenstipps im akademischen Dschungel. Dabei handelt es sich nicht um bibliothekenfüllende Fachpublikationen, lederummantelte Lexika mit Goldschnitt zum Vorzugspreis, die hier angeboten werden, sondern um zusammengetragene Erfahrungen vergangener Generationen. Angereichert um Anekdoten aus weinseeligen Abenden mit Kommilitonen anstelle der dringend abzugebenden Hausarbeit, der Klausuren-Vorbereitung am Strand und mancher Schmonzette rund um das Lehrpersonal. Nehmen wir zum Beispiel den Prof, akademischer Würdenträger, Lehrer und Forscher in Personalunion. Aber vor allem ein Mensch aus Fleisch und Blut, der gemeinsam mit seinen – im Gegensatz zu anders- lautenden Gerüchten – nicht nur kaffeekochenden und kopierenden Assistenten den wissenschaftlichen Nachwuchs ausbildet, auf Tagungen brandneue Ergebnisse seiner unermüdlichen Forschertätigkeit präsentiert und so im Laufe der Jahre eine Publikationsliste aufzubieten hat, die allein schon eines zwölfsemestrigen Literaturstudiums bedarf. Zum Glück gibt es in Sachsen (noch) keine Studiengebühren.m Dass das Studium in Leipzig mühsam und steinig sein kann, ist nicht zuletztdem Baustellenboom geschuldet. Wo heute noch ein großes Loch am Augustusplatz klafft, soll Ende 2009 der neue Campus inklusive Cafeteteria stehen. Bis dahin bekommen alle Studenten und Lehrende gratis ihr tägliches Fitnessprogramm beim Ansteuern der Interimsgebäude, um in den Genuss von Seminaren und Vorlesungen zu kommen. Die gute Nachricht am Rande: Die Heute Baustelle, morgen Uni. Karikatur: O. Weiss Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 14. 8. 2007 ISSN 1860-6709 2 journal Foto: R. Kühn UniVersum UniVersum Mensa soll schon zum Sommersemester des Jubiläumsjahres wieder eröffnen. Schon?! Die Verzögerung von zwei Jahren ist – entgegen anderslautender Meldungen – nicht der Bauzeit geschuldet, sondern scheiterte an den Honorarvorstellungen von Paul Bocuse, Tim Mälzer und Johann Lafer. Jetzt scheint aber alles paletti. Moderne Laboratorien, eine gut ausgestattete Uni-Bibliothek, Forscher aus aller Welt – dafür steht Leipzig, das muss nicht angepriesen werden. Was aber Neuimmatrikulierte auf jeden Fall noch wissen sollten: c.t. (cum tempore) bedeutet, dass noch ein Viertelstündchen Zeit zum Kaffeeholen bleibt, wobei die meisten Hörer auch dann immer noch zu spät eintrudeln. Und vormerken sollten Sie sich auch den Dies academicus am 2. Dezember: Am Gründungstag der Universität gibt es Vorträge, festliche Reden, Veranstaltungen – wobei die Studenten diesen Tag oft zum Ausschlafen nach ausschweifender Party der vorausgehenden Nacht nutzen. Schade. Mit der Anwesenheitspflicht ist das überhaupt so eine Sache, denn wer fehlt muss anders als auf der Penne nicht um einen Eintrag ins Klassenbuch bangen. Doch wer das Lotterleben des Grundstudiums im Hauptstudium fortsetzt und denkt, nur mit schlauem Gesicht und sporadischer physischer Anwesenheit die nötigen Leistungsscheine einzufangen, irrt und kann sich vom anfangs noch erstrebten Summa cum laude verabschieden. Und wer in Leipzig den „Muff von 1000 Jahren“ sucht, sucht vergebens. Talare sind längst out, lediglich bei Abschlussfeiern mancher Fakultäten werden sie aus dem Schrank geholt. Wer in sein will, hat die fesche Kollektion der Universität Leipzig im Schrank: T-Shirts, Taschen, Tassen. Und ist der Abschluss erst in der Tasche, bekommen Mama und Papa für ihre mentale und finanzielle Unterstützung als Dankeschön den Diplom-Bären. Fehlen nur noch die Bachelor-Biene (optisch ein zarter Hautflügler, aber Vorsicht vor dem nachhaltig piekendem Stachel zur Feindabwehr auf dem harten Arbeitsmarkt) und der Master-Maulwurf (gräbt mit spitzer Wühlschnauze lange Gänge durch Bibliotheken, scheut das Tageslicht, ist aber nachts nicht unterzukriegen). Ganz in Uni Schon zwei Jahre vor dem 600. Jubiläum können Studenten, Professoren, Mitarbeiter und Freunde der Alma mater Lipsiensis sich ganz in Uni zeigen – mit der neuen Modekollektion der Hochschule. Vielfältig in Farbe, Schnitt und Design – von T-Shirts und Polohemden für Damen und Herren bis zu Taschen, Tassen und anderen Utensilien reicht das Angebot. Ob dezent oder auffällig, klassisch oder modern – für jeden Geschmack dürfte etwas im Programm sein.m Bezogen werden können die neuen Produkte über das Internet oder in den Leipziger Innenstadtgeschäften UniBuch, Galeria Kaufhof und Lehmanns Buchhandlung. Tipp: Wer bis zum 31. Dezember im Online-Shop bestellt, erhält ein Schlüsselband im Uni-Design gratis. r. www.uni-leipzig.de/shop Die Studentinnen Alicia Gomez, Marlen Weitzel und Stefanie Schieke (v. l.) stellen die neue Uni-Kollektion vor. Erhältlich sind T-Shirts und andere Artikel im Online-Shop oder bei UniBuch Leipzig, in der Galerie Kaufhof oder in Lehmanns Buchhandlung. Foto: Volkmar Heinz Heft 5/2007 3 UniVersum Amerikanistik-Studenten von einst feiern Wiedersehen Zentrale Anlaufstelle für Alumni-Koordination Die American Studies Alumni Association e.V. (ASAA), eine der ersten Alumni-Organisationen an der Universität Leipzig, besteht seit zehn Jahren. Zum Jubiläum lud die ASAA alle Absolventen der Leipziger Amerikanistik zu einem großen Homecoming Weekend nach Leipzig ein – und über 80 folgten dem Ruf. In den drei Juli-Tagen gab es neben entspannten Begegnungen auch eine Podiumsdiskussion mit Radiojournalisten, eine Stadtführung auf den Spuren der alten und neuen Alma mater, sowie ein festliches Dinner: Das Wiedersehen und Wiederentdecken stand im Vordergrund. Dieses gestaltet sich gerade für Amerikanisten besonders spannend, da ein so interdisziplinärer Studiengang vielfältige und unterschiedliche Wege nach dem Studium ermöglicht. Die Bemühungen des Vereins, die Kontakte zu Absolventen der Amerikanistik zu pflegen und ein Alumni-Netzwerk aufzubauen, haben sich im Laufe der Jahre professionalisiert: Es gibt eine feste Vortragsreihe, in der Persönlichkeiten und USA-Experten aus Politik, Kultur und Wirtschaft mit Ehemaligen und Studierenden diskutieren. Zudem stellen Alumni der Amerikanistik in der Veranstaltungsreihe „Amerikanistik und Dann?“ ihren Werdegang nach dem Studium vor und bieten so Orientierung für Studierende. Um 4 den Abschluss des Studiums angemessenen zu würdigen, veranstaltet die ASAA außerdem einmal im Jahr eine Feier nach amerikanischem Vorbild für die Absolventen der letzten beiden Semester. Um den Aufbau des fachübergreifenden und internationalen Netzwerks der Alumni, der Studierenden und der Hochschulangehörigen zu fördern, wurde Anfang Juni eine zentrale Anlaufstelle für AlumniArbeit an der Uni Leipzig neu geschaffen. Davon verspricht sich Zoe-Antonia Kusmierz, Vorstandsvorsitzende der ASAA, eine verstärkte Wahrnehmung nicht nur der verschiedenen bereits existierenden Alumni-Initiativen, sondern auch der Bedeutung von Alumni-Arbeit generell. Um die Alumni-Aktivitäten auf Fachbereichsebene zu unterstützen und den Austausch mit der Universität zu ermöglichen, wird ab Anfang 2008 ein fachübergreifendes Alumni-Portal zur Verfügung stehen. Bis es soweit ist, können Ehemalige, Studierende aller Fachrichtungen, Wissenschaftler, Mitarbeiter sowie Freunde und Förderer der Universität die Premium-Gruppe „Alumni der Universität Leipzig“ auf der Netzwerk-Plattform XING als ein erstes Forum für persönlichen Austausch und Diskussion nutzen. Informationen dazu und zu allgemeinen Fragen der Alumni-Arbeit erhalten Sie bei Alumni-Koordinatorin Christin Wätzel (Tel.: 0341/97-35005, E-Mail: christin.waetzel @ uni-leipzig.de) r. www.asaa-leipzig.de www.uni-leipzig.de/ info/alumni/ Die American Studies Alumni Association e. V. feierte im Juli mit Ehemaligen ihr zehnjähriges Bestehen. Foto: Jan Woitas journal UniVersum Symbiose von alt und neu Ein Modell gibt Einblicke in die Innengestaltung des Andachtsraumes im Paulinum Die Baustelle am Augustusplatz verändert nun beinahe täglich ihr Gesicht. Bagger und Kräne arbeiten sich durch das Areal des künftigen zentralen Campus der Universität Leipzig. Aber auch die Planungen für die Innengestaltung gehen weiter voran. Im Mittelpunkt steht hierbei vor allem das Paulinum mit seinem Andachtsraum und dessen näherer Ausgestaltung. Ein Modell veranschaulicht den modernen Raum mit seiner Referenz an die gesprengte Universitätskirche St. Pauli: Arkadenwände mit großen Öffnungen sollen den Raum einerseits als Ganzes, zum Beispiel bei Gottesdiensten, erlebbar machen, und andererseits Platz für wertvolle Epitaphien aus dem Kunstbesitz der Universität bieten. Das nebenstehende Modell des Andachtsraumes wurde bereits auf dem campus-Tag im Juli dieses Jahres öffentlich vorgestellt und auch in der interministeriellen Baukommission diskutiert. „Die Epitaphien im Andachtsraum des Paulinums tragen in besonderer Weise zur Authentizität dieses neuen zentralen Ortes der Universität Leipzig bei. Diese Sammlung umfasst einige der Originale aus der gesprengten Universitätskirche und bietet uns eine stetige Erinnerung an die wechselvolle Geschichte“, unterstreicht Rektor Prof. Franz Häuser das Konzept. „Die technischen Voraussetzungen für die Errichtung der Arkadenwände sind im laufenden Planungsprozess verankert. Zur Zeit wird die detaillierte Ausbildung der Arkadenkonstruktion bearbeitet“, ergänzt Titus Werner, Dezernent für Planung und Technik. Die Kunstwerke erinnern an Universitätsangehörige aus vier Jahrhunderten der Ge- schichte der Alma mater und waren bereits im Chorraum der früheren Paulinerkirche angebracht. Heute sind sie Teil des Kunstkonzeptes der Universität Leipzig für den Neubau. Die Epitaphien sind dabei die Referenz an die Universitätskirche, neben den weiteren Kunstwerken, die an das 17. und 18. Jahrhundert, an Augusteum sowie die sozialistische Universität erinnern. „Mit diesem Kunstkonzept, das bis in die Gegenwart der Universität Leipzig reicht, wird moderne Architektur mit Kunst aus mindestens fünf Jahrhunderten qualitätsvoll verbunden“, unterstreicht Rektor Häuser. Es präsentiert im Jubiläumsjahr 2009 das unverwechselbare Bild der Universität Leipzig. Dr. Manuela Rutsatz www.uni-leipzig.de/kustodie/ bewahren/kunstkonzept Das neue Hauptgebäude der Universität am Augustusplatz sowie das Modell des Andachtsraumes im Paulinum (oben). Grafik/Foto: Erick van Egeraat/M. Wenzel Heft 5/2007 5 UniVersum PhaCon und SMILE gewinnen bei FutureSAX Universität bei Businessplan-Wettbewerb als aktivste Hochschule ausgezeichnet In den Dresdner Hellerau Werkstätten wurden die diesjährigen Sieger des FutureSAX Businessplan-Wettbewerbs ausgezeichnet. Das Team von SMILE konnte sich dabei gleich mehrfach freuen. Zum einen gewann mit der Firma PhaCon GmbH ein von der Selbst Management Initiative Leipzig (SMILE) betreutes Gründungsteam den mit 15.000 Euro dotierten Gründungspreis in der dritten und abschließenden Phase. Zum anderen wurde SMILE selbst ausgezeichnet. Gemeinsam mit SAXEED Chemnitz teilt sich SMILE den Hochschulsonderpreis für die aktivste Hochschule bzw. Forschungseinrichtung. In seiner Laudatio drückte der sächsische Wirtschaftsminister Thomas Jurk erfreut aus, dass an den Hochschulen des Freistaates das Bewusstsein rund um das Thema Existenzgründung sich erfreulich entwickelt habe und die Bereitschaft zur aktiven Unterstützung junger Unternehmen deutlich gestiegen sei. Immerhin kämen inzwischen rund die Hälfte der Anträge im FutureSAX-Wettbewerb aus Hochschulen. Die PhaCon GmbH ist eine Ausgründung des Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Universität Leipzig. Sie beschäftigt sich mit der Herstellung und Vermarktung von Schädel- und Kno- Die Universität Leipzig wurde in der finalen Phase des Businesswettbewerbs FutureSAX doppelt ausgezeichnet. Foto: FutureSAX 6 chen-Modellen, die für die Operationsvorbereitung und zu Schulungszwecken in zahlreichen Ländern in wachsenden Stückzahlen benötigt werden. Doppelte Ehrung für Alma mater durch Wirtschaftsminister Thomas Jurk Die beiden Gründer besuchten verschiedene Veranstaltungen von SMILE und kamen im Herbst 2006 mit der Anfrage nach einem Gründercoaching auf SMILE-Mitarbeiter zu. Innerhalb weniger Wochen war der Businessplan gemeinsam diskutiert und verbessert. Hierzu hat SMILE die Gründer sowohl bei den notwendigen Recherchen, dem Abwägen verschiedener Unternehmensstrategien und auch der Finanzplanung unterstützt. Die Coaches waren in kurzer Zeit in der Lage, das technische Produkt und seine Besonderheiten soweit zu erfassen, dass auch Fragen der Alleinstellung und des Schutzes geistigen Eigentums bearbeitet werden konnten. Die beiden Inhaber der im Frühjahr 2007 gegründeten Firma haben inzwischen eine Reihe von Preisen gewonnen und damit Startkapital eingesammelt. Inzwischen ist die Finanzierung gesichert und der Firmensitz bezogen. Mit etwa einem halben Jahr kann der Gründungsprozess einer solch komplexen Unternehmung als sehr zügig beschrieben werden. SMILE ist eine Kooperation zwischen der Universität Leipzig und der Handelshochschule Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Helge Löbler, Juniorprofessor Dr. Utz Dornberger und Prof. Dr. Bernhard Schwetzler. Das Projekt wird finanziell unterstütztdurch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie den Europäischen Sozialfonds (ESF). r. www.smile.uni-leipzig.de journal UniVersum Professor und Studenten treffen Dalai Lama in Leipzig Umringt von Studenten: Der Dalai Lama bei seinem Besuch in Leipzig, gemeinsam mit Prof. Per K. Sørensen. Foto: Institut für Zentralasienwissenschaften Offiziell kam der Dalai Lama im Mai zur Verleihung des Boulevard-Medienpreises nach Leipzig. Dennoch nahm sich das religiöse und weltliche Oberhaupt der Tibeter Zeit für ein Treffen mit dem Leiter des Instituts für Zentralasienwissenschaften, Professor Per K. Sørensen, einem führenden Experten für Tibet- und Buddhismuskunde. Mit dabei waren auch zahlreiche seiner Studenten. Der Dalai Lama, Träger des Friedensnobelpreises, dessen Popularität und Einfluss neuesten Umfragen zufolge größer als die des Papstes sind, weilte zum ersten Mal in Leipzig, hatte jedoch auf Anhieb eine große Anhängerschaft – auch fern des Studentenkreises. Dieser Fankult fußt nicht zuletztauf seinem authentischen Auftreten, weil „er lebt, was er predigt“, so Sørensen. Den Professor und das Oberhaupt des Tibetischen Volkes verbindet übrigens eine lange Bekanntschaft. Sie sind einander bei zahlreichen Gelegenheiten, so auch bei internationalen parlamentarischen Anhörungen begegnet. Sørensen führt außerdem seit Jahren verschiedene Forschungsprojekte in Tibet durch. T. D. H. Kinder im Uni-Archiv Kinderlachen zwischen Archivregalen, Gänsefedern kratzen in Tintenschrift über Papierbögen, und zum Schluss rufen alle im Chor: „Wir wollen wiederkommen!“ Das Universitätsarchiv öffnete im August zwei Tage lang seine Türen für Kinder von Universitätsangehörigen. Fragen hatten die Fünf- bis 13-Jährigen genug: Warum hat die Uni ein eigenes Archiv? Wie wertvoll sind Pergamenturkunden? Und was verbirgt sich hinter einem Doktorschmaus? Manch einer der Knirpse suchte auch die studentischen Abschlusszeugnisse von Mama und Papa. Von den Archivaren erfuhren die Kleinen Amüsantes und Belehrendes aus der langen Universitätsgeschichte und bastelten unter Anleitung eine eigene Urkunde, die sie mit einem alten Universitätssiegel und einem brennenden Lackstift beglaubigen konnten und nach Hause trugen. T. D. H. Heft 5/2007 7 UniVersum 50 Jahre Tanzarchiv Projektseminar trifft Ausstellung Von Sebastian Göschel, Institut für Theaterwissenschaft Ohne Arbeit kein Rhythmus, so die These des Leipziger Nationalökonomen Karl Bücher. Der Wissens- oder Kulturarbeiter, sei er als Student, Professor, Künstler oder Freelancer tätig, unterliegt seit jeher einem ungewöhnlichen Rhythmus. Anstelle der grundsätzlich festgelegten Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit hat er sich den Alltag selbst zu strukturieren. Diese Arbeit vor der Arbeit gehört zunehmend in das Anforderungsprofil verschiedener Berufsgruppen. Teleheimarbeit und Ich-AG sind Schlagworte jener Entwicklungen. Neu ist dieses Phänomen nicht, in Umbruchs- und Krisenzeiten setzt bis heute immer wieder eine Reflexion über die Grundbedingungen von Arbeit ein. Das Tanzarchiv Leipzig birgt in seinem großen Fundus unzählige historische Dokumente, die eine Traditionslinie dieser Ansätze aufzeigen. Von den Lebensreformbewegungen Anfang des 20. Jahrhunderts, über die Ideen zur Rhythmisierung von Arbeit durch Rudolph von Laban, den Gemeinschaftsideen im Nationalsozialismus bis hin zu den Umstrukturierungen der Arbeitsbedingungen in der DDR finden sich zahlreiche Plakate, Tondokumente, Texte und Fotos. Anlässlich des 50. Tanzarchiv-Jubiläums entstand bei der Direktorin des Tanzarchivs, Prof. Dr. Inge Baxmann vom Institut für Theaterwissenschaften, in Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Geschäftsführerin Melanie Gruß, die Idee, diese historischen Materialien mit den oben beschriebenen aktuellen Tendenzen in einer Ausstellung zu konfrontieren. Neben dem Engagement der erfahrenen Kuratorin Vera Lauf und verschiedener zeitgenössischer Künstler (Pia Lanzinger, Diana Wesser, Teching Hsieh, Büro für integrative Kunst, Wilhelm Groener und andere) sah Professor Baxmann in Zusammenarbeit mit Linda Schirmer und Sebastian Göschel die Chance, wissenschaftliche Theorie und kulturelle Praxis enger als gewohnt zu verzahnen. Um den Studenten der Theaterwissenschaft die Möglichkeit zu geben, sich besser auf die kommenden Anforderungen im Beruf vorzubereiten und erste Verbindungen in die Kunst- und Kulturszene zu knüpfen. Dementsprechend wurde ein Projektseminar abgehalten, welches direkt der Ausstellung Das Tanzarchiv Leipzig wird 50 Jahre alt und lädt zu einer von Studenten gestalteten Ausstellung. Das Foto vermittelt einen Eindruck der Arbeiterfestspiele im Rudolstadt der 1960er Jahre. Foto: Tanzarchiv Leipzig 8 zuarbeitete. In kreativer Atmosphäre und kleinen Arbeitsgruppen hatten die Studenten Gelegenheit, sich intensiv mit den vielfältigen Abläufen einer Ausstellungsorganisation vertraut zu machen. Dabei erstellten sie Pressepläne, kümmerten sich um Sponsoring und Ablauf der Ausstellung, durchforsteten die hiesigen Museen und Archive nach Material, führten Interviews und entwickelten sogar eigene Ausstellungskonzepte. Ein Teil dieser Ergebnisse der Seminararbeit wird nun in der Ausstellung mitArbeit – Lebensrhythmen im Wandel vom 19. Oktober bis 11. November in den Räumen des Lindenfels Westflügels (Hähnelstraße 27) zu sehen sein, begleitet von einem vielfältigen Rahmenprogramm aus Werksführungen, Diskussionen, Workshops und Filmvorführungen. Höhepunkte der Ausstellung sind die Vernissage am 18. Oktober mit einem künstlerischen Beitrag der neuen Leiterin des Leipziger Tanztheaters, Irina Pauls, und die Jubiläumsfeier des Tanzarchivs fünf Tage später in den Räumen in der Ritterstraße. Tanzarchiv Leipzig Das Tanzarchiv Leipzig e.V. (TAL) besteht seit 1993 als Verein, gegründet von der Universität Leipzig und der Hochschule für Musik und Theater Leipzig. Es versteht sich sowohl als Dokumentations- als auch als Forschungsinstitution für Tanz und Bewegungskulturen und bringt als Ort des Austauschs Theoretiker, Praktiker und Publikum zusammen. Die Ergebnisse der eigenen Arbeit stellt das TAL auf Konferenzen, Symposien und in Ausstellungen zur Diskussion. Lecture Demonstrations und Workshops machen Tanz und Bewegung unmittelbar erfahrbar. Die Buchreihen „Documenta choreologica“ und „Wissenskulturen im Umbruch“ halten Tanzgeschichte lebendig und sind zugleich fest in der Gegenwartskultur verankert. Die Nutzung der Bibliothek und des Lesesaals ist für jedermann in den Räumlichkeiten der Ritterstraße 9–13 möglich. www.tanzarchiv-leipzig.de. journal Gremien Bundeskanzlerin Merkel bekommt Ehrendoktorwürde Sitzung des Senats am 10. Juli In seiner Sitzung vor der Sommerpause stimmte der Akademische Senat der Universität Leipzig der beabsichtigten Ehrenpromotion der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Angela Merkel, durch die Fakultät für Physik und Geowissenschaften zu. In der Diskussion im Senat kristallisierten sich folgende Aspekte für die Ehrenpromotion der namhaften Alumna der Universität Leipzig heraus: Aufbauend auf den während ihres PhysikStudiums an der Leipziger Alma mater mit Diplom und anschließender Promotion in Physik in Berlin erworbenen Fähigkeiten hat sich Frau Dr. Merkel mit sachlicher und kompetenter Arbeit in herausragenden politischen Positionen sowohl national als auch international großes Ansehen erworben. Ihr Wirken als Bundesumweltministerin, als Bundeskanzlerin und zuletzt als EU-Ratspräsidentin kommt der Gesellschaft, der Wissenschaft und nicht zuletzt auch der Physik als Fach zugute. „Ich begrüße mit Nachdruck die Entscheidung des Akademischen Senats und bin hocherfreut, dass der erfolgreichen Alumna unserer Universität diese akademische Ehrung zuteil wird“, kommentierte Rektor Professor Dr. Franz Häuser die Senatsentscheidung. Der Senat befürwortete weiterhin die Ehrenpromotion für Dr. Renate Schulz (University of Arizona), auf Antrag der Philologischen Fakultät. Sie ist eine der renommiertesten und bekanntesten Fremdsprachendidaktikerinnen weltweit. In einem gesonderten Tagesordnungspunkt resümierte Prorektor Professor Dr. Wolfgang Fach über sein erstes halbes Jahr als Prorektor für Studium und Lehre. In seinem Statement vor dem Senat warb er für große Geduld und vor allem weiterhin sehr viel Kraft für das komplexe Programm der Studienreform an der Universität Leipzig. Dieses sei noch längst nicht durchgestanden, viele Probleme harrten einer Lösung: „Wir müssen uns auf eine unruhige nächste Zeit einstellen,“ erklärte der Prorektor. Zudem befasste sich der Senat mit Berufungsangelegenheiten und verabschiedete Heft 5/2007 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wird die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig erhalten. Der Senat befürwortete das Anliegen der Fakultät für Physik und Geowissenschaften. Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung den Ausschreibungstext sowie die Zusammensetzung der Berufungskommission für die W3-Professur „Grundschuldidaktik Deutsch“, für die W2-Professur „Experimentelle Physik: Wechselwirkung von Oberflächen mit biologischen Zellen und Geweben“, für die W3-Professur „Anatomie (Veterinärmedizin)“ sowie für die W2Professur „Kleintierchirurgie“. Weiterhin empfahl der Senat in geheimer Abstimmung den Berufungsvorschlag für die W2-Professur „Politisches System der Bundesrepublik Deutschland“. Der Senat befürwortete die Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „außerplanmäßiger Professor“ für PD Dr. Annegret Nippa (Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften), für PD Dr. Roland Schuhr (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät sowie für PD Dr. Andreas Bringmann (Medizinische Fakultät). Der Senat stimmte in der Juli-Sitzung der Einrichtung des bereits im vorherigen Senat diskutierten Masterstudienganges „International Energy Economics and Business Administration“ der Universität Leipzig und der MGIMO Moskau zu. Der Senat beschließt die Studiendokumente für den Bachelorstudiengang Afrikastudien sowie für den Bachelorstudiengang Translation. Zudem stimmten die Senatsmitglieder für die Änderungssatzungen zur Prüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften und für den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik. Weiterhin wurden die Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre sowie die Eignungsfeststellungsordnung für diesen Studiengang beschlossen. Ebenso beschloss der Senat die Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Volkswirtschaftslehre und dessen Eignungsfeststellungsordnung. Schließlich passierte die Eignungsfeststellungsordnung für den Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik den Senat. Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin 9 Jubiläum 2009 „Jetzt ist es blosses Vergnügen Nazi zu sein ...“ Der Leipziger Baltist Georg Gerullis (1888–1945) zwischen Universität und NS-Politik Von Ulf Morgenstern M. A., Historisches Seminar Am 24. April 1934 schrieb Georg Gerullis, seit 1922 planmäßiger außerordentlicher Professor für Baltische Sprachen an der Universität Leipzig einen Brief an seinen ehemaligen akademischen Förderer, den Anglisten Max Förster (1869–1954) in München. Förster war bis zu seinem Weggang aus Leipzig 1925 eine zentrale Persönlichkeit der Philosophischen Fakultät gewesen und hatte maßgeblich dazu beigetragen, den Königsberger Privatdozenten Gerullis nach Leipzig zu holen. In dem Brief ging es jedoch nicht um Philologisches, sondern Gerullis nahm vielmehr Bezug auf rein private Dinge. Da Försters Ehefrau Dora immer so herzlichen Anteil an seinen Kindern genommen habe, teilte er mit: „Unser Junge ist jetzt15 und Obersekundaner, das Töchterchen 12 und Untertertianerin. Der Junge und meine Frau haben in Leipzig schwer für den Nationalsozialismus gekämpft. Jetzt ist es blosses Vergnügen Nazi zu sein, manchmal auch ein Geschäft, damals ist mein Junge oft in Lebensgefahr gewesen und auch meine Frau hat einigemal was abbekommen.“ Hochschulabteilung im preußischen Kultusministerium geworden war, erhoffte sich der verzweifelte Förster eigentlich Hilfe. Mehr als den Rat, nicht freiwillig um Versetzung in den Ruhestand zu ersuchen, da dies ein Zeichen von Schwäche sei, konnte und wollte Gerullis ihm aber nicht geben. Wer aber war dieser äußerlich kaltblütige Neuphilologe mit der NS-Vorzeigefamilie? Georg Gerullis stammte aus einer baltischdeutschen Bauernfamilie im ostpreußischen Jogauden. Von 1909 bis 1912 hatte er Indogermanistik und klassische Philologie in Königsberg und Berlin studiert und war dort 1912 bei Adalbert Bezzenberger (1851–1921) mit einer Arbeit „De Prussicis Sambiensium locorum nominibus“ promoviert worden. Am Ersten Weltkrieg hatte er seit Beginn teilgenommen, seit 1915 als Leutnant. Nach Kriegsende schlug Gerullis mit der Habilitation in Königsberg die Universitätslaufbahn ein. Eine kurzzeitige Anstellung des Privatdozenten im Schuldienst diente dem bloßen Broterwerb des mittlerweile verheirateten Familienvaters. Mit der Billigung Max Försters und Eduard Sievers (1850–1932) wurde Gerullis schließlich 1922 in der Nachfolge Robert Scholvins (1850–1929) planmäßiger Extraordinarius für baltische und slawische Sprachen an der Universität Leipzig. Hier entstanden in den nächsten zehn Jahren seine wissenschaftlichen Hauptwerke, etwa zu den ältesten litauischen Sprachdenkmälern (1923) oder litauischen Dialekten (1930). Gemeinsam mit dem Indogermanisten Eduard Sievers und dem Sla- Kaltblütiger Neuphilologe mit NS-Vorzeigefamilie Försters Gesichtszüge dürften sich jedoch beim Lesen dieser Zeilen verdunkelt haben, denn seine Frau war Jüdin, und seine Weigerung, sich von ihr scheiden zu lassen, führte soeben zu seiner „freiwilligen“ Emeritierung an der Universität München, die sein dortiger Habilitand und Nachfolger Robert Spindler (1893–1954) beherzt betrieb. Bei seinem ebenfalls stramm nationalsozialistischen aber persönlich integren ehemaligen Leipziger Protegé Georg Gerullis, der nach der Machtergreifung rasch Ministerialdirektor und Leiter der 10 Ein dunkles Kapitel der Universitätsgeschichte: Professor Georg Gerullis (1888 –1945; sitzend 2. von links) trat als einer der wenigen Hochschullehrer schon vor 1933 in die NSDAP ein – und erhoffte sich einen Karriereschub. Foto: Universitätsarchiv journal Jubiläum 2009 wisten Max Vasmer (1886–1962) arbeitete er außerdem zu altslawischen Verstexten (1925). Bis heute zitiert werden nur seine onomastischen Studien zu altpreußischen Orts- und Familiennamen (1922). Politische Karrierehilfe Dass seine wissenschaftliche Produktion zu Beginn der 1930er Jahre nachließ, ist leicht zu erklären: Da ein Ruf auf ein Ordinariat ausblieb, setzte der bis dahin nur durchschnittlich deutschnationale Extraordinarius auf eine politische Karrierehilfe und trat als einer von ganz wenigen Hochschullehrern schon 1930 der NSDAP und wenig später der SA bei. Auch seine Frau und sein Sohn scheinen in den örtlichen Gliederungen der Partei rege Arbeit geleistet zu haben. Nach der Machtergreifung wurde Gerullis im Februar 1933 Vorsitzender des halboffiziellen „Nationalen Ausschusses für die Erneuerung der Universität Leipzig“, der Hand in Hand mit dem NS-Studentenbund politische und rassische Proskriptionslisten für die neuen Machthaber in Dresden erstellte. Für wenige Wochen wechselte er sogar nach Dresden, als ihm Anfang April das für die Hochschulen zuständige Personalreferat im sächsischen Kultusministerium übertragen wurde. Dass er im Mai 1933 sogar als zukünftiger Kultusminister Sachsens gehandelt wurde, konnte ihm nur noch schmeicheln, denn inzwischen war er bereits im preußischen Kultusministerium in Berlin als deutlich einflussreicherer Ministerialdirektor tätig. Der Berliner Behördenalltag bescherte ihm neben langweiliger Verwaltungsarbeit jedoch vor allem personalpolitische Macht. Wie bei Max Förster konnte er diese auch bei dessen Leipziger Nachfolger Levin Ludwig Schücking (1878–1964) ausspielen, der als bekannter Demokrat nun ebenfalls um politische Hilfe bei seinem aufgestiegenen Fakultätskollegen ersuchte. Dem offen von Entlassung bedrohten Anglisten teilte Gerullis im August 1933 in freundlich distanziertem Ton mit, er habe die sächsischen Behörden gebeten, in seinem Falle das Votum Hitlers abzuwarten, da „wir in dieser Sache noch keine Entscheidung getroffen hätten.“ Seinem Ideal der Verbindung von Wissenschaft und Wissenschaftsmanagement konnte er nur noch durch eine gehobene Rückkehr an eine Universität näher kommen. Diese gelang ihm im Sommer 1934, als sein Ministerium einfach seine EinweiHeft 5/2007 sung in ein Ordinariat für Baltische Sprachen an seiner ostpreußischen Heimatuniversität Königsberg anordnete, die allein wegen ihrer geographischen Lage hervorragende Arbeitsbedingungen für die Baltistik bot. Aber auch hier stellte Gerullis das Politische in der Vordergrund, so etwa als er sich bei der Neubesetzung des slawistischen Lehrstuhls strikt gegen die Berufung des in Prag lehrenden Gerhard Gesemann Gesemann (1888–1948) wehrte, da ihm dieser als entschieden zu „bolschewistenund judenfreundlich“ erschien. Gegen das Votum des Königsberger Lehrkörpers wurde Gerullis 1935 Rektor, geriet jedoch in der Folge in Konflikt mit dem nicht minder selbst- und machtbewussten Gauleiter Erich Koch (1896–1986). Durch die Hintertür an die größte deutsche Universität Mit seiner auf Kochs Betreiben 1937 erfolgten Versetzung an die Universität Berlin hatte Gerullis nun als Ordinarius durch die Hintertür Eintritt in die größte und angesehenste deutsche Universität erhalten. Ob auch hier persönliche Querelen oder blinder Führerglaube und nationalsozialistischer Idealismus zu seinem erneuten Ausscheiden führten, ist ungeklärt. Im Zweiten Weltkrieg findet sich Gerullis nämlich nicht seinem Alter entsprechend unter den Professoren an der „Heimatfront“, sondern unter den Angehörigen der Wehrmacht. Im Mai 1945 soll der Baltist von sowjetischen Truppen verhaftet und im Juli des Jahres ausgerechnet im litauischen Klaipeda, dem ehemaligen Memel, erschossen worden sein. 1953 wurde er vom Amtsgericht Berlin-Schöneberg für tot erklärt. Anekdoten, Fragmente, Notizen Rote Zettel als Erkenntnishilfe Der Weg der Erkenntnis ist auch bei Physikern nicht nur mit innerphysikalischen Ratio-Steinen gepflastert. Der spätere Leipziger Nobelpreisträger Werner Heisenberg erinnerte in einem Vortrag zur Entwicklung der Atomphysik an die 1920er Jahre, als Einsteins Relativitätstheorie zwar in aller Munde war, aber selbst bei manchen Physikern noch mit Vorbehalten und Skepsis betrachtet wurde. Auf der Versammlung der deutschen Naturforscher 1922 in Leipzig war auch ein großer Vortrag von Albert Einstein angekündigt worden. Als Heisenberg den Saal betrat, wurden ihm von jungen Leuten – wie sich herausstellte, Schüler des bedeutenden, aber später zum Lager der „deutschen Physik“ gehörenden Physikers Philipp Lenard – rote Zettel in die Hand gedrückt. Darauf stand, dass die Relativitätstheorie ein Produkt jüdischer Reklame sei und nicht ernstgenommen werden sollte. Heisenberg berichtet, wie ihn dieser Vorgang erschütterte. Denn einerseits war er von seinen Lehrern im größten Respekt vor den Entdeckungen Lenards erzogen worden, andererseits wurden hier Methoden angewandt, die den diskreditieren mussten, der sie anwandte. „Das machte mich sofort zum überzeugten Anhänger der Allgemeinen Relativitätstheorie. In dem Moment war ich überzeugt, dass Einstein Recht hatte“, resümiert Heisenberg. Was hier vielleicht zunächst als eine Entscheidung aus dem Bauch heraus erscheint, ist in Wirklichkeit natürlich höchst vernunftbestimmt. Heisenberg selbst gibt die Erklärung: „So ist es eben: Man beurteilt ein Ziel nach den Mitteln, die für seine Verwirklichung verwendet werden. Wenn die Mittel schlecht sind, dann kann das Ziel nicht gut sein.“ Volker Schulte Werner Heisenberg (1901–1976), Nobelpreis für Physik 1932, Ordinarius für theoretische Physik an der Universität Leipzig 1927–1942. Quelle: Werner Heisenberg, Gesammelte Werke, Band IV, Piper München und Zürich 1986. 11 Jubiläum 2009 Gesichter der Uni Johann Gottfried Jakob Hermann (1772 –1848). Foto: Archiv und Bibliothek der Landesschule Pforta Die Reihe „Gesichter der Uni“ erscheint seit April 2004 im Uni-Journal. In ihr sollen neben den berühmten „großen Köpfen“ der Alma mater auch weniger bekannte Universitätsangehörige vorgestellt werden. Dunkle Kapitel der 600-jährigen Universitätsgeschichte bleiben dabei nicht ausgespart. Betreut wird die Rubrik von der Kommission zur Erforschung der Leipziger Universitätsund Wissenschaftsgeschichte. Anregungen und Manuskripte (mit Bildvorschlägen) richten Sie bitte an: [email protected] Auf einen Blick finden Sie die „Gesichter“ im Internet unter www.uni-leipzig.de/journal/ gesichter 12 Der 1772 in Leipzig geborene Gottfried Hermann gehört zu den bedeutendsten Vertretern der Klassischen Philologie. Aus einer angesehenen Leipziger Bürgerfamilie stammend, wurde er bis zu seinem zwölften Lebensjahr vom späteren Rektor in Schulpforte, Carl David Ilgen, erzogen. Nach dieser Vorbereitung immatrikulierte er sich 1786 an der Universität Leipzig. Nach anfänglichem Jurastudium folgte er seiner philologischen Neigung und studierte – vor allem bei Friedrich Wolfgang Reiz – Griechisch und Latein. Ilgen und Reiz bezeichnete Hermann als seine eigentlichen Lehrer. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit Kants Philosophie und besuchte 1793/94 in Jena die Vorlesungen des Kantianers Karl Leonhard Reinhold. Eine von Kant bestimmte Tendenz zur abstraktsystematischen Deduktion schlug sich dann in seinen Arbeiten zur griechischen Metrik und Grammatik nieder. 1794 habilitierte sich Hermann in Leipzig und eröffnete 1795 seine akademische Lehrtätigkeit mit Vorlesungen zu Kant und Sophokles, beschränkte sich danach aber auf philologische Themen. Als Anerkennung für seine Lehrtätigkeit erhielt er 1797 eine außerordentliche Professur. Im folgenden Jahr gründete er eine „Griechische Gesellschaft“, aus der über 200 hervorragende Universitätsgelehrte und Schulmänner hervorgingen. 1803 wurde er zum ordentlichen Professor für Eloquenz und 1809 zusätzlich für Poesie ernannt. Hermanns wissenschaftliche Bedeutung liegt vor allem auf dem Gebiet der Textphilologie. Er gab zahlreiche kritisch-exegetische Editionen, besonders seine sieben Bände „Opuscula“ mit grundlegende Abhandlungen zur griechischen Literatur und Sprache heraus. Daneben gingen vom ihm wichtige Impulse für die Entwicklung einer wissenschaftlichen Metrik aus. Hermann wurde so zum führenden Vertreter der grammatisch-kritischen Schule. Im Verständnis der antiken Schriftwerke und in der Sprachforschung erkannte er das Ziel der Klassischen Philologie. Damit trat er in Gegensatz zur universalen Richtung von August Böckh und Karl Otfried Müller, die die Aufgabe der Altertumswissenschaft in einer möglichst allseitigen Erkenntnis des antiken Geistes sahen. Zum Leben und Werk dieses bedeutenden Gelehrten veranstaltet das Institutfür Klassische Philologie und Komparatistik vom 11. bis 13. Oktober ein hochkarätig besetztes Symposion. Jonas Flöter, Erziehungswissenschaftliche Fakultät Kalendarium der Universitätsgeschichte Druckfrisch: Jubiläen 2007 Was haben Ulrich von Hutten, Wilhelm Wundt und Milos Rosza gemeinsam? Sie alle studierten oder lehrten an der Universität Leipzig. In der Broschüre „Jubiläen 2007. Personen | Ereignisse“ finden die Leser weitere berühmte Namen, die eng mit der Universität Leipzig verbunden sind und die in diesem Jahr ein Jubiläum haben. Damit ist die Lektüre der Jubiläen 2007 vor allem eines: ein Spaziergang durch die Geschichte der Universität Leipzig in den vergangenen beinahe 600 Jahren. Seit dem Jahr 2004 gibt es nun schon diese Reihe, die als Ausblick auf das Gründungsjubiläum der Universität Leipzig im Jahre 2009 begründet wurde. Die Jubiläen 2007 sind in diesem Sommer erschienen und in der Pressestelle der Universität Leipzig erhältlich. Ein Exemplar kostet 4,00 Euro und ist über die Pressestelle (Frau Heidi Teichert, Ritterstraße 26, 04109 Leipzig, Telefon: 0341/97-35020 oder per E-Mail: hteichert@ uni-leipzig.de) zu beziehen. r. journal Forschung Patent für pharmazeutische Nutzung Gegen Herzzittern ist ein Kraut gewachsen Das Herzgespannkraut wird bereits 1485 im ältesten deutschsprachigen Kräuterarzneibuch, dem „Gart der Gesuntheit“, als Medikament bei Herzkrankheiten erwähnt und auch in späteren mittelalterlichen Schriften gegen „Herzzittern und -klopfen“ empfohlen. Über die Jahrhunderte bis heute gehörte die Pflanze – mehr oder weniger hoch geschätzt – zum Standardsortiment des Apothekers. Doch möglicherweise steckt mehr in diesem Kraut. Prof. Stefan Dhein, Forschungsleiter der Klinik für Herzchirurgie, und Prof. Johann-Wilhelm Rauwald, Lehrstuhlinhaber Pharmazeutische Biologie der Universität Leipzig, wollten es genauer wissen. Nun konnten die Wissenschaftler dazu ein Patent veröffentlichen. „Anfangs hatte ich hatte ich nur ein bisschen in alten medizinischen Schriften geblättert“, sagt Dhein. „Es interessierte mich, was im Mittelalter gegen HerzKreislauf-Beschwerden unternommen wurde. So stieß ich auf das Herzgespannkraut, da ja schon durch seinen Namen – Gespann hieß so viel wie Schmerz – auf eine Anwendung hinwies. Doch wissenschaftlich untersucht, ob und wie es wirkt, hatte bis heute niemand.“ Also ging Dhein in die Apotheke, kaufte getrocknetes Herzgespannkraut, bereitete auf ganz traditionelle Weise einen Tee und spritzte den im Labor in ein isoliertes, also außerhalb des Tieres künstlich ernährtes, Kaninchenherz. „Und tatsächlich schlug dieses Herz dann langsamer. Also wusste ich, es lohnt, hier weiterzumachen.“ Dhein holte daraufhin den auf pflanzliche Wirkstoffe spezialisierten Pharmazeuten Rauwald mit ins Boot. Rauwald hatte bereits 1993 in ersten Studien zur cardiovaskulären Aktivität von Arzneipflanzen auch Herzgespannkraut untersucht. Unterstütztvon Doktoranden widmeten sich beide dem Herstellen und Testen immer neuer hochkonzentrierter Extraktfraktionen aus Herzgespannkraut. Anregungen fand das Forscher-Team auch in der Literatur der traditionellen chinesischen Medizin, die ebenfalls mit einer dem Herzgespannkraut verwandten Pflanze arbeitet. Allerdings wird es dort vor allem in der Geburtsmedizin eingeHeft 5/2007 setzt, eine Anwendung, die auch in Europa nicht unbekannt ist, worauf sein englischer Name „motherwort“ verweist. Bei den nun folgenden Studien ging es längst nicht mehr nur um das Aufbrühen von Tees. „Als Lösungsmittel wurden unter anderem auch Alkohol und Chloroform verwendet“, erläutert Rauwald. „Es mussten genau quantifizierte Konzentrationen erzeugt oder einzelne Bestandteile der Extrakte eliminiert werden. Methoden wie die Hochleistungs- und die DünnschichtChromatografie machten sichtbar, welche Wirkstoffgruppen in welcher Konzentration in den Extrakten vorhanden waren.“ Nach jedem Schrittin den Labors der Pharmazeuten wurde der erzeugte Spezialextrakt im Herzzentrum am isolierten Tierherzen erprobt. Dabei wurde dessen Verhalten nicht nur mit bloßem Auge verfolgt, sondern über ein spezielles Messverfahren. Vier etwa einen Quadratzentimeter große Platten mit 256 Elektroden bedeckten einen Großteil der Herzoberfläche. Das so mögliche umfassende EKG maß genau, wie das Herz nach dem Einspritzen des Extraktes reagierte. Beispielweise wurde das Test-Herz beim mittels Chloroform erzeugten Extrakt immer langsamer und blieb sogar stehen – also wurde die Rezeptur verworfen. Aus diesen Untersuchungen konnte das Forscherteam um Dhein und Rauwald erstmals Aussagen zur Wirkung von Herzgespannkraut ableiten. „Belegt ist inzwi- schen“, so Dhein, „dass die Wirkstoffe der Pflanze den Koronarfluss, also die Menge des Blutes, das den Herzmuskel versorgt, steigern. Dadurch wird das Herz besser versorgt. Gleichzeitig wird es langsamer schlagen. Außerdem ist Herzgespannkraut ein Kalziumkanalantagonist und blockiert die Poren, durch die Kalzium tritt. Das wiederum bedeutet, dass der molekulare Wirkmechanismus aufgeklärt werden konnte. Kalziumantagonisten führen zu einer Blutdrucksenkung und – im Falle bestimmter Substanzen und des hier gefundenen Spezialextraktes – auch zu einer Herzwirkung mit Verlangsamung der Herzfrequenz, wodurch das Herz insgesamt entlastet wird.“ Doch Rauwald und Dhein sprechen auch von den noch offenen Fragestellungen. So blieb bislang unbeantwortet, welche Einzelstoffe genau drin sind in dem Extrakt und ob diese auch isoliert oder nur im Zusammenspiel ihrer verschiedenen Wirkprinzipien hilfreich sind. Möglicherweise bergen auch einige der isolierten Bestandteile toxische Probleme, die künftig durch entsprechende Reinigungsverfahren umgangen werden können. Enttäuscht wird allerdings sein, wer auf ein baldiges, über den altbekannten Tee hinausgehendes Medikament wartet. Mit dem Patent, das inzwischen veröffentlicht ist, auf die „Herstellung von Spezialextrakten aus Leonurus cardiaca und deren Anwendung bei koronaren Herzkrankheiten“ wurde erst einmal ein Stück Grundlagenforschung abgeschlossen. Nun ist es an den Pharmaunternehmen, die neuen Erkenntnisse – möglicherweise in Kooperation mit den Leipziger Forschern – in ihre Produktentwicklung einzubinden. Wer übrigens die etwa anderthalb Meter hohe Staude mit rosa Blüten direkt am Stengel in natura sehen möchte, kann dies im Apothekergarten der Universität (Eingang Johannisallee) tun, der seit März wieder geöffnet ist. Marlis Heinz Prof. Stefan Dhein und Prof. Johann-Wilhelm Rauwald veröffentlichten ein Patent zur Nutzung des Herzgespannkrauts. 13 Forschung Nach dem Ruhm kam das Vergessen Ein DFG-Projekt zur Neuentdeckung Herbert Iherings Von Fee Isabelle Lingnau, Institut für Theaterwissenschaft Heute ist Herbert Ihering weitgehend unbekannt. Vor rund 80 Jahren haben sein Einfluss und sein Ruhm ein Theatertalent etablieren können: Bert Brecht. Sein Leben hat Ihering vor allem dem Kampf für das Theater gewidmet. Für ein Theater, das im Mittelpunkt der Gesellschaft steht, das sie spiegelt und in Bewegung bringt. Ihering war einer der bekanntesten und wichtigsten Theaterkritiker der Weimarer Republik. Bekannt ist dieser Tage vielleicht noch der Kritiker-Streit, den er in den Feuilletons der 1920er Jahre mit Alfred Kerr ausgetragener hat. Bisherige Forschung konzentrierte sich nur auf Weimarer Republik Leipziger Theaterwissenschaftler erforschen das Leben des Theaterkritikers Herbert Ihering (1888 –1977). Foto: Nachlass Herbert Ihering. Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin/Brandenburg, 6772/4. 14 In diesen Auseinandersetzungen ging es Ihering vor allem um die ästhetischen Prinzipien eines Theaters mit gesellschaftlicher Funktion. Dabei plädierte er zwar nicht immer für das Neue, war aber beständig auf der Suche nach Schauspiel-Talenten, kritisierte mit umfassendem Blick. Und er setzte sich mit Verve für junge unbekannte Dramatiker ein. Um die Arbeit Herbert Iherings der Wissenschaft zu erschließen, hatte Prof. Theo Girshausen vom Institut für Theaterwissenschaft im August 2005 einen Projektantrag bei der DFG eingereicht, dessen Finanzierung im März 2006 für zwei Jahre zugesagt wurde. Doch bevor die Arbeit beginnen konnte, stand das Institut für Theaterwissenschaft unerwartet vor einer ebenso besonderen wie traurigen Situation: Theo Girshausen starb am 25. März 2006. Prof. Dr. Günther Heeg übernahm die Leitung des Projekts. Für das Team hat jeder Professor des Instituts einen Mitarbeiter gestellt: Corinna Kirschstein steht kurz vor dem Abschluss ihrer Promotion bei Prof. Dr. Gerda Baumbach, Sebastian Göschel promoviert bei Prof. Dr. Inge Baxmann und Fee Isabelle Lingnau. ist Mitarbeiterin von Professor Heeg . Derart neu aufgestellt startete im März das Projekt unter dem Arbeitstitel „Der andere Ihering“. Das Schaffen Iherings bewegt sich nämlich nicht nur in den Grenzen von Weimarer Republik, Theater und Zeitung. Es weist weit mehr auf, als Theaterkritiken, den öffentlichen Schlagabtausch mit Alfred Kerr und die Begeisterung für Brecht. Ihering überlebte die Weimarer Republik immerhin um 44 Jahre – und war in dieser Zeit weiterhin produktiv: Während des Dritten Reichs war er publizistisch tätig, bis er aus der Reichspressekammer ausgeschlossen wurde; er arbeitete für die TobisFilmgesellschaft und seit 1942 als Dramaturg am Wiener Burgtheater. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er zwar in Westberlin, unterstützte und beeinflusste als Grenzgänger aber vor allem die Kulturlandschaft der jungen DDR. Trotz seiner Schaffenszeit in vier deutschen Staats-Systemen, der kulturpolitischen Aktivitäten und seines Interesses an verschiedenen Medien konzentriert sich die Forschung zu Herbert Ihering lediglich auf seine Tätigkeit in der Weimarer Republik. Forschertrio will gesamtes Spektrum von Iherings Schaffen erschließen Hier wollen der Projektleiter Professor Heeg und Corinna Kirschstein, Sebastian Göschel und Fee Isabelle Lingnau ansetzen, wollen über die immergleichen Grenzen hinaussehen, wollen das gesamte Spektrum seines umfangreichen Schaffens für Einsteiger erschließen und der Forschung neue Perspektiven auf Herbert Ihering ermöglichen. Dafür sind bislang zwei Publikationen und ein Symposium journal Forschung samt Symposiumsband vorgesehen. Als erste Veröffentlichung ist eine Personalbibliografie geplant, die vor allem der unübersichtlichen Quellenlage Abhilfe schaffen soll, schließlich ist sie eines der Haupthindernisse in der Ihering-Forschung. Zudem wird der Nachlass Iherings nach weithin unbekannten Texten durchsucht, die seine Arbeitsweise, seine Sicht auf und seine Forderungen an Kunst und Kultur dokumentieren. Bei dieser Suche ist die kooperative Haltung der Akademie der Künste eine große Hilfe. Bereits beim ersten Besuch am 9. Mai haben sich Dr. Renate Rätz und Elgine Helmstaedt, Mitarbeiterinnen des Archivs Darstellende Kunst, sehr interessiert daran gezeigt, den Nachlass Iherings zu publizieren. Klar abgegrenzte Forschungsschwerpunkte Seit dem 1. August ist das Leipziger Forscherteam nun im Berliner Archiv. Aus dem bislang Gefundenen haben sich für eine Edition einige Briefwechsel und Iherings Rundfunkbeiträge, Reden und Vorträge als besonders interessant herauskristallisiert. Darüber hinaus richtet sich der Blick auf folgende Forschungsschwerpunkte: Corinna Kirschstein will die Arbeit Herbert Iherings im historischen Kontext betrachten. Ihering wird in seiner Arbeit nicht müde herauszustreichen, dass Theaterkritik nie nur die Auseinandersetzung mit der einzelnen Inszenierung bedeuten kann, sondern immer auch Reflexion über die Funktion von Theater in Kultur und Gesellschaft sein muss. Daher ist Iherings Verhältnis zu verschiedenen Theaterformen, die im 20. Jahrhundert erprobt werden, sowie zur Medienentwicklung seiner Zeit (Stummfilm, Tonfilm, Rundfunk) zu untersuchen. Ebenso ist der Einfluss der unterschiedlichen staatlichen Systeme zu berücksichtigen. Man denke etwa an den Erlass Joseph Goebbels’, der 1936 an die Stelle der Kunstkritik die Kunstbetrachtung setzt. Sebastian Göschels Forschungsansatz widmet sich dem Versuch, Theaterkritik aus einer speziellen Perspektive zu betrachten, sie als Beschreibungen von Körper und Bewegung gleichsam gegen den Strich zu lesen, um so ein vergessenes Vokabular wieder zu entdecken und ein Modell für Körperdeskriptionen zu entwickeln. Dabei soll über das Dilemma der (Un-)Möglichkeiten des Redens über das Unsagbare, da nur im Vollzug implizit Greifbare, neu nachgedacht werden. Für die Theaterkritik als aktiven Teil im Theaterprozess interessiert sich Fee Isabelle Lingnau. Gemeinhin wird Theaterkritik ausschließlich als reflexives Moment betrachtet. Ihering aber hat seine Kritiken durch Forderungen und Ideen zu einem aktiven Part gemacht. Mit welchen Mitteln er das genau gemacht hat, inwieweit das funktioniert hat und was es in der Theaterlandschaft bewirkt hat – das will Lingnau in den nächsten Monaten eingehender untersuchen. Das Spektrum dieser drei Forschungsthemen zeigt schon, wie weit das Feld einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Werk Iherings sein kann. Am Ende der zwei Projektjahre soll deshalb das geplante Symposium nicht nur als Forum für eine erste Präsentation der beiden Publikationen dienen, sondern auch einen lebhaften Diskurs über Ihering anstoßen. Ausgewählte Stationen des Schaffens von Herbert Ihering * 29. 2. 1888 in Springe bei Hannover 1909 erste Theaterkritik in Siegfried Jacobsohns Wochenzeitschrift Die Schaubühne (ab 1918 Die Weltbühne), bis 1933 Beiträge für diese Zeitschrift 1913 von August bis Dezember Theaterkritiker bei der Vossischen Zeitung, vor allem zuständig für die Berliner Bühnen der „zweiten Garnitur“ – z. B. Lessingtheater, Kleines Theater, Theater in der Königgrätzer Straße 1914 –1918 als Dramaturg an der Volksbühne in Wien, dort auch erfolgreiche Regiearbeiten 1919–1922 schreibt für Der Tag als Nachfolger seines Gegenspielers Alfred Kerr, mit dem er sich öffentliche Auseinandersetzungen liefert 1922 Anstellung beim Berliner BörsenCourier, wo er bereits seit 1913 als freier Mitarbeiter unregelmäßig Theaterbesprechungen veröffentlicht hatte. Von 1918 an Heft 5/2007 publizierte er auch Filmkritiken in dem Blatt 1945–54 Dramaturg Theater in Ost-Berlin ab 1928 regelmäßig Rundfunk-Beiträge für verschiedene Sender 1950 ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin (Ost), leitet als ständiger Sekretär die Sektion Darstellende Künste 1934 zum BerlinerTageblatt als Nachfolger Alfred Kerrs – dieser musste vor den Nationalsozialisten nach Frankreich fliehen 16. 6. 1936 Ausschluss Iherings aus der Reichspressekammer trotz Interventionen des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer Hanns Johst und Gustaf Gründgens, Intendant des Preußischen Staatstheaters; anschließend Besetzungschef bei Tobis Filmgesellschaft 1942, nach dem „Anschluß“ Österreichs, geht er als Dramaturg und künstlerischer Beirat ans Burgtheater. 1945 Rückkehr nach Berlin; nach Kriegsende sogleich aktiv bei der Neuorganisation des Theaterlebens, gehört einer Kommission an, die eng mit sowjetischen Kulturoffizieren zusammenarbeitet am Deutschen 1955 erhält er Lessing-Preis der DDR Ende 1962 Einstellung seiner Rubrik in Sinn und Form; zudem übt er nicht länger sein Amt bei der Akademie der Künste aus 1963 erhält er die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin 1969 den Heinrich-Mann-Preis [Ost] 1969 wird ihm der West-Berliner KunstPreis verliehen 1971 das Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film † 15. 1. 1977 in Berlin-Zehlendorf 15 Forschung Das antike Rom und sein Bild Das 360-Grad-Panorama von Yadegar Asisi fasziniert Betrachter und Wissenschaftler Anzeige Heute Leipzig … morgen Berlin … übermorgen München … Das Girokonto geht mit! Postbank Giro Start € 0,00 3 0,00 € Kontoführungsgebühr bis 26 Jahre 3 inklusive Online- und TelefonBanking 3 kostenloses Bargeld an mehr als 7 000 Geldautomaten der Cash Group 3 Kontoauszug pro Quartal kostenfrei 3 VISA CARD im ersten Jahr entgeltfrei 3 Online Kontenwechsel-Service 3 gute Verfügbarkeit durch hohe Filialdichte der Postbank Postbank Finanzberatung AG Markus Rösler Egelstraße 3, 04103 Leipzig Telefon (03 41) 9 64 71 30 Mobil (01 72) 3 50 50 95 E-Mail: [email protected] 16 Das kolossale Panorama „Rom CCCXII“ von Yadegar Asisi zieht seit Monaten Besucher weit über die Landesgrenzen hinaus an. Im Rückgriff auf eine Vorlage des späten 19. Jahrhunderts setzt das Panorama das Bild Roms im Jahr 312 n. Chr. in eine räumliche Erfahrung um. Verschiedenste visuelle Effekte, insbesondere die lebendige, phantasievolle Ausgestaltung des Stadtraums, zielen auf eine möglichst vollständige Immersion des Betrachters. Das Idealbild der Stadt soll unterhalten und zugleich zu einer Auseinandersetzung mit dem antiken Stadtraum anregen. In der Spätantike war die Antike unmittelbar gegenwärtig – die visuelle Konzeption Roms stand noch ganz in der Tradition der Kaiserzeit. Und dies bedeutete, dass abstrakten Vorstellungsbildern der Vorzug gegenüber einer Stadtansicht gegeben wurde. Im Mittelalter, als der Bruch mit der Antike in zahllosen Ruinen erfahrbar wurde, kam es zunächst zu einer literarisch inspirierten Imagination des antiken Rom. Erst am Übergang zur Renaissance führte die Auseinandersetzung mit den baulichen Resten der Antike zu einer genaueren Kenntnis des antiken Stadtraums. Ruinen wurden zum Ausgangspunkt einer Arbeit am historischen Rom-Bild. Im Rahmen dieses neuen, antiquarischen Interesses entstanden die ersten zeichnerischen Rekonstruktionen des antiken Rom. Die populäre Gegenseite stellen die ephemeren Bühnenbilder der Opera seria im 17. und 18. Jahrhundert dar. Sie zeigen ein eklektisches Rom-Bild, in dem Referenzen auf konkrete Monumente und illusionäre Schauarchitekturen zusammengehen. Eine neue Qualität haben die antiquarischen Bemühungen im späteren 18. und 19. Jahrhundert erreicht, als Ausgrabungen die Kenntnis des antiken Stadtraums erheblich erweitert haben. Diese (vor)wissenschaftliche GrabungsBesucher des Panometers Leipzig blicken wie gebannt auf das römische Kapitol anno 312 n. Chr. Foto: Asisi Factory tätigkeit ging mit neuarjournal Forschung tigen Modi der Visualisierung einher: Auf der einen Seite kommt es nun auf eine korrekte Dokumentation des Baubefundes an, auf der anderen Seite auf eine plausible Rekonstruktion des Vorhandenen. Diese komplementären Aspekte lassen sich bis heute greifen. Wissenschaftliche Grabungsdokumentationen zielen auf eine möglichst exakte Erfassung des Befundes in Phasenplänen und CAD-Modellen. Publikumswirksame 3-D-Animationen und Filmkulissen wollen indes genau so wie das Leipziger Panorama eine möglichst lebendige Wiedergabe des rekonstruierten antiken Stadtraums erreichen. Stadtbilder erweisen sich gerade aus dieser historischen Perspektive als Ergebnis spezifischer Aus- sageabsichten und Kommunikationserwartungen. Dr. Annette Haug www.uni-leipzig.de/~antik/ www.asisi-factory.de „Das antike Rom und sein Bild“ war auch der Titel eines internationalen und interdisziplinären Kolloquiums Anfang Juli in Leipzig. Die Referenten haben in ihren Beiträgen dieses Phänomen der interessenbezogenen, kontextabhängigen Konzeption des antiken Rombildes von der Spätantike bis in die Gegenwart nachgezeichnet. Schulterschluss mit Dresden Prof. Robitzki im Gespräch Das Biotechnolgisch-Biomedizinische Zentrum (BBZ) der Universität Leipzig und das Biotechnologiezentrum Dresden wollen künftig stärker zusammenarbeiten. „Die Dresdner und wir ergänzen uns in vielen Bereichen. Wichtig ist, dass Sachsen als Ganzes international sichtbar wird“, sagt BBZ-Sprecherin Prof. Dr. Andrea Robitzki. Erstmals proben beide Institutionen den Schulterschluss beim ersten Sächsischen Biotechnologietag am 28. November in der Landeshauptstadt. Der Palatin in Rom: Plan und CAD-Modell der flavischen Bauphase, erstellt von der BTU Cottbus. Abbildung: U. Wulf-Rheidt, A. Riedel Heft 5/2007 Frau Professor Robitzki, fünf Jahre lang fand hier der Biotechnologietag Leipzig statt. Nun ist Dresden Veranstaltungsort für den Sächsischen Biotechnologietag. Ein Abstrich für den Standort Leipzig? Prof. Andrea Robitzki: Keineswegs. Die Biotechnologietage Leipzig gehen ja auf unsere Initiative zurück. Wir haben in fünf erfolgreichen Biotechnologietagen mit zuletzt 350 Ausstellern und der Beteiligung aus Sachsen-Anhalt und Thüringen wie auch der Industrie gezeigt, was wir können. Gemeinsam mit den Dresdner Kollegen arbeiten wir nun an einer BiotechnologieOffensive und wollen künftig einmal pro Jahr einen gemeinsamen Tag mit Fachvorträgen, Posterpräsentationen und Diskussionen gestalten. Der Auftakt findet auch deshalb in Dresden statt, damit wir zum 600. Uni-Jubiläum im Mai 2009 die Folgeveranstaltung in Leipzig ausrichten. Ich halte nichts vom Denken und Arbeiten in regional isolierten Räumen. Welche Themen stehen auf dem Programm? Der erste große Schwerpunkt behandelt neue biophysikalische und biotechnologische Technolgieentwicklungen, der zweite fokussiert auf Fortschritte in der Gewebs17 Forschung erzeugung. Zu beiden werden neben Referenten der Universität Leipzig auch Wissenschaftler aus dem In- und Ausland erwartet. Inwieweit können sich Leipzig und Dresden ergänzen? Unser Hauptarbeitsfeld sind die Wirkstoffentwicklung und deren Tests, die klinische Erprobung, die Entdeckung und Klärung von Krankheitsbildung und die Therapiekontrolle, aber auch die Entwicklung neuer Testverfahren auf Funktionalität und Zertifizität – das ist entscheidend für die Partner aus der Industrie. In Dresden hat man sich in den vergangenen Jahren auf die breite Grundlagenforschung Richtung Anwendung konzentriert. Die Stammzellenbiologie bestimmte die Themen. Jetzt haben wir überlegt, wie beides zusammenpasst und welche gemeinsamen großen Forschungsprojekte wir angehen, wo Schnittstellen genutzt werden können. Denn auch die Politik auf Landes- und Bundesebene müssen wir überzeugen, dass Biotechnologie in Sachsen gefördert werden muss. Die erste Förderphase des BBZ lief von 2001 bis 2005. Wie geht es weiter? Wir haben die Forschung in dieser kurzen Zeit – viele Professoren wurden erst 2002 oder 2003 berufen – etabliert, die Labore in Betrieb genommen und die Technologieplattformen geschaffen. Es wurde sehr viel Gutes geleistet mit einer Wertschöpfungskette von der Forschungsidee bis zur Produktumsetzung; erste Patente sind angemeldet. Das hat uns auch Mut gemacht, eine zweite Förderung zu beantragen. Ich bin guter Dinge, dass wir diesen Herbst eine Zielvereinbarung unterschreiben, die den Weg freimacht für die beantragten Gelder: Zehn Millionen Euro bis 2013 aus dem EFRE-Fonds. „ „Biotechnologie und Biomedizin ist ein Leuchtturm in Sachsen“, sagt BBZ-Sprecherin Prof. Dr. Andrea Robitzki. Foto: Tobias D. Höhn exzellent aufzustellen und mit Fakultäten und Instituten zusammenzuarbeiten. Die Zukunft kann ich aber nur mitgestalten, wenn das nötige Geld dafür vorhanden ist. Auch auf dem dritten Weltkongress für Regenerative Medizin (18.–20. Oktober) zeigen Sie dieses Jahr Präsenz.Wo liegen die Schnittstellen zu Ihrer Arbeit am BBZ? Ich sehe die Chance, Medizintechnik, Life Science, Ingenieurwissenschaften und Nanotechnik zu neuen Aspekten zu verknüpfen. Auch Erkrankungen wie Alzheimer beschäftigen uns, wenn es um Neuroprothesen zur Reparatur von Nervenschäden geht. Natürlich wird hier auch die politische und ethische Dimension der Stammzellen-Debatte angeschnitten. Wir brauchen starke Partner, um Forschungsideen nach vorne zu bringen. Als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) bringe ich mich dafür ein. Interview: Tobias D. Höhn Wir brauchen starke Partner Was wollen Sie mit dem Geld realisieren und welche Projekte haben Sie noch in petto? Zunächst wollen wir die Technologieplattformen ausbauen, denn der Durchlauf ist sehr hoch. Was heute brandneu ist, kann in einem Jahr veraltet sein. Hier muss ständig ein neues Upgrade her, um attraktiv zu bleiben. Aber auch weiteren Nachwuchsgruppen wollen wir die Chance geben, sich 18 “ www.bbz.uni-leipzig.de www.regmed.de www.dgbmt.de Kostenlos zum Weltkongress Beim 3. Weltkongress für Regenerative Medizin vom 17. bis 20. Oktober in Leipzig ist das Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) der Universität Leipzig mit einem wissenschaftlichen Meeting zum Thema Weltraummedizin trifft Regenerative Medizin vertreten. Behandelt werden Themen aus dem Grenzbereich von Weltraum- und regenerativer Medizin sowie Aspekte der regenerativen Medizin, die in der Weltraummedizin eine Rolle spielen und umgekehrt. Näheres im Internet unter www.regmed.org/index.php. Nachwuchswissenschaftler aus dem Bereich der Regenerativen Medizin können kostenlos an dem wissenschaftlichen Meeting teilnehmen. Interessenten melden sich beim TRM-Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 55 04103 Leipzig; Telephone: 03 41 -97 39 600 Telefax: 03 41 -97 39 609 E-Mail: [email protected] journal Forschung Kann man „Kultur“ lernen? Interkulturelle Kompetenz im Unterricht Deutsch als Fremdsprache Von Prof. Dr. Claus Altmayer und Ulrike Woitsch, Herder Institut Dass das Erlernen einer fremden Sprache sich nicht allein auf die Beherrschung der Grammatik und des Wortschatzes beschränken, sondern die mit jeder Sprache aufs Engste verbundenen kulturellen Aspekte mit einbeziehen muss, gilt heute als selbstverständlich. Der Fremdsprachenunterricht, so heißt es, soll die Lernenden nicht nur dazu befähigen, korrekte Sätze in der fremden Sprache zu äußern oder sich in den verschiedenen sprachlichen Alltagssituationen zurecht zu finden, sondern auch die „fremde Kultur“ zu verstehen und „interkulturell“ handlungsfähig zu sein. Mit den so zugespitzten und geänderten Aufgaben und Herausforderungen des Fremdsprachenunterrichts, die gerade in einer Zeit der ja auch kulturellen Globalisierung immer wichtiger werden, gehen aber auch neue Aufgaben und Herausforderungen für die Wissenschaften einher, die sich mit dem Lernen und Lehren von Fremdsprachen beschäftigen, Herausforderungen, der unsere Universität sich unter anderem mit der Einrichtung einer eigenen Professur für Kulturstudien und ihre Didaktik am Herder-Institut im Jahr 2005 offensiv gestellt hat. Dass es sich dabei um die seinerzeit erste Professur mit dieser Denomination im gesamten deutschsprachigen Raum gehandelt hat, sei zumindest am Rande erwähnt. Kultur ist kein homogenes Gebilde auf nationaler Ebene Trotz der Aktualität und Allgegenwart von „Kultur“ und „interkultureller Kommunikation“ wissen wir immer noch erstaunlich wenig darüber, wie genau kulturbezogene Lernprozesse im fremdsprachlichen Kontext ablaufen, welche Faktoren sie günstig, welche weniger günstig beeinflussen usw. Hier in der nächsten Zeit zu neuen und tragfähigen Erkenntnissen zu kommen, haben sich die Mitarbeiter des WissenschaftsHeft 5/2007 bereichs Kulturstudien am Herder-Institut vorgenommen. Im Mittelpunkt verschiedener Dissertationen und eines geplanten größeren Drittmittelprojekts steht daher die empirische Erforschung kulturbezogener Lernprozesse bei Lernern des Deutschen als Fremd- oder Zweitsprache. Dabei gehen wir davon aus, dass es sich bei ‚Kultur‘ keineswegs um ein homogenes und in sich abgeschlossenes Gebilde auf nationaler Ebene handelt, sondern um einen höchst heterogenen, in sich vielfältig differenzierten und offenen Fundus an Deutungsmustern, aus dem wir uns individuell zur diskursiven Herstellung von „Wirklichkeit“ und zur praktischen Orientierung in dieser Wirklichkeit bedienen. Von ‚kulturellem Lernen‘ sprechen wir dann, wenn Fremdsprachenlerner ihre Muster der Welt- und Wirklichkeitsdeutung verändern, weiter entwickeln oder in anderer Weise transformieren. Wie aber geschieht dies? Wie lassen sich die Konstrukte, die Lerner von der „fremden Kultur“ aufgebaut haben, beeinflussen? Welche didaktischen Maßnahmen sind unter den spezifischen Lernbedingungen, wie sie beispielsweise in Kolumbien, Indien oder Russland oder auch im deutschsprachigen Raum bestehen, im Hinblick auf kulturelles Lernern erfolgreich, welche weniger? Und welche Zusammenhänge bestehen zwischen kulturellem und sprachlichem Lernen? Das sind einige der Fragen, denen die erwähnten Forschungsprojekte nachgehen, die sich alle derzeit noch in einem recht frühen Stadium befinden. Gleichwohl zeichnet sich als erstes Ergebnis die Erkenntnis ab, dass kulturelles Lernen bei weitem komplexer ist, als es sich die herkömmliche „Landeskunde“ mit ihrer einfachen Vermittlung von Wissen über „Land und Leute“ immer vorgestellt hat. Dass die Erforschung kultureller Lernprozesse im Fremdsprachenunterricht kein Selbstzweck, sondern in hohem Maß pra- xisbezogen ist, zeigt nicht zuletzt ein Projekt, bei dem das Herder-Institut eng mit der American Association of Teachers of German (AATG), dem amerikanischen Deutschlehrerverband, zusammen arbeitet und das sich – in enger Verzahnung von Wissenschaft und Praxis – die Fort- und Weiterbildung amerikanischer Deutschlehrer im Hinblick auf ‚interkulturelle Kompetenz‘ zum Ziel gesetzt hat. Transatlantische Kooperation ist kein Selbstzweck Im Rahmen dieses Projekts hat vom 6. bis 9. Juni ein internationales Expertenseminar zum Thema „Entwicklung von interkultureller Kompetenz im Kontext Deutsch als Fremdsprache: Lernziele, didaktische Ansätze und Evaluierung“ an der Universität Leipzig stattgefunden, bei dem Experten des Faches Deutsch als Fremdsprache aus Europa und den USA grundlegende Konzepte für die Entwicklung interkultureller Kompetenz im Kontext des Fremdsprachenlernens diskutierten und nach praktischen Lösungen für die Implementierung solcher Konzepte in die Lehrerfortbildung suchten. Das Seminar wurde vom TransatlantikProgramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie mit 20.000 Euro gefördert und wird im Sommer 2008 in einen zweiwöchigen Fortbildungskurs für amerikanische Deutschlehrer münden, der von interDaF e.V. in Zusammenarbeit mit dem AATG und dem Herder-Institut organisiert und durchgeführt wird. Gastgeber des Seminars waren der Dekan der Philologischen Fakultät der Universität Leipzig, Prof. Erwin Tschirner, Prof. Claus Altmayer, Herder-Institut Leipzig, und Prof. Renate Schulz, University of Arizona, past president der AATG. 19 Forschung | Fakultäten und Institute Alzheimerzellen ähneln im Verhalten Tumoren Wird Gentherapie gegen Alzheimer möglich? Forschungserfolg macht Hoffnung Von der Alzheimerkrankheit befallene Nervenzellen weisen eine ähnliche Störung wie Tumorzellen auf. Forscher des Paul-Flechsig-Instituts für Hirnforschung der Universität Leipzig fanden heraus, dass erwachsene Nervenzellen unter bestimmten Bedingungen ihr genetisches Erbmaterial verdoppeln können, obwohl sich diese Zellen eigentlich nicht teilen. Über die Erkenntnisse der Wissenschaftler berichtete jetztdas renommierte Journal of Neuroscience. Während Tumorzellen sich auf Grund der Störung ungebremst vermehren und dadurch eine Krebserkrankung auslösen, führt die Verdoppelung der DNA in einer Nervenzelle langfristig zu deren Tod. „Die molekularen Grundlagen von Alzheimer und Tumorerkrankungen sind also offensichtlich gleich“, erläutert Prof. Dr. Thomas Arendt, der die Studie gemeinsam mit Dr. Birgit Mosch, Dr. Markus Morawski, Anja Mittag, Dominik Lenz und Dr. Attila Tarnok verfasste. Was sich für den Laien relativ unspektakulär anhört, könnte einen Durchbruch bei der Behandlung degenerativer Hirnerkrankungen bringen: So wie Tumore mit gentherapeutischen Maßnahmen behandelt werden können, könnte es auch eine Gentherapie gegen Alzheimer geben. Damit wäre es unter Umständen möglich, den Prozess des Absterbens von Hirnzellen zu hemmen. Bei ihren Untersuchungen stellten die Leipziger Wissenschaftler fest, dass bei Alzheimer-Patienten rund 20 Prozent der Nervenzellen die beschriebene Veränderung aufweisen. Doch auch im gesunden Gehirn wurden Zellen mit doppelter DNA entdeckt, allerdings betrug ihr Anteil lediglich ein Prozent der Gesamtzahl der Zellen. Diese seien jedoch ruhig und inaktiv, so Arendt. Wann und wodurch die steigende Zahl von Zellveränderungen eintritt, ist noch nicht bekannt. „Es ist aber sicher kein Ereignis, das plötzlich auftritt“, sagt der Mediziner. Vielmehr habe man es mit einem langsamen Verlauf zu tun, was auch daran deutlich wird, dass Alzheimer erst im Alter auftritt. Wenn es jedoch gelingt, eine solche Veränderung frühzeitig festzustellen, wäre ver20 mutlich auch eine Voraussage möglich, wie hoch das Risiko des Patienten ist, an Alzheimer zu erkranken. Voraussetzung dafür ist eine gesicherte Diagnose der Zellteilungsstörung. Doch auch da sind die Forscher bereits auf der Suche nach Lösungen: „Wenn sich die Störung zum Beispiel in anderen Geweben oder im Blut nachweisen ließe, könnte man mit einer Therapie frühzeitig beginnen”, so Arendt. Allerdings bedarf es noch einiger Anstrengungen herauszufinden, wie eine solche Therapie aussehen könnte: Hindert man nämlich die Nervenzellen an der Teilung, könnten auch andere Zellen in ihrem natürlichen Teilungsprozess gehemmt werden, was dann allerdings unerwünscht wäre. Jörg Aberger CISH (Cromogene in situ Hybridisierung)-Markierungen mit einer Sonde gegen das Chromosom 17 in Neuronen des Entorhinalen Kortex, in einem in fortgeschrittenem Stadium der Alzheimerschen Erkrankung. Ein Großteil der Neuronen zeigte einen regulären, diploiden Chromosomensatz (linkes Bild, Pfeile). Aufgrund einer inkompletten Zellteilung mit Verdopplung der DNA enthalten jedoch zahlreiche Neuronen einen vierfachen Chromosomensatz (rechtes Bild, Pfeile). Skalierung: 10 µm. Trotz Musik im Internet MDR-Chefredakteur Jugendliche surfen im Internet, klicken sich durch Online-Videoplattformen und tippen eine SMS nach der anderen. Der Fernseher, viele Jahre Top-Medium der Jugendlichen, bekommt zunehmend Konkurrenz. Welche Rolle TV-Nachrichten in der digitalen Welt noch spielen, wollten Studenten der Kommunikations- und Medienwissenschaften in einem Seminar unter Leitung von MDR-Chefredakteur Wolfgang Kenntemich wissen. Uni-Journal-Redakteur Tobias D. Höhn fragte nach. Herr Kenntemich, der Abgesang auf das Medium Fernsehen in der Generation der Heranwachsenden wird immer lauter. Hat das Internet als Informationsund Unterhaltungsmedium dem Fernsehen den Rang abgelaufen? In einer nicht repräsentativen Untersuchung haben wir 224 Achtklässler mehrerer Gymnasien im Raum Leipzig befragt. Herausgekommen ist ein Stimmungsbild, das auch junge Leute zum Nachdenken anregen sollte. Das Ergebnis ist für mich als Fernsehmacher ernüchternd, aber eine Herausforderung, denn die Zeiten der täglichen TV- und Internetnutzung sind fast gleich. 33 Prozent der im Durchschnitt 14Jährigen gaben an, zwischen einer und drei Stunden fern zu sehen – immerhin 23 Prozent bringen es auf das gleiche Maß an Internetnutzung. Das World Wide Web ist zur Selbstverständlichkeit geworden, wenn 40 Prozent sagen, schon im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren mit dem Surfen begonnen zu haben. Wonach suchen die Teenager im Netz – Unterhaltung, Fiktion, News to use oder harte Nachrichten? Pauschalaussagen lassen sich nicht treffen. Interessant ist aber, dass ein Großteil auch im Internet Qualitätsnachrichten konsumieren will und diese nach den Kriterien auswählt, die wir aus den etablierten Medien kennen. Wer Nachrichtenfilme im Netz schaut, sucht überraschend stark auch Themen wie Außenpolitik (37 Prozent), Injournal Fakultäten und Institute und Comedy sind Jugendliche für Nachrichten nicht verloren Wolfgang Kenntemich über die Generation Online mich eher überrascht. Für Jugendliche um die 14 Jahre ist es enorm wichtig, bei ihrer Musik auf dem Laufenden zu sein. Daher auch der große Zuspruch bei den Musikund Privatsendern mit ihren weichen Nachrichten-Themen. Da können und wollen die Öffentlich-rechtlichen nicht mithalten und so werden wir von den Jugendlichen auch nicht so sehr als Nachrichtensender wahrgenommen. Das gilt aber nicht für unsere starken Marken. Die Tagesschau wird, wie von Ihnen ja schon erwähnt, von fast 50 Prozent der Befragten eingeschaltet, wenn es um harte Informationen geht. Foto: MDR/Axel Berger nenpolitik (31 Prozent), Wirtschaft (26 Prozent) und Wissenschaft (46 Prozent). Damit schlägt Wissenschaft sogar das Thema Mode, für das sich 39 Prozent interessieren. Das Image der Öffentlich-Rechtlichen Fernsehsender gilt zuweilen als bieder – stattdessen liegen die Privaten in der Gunst der jungen Generation vorne. Wirkt sich dies auch im Internet aus? Die befragten Jugendlichen sind stärker vertraut mit den Marken einzelner Sendungen als mit der herkömmlichen Einteilung der Fernsehlandschaft in unterschiedliche Sender und Senderfamilien. Ein Hinweis darauf, dass sich in der digitalen Welt neue Wahrnehmungsregeln entwickeln. Wenn 45 Prozent der Gymnasiasten angeben, sich über die ARD-Nachrichtenflaggschiffe Tagesschau und Tagesthemen zu informieren, aber MDR aktuell nur auf neun Prozent kommt, dürfte das für Sie kein Grund zu Freude sein. Immerhin wird MDR aktuell überhaupt als Quelle bewusst wahrgenommen. Das hat Heft 5/2007 Was lernen Sie daraus? Starke Marken wie die Tagesschau werden in der digitalen Welt mit ihrer Vielzahl an Ausspielwegen die neuen Schlüssel zum Markterfolg sein, auch bei den Jungen. Jugendliche sind trotz ihres starken Interesses an Musik und Comedy für die Qualitäts-Nachrichtenangebote nicht verloren. Es gibt eine solide Basis, die sich für klassische Nachrichtenthemen interessiert und mit zunehmendem Alter vermutlich in die Öffentlich-Rechtlichen Nachrichtenangebote hineinwachsen wird. Allerdings nehmen die Jugendlichen bei den ÖffentlichRechtlichen Anbietern nur die starken Nachrichtenmarken wahr. Das Handy hingegen spielt als potenzieller Lieferant harter Nachrichten noch keine Rolle. Allerdings konnte hier wegen der derzeit noch fehlenden Angebote im Sendegebiet nur hypothetisch gefragt werden. Noch. Denn für 2008 hat der MDR ein Pilotprojekt angekündigt. Richtig. Im Januar startet der einjährige Testbetrieb im Digital Multimedia Broadcasting (DMB). Ausgestrahlt werden drei aus den TV- und Hörfunkmarken des MDR entwickelte Bewegtbild-Angebote und linear die Hörfunkprogramme MDR Info und MDR 1 Radio Sachsen. Die Fernsehangebote beinhalten einen nachrichtenorientierten Kanal von Fernseh- und Hörfunkdirektion sowie den Landesfunkhäu- sern, ein Angebot von MDR Sputnik sowie ein Angebot des Kinderkanals Ki.Ka. Zurück zur Uni: Sie geben seit mehreren Jahren regelmäßig praxisorientierte Seminare am Institut für Journalistik, der MDR bildet mehrere Uni-Volontäre aus. Inwieweit profitiert die Dreiländeranstalt von dieser Kooperation? Auch die Uni profitiert, das dürfen Sie nicht vergessen: Sie partizipiert von der hochmodernen TV-Technik und dem sehr starken personellen Input des MDR. Und wir bekommen die ein oder andere frische Idee von den Studenten. Es ist ein sinnvolles Geben und Nehmen. Im zurückliegenden Seminar war ich überrascht über die Begeisterung der Teilnehmer. Die digitale Welt spielt eine zunehmende Rolle – auch in unserer Ausbildung. Das Seminar hat mir gezeigt, dass man in einer Laborsituation gut testen kann, welche Formate die künftige Nachrichtenwelt bestimmen könnten und wie sich journalistische Profile ausrichten. Handwerklich bedeutet dies? Dass wir die Qualität verbessern müssen! Denn die vielen Fragen, die mit der Digitalisierung verbunden sind, treiben uns an: Zum Beispiel, ob Gatekeeper wichtiger werden, welche Rolle die Selektion im Vergleich zu bisherigen Arbeitsabläufen spielt und wie wir mit user generated content umgehen. Die Briten sagen uns, dass bis zu einem Drittel des News-Materials durch Nutzer bereitgestellt wird. Ein sehr hoher Prozentsatz, meine ich, aber eine Größenordnung, die bald auch bei uns denkbar ist. Dies stellt neue Anforderungen an die (Überprüfungs-)Recherche und macht eine noch professionellere Bewertung von Quellen unerlässlich. Ganz besondere Bedeutung kommt den klassischen Relevanzkriterien zu. Sie sehen, die Digitale Welt kommt mit vielen Herausforderungen, aber mit noch mehr Chancen daher. Vielen Dank für das Gespräch. 21 Fakultäten und Institute Wenn man zu früh aussteigt … Auswirkungen von Erwerbslosigkeit auf die Lebensqualität im Alter „Jeder kennt jemanden, der betroffen ist“, sagt Dr. Ines Winkler und meint ältere Menschen, die erwerbslos sind. Es klingt ein wenig, als spräche die Erwachsenenpädagogin über Opfer eines Unglücks. Abwegig ist das nicht. Senioren, die unmittelbar vor dem Übergang in den Ruhestand erwerbslos waren, berichteten über deutlich mehr Ängste und Sorgen bezüglich Tod und Sterben als Nicht-Betroffene. Das ist nur ein Ergebnis ihrer Doktorarbeit, an deren Beginn Ines Winkler die Frage stellte: Wie wirken sich erwerbsbiografische Brüche auf die subjektive Lebensqualität im Alter aus? Erfahrungen aus verschiedenen Perspektiven sind in die Arbeit eingeflossen, denn bis März arbeitete Winkler auf zwei halben Stellen der Forschungsabteilung Public Health an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und am Zentrum für Prävention und Rehabilitation. Dort hatte sie ein Messinstrument mitentwickelt, einen Fragebogen, der es erlaubt auch über verschiedene Kulturen hinweg Lebensqualität im Alter zu erfassen. 2002 beantworteten 464 ältere Leipziger diese Fragen zu ihrem Arbeitsleben, zu materiellen Dingen wie die Qualität der Wohnung und finanzieller Lage, sowie zu Aspekten der körperlichen und seelischen Befindlichkeit. Ines Winklers Auswertung der Fragebögen belegt: Erwerbslosigkeit wirkt sich nachhaltig negativ auf die subjektive Lebensqualität älterer Menschen aus. Festgemacht wird das zum Beispiel an der eingeschränkten finanziellen Situation, den Betroffenen fehlt die Anerkennung für das in der Vergangenheit Erreichte, sie zeigen eine geringere Zufriedenheit mit dem Altern, haben verstärkt Ängste und Befürchtungen vor Tod und Sterben, sehen sich in ihrer Unabhängigkeit beeinträchtigt. Winkler stammt aus Frauenhain, einem kleinen Dorf im Norden von Sachsen. Vor der Wende beherrschten Textil- und Stahlindustrie die Region. Sie erlebte mit, wie die Generation ihrer Eltern aus der Gewissheit fester Arbeitsverhältnisse in die Ungewissheit der Erwerbslosigkeit fielen. 22 Foto: Pixelio.de „Es riecht schon ein bisschen nach Friedhof,“ sagte ein Interviewpartner, als er sich an den Tag seiner Entlassung erinnerte. 44 Jahre hatte der Leipziger in ein und dem selben Unternehmen gearbeitet und war zwei Jahre lang erwerbslos, bevor er in den Ruhestand ging. Auf „dumme Gedanken“ sei er in dieser Zeit gekommen, es sei einfach zu früh gewesen. Mit Zitaten wie diesen belegt Winkler in ihrer Arbeit die Ergebnisse der Fragebogen-Auswertung. Sie konnte einige Leipziger Ruheständler dafür gewinnen, über ihre Erwerbslosigkeit und den Übergang in den Ruhestand zu erzählen. „Ich wollte die Geschichten hinter den Zahlen kennenlernen,“ sagt Winkler. Dass Menschen, die kurz vor der Rente erwerbslos waren, im Ruhestand weniger zufrieden sind, konnte sie statistisch belegen. Doch erst in den Interviews erfuhr sie, wen es besonders hart traf, wie diese Brüche bewältigt wurden. „Es ist passiert, dass sich nach dem Interview die Ehefrau dazu setzte und erzählte, wie sie die Erwerbslosigkeit ihres Mannes erlebt hat. Und er erstaunt war über ihre Wahrnehmung. Da habe ich gemerkt, dass sie noch nie darüber gesprochen hatten, dass diese Zeit nicht bewältigt war,“ erzählt die 32Jährige. Prof. Dr. Jörg Knoll, Leiter des Institutsfür Erwachsenen-, Sozial- und Wirtschaftspädagogik, vergab für die Arbeit gemeinsam mit den anderen Prüfern ein Summa Cum Laude. „Mit den Interviews wird zugleich ein Stück Geschichte der Wende lebendig“, hebt Knoll hervor. Auch wenn viele Ergebnisse der ArbeitAlltagserfahrungen bestätigen, so gibt es doch einige, die desillusionieren könnten. Je besser man gebildet ist, desto schlechter bewältigt man die Erwerbslosigkeit. Und: ABM und Ehrenamt sind kein adäquater Ersatz für Erwerbstätigkeit. Wie lässt sich gegensteuern? „Nachberuflichen Tätigkeiten sollte eine stärkere Bedeutung zukommen“, sagt Ines Winkler in ihrer Verteidigung. Selbst im Gespräch kommt ihr das Wort „arbeitslos“, nicht über die Lippen. Sie verweist auf die demographische Entwicklung: wer seine Enkel betreut, sich auch im Alter weiterbildet oder Angehörige pflegt, dem gebührt Anerkennung. „Die Übergänge von Erwerbsleben zu ehrenamtlicher Tätigkeit müssen fließender gestaltet werden, sie brauchen viel mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung,“ meint auch Prof. Jörg Knoll. Alte in den Ruhestand regelrecht abzuschieben, wie es in den 1990er Jahren gängig war, könne sich die Gesellschaft nicht mehr leisten, ist sich Ines Winkler sicher. Ine Dippmann journal UniCentral Dolmetschen fürs Europas Entscheider Beste Diplomanden erleben drei Tage hautnah Arbeit des EU-Parlaments Von Anne-Kathrin Ende, Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie Seit mehr als 50 Jahren werden an der Universität Leipzig Dolmetscher und Übersetzer ausgebildet, die nach Abschluss ihres Studiums als Spezialisten für interkulturelle Kommunikation in unterschiedlichsten Bereichen und Ländern tätig sind. Bei der Vermittlung wissenschaftlich fundierter berufsspezifischer Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten während des Studiums spielt ein früher und vielfältiger Kontakt zur künftigen Arbeitswelt eine große Rolle. Dank des Engagements von Mitarbeitern und Absolventen des Instituts für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT) werden daher zur Vertiefung des in den theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen vermittelten Wissens zusätzlich Vorträge, Seminare und Exkursionen angeboten, bei denen die Studenten die Möglichkeit haben, künftige Arbeitgeber und Kollegen kennen zu lernen und sich vor Ort mit dem Arbeitsalltag, den Berufsfeldern, den Anforderungen und Arbeitsbedingungen vertraut zu machen. Diesem Ziel dienen eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Willkommen in der Wirklichkeit“ und in Zusammenarbeit mit dem Europahaus gestaltete Veranstaltungen ebenso wie Betriebsbesichtigungen, Besuche von Dolmetschern der Europäischen Kommission am IALT und Exkursionen zu den Institutionen der Europäischen Union, die zu den größten und wichtigsten Arbeitgebern für Übersetzer und Dolmetscher gehören. Insgesamt 23 Amts- und Arbeitssprachen gibt es in der EU. Rund 350 fest angestellte Dolmetscher arbeiten derzeit für das Europäische Parlament, zirka 65 festangestellte Dolmetscher sind beim Europäischen Gerichtshof und etwa 500 bei der Generaldirektion Dolmetschen der Europäischen Kommission beschäftigt. Hinzu kommen rund 2700 freiberufliche Dolmetscher. Heft 5/2007 Zwölf der besten Diplomanden des Instituts für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT) hatten in diesem Jahr erstmals die Möglichkeit, im Rahmen eines von der Generaldirektion Dolmetschen angebotenen dreitägigen Besuchsprogramms die Arbeit bei Kommission und Parlament hautnah zu erleben. Jeweils an den Vormittagen hielten Konferenzdolmetscher der verschiedenen Referate Vorträge, in denen die Studenten Einblick in die vielfältigen potenziellen Dolmetschthemen und -anforderungen, in das Aufnahmeverfahren, aber auch in neue Konferenztechnologie erhielten und Fragen stellen konnten. Anschließend gab es Rundgänge durch das Kommissions- und das Parlaments- gebäude. Ab dem zweiten Tag war dann jeweils Dolmetschen im Parlament und in der Kommission vorgesehen. Hier arbeiteten die Studenten zu dritt oder zu viert in stummen Kabinen, erlebten so, was es heißt, mit hohem Stress, nicht-muttersprachlichen Rednern und einer hohen Sprechgeschwindigkeit umzugehen und dass Teamfähigkeit und Bereitschaft zu lebenslangem Lernen unverzichtbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufsausübung sind. In unmittelbarem Kontakt mit den aktuellen politischen Ereignissen und Entscheidungen hatten sie so die Möglichkeit, ihr theoretisches Wissen in der Praxis zu erproben und von erfahrenen Konferenzdolmetschern zu lernen. Hautnah erlebten zwölf Diplomanden die Arbeit des EU-Parlaments und der Übersetzer. Foto: IALT 23 UniCentral Pilgerfahrt nach Brüssel Studenten dolmetschen im Standesolymp der EU Von Franziska Wehke und Franziska Pieloth, Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie Was für Beatles-Fans Liverpool, das ist für Dolmetscher Brüssel – Mekka der Sprachmittler und wahrscheinlich europäischste aller Städte. Ein Dutzend Leipziger Dolmetsch-Studierende bekam im Juni die Chance, die Pilgerfahrt dorthin anzutreten. Auch wenn die Reise lang und beschwerlich war, erkundeten wir das Heiligtum noch gleich am ersten Abend. Dank der fachmännischen Führung unserer Kommilitonin Christiane fanden wir die imposante Grande Place, das erschreckend unscheinbare Männeken Piss und die bierreichste Kneipe der Stadt ohne größere Umwege. eine Informationsveranstaltung durften wir am darauf folgenden Morgen selbst die Dolmetscherkabinen beziehen. Nachdem die obligatorischen Erinnerungsfotos gemacht waren, dolmetschten die meisten von uns eifrig in den komfortablen Glasboxen vor sich hin. Die Sprachenvielfalt war fast schon babylonisch und der Ehrgeiz groß, das in der Uni Gelernte in einer Quasi-Praxissituation auszuprobieren. Quasi, denn niemand konnte uns in den so genannten stummen Kabinen hören. Zu unser aller Überraschung fiel dann inmitten einer emotionsgeladenen italienischen Rede der Name unseres Außenministers und wir erkannten, dass er einer der weit entfernt sitzenden ehrwürdigen Männer auf dem Podium war. Natürlich würden wir später damit angeben, „den Stein- meier“ gedolmetscht zu haben. Am Nachmittag durften wir zudem Sitzungen der europäischen Parlamentsfraktionen beiwohnen und merkten, dass es auch unseren verehrten Sprach-Idolen manchmal an ein bisschen Motivation mangelt – eine Erkenntnis, die uns ob der bis dahin erlebten Anbetungswürdigkeit erleichtert aufatmen ließ. Plötzlicher Blackout: „Wie heißt unser Außenminister?“ Unseren letzten offiziellen EU-Tag sollten wir wieder bei der Kommission verSicherheitscheck und EUbringen. Aufgrund der begrenzten Anzahl Richtlinien-konforme Kaffeevon Dolmetschkabinen in den Sitzungsräumen teilten wir uns auf verschiedene pause inklusive Ausschüsse auf. Zur Auswahl standen Der nächste Vormittag sollte uns der Erspannende Sitzungsthemen wie zum Beikenntnis näher bringen: Wie arbeitet ein spiel RadiofrequenzharmonierungsreguDolmetscher bei der EU? Welche Volierungsmechanismen. Schnell wurde raussetzungen sollte man mitbringen? uns klar, dass hier auch das größte Wie stehen die Chancen mit der eigenen Sprachgenie ohne Fachwissen und termiSprachkombination eine Anstellung zu nologische Vorbereitung verloren ist. bekommen? Nachdem wir den SicherSelbst die deutsche Verdolmetschung heitscheck bestanden und furchtbar fremdsprachiger Fachvorträge, die sicher wichtige Namensschilder erhalten hatsehr gut war, kam uns eher spanisch vor. ten, begrüßten uns die Leiter der GeneEin bisschen Entspannung verschafften uns jedoch die anschließenden Gespräraldirektion Dolmetschen im Kommissiche mit zwei EU-Dolmetscherinnen, die onsgebäude. Begriffe, Statistiken und uns erklärten, dass von den beamteten Fakten prasselten auf uns ein. Nach einer Sprachmittlern zwar viel erwartet werde, EU-Richtlinien-konformen Kaffeepause so sollte man zum Beispiel mindestens bekamen wir schließlich einen Einblick drei Fremdsprachen bei Arbeitsantritt in die Sphären der Dolmetschertechnik und darauf folgte ein Referat über die anbeherrschen und sich später weitere anscheinend weniger spaßige Arbeit der eignen, aber dass ihnen auch viel Hilfe Sprachmittler beim Europäischen Gegeboten wird, von Mutterschaftsteilzeit richtshof. Noch leicht desillusioniert traüber Glossaraustausch bis hin zu Vorbefen wir uns nach den obligatorischen reitungsmaterial, das sich einfach online Fritten zum Mittag im Europäischen Parabrufen lässt. lament wieder. Da sahen wir sie dann das Den Abschlussabend nutzten wir neben erste Mal live und in Farbe: die HalbgötAbstechern zum Atomium oder dem köter mit den Kopfhörern, die wir von der niglichen Chocolatier für eine bierlauZuschauertribüne des Plenarsaales aus nig-philosophische Diskussion über das bei ihrer eindrucksvollen Arbeit beob- Das Europäische Parlament begrüßt seine Erlebte. Und während sich auf der RückGäste in den 23 Amts- und Arbeitssprachen achten und belauschen konnten. fahrt unter einigen Ernüchterung breit der EU und ist Arbeitgeber für mehr als 350 Doch wir waren ja nicht nur zum Zu- Dolmetscher. Wird die Studentin Katrin Hauffe machte, träumten sich andere schon in Foto: IALT den Brüsseler Dolmetsch-Olymp. schauen gekommen. Im Anschluss an auch bald dazugehören? 24 journal Von der Tierliebe zum Tiermediziner: Linda Kreipe und Theresa Mausberg (beide 23) auf der Suche nach dem Wattwurm. Fotos: Tobias D. Höhn Praxisluft statt Hörsaalduft Einblicke in einen facettenreichen Beruf zwischen Vogelhaltung und Fischverarbeitung Von Tobias D. Höhn Sie verhüten, lindern und heilen – vom hustenden Hamster bis zur kalbenden Kuh. Viele der in Deutschland rund 11000 praktizierenden Tierärzte werden an der Universität Leipzig ausgebildet, eine von fünf bundesweiten Hochschuleinrichtungen. Und was viele unterschätzen: Tierarzt ist alles andere als ein Streichelberuf. Es geht nicht nur um Kleintiere und Pferde, sondern auch um unsere Nutztiere und um eine Tätigkeit in der Tierseuchenbekämpfung, im Tierschutz und beim gesundheitlichen Verbraucherschutz, erklärt der Dekan der Veterinärmedizinischen Fakultät, Prof. Dr. Karsten Fehlhaber. Sterilisieren eines Rüden, Nähen der Wunde einer Katze, Impfen eines Rindes, Einschläfern eines altersschwachen Ponys – so sieht der Alltag eines niedergelassenen Tierarztes aus. Die Verantwortung ist groß, das Einstiegsgehalt von rund 1800 bis 2000 Euro vergleichsweise schmal. Doch Heft 5/2007 die Faszination und der abwechslungsreiche Alltag machen dieses wieder wett, wie Studenten bestätigen. „Die Liebe zu den Tieren hat uns an die Veterinärmedizinische Fakultät geführt“, sagen Linda Kreipe und Theresa Mausberg (beide 23). Nach dem Studium wollen sie gerne praktisch arbeiten, am liebsten in einer Kleintierpraxis. Derzeit studieren beide noch im achten Semester. Eine zweitägige Exkursion, die sie und weitere rund 70 Kommilitonen unter anderem nach Detmold und Cuxhaven führte, war der Höhepunkt des eben zu Ende gehenden Sommersemesters – und die Voraussetzung für einen Leistungsschein in Lebensmittelhygiene und Bestandsbetreuung. Ein Platz in dem Bus zu bekommen, der noch vor Sonnenaufgang den 500 Kilometer langen Weg Richtung Cuxhaven aufbricht, ist für die Studenten wie ein Glücks- treffer. Weil das Interesse so groß war, wurde zum Schluss ausgelost. Kein Wunder ob des Programms: Vogelpark, Adlerwarte, Fischverarbeitung und am Abend gar ein Bad in den Nordseewellen locken. Praxisluft statt Hörsaalduft! An ein Nickerchen ist im Reisebus Richtung Norden nicht zu denken. Die einen suchen einen Namen für ein neu geborenes Fohlen. Andere diskutieren die Folgen der Vogelgrippe, die seit Wochen rund um Leipzig für Schlagzeilen sorgt. „Es gibt keinen Grund zur Besorgnis, eine Übertragung des Erregers auf Singvögel und Papageien ist weltweit noch nicht beschrieben. Dennoch sollten Sie vorsichtig sein und keine Wasservögel anfassen“, appelliert Prof. Dr. Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns, Chefin der Klinik für Vögel und Reptilien, vor dem Besuch des Greifvogelparkes Heiligenkirchen bei Detmold. Seit drei Jahrezehnten führt Friedrich-Wilhelm 25 Friedrich-Wilhelm Eckstein (o. l.) ist Leiter des Greifvogelparkes Heiligenkirchen bei Detmold und erklärt Dekan Prof. Dr. Karsten Fehlhaber seine Not mit der Vogelgrippe. Gespannt hören die rund 70 Exkursionsteilnehmer seinen Ausführungen zu (Foto unten). Strenge Hygienevorschriften herrschen in der Fischmanufaktur Deutsche See in Bremerhaven (Foto unten). Veterinärmedizin-Student Marcus Völz ist fasziniert von der Technik. Eckstein den Park mit seinen 1000 Vögeln 300 unterschiedlicher Arten. Die Begeisterung für seine gefiederten Bewohner schwingt bei dem Rundgang mit. Anders als bei anderen Besuchergruppen, thematisiert er die Problematik offensiv und geht auf die Fragen der künftigen Veterinärmediziner ein. 35 Prozent weniger Besucher verzeichnete der private Park 2006 auf Grund der Vogelgrippe. Die Gäste blieben vor lauter Angst fern, er stand kurz vor dem Ruin. Dabei sei kein einziges Tier infiziert gewesen. „Und jetzt fängt das wieder an.“ Rund 100 Anrufe und E-Mails bekomme er pro Woche, besorgte Bürger wollen Papagei, Kakadu und Co. abgeben. „Es gibt einen Mangel an Tierärzten, die sich gut mitVögeln auskennen“, sagt Eckstein. Wasser auf die Mühlen von Professor Krautwald-Junghanns.m Obwohl der Greifvogelpark gut zweieinhalb Autostunden von Leipzig entfernt liegt, gibt es zwischen ihm und der Klinik für Vögel und Reptilien eine Kooperation. Derzeit forscht eine Leipziger Doktorandin über Vogeljungtiererkrankungen in dem Detmolder Greifvogelpark und kann auch in Leipzig erworbenes Wissen unmittelbar einsetzen. Und auch die wenige Kilometer entfernte Alderwarte Berlebeck, eine Aufzuchts- und Pflegestation für verletzte Greifvögel und Zuchtstätte für seltene Arten, greift auf das Know-How der Leipziger zurück. Dass die Studentengruppe aus dem Bundesland mit der ersten gemeldeten Vogelgrippe des Jahres kommt, ist dem Verantwortlichen der Adlerwarte Berlebeck einen ironischen Kommentar wert. „Wir wollen unseren Studenten einen unvermittelten Einblick in die Bestandshaltung von Vögeln geben. Sie sollen auch sehen, wie die Zustände sind – und, dass es nicht überall optimal läuft“, sagt Krautwald-Junghanns. Seit der H5N1-Epidemie im vorigen Jahr seien Besuche in Geflügelbeständen mit Gruppen dieser Größe nicht mehr machbar. Umso willkommener ist das Engagement der Impfstofffirma Lohmann Animal Health. Seit mehreren Jahren unterstützt der in Cuxhaven ansässige Familienbetrieb die Fahrt der Leipziger Tiermedizin-Studenten finanziell wie inhaltlich mit wissenschaftlichen Vorträgen. „Natürlich hoffen wir, dass einige Studenten später in die Geflügelbranche gehen und sich an uns erinnern“, sagt Organisatorin Marianne Becker. Außerdem sehe sich das Unternehmen in der Pflicht, einen Lehrbeitrag und Bildungsauftrag zu erfüllen. „Ebenfalls stellen wir die vielseitigen Möglichkeiten vor, als Tierarzt bei uns zu arbeiten und hoffen dadurch, den einen oder anderen auf die Idee zu bringen, in die Wirtschaft und vielleicht auch in unsere Firma zu gehen“, so Becker. Ein Ansatz, den Prof. Fehlhaber unterstützt. Er ist überzeugt, dass sich das Berufsbild des Tierarztes in den kommenden Jahren ändern wird. Prävention und Rehabilitation rücken neben der Behandlung immer stärker in den Mittelpunkt. „Aber auch auf dem Land werden Tierärzte sich immer stärker um Kleintiere kümmern müssen. Viele Bauern geben die Rinderhaltung auf, die Milchviehbestände gehen kontinuierlich zurück“, sagt er. Eine immer wichtiger werdende Rolle spielen Tierärzte bei der Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes und sie helfen, den Menschen vor Gefahren und Schädigung durch Tierkrankheiten sowie vom Tier stammende Lebensmittel und andere tierische Produkte zu schützen. Zum Beispiel im öffentlichen Veterinärwesen, wenn es um Kontrollen und Überwachungen geht, die dem Verbraucher Sicherheit geben. Oder im Bereich der Lebensmittelhygiene. Wie streng die Vorschriften sind, merken auch die Exkursionsteilnehmer in der Fischmanufaktur Deutsche See in Bremerhaven. Piercings und Ohrringe müssen mit Pflaster überklebt werden, Uhren abgenommen, Einwegkittel, -hauben und -füßlinge sollen Bakterien fern halten. Bevor die Produktion betreten wird, muss jeder durch ein Desinfektionsbad gehen und sich die Hände waschen. Dass die Vorschriften streng sind, wissen die Studenten aus Lehrbüchern. Jetzt erleben sie den Alltag hautnah. Rasch bestimmt Fachsimpeln die Diskussion: Schadstoffe im Fisch, Krankheiten bei Meeressäugern, Kontrolle bei Fischtrawlern auf hoher See. Tierärzte in fischverarbeitenden Betrieben sind eine Nische. Zum Abschluss geht es ins Wattenmeer – das Reich von Krebsen, Muscheln und Schnecken. Während einer eine Auster verkostet, buddeln andere schon nach dem Sandpierwurm, bis sie einen etwa 30 Zentimeter langen, fingerdicken schwarzbraunen Wurm auf der Schippe haben. Professor Fehlhaber hört den Ausführungen der Wattführerin schmunzelnd zu und meint schließlich: „Wenn der Wattwurm so wichtig ist, sollte man ihn vielleicht ins Studium mit aufnehmen, wo er doch überall seine Häufchen hinterlässt.“ www.vmf.uni-leipzig.de journal UniCentral Geschichte und Gegenwart der Leipziger Veterinärmedizin Die akademische Ausbildung in der Veterinärmedizin lässt sich in Deutschland bis 1771 zurückverfolgen, als der Universalgelehrte Johann Christian Erxleben an der Universität Göttingen das Vieharzeney-Institut gründete. Vier Jahre später wurde in Sachsen eine private tierärztliche Lehranstalt gegründet. Die erste Habilitationsordnung trat 1903 mit der Gründung der Tierärztlichen Hochschule Dresden in Kraft. 1923 wurde die Tierärztliche Hochschule Dresden in die neu aufgebaute Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig eingegliedert. 1968 wurde die Fakultät mit Teilen der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät in Folge der 3. Hochschulreform zur Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin der Karl-Marx-Universität vereinigt. Nach der Wiedervereinigung wurde die Veterinärmedizinische Fakultät der Uni Leipzig wiederbegründet. Heute lehren und forschen an der Fakultät 31 Hochschullehrer und 70 Wissenschaftler in zwölf Instituten und vier Kliniken. Zu Beginn des Wintersemesters werden jährlich zwischen 140 und 150 Studenten immatrikuliert. Die Regelstudienzeit beträgt elf Semester. T. D. H. Die Organisatorinnen der Exkursion (v. l.): Marianne Becker, Iris Ringel und Prof. Dr. Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns. Foto: T. D. Höhn Heft 5/2007 Außenstelle Zingst Beliebte Adresse für Exkursionen und Tagungen Bis zur Neustrukturierung der Universität Leipzig war die Liegenschaft in Zingst/ Darß als Maritimes Observatorium eine Außenstelle der Sektion Physik – 200 Meter vom Ostseestrand entfernt. Die wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiter, die dort ständig tätig waren, gehörten dem damaligen Wissenschaftsbereich Geophysik an. Forschungsarbeiten wurden auf den Gebieten (Küsten-)Meteorologie und Ozeanographie durchgeführt. In der Ausbildung wurde die Liegenschaft vor allem für Praktika und Exkursionen genutzt, auch von der damaligen Sektion Biowissenschaften. 1999 begann die rund eine Million D-Mark teure Sanierung des Backsteingebäudes aus den 1930-er Jahren. Entstanden ist dabei ein gut ausgestattetes Haus, das sowohl als Exkursionsstation als auch als Seminarund Tagungsstätte begehrt ist. Das Gebäude bietet Unterkunft für bis zu 18 Personen in vier Schlafräumen mit je vier Betten sowie einem Zweibettzimmer. In die Schlafräume integriert ist je eine Sanitärzelle. Im Erdgeschoss vorhanden sind ein Seminarraum, ein Computerraum sowie Aufenthaltsraum und Küche. Im Seitenflügel befinden sich spezielle Mess- räume der Meteorologie. Das Gebäude ist umgeben von einem etwa 2400 Quadratmeter großen Garten, der sich auch zum Zelten eignet; zusätzliche Sanitäreinrichtungen für Camper gibt es im Untergeschoss. Zingst liegt auf der Darß-Halbinsel, umgeben von einem ausgedehnten Naturschutzgebiet, und ist berühmt durch seinen lang gezogenen steinfreien Strand. Die Außenstelle Zingst wird für vor allem für Exkursionen, Seminare, Workshops und Tagungen von den Universitätseinrichtungen genutzt Sie ist mit Ausnahme der Wintermonate nahezu vollständig ausgelastet. Betrieben wird die Liegenschaft durch einen ortsansässigen Hausmeisterdienst. Die jährlichen Kosten für Betreibung, Medien, Reinigung, Reparaturen, Ersatzbeschaffungen und anderes betragen rund 30.000 Euro und werden zu zirka 40 Prozent aus Einnahmen und zirka 60 Prozent aus Haushaltsmitteln gedeckt. Ansprechpartnerin: Frau Dr. Bärbel Köhler, Sachgebietsleiterin Liegenschaften (Dezernat 1, Sachgebiet 14), Tel.: 0341/ 97-31006, Mail: bkoehler@ uni-leipzig.de. Dr. Uwe Löser Die Außenstelle Zingst ist für Tagungen und Exkursionen eine beliebte Adresse. In der Freizeit locken der nahegelegene Strand und der große Garten. Foto. R. Kühn 27 UniCentral Beobachten, erfassen, sammeln, bestimmen Biologiestudenten auf Helgoland Von Dr. Bärbel Adams Der Botaniker Professor Dr. Werner Reißer tung der Mensch für das Funktionieren und sind. Nicht eigentlich zu den Pflanzen geund der Zoologe Professor Dr. Martin den Erhalt dieses Systems hat.“ Langzeit- hörend, betreiben einige von ihnen zwar Schlegel führen regelmäßig alle zwei Jahre messungen haben immerhin gezeigt, das Photosynthese, entwickeln aber wesentlich eine Gruppe von rund 20 Studenten auf die sich das Nordseewasser in den letzten einfachere Gestalten als die typischen aus Insel Helgoland. Zehn Tage lernen sie wäh- 40 Jahren um 1,1 Grad Celsius erwärmte.m Wurzel, Sprossachse und Blatt bestehenrend der Exkursion „Fauna und Flora des Wenn sich bei Ebbe das Meer zurückzieht, den Arten. Einige von ihnen, die BlaualFelswatts“ vor Ort wie vielfältig und um- erschließt sich für die Studenten das Fels- gen, werden sogar nur noch als eine Art hisfangreich das Leben im Meer und auf der watt, eine regelrecht vom Wasser abra- torisches Relikt von den Botanikern behanInsel ist. Es wird beobachtet, erfasst, ge- dierte Felsplatte, die von großen Braunal- delt, zählen aber zu den Prokaryoten, gesammelt, gefilmt, gezeichnet, bestimmt, gen (Tangen) besiedelt ist. „Das Felswatt nauer zu den Cyanobakterien. Sie besitzen ausgewertet und begriffen – die Tage ver- ist die Kinderstube vieler Meerestiere“, er- keinen echten Zellkern und gehören zu den gehen wie im Fluge und niemand be- klärt Professor Schlegel. „Hier finden sich ältesten Lebensformen der Erde. schwert sich, dass an einen regulären Acht- viele Eigelege, aus denen die Larven Die Ausbeute an Pflanzen und Getier wird Stunden-Tag nicht zu denken ist, auch schlüpfen und hier ihre Juvenilphase ver- noch erhöht durch sogenannte Trätschen. Das sind mit Fischkuttern gezogene und wenn nach Wanderungen über die Insel bringen, bevor sie ins Meer himit Sperrbrettern versehene Netze, die und das Watt am Ende vielleicht noch ein nausschwimmen.“ über den Meeresboden gezogen werden. Referat steht, das zu Hause vorbereitet So kann man auch Organismen, die auf und jetzt den Kommilitonen vorgetragen oder im oberen Meeresboden leben, erwird. fassen. Im Labor wird dann alles näMöglich wird alles N E N O durch das Alfredher untersucht. SSI E R Wegener-Institut für Aber nicht nur Algen, Schwämme, IMP Polar- und MeeresQuallen und dergleichen sind Gegenstand der wissenschaftlichen forschung in der Neugier. Es bieten sich ideale Helmholtz-GemeinBeobachtungsmöglichkeiten am schaft, die den StudenVogelfelsen und auf der Düne. ten das nötige Umfeld „Seehunde und Kegelrobben zur Verfügung stellt: Angefangen bei der Untersind mittlerweile wieder mit kunft in den Gästehäusern einer starken Population verD über die Nutzung von Bitreten. Offensichtlich haben LAN O G bliothek, Seminarräumen, sich die Bestände wieder gut HEL S U Laboren und Forschungserholt“, freut sich Professor A schiffen bis hin zur wissenSchlegel. „Diese Tiere in der freien Wildschaftlichen Betreuung und zu bahn beobachten zu können, ist auch für Unter Workshopangeboten. „So haben dem Getier, das hier unsere Studentinnen und Studenten etwas unsere Studenten den besten Zugroß wird, sind keineswegs nur ganz besonderes.“ gang zur Vielfalt maritimer Lesehr kleine Lebewesen, sondern auch ganz Bei allem ist Disziplin gefragt. Das bröckbensformen der einzigen deutschen Fel- stattliche, wie der Nereus oder Meeres- lige Gestein der berühmten Helgoland-Felseninsel. Sie können anhand eines ganzen ringelwurm, der es immerhin auf 20 cm sen verlangt den Schutzhelm ebenso wie Ökosystems nachvollziehen wie alles Le- Länge bringen kann. Interessant für Exkur- das Wattenmeer das richtige Schuhwerk. ben voneinander abhängt. Die botanische sionsteilnehmer sind auch die Restlöcher, Außerdem darf niemand allein losziehen. und zoologische Seite des Lebens können die bei Ebbe mit Wasser gefüllt bleiben, Alles andere, zum Beispiel Aufmerksamhier auf exemplarische Weise in ihrer und die Spritzwasserzonen, in denen sich keit, wissenschaftliche Neugier und StehGanzheit betrachtet werden“, meint der Or- Grün-, Blau- und Rotalgen in Fülle finden. vermögen, so die betreuenden Wissenganisator der Tour, Professor Reißer. Spätestens hier zeigt sich, warum Botani- schaftler, muss man nicht anmahnen. Dies „Deutlich wird auch, welche Verantwor- ker und Zoologen gleichermaßen gefragt sei eine Selbstverständlichkeit. 28 journal UniCentral Disziplin ist Voraussetzung Drei Monate Forschung an der Kobe Universität Von Uwe Vollmer, Institut für Theoretische Volkswirtschaftslehre Der Mann neben mir drückt mir seine Seife in die Hand und deutet an, dass ich mich damit kräftig einseifen soll. Ich hocke splitternackt auf einem Plastikschemel im onzen, einem öffentlichen Badehaus, und schütte mir heißes Wasser über den Kopf. Das Bad liegt in Rokkomichi und wird auch von Mitgliedern der yakuza genutzt – gründliches Einseifen ist deshalb angeraten. Nach der Vorwäsche geht es in das heiße Becken, wo ein Schwätzchen mit dem Nachbarn möglich ist. Ein kleiner Junge will nicht zu dem gaikokujin (Ausländer) ins Becken steigen und sein Vater lässt ihn gewähren. Da diesem nicht der kleine Finger fehlt, lehne ich mich beruhigt zurück. Rokkomichi ist zehn Minuten vom Stadtzentrum Kobes (Sannomiya) entfernt, das von den Anfängen der Globalisierung zeugt. Nach der Meiji-Restauration durften hier gaikokujin Handel mit Japanern treiben – in einem abgegrenzten Viertel am Hafen. Sie selbst wohnten in Kitano oberhalb der Stadt, wo bis heute Wohnhäuser aus der Gründerzeit stehen. Auch Deutsche haben Spuren hinterlassen: Noch heute gibt es eine Tor-Road, die damals zum Eingangstor des Handelsdistrikts führte; das prächtigste Wohnhaus heißt Rhenania, ge- hörte einem deutschen Kaufmann und ist ein Wahrzeichen der Stadt. Allerdings war aller Anfang schwer. Im Januar 1869, kurz nach der Öffnung des Hafens, pilgerten einige samurai zum Sannomiya-Schrein und stießen auf eine Gruppe westlicher Matrosen. Ein samurai erwies sich als früher Globalisierungsgegner und begann ein Handgemenge, wobei ein Matrose verletzt wurde. Vier Tage später verkündete der Meiji-Imperator, dass Japan ab jetzt ein ordentliches Land sei, in dem sich nicht geprügelt sondern gearbeitet werde, und der Anführer der Samurai beging öffentlich harakiri. Heute sind Japaner freundliche Menschen, die ihre Inseln ständig putzen. Auf dem Gehweg liegt keine Zigarettenkippe; Graffiti sind eine Seltenheit. Als Kunde ist man noch König und wird stets mit einem freundlichen irasshaimase (Willkommen) begrüßt. Natürlich verneigt sich der Schaffner im shinkansen bei Betreten und Verlassen des Abteils und gibt vor allem das dem westlichen Reisenden ungewohnte Gefühl, Kunde und nicht lästig zu sein. Kobe Daigaku liegt schweißtreibende 200 Meter oberhalb von Rokkomichi. Für den Aufstieg wird man durch einen Atem rau- Prof. Dr. Uwe Vollmer forschte drei Monate in Japan. Heft 5/2007 Foto: privat benden Blick über die Bucht von Osaka entschädigt. Der Campus ist gepflegt, die Kollegen sind freundlich und hilfsbereit und die Arbeitsbedingungen sind gut. Man zieht die Schuhe aus, wenn man das Zimmer eines Kollegen betritt. Das ist zwar lästig, beruhigt aber manchmal die Gemüter. Im Seminar zeigen sich die Studierenden interessiert an Europäischer Geldpolitik, und der Vortrag vor Kollegen stößt auf Interesse. Ich wohne im Smith-kan, zwei weitere schweißtreibende Hügel vom Campus entfernt, in einer alten Villa mit japanischem Garten und 16-tatami-Raum. Mich interessieren japanische Bankenregulierungen und die Ursachen der Krise in den 1990er Jahren. Damals wurden in Japan die Finanzmärkte dereguliert, ohne dass ein Sicherheitsnetz bestand. Das gibt es bis heute und funktioniert anders als in Deutschland. Die japanische Regulierung zu verstehen, helfen mir offizielle Behörden unkompliziert. Es benötigt nur zwei E-Mails, um einen Gesprächstermin in der Bank of Japan oder beim japanischen Einlagenversicherer zu erhalten. Japan ist ein gut organisiertes Land, das aber von seinen Bewohnern und Besuchern Disziplin verlangt. Das macht es als Forschungsgegenstand interessant. Einen längeren Forschungsaufenthalt ist es allemal wert. www.jsps.go.jp www.jsps-bonn.de Haben Sie Lust auf einen Forschungsaufenthalt in Japan bekommen? Über Fördermöglichkeiten informiert die Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) am 19. Oktober um 8.30 Uhr im Neuen Senatssaal (Ritterstraße 26). Interessierte sind herzlich willkommen. Wissenschaftliche Kontakte vermittelt die Deutsche Gesellschaft für JSPS-Stipendiaten unter www.jsps-club.de. 29 UniCentral University of Canterbury ChemieProfessorin in Neuseeland Die Leipziger Professorin Evamarie HeyHawkins erhielt von der University of Canterbury (Neuseeland) eine University of Canterbury Visiting Erskine Fellowship in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen auf den Gebieten der Anorganischen Chemie und der Organometallchemie. Sie hielt von August bis Oktober als Gastdozentin Fachvorträge an den meisten neuseeländischen Universitäten sowie Vorlesungen über homogene Katalyse und Clusterchemie an der University of Canterbury. Mit der Visiting Erskine Fellowship werden international bekannte Wissenschaftler mit weitreichender Lehrerfahrung ausgezeichnet. Benannt ist das Stipendium nach John Angus Erskine, einem Alumnus der University of Canterbury, aus dessen Nachlass die Gastdozenturen finanziert werden. Einer der letzten Laureaten war Robert H. Grubbs, Nobelpreisträger für Chemie im Jahr 2005. Prof. Dr. Hey-Hawkins ist seit 1993 Professorin für Anorganische Chemie an der Universität Leipzig, leitete von 1997 bis 1999 das Institut für Anorganische Chemie, und war 2001/2002 Dekanin sowie von 2002 bis 2005 Prodekanin der Fakultät für Chemie und Mineralogie. Als Sprecherin des Graduiertenkollegs Mechanistische und Anwendungsaspekte nichtkonventioneller Oxidationsreaktionen und des Internationalen Promotionsprogramms Forschung in Grenzgebieten der Chemie engagiert sie sich für die Forschungs- und Studienbedingungen an der Fakultät. Sie ist Sprecherin von einem der sechs Profilbildenden Forschungsbereiche der Universität Leipzig (PbF 1, gemeinsam mit Prof. M. Grundmann), federführende Vertrauensdozentin der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Vertrauensdozentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ihre wissenschaftlichen Interessen liegen vor allem bei Übergangsmetallverbindungen und deren Anwendung in Katalyse und Materialwissenschaften aber auch bei biologisch aktiven Borverbindungen. Aus ihrer Feder stammen mehr als 200 Publikationen in referierten Fachzeitschriften. Dr. Ulrike Helmstedt 30 Chemie-Promovend Sven Stadlbauer forscht in Japan Teezeremonie und Fachtagung Im Rahmen seiner Promotion im Arbeitskreis von Prof. Evamarie Hey-Hawkins beschäftigte sich Sven Stadlbauer mit der Synthese von Borhaltigen Verbindungen, die Einsatz in der Bor-Neutronen-EinfangTherapie (BNCT) finden sollen. Die BNCT ist eine binäre Methode der Krebstherapie, speziell zur Behandlung von Gehirntumoren. Finanziell durch ein Stipendium der Japan Society for the Promotion of Science unterstützt, konnte er dank einer Kooperation mit dem Arbeitskreis für medizinische Chemie von Prof. H. Hori von der Universität Tokushima die Bioaktivität dieser Substanzen testen. Tokushima ist eine kleinere Stadt von etwa 300 000 Einwohnern auf der Hauptinsel Shikoku, durch die Inlandsee von Osaka getrennt. Einen Teil seiner gewonnen Ergebnisse präsentierte der Promovend auf der 12th International Conference on Neutron Capture Therapy in Takamatsu. „Auf den Aufenthalt habe ich mich sprachlich durch den Besuch zweier Japanischkurse des Fremdsprachenzentrums der Universität Leipzig vorbereitet“, erzählt Stadlbauer. „Durch die intensive Kommunikation mit den Laborkollegen konnte ich zum einen die Sprache verbessern und zum anderen einen tieferen Einblick in die japanische Kultur gewinnen.“ Durch gemeinsame Wochenendausflüge wie nach Kyoto und Nara habe er die alte Geschichte Japans erlebt. „In der Kaiserstadt Kyoto sind die vielen alten Tempel und Shyntoschreine sehr schön. Ein Besuch des Kyoto Gosho, des alten Kaiserpalastes (bis heute Krönungsstätte des Tenno), ist sehr empfehlenswert, auch wenn man diesen nur in der Woche und nach Genehmigung des kaiserlichen Haushaltsamtes in einer geführten Gruppe besichtigen darf.“ Paradiesisch sei der Narapark gewesen, in dem zwischen uralten Riesenbäumen und den ältesten Tempeln Japans, Hunderte zahmer Hirsche (die als heilig gelten) umherlaufen. „Ein besonderes Erlebnis war die Einladung zu einer Teezeremonie, die mir einen einzigartigen Einblick in die traditionelle Gedankenwelt und das ästhetische Empfinden der Japaner bot“, so der Chemiker. Von Prof. Hori und seinen Mitarbeitern sei er sehr freundlich aufgenommen und in den Arbeitskreis integriert worden. Sie haben mir viele der typisch japanischen Verhaltensregeln näher gebracht, die für ein harmonisches Zusammenleben auf engem Raum notwendig seien. Stadlbauers Fazit: „Meine japanischen Kollegen haben mich mit ihrer stets höflichen, allzeit hilfsbereiten und sehr disziplinierten Art beeindruckt.“ r. Sven Stadlbauer forschte für seine Promotion in Japan. Foto: privat journal UniCentral Höhenluft mit Synergieeffekt Ein Plädoyer für die Praxis – Ausgrabungen auf dem Mont Beuvray Von Prof. Dr. Sabine Rieckhoff, Historisches Seminar, Professur für Ur- und Frühgeschichte Der Ruf nach mehr Praxisbezug in der akademischen Ausbildung ist selbst im Studiengang Ur- und Frühgeschichte (oder „Prähistorische Archäologie“) gelegentlich zu hören gewesen – obwohl es doch gerade die spezifisch archäologischen Quellen einer schriftlosen Geschichte der Menschheit von ihren Anfängen bis heute sind, die sich gar nicht anders als mit praktischen Methoden erforschen lassen! Der 1993 an der Universität Leipzig wiederbelebte Studiengang Ur- und Frühgeschichte hat daher von Anfang an Wert auf die Praxis in berufsbezogenen Lehrveranstaltungen gelegt. Dazu gehören der Umgang mit dem Original in der hauseigenen Studiensammlung ebenso wie studienbegleitende Ausgrabungen, Exkursionen zu archäologischen Geländedenkmälern im In- und Ausland und nicht zuletzt Einführungen in die Theorie der Praxis – sei es in Archäobotanik, Archäozoologie oder Archäometrie, das heißt in biologische, chemische und physikalische Analysemethoden. Die Arbeit im archäologischen Labor unterscheidet sich allerdings nicht prinzipiell von der eines Naturwissenschaftlers. Ein der Archäologie vorbehaltenes Praxisfeld sind jedoch die Ausgrabungen, vergleichbar der Arbeit des Historikers im Archiv, aber mit einem fundamentalen Unterschied: Jede Ausgrabung ist auch eine Zerstörung. Einmal dem Boden entnommen, hat die Quelle – ob Mauer, Scherbe oder Goldmünze – ihren ursprünglichen Kontext verloren, der von da an nur noch im Medium der Daten existiert. Die Grabungsmethoden werden daher immer subtiler, der Einsatz moderner Technik immer höher, um immer mehr Informationen zu gewinnen und zu bewahren. Nur wer diese komplexe Praxis unmittelbar erfahren hat und darin geschult worden ist, beherrscht die kritische Interpretation der Quellen und kann Geschichtswissenschaft leisten. Die Bodendenkmalpflege, das heißt die 16 Landesämter für Archäologie in Deutschland sowie private Grabungsfirmen und damit Heft 5/2007 zurzeit die beiden Hauptarbeitgeber zukünftiger Absolventen, legen daher bei der Einstellung besonderen Wert auf Grabungserfahrung. Bündelung von Wissen ist Glücksgriff für Leipziger Archäologen Um deren Grundlagen zu erlernen, bieten gute Universitäten „Lehrgrabungen“ an, auf denen die Studierenden das archäologische Handwerkszeug von Grund auf kennenlernen. Leipzig hat in dieser Hinsicht einen Glücksgriff getan. Seit 1995 ist die Professur für Ur- und Frühgeschichte an den Forschungsgrabungen im keltischen Bibracte-Mont Beuvray in Burgund beteiligt. Sie ist Teil eines internationalen und interdisziplinären Forschungsteams (Kasten). Durch diese Bündelung europäischen Know-Hows in der Keltenforschung gehört das antike Bibracte, wo Caesar seinen Bellum Gallicum verfasst haben soll, zu den am besten erforschten „keltischen Städten“ des 2. und 1. Jh. v. Chr. in Mitteleuropa. Nur über solche Langfristprojekte lassen sich Fragen beantworten, die von allgemeinem historischem Interesse sind: von der Rekonstruktion der sozio-ökonomischen Strukturen der keltischen Gesellschaft bis hin zur Modellbildung, sei es hinsichtlich der Urbanisierung früher Gesellschaften, sei es hinsichtlich des Kulturwandels als Folge der Romanisierung Mitteleuropas. Bibracte ist aber nicht nur ein sozialgeschichtlich herausragendes Forschungsobjekt. Das im Tal gelegene Centre archéologique européen (CAE) mit Arbeitsräumen, neuester IT-Technik, einer vorzüglichen Bibliothek und einem breiten Angebot an wissenschaftlichen Tagungen bietet ideale Bedingungen für die archäologische Aus- und Weiterbildung. Das kommt den Teilnehmern zugute: Absolventen der „Lehrgrabung Bibracte“ finden leicht und schnell einen Grabungsjob in den Semesterferien. Leipziger Studierende bei der Arbeit auf der Ausgrabungsfläche îlot des Grandes Forges im Oppidum Bibracte auf dem Mont Beuvray, Burgund (Frankreich). Foto: Professur für Ur- und Frühgeschichte 31 UniCentral Die Leipziger Professur, die einzige in Deutschland, zu deren Forschungsprofil die Keltische Archäologie gehört und die zu den fünf führenden europäischen Institutionen in diesem Bereich zählt, hat bisher rund 120 Studierende der Ur- und Frühgeschichte in Bibracte ausgebildet. Dabei lag die finanzielle Hauptlast bei dem französischen Kooperationspartner, der inzwischen mehr als 250.000 Euro in das Ausbildungsangebot der Universität Leipzig investiert hat. Im Gegenzug dazu haben wir mit unserem wissenschaftlichen und technischen Know-How die Ausgrabungen vorangebracht und die Ergebnisse in diversen Abschlussarbeiten publikationsfähig aufgearbeitet. Aus dieser engen Zusammenarbeit sind neue Drittmittelprojekte entstanden, auf deren Basis Doktoranden gefördert werden. Das Projekt Bibracte ist ein Musterbeispiel für Synergieeffekte, die aus dem Zusammenspiel von Forschung und Lehre entstehen. Praktika im neuen Bachelorund Masterstudiengang Vor einem Jahr wurden die Bachelor- und Masterstudiengänge „Archäologie der Alten Welt“ eingeführt, eine Kooperation der Professur für Ur- und Frühgeschichte und des Instituts für Klassische Archäologie. Aufgrund unserer positiven Erfahrungen mit berufsqualifizierenden Praktika haben wir auch in diese neuen Studiengänge Museums- und Ausgrabungstätigkeit als Pflicht- und Wahlpflichtmodule integriert. Im Rahmen des Bachelors absolvieren die Studierenden mit Schwerpunkt Ur- und Frühgeschichte eine vierwöchige Grabung. Ein Kooperationspartner ist das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, eine zweite Kooperation mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen ist in Vorbereitung. In diesem Sommer nehmen die ersten Studierenden an Grabungen auf dem mittelpaläolithischen (Neandertalerzeitlichen) Fundplatz Neumark-Nord und in einer Siedlung des 4./3. Jahrtausends v. Chr. in Salzmünde-Schiebzig (beide Sachsen-Anhalt) teil. Sie werden nicht nur einen Einblick in Grabungsmethodik, sondern auch in verwaltungstechnische Abläufe der archäologischen Denkmalpflege erhalten. Dieser, für die berufliche Zukunft unserer Absolventen so wichtigen engen Verbindung zur heimischem Landesarchäologie konnte bislang leider keine adäquate Ko32 operationsvereinbarung mit dem CAE du Mont Beuvray im Rahmen des Masterstudienganges zur Seite gestellt werden. Hier zögert die Fakultät unerklärlicherweise, obwohl in der Studienordnung ein Schwerpunkt auf die Keltische Archäologie gelegt worden ist. Die Forschungsgrabung auf dem Mont Beuvray ist ja nicht nur für die Universität ein Aushängeschild auf internationaler Ebene, sondern garantiert auch eine Ausbildung auf höchstem methodischem Niveau. Bleibt nur noch zu erwähnen, dass Studierende, die weniger die Feldforschung, als vielmehr die Museumsarbeit reizt, von der Verbindung mit der Klassischen Archäologie und dem Antikenmuseum der Universität Leipzig profitieren. In Praktika zur Museumskunde wird das notwendige Wissen von der Inventarisation bis zur Ausstellungstechnik vermittelt. In der archäologischen Erforschung schriftloser Kulturen müssen Theorie und Praxis notwendigerweise eng ineinander greifen. Ein hoher Praxisanteil bedeutet nicht, Abschied vom universitären Niveau zu nehmen, sondern vielmehr den Einstieg in den Beruf zu erleichtern. 80 Prozent unserer bisheriger Absolventen sind heute in der Denkmalpflege, in Museen, aber auch in Forschungsprojekten beschäftigt. Das zeigt uns, dass wir mit einem starken Praxisbezug auf das richtige Pferd setzen. Bibracte-Mont Beuvray, Burgund: Ein internationales europäisches Team Università di Bologna (Italien), Université Libre de Bruxelles (Belgien), Universität Eötvös Loránd, Budapest (Ungarn), University of Leicester (Großbritannien), University of Reading (Großbritannien), Université de Lausanne (Schweiz), Universität Wien (Österreich), Université de Bourgogne Dijon (Frankreich), Panthéon-Sorbonne Université Paris 1 (Frankreich), Université Paris 6 (Frankreich), Université MarcBloch Strasbourg (Frankreich), Centre national de la recherche scientifique UMR 5594 Dijon (Frankreich) sowie Universität Leipzig (Deutschland). Eine Reise um die Welt Seit Ende 2005 promoviert Despina Tzoulaki am Institut für Experimentelle Physik I der Fakultät für Physik und Geowissenschaften. Ihr Thema, das Phänomen der Diffusion in Zeolithen, ist für viele technische Prozesse – so unter anderem bei der umweltfreundlichen Herstellung hochwertiger Benzine aus Erdöl mit einem jährlichen Nutzen im Bereich zweistelliger Euro-Milliardenbeträge – von grundlegender Bedeutung und zugleich ein spannendes Problem der Grundlagenforschung, erklärt Betreuer Prof. Dr. Jörg Kärger. Doch Kärger trifft seine Promovendin durchaus nicht nur im Labor. Ihre letzten Arbeitsbesprechungen hatten sie am Rande von Fachtagungen in Beijing und nahe Rom. „Die Promotion ist für mich die Chance, in der Welt herumzukommen, Kontakte zu knüpfen und so meine Arbeit einem großen ausländischen Publikum bekannt zu machen“, sagt die 24-jährige Griechin. Im Februar nahm Despina Tzoulaki an einem Workshop in Griechenland teil, im Juni reiste sie als Vertreterin der Universität Leipzig nach Mexiko zu einem Treffen im Rahmen eines Kooperationsverbundes der Europäischen Gemeinschaft mit lateinamerikanischen Universitäten. Es folgten die erwähnten Kongresse in China und Italien. „Neue Länder, neue Bekanntschaften, tolle Erlebnisse“, bilanziert die Doktorandin. Schon jetzt weiß sie: „Forschung ist von großer Bedeutung. Doch wichtig ist auch, auf allen Dienstreisen die Menschen und ihre Kultur besser kennen zu lernen – das gehört dazu.“ Tobias D. Höhn Foto: privat journal Studiosi Mehr Praxis im Lehramtsstudium Das Mittelschulprojekt „Schülerwege ins Theater“ Von Dr. Doris Flagmeyer, Erziehungswissenschaftliche Fakultät Unterstützt von der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät und dem Schauspiel Leipzig haben engagierte Lehramtsstudenten, denen die obligatorischen Praktika nicht ausreichten, seit vier Jahren an Leipziger Schulen Arbeitsgemeinschaften Theater als Spielleiter betreut. Ab dem Studien- bzw. Schuljahr 2006/07 konzentrierte sich die Arbeit auf ältere Schüler an Mittelschulen, weil man Gewalt häufig gerade hier findet und das kulturanregende Elternhaus vielfach fehlt. Folgende Ziele wurden mit dem Projekt, das der Freundeskreis Schauspiel Leipzig e.V. und die Deutsche Bank förderten, verfolgt: • Schüler entdecken Theater und dabei sich selbst, lernen es als eine Einrichtung kennen, die etwas mit ihrem Leben zu tun hat, in der auch ihre Themen angesprochen werden, sie Freizeit verbringen und sich wohl fühlen können. Durch die Fokussierung auf das Thema Gewalt werden die Schüler befähigt, ihren Alltag wacher wahrzunehmen, achtsamer miteinander umzugehen und Gewalthandlungen vorzubeugen. • Lehramtsstudierende lernen das Theater als eine Einrichtung kennen, die Lehrern ermöglicht, Schulleben anzureichern und anderes Lernen anzuregen. Mit der Tätigkeit als Spielleiter sollen Kompetenzen zur Bewältigung beruflicher Anforderungen wie das Erfassen von sozialen und kulturellen Lebensbedingungen von Schülern, Gewähren individueller Unterstützung, Anregung verantwortungsbewussten Handelns, Umgang mit Normkonflikten, Erarbeiten von Regeln des Umgangs in Schülergruppen erworben sowie ein Zugewinn an pädagogischer Erfahrung ermöglicht werden. Die Studierenden erhalten Zugang zu Schulen, machen erste Schritte in der Theaterpädagogik und lernen Netzwerkbildung kennen. 16 Lehramtsstudierende und zwei Referendarinnen gingen als Spielleiter an die beHeft 5/2007 teiligten neun Schulen, um mit Schülern der 7. bis 10. Klassen entweder in Arbeitsgemeinschaften oder in Neigungskursen zusammenzuarbeiten. Die AGs begannen nach vorbereitenden Workshops für die Spielleiter im Oktober 2006 zu arbeiten und kamen einmal pro Woche an den jeweiligen Schulen zusammen. Darüber hinaus lernten die Schüler den SpielortTheater im Schauspiel Leipzig vor und hinter der Bühne kennen. Es zeigten sich folgende Probleme: Erstens erwies es sich als schwer, Schüler überhaupt für die AGs zu gewinnen. „Theaterspielen ist uncool“ meinten viele, und wer sich dafür begeisterte, setzte sich dem Verdacht aus, nicht „normal“ zu sein. Auch Eltern zeigten Vorbehalte. Ihre Kinder sollten doch lieber etwas „Ordentliches“, etwa Informatik oder Englisch, lernen oder erst einmal für gute Noten sorgen. Zweitens verlief die Arbeit in den AGs nicht kontinuierlich, weil die Teilnehmer häufig wechselten – für die Studierenden eine riesige methodische Herausforderung. Offensichtlich nahmen viele Schüler an, dass Freiwilligkeit nicht zur ständigen Teilnahme verpflichte – eine Auffassung, die auch verschiedene Eltern stützten. Schließlich hatten die Schüler drittens andere Vorstellungen vom darstellenden Spiel als im Projekt konzipiert. Sie erwarteten ein fertiges Stück mit vorgegebenen Rollen, für die sie Texte lernen und dann „aufsagen“. Die Aufforderung, selbst etwas zu entwickeln, Ideen einzubringen, befremdete und verunsicherte sie. Der Verzicht auf einengende Vorgaben wurde als „Führungsschwäche“ der Spielleiter gedeutet. Über diese Probleme wurde bei jedem Treffen der Spielleiter diskutiert, die Studierenden holten sich Anregungen und suchten Möglichkeiten, ihre Schützlinge „dort abzuholen, wo sie gerade stehen“ und sie so zu fordern, dass sie ihre bisherigen Angehende Lehrer setzten sich mit dem Thema Gewalt in der Schule auseinander. Foto: Erziehungswissenschaftliche Fakultät 33 Studiosi Potentiale ausweiten und Grenzen überschreiten können. Im März wurden die Arbeiten in der Albert-Schweitzer-Schule präsentiert. Die Arbeitsgemeinschaften stellten dabei vor rund 150 Mitschülern, Verwandten, Lehrern, Theaterleuten und Freunden ihre szenische Version von Gewalt im Alltag vor. Die Themen behandelten Mobbing und Ausgrenzung, Fremdes, Andersartiges und Unbekanntes wurden offensichtlich als bedrohlich empfunden, fehlende Empathie als eine Ursache für Gewalt dargestellt. Eine Woche danach fanden sich die Gruppen im Schauspiel Leipzig ein, um das Stück „Der Kick“ von Andres Veiel und Gesine Schmidt, das eine extreme Form von Jugendgewalt auf der Grundlage tatsächlichen Geschehens thematisiert, anzusehen. Das Stück erfordert hohe Konzentration, da jeder Schauspieler mehrere Rollen verkörpert und den Wechsel weniger mit äußeren Attributen, sondern vielmehr mit Haltungen, Mimik und Gestik bewältigt. Und es ist kein „angenehmes, schönes“ Stück, sondern eines das ergreift, schockiert, abstößt. Die Schüler, die in der Schule kaum 45 Minuten Unterricht ohne Nebentätigkeiten oder Störungen aushalten, waren 95 Minuten mucksmäuschenstill und hochkonzentriert. Als Fazit kann festgehalten werden, dass das Projekt allen Seiten Gewinn gebracht hat. Die Schüler haben erfahren, dass sie gemeinsam Beachtliches leisten können, wenn sie verantwortungsbewusst miteinander umgehen, und sie sind sensibler für Anfänge von Gewalt geworden. Eine detaillierte Analyse der Entwicklung der Schüler in einer Staatsexamensarbeit ist noch nicht abgeschlossen. Die Studierenden reflektierten, dass sie für sich einen Zuwachs an Kompetenzen verbuchen können. Sie zeigten sich weiterhin erfreut über die Verbindungen zu den Schulen, die ihnen beispielsweise bei Praktika zugute kommen. Die Schulen begrüßten die Bereicherung ihres Schullebens. Einige vereinbarten bereits eine Fortsetzung im kommenden Schuljahr. Auch im Sinne einer kulturpolitischen Netzwerkbildung innerhalb der Stadt Leipzig war das Projekt ein großer Erfolg, denn es führte Bemühungen von Universität, Schulen und Schauspiel Leipzig zusammen. Die Regionalstelle Leipzig der Sächsischen Bildungsagentur hält eine Fortsetzung für wünschenswert und förderungswürdig. 34 Sind Nebenjobs mit Bachelor und Master vereinbar? Mal wegfliegen und ein Buch mehr Der jobbende Student – eine aussterbende Spezies? Zu Zeiten des Magisterns und Diplomierens gehörte er ebenso fest zum Inventar einer Universitätsstadt wie Mensagerüche und übervolle Fahrradständer. Mit dem Einzug von Bachelor und Master in die Interimsgebäude schien es aus zu sein mit dem Arbeitgebertraum von der flexibel einsetzbaren Arbeitskraft. Seit einem Jahr lernen Leipzigs Uni-Studenten in mehr als 60 Studiengängen nach engem Stundenplan, mit präzise vorgeschriebenem Arbeitspensum und mehreren Prüfungen am Ende eines jeden Semesters. Bleibt da noch Zeit zum Arbeiten, wollte Caroline Kieke wissen und fragte nach. „Offenbar schon“, sagt Martina Lindhorst von der Jobvermittlung des Studentenwerks in der Goethestraße. 6000 Einträge verwaltet sie in der Studentendatenbank für Arbeitswillige, einen Rückgang der Nachfragen seit der Studienreform hat sie nicht bemerkt. Die langjährige Leiterin der Anlaufstelle für Studenten in Geldnöten ist sicher, dass ein Nebenjob dem Studium nicht schaden muss. Aus eigener Erfahrung mit ihrer Tochter ist sie jedoch selbst unzufrieden mit den gesetzlichen Vorgaben: „Das System an sich ist nicht stimmig.“ Studenten, die kein BAföG und kaum elterliche Unterstützung bekommen, könnten bei den Leipziger Stundenlöhnen von durchschnittlich 6,50 Euro kaum ihren Bedarf decken. Der Spagat zwischen Job und Studium ist definitiv schwieriger geworden, glaubt Almut Ketzer vom StuRa. „Im Prinzip ist man Vollzeitstudent und wird kaum dazu kommen, etwas anderes zu machen.“ Besonders hart treffe das die Lehramtsstudenten, weil ihre Seminare und Vorlesungen sich, wenn auch mit Pausen, über den gesamten Tag erstrecken. Das soll Überschneidungen der Lehrmodule an den verschiedenen Instituten verhindern – macht es aber schwer, noch eine Nebentätigkeit einzutakten. Das bestätigt eine Umfrage des StuRa unter mehr als 500 Studenten. Demnach kann sich knapp ein Drittel von ihnen eine Arbeit von wöchentlich bis zu zehn Stunden vorstellen. Knapp zwei Drittel der Befragten beantworteten die Frage jedoch negativ oder konnten sich das „eher nicht“ vorstellen. Leider gibt es keine Vergleichsergebnisse von den Magister- und Diplom-Studiengängen, „aber“, so Almut Ketzer, „wir wissen aus Erfahrung, dass bisher relativ viele Studierende gearbeitet haben.“ Um das auch weiterhin zu ermöglichen, arbeitet der Stura gerade an einem Konzept für einen freien Nachmittag in der Woche. Der ist zwar noch Zukunftsmusik, könnte aber einen regelmäßigen Job oder ehrenamtliches Engagement in Vereinen oder studentischen Gremien erleichtern. Oriana Gaetaniello (21) studiert Arabistik auf Bachelor, drittes Semester: „Im ersten Semester habe ich nicht gejobbt, im zweiten aber recht viel. Klar macht man dadurch weniger für die Uni, aber nur so konnte ich mir meinen sechswöchigen Sprachkurs in Damaskus finanzieren. Ich habe letztes Semester drei Mal die Woche als Eisverkäuferin gearbeitet – zum Glück hatte mein Chef Verständnis, wenn ich für eine Prüfung lernen musste. Trotzdem muss man sich daran gewöhnen, mit weniger Schlaf auszukommen. In den Semesterferien war es zum Beispiel so, dass ich abends nach acht Stunden Arbeit noch für meine Hausarbeit gelesen habe. Mein Studium besteht aus 20 Semesterwochenstunden plus anderthalb Stunden Vor- und Nachbereitung täglich. Das lässt sich auf Dauer nicht mit einem Job vereinbaren. Wenn ich nicht müsste, würde ich es jedenfalls nicht machen.“ Michael Schenke (23) studiert Betriebswirtschaftslehre auf Diplom, neuntes Semester: „Ich arbeite in einem Café in der Innenstadt, um die regelmäßigen Fahrten nach Dresden bezahlen zu können. Ich bin dort an der Technischen Universität als Nebenhörer eingeschrieben und fahre die Strecke zwei Mal pro Woche. Mit dem BAföGGeld komme ich am Ende des Monats bei plus minus Null raus. Die Fahrtkosten nach journal Studiosi | Personalia Neu berufen: Neu berufen: J.-U. Stolzenburg Karin Kurz Dresden muss ich mir deshalb dazu erwirtschaften, vorwiegend freitags bis sonntags, auf jeden Fall aber zwei bis drei Mal die Woche jeweils einen halben Tag.“ Lars Weise (24) studiert Amerikanistik und KMW im Magisterstudiengang, neuntes Fachsemester: „Arbeiten ist für mich selbstverständlich und gehört fest zu meinem Rhythmus. Ich war schon Pauschalkraft bei Steinbruch, Saturn und Quiksilver. In diesem Semester werde ich mir wieder einen Laden in der Innenstadt suchen. Mit zehn bis 15 Stunden pro Woche komme ich auf 300 bis 400 Euro pro Monat für meine finanzielle Unabhängigkeit. Das Geld ist allein dafür da, entspannter leben zu können: zum Wegfliegen im Sommer, mal schön essen gehen oder ein Buch mehr – und vor allem möchte ich am Ende des Monats nicht bei Null ankommen. Ich finde es heilsam, wenn man sich seine Woche etwas voller packt und auch mal mit Nicht-Studenten zu tun hat. Bei zwölf Semesterwochenstunden ließen sich Studium und Arbeit zuletzt gut verbinden, jetzt habe ich zum Master of American Studies gewechselt. Ich bin sicher, dass es auch mit dem dort vorgesehenen ‚work load‘ von 40 Semesterwochenstunden funktionieren kann. Die Leute wissen, dass Studenten in Deutschland nicht von Stipendien leben und auf einen Nebenverdienst angewiesen sind.“ Heft 5/2007 Am 1. Mai wurde Dr. Jens-Uwe Stolzenburg zum Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie und als W3-Professor für Urologie am Universitätsklinikum Leipzig AöR berufen. „Von dem künftigen Direktor der Urologischen Klinik darf erwartet werden, dass er die Institution weiterentwickelt und auf einem Niveau leitet, das dem hohen Anspruch der Fakultät und des Klinikums entspricht“, lauten Stolzenburgs hohe Forderungen an sich selbst. Der 42Jährige arbeitet am Auf- und Ausbau einer international konkurrenzfähigen Klinik und Spitzenleistungen in der Forschung. Seine Spezialgebiete sind die Tumorchirurgie (Erforschung der Zusammenhänge zwischen Embryologie und Tumorausbreitung urologischer Tumore) und die minimalinvasive Chirurgie. 2001 gründete er eine entsprechende Arbeitsgruppe und ein Jahr später das International Training Centre of Urologic Laparoscopy. Seine Karriere begann Stolzenburg noch vor dem Hochschulstudium als Pfleger an der Klinik für Urologie 1985. Nach dem Studium (1985–1992), der Weiterbildung zum Facharzt wurde Stolzenburg 1999 zum Funktionsoberarzt und 2003 zum stellvertretenden Klinikdirektor ernannt. Seit April 2005 führte er die Geschäfte kommissarisch. Nach längerem Überlegen und anderen Angeboten entschied er sich zum Bleiben. Der Neubau des Operativen Zentrums, die aktiven Beziehungen zu anderen Kliniken und das leistungsstarke Team aus Ärzten und Schwestern hätten für Leipzig gesprochen. „Das Reizvolle an meiner Arbeit ist die Entwicklung universitärer Hochleistungsmedizin in Verbindung mit projektbezogener wissenschaftlicher Arbeit und praxisorientierter studentischer Ausbildung im Spannungsfeld aktueller gesundheitspolitischer Herausforderungen.“ Seit 1999 engagiert sich der begeisterte Fußballer, Triathlet und ehemalige Leistungssportler für den Aufbau einer urologischen Versorgung in mehreren Krankenhäusern von Kamerun. T. D. H. „Lebensläufe und soziale Ungleichheit“ sind Spezialgebiete der neu berufenen Soziologie-Professorin Dr. Karin Kurz. Die 1959 im Saarland Geborene hat seit April den Lehrstuhl „Vergleich moderner Gegenwartsgesellschaft“ am Institut für Soziologie inne, zuvor hatte sie die Professur ein halbes Jahr lang vertreten. Habilitiert hatte sich Kurz an der Otto-FriedrichUniversität Bamberg (2006) zum Thema „Beschäftigungsunsicherheiten und langfristige Bindungen. Analysen zu Partnerschaftsverhalten, Familiengründung und zum Erwerb von Wohneigentum“. Die Buchform der Habilitationsschrift ist derzeit in Arbeit. Zuvor hatte sie in Mannheim promoviert. Das Thema: „Das Erwerbsverhalten von Frauen in der intensiven Familienphase. Ein Vergleich zwischen Müttern in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika“, das gleichnamige Buch erschien 1998 bei Leske+Budrich. Überhaupt liest sich die lange Liste der Publikationen empirischer Arbeiten interessant – auch für Fachfremde. Immer wieder befasste sie sich mit den Folgen des Arbeitsmarktes auf das soziale Miteinander und Partnerschaftsbeziehungen in verschiedenen Ländern. Studiert hatte Kurz von 1979 bis 1986 in Mannheim und war zu einem Forschungsund Studienaufenthalt von 1989 bis 1991 an der University of Wisconsin, Madison (USA). Nach Leipzig kam die 47-Jährige wegen der reizvollen Tätigkeit, die mit der Professur für Vergleich moderner Gegenwartsgesellschaften verbunden ist. Die Ausrichtung des Instituts und die Attraktivität der Messestadt leisteten zudem ganze Überzeugungsarbeit. Vorgenommen hat sich Kurz den „Ausbau der Forschung zur international vergleichenden Sozialstrukturanalyse in Leipzig“. In der knapp bemessenen Freizeit widmet sich die Professorin ihren drei Hobbys: Wandern, Kanu fahren und gut Essen. T. D. H. 35 Personalia NOMEN Die Kolumne von Namenforscher Prof. Dr. Jürgen Udolph Der Familienname „Mehlhorn“ Neu berufen: Neu berufen: Ulrich Bröckling Grit Mehlhorn Ethik, Politik, Rhetorik. So lautet der Titel der neu geschaffenen Professur am Institut für Politikwissenschaft, die Ulrich Bröckling seit April inne hat. Der aus Freiburg stammende 48-jährige Soziologe unterstützt insbesondere die Ausbildung für künftige Gemeinschaftskunde- und Ethiklehrer. Dabei liegt sein Schwerpunkt weniger bei der Fachdidaktik im engeren Sinne. Bröckling interessiert sich vielmehr für die wissenssoziologischen Grundlagen pädagogischen Handelns, etwa die Lebenswelten Jugendlicher, ihre Wertorientierungen und die Schule als Lernort. Er lehrt und forscht aber auch im Bereich der politischen Theorie und der politischen Soziologie. Nach einer Ausbildung zum Heilpädagogen promovierte Ulrich Bröckling im Fach Soziologie, habilitierte in Freiburg und arbeitete vor seiner Berufung nach Leipzig einige Jahre als Verlagslektor und danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich „Literatur und Anthropologie“ der Universität Konstanz. Von 2003 bis März diesen Jahres koordinierte Bröckling dort das kulturwissenschaftliche Graduiertenkolleg „Die Figur des Dritten“. Seine Forschungsarbeit würde er in Leipzig gern im Rahmen des profilbildenden Forschungsbereichs Riskante Ordnungen fortsetzen. In den letzten Jahren hat er sich insbesondere mit Fragen der Menschenund Selbstführung beschäftigt. Darum geht es auch in seinem soeben erschienenen Buch „Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform“ (Suhrkamp-Verlag). Nach Leipzig ist Professor Ulrich Bröckling im übrigen bereits umgezogen: „Besonders schön ist für mich die Fahrradtauglichkeit der Stadt, die auf dem Weg zu den verschiedenen Interimsgebäuden besonders schnell kennen lerne“. M. R. Grit Mehlhorn ist neu berufene Professorin für Didaktik der slawischen Sprachen (Russisch, Polnisch, Tschechisch) – und kennt Leipzig wie ihre Westentasche. Von 1992 bis 1997 hatte die in Quedlinburg Geborene hier Ostslawistik, Ost- und Südosteuropawissenschaften sowie Angewandte Sprachwissenschaften studiert – unterbrochen durch zwei Semester Russisch und Ukrainisch an der TarasŠevčenko-Universität Kiew, promovierte sie am Zentrum für Höhere Studien der Universität Leipzig und absolvierte ein Aufbaustudium Deutsch als Fremdsprache. Außerdem lehrte sie am Herder-Institut, war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Linguistik/Germanistik der Universität Stuttgart und Juniorprofessorin für Didaktik/Methodik im Bereich Deutsch als Fremdsprache an der TU Berlin. Dass sie Leipzig treu bleibt, hänge vor allem mit dem guten Ruf der hiesigen Slawistik zusammen und dem Stellenprofil, das „einzigartig in Deutschland“ sei. „Ich kann sprachenübergreifend arbeiten und auch Aufbauarbeit leisten, da bisher keine Polnisch- und Tschechischlehrenden ausgebildet wurden. Hinzu kommt die räumliche Nähe zu diesen Nachbarländern“, erklärt Mehlhorn. Mit der Schaffung der Professur wurden auch Promotionen im Bereich Fremdsprachendidaktik und Sprachlehrforschung möglich. „Ich möchte das Lernen slawischer Sprachen attraktiver machen, vor allem an den Schulen in Sachsen, aber auch an der Universität“, sagt sie couragiert. Aber auch für eine größere Wertschätzung angehenden Lehrern gegenüber will sie sich einsetzen. Zu ihren wichtigsten Publikationen zählt Professor Mehlhorn ihre Promotionsschrift „Kontrastierte Konstituenten im Russischen. Experimentelle Untersuchungen zur Informationsstruktur“ (Peter Lang Verlag, Frankfurt, 2002) und das 2005 erschienene Buch „Studienbegleitung für ausländische Studierende an deutschen Hochschulen“. T. D. H. 36 Unter 40 Millionen Telefonteilnehmern (Stand: 1998; neuere CD-ROMs sind aus Datenschutzgründen schlecht zu verarbeiten) ist der Name in Deutschland 1.584mal belegt. Die Verbreitung zeigt, daß er vor allem in Westsachsen zuhaus ist: Die höchste Dichte erreicht der Name in den Kreisen Aue-Schwarzenberg (133 Einträge), Stollberg (81), Zwickauer Land (68), Stadt Chemnitz (61). In der deutschen Familiennamenforschung ist Mehlhorn schon des öfteren behandelt worden. So meint J. K. Brechenmacher, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen, Bd. 1–2, 1960–63, es handele sich um einen sogenannten „gedeckten“ Berufsnamen, gibt aber keine weitere Erläuterung. R. Zoder, Familiennamen in Ostfalen, Bd. 2, Hildesheim 1968, S. 134 geht etwas weiter und vermutet einen Berufsnamen nach dem Gegenstand der Arbeit „zum Grundwort horn im Sinne von Behälter?“.m Im Duden – Familiennamen. Herkunft und Bedeutung, 2. Aufl., bearb. v. R. u. V. Kohlheim, Mannheim usw. 2005, S. 453 heißt es: „Berufsübername zu mhd. mël ,Mehl‘ und mhd. horn ,Horn‘ (wohl im Sinne von ,Mehlbehälter‘) für einen Müller, Mehlhändler oder Bäcker“. Die umfassendste Deutung des Familiennamens findet sich bei V. Hellfritzsch, Familiennamenbuch des Sächsischen Vogtlandes, Berlin 1992, S. 138: „1388 junchfraw Melhornyn …, 1438 Melhorn … um 1800 Mehlhorn … Übername: mittelhochdeutsch mël ,Mehl‘ und horn ,Horn‘. Nach K. Müller-Fraureuth, Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgischen Mundarten, Dresden 1914, S. 87 u. 22 synonym mit Mahlwurm. Berufsname des Müllers, Bäckers (H. Klenz, Scheltenwörterbuch, Straßburg 1910, S. 11; Material des an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig neu entstehenden Wörterbuchs der obersächsischen Mundarten)“. journal Michael Schrodt, Schauspieler INNERE SICHERHEIT--- Hat Schäuble recht? Spielzeit 07 | 08 Wir nehmen sowohl Bezug auf aktuelle politische Vorgänge als auch auf den zutiefst menschlichen Wunsch, seiner selbst sicher sein zu können. Unsere Helden sind gerade das in aller Regel nicht. Ob sie in der Begegnung mit einem anderen aus fest gefügten Überzeugungen geschleudert werden (wie Achill und Penthesilea in Kleists Penthesilea), ob sie beim Enträtseln der Geheimnisse ihres Vaters entdecken müssen, dass dieser ihr Bruder ist (wie Jeanne und Simon in Verbrennungen von Wajdi Mouawad), oder erfahren, dass ihre Gemeinschaft Stabilität und Ruhe schafft, indem sie aus ihnen Außenseiter macht (wie Antonio und Shylock in Shakespeares Der Kaufmann von Venedig) – mit dem Wunsch, sicher leben und der eigenen Identität sicher sein zu können, treffen sie alle einen Nerv unserer Zeit. Sicherheit hat Konjunktur! DAS THEMEN-ABO 6 Stücke zum Thema – Einladungen zu Lesungen, Gastspielen und Gesprächen – Programmhefte kostenlos frei Haus – 30 % Ermäßigung | Infos/Buchung Theaterkasse im Schauspielhaus | Bosestraße 1 | Mo–Fr 10–19 Uhr | Sa 10–13 Uhr www.schauspiel-leipzig.de ------------------------- Karten (03 41) 12 68-168 Heft 5/2007 k 17. Oktober, 19.30 Uhr, Schauspielhaus | Eintritt frei Gestaltung: Auftaktveranstaltung zur Themenreihe „Innere Sicherheit“ mit Politikwissenschaftler Andreas Anter (Leipzig) Foto: Rolf Arnold ZAUBERWORT SICHERHEIT 37 Personalia Geburtstage Neu berufen: Neu berufen: Kurt Engeland Barbara Kirchner Der Biochemiker Kurt Engeland hat seit Juli die Professur für Molekulare Gynäkologische Onkologie an der Universitätsfrauenklinik inne. Zugleich ist er Leiter des Labors und der experimentellen Forschung an der Einrichtung. Zuvor leitete er das Forschungslabor an der Medizinischen Klinik II der Universität Leipzig. Dort in der Gastroenterologie verankert, sucht er jetzt in der Universitätsfrauenklinik nach den molekularen Ursachen für die Ausbreitung von Krebszellen im Körper. Was veranlasst die Krebszelle sich in Körperregionen anzusiedeln, deren Eigenschaften nicht mit dem Primärtumor übereinstimmen? Wie entscheiden die Zellen, wo sie sich ansiedeln? Welche Gene werden für die Zellteilung genutzt, welche Mechanismen liegen dem zugrunde? Wie stellt eine Zelle fest, ob sie entartet ist? Wovon hängt es ab, ob es zum programmierten Zelltod einer entarteten Zelle kommt, wann kommt es zu Krebs? Das sind einige der grundlegenden Fragen, denen der Wissenschaftler mit molekulargenetischen Experimenten in Zellkulturen nachgeht und zu beantworten versucht. Natürlich wird er auch Ansätze verfolgen, die dann in späteren Anwendungen Patienten direkt helfen können. Prof. Engeland hat sich für Leipzig und gegen zwei Angebote an anderen Universitäten entschieden: „Ich habe hier bezüglich der Ausstattung der Professur ein sehr attraktives Angebot bekommen. Ein sehr wichtiger Faktor war zudem, dass fünf meiner Mitarbeiter mit mir an die Frauenklinik wechseln konnten. Außerdem waren Kooperationen an der Universität Leipzig bei einem Verbleiben an der hiesigen Fakultät besser fortzuführen. Hierbei spielte meine Mitgliedschaft im IZKF als Forschungsverbund eine wichtige Rolle.“m Engeland ist Vater von zwei erwachsenen Kindern. Seine Familie lebt seit seinem Amerikaaufenthalt an der Harvard Medical School (Boston) in Marburg, wo seine Frau als Diplom-Bibliothekarin arbeitet. B. A. Einen der Lehrstühle am Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie hat jetzt Prof. Barbara Kirchner inne. Die 37 Jahre alte Freiburgerin kam aus Bonn nach Leipzig. Sie hat ihre Passion für Chemie und Mathematik zum Beruf gemacht und sich deshalb für die Theoretische Chemie entschieden. Mit theoretischen Methoden beschreibt sie Moleküle in kondensierter Phase, genauer gesagt kombiniert sie MolekulardynamikSimulationen mit elektronischen Strukturmethoden. In einer Studie ist es ihr gelungen, durch geschickte Substitution die Struktur eines Barbaralan-Moleküls so zu ändern, dass ein Zustand erreicht wurde, der eigentlich nicht stabil sein will. Scherzhaft sei sie schon gefragt worden, ob sie dieses Molekül nach ihr selbst benannt habe. Zur Zeit arbeitet sie unter anderem an einer relativistischen Beschreibung innerhalb dieser Methodenkombination. So ergeben sich neue Wege, Verbindungen schwerer Elemente dynamisch zu untersuchen. Möglich wurde dies erst mit der Entwicklung der Computertechnik seit den 1980er Jahren. Allerdings kosten diese Berechnungen sehr viel Computerzeit, die das Verfahren kostenspielig macht. Die junge Wissenschaftlerin freut sich über die Bedingungen auch für Frauen, die sie in Leipzig vorfindet. „Ich habe gesehen: Frau Hey-Hawkins ist Lehrstuhlinhaberin, Frau Beck-Sickinger Dekanin. Die Kollegen mussten sich schon an Frauen gewöhnen.“ Aber auch Leipzig als Stadt gefällt ihr gut, so dass ihr der Abschied vom geliebten Bonn nicht ganz so schwer fiel. Sie nutzt die Kulturangebote der Stadt, besonders die des Gewandhauses und freut sich über die schöne Innenstadt. B. A. 38 Theologische Fakultät 70. Geburtstag Prof. (emer.) Dr. theol. Jürgen Ziemer, Institut für Praktische Theologie, am 20. Oktober Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät 60. Geburtstag Prof. Dr. Manfred Röber am 18. Oktober 70. Geburtstag Prof. Dr. Dieter Ehrenberg am 10. Oktober Medizinische Fakultät 80. Geburtstag Prof. Dr. rer. nat. Hans Wußing, Karl-Sudhoff-Institut, am 15. Oktober Prof. Dr. med. dent. Joachim Weißkopf, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, am 5. November Der Rektor der Universität Leipzig und die Dekane der einzelnen Fakultäten gratulieren herzlich. (Die Geburtstage werden der Redaktion direkt von den Fakultäten gemeldet. Die Redaktion übernimmt für die Angaben keine Gewähr. Das gilt auch für deren Vollständigkeit.) Kurz gefasst Beim Benjamin-Franklin-Contest von Medizinischen Fakultäten an der Berliner Charité konnte die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig den 3. Platz belegen. Das Team wurde intensiv unter Leitung von Professor Christoph Baerwald, Martin Neef (beide Zentrum für Innere Medizin) und Maik Behnke (Zentrum für Chirurgie) gecoacht. Die erfolgreiche studentische Mannschaft, die sich gegen Berlin, Hannover, Mainz und Wien durchsetzen konnte, bestand aus Muriel Baum, Diana Blaschke, Verena Puppe, Robert Anders, Stefan Kabisch und Felix Woitek. Der Benjamin-Franklin-Contest ist ein studentischer Wettbewerb zwischen sieben medizinischen Fakultäten aus dem deutschsprachigen Raum. Bei der rasanten Jagd auf die meisten Punkte müssen in kürzester Zeit Blickdiagnosen gestellt, möglichst kostengünstig klinische Fälle diagnostiziert und Internetrecherchen durchgeführt werden. journal Personalia Prof. Dr. Stefan Troebst (Institut für Slavistik) hat von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Mittelbewilligung für das internationale Ausstellungsprojekt „Europa Jagiellonica – Kunst und Kultur in der Mitte Europas um 1500“ erhalten. Die Ausstellung wird 2010 in Leipzig und sodann in Prag, Wilna und Warschau gezeigt. Kooperationspartner sind das GRASSI Museum für Angewandte Kunst und das GWZO in Leipzig sowie das Königsschloss in Warschau, die Galerie der Hauptstadt Prag sowie das Litauische Kunstmuseum in Wilna. Die wissenschaftliche und organisatorische Leitung liegt in den Händen der Leipziger Kunsthistorikerin Dr. Andrea Langer. Des weiteren hat der wissenschaftliche Beirat des Moldova InstitutsLeipzig (MIL) Prof. Dr. Stefan Troebst zu seinem Vorsitzenden gewählt. Desgleichen hat die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Berlin) ihn zum Mitherausgeber des Jahrbuchs für historische Kommunismusforschung ernannt. Die Europäische Gesellschaft für Kinderendokrinologie (ESPE) wählte auf ihrer diesjährigen Jahrestagung Professor Dr. Wieland Kiess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität Leipzig, für das Jahr 2012 zu ihrem Präsidenten. Dies bedeutet, dass 2012 die 51. Jahrestagung der ESPE mit rund 2500 Wissenschaftlern aus aller Welt in Leipzig stattfinden wird. Auf Initiative von Prof. Kiess, wurde ebenfalls für die Zeit von 2009 bis 2017 die Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) im Zweijahres-Rhythmus nach Leipzig geholt. In den ungeraden Jahren ist Leipzig Austragungsort, in den geraden Stuttgart. Die Jahrestagung der DDG ist mit ihren rund 7000 Teilnehmern eine der größten und bedeutendsten medizinischen Tagungen in Deutschland. Im Sommer war Prof. Kiess als Mitglied einer internationalen Expertengruppe im Auftrag der Universität Zürich an der Evaluierung des dortigen Kinderspitals und der Erarbeitung von Empfehlungen für die zukünftige Struktur und Ausrichtung der Einrichtung beteiligt. Prof. Dr. Siegfried Gottwald, geschäftsführender Direktor des Instituts für Logik und Wissenschaftstheorie, ist erneut für drei Jahre von der internationalen Zeitschrift „Fuzzy Sets and Systems“, dem offiziellen Publikationsorgan der InternaHeft 5/2007 tional Fuzzy Systems Association, zum Herausgeber für das Spezialgebiet „nonclassical logics and fuzzy set theory“ ernannt worden. Professor Dr. Arne C. Rodloff, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, wurde vom Amtschef des Sanitätsamtes der Bundeswehr, Generalstabsarzt Dr. Hartmut Siebertz, in den Wissenschaftlichen Beirat für die drei Institute des ABC-Schutzes berufen. Dr. Dr. Holm Uhlig, Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche, erhielt von der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung den Professor David Shmerling Forschungspreis für seine zwei Arbeiten „Characterization of Foxp3+CD4+CD25+ and IL-10-Secreting CD4+CD25+ T Cells during Cure of Colitis“ und „Differential Activity of IL-12 and IL-23 in Mucosal and Systematic Innate Immune Pathology.“ Außerdem erhielt der Wissenschaftler den Charlotte Anderson Travel Award der European Society für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatology and Nutrition für seine Laborprojekte zu „Mucosal regulatory T cells in patients of IBD and mouse models of intestinal inflammation“. Damit kann er die Kooperation mit Prof. Dr. Fiona Powrie von der University of Oxford ausbauen. Dr. Gero Strauß, ICCAS und Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde erhielt mit seiner klinischen Arbeitsgruppe auf der diesjährigen International Conference on Computer Aided Surgery around the Head den „Award for Excellence in Computer Aided Surgery around the Head“. Dr. Strauß konnte den Preis in Innsbruck entgegennehmen. Der Preis ist mit 2.000 ChF dotiert. Prof. Dr. Hannes Siegrist, Inhaber der Professur für Vergleichende Kultur- und Gesellschaftsgeschichte im Institut für Kulturwissenschaften, ist zum Ordentlichen Mitglied der Philologisch-historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig gewählt worden. Der Vorstand des Translationszentrums für Regenerative Medizin (TRM) hat sich konstituiert: Prof. Dr. med. Frank Emmrich, Direktor; Falk Stenger, Vertreter der Universität Leipzig, Referent des Kanzlers; Dr. rer. nat. Michael Cross, Sprecher konzeptionelles Gate Board, Hämatoonkologie; Dr. rer. med. Jörg Meisel, Sprecher präklinisches Gate Board, Neurochirurgie, BG Kliniken Bergmannstrost, Halle; Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Alexander Hemprich, Sprecher klinisches Gate Board, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie; Dr. rer. nat. Jan Matthias Braun, Stellvertretender Direktor für Forschung und Verwaltung. Noch nicht benannt sind: Der Stellvertretende Direktor für Weiterbildung und Personalentwicklung und der Vertreter der Uni Halle. Vorsitzender des Internen Beirats ist: Prof. Dr. rer. nat. Martin Schlegel, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Sprecherinnen und Sprecher der Forschungsbereiche sind: Prof. Dr. rer. nat Bernd Rauschenbach, Fakultät für Physik und Geowissenschaften, IOM/Angewandte Physik, Tissue Engineering, Interfaces and Materials (TEMAT); Prof. Dr. med. Johannes Schwarz, Neurologie, Medizinische Fakultät, Cell Therapies for Repair and Replacement (CELLT); Prof. Dr. rer. nat. Anette Beck-Sickinger, Dekanin der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, Biochemie/Bioorganische Chemie, Regulatory Molecules and Delivery Systems (REMOD); Prof. Dr. rer. nat. Andrea Robitzki; Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum, Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, Molekularbiologisch-biochemische Prozesstechnik, Imaging and Monitoring of Regeneration (IMONIT). Zur XXIV. Sommer-Universiade in Bangkok entsandte die Universität vom 8. bis 18. August drei Sportler und einen Betreuer. Das Ergebnis: Eine knappe Niederlage im Viertelfinale ereilte Christoph Helbig mit dem Volleyballteam. Am Ende sprang ein beachtlicher 5. Platz heraus und damit die beste Universiade-Platzierung seit zwei Jahrzehnten. Kathleen Radtke erreichte mit der Fußballmannschaft der Frauen den 13. Platz. Die Judoka Anja Wagner schied bereits in der Vorrunde aus. Mit insgesamt el Medaillen gehörte das Schießen zu der erfolgreichsten deutschen Sportart. Betreut wurden die Schützen unter anderem von dem Leipziger Enrico Friedemann. Insgesamt nahmen 10 000 Sportler aus 160 Nationen teil, davon 175 deutsche Athleten. 39 Personalia Nachruf für Professor Dr. med. Werner Ries Professor Dr. med. Werner Ries ist am 26. Mai nach langem schwerem Leiden im Alter von 86 Jahren gestorben. Die deutsche Innere Medizin, insbesondere die Gerontologie, verliert mit ihm einen international renommierten Internisten und Gerontologen, ausgewiesenen Hochschullehrer und Wissenschaftler. Als Schüler von Max Bürger ist es ihm gelungen, dessen Vorstellungen von der Gerontologie weiter zu entwickeln und in den medizinischen Betreuungsalltag umzusetzen. Werner Ries wurde am 20. März 1921 in Nürnberg geboren, studierte in Würzburg und Leipzig, promovierte 1945 und absolvierte seine Facharztausbildung für Innere Medizin an der Medizinischen Universitätsklinik Leipzig. Nach der Habilitation 1956 erfolgte 1969 die Ernennung zum Universitäts-Professor für Innere Medizin und Gerontologie an der Universität Leipzig. Mit Engagement und Zielstrebigkeit gründete er in dieser Zeit die Gerontologische Abteilung der Medizinischen Klinik und widmete sich seinem Hauptforschungsgebiet, der Adipositas und dem Stoffwechselgeschehen der Gerontologie. Seine Verdienste um die Entwicklung der Alternsforschung sind unbestritten, sein persönlicher Anteil bei der Gründung der Gesellschaft für Alternsforschung der DDR, deren erster Vorsitzender er wurde, und seine Mitarbeit als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Gerontologie sind hervorzuheben. Darüber hinaus wurde er zum Leiter der Sektion Geriatrie der Gesellschaft für Gerontologie der DDR ernannt. 1992 führte der engagierte Humanist die beiden deutschen Gerontologiegesellschaften zur Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie zusammen und wurde Tagungspräsident ihres ersten gesamtdeutschen Kongresses. Sein wissenschaftliches Werk umfasst elf Monographien und Lehrbücher, zehn Buchbeiträge, 225 Publikationen in Fachzeitschriften und 130 Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen. Er war ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und Leiter der Arbeitsgruppe Biologisches Altern. In seiner mehr als 34-jährigen Lehrtätigkeit bildete er viele Ärztegenerationen fachkompetent und in humanistischem Sinne aus. Viele Studenten und Doktoranden verdanken ihm die Hinführung zu einer Ganzheitsbetrachtung der Inneren Medizin. Aus seinem umfangreichen wissenschaftlichen Werk sind hervorzuheben die Entwicklung zur Bestimmung des biologischen Alters sowie die umfangreiche Längsschnittuntersuchung zum Alternsvorgang in der Leipziger Bevölkerung. Geachtet von der Ärzteschaft fand er auch Anerkennung in zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Außerdem war er Mitglied und Ehrenmitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Fachgesellschaften. Die große Anzahl seiner Schüler, Mitarbeiter, Kollegen und Wegbegleiter gedenken seiner in großer Dankbarkeit. Sie werden ihn als stillen, feinen Menschen und engagierten Arzt, Wissenschaftler und Hochschullehrer in Erinnerung behalten. Joachim Schauer im Namen der Internisten der Universität Nachruf für Professor em. Wolfgang Lorenz Am 19. Juni verstarb im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit Prof. Dr. rer. nat. habil. Wolfgang Lorenz. Am 29. Oktober 1925 in Zwickau geboren, studierte er von 1946 bis 1950 Physik an der Universität Leipzig. 1951 nahm er seine Lehr- und Forschungstätigkeit am Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Leipzig auf, promovierte und habilitierte sich hier und erhielt im Jahr 1961 eine Professur für Physikalische Chemie. Seine mehr als 45-jährige Schaffensperiode, die weit über die Emeritierung im Jahr 1991 hinausreichte, war geprägt durch grundlegende Arbeiten auf dem Gebiet der elektrochemischen Kinetik. Von wesentlicher Bedeutung für die moderne Elektro40 denkinetik war die Einführung des Konzepts des partiellen Ladungsübergangs bei elektrochemischen Reaktionen, das durch umfangreiche Experimente verifiziert wurde. Theorie und Experiment gleichermaßen zu beherrschen, war ein wesentlicher Zug seiner Forschung. Vor dem Hintergrund, dass Wolfgang Lorenz als „Nicht-Reisekader“ der lebendige Kontakt mit westlichen Kollegen weitgehend verschlossen blieb, muss man im Rückblick seine wissenschaftlichen Leistungen noch höher schätzen. Die äußerst fruchtbare, eigenschöpferische wissenschaftliche Tätigkeit, die in über 200 Publikationen und mehreren Patenten ihren Niederschlag fand, war jedoch nur eine Seite des Wirkens von Prof. Lorenz. Brachte er zunächst einer kleinen Zahl von Studenten in Spezialvorlesungen ein modernes Bild der Physikalischen Chemie nahe, wurden seine modernen Lehrinhalte später fester Bestandteilteil des Chemiestudiums überhaupt und insbesondere der Fachstudienrichtung „Theoretische Physikalische Chemie“. Neben seiner Ausstrahlung als Hochschullehrer und Wissenschaftler war es wohl auch der Ruf einer ausgezeichneten wissenschaftlichen Betreuung und einer sehr intensiven Zusammenarbeit, der überwiegend leistungsstarke Studenten veranlasste, sich um ein Diplom- bzw. Promotionsthema in seiner Forschungsgruppe zu bemühen. So entstanden über 60 Diplomarbeiten, 28 Promotionsarbeiten und drei Habilitationsschriften unter seiner wissenschaftlichen Anleitung. Dass fast alle ehemaligen Schüler anlässlich des Kolloquiums zu seinem 80. Geburtstag im November 2005 den Weg teils von weit her nach Leipzig fanden, ist ein Ausdruck der hohen Wertschätzung für ihren akademischen Lehrer. PD Dr. Cornelia Engler, PD Dr. Klaus-Dieter Schulze, Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie journal Personalia Ein Leben für Wissenschaft, Universität und Kirche Nachruf für Prof. Dr. Dr. Günther Wartenberg Nach schwerer Krankheit ist Professor Dr. Dr. Dr. h.c. Günther Wartenberg am 9. Juli im Alter von 64 Jahren verstorben. „Damit hat uns eine außergewöhnliche Persönlichkeit, der die Universität Leipzig zu großem Dank verpflichtet ist, viel zu früh verlassen“, betonte Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Günther Wartenberg war seit 1982 Dozent an der Theologischen Fakultät Leipzig und seit 1992 Professor für Kirchengeschichte. Als Leiter der Abteilung Spätmittelalter/ Reformation bewahrte er das Erbe der Reformationsforschung an dieser Fakultät. Auch nach der Wende 1989/90 konnte er durch seine weit reichende nationale und internationale Tätigkeit Leipzig als Ort der Reformations- und Lutherforschung weiter etablieren. Mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten zur Territorialkirchengeschichte leistete er einen bedeutenden, weit über die Universität hinauswirkenden Beitrag zur Landeskirchengeschichtsforschung. Daneben galt seine besondere Liebe der Geschichte seiner sächsischen Landeskirche. In Anerkennung seiner Mühen um die Kirchen in der Diaspora, besonders in den Ländern Ostmitteleuropas, verlieh ihm die Babeş-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca (Klausenburg/Rumänien) im Jahre 2003 die Ehrendoktorwürde. Sein Ziel: Gemeinsam die Universitätsgeschichte bis 2009 aufarbeiten Seit Januar 2000 widmete sich Professor Wartenberg der Aufgabe, eine Arbeitsgruppe Universitätsgeschichte aufzubauen. In Zusammenarbeit mit den Professoren Döring, von Hehl, Rudersdorf und Zwahr entwickelte er ein Konzept für eine mehrbändige „Geschichte der Universität Leipzig“, in der sowohl eine historische Standortbestimmung der Universität als auch eine Verknüpfung mit der Stadt-, Landes- und Reichsgeschichte vorgenommen Heft 5/2007 werden soll. Als Leiter der 2002 eingerichteten Senatskommission zur Erforschung der Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte trieb er dieses Projekt weiter voran. Gleichzeitig wurde damit begonnen, die Fakultäten und Institute für die Aufarbeitung ihrer Geschichte zu gewinnen.* Überlegungen führten zu einer Erweiterung des Projekts Universitätsgeschichte sowie zur Einrichtung der Reihe „Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte“, in der neue wissenschaftliche Forschungen und Arbeiten publiziert werden. Dank seines Einsatzes und Organisationsgeschicks sind wesentliche Arbeiten für die mehrbändige Geschichte der Alma mater Lipsiensis erbracht, die im Jubiläumsjahr 2009 erscheinen wird. „International anerkannter Wissenschaftler, kluger Ratgeber und liebenswürdiger Kollege“ Historiker, Theologe, Prorektor, Dekan und Vorsitzender der Senatskommission zur Erforschung der Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte: Am 9. Juli starb Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Günther Wartenberg. Foto: Karin Kranich Günther Wartenberg ging auf die einzelnen Einrichtungen und deren Leiter zu und warb um ihre Mitarbeit am Projekt einer Gesamtgeschichte der Universität Leipzig. In den unzähligen Gesprächen, die er führte, zeichnete sich ab, dass die historische Darstellung nicht nur auf Längsschnitte beschränkt werden könne, sondern auch die Entwicklung der einzelnen Fächer und Disziplinen und der sie tragenden Personen berücksichtigt werden müsse. Diese Professor Wartenberg engagierte sich mehrmals als Dekan der Theologischen Fakultät und betrieb von 1990 bis 1997 als Prorektor für Lehre und Forschung die Umgestaltung und Modernisierung der Universität Leipzig voran. „Mit besonderer Umsicht, mit Sachverstand und in sehr persönlicher Weise hat er es verstanden, den Reformprozess jener Jahre maßgeblich mitzugestalten“, unterstrich Rektor Häuser die große Verdienste von Professor Wartenberg. Für die Theologische Fakultät hob Dekan Rüdiger Lux in der Trauerfeier für Professor Günther Wartenberg in der Leipziger Nikolaikirche hervor: „Die Fakultät verliert mit dem Verstorbenen einen national und international angesehenen Wissenschaftler, einen klugen Ratgeber und einen liebenswürdigen Kollegen. Sein Leben war der Wissenschaft und der Universität gewidmet.“ r. * In der nächsten Ausgabe folgt eine Würdigung der Tätigkeit von Prof. Wartenberg als Vorsitzender der Kommission zur Erforschung der Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. 41 Personalia Ein Leben für die Wissenschaftsgeschichte Dem Mathematikprofessor Hans Wußing zum 80. Geburtstag Von Dr. Fritz König und Dr. Karl-Heinz Schlote Wenn Prof. Hans Wußing am 15. Oktober seinen 80. Geburtstag feiert, kann er zugleich auf 50 Jahre aktive, erfolgreiche Tätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte zurückblicken. Mit seinen Arbeiten zur Geschichte der Mathematik erlangte er Weltgeltung. Als junger Gelehrter erlebte er die Gründung einer mathematik- und naturwissenschaftsgeschichtlichen Abteilung am traditionsreichen Karl-Sudhoff-Institut und musste frühzeitig nach dem Tod von Gerhard Harig deren Aufbau fortsetzen und vollenden. 1927 im sächsischen Waldheim geboren, wurde der 15-jährige Hans Wußing als Luftwaffenhelfer eingezogen und erlebte die Schrecken des Krieges. Nach der Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft 1946, dem Schulabschluss 1947 und der als großes Glück empfundenen Zulassung zum Studium an der Leipziger Universität, führte ihn sein Lebensweg über das Staatsexamen für Mathematik und Physik (1951), als Basis für den angestrebten Beruf des Oberstufenlehrers, zu einer Aspirantur an der Universität Leipzig bei Walter Schnee (1885 –1958). 1957 wurde er mit einer gruppentheoretischen Arbeit promoviert und wandte sich nach zweijähriger Lehrtätigkeit in Mathematik und Physik an der „Arbeiter- und Bauern-Fakultät“ in Leipzig 1958 als Assistent am Karl-Sudhoff-Institutder Mathematik- und Naturwissenschaftsgeschichte zu. Der Habilitation 1966 folgten ein Jahr später die Verleihung einer Dozentur für Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften, 1968 die Berufung zum außerordentlichen Professor und 1970 zum Ordinarius für dieses Fachgebiet. Es war wesentlich ihm zu verdanken, dass ab Mitte der 1970er Jahre Vorlesungen zur Geschichte der Mathematik, Physik, Che42 mie und Biologie zu einem festen Bestandteil des Curriculums dieser Fachrichtungen wurden, für die entsprechenden Lehramtsstudiengänge als Pflichtfach. Es gelang ihm, eine international angesehene wissenschaftliche Schule in Leipzig zu etablieren, aus der mehr als 20 Promotionen und Habilitationen hervorgingen. Seine Forschungsaktivitäten zur Wissenschafts- und speziell der Mathematikgeschichte reichen von wissenschaftlichen Themen über die Geschichte der Naturwissenschaften insgesamt bis zu biographischen und detaillierten mathematikhistorischen Analysen. Eine umfangreiche Publikationsliste mit etwa 200 Einträgen, davon über 15 Bücher, zeugt davon. Der Leipziger Professor Hans Wußing machte sich mit Forschungen zur Wissenschafts- und speziell Mathematikgeschichte weltweit einen Namen. Am 15. Oktober wird er 80 Jahre alt. Foto: Universitätsarchiv Stellvertretend seien einige seiner teilweise schon zu den Klassikern der Wissenschaftsgeschichte gehörenden Schriften genannt, wie die „Mathematik in der Antike“ (1962), „Die Genesis des abstrakten Gruppenbegriffes“ (1969) die „Vorlesungen zur Geschichte der Mathematik“ (1979, gemeinsam mit Kollegen), die „Geschichte der Naturwissenschaften“ von den Anfängen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (1982 gemeinsam mit Kollegen), „Adam Ries. Die Coß“ (1992, mit W. Kauzner) und „Die große Erneuerung“ (2002). Seit über einem Jahrzehnt beteiligt sich der Jubilar intensiv an dem Projekt Hildesheimer Kollegen, durch die Einbettung des Werdegangs der Mathematik in die kulturelle Entwicklung einem breiten, in der Regel weniger einschlägig mathematisch vorgebildeten Publikum, einen Zugang zur Mathematik und ihrer auch kulturhistorischen Bedeutung zu liefern. Sein vielfältiges Wirken für die Wissenschaft verdient und fand internationale Anerkennung, wovon unter anderem die Mitgliedschaft in der Académie Internationale d’Histoire des Sciences und die Verleihung der Kenneth O. May Medaille (1993) zeugen. Hans Wußing hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Renommee Leipzigs und seiner Universität, die Wissenschaft Mathematik, seine Geschichte und Didaktik betreffend, nachhaltig gefördert. Nicht zuletzt auch dadurch genießt die Mathematik Leipzigs national wie international hohe Wertschätzung, was sich beispielhaft durch den bislang sehr Erfolg versprechenden Antrag auf Einrichtung des „Felix-Klein-Zentrums“ im Rahmen der Exzellenzinitiative der Bundesrepublik zeigt. Umso bedauerlicher ist es, dass seine Professur nach 1992 nicht weitergeführt wurde. journal Personalia Prof. Jürgen Innenmoser zum 65. Geburtstag Der Weg ist beim Aquajogging das Ziel Zwei Mal wöchentlich treffen sich die Teilnehmer der Übungsgruppe und werden sogleich mit dem Appell „Der Weg ist das Ziel“ ins Wasser geschickt. Da von Prof. Dr. Jürgen Innenmoser immer Freude und volle Konzentration auf die Trainingsstunde im Einklang stehen, freut sich jeder darauf. Wenn man die leise Energie eines Mannes am Beckenrand spürt, der es mit jedem ernst meint, schwingt man sich selbst zur Leistung auf. Sabine Friedrich (65) sagt: „Prof. Innenmoser trainiert trotz der großen Gruppe sehr individuell und, egal ob Behinderten-Gruppe oder Flitzer, er korrigiert Haltung und Einsatz. Wir kommen ordentlich in Schwung!“ Da er sich intensiv mit der Krankengeschichte und der Person beschäftigt, wird die Belastung genau beobachtet, zurückgenommen oder gesteigert. Man hat zu sich selbst Vertrauen und verlangt sich etwas ab, was man alleine wohl nicht tun würde. Jeder, ja jeder!, ist belastbarer und besser im Training, und so auch im Alltag, geworden. Singen, scherzen, lachen, auch manchmal laut reden oder zählen, schaffen eine launige Atmosphäre und sprechen Geist und Koordinationsfähigkeit an. Der Spaß darf nicht zu kurz kommen, verbissener Druck im Gesicht wird sofort korrigiert. Und da der Mann aus Köln kommt, geht’s zur Faschingszeit nur im Kostüm ins Wasser. Die Fakten sprechen für sich: Übersicht zur Leitung des Vereins, Kompetenz in der Vorstandsarbeit und Zusammenarbeit mit den Sportlehrern, der Weitblick und die Übersicht für die Notwendigkeit neuer Übungsgruppen, der Kontakt zu jedem einzelnen – das ist ein Ausnahme-Hochschullehrer. Ehrlich gesagt: Er könnte doch ruhiger leben, wissenschaftlich arbeiten, was sammeln und gut. Aber nein, das will er nicht. Bei ihm gehört alles zusammen: Training und Kommunikation, Essen und Reden, Sommerfest und Auswertung der Unterwasserkamera mit allen. Katrin Hart Prof. Dr. Jürgen Innenmoser in seinem Element. Am 2. September vollendete er das 65. Lebensjahr. Foto: Jan Woitas Heft 5/2007 43 Personalia Habilitationen Medizinische Fakultät Dr. Daniel Teupser (5/07): Molekulare Zellfunktion und Genetik der Atherosklerose Dr. Konrad Seller (7/07): Biomechanische, klinisch-radiologische und operationstechnische Untersuchungen zur Instrumentation von skoliotischen Wirbelsäulendeformitäten Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie Dr. Evelyn Ferstl (5/07): The functional neuroanatomy of text comprehension Dr. Marcus Stück (6/07): Entwicklung und empirische Überprüfung eines Belastungs-Bewältigungskonzeptes für den Lehrerberuf Dr. Thomas Berendonk (6/07): Analyse historischer und rezenter ökologischer Prozesse und deren Einfluss auf die genetische Diversität einer Art Sportwissenschaftliche Fakultät Dr. Christoph Freiherr von Laßberg (6/07): Zur okulomotorischen Orientierungsregulation und Bewegungssteuerung bei mono- und multiaxialen Ganzkörperrotationen in technisch-kompositorischen Sportarten Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften Dr. Anke Reichenbach (6/07): Goldenes Lächeln und mächtiges Gelächter. Die Lachkultur arabisch-muslimischer Frauen am Persischen Golf Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Dr. André Casajus (7/07): Beyond basic structures in game theory Promotionen Fakultät für Chemie und Mineralogie Christiane Ulrike Eva Berghof (2/07): Synthese, Charakterisierung und Komplexierungseigenschaften von Metallkomplexen mit S,O-Donorliganden Yan-Chun Liu (2/07): Nickel auf NiO-Filmen: Analyse von Struktur und Reaktivität mittels Metastabilen Induzierter Elektronenspektroskopie (MIES) Hui Zong (2/07): Transition from the single phase into the double-phase regime in the ternary mixtures of Formamide, Hex4NCl, CsCl and Formamide, Hex4NCl, CsF Claudia Gey (3/07): Development of new inhibitors for histone modifying enzymes:library screening, natural product isolation and biological evaluation Jörg Fröhlich (3/07): Untersuchungen zur Reduktion von N-substituierten Oxazolidin-2-onen Tatiana Luts (3/07): Immobilization of metal Salen complexes into mesoporous silica and their study in the catalytic epoxidation of olefins Kshama Parajuli (3/07): Laser based kinetic investigations of halogen radicals in aqueous solution 44 Ingo Hartmann (4/07): Untersuchungen zur Katalytischen Nachverbrennung von Luftschadstoffen mit Unterstützung durch Mikrowellenenergie Thomas Machold (4/07): Mechanistische Untersuchungen zur selektiven Oxidation von n-Buten/n-Butan an Vanadiumoxid-haltigen Katalysatoren Ulf Trommler (4/07): Einfluss von Huminstoffen auf chemische Reaktionen bei der Reinigung von kontaminierten Wässern Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Dirk Bessau (4/07): Politischer Innovator, Institutionen und wirtschaftliches Wachstum. Ein Beitrag zur ökonomischen Theorie der Verfassung aus neoklassischer Sicht. Jochen Kliver (4/07): Duktilitätsanforderungen an vorwiegend biegebeanspruchte Stahlbeton- und Spannbetonbauteile Paola Thomas (4/07): Ermittlung der Aufwendungen für die Bewirtschaftung der Wasserressourcen – ein Beitrag zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Matthias Klumpp (5/07): Modern Public Budgeting – Anforderungen an Informations- und Risikomanagementsysteme in öffentlichen Einrichtungen am Beispiel einer Risk-ReturnSteuerung für Hochschulen Martin Nowack (6/07): Projektentwicklung von Gewerbeimmobilien mit der Scorecard PE Rosemarie Schumann (6/07): Genealogische Analyse zur Inhaltsbestimmung des Wertefundaments der Sozialen Marktwirtschaft und dessen Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Konzeptes Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie Olaf Thalmann (3/07): Genetic variation in Gorillas Søren Krogh Andersen (3/07): Feature-based visual attention in human EEG Claudia Heine (3/07): Expression purinerger Rezeptoren im dopaminergen System – Einfluss von P2-Rezeptoragonisten und -antagonisten auf das Wachstum von organotypischen Gewebe-Co-Kulturen Felix Warneken (4/07): The Origins of Helping and Cooperation Uta Wagner (4/07): Die Bedeutung genetischer Variationen im Bereich des Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) Locus bei rheumatoider Arthritis (RA) Birgit Mosch (4/07): Die Bedeutung genetischer Variationen im Bereich des Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) Locus bei rheumatoider Arthritis (RA) Katrin Tefs (4/07): Schwerer Typ I Plasminogenmangel als Ursache der Conjunctivitis lignosa – Molekulargenetische, hämostaseologische u. protein-analytische Untersuchungen Jens Kolander (4/07): Synthese sowie chemische und biologische Eigenschaften von 1-Amino-2,4-dihydroxy-9,10-anthrachinonen Jasem Al-Mansour (4/07): Die Bedeutung von psychosozialen Bedingungen für die Lebenszufriedenheit im Alter – Ein interkultureller Vergleich zwischen der deutschen und syrischen Kultur Dirk Mischke (4/07): Generierung regulatorischer CD4+ T-Zellen aus naiven CD4+CD45RA+ T-Zellen durch Anti-CD4-Interaktion Ophir Tal (4/07): Comparative flowering ecology of Fraxinus excelsior, acer platanoides, Acer pseudo-platanus and Tilia cordata in the canopy of Leipzig‘s floodplain forest Matthias Salomo (5/07): Optische Pinzetten zum Studium der Wechselwirkungen zwischen histonähnlichen Proteinen und einzelnen DNA-Molekülen Jasna Martinovic (5/07): Event-related Gamma-band Activity in Visual Object Representation Carolin Donath (5/07): Tabakkontrollpolitik in stationären Suchtrehabilitationskliniken in Deutschland: Status und Auswirkungen Christiane Fischer-Münnich (5/07): Gestaltung intergenerativer Beziehungen in der Familie – Eine Fragebogenuntersuchung in ostdeutschen Drei-Generationen-Familien Sascha Göttling (5/07): Am Rande der Arbeitsgesellschaft – Psychologische Analyse der Arbeit langzeiterwerbsloser Menschen Claudia Claus (5/07): Influence of rubella virus structural proteins on entry and early post-entry events and on maintenance of viral RNA genome Gerd Müller (5/07): Charakterisierung zweier neuer Zellzyklusgene Maik Friedrich (6/07): Untersuchungen zur Charakterisierung der humanen Mono-ADP-Ribosyltransferase ART3 Stephanie Schmidt (6/07): Molecular analyses of ciliates: implications on species differentiation and phylogeny Jacqueline Maier (6/07): DNA damage and spontaneous mutagenesis in the thyroid gland of rats and mice under the influence of iodine and/or selenium deficiency Ulrica Dengl (6/07): Aktuelle Fragestellungen zur Analytik von Dimenhydrinat und Molsidomin im Rahmen der Qualitätssicherung von Arzneimitteln Susan Kralisch (6/07): Adipokines: Link Between Insulin Resistance and Obesity Cornelia Deckert (6/07): Molecular Aspects of Adiponectin Receptors Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften Susanne Karam (5/07): Lesestrategien im Arabischen als Fremdsprache. Eine qualitative Studie zum Einsatz von Strategien deutschsprachiger Lerner beim Leseverstehen arabischer Texte Atef Botros (5/07): Kafka aus Sicht arabischer Intellektueller. Die Wahrnehmung des jüdischen Beitrages zur europäischen Moderne zwischen universalistischer Integration und partikularistischer Politisierung Jessica Böttcher-Ebers (6/07): Der Bogen als visuelles Zeichen im römischen Stadtbild. Zum Bedeutungswandel eines Architekturelements in der späten Republik Olaf Czaja (6/07): Medieval Rule in Tibet: The Rlangs Clan and the Political and Religious History ot the Ruling House of the Phag mo gru pa journal Personalia Ulrike Ludwig (7/07): Philippismus und orthodoxes Luthertum an der Universität Wittenberg – Die Rolle Jakob Andreäs im lutherischen Konfessionalisierungsprozeß Kursachsens (1576–1580) Stefan Weixler (7/07): Kreuzgänge und kreuzgangsgleiche Gangsysteme im mittelalterlichen England. Die Entwicklung eines Bautypus im sakralen und profanen Kontext Felix Fleischer (7/07): Siedlungsarchäologie auf dem Mont Beuvray. Die Ausgrabungen der Universitäten Kiel und Leipzig 1989– 1998 im Oppidum Bibracte (Nièvre – Saône-et-Loire) Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie Sandra Baquedano Jer (5/07): Wille zur Phantasie. Versuch das ,Nichts‘ bei Schopenhauer auszuloten Anthony Onyemachi Agwuele (5/07): Rorty’s Deconstruction of Philosophy and the challenge of African Philosophy Andrea Claudia Hoffmann (6/07): Imagination und Medienaneignung: Ein Vergleich der Erinnerung an Traumplots und medial vermittelte Fiktionen Frank Herkenhoff (6/07): Risikomanagement für Public Relations. Theoretische Fundierung und instrumentelle Systematik zur Handhabung publizistischer Risiken Barbara Könczöl (7/07): „Ich war, ich bin, ich werde sein“ – Die SED und das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl-Liebknecht. Eine Studie zur Sakralisierung von Politik und politischen Mythen in der DDR Sandra Fleischer (7/07): Mediale Beratungsangebote als Orientierungsquellen für Kinder. Ein Beitrag zur Theorie der Orientierungsfunktion des Fernsehens Gabriele Kühne (7/07): Europäische grenzüberschreitende Zusammenarbeit an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland: Die EUREGIO und die Euroregion Neiße als EU-Binnengrenzregion und EU-Außengrenzregion bis zur EUOsterweiterung 2004 Jörn Bohr (7/07): Raum als Sinnordnung bei Ernst Cassirer Stefan Jarolimek (7/07): Kommunikationswissenschaftliche Transformationsforschung. Theoretische Annäherung und das Fallbeispiel Belarus Axel Philipps (7/07): Zwischen Unsicherheit und Zurückweisung. Alltäglicher Umgang mit Lebensmittelskandalen Sebastian Noll (7/07): Das Verhältnis zwischen Kommune und Bürger im Wandel der Zeit – Reformen für mehr Bürgernähe in der Evaluation Falk-Thoralf Günther (7/07): Afrika- und Lateinamerikaforschung in Deutschland zwischen Kaiserreich und Drittem Reich: Wissenschaftsentwicklung und äußere Einflüsse im Vergleich der Standorte Fakultät für Mathematik und Informatik Timm-Ulrich Lochmann (5/07): Uncertainty in Neural Preceptual Systems Asvin Goel (6/07): Fleet telematics: Real-time management and planning of commercial vehicle operations Patryk Burek (7/07): Ontology of Functions: A Domain-indepentend Framework of Modelling Functions Heft 5/2007 Fakultät für Physik und Geowissenschaften Manuela Reichelt (5/07): Entwicklung und atmosphärische Anwendung eines optischen Partikelzählers für Tropopausenbedingungen Daniel Fritsch (5/07): Investigation of Nitride and Oxide Semiconductors by means of the Empirical Pseudopotential Method Daniel Spemann (6/07): Anwendungen hochenergetischer Ionenstrahlen in den Materialwissenschaften: Quantitative Ionenstrahlanalyse von optoelektronischen Halbleitermaterialien und Graphit sowie Erzeugung magnetischer Ordnung in Kohlenstoff mittels Ionenbeschuss Vijayasarathi Nagarajan (7/07): Vanadium(IV) Complexes on Solid Surfaces and in Frozen Solutions as Studied by Pulsed EPR Spectroscopy Philologische Fakultät Torsten Andreas (5/07): Zur Perzeption gesungener Vokale Katrin Max (7/07): Niedergangsdiagnostik. Zur Funktion von Krankheitsmotiven in Thomas Manns Roman „Buddenbrooks“ Eike Lauterbach (7/07): Eine Untersuchung von Sprechfehlern und Interferenzprozessen beim Dolmetschen Medizinische Fakultät jeweils 9/06: Holm Sörgel: Untersuchung zu Wechselwirkungen zwischen Atmung und visuell geführten Folgebewegungen der oberen Extremität Anne-Berit Trenkmann: Nachtestung von Patienten mit Wachstumshormonmangel im Adoleszentenalter Ulrike Magdalena Winter: Epidemiologie frauenspezifischer Beschwerden in der Gesamtbevölkerung und Konstruktion eines Fragebogens zur Erfassung gynäkologischer Krankheitssymptome unter besonderer Berücksichtigung psychischer und somatischer Interaktionsmuster Kerstin Böhm: Polymorphismen im transforming growth factor-beta (TGF-beta1) bei Patienten mit chronischer nichtalkoholischer Pankreatitis Hella de Paly: Konzentration vo Leptin und dem löslichen Leptinrezeptor im Serum gesunder Schulkinder – Zusammenhang mit dem Körperfettgehalt Sebastian Wulff: Chronisch kranke Kinder und ihre Eltern – Eine Untersuchung zu Partnerschaft und Bindung bei Eltern von Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1 Christian Karl Brinkmann: Reproduzierbarkeit der Messung makulärer Pigmentdichte mit der konfokalen Scanning-Laser-Ophthalmoskopie Carolin Kunz: Morphometrische Untersuchungen der Haut verschiedener Körperregionen Neugeborener Wolfgang Tobias Vogel: Beteiligung der Proteinkinase C an der Vermittlung der Effekte von oxidativen Stress in der pulmonalen Mikrozirkulation Margret Wegner: Arthrogrypsis multiplex congenita – Eine Klassifikation Franziska Philomena Busse: Evaluation des Überganges von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ-1 von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin Eva Veronika Ludwig: Erlaubt die zervikale Lymphknotenmorphologie Rückschlüsse auf die Primärtumorlokalisation bei Kopf-Hals-Karzinomen Steffen Otte: Verlauf und Korrelation funktioneller, Angiographischer und morphologischer Befunde bei exsudativer altersabhängiger Makuladegeneration Carolyn Finck: Attitudes towards Preimplantation Genetic Diagnosis (PGD) in the German General Population Robert Rabenalt: Die endoskopische extraperitoneale radikale Prostatektomie (EERPE) – Ergebnisse nach 700 Operationen Thilo Schwalenberg: Histomorphologische Untersuchungen zu den Muskelsystemen am unteren Harntrakt beim männlichen Hund – Prüfung der Eignung als Modelltier in der urologischen Forschung Julia Teresa Kolloch: Einfluß einer Carvedilol- und Metoprolol-Therapie auf die Expression und Aktivität antioxidativer Enzyme der Skelettmuskulatur bei chronischer Herzinsuffizienz: Ergebnisse einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie Horst Leitsmann: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen der Region Leipzig im Zeitraum 1977 bis 1999 Christian Kulla: Modulation der T-Zellfunktion durch flüchtige aromatische Verbindungen Alexander Wolfgang Göckritz: Die Analyse der regionalen myokardialen Durchblutung unter Ruhebedingungen mit Anwendung des Power-Doppler-Harmonic-Imaging und der myokardialen Kontrastechokardiographie-Ermittlung von Parametern zur Detektion von regionalen Ischämien – Überprüfung eines vereinfachten Analyse-Algorithmus zur Diskriminierung Steffen Kolschmann: Klinische Effizienz und Sicherheit der thorakoskopischen Talkum-Pleurodese bei malignem Pleuraerguss Johannes Reuter: Untersuchungen zur Rolle der Koilozyten (durch humane Papillomaviren infizierte Epithelzellen) bei der Karzinogenese von Larynx- und Tonsillentumoren Johannes Köhler: Untersuchungen zur Expression von Proteasen und Zytokinen in melanomzellstimulierten Hautfibroblasten Silke Raab-Pless: Mutationsanalyse therapieresistenter humaner Zytomegalieviren mittels Echtzeit-PCR Thorsten Kaiser: Entwicklung, Etablierung und Anwendung einer Real-Time-PCR-Methode zur Untersuchung der Relevanz einer GB-Virus C-Infektion bei HIV-infizierten Patienten Julia Borsche: Vorstellungen der deutschen Allgemeinbevölkerung über die Schizophrenie Alexander Dünnebier: Analyse der klinischen Symptomatik von Maligne Hyperthermie verdächtigen Narkosezwischenfällen, die an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Universität Leipzig bis 2001 erfasst wurden 45 NÜRNBERGER Beamten ZulagenRenten Verschenken Sie nichts von Ihrer Rente! Nutzen Sie die staatliche Zulage – es lohnt sich für Sie. Denn der Staat fordert und fördert Ihre eigene Vorsorge. Wie viel Sie dazu bekommen können, rechnen wir gern für Sie aus. Und mit dem Spezialtarif für den öffentlichen Dienst wird es für Sie besonders günstig. Anruf genügt. NÜRNBERGER Beamten Lebensversicherung AG Generalagentur Sabine Schulz Mohnweg 16, 04158 Leipzig Tel./Fax 0341 4620375 Mobil 0171 5426294 [email protected] Schutz und Sicherheit im Zeichen der Burg Beamten Lebensversicherung AG 46 journal Personalia Ina Hartnack: Behandlungsergebnisse beim infrarenalen Aortenaneurysma unter besonderer Berücksichtigung der Prothesendilatation und der Lebensqualität Robert Scheibe: Multiplex-Analyse inflammatorischer Zytokine im Atemkondensat von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung Robert Stöhr: Quantifizierung viraler RNA verschiedener Gene durch Real-Time PCR in Masernvirus infizierten Zellkulturen jeweils 12/06: Dipl.-Med. Margarete Jungnickel: Ergebnisse der klinischen Lebertransplantation am Transplantationszentrum Leipzig von 1993 – 2003 Chris Heyter: Die Meniskusrefixation mittels biodegradabler Implantate Oliver Christoph Spies: Beteiligung von Adenosin-Rezeptoren an Mechanismen der endogenen Belohnung Kristina Richter: Untersuchung neuropsychologischer Parameter an forensischen Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit – Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Marieluise Baumberger: Geburten von Kindern mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten in Koinzidenz zu maternal-gynäkologischen Risikofaktoren – eine retrospektive Studie Patricia Michaela S. Buck: Der Einfluss humanen Leptins auf die Proliferation von humanen Nabelschnurvenen-Endothelzellen Katja Oehring: Die Expression von Mumpsgenen in eukaryontischen und prokaryontischen Expressionssystemen Kristin Donaubauer: Untersuchungen zu Atherosklerosefaktoren und Autoimmunreaktionen in der Genese des einseitigen Hörsturzes Alexander Franck: Die operative Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen zur Therapie instabilitätsbedingter Schmerzsyndrome und Prophylaxe neurologischer Ausfälle. Eine retrospektiv-deskriptive Studie über sekundäre Tumoren an der Wirbelsäule in den Jahren 1996 bis 2003 Pia Heinrich: Die Geschichte des Kreiskrankenhauses Herzberg/ Elster von der Gründung bis zur Gegenwart Anna-Sophia Grosspeter: Die Hydroxylapatitkeramik „Endobon“ in der Behandlung von Knochensubstanzdefekten – Literaturüberblick und Analyse von 58 Fällen Simone Kimmel: Operative Behandlung der Subarachnoidalblutung – Neuroprotektion durch Hypothermie – Eine tierexperimentelle Studie Thomas Alexander Kupka: Funktionelle Nahinfrarotspektroskopie in den kognitiven Neurowissenschaften – multimodale Bildgebung und ereigniskorrelierte Stimulationsdesigns Diana Meiler: Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten Sandra Beez: Der Einfluss von verschiedenen Chemotherapeutika auf das Wachstumsverhalten permanenter Gliomzelllinien in vitro Katrin Meyer: Wirkungen von Organoschwefelverbindungen des Knoblauchs auf Matrix-Metalloproteinasen und ihre Heft 5/2007 Inhibitoren in Kulturen von humanen Nabelschnurvenen- und Koronararterien-Endothelzellen Raik Mühe: NMDA-Rezeptorexpression im Rattenhirn nach unilateraler dopaminerger Läsion der Substantia nigra Verena Reichenberger: Schweres Silkonöl als Endotamponade bei komplizierter Amotio retinae – Studie zum Einsatz von „Oxane HD R“ Benny Schulz: Candida albicans: In vitro-Empfindlichkeitstestung gegenüber Fluconazol und Itraconazol und molekularbiologische Charakterisierung mit der Sonde Ca3 bei hämatologisch-onkologischen Patienten Robert Schumann: Untersuchungen zur spezifischen Regulation der Glutamin-Synthetase unter Glucocorticoideinfluss in primär kultivierten Hepatozyten und Hepatomzelllinien Jan-Peter Streidl: Optimierungsansätze für die Klinische Umweltmedizin anhand der Auswertung von Patientendaten der Umweltmedizinischen Sprechstunde am Umweltmedizinischen Zentrum der Universität Leipzig Hans Christian Volz: Myokardinfarkt in Ratte und Maus: Expression von TNF-a, IL-1b und IL-6 im Myokard und Einfluss von Propranolol auf die Zytokinexpression und auf die extrazelluläre Matrix Gitte Haßhoff: Zur Screeningwertigkeit von In-vitro- und In-VivoBewertungen am Beispiel einer spezifischen Produktkette für die Kompositfüllungstherapie Ines Kranz: Die Wertigkeit der Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS) in der Karotischirurgie. Vergleichende Untersuchungen in Allgemeinanästhesie und Regionalanästhesie. Jana Redemske: Auswirkungen einer Anstiegserhöhung auf die biologischen Messgrößen und die Schrittstrukturparameter beim Laufbandstufentest Julia Bratanow: Postoperative Morbidität und Mortalität nach Operationen angeborener Herzfehler im Neugeborenenalter am Herzzentrum Leipzig im Zeitraum August 1998 bis August 2001 unter besonderer Berücksichtigung des sekundären Thoraxverschlusses Kristin Tischendorf: Stimulation der Toxinproduktion in Clostridium difficile durch subinhibitorische Antibiotika-Konzentrationen Michael Saborowski: Kardiale Induktion im sekundären Herzfeld Susanne Erler: Fatigue bei Tumorpatienten – Untersuchungen im Quer- und Längsschnitt Andualem Mossie Ayana: Therapeutic role of proteases in preclinical models of sepsis Sherif Fathy Soliman: Entwicklung der Vorfußchirurgie im Bundeswehrkrankenhaus Leipzig Sebastian Brock: Therapiemotivation im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB – Entwicklung eines Fragebogens und erste empirische Ergebnisse Siad Faisal Odeh: Aerosolassoziierte kardiovaskuläre Notfalleinsätze Tobias Graf: Untersuchung zur Wechselwirkung des RötelnvirusNichtstrukturproteins NSP 2 mit dem Retinoblastomprotein und deren Einfluss auf den Zellzyklus Daniel Surall: Alkohol-, Zigaretten- und Cannabiskonsum von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Sebastian Riha: Liposomaler Gentransfer in retinales Pigmentepithel Karsten Kluba: Vergleichende Untersuchungen zur Eignung des Bispectral Index TM (BIS) und des Narcotrend-Index R (NCT) zur Beurteilung der Hypnosetiefe in der Kinderanästhesie Gabriele Itting: Körperlich – konstituelle Entwicklung von ad libitum gestillten Säuglingen von Frauenmilchspenderinnen Dipl.-Med. Uwe Sievert: Analyse von Blutspender-Screeningprogrammen zur Erhöhung der Sicherheit einer Transfusion Katja Busse: Detektion von Abbauprodukten der Hyaluronsäure mittels MALDI-TOF Massenspektrometrie Sandra Weidhaas: Das Stigma psychischer Krankheit aus der Sicht schizophren und depressiv Erkrankter Hauke Paarmann: Evaluation einer geringinvasiven transösophagealen Ultraschallmesssonde zur kontinuierlichen Messung des Herzzeitvolumens unter Zuhilfenahme der Pulskonturanalyse an Patienten während aortokoronarer Bypassoperationen Chris König: Der Einfluss der ärztlichen Aufklärung auf das Empfinden von subjektiven Sensationen bei der intravenösen Applikation jodhaltiger Kontrastmittel bei der Computertomographie Susanne Bosse: Der Nachweis des Zytomegalievirus in Leukozyten des peripheren Blutes organtransplantierter Patienten mit Hilfe der in situ-Reverse Transkriptase Polymerasekettenreaktion Thomas Greuner: Qualitätsmanagement in der Kieferorthopädie im Rahmen einer Fragebogenstudie für Patienten, Eltern und Kieferorthopäden Beatrix Meumann: Evaluation prospektiver arbeitsprozessbegleitender Datenerhebungen andrologischer Patienten zur Gewinnung neuer Einsichten in die Fertilitätsentwicklung jeweils 1/07: Michael Göbbeler: Entwicklung einer dreidimensionalen Zellkulturmethode für Müllersche Gliazellen Marcus Rönitz: Überprüfung von Wachstumsprognosen sowie Untersuchungen zum Verhältnis Knochenalter – chronologisches Alter bei groß- und kleinwüchsigen Kindern Janett Bartsch: Zum Einfluss von oxidativem Stress auf die cholinerge Neurotransmission bei Morbus Alzheimer – Untersuchungen an transgenen Tiermodellen Christian Franke: Bakterielles Erregerspektrum bei Infektionen des unteren Resprationstraktes in Beziehung zur Diagnose und Antibiotikatherapie Marit Schendel: Die Positronen-Emissions-Tomographie und ihr Stellenwert in der Aktivitätsbeurteilung und Ausbreitungsdiagnostik der Sarkoidose Dörthe Heimann: Funktionsveränderungen des Schmeckorgans durch die lokale Strahleneinwirkung bei Radiotherapie in der Kopf-Hals-Region 47 Personalia Alexander Kühn: Untersuchungen zum Einfluss von Schimmelpilzexposition im dritten Lebensmonat und im dritten Lebensjahr auf Zytokinsynthese und allergische Sensibilisierung dreijähriger Kinder Matthias Rubach: Intraoperative MR-Bildgebung zur Resektionsführung bei primären Glioblastomen – Eine quantitative Untersuchung zu Resektionsradikalität und Überlebenszeit Margit Thurmaier: Untersuchungen zur Entwicklung des Immunsystems von ehemaligen hypotrophen Neugeborenen und Frühgeborenen im Vergleich zu ehemaligen reifen Neugeborenen am Ende des 2. Lebensjahres unter dem Aspekt erhöhter Infektanfälligkeit und der Ausbildung einer allergischen Reaktionslage und Vergleich der Untersuchungsergebnisse am Ende des 1. Maria Thieme: CT-Morphologie der Lebergefäße: Detaillierte retrospektive Analyse im Hinblick auf operative Maßnahmen unter Verwendung unterschiedlicher Bildnachbearbeitungsmethoden Lena-Friederike Kauschen: Denaturing High Performance Liquid Chromatography (DHPLC) als Methode zur Mutationssuche im MSH6-Gen bei Patienten mit Verdacht auf HNPCC (Hereditäres Nichtpolypöses kolorektales Karzinom) Marcus Oliver Hollenstein: Tierexperimentelle Evaluierung eines mathematischen Modells zur aortokoronaren Bypass-Quantifizierung mittels hochauflösender Thermographie und erste klinische Erfahrungen Stephanie Charlotte Bauer: Expression von P2X-Rezeptoren in sympathischen paravertebralen Ganglien und Fibroblasten der Ratte Katja Töpfer: DNA-Nachweis p53-Mutationsanalyse im Atemkondensat Juliane Elisabeth Majer: Auswirkungen zyklus- und fertilitätsabhängiger Faktoren auf die beta-hCG-mRNA-Expression im Endometrium nongavider Frauen, sowie Nachweis der dezidualen beta-hCG-mRNA-Expression bei früher intrauterinerund evtrauteriner Schwangerschaft Sebastian Weihrauch: Zellzyklusregulation bei myeloproliferativen Erkrankungen Carina Weidlich: Interventionelle Therapie komplexer femoraler Obstruktionen mit selbstexpandierenden Nitinolstents Thomas Düsing: Therapieergebnisse und Endgrößen von Patienten mit Neurosekretorischer Dysfunktion (NSD) Lito-Laura Gerhold: Frühe Prädikatoren für das Rehabilitationsergebnis bei Patienten nach Hirninfarkt Anke Jahn: Radiologische Diagnostik bei zervikalen Dystonien und die Bedeutung für die Therapie mit Botulinumtoxin Ansgar Kutscha: Modellierung ökonomischer Bewertungskriterien zur Unterstützung des strategischen Informationsmanagements bei der Beurteilung von Krankenhausinformationssystemen Ursula Eleonore Reuß: Suizide in Leipzig – Der Zeitraum von 1935 bis 1945 Lars Rödel: Immunhistochemische Charakterisierung von Proteinen der Signaltransduktion und des Zytoskelettes an p21 H-ras Val12 transgenen Mäusen 48 Ehrendoktorwürde für Pfarrer Ralf Thomas Beispielhafte Verbindung zwischen Gemeindepfarrer und Wissenschaftler Für seine Verdienste um die Bewahrung von Landesgeschichte in schwieriger Zeit und die Verknüpfung von pfarramtlicher Praxis und wissenschaftlichem Arbeiten bekam am 6. Juli der Pfarrer Ralf Thomas die Ehrendoktorwürde durch die Theologische Fakultät verliehen. „Wir ehren damit einen Mann, dessen Wirken beispielhaft für die Verbindung zwischen der praktischen Tätigkeit als Gemeindepfarrer und wissenschaftlicher Arbeit gewesen ist“, erklärte Professor Rüdiger Lux, Dekan der Theologischen Fakultät. Ralf Thomas gehört zu den Pfarrern in der sächsischen Landeskirche, die ihre praktische pfarramtliche Tätigkeit mit weiterführender wissenschaftlicher Arbeit verbinden. So wirkte Thomas jahrelang im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Sächsische Kirchengeschichte mit, die strukturell mit dem Institut für Kirchengeschichte der Universität Leipzig verbunden ist. Fast vier Jahrzehnte lang betreute Pfarrer Thomas als ehrenamtlicher Archivpfle- ger der Landeskirche das Ephoralarchiv und die Archive der Kirchengemeinden in Wurzen, später in Grimma. Der in Wurzen Geborene studierte von 1952 bis 1959 an der Universität Leipzig und trat nach seinem zweiten Theologischen Examen eine Pfarrstelle in Dölzig an. Von 1971 bis 1997 war Thomas als Pfarrer an der Lutherkirche in Freital-Döhlen tätig. In seinen bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen konzentrierte er sich auf diese Schwerpunkte: das Wurzener Land, besonders im Mittelalter; die Reformationszeit in Sachsen; die Vergangenheit nach 1989/1990. Damit erhält sein bisheriges wissenschaftliches Werk eine außergewöhnliche Breite, die sich auf über 1000 Jahre Kirchengeschichte erstreckt. Anlässlich der Verleihung der Würde eines Ehrendoktors sprach Ralf Thomas in seinem Festvortrag zu „Kirche in Sachsen und ihre Geschichtsschreibung“. Dr. Manuela Rutsatz Pfarrer Ralf Thomas (M.) erhielt die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät aus den Händen von Dekan Prof. Dr. Rüdiger Lux (l.) und Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Foto: Anja Jungnickel journal Personalia Führender Maghreb-Forscher mit fliegendem Teppich Ehrenpromotion für Professor Charles Bonn Die Philologische Fakultät verlieh am 17. Juli Prof. Dr. Charles Bonn von der Partneruniversität Lyon II die Ehrendoktorwürde für seine großen Verdienste in Lehre und Forschung, vor allem im Bereich der Maghreb-Forschung und der Völkerverständigung. „Professor Bonn ist durch seine Arbeit am romanistischen Seminar seit langem mit der Universität Leipzig verbunden“, betonte Rektor Franz Häuser. „Sie haben auf Grund all dieser konkreten gemeinsamen Aktivitäten zur Mehrung und zur Erweiterung der Forschungsmöglichkeiten unserer Universität sowie zu ihrer internationalen Reputation beigetragen.“ Laudator Professor Arnold Rothe vom Romanischem Seminar der Universität Heidelberg bezeichnete den Geehrten als eine Persönlichkeit, die ihr Leben nicht schlechthin nur der LiteraturAlgeriens und später des gesamten Maghreb gewidmet hatte. Charles Bonn habe sie gewissermaßen aus der Taufe gehoben und gilt heute als einer der weltweit führenden Forscher auf diesem Gebiet. „Sich der jungen Literatur des Maghreb zu verschreiben, auch dazu gehörte Mut, denn in akademischen Kreisen galt ein derartiger Forschungsgegenstand damals noch als ‚non respectable‘ und war einer universitären Karriere in Frankreich hinderlich. Noch hatte man die Chancen der so genannten Frankophonie nicht erkannt, ihr Innovationspotenzial und ihren Beitrag zur Rettung des Französischen als Weltsprache“, sagte Rothe. Weiter hieß es in der Laudatio: „Bereits Bonns 1972 als Buch gedruckte Doktorarbeit La littérature algérienne de langue française et ses lecteurs packte eine zentrale, bis heute währende Problematik an: Jene Literatur ist ja ganz überwiegend in der Sprache des anderen, sogar des Kolonialherren abgefasst. An wen richtet sie sich also, an die eigenen Leute, die großenteils des Französischen doch gar nicht mächtig sind, oder gleich an die Europäer? Passt man sich mit der französischen Sprache auch der französischen Kultur an, Heft 5/2007 oder vermag man seine Eigenständigkeit zu wahren, oder versucht man, beides miteinander zu verbinden? Ist die Literatur vielleicht auf unterschiedliche Lektüreweisen angelegt? Nicht spekulativ, sondern empirisch hat Monsieur Bonn hier nach Klärung gesucht, durch eine Leserumfrage, für Philologen damals noch ein anrüchiges Verfahren.“ Der Laudator folgte weiteren Stationen, lokalen und wissenschaftlichen, im Schaffen des Geehrten, um am Ende ihn selbst zu würdigen: „Zurück zu Charles Bonn. Auch ein bloßer Schreibtischtäter ist er nicht geblieben. Kaum ein Fachkongress, auf dem er nicht referiert hätte. Viele Tagungen hat er selbst vorbereitet und betreut, oft auch im Ausland, wie in Heidelberg oder zuletzt hier in Leipzig. Ein Kalif muss ihm den legendären fliegenden Teppich geborgt haben. Kaum in Paris-Nord angekommen, hat er in großer Zahl Kooperationsverträge mit auswärtigen Universitäten abgeschlossen, unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung von Einreisevisa und für die Beschaffung von Zuschüssen und Stipendien. Besonders am Herzen lag ihm die Förde- rung des wissenschaftlichen Nachwuchses, des autochthonen. Schließlich und endlich: Im Wissen darum, dass man auf Dauer nicht erfolgreich in einem gesellschaftsfreien Raum agieren kann, hat Charles Bonn Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Er hat sich von algerischen Tageszeitungen interviewen lassen und mit seinen allgemein verständlichen, stets frei gehaltenen Vorträgen ein breites Publikum zu fesseln vermocht. Auch die zahllosen Artikel kann man der Öffentlichkeitsarbeit zuschlagen, die er für renommierte Lexika wie Larousse und Laffont-Bompiani verfasst und regelmäßig aktualisiert hat. Summa summarum: Bonn ist ein hochangesehener Forscher und Lehrer, Wissenschaftsorganisator, Promotor und Diener seines Fachs. Er ist ein wacher Zeitgenosse und ein effizienter Kulturvermittler, jemand, der auch zur Vergangenheitsbewältigung der Franzosen beiträgt.“m So kann, wie der Dekan der Philologischen Fakultät, Professor Erwin Tschirner, feststellte, seine Fakultät „stolz darauf sein, in die Reihe ihrer bekannten Namen, den von Charles Bonn einzufügen“. Dr. B. Adams Professor Charles Bonn: hochangesehener Maghreb-Forscher, Wissenschaftsorganisator, Promotor und Diener seines Fachs, ein wacher Zeitgenosse, effizienter Kulturvermittler – und seit kurzem Ehrendoktor der Univerisität Leipzig. Foto: Jan Woitas 49 Dezember 2007 Von Bach zu Mahler – Die Leipziger Notenspur Heft 6/2007 ISSN 1860-6709 S. 10 Erfolg im Exzellenzwettbewerb für Graduiertenschule BuildMoNa S. 16 Studenten machen Programm: „Unicato“ seit einem Jahr auf Sendung S. 33 Zwischen Philistern und Ägyptern – Ausgrabungen in Beerscheba S. 19 Onlinebefragung: Die Universität analysiert ihr Image S. 38 Alle in einem Boot – Religionsbuch in mehreren Sprachen journal Alte Studentenverbindungen, die Feminisierung des Studiums und die Männerdomäne Professor Typisch Mann? Typisch Mann! S. 41 EDITORIAL UNIVERSITAT LEIPZIG Inhalt UniVersum Jahr der Geisteswissenschaften – eine Bilanz Feierlaune und Preisregen Am Rande Ein Jahr Research Academy Leipzig Kustos Hiller von Gaertringen über das Kunstkonzept des Neubaus Die Notenspur wird Realität Deutsch-russische Forschungskooperation Forschung Strategien für schrumpfende Städte Universität erfolgreich im Exzellenzwettbewerb – BuildMoNA-Sprecher im Interview Gremien Sitzung des Senats am 11. September Sitzung des Senats am 9. Oktober UniCentral Braucht die Uni einen Männertag? Studentische Verbindungen im Lauf der Jahrhunderte Männer und Familiengründung Zwischen Rubenstyp und Kate Moss Rektor Erwin Jacobi – Hoffnungsträger in schwerer Zeit 3 4 6 7 8 10 13 15 16 22 22 24 26 29 30 32 Studiosi Global Studies – 55 Studenten aus 28 Ländern mephisto 97.6: Der Teufel geht online 34 34 Jubiläum 2009 Prof. Rudersdorf über seine Arbeit als neuer Vorsitzender der Kommission für Universitätsgeschichte Gesichter der Uni: Adolf von Anhalt Anekdoten, Fragmente, Notizen 35 37 37 Fakultäten und Institute Amerikanistik-Stipendium ermöglicht Forchungsaufenthalt in Leipzig Jubelfeier in der Analytik 39 40 Personalia Picador-Professor im Radfahr-Paradies Neu berufen Nomen Kurz gefasst Geburtstage Habilitationen und Promotionen 45 47 49 49 50 50 Impressum 2 Der Mann – ein unerforschtes Wesen? Überall auf der Welt sterben Männer durchschnittlich früher als Frauen, was sicher auch mit einer ungesünderen Lebensweise zu tun hat: Sie rauchen und trinken mehr, bevorzugen deftige statt cholesterinbewusste Ernährung und treiben zu selten Sport. Typisch Mann eben – oder doch nicht? Jedenfalls hatten diese und ähnliche Befunde der Andrologen vor sieben Jahren die Gorbatschow-Foundation und die Stadt Wien veranlasst, den Welttag des Mannes auszurufen. Seither rückt der Mann jährlich am 3. November in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Auch unsere Universität beteiligte sich dieses Jahr wieder an dem breiten Spektrum von Veranstaltungen und Vorträgen. Für die Redaktion des Universitätsjournals ein Anlass, das letzte Heft des zu Ende gehenden Jahres dem Mann zu widmen. Aber, soviel sei verraten, auch Frauen werden in den Forschungs- und Geschichtsbeiträgen Neues und Spannendes erfahren. Aber das vorliegende Heft ist auch ein Akt der Gleichstellung, denn zwei Jahre zuvor war das Uni-Journal mit „Frauen an der Universität: Barrieren beseitigen, Karrieren fördern“ überschrieben. Wie weit diese Bestrebungen vorangeschritten sind und was noch zu tun ist auf diesem langen Weg, lesen Sie auf Seite 24. Nur wer aus der Geschichte seine Lehren zieht, kann für die Zukunft lernen. Vor gut 100 Jahren, am 12. Dezember 1900, tagt in Leipzig eine vom Staatsministerium für Kultus einberufene „allgemeine Medizinerversammlung“ des sächsischen Landesmedizinalkollegiums, die die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium prüfen sollte und unter anderem beschloss: „Von der Schweiz aus schwärmen die Damen wie die Bienen nach den deutschen Universitäten hin und setzen sich fest. In Deutschland selbst dürfen sie bereits Kliniken und Vorlesungen besuchen, in absehbarer Zeit wohl auch Examina ablegen, wenn nicht etwas Elementares dagegen geschieht.“ Gemeinsam obliegt es uns, dafür Sorge zu tragen, dass die bisherige Männerdomäne Universität weiter geöffnet wird. Dass das Schwerpunktthema dieser Ausgabe Gegenstand zahlreicher Forschungen ist, beweisen die Autoren eindrucksvoll. Zu nennen sind unter anderem die Ergebnisse der Sächsischen Längsschnittstudie (Seite 29) oder die fachübergreifenden physiologisch-philosophischen Betrachtungen des Tiermediziners Professor Dr. Manfred Coenen (Seite 30). Ich wünsche Ihnen, liebe Uni-Journal-Leser, eine erkenntnisreiche Lektüre, erholsame Weihnachtsfeiertage und einen guten Start in das Jahr 2008. Prof. Dr. Franz Häuser, Rektor der Universität Leipzig Titelfoto: Jan Woitas 1 UniVersum Konfuzius in Leipzig Einziges Konfuzius-Institut Ostdeutschlands Die Universität Leipzig wird in Zusammenarbeit mit der Chinesischen Staatlichen Leitungsgruppe für Chinesisch als Fremdsprache („Hanban“) das KonfuziusInstitut an der Universität Leipzig errichten. Rektor Prof. Dr. Franz Häuser und die Direktorin von Hanban, Frau Xu Lin, unterzeichneten dazu Mitte Oktober einen Kooperationsvertrag. Seit drei Jahren werden auf Initiative der chinesischen Behörde Hanban weltweit diese chinesischen Sprach- und Kulturinstitute eingerichtet. Im Unterschied zu den Goethe-Instituten stützt sich ein Konfuzius-Institut auf die Kooperation zweier Universitäten. Die Vorbereitungen für das Leipziger Konfuzius-Institut wurden federführend durch Prof. em. Dr. Ralf Moritz, vormals Lehrstuhl Klassische Sinologie am Ostasiatischen Institut begleiJournal Mitteilungen und Berichte für die Angehörigen und Freunde der Universität Leipzig tet. Die Universität Leipzig arbeitet für ihr Konfuzius-Institut mit ihrer langjährigen Pekinger Partneruniversität, der renommierten Renmin University, zusammen. Als zusätzlicher Förderer konnte die Stadt Leipzig gewonnen werden. „Internationales Profil schärfen“ „Wir sind sehr stolz darauf, dass sich ein solches Institut an unserer Universität und in unserer Stadt ansiedelt. Neben den bereits bestehenden sechs Konfuzius-Instituten (Berlin, Nürnberg-Erlangen, Düsseldorf, Hannover, Frankfurt/M., Hamburg) wird es das einzige in den neuen Bundesländern sein“, erklärte Rektor Häuser. „Es wird das internationale Profil der Universität Leipzig schärfen und die Position Leipzigs auf der Landkarte deutsch-chinesischer Beziehungen stärken.“ Die Aktivitäten des Konfuzius-Institutes dienen der Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur sowie der Stärkung des Dialogs zwischen Deutschland und China. Mit einen entsprechendem Angebot, das von differenzierten Sprachkursen und Schulungen über Fachvortragsreihen bis hin zu Ausstellungen reicht, wendet sich das Konfuzius-Institut an Schüler, Studenten und die interessierte Öffentlichkeit. Auf Anfrage werden maßgeschneiderte Programme für Institutionen und Unternehmen durchgeführt. In den kommenden Monaten werden die konkreten Vorbereitungen getroffen und die für das Konfuzius-Institut bereit gestellten Räumlichkeiten in der Otto-SchillStraße 1 im Zentrum Leipzigs bezogen. im Jahr 2008 wird das Konfuzius-Institut seine Türen öffnen. Dr. Manuela Rutsatz Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Redakteur: Dipl.-Journ.Tobias D. Höhn Ritterstr. 26, 04109 Leipzig Tel.: 03 41 97-3 50 24, Fax: 03 41 97 - 3 50 29 E-Mail: journal@ uni-leipzig.de V.i.S.d.P.: Dr. Manuela Rutsatz Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Gesamtherstellung: Druckerei zu Altenburg GmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 Altenburg Anzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Ansprechpartnerin: Ingeborg Keller Tel.: 0 34 47 55 51 53 E-Mail: ingeborg.keller@ dza-druck.de Das Journal kann gegen Übernahme der Versandkosten bezogen werden bei: Leipziger Universitätsverlag GmbH Oststraße 41, 04317 Leipzig Tel./Fax: 03 41 9 90 04 40 E-Mail: info@ univerlag-leipzig.de Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel zu redigieren und zu kürzen. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht keine Gewähr für einen Abdruck. Der Nachdruck von Artikeln ist gestattet, sofern die Quelle angegeben wird. Ein Belegexemplar an die Redaktion wird erbeten. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 1. 11. 2007 ISSN 1860-6709 2 Das einzige Konfuzius-Institut Ostdeutschlands und siebte in Deutschland wird 2008 an der Universität Leipzig eröffnet. Rektor Prof. Franz Häuser und HanbanDirektorin Xu Lin unterzeichneten bereits den Kooperationsvertrag. Foto: Anja Jungnickel journal UniVersum Das wundertätige Jahr der Geisteswissenschaften GWZO erhält langfristige Bundesförderung Von Prof. Dr. Stefan Troebst, Institut für Slavistik und GWZO Zum 31. Dezember 2007 läuft das so genannte GWZ-Modell der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus, im Rahmen dessen seit 1996 auch die Projektforschung des Leipziger Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) mit durchschnittlich zwei Millionen Euro pro Jahr gefördert wurde. Soweit die schlechte Nachricht. Anschlussförderung bis 2019 in Aussicht gestellt Eine gute allerdings ist, dass unlängst das Bundesministerium für Bildung und Forschung, inspiriert durch das zu Ende gehende Jahr der Geisteswissenschaften sowie gestützt auf ein überaus positives Evaluierungsgutachten des Wissenschaftsrats zum GWZO, ein Folgefördermodell aufgelegt hat, mittels dessen das Leipziger Zentrum weitere sechs Jahre im gleichen finanziellen Umfang wie bisher gefördert werden wird. Überdies ist eine Anschlussförderung über das Jahr 2013 hinaus bis 2019 in Aussicht gestellt. Damit kann das seit 2003 als An-Institut der Universität Leipzig firmierende und vom sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst grundfinanzierte GWZO auch in Zukunft mit insgesamt rund 40 wissenschaftlichen Mitarbeitern ein gutes Dutzend Gruppenprojekte durchführen. Es bleibt damit die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung mit geisteswissenschaftlichem Profil im Freistaat Sachsen. Aufgabe des Zentrums ist die Erforschung von Geschichte und Kultur der zwischen Adria, Schwarzem Meer und Ostsee gelegenen Geschichtsregion Ostmitteleuropa vom Frühmittelalter bis zur Gegenwart. Dies geschieht in interdisziplinärer und Heft 6/2007 vergleichender Weise sowie in Kooperation mit zahlreichen Partnern in Leipzig, Sachsen, Deutschland, Ostmitteleuropa, anderen Teilen Europas und Übersee. Das nach der Wende in einer Vorform 1992 in Berlin gegründete und 1995 nach Leipzig transferierte GWZO ist dabei insofern ein Kind seiner Zeit, als es die auf gemeinsame Traditionen zurückgehende Ostmitteleuropaforschung in alter Bundesrepublik und kollabierter DDR zum einen zusammenführte, zum anderen fortführt und dabei weiter entwickelt. Dabei hat sich sein Forschungsgegenstand in den vergangenen 15 Jahren grundlegend gewandelt, nämlich von einem „anderen“ Europa zu einem Teil der 2004 und erneut 2007 erweiterten Europäischen Union. Aus dem Forschen über Ostmitteleuropa ist somit ein Forschen mit Ostmitteleuropa geworden. Deutlicher Beleg dafür ist neben einem engmaschigen Kooperationsnetzwerk des GWZO mit Forschungseinrichtungen von Riga bis Sofia und von Kiev bis Prag der Umstand, dass mittlerweile zirka ein Viertel der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Zentrums aus Ostmitteleuropa kommen.m Von 2008 an wird das GWZO seinen drei Leitfragen nach Kulturtransfer, Modernisierungsprozessen und Identitätsbildungen in insgesamt 15 Projektgruppen nachgehen. Neu sind dabei Forschungsvorhaben zu frühmittelalterlichen Wandlungsprozessen und Strukturbildungen in den Einzugs- gebieten von Flüssen und Seen, zu den Armeniern in Wirtschaft und Kultur der Region vom 14. bis zum 19. Jahrhundert, zu Religionsfrieden und Konfliktbewältigungsmodi in der Frühen Neuzeit sowie zur Reflexion kultureller Interferenzräume im 20. Jahrhundert. Desgleichen werden zwei Handbuchprojekte in Angriff genommen, wovon das eine die Geschichte der bildenden Kunst und Architektur der Region, das andere die Geschichte Ostmitteleuropas in transnationaler Perspektive behandelt. Die Nummer eins in der Ostmitteleuropa-Forschung Fortgeführt werden die von der VolkswagenStiftung geförderten Kooperationsprojekte mit der Uni Leipzig, nämlich „Remembering Communism: Methodological and Practical Issues of Approaching the Recent Past in Eastern Europe“ mit dem Institut für Slavistik und „Bodenrecht, Kataster und Grundbuchwesen im östlichen Europa 1918 – 1945 – 1989: Polen, Rumänien und Jugoslawien im Vergleich“ mit dem Institut für Kulturwissenschaften. Und zwei neue gemeinsame Forschungsvorhaben mit dem Institut für Slavistik werden mit Förderung der DFG die Rechtsgeschichte des frühneuzeitlichen polnischlitauischen Commonwealth sowie Erinnerungskultur, Geschichtspolitik und Öffentlichkeit im Südosteuropa der Gegenwart am Beispiel des griechisch-makedonischen Konflikts behandeln. In Gestalt der langfristigen Bundesförderung für das GWZO hat Leipzig als mittlerweile unumstrittener bundesdeutscher Ostmitteleuropa-Forschungsstandort Nr. 1 im Jahr der Geisteswissenschaften also eine deutliche Festigung erfahren. 3 UniVersum Feierlaune und Preisregen zum Studienbeginn Universität begrüßt 4 800 Erstsemester und verleiht Ehrungen an Wissenschaftler und Studierende In einem bis auf die Treppenplätze ausgebuchten Gewandhaus wurden die Erstsemester zum Auftakt des Studienjahres 2007/2008 willkommen geheißen. In diesem Semester haben sich nach heutigem Stand 4800 Erstsemester in die 85 Bachelor-, Master- Diplom- und Staatsexamensstudiengänge immatrikuliert. Insgesamt studieren damit etwa 29 000 junge Leute an der Alma mater. Nach der Begrüßung der Studierenden und der Ehrengäste durch Rektor Prof. Franz Häuser und die Sprecher des StudentInnenRates (StuRa) hielt der Schriftsteller und Professor am Deutschen Literaturinstitut der Uni Leipzig, Hans-Ulrich Treichel, die Festrede. Unter der Überschrift „Von der Lust und der Last des Studierens“ bot er ein augenzwinkerndes Willkommen im neuen Lebensabschnitt Studium, seinen Heraus- forderungen und Chancen – auch außerhalb des eigentlichen Studierens. Der diesjährige Theodor-Litt-Preis wurde geteilt und an Professor Dr. Frank Schulz, geschäftsführender Direktor des Instituts für Kunstpädagogik, und Dr. Harald Homann, Institut für Kulturwissenschaften, vergeben. Frank Schulz ist im Bereich der Geisteswissenschaften der Universität Leipzig der Vorreiter in Bezug auf die Umstellung von Studiengängen im Rahmen des Bologna-Prozesses: Bereits 2002 wurde ein bundesweit neuer Studiengang zur Ausbildung von Bachelor und Master für Kunstpädagogik auf außerschulischen Gebieten entwickelt und 2003 der Bachelorstudiengang eingeführt. 2006 konnten die ersten Absolventen dieses Studiengangs in die Praxis entlassen oder in den Masterstudiengang aufgenommen werden. Den 11. Natonek-Preis verliehen die Förderer und Freunde der Universität Leipzig an Bastian Lindert, Student am Historischen Seminar. Prof. Dr. Frank Schulz (r.), geschäftsführender Direktor des Instituts für Kunstpädagogik, und Dr. Harald Homann, Institut für Kulturwissenschaften, teilen sich den Theodor-Litt-Preis. Foto rechte Seite: Bis auf die Treppenplätze gefüllt war die Immatrikulationsfeier im Gewandhaus. Fotos: Anja Jungnickel 4 In multimedial angelegten Lehrveranstaltungen werden im Projektunterricht, die einzelnen fachspezifischen Gebiete übergreifend, Spiel- und Aktionsformen erprobt, die die Grenzen zur bildenden Kunst erweitern bzw. überschreiten. Besonders hob Laudator Senator e. h. Peter Krakow, Vorsitzender der Vereinigung der Förderer und Freunde der Universität Leipzig, die Anwendung und Vermittlung neuer Lehrund Lernmethoden auf der Grundlage neuer Medien und multimedialer Vermittlungsformen (Internet, Intranet, E- und Blended-Learning) hervor. Ausgezeichnete Lehre ist kein Privileg der Hochschullehrer, sondern wird auch (in großem Umfang und oft nicht sichtbar) von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet. Dr. Harald Homann gelingt es, die Studierenden für das Fach journal UniVersum Kultur- und Gesellschaftsgeschichte zu begeistern, indem er aktuelle und praxisrelevante Themen und Fragestellungen aufgreift, sie historisch-systematisch vertieft, auf hohem wissenschaftlichen Niveau lehrt und mit besten didaktischen Methoden in die Forschung und das wissenschaftliche Arbeiten einführt. Er hat unter anderem mit dem Leitfaden für die Erstellung wissenschaftlicher Hausarbeiten (zusammen mit Professor Siegrist), der seit 1997 ständig neu aufgelegt wurde und Tausenden Studierenden als Handreichung gedient hat, dazu beigetragen, dass sich auch in den schlimmsten Zeiten der Überfüllung kein Studierender im Stich gelassen fühlen musste. Ausgezeichnete Lehre, gesellschaftliches Engagement und Zielstrebigkeit Die jährliche Verleihung des WolfgangNatonek-Preises ist zu einer guten Tradition an der Universität Leipzig geworden. Nach einer Pause im vergangenen Jahr wird der 11. Natonek-Preis von der Vereinigung von Förderern und Freunden der Universität Leipzig an Bastian Lindert, Student am Historischen Seminar verliehen. Mit dem Wolfgang-Natonek-Preis soll neben hervorragenden Leistungen auch ein besonderes gesellschaftliches Engagement Heft 6/2007 für die Universität Leipzig ausgezeichnet werden. Und auch dieses bewies Bastian Lindert: Ihn zeichnete eine rege Tätigkeit in studentischen bzw. universitären Gremien aus. Er hat im Fachschaftsrat Geschichte einen intensiven Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden etabliert; er war studentischer Studienberater, ist studentische Hilfskraft und arbeitet im Konzil mit. Bastian Lindert hat außerdem eine beachtliche Reihe Projekte mit Leben gefüllt: Er organisierte Studien-Einführungsveranstaltungen am Historischen Seminar und einen Studieninformationstag an seinem ehemaligen Gymnasium. Er schuf eine Kooperation mit dem Stipendiaten-Netzwerk sowie einen Studentenaustausch mit der Ludwig-Maximilians-Universität München. Auch seine fachlichen Leistungen erfüllen die Forderungen an einen Preisträger, so die Jury. Den DAAD-Preis 2007 erhielt Kefa Hamidi, Student der Kommunikationsund Medienwissenschaften. Für seine hervorragenden akademischen Leistungen sowie für sein außergewöhnliches gesellschaftliches und interkulturelles Engagement erhielt der aus Afghanistan stammende Hamidi diesen Preis. Besonders hob Rektor Häuser in seiner Laudatio Zielstrebigkeit und Gründlichkeit in der wissenschaftlichen Arbeit von Kefa Hamidi hervor. Seit Jahren engagiert sich der DAAD-Preisträger 2007 über seine Studienleistungen hinaus. So ist er Gründungsmitglied von Oxuss e.V., ein Zusammenschluss afghanischer, deutscher und türkischer Studierender. Er plante auch eine Ringvorlesung des Institutes für Philosophie. Dr. Manuela Rutsatz Kefa Hamidi, Student der Kommunikations- und Medienwissenschaften, erhielt den DAAD-Preis 2007. 5 UniVersum Kommentar zur Begrüßungsrede des StuRas KontRa statt StuRA? Weder Kompetenz noch Taktgefühl Auch dieses Jahr hat es der StudentInnenrat wieder geschafft, bei der Feierlichen Immatrikulation der Erstsemester die Gemüter zu erhitzen. Nachdem Rektor Franz Häuser einladende Worte in seiner Begrüßungsrede gefunden hatte, versuchten die drei Mitglieder des StuRas, den Studiennachwuchs auf sein Leben an der Universität Leipzig vorzubereiten. Die vernichtende Botschaft: Ein Studium an der Alma mater ist an Chaos, unmenschlichen Studienbedingungen und Elend nicht zu überbieten. So ließen sich die Worte der Sprechergruppe interpretieren. In einem polemischen und aggressiven Rundumschlag wurden sowohl die Universitätsleitung, die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge als auch der Campusumbau aufs heftigste kritisiert. Dieser Meinung können wir uns nicht anschließen. Es ist sicherlich richtig, dass es momentan Probleme in vielen Bereichen des studentischen Alltags gibt. Weiterhin ist es die gewünschte Aufgabe des StuRas als die gewählte Vertretung der Studenten gegenüber der Hochschule, eben diese Probleme zu thematisieren und zu artikulieren. Jedoch bezweifeln wir, ob ein Festakt, der dazu dienen soll, die jüngsten Mitglieder der Universitätsgemeinschaft willkommen zu heißen, als Plattform für plakative Anschuldigungen missbraucht werden sollte. Der Ablauf der Moduleinschreibungen für die Bachelorstudenten verlief tatsächlich unkoordiniert und stellte Studenten und Dozenten gleichermaßen vor unvorhergesehene Schwierigkeiten. Die Großbaustelle Universität Leipzig erschwert Lehre und Leben, und die Verzögerungen sind nicht gerade hilfreich. Die vom StuRa kritisierte ökonomische Ausrichtung der Lehre kann nicht förderlich für die Bildung sein. Eine genauere Betrachtung der finanziellen Lage der Hochschule und eine Abwägung des Verhältnisses von Leistung und Bezahlung der Dozenten führen uns aber „ zu dem Schluss, dass die Situation nur durch Förderung von außen verbessert werden kann. Dem Vorwurf des StuRas, die Zusammenarbeit von Universität und Wirtschaft sei ein auf Profit und Erfolg orientiertes Unternehmen, bei dem die Studenten und die Freiheit der Lehre hinten anstehen, setzen wir entgegen, dass nur Studiengebühren eine Alternative zu diesem Ansatz wären – und die will keiner bezahlen, auch der StuRa nicht. Die Baustelle hat das Ziel, unsere Uni modern und schön zu machen und sie der gewachsenen Studentenzahl anzupassen. Die momentane Interimsphase kann also für alle letztendlich nur eine Verbesserung bedeuten. Zudem sind die anhaltenden Verzögerungen von niemandem beabsichtigt, schon gar nicht von der Universitätsleitung. Zu guter Letzt: Probleme bei der Studienplanung haben auch Magister- und Diplomstudenten. Wir kämpfen mit Wartelisten, unmöglich koordinierbaren Stundenplänen und überfüllten Seminaren. Die gesamte Organisation der modularisierten Studiengänge ist neu und bedarf noch einer gewissen Routine. Mit diesem Umstand ist die Universität Leipzig überdies nicht allein. Diese Aussagen sind bei einer Veranstaltung wie der Immatrikulationsfeier fehl am Platz. Äußerungen wie „Die Uni will euch nicht, aber sie braucht euch“ (für eine nötige Mindeststudentenzahl) oder „So schlimm, wie wir es jetzt dargestellt haben, ist es nicht. – Es ist schlimmer“ zeugen weder von rhetorischen Kompetenzen noch von Taktgefühl gegenüber den Erstsemestern. Auf uns wirkt die konsequente Ablehnung aller universitären Belange lächerlich und primitiv. Eine Vertretung, die sich als Sprachrohr der Studentenschaft versteht, sollte konstruktiv Kritik üben, anstatt immer nur kontra zu geben. Julia Seidel und Silvia Lauppe, Magisterstudentinnen im 7. bzw. 5. Fachsemester Konstruktiv Kritik üben, anstatt immer nur kontra geben. 6 “ Am Rande Papier ist geduldig, der Leser nicht. Oder wie lässt sich das Phänomen Harry Potter sonst erklären? Der kleine Zauberjunge mit der Nickelbrille. Das berühmte Gleis 9 3/4. Und hinter allem eine millionenschwere und PR-schlaue Autorin, die Literatur-, Kinder- und mittlerweile auch Klatschseiten der Massenmedien füllt und so den Bücherherbst 2007 für sich bestimmte. Diese Jahreszeit der Neuerscheinungen gehört Frankfurt. Wir Leipziger haben dafür den (viel schöneren, werden viele einstimmen) Bücherfrühling. Das Ambiente mit Lesungen in der Innenstadt, die Glashalle mit ihren Veranstaltungen und nicht zu vergessen: Es ist ein Heimspiel, die Buchmesseakademie mit Neuem und Spannendem aus Forschung und Lehre der Alma mater. Doch Lokalpatriotismus in allen Ehren, man muss den Frankfurtern Respekt zollen mit ihrem diesjährigen Mammutprogramm. Zumal, da die Universität Leipzig respektabel vertreten war. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien erwähnt Professor Hartmut Zwahrs Tagebuchaufzeichnungen von 1968 bis 1970 „Die erfrorenen Flügel der Schwalbe“ – 434 Seiten, Professor Elmar Schenkels Biographie über den englischsprachigen Schriftsteller Joseph Conrad – 350 Seiten. Nicht fehlen dürfen auch die Werke aus der Schriftstellerschmiede der Nation, dem zur Universität Leipzig gehörenden Deutschen Literaturinstitut, als da wären „Schilf“ – ein 384 Seiten starker Roman der Absolventin Juli Zeh oder aber „Der Papst, den ich gekannt habe“ aus der Feder von Literaturprofessor Hans-Ulrich Treichel – 118 Seiten, dafür aber laut Verlag „eine grandios komische Erzählung“. Sie die Wahl: Fiktion oder Realität, Humor oder Zeitgeschichte, dick oder dünn. Und zugegeben, es wäre doch schade, wenn wir alle dasselbe Mosaiksteinchen Literatur wählen würden, nur weil Werbung und Bestsellerlisten es so wollen. Die Dubletten verursachenden Dramen unterm Weihnachtsbaum nicht auszudenken. Wer braucht schon Harry Potter im Doppelpack? Viel Freude beim Finden und Suchen der richtigen Lektüre sowie ein besinnliches Weihnachtsfest wünscht Tobias D. Höhn journal UniVersum Research Academy Leipzig – in einem Jahr viel erreicht HRK-Vizepräsident Klaus Dicke hält Festvortrag Als übergreifende Einrichtung für die Nachwuchsförderung eröffnete im Dezember 2006 die Research Academy Leipzig (RAL, Forschungsakademie Leipzig). Die RAL besteht aus drei Graduiertenzentren in den Bereichen Mathematik/Informatik und Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. „Damit ist die Forschungsakademie eine Basis der strukturierten Doktorandenqualifizierung der Universität Leipzig“, erklärt Gründer und Prorektor für Forschung und Wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Martin Schlegel. Ein Schwerpunkt ist die internationale Doktorandenrekrutierung: Nachwuchswissenschaftler haben hier unter anderem die Möglichkeit, mit international renommierten Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten und somit den Grundstein für ihre internationale Konkurrenzfähigkeit zu legen. „Auch methodisch haben wir eine ganze Reihe von Angeboten, zum Beispiel Workshops zum Zeitmanagement, wissenschaftliches Schreiben und Einstieg in eine Wissenschaftskarriere. Diese Veranstaltungen, werden von unseren Doktoranden stark nachgefragt“, erklärt Prorektor Schlegel weiter. Großen Anklang fand insbesondere der erstmalig organisierte dreiwöchige Deutschkurs für neu eintreffende Doktoranden, der im September in Zusammenarbeit mit interDaF e. V. und dem Helmholtzzentrum für Umweltforschung durchgeführt wurde. Dieser bot nicht nur eine Einführung in die Sprache, sondern machte die Doktoranden ebenso mit ihrem neuen Umfeld, der Forschungslandschaft in Leipzig, und ihren zukünftigen Arbeitsplätzen vertraut. Neu in der Research Academy Leipzig eingerichtet ist das Deutsch-Amerikanische Promotionsprogramm „Deutsch als Fremdsprache“, eine Kooperation mit der University of Arizona in Houston, und das Deutsch-Französische Doktorandenkolleg „Komplexe Systeme im Gleichgewicht und Nichtgleichgewicht“ eine Kooperation mit Heft 6/2007 der l’Université Henri Poincaré, Nancy I. In Gründung befindet sich die Klasse: „Kultureller Austausch: Altertumswissenschaftliche, historische und ethnologische Perspektiven“. In Planung ist gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die Gründung einer neuen Internationalen Max-Planck Research School für Neurowissenschaften im Graduiertenzentrum Lebenswissenschaften. Aber auch die „weichen Kriterien“ der Nachwuchsförderung werden in der RAL angegangen: So gibt es seit Mai diesen Jahres eine Tagesmutter, die Kinder im Alter bis drei Jahre betreut. Aufgrund des großen Bedarfs an Betreuungsmöglichkeiten für Doktorandenkinder wird eine zweite Tagesmutter in Kürze hinzukommen. Gebührend wird das einjährige Bestehen der RAL begangen: Am 13. Dezember wird nicht nur der erste Geburtstag mit einem Festvortrag des Vizepräsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. Klaus Dicke, gefeiert. Die Veranstaltung wird auch genutzt, um die in der Exzellenzinitiative geförderte Graduiertenschule Building with Molecules and Nano-Objects (BuildMoNa) festlich zu eröffnen. Zudem werden erstmals Doktoranden der Research Academy Leipzig für ihre wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet. Preise für herausragende Arbeiten im Rahmen der Promotion sollen in Zukunft regelmäßig ausgelobt werden, um den Anreiz zur Promotion in Leipzig und die Sichtbarkeit der Doktoranden innerhalb der Universität zu verstärken. Im Anschluss an die Festveranstaltung organisiert die RAL am 14. und 15. Dezember ein weiteres Seminar der Reihe „Junge Wissenschaft und Praxis“ im Breitenfelder Hof bei Leipzig, welches von der Hanns Martin Schleyer-Stiftung großzügig gefördert wird. Mit verschiedenen Diskussionen und Vorträgen zum Thema „Die Universitäten am Scheideweg: Exzellenzinitiative und die Differenzierung in Lehr- und Forschungsuniversitäten“ möchte sich die Research Academy in die aktuellen hochschulpolitischen Diskussionen einmischen und Position beziehen, um die strukturierte Doktorandenqualifizierung als Teil der Profilbildung der Universität Leipzig zukunftsweisend weiterzuentwickeln. M. R. /A. L. Nicht nur Nachwuchswissenschaftler arbeiten in der Research Academy Leipzig mit international renommierten Wissenschaftlern zusammen, auch die weichen Kriterien zählen, wie die Betreuung von Doktorandenkindern. Foto: Stefanie Müller 7 UniVersum „Im Neubau wird sich die Sammlung voll entfalten“ Der Kustos und das Kunstkonzept – Rudolf Hiller von Gaertringen im Interview Die 600-jährige Geschichte der Universität Leipzig offenbart sich nicht zuletzt in einem reichen historischen und künstlerischen Erbe. Auf dem neuen innerstädtischen Campus sollen diese Sammlungen der Alma mater Lipsiensis den Angehörigen und Gästen der Universität Leipzig vermehrt zugänglich gemacht werden. Hierfür wurde ein eigenes Kunstkonzept erstellt, über das Dr. Manuela Rutsatz mit Kustos PD Dr. Hiller von Gaertringen sprach. Was ist unter dem „Kunstkonzept der Universität Leipzig für den Campus 8 Augustusplatz“ zu verstehen? Wo überall wird sich Kunst wiederfinden? Das von einer Kommission erarbeitete Kunstkonzept schlägt vor, vorhandene, in der großen Mehrzahl mit dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters verbundene Kunstwerke in fünf so genannten Erinnerungskomplexen zu organisieren und bestimmten Räumen zuzuordnen. Sie beginnen erstens mit mittelalterlichen Wandbildern der Klosterzeit, es folgen zweitens die Kunstwerke aus der gesprengten Universitätskirche, darunter neuzeitliche Epitaphien und Grabplatten, drittens eine Portraitgalerie mit Professorenbildnis- sen des Barock, viertens die – vorrangig plastischen – Bildwerke des 19. Jahrhunderts aus dem Augusteum, darunter das Schinkeltor und zahlreiche Portraitbüsten, sowie fünftens die sozialistische Phase der Universität, hier vor allem das Wandbild Werner Tübkes „Arbeiterklasse und Intelligenz“. Die Grundidee ist, die Kunst – soweit konservatorisch vertretbar – zum Betrachter zu bringen, das heißt sie vorrangig im öffentlichen Raum zu präsentieren, im Paulinum, im Foyer, in Passagen etc. Dabei sollen die Werke auch didaktisch aufbereitet und vermittelt werden. journal UniVersum Der Kustos PD Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen (Mitte) und das Kunstkonzept, hier in den Studiensammlungen der Universität mit Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange und Rektor Prof. Franz Häuser. Foto: Jan Woitas Wie verändern sich damit die Möglichkeiten zur Präsentation des Kunstbesitzes der Universität? Sie verbessern sich dramatisch! Erst in den neuen Räumen wird für die oftmals monumentalen Werke genügend Platz vorhanden sein. Erst im Neubau wird sich die Sammlung in all ihren Facetten entfalten können. Erst für diesen neuen Zusammenhang werden zahlreiche Werke, die in sozialistischer Zeit bewusst vernachlässigt wurden, restauriert und ausstellungsfertig gemacht. Nur die Perspektive, sie künftig zeigen zu können, verleiht den Mut, diese Aufgabe in Angriff zu nehmen … Welche Ausstellungsstücke liegen Ihnen besonders am Herzen? Können Sie schon sagen, welche Höhepunkte Nutzer und Besucher erwarten dürfen? Angesichts der Fülle hochrangiger Werke ist das schwer zu beantworten. Sicher liegen mir die Epitaphien aus der Universitätskirche besonders am Herzen. Ein persönlicher Favorit ist das Epitaph für Heinrich Heideck von 1603 mit einer weißgoldenen, in Teilen originalen Fassung. Im 19. Jahrhundert beispielsweise die Portraitbüste Anton Springers von Seffner, Werner Tübkes Wandbild natürlich, trotz seiner historisch teilweise problematischen Aspekte. Das sind schon sehr bemerkenswerte Bestände, auch in ihrer Gesamtheit. „ stand, thematisiert durch ihre Modernität aber zugleich die Brüche. Im Zuge der Restaurierungen sollen daher auch die geschichtlichen Spuren der Kunstwerke erhalten bleiben und entsprechende Fragen aufwerfen. Schließlich sind diese Werke selbst durch die Ereignisse von 1968 gezeichnet. Außerdem soll eine Fotodokumentation im Bereich des südlichen Seiteneingangs Baugeschichte und Sprengung der Kirche sowie den studentischen und anderen Widerstand dagegen vor Augen führen. Wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand des Kunstkonzeptes? Welche aktuellen und temporären Ausstellungen sind vorgesehen? Nachdem die entsprechende Raumzuordnung nunmehr definiert ist, arbeiten wir derzeit am Feinschliff. In der nächsten Sitzung werden wir zum Beispiel die Hängung der Epitaphien nochmals objektgenau diskutieren. Natürlich stehen auch Anbringungsfragen, beispielsweise bei Skulpturen oder Grabplatten, immer wieder auf der Tagesordnung, zumal es im Bereich der Architektur Detailanpassungen oder Konkretisierungen gibt. Zu berücksichtigen sind ferner bestimmte künftige Festlegungen, wie die Materialität und Farbigkeit bestimmter Wände, die uns noch nicht vorliegen. Insgesamt aber sind wir auf einem sehr guten Weg. Die Mehrzahl der Kunstwerke des Kunstkonzeptes wird als Dauerausstellung präsentiert. Ereignisbezogene Änderungen wird es insbesondere in der erwähnten Porträtgalerie geben. Für Sonderausstellungen wird ein eigener Ausstellungsraum der Kustodie im Bereich des Foyers entstehen, wo wir wie bisher Ausstellungen zu verschiedensten Themen mit Universitätsund Kunstbezug anbieten werden. Für 2009 planen wir in Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig, insbesondere dem Stadtgeschichtlichen Museum, und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften eine große Ausstellung zum Thema Aufklärung in Sachsen mit dem Titel „Erleuchtung der Welt“, die im Alten Rathaus gezeigt werden soll. In der Studiensammlung im Rektoratsgebäude soll es eine Kabinettausstellung zum Thema „Studentisches Leben“ geben. Die Hängung thematisiert zugleich die Brüche. Wie soll mit dem Kunstkonzept an die Paulinerkirche erinnert werden? Kernstück der Erinnerungshaltung jenseits der Architektur sind natürlich die Epitaphien, die im Andachtsraum in einer auch formal an die historische Situation erinnernden Weise gehängt werden sollen. Damit sind die kunsthistorisch wichtigsten originalen Zeugnisse aus der Kirche in einer feierlichen Weise in einem liturgisch genutzten Kontext präsentiert. Die Hängung orientiert sich am historischen ZuHeft 6/2007 “ Leserbrief Außenstelle Zingst hat lange Vorgeschichte Zum Beitrag „Außenstelle Zingst – Beliebte Adresse für Exkursionen und Tagungen“ in der vergangenen Ausgabe des UniJournals erreichte die Redaktion folgender Leserbrief: Die Lektüre des ersten Absatzes dieses Artikels wirft die Frage auf, wann genau das Maritime Observatorium in Zingst eingerichtet wurde. Es dürfte in diesem Zusammenhang von Interesse sein, dass es im Jahre 1910 bereits Überlegungen zur Errichtung eines Lehrstuhls und Instituts für Ozeanographie gegeben hatte. Damals hatte sich Alexander Nathansohn für die Besetzung eines solchen Lehrstuhles empfohlen. Er promovierte 1900 in Leipzig zum Thema: Physiologische Untersuchungen über amitotische Kernteilung. Sein Antrag auf Habilitation erreichte Leipzig 1902 von der Zoologischen Station Neapel aus, wo er über maritime Bacterien forschte. Das Verfahren verlief für den Petenten sehr erfolgreich. Er wird laut Schreiben, datiert auf den 24. 04. 1907, vom Königlichen Sächsischen Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts sogar zum Sommersemester 1907 von der Abhaltung von Vorlesungen zwecks Vornahme biologischer Untersuchungen in den Norwegischen Gewässern befreit. Im März 1909 erfolgt seine Ernennung zum außerordentlichen Professor. Aber seine Hoffnungen auf ein Institut für Ozeanographie werden zerschlagen, unter anderem mit der Begründung des Fehlens einer maritimen Forschungsstätte. (Quelle: UAL PA 826) Dr. med. vet. Kirsten Büsing, Institut für Bakteriologie und Mykologie Anne Büsing, Herne 9 UniVersum Zu Fuß von Bach bis Mahler Statik-Professor Werner Schneider liebt Musik und schenkt Leipzig (s)eine Notenspur Von Tobias D. Höhn Bach, Mendelssohn, Schumann, Reger, Grieg, Mahler … – ganz Leipzig ist Musik, scheint es. In kaum einer anderen Stadt haben so viele Komponisten von Weltruf gelebt und gewirkt, ihre Spuren mehr oder weniger sichtbar für die jetzige Generation hinterlassen. Ein Mathematiker würde angesichts dieses Fakts vielleicht nach der Zahl der „Musiker pro Quadratkilometer“ fragen. Aber auch Musikwissenschaftler, Historiker und Theologen hätten ihre eigenen Fragestellungen. Doch ein Statiker?m Werner Schneider, außerplanmäßiger Professor für Statik, sieht es von der praktischen Seite. Er liebt Musik, spielt seit seiner Kindheit Klavier, ist gerne in der Natur unterwegs, vermisst aber in Leipzig seit Jahren eines ganz Besonders: Eine Route, auf der man die einzigartigen Musikschätze der Stadt zu Fuß oder per Rad individuell erkunden kann. Eine Tour, die Touristen wie Einheimische zu den Wirkungsstätten der Musiker, ihren Geburtsoder Wohnhäusern führt. Das war der Beginn eines jahrelangen und noch nicht abgeschlossenen Projekts, der Leipziger Notenspur. Wir sitzen im Riquet Café in der Leipziger Innenstadt, ein Mix aus Jugendstil, Wiener Kaffeehaustradition und chinesischer Baukunst bestimmen das Interieur. Der Ort ist bewusst ausgewählt. „Hier wurde die Idee zur Notenspur geboren, hier wurde es konkret“, sagt Professor Schneider. Das war im April 2005, als er mit Gewandhausmusikern nach einer Ballett-Aufführung zusammensaß. Es war die Zeit, als in Leipzig auf den Siegestaumel beim nationalen Ausscheid um die Olympia-Bewerbung die Ernüchterung folgte und alle Träume von 10 2012 wie Seifenblasen zerplatzen. „Davor hatte die Stadt das Projekt abgelehnt. Für mich stand fest: Entweder es klappt jetztim dritten Anlauf oder nie“, sagt Schneider. Zu diesem Zeitpunkt gärte die Vision der Notenspur schon sieben Jahre in seinem Kopf. Zuvor hatte die Stadt dem engagierten Professor einen Korb gegeben – man fühlte sich mehr als Sportstadt, denn der schönen Künste verbunden. Er wusste, zuerst musste er das Argument der Rathausspitze über die Nichtmachbarkeit entkräften. Dazu holte sich der engagierte Uni-Professor andere Disziplinen mit ins Boot: Musikgeschichtler, Musikwissenschaftler und Stadplaner der Universität unterstützen ihn, die Hochschule für Grafik und Buchkunst tüftelte am Design und die Hochschule für Musik und Theater zog ihre Archive zu Rate. Physiker im Hauptberuf, Kulturpolitiker im Ehrenamt 15 Monate später stand das überarbeitete Konzept, fand die Idee Anklang bei den großen Musikinstitutionen Leipzigs und wurde, unterstütztvon Leipzig Tourist Service, im Kulturausschuss des Stadtrates vorgelegt und einstimmig angenommen. Jetzt war das Projekt Notenspur „amtlich“. Und der Professor hatte neben seinen abstrakt klingenden Forschungsschwerpunkten wie „Konsistente Bewertung der Imperfektionen stählerner Schalentragwerke“ oder „Dynamische Strukturanalyse von Versagensvorgängen unter quasistatischer Belastung“ eine neue Mammutaufgabe zu stemmen. Der promovierte Physiker musste manchen Arbeitstag neu aufteilen. Aus dem Hörsaal ging er nach der Vorlesung ins Rathaus, sprach mit Kulturpolitikern, Musikinstitutionen und Touristikern. In der „Spätschicht“ und am Wochenende wurde dann geforscht. Dabei ist die Idee der Notenspur so einfach – wie genial –, dass man sich fragen muss, wieso Stadtmarketing-Experten und Touristikfachleute nicht selbst und vor allem schon früher darauf gekommen sind. Auch die Universität selbst holte Schneider mit ins Boot. Die Alma mater Lipsiensis meldete beim Deutschen Patent- und Markenamt den Namen Notenspur an, was bereits bestätigt wurde und damit deutschlandweit geschützt ist. Werner Schneider hat viel erreicht in den letzten Monaten, eine Vielzahl von Institutionen mit manchmal widerstreitenden Interessen an einen Tisch gebracht. 21 Einrichtungen finden sich auf dem Band der Notenspur. Der Sieger im Designwettbewerb für die Konzeption des benötigen Wegeleitsystems wurde gekürt, so dass sich spätestens im Frühsommer 2009 die Notenspur 4,7 Kilometer durch Leipzig schlängeln soll – gerade rechtzeitig zum großen Uni-Jubiläum. Silberne, in den Boden eingelassene Abschnitte eines schwingenden Bandes sollen die einzelnen, durchschnittlich 225 Meter voneinander entfernten Stationen miteinander verbinden. „Zusätzliche Hinweisschilder in Deutsch und Englisch sollen dem Besucher den Weg weisen“, sagt Heide Luckmann, Geografin und Projektleiterin für das Wegeleitsystem der Notenspur. Die Personalmittel für sie wurden über den Verein der Freunde des Bauingenieur- und Wirtschaftsingenieurwesens der Universität Leipzig eingeworben. Jeder kann einsteigen, wo er möchte – ob am SchumannHaus oder dem Geburtshaus von Clara Wieck – und sich so seinen individuellen Rundweg zusammenstellen. Die Tragweite des Projekts lässt sich momentan nur auf einem Stadtplan erahnen, den Professor Schneider aus seiner braunen Aktentasche zieht und auf dem die einzelnen Stationen durch eine schwarze Linie verbunden sind. „In Thomaskirche journal UniVersum und Gewandhaus kommt jeder Besucher, doch außerhalb des Innenstadtrings bewegt sich kaum jemand. Dabei sind hier die Komponistenhäuser zu finden, Leipzigs größter Schatz, der leider noch viel zu wenig wahrgenommen wird.“ Mit der Notenspur sollen zum Beispiel das zur Universität gehörende Museum für Musikinstrumente (mit Deutschlands größter Instrumentensammlung und dem ältesten erhaltenen Hammerflügel der Welt), die Grieg-Begegnungsstätte, das Mendelssohn-Haus (Residenz der Universitätsmusik) aus dem Dornröschenschlaf geweckt und ins Bewusstsein der Leipzig-Besucher gerückt werden. Eine der Attraktionen entlang des musikalischen Bandes dürfte auch das neue Hauptgebäude der Universität am Augustusplatz werden, das neue Paulinum. „Es wird der Nachfolgebau einer Bachstätte sein mit großem Potenzial für die Zukunft“, sagt Universitätsmusikdirektor David Timm. Die Notenspur bietet in seinen Augen die Chance, das Historische ins Bewusstsein zu rücken und durch Musikaufführungen der Gegenwart lebendig zu halten. So stellt er sich das auch für den 900 Plätze fassenden Mehrzweckbau vor: „Die Universitätsmusik bekommt wieder eine eigene Wirkungsstätte innerhalb der Universität, die sie über 40 Jahre lang Heft 6/2007 nicht hatte. Wir kommen wieder nach Hause.“m Schneider weiß um die Schätze der Stadt: „Weltweit keine andere Stadt bietet diese Vielzahl authentischer Musikstätten, die fußläufig erreichbar sind.“ Zwar überflügele Wien mit der Anzahl originaler Musikschauplätze die Pleiße-Stadt, doch diese liegen meilenweit auseinander. Zu Fuß an einem Tag unmöglich. Denkmäler wie an einer Perlenkette aufgereiht Wenn die Notenspur im Sommer 2008 oder Frühjahr 2009 mit einem Bürgerfest, so schwebt es Schneider vor, eingeweiht wird, geht für den Statiker die Arbeit weiter. Seine Vision, Kulturorte und Denkmäler wie an einer Perlenkette aufzureihen, soll eine neue Dimension erreichen. Der Leipziger Notenbogen ist eine Weiterentwicklung und führt den Spaziergänger durch Gründerzeitviertel und Parkanlagen westlich der Innenstadt. Noch weiter geht das Notenrad, mit dem der passionierte Radfahrer Schneider Interessierte auf eine 35 Kilometer lange musikalische Radtour einlädt, die zentrumsferne musikgeschichtlich interessante Orte miteinander verbindet. Auch hier unterstützt die Uni- versität Schneiders Tun: Notenrad und Notenbogen hat die Uni beim Deutschen Patent- und Markenamt in München angemeldet. „Viele der Altersgeneration 50 plus werden einwenden, dass diese Orte doch altbekannt sind. Stimmt. Doch wir wollen erreichen, dass sie die Besucher mit neuen Augen sehen, junge Menschen heranführen und jene gewinnen, die sich nicht vordergründig mit Musik beschäftigen“, erwidert der 56-Jährige. Der Weg soll zum Erlebnis werden. Dazu könnte auch beitragen, dass zu den einzelnen Stationen passende Musikstücke im Internet abgerufen werden. Dies gehört jedenfalls zu den ersten Ideen für ein Musikerlebnis-Leitsystem, das der Notenspur eine unverwechselbare musikalische Atmosphäre verleihen soll. Ein generationsübergreifender Ansatz: Der Opa geht mit seinen Enkeln spazieren, an den einzelnen Touretappen spielen sie ihm die heruntergeladenen Werke auf dem iPod vor. www.notenspur-leipzig.de Die Notenspur, dessen Spiritus Rector apl. Prof. Werner Schneider ist, soll künftig musikalische Kleinode und bedeutende Häuser auf einem Rundweg verbinden. Gemeinsam mit Heide Luckmann präsentiert er ein erstes Prospekt. Foto: Tobias D. Höhn 11 UniVersum Die Gerechtigkeit, das Universum und ein Ministertag Kinderuniversität mit spannendem Programm Auch im Wintersemester will die Kinderuniversität Leipzig, kurz KUNI, die Wissbegierde der Sieben- bis Elfjährigen stillen. Den Auftakt machte Ende Oktober Rektor Prof. Dr. Franz Häuser. Sein Thema: „Was ist gerecht?“ Eine Pauschalantwort hatte der Jurist nicht zu bieten, dafür aber mehrere Lösungsansätze, anschaulich erklärt am Beispiel einer zu vergebenden Freikarte für ein Fußballspiel. Professor Häuser nahm aber auch eine „offizielle Amtshandlung“ vor, indem er den ersten Kinderbeirat der KUNI ernannte und mit leuchtend blauen T-Shirts ausstattete. „Dass ich jetzt bei KUNI mitbestimmen darf, finde ich super“, freute sich Anne (7 Jahre). Sie ist eine von sieben Beiratsmitgliedern. Der Organisatorin von KUNI, Jana Both, sind die Meinungen und Vorschläge der Kinder wichtig: „Die Kinderuni ist eine Veranstaltung für Kinder. Sie wissen am besten, was ihnen gefällt und was sie sich für KUNI wünschen. Wir nehmen die Wünsche und Fragen der Kinder auf und setzten sie entsprechend um.“ Die ersten Aufgaben hat der KUNI-Beirat bereits erfolgreich bewältigt: Die Gestaltung der Vorlesungsplakate für das Winter- semester sowie der neu eingeführten Studentenausweise. Und worauf dürfen sich die Kleinen in diesem Semester noch freuen? Drei weitere Vorlesungen stehen auf dem Programm. Am 14. Dezember spürt Prof. Dr. Michael Soffel von der TU Dresden der Unendlichkeit des Weltraums nach. Am 18. Januar plaudert Kultusminister Steffen Flath über Jana Both ist nach außen das Gesicht der Kinderuni und organisiert die Veranstaltungen für Kinder und Vortragende. Foto: Jan Woitas Der frisch gekürte KUNI-Beirat in neuen T-Shirts samt Uni-Rektor Prof. Franz Häuser. Von links, untere Reihe: Dieter Hofmann, Martin Hoffmann, Prof. Dr. Franz Häuser, Anne Wille, Theresa Prenzel; obere Reihe: Philipp Sonntag, Franziska Ritter und Michael Ritter. Fotos: Tobias D. Höhn 12 den Arbeitsalltag eines Ministers. Und am 22. Februar erklärt Dr. Katrin ReichelWehnert vom Sächsischen Kultusministerium, warum Freunde so wichtig sind. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 16.30 Uhr, Hörsaal der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie/ Institut für Biologie II (Talstr. 33). M. R./T. D. H. journal DeutschWeißrussische Forschungskooperation Die Universität Leipzig als Drehscheibe und Brückenkopf nach Mittel- und Osteuropa. Das hat in Leipzig eine lange Tradition. Auch wenn man in den Jahren nach der Wende mehr gen Westen schaute, konzentriert man sich heute wieder stärker darauf, Kooperationen mit mittel- und osteuropäischen Universitäten zu pflegen und aufzubauen. Nun kann man auf der Landkarte von Kooperationen ein weiteres Fähnchen hissen, denn seit kurzem gibt es ein Kooperationsabkommen mit der Staatlichen Universität Minsk in Belarus, dem ehemaligen Weißrussland, einem der isoliertesten Länder Osteuropas. Unterzeichnet wurde das Kooperationsabkommen im März in Leipzig von beiden Rektoren, Prof. Dr. Franz Häuser und Prof. Dr. Vassili Strazhev. Damals war eine Delegation von Wissenschaftlern aus Minsk zu Gast in Leipzig. Diesen September stand nun der Gegenbesuch einer Leipziger Delegation in Minsk an. Denn dem gezeichneten Kooperationsabkommen sollten Taten folgen. Man wollte konkret werden, Symposien planen, den Studentenaustausch anschieben, gemeinsam über Buchveröffentlichungen nachdenken und Forschungsgelder bei der EU beantragen. Und so steht Prof. Berthold Kersting, Teilnehmer der Delegation und Professor für Anorganische Chemie in Leipzig, Ende September vor einer kleinen Gruppe in einem Vorlesungsraum in Minsk und präsentiert die Forschungsgebiete seiner Fakultät. Die Studierenden und Professoren sind angetan von der lebendigen und humorigen Art des Leipziger Professors. Denn neben dem Fakultäts- und Forschungsprofil liefert Kersting ihnen auch gleich noch ein Leipziger Stadtportrait. In normalen Vorlesungen ist man hier anderes gewohnt. Kurz nach dem Vortrag bildet sich schnell eine kleine Traube Menschen um den Leipziger Chemiker. In den Händen hält Kersting drei kleine Plastikröhrchen, gefüllt mit Chemikalien. „Die haben wir gestern von einem Forscher Heft 6/2007 Minsk–Leipzig hier aus Minsk bekommen, der uns ein Projekt vorgestellt hat, wo wir jetztgemeinsam weitere Untersuchungen in Leipzig durchführen wollen.“ So schnell kann man zusammen arbeiten. Ein paar hundert Meter weiter, die sauber geputzte und aufgeräumte Karl-MarxStraße entlang, in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Staatlichen Universität Minsk, werden die anderen Teilnehmer der Delegation Dr. Cornelie Kunze vom Leipziger Zentrum für Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Dr. André Bleicher, Energiewirtschaftsexperte an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Leipzig und Prof. Dr. Rolf Hasse vom Fraunhofer Zentrum für Mittel- und Osteuropa von belarussischen Studierenden umringt. Fragen über Fragen, denn das Interesse an Studienmöglichkeiten in Deutschland scheint sehr groß.“ Gemeinsame Forschungen und Austausch von Studierenden sind das Ziel In gebrochenem Deutsch erzählt Violetta, die 20-jährige Studentin, wie sie sich freut über den Besuch aus Leipzig. „Das ist cool, wir können ein bisschen von Deutschland lernen. Wir haben jetzt vielleicht die Möglichkeit, in deutsche Unis zu gehen, um dort zu studieren. Und am Ende wieder zurück zu kommen und alles ein wenig besser zu machen für unsere Republik. Das ist toll. Und Deutschland ist toll.“ Denn neben dem Austausch von Wissenschaftlern und der gemeinsamen Arbeit an Forschungsprojekten, will man mit dem Forschungskolloquium vor allem eines erreichen: den Austausch von Studierenden, und das in beide Richtungen, sagt Dieter Schulz, Professor für Erziehungswissenschaften an der Uni Leipzig und Initiator des Projektes. „Das Entscheidende ist vor allem, dass wir den Weg vorbereiten für unsere Studenten. Die Studenten sind unsere Zukunft. Wir können nur noch vermitteln und zeigen, dass ist die richtige Richtung. Traditionen, die wir anfangen zu knüpfen, haben einen Zukunftscharakter, und der löst sich über die Studierenden ein.“ Wie wichtig es ist, einen Austausch zu haben, erfährt man unter vorgehaltener Hand auch von weißrussischen Studierenden. Sie sprechen von der politischen Situation im Land und auch an ihrer Universität. Es gibt kein unabhängiges Radio, kein freies Fernsehen und wer sich gegenüber der Regierung Lukaschenko und deren anti-westlicher Politik kritisch äußert, verliert unter Umständen seinen Studienplatz. Auch Viktor Shadurski, Professor für internationale Beziehungen an der Belarussischen Staats-Universität, begrüßt die gemeinsame Zusammenarbeit. „Die Wissenschaft ist international. Es geht nicht, dass wir eine isolierte Wissenschaft in Belarus, Deutschland oder Japan haben. Wissenschaft braucht nun mal eine starke Zusammenarbeit. Wir müssen Möglichkeiten finden diese Zusammenarbeit zu entwickeln. Sicherlich gibt es auf der politischen Ebene Probleme, vor allem seit 1997 zwischen Belarus und der EU, aber trotz dieser Probleme müssen wir Wege finden, um zusammen zu arbeiten. Um einen kulturellen und persönlichen Austausch zu haben. Wir müssen also andere Wege finden, vielleicht durch eine Art persönliche Diplomatie.“ Am Ende des Kolloquiums sitzen die Minsker Dekane und Professoren mit den Leipziger Wissenschaftlern an einem 13 UniVersum großen Tisch, um die Ergebnisse zu protokollieren. Geplant sind gemeinsame Forschungsprojekte in der Chemie, Physik, Biologie und der Geschichtswissenschaft. Vor allem will man aber den Studentenund Doktorandenaustausch intensivieren.m Auch Cornelie Kunze und Dr. André Bleicher konnten etwas Konkretes mit den Kollegen aus Minsk vereinbaren, erzählt Bleicher: „Herausgekommen ist ein Buchprojekt, was momentan das konkreteste Vorhaben ist. Wir wollen die Transformation Weißrusslands beschreiben und das von zwei Seiten her tun.“ Doch wie einfach das sein wird, darüber ist sich Kunze nicht sicher. „Die Bereitschaft ist sehr groß, aber ich weiß nicht ganz genau, ob das nicht die gleichen Erwartungen sind. Jeder hat ein bisschen andere Ziele, und man muss dann im Verlaufe der Arbeit sehen, wie man da Kompromisse findet, oder eben auch gemeinsame Ziele aufstellen kann. Das wird, so denke ich, noch ein spannender Arbeitsprozess werden.“ Denn ideologisch und politisch liegen oftmals noch Welten zwischen Minsk und Leipzig, dass haben zumindest die Treffen der Wirtschaftswissenschaftler gezeigt. Abendessen und Erfahrungsaustausch mit Wissenschaftlern aus Minsk. Foto: Mark Michel Schon im März nächsten Jahres ist dann das dritte gemeinsame Forschungskolloquium geplant. Und alle freuen sich jetzt schon darauf, denn in Minsk haben sich nicht nur Wissenschaftler getroffen, sondern Menschen, die sich näher gekommen sind und Freundschaft geschlossen haben. Mark Michel Studentica-Sammlung ist um einen Schatz reicher Die Studentica-Sammlung des Universitätsarchivs ist um einen Schatz reicher: Michael Schuster (links) und Maik Thiem (rechts) von der Leipziger Burschenschaft Germania überreichten im Oktober 2007 dem Archivar Dr. Jens Blecher einen altehrwürdigen Glockenschläger aus dem Besitz der Burschenschaft. Die Burschenschaft Germania war 1818 als pflichtschlagende Verbindung gegründet worden und verlangte von ihren Mitgliedern für die eigene und die Ehre der Burschenschaft „notfalls mit der Waffe in der Hand, einzutreten“. Mensuren werden im Waffenring HalleLeipzig geschlagen. Das akademische Hiebfechten erfüllt dabei mehrere Zwecke. Es dient unter anderem der Charakterschulung, der Auslese geeigneter Mitglieder und nicht zuletzt bildet die gemeinsame Mensurerfahrung eine besonders feste Gemeinschaft. Im Gegensatz zu den westelbischen Korporationen ist an den meisten ostelbischen Hochschulen der 14 Glockenschläger traditionell die commentgemäße akademische Waffe. Die Burschenschaft kehrte nach langem Exil 1993 an ihren alten Hochschulort nach Leipzig zurück. r. Foto: Maik Thiem journal Forschung Frühzeitiges Erkennen und Simulieren sichert Zukunft Interdisziplinarität und praxisrelevante Forschung Von Prof. Johannes Ringel, Christian Strauß und Jun.-Prof. Dr. Silke Weidner, Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft Die gegenwärtigen komplexen Transformationsbedingungen für die räumliche Entwicklung sind unter anderem auf die Gegensätzlichkeit der Verläufe von Wachsen und Schrumpfen der Städte und Regionen zurückzuführen. Mit der daraus resultierenden Notwendigkeit für einen neuen Handlungsrahmen geht die Entwicklung innovativer Strategien und Instrumente einher. Das Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft (ISB) der Universität Leipzig hat mit zwei gerade abgeschlossenen Verbundprojekten einen wissenschaftlichen Beitrag zu dieser Instrumentendebatte geleistet. Innovative Strategien für schrumpfende Städte In dem interdisziplinären Verbundprojekt „Entwicklung eines Früherkenungsund Kontrollsystems zur Unterstützung einer flexiblen Stadtentwicklungsplanung (FKS)“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, wurde ein Instrument für die Stadtentwicklungsplanung erarbeitet. Partner waren dabei die Firma innova AG, die beiden kommunalen Praxispartner Forst (Lausitz) und Selb. Das Verbundprojekt hat ein Instrument für die früherkennende, vertiefend analytische und kontrollierende Phase des städtischen Informationsmanagements erarbeitet. Noch vor Konzeptionierung und Maßnahmenumsetzung soll eine fundierte Grundlage über die derzeitige funktionale und räumliche Struktur der Stadt und ihrer Quartiere ermittelt werden. Unter der Leitung von Prof. Johannes Ringel koordinierte das ISB das Projekt und zeichnete für die wissenschaftliche Herleitung und Fundierung verantwortlich. Im Kern stand die Entwicklung der SoftHeft 6/2007 ware „umacs®“. Dabei wurden praxisrelevante Ergebnisse erzielt, die auf dem Markt nachgefragt werden und zugleich den Anspruch auf wissenschaftliche Gültigkeit wahren. Aufbauend auf diesem Erkenntnisgewinn hat das ISB ein weiteres Instrument entwickelt. Im Rahmen des Forschungsfeldes „Stadtquartiere im Umbruch“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung wurde der Baustein „Szenarien und Modellrechnungen zur Entwicklung von Quartieren im Stadtumbau“ bearbeitet. Für die Diskussions- und Entscheidungsphase zur Leitbildentwicklung untersucht das Instrument alternative Entwicklungsmöglichkeiten mithilfe von Szenarien. Die Auswertung der Szenarien liefert Erkenntnisse beispielsweise zu den spezifischen Funktionen und Potenzialen einzelner Indikatoren und bestimmter Vollzugsinstrumente des Urban Management in Abhängigkeit zu unterschiedlichen Quartierstypen sowie dem Anteil kommunaler Kosten zur Umsetzung bestimmter Strategien. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der beiden Projekte werden durch das ISB in vielfältiger Weise verwertet. Sie werden unter anderem im Rahmen der Politikberatung des Instituts herangezogen. In der Lehre dienen die ermittelten Erkenntnisse im Sinne des Humboldtschen Grundsatzes vor allem dem berufsbegleitenden Aufbaustudiengang „Master of Science in Urban Management“, der vom ISB federführend betreut wird. In den beiden interdisziplinären Projekten wurden jeweils mehrere Perspektiven auf den Untersuchungsgegenstand unternommen. Diese Methode führte zu einer Erweiterung der Modellannahmen. Die Projekt- ergebnisse weisen dadurch eine große Realitätsnähe und einen hohen Anwendungsbezug auf. Das ISB liefert demnach wertvolle Ergebnisse für die öffentliche Hand und die Privatwirtschaft. Diese Form der angewandten Forschung hat dem noch relativ jungen Institut – genau zehn Jahre sind seit seiner Gründung vergangen – eine erfolgreiche Akquisition und Bearbeitung von Verbund- und Forschungsprojekten gebracht. An dem Erfolg haben die Projektpartner des Institutsmaßgeblichen Einfluss. Daher hat das ISB das Jubiläum zum Anlass genommen und im November seine Wegbegleiter, Unterstützer, Förderer und Ideengeber zu einer Jubiläumsfeier empfangen. Das Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft existiert seit zehn Jahren. 1995 als Lehrstuhl für Baubetriebswesen und Bauwirtschaft gegründet, wurde 1998 die Stiftungsprofessur für Technisches und Infrastrukturelles Management baulicher Anlagen, 2000 die Honorarprofessur für Projektsteuerung und Projektentwicklung, die Stiftungsprofessur für Stadtentwicklung und 2005 die Honorarprofessur für Bauwirtschaft eingerichtet. Vor dem Hintergrund der derzeitigen ökonomischen und soziodemografischen Entwicklungen beschäftigt sich das ISB sowohl in Lehre als auch in Forschung mit den Schwerpunkten Urban Management, Prozessmanagement und Virtuelle Planung sowie Entwickeln und Bauen im Bestand. Seit Oktober 2003 bietet das Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft den postgradualen Aufbaustudiengang Master of Science in Urban Management an, welcher sich an Absolventen der zahlreichen Fachrichtungen richtet, die in den Stadtumbauprozess integriert sind. r. 15 Forschung Exzellenzwettbewerb Erfolg für Uni Leipzig Die Universität Leipzig hat sich mit ihrer Graduiertenschule BuildMoNa. Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects in der zweiten Auflage der von Bund und Ländern initiierten Exzellenzinitiative durchgesetzt. Damit gehört die Universität Leipzig zu den 35 Universitäten deutschlandweit, die nun durch die Exzellenzinitiative von DFG und Wissenschaftsrat gefördert werden. „Damit hat sich Leipzig in Sachsen als einzige Universität in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative durchgesetzt“, freute sich Prof. Dr. Franz Häuser über den Erfolg. Prorektor Prof. Dr. Martin Schlegel fügte hinzu: „Dieser Erfolg ist von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Universität Leipzig zu einer international sichtbaren Forschungsuniversität.“ Die Universität Leipzig hatte sich insgesamt mit Antragsskizzen für zwei Exzellenzcluster, drei Graduiertenschulen sowie für ein Zukunftskonzept beworben. Aufgefordert zur Vollantragstellung wurde sie für das Exzellenzcluster Felix Klein Center for Mathematical Sciences and their Application (Mathematik und ihre Anwendung in den Naturwissenschaften) sowie die Graduiertenschule BuildMoNa. Für Prof. Dr. Martin Schlegel, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Universität Leipzig, ist dieser Erfolg auch das Ergebnis der Forschungspolitik der vergangenen Jahre: „Um in unserer Forschungsarbeit effektiver zu werden, haben wir zum Beispiel die Research Academy Leipzig (RAL) gegründet, mit der wir insbesondere Nachwuchswissenschaftler fördern.“ „Es macht sehr viel Die beiden Sprecher der Exzellenzand Nano-objects über Geschichte, Mit der Graduiertenschule Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects ist die Universität bei der Exzellenzinitiative des Bundes dabei. Was hat Sie bewogen, sich mit der Graduiertenschule zu bewerben? Prof. Evamarie Hey-Hawkins: Wir haben nicht einfach gedacht, jetzt machen wir mal eine Graduiertenschule, sondern die Graduiertenschule hat sich folgerichtig aus dem ergeben, was schon da war. Im Rahmen der Diskussion zur Beteiligung an der Bundesexzellenzinitiative wurden vor etwa vier Jahren in der Forschungskommission der Universität Exzellenzbereiche präzisiert und strukturiert, und ich schlug damals bestehende Aktivitäten in Chemie und Physik als Exzellenzcluster I vor, aus dem dann in den letzten Jahren der Profilbildende Forschungsbereich I „Von Molekülen und Nanoobjekten zu multifunktionalen Materialien und Prozessen“ wurde. Grundgedanke war, die Spitzenforschung in Physik und Chemie zu verbinden und auch andere thematisch verwandte Bereiche einzubeziehen. Prof. Marius Grundmann: Die in der zweiten Runde des Exzellenzwettbewerbs erfolgreiche Graduiertenschule BuildMoNa ging aus unseren Antragsskizzen zu einem Exzellencluster und einer Graduiertenschule in der ersten Runde des Exzellenzwettbewerbs hervor. Wir haben uns die interdisziplinäre Ausbildung von jungen Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern auf die Fahnen geschrieben, die verzahnt sein muss mit der Forschung des Profilbildenden Forschungsbereiches. Die Graduiertenschule hätten wir auf jedem Fall aufgebaut, so dass eine Bewerbung im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes nur folgerichtig war. Was ist das Besondere an der Leipziger Graduiertenschule? Grundmann: Ich kenne natürlich die anderen Anträge der Kollegen nicht. Aber: Unsere Schule hat ein sehr klar ausgerichtetes wissenschaftliches, eindeutig beschriebenes, sehr kreatives Konzept. Und es baut auf die exzellente Forschung, die wir bisher geleistet haben. Sprecherin und Koordinatorin der Graduiertenschule BuildMoNa Prof. Dr. Evamarie Hey-Hawkins Telefon: 03 41 97 -3 61 51 E-Mail: hey@ uni-leipzig.de www.uni-leipzig.de/chemie/hh/ framehh.htm Stellvertretender Sprecher der Graduiertenschule BuildMoNa Prof. Dr. Marius Grundmann Telefon: 03 41 97 -3 26 50 E-Mail: grundmann@ physik.uni-leipzig.de www.uni-leipzig.de/~hlp 16 „Jetzt liegt viel Arbeit vor uns; nun muss der Antrag in die Praxis umgesetzt werden“, sagt Prof. Evamarie Hey-Hawkins. Fotos: Jan Woitas journal Forschung Spaß und Freude ...“ Graduiertenschule Building with Molecules Gegenwart und Zukunft des Projektes Hey-Hawkins: Es ist die Einheit von Doktorandenqualifizierung und Forschung. Und nicht zu vergessen unsere hervorragende Infrastruktur durch die Einbettung in die Research Academy Leipzig (RAL). Das alles zusammen kann man sicher als Grundlage des Erfolges bezeichnen. Die Graduiertenschule ist nun bewilligt. Wie fühlt man sich nach einem solchen Erfolg? Hey-Hawkins: Ich fühle mich gut, eigentlich unheimlich gut. Ich war in Dubai, bei der Zwischenlandung auf dem Weg nach Leipzig aus Neuseeland kommend, als ich die SMS zum Erfolg unserer Graduiertenschule von Herrn Grundmann und Frau Beck-Sickinger bekam. Ich habe mich natürlich unglaublich gefreut, aber es wäre in diesem Moment noch schöner gewesen, dieses Hochgefühl auch mit all denen zu teilen, die zum Erfolg unseres Antrags beigetragen haben. Dann, langsam, realisiert man: Wir sind dabei. Wir gehören zum Kreis der ausgewählten Unis. Jetzt liegt viel Arbeit vor uns; nun muss der Antrag in die Praxis umgesetzt werden. Grundmann: Es ist toll für Leipzig, dass es auf der Exzellenzlandkarte Deutschlands zu finden ist. Der Zuschlag eröffnet uns fantastische Möglichkeiten. Es macht einfach sehr viel Spaß und Freude. Das beflügelt natürlich auch im Alltag. Wie geht es jetzt weiter? Grundmann: Jetzt wird genau das umgesetzt, was im Antrag steht. Da ist zu unserer nachträglichen Überraschung alles sehr genau und gut aufgeschrieben. Zunächst haben wir ein Steering Committee gebildet, das die wichtigen nächsten Schritte der Graduiertenschule plant. Dann müssen die rechtlichen Voraussetzungen geprüft werden: Wie viel Geld bekommen wir genau? Wie darf es ausgegeben werden? Wir warten also auf den Bewilligungsbescheid. Aber im Wesentlichen ist klar, dass jetztdie Stipendien ausgeschrieben und Anzeigen geschaltet werden. 40 Doktoranden, die beHeft 6/2007 reits im Rahmen anderer Projekte finanziert werden, werden in den nächsten Wochen aufgenommen, und im nächstes Jahr kommen dann pro Quartal jeweils zehn bis 15 Stipendiaten dazu. Hey-Hawkins: Das Lehrprogramm für das erste Jahr steht ja schon in dem Antrag. Für die folgenden Jahre haben wir jetzt nicht weiter Papier produziert, weil sich die Module natürlich mit neuen Erkenntnissen ändern, und die Inhalte auch von den Kollegen, die dann aktuell als Lehrende eingeladen werden, abhängen. Dann müssen für jeden Doktoranden/jede Doktorandin jeweils ein Betreuer und ein Ko-Betreuer festgelegt werden. Das erfordert einfach unser interdisziplinärer Ansatz. Und wo soll es hingehen? Welches Ziel steht am Ende der Arbeit? Grundmann: Da kann man vieles aufzählen. Wir möchten natürlich exzellente Mitarbeiter hier in Leipzig halten. Wir werden zumindest in unseren Fächern die Gelegenheit haben, mit einer attraktiven Graduier- tenschule diese Leute in Leipzig zu halten, und natürlich insbesondere aus dem Ausland exzellente neue Mitarbeiter nach Leipzig zu holen. Das ist, denke ich, ein ganz wichtiger Faktor. Mehr Internationalität. Das zeigt sich auch darin, dass wir für wissenschaftliche Symposien, Kolloquien und dergleichen, auch renommierte Wissenschaftler für Vorträge nach Leipzig holen können. Ich denke, dass wird insgesamt für unsere Fakultäten und damit auch für die Universität ein absoluter Gewinn sein. Hey-Hawkins: Dann die stärkere Vernetzung von Chemie, Physik und Biowissenschaften, gerade innerhalb der nächsten Jahre. Das bringt völlig neue Sichtweisen mit sich mit Auswirkungen auf die wissenschaftlichen Ergebnisse. Die Graduiertenschule wird auch eine Rolle bei den Neuberufungen spielen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Aussicht, an unserer Graduiertenschule mitzuwirken, zum Beispiel als assoziiertes Mitglied oder vielleicht als Antragsteller des Fortsetzungs- „Ich denke, das wird insgesamt für unsere Fakultäten und damit auch für die Universität ein absoluter Gewinn sein“, sagt Prof. Marius Grundmann. 17 Forschung antrags hochrangige Bewerber schon motivieren könnte, sich für Leipzig zu entscheiden. Und die Stipendiaten? Was haben sie zu erwarten und was erwarten Sie von Ihnen? Hey-Hawkins: Für die Stipendiaten bedeutet unsere Graduiertenschule zuallererst die Möglichkeit, unter besten Voraussetzungen forschen zu können. Und damit meine ich nicht nur, dass Ihnen die besten Lehrer, die besten Labore mit modernster Ausstattung und hervorragende wissenschaftliche Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Damit meine ich auch, dass sie frei von finanziellen Zwängen forschen können. Sie bekommen ein Stipendium, von dem sie, wenn auch nicht üppig, aber doch gut leben können. Und der Erfolg der Schule wird natürlich in erster Linie am Erfolg der Stipendiaten gemessen. Interview: Dr. Bärbel Adams Doktorand Sebastian Bauer arbeitet an einem Röntgendiffraktometer an der Fakultät für Chemie und Mineralogie. Das Gerät wird eingesetzt um Strukturen von Kristallen aufzuklären. ICCAS: Autopilot für die Ohrchirurgie Weltweit erster Einsatz einer automatisierten Fräse Das interdisziplinäre Team des Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, des Lehrstuhls für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik der TU München und der Firma Karl Storz Tuttlingen kann einen weiteren Erfolg verbuchten: Nach der ersten Nasennebenhöhlenoperation mit einem automatisierten motorgetriebenen Saug- und Schneidinstrument (Shaver) setzte PD Dr. Gero Strauß die weltweit erste automatisierte Fräse in der Ohrchirurgie erfolgreich ein.m Dazu Dr. Strauß, leitender Oberarzt der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik der Universität Leipzig: „Chirurgische Eingriffe am Ohr sind kompliziert und erfordern eine genaue Kenntnis der Anatomie. Trotz bester Ausbildung kann es dabei zu Verletzungen des Gesichtsnerves oder des Hörorgans kommen. Das verhindert die von uns eingesetzte Steuerung der Fräse.“ „Das Prinzip der Automation kommt aus der Automobil- und Luftfahrtentwicklung: Ein zusätzlicher Sicherheitsmechanismus bewirkt, dass das Instrument automatisch abgeschaltet wird, wenn gefährdete Strukturen erreicht werden“, sagt Professor Dr. Tim Lüth, Lehrstuhlinhaber für MikroProf. Dr. Gero Strauß von der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik der Uni Leipzig setzte weltweit erstmals den Autopiloten für die Ohrchirurgie ein. Foto: Klinik 18 und Medizingerätetechnik an der TU München. „Mit diesem Sicherheitsmechanismus wird jetzt die chirurgische Fräse ausgestattet, mit der der Ohrchirurg Knochen abträgt, um an sein eigentliches Operationsfeld zu kommen.“ Voraussetzung dafür ist eine detailgetreue Computertomographieaufnahme (digitales Patientenmodell), mit der schon vor der Operation festgelegt wird, welchen Umfang die Operation haben soll und welche Strukturen geschont werden müssen. Das muss dann wieder in komplizierte Datensätze umgesetzt werden. Das chirurgische Instrument wird dann mit den so erhobenen Daten versehen, damit es entsprechend wirksam werden kann. „Mit der weltweit ersten Operation mit einer automatisierten Fräse konnten die Partner von der TU München, der Fa. Karl Storz Tuttlingen und nicht zuletzt von ICCAS erneut ihre Leistungskraft und Innovationsfähigkeit unter Beweis stellen“, freut sich Professor Dr. Andreas Dietz, Vorstandsmitglied von ICCAS und Direktor der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik Leipzig. „Und für unsere Patienten konnte wieder ein Stückchen mehr Sicherheit erreicht werden.“ Dr. Bärbel Adams journal Forschung Ausgrabungen in Beerscheba Zwischen Philistern und Ägyptern Von Prof. Dr. Angelika Berlejung, Institut für Alttestamentliche Wissenschaft 20 Studenten der Universität Leipzig haben im Sommer dreieinhalb Wochen an einer internationalen archäologischen Ausgrabung in Israel teilgenommen. Die Ausgrabung fand in Qubur al-Walaydah südlich von Beerscheba statt, 12 Kilometer entfernt vom Gaza-Streifen, und war ein gemeinschaftliches Projekt der Universitäten von Beerscheba, Saskatchewan (Kanada), Rostock und Leipzig. Grundlage der Leipziger Zusammenarbeit mit der Universität Beerscheba ist seit kurzem eine offizielle Partnerschaft beider Institutionen. Wegen der politischen Lage der letzten Jahre, die bis heute brisant ist, waren archäologische Arbeiten in dieser Region in der letzten Dekade die Ausnahme gewesen. Insofern hat die diesjährige Grabung auch versucht, das Studium des Negev-Gebiets in Südpalästina nach längerer Unterbrechung wieder aufzunehmen. In vorchristlicher Zeit war die Region ein Übergangs- gebiet verschiedener Interessensphären gewesen. Vor allem die Philister und Ägypter hatten klare Interessen vor Ort, unter anderem auch weil sie das Hinterland von Gaza wirtschaftlich wie strategisch kontrollieren wollten. In der Zeit der Könige von Juda gehörte die Region wohl wenigstens zeitweise zum Königreich von Jerusalem. Die Grabung war die erste von insgesamt vier Kampagnen und wurde von der Universität von Beerscheba finanziert, die sich für die künftigen Grabungen finanzielle Beihilfen von Seiten der Partneruniversitäten erhofft. Ziel ist die wirtschaftliche, soziale, kulturelle und religiöse Lebenswelt von Qubur al-Walaydah zu untersuchen. Die Siedlung war Marktplatz der dort ansässigen Bauern, aber auch der Nomaden des Umlands, so dass die Ergebnisse der Arbeiten vor Ort auch für den SFB 586 „Differenz und Integration. Wechselwir- kungen zwischen nomadischen und sesshaften Lebensformen in Zivilisationen der Alten Welt“ der Universitäten Leipzig/ Halle von Interesse sind. Dabei zeigten die Grabungsfunde schnell, dass sich an dem kleinen Ort aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen die Kultur- und Interessensphären der Ägypter und Philister überschnitten. Insbesondere die Beziehungen zum nahegelegenen Gaza waren damals wie heute von besonderer Natur. Ägyptische Residenzgebäude mit zwei Meter breiten Mauern entdeckt Schon die erste Kampagne der Ausgrabungen in Qubur al-Wadaydah 2007 hat umfangreiches Material zu Befestigungsanlagen der späten Bronzezeit (1550 –1150 v. Forschung Chr.) und zur dörflichen Kultur der EisenI-Zeit (1200–1000 v. Chr.) ans Licht gebracht. So wurden in dem Dorf der EisenI-Zeit verschiedene Getreidesilos gefunden, eine Weinpresse, ein Webstuhl und ein Ofen, in dem Brot gebacken wurde. Die Keramikfunde sind philistäisch. Unter der eisenzeitlichen Siedlung, die offenbar die Verbindung zum philistäischen Gaza gepflegt hatte oder einfach aus philistäischen Siedlern bestand, entdeckte das Grabungsteam eine weitläufige Anlage aus der späten Bronzezeit, die ägyptischen Ursprungs ist. Dabei handelt es sich um ägyptische Residenzgebäude mit massiven, bis zu zwei Meter breiten Mauern. Die Anlage in Qubur al-Walaydah dokumentiert, dass die Ägypter nicht nur die Küste, sondern auch ihr Einflussgebiet im Hinterland massiv mit einer Linie von Festungen absichern wollten. Mit der Entdeckung der Festung von Qubur al-Walaydah wird in dieser antiken ägyptischen „Maginot-Linie“ der Spätbronzezeit eine weitere Lücke geschlossen. Neue Methode: Grabungsareal wird zum Schachbrett Neuartig ist die Methode, die bei der Grabung angewandt wird. Dabei wird das Grabungsareal wie ein Schachbrett aufgeteilt. In der ersten Kampagne haben die Volontäre die Hälfte der Felder ausgegraben, verglichen mit einem Schachbrett die „weißen Felder“. So ist es möglich, schon für das gesamte Feld die einzelnen Schichten festzustellen und die Profile zu fotografieren und zu zeichnen. Es lässt sich also relativ exakt vorhersagen, welche Schichten in den noch nicht ausgegrabenen Feldern zu erwarten sind. Das erhöht die Genauigkeit, mit der bei der nächsten Kampagne diese „schwarzen Felder“ ausgegraben werden können. Zusätzlich wurden geomagnetische Messungen und Radio-karbonuntersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse derzeit noch ausgewertet werden. Neben der eigentlichen Grabungstätigkeit wurden die Studenten in archäologischer Feldarbeit geschult und erhielten Einblicke in die Laborarbeit zur Analyse der Funde. Durch das Schulungsprogramm, das mit dieser Lehrgrabung verbunden war, haben die Studenten zusätzlich Einblicke gewonnen in aktuelle Fragestellungen der Palästina-Archäologie, in die wissenschaftlichen Methoden der Archäologie, Archäo-Botanik und Archäo-Zoologie, die Anthropologie und in die Bestimmung von Keramikfunden. Annette Graeber ist eine der Leipziger Studentinnen, die an der Lehrgrabung teilnahmen, obwohl dies nicht zum Pflichtprogramm der Theologie-Studentin zählt. Für sie war es beeindruckend, Gegenstände auszugraben, die bereits die Menschen zur Zeit des Alten Testaments in der Hand hielten, sagte sie hinterher. Biblische Texte würden so erst konkret. Auch die Internationalität der Grabung, die Zusammenarbeit mit Kanadiern und Israelis sowie das allgemeine Sprachendurcheinander, seien eine schöne Erfahrung gewesen. Die Ausgrabung ist ein internationales Projekt, das gerade nicht den Blick auf große Städte und Palastbauten richten will, sondern das Verständnis der dörflichen Kultur in Palästina fördern soll. Sie folgt damit dem neuen Konzept der „landscape and village archaeology“ für das es in Palästina bisher nur wenige Beispiele gibt. Während die städtischen Zentren an der Küste und in der Jesreel-Ebene schon gut erforscht sind, sind Untersuchungen zur das Land prägenden dörflichen Peripherie bisher immer noch ein Desiderat. Die Publikation der Grabungsergebnisse der diesjährigen Kampagne ist in Vorbereitung. Im nächsten Jahr wird eine Oberflächenuntersuchung und eine geomagnetische Prospektion durchgeführt und ein Grabungsvorbericht erarbeitet und publiziert werden. Die nächste Grabungskampagne findet 2009 statt, zu der man sich als Volontär dann ab Mai 2008 per Internet (www.uni-leipzig.de/~a t/berlejung/index. htm) einschreiben kann. Prof. Dr. Angelika Berlejung (Theologische Fakultät) ist auf Leipziger Seite für die Grabung verantwortlich. Die Ausgrabung vor Ort wurde von Prof. Gunnar Lehmann und Prof. Steven A. Rosen von der BenGurion-Universität in Beerscheba geleitet, weitere Verantwortliche waren Prof. Chris Foley von der Universität von Saskatchewan und Prof. Hermann M. Niemann von der Universität Rostock. Qubur al-Walaydah (linkes Foto) ist ein ländliches Dorf in der Umgebung von Gaza. 2007 wurden dort die ersten Ausgrabungen in zwei Feldern unternommen. In Feld 1 (rechtes Foto) fand man Überbleibsel eines Dorfs der Eisen-I-Zeit. Silos, Weinpressen und ein Backofen dokumentieren den Alltag des Dorfs. Fotos: G. Lehmann/A. Graeber 20 journal Forschung Wie bei Pferden die Bornasche Erkrankung nachgewiesen werden kann Die Bornasche Krankheit bei Pferden wurde erstmals beschrieben bei Kavalleriepferden in der sächsischen Kleinstadt Borna. Sie wird verursacht durch ein Virus, das Borna- oder Borna-Disease-Virus (BDV), das Pferde in sich tragen können, ohne dass die Krankheit zum Ausbruch kommt. Geschieht dies, kommt es zu schwersten neurologischen Ausfällen und Verhaltensstörungen. Wie sich die Tiere anstecken, ist unbekannt; 100 Prozent der Pferde mit Symptomatik sterben. Professor Dr. Gerald Schusser, Direktor der Medizinischen Tierklinik an der Veterinärmedizinischen Fakultät, wollte Immunglobuline im Liquor cerebrospinalis von 33 Pferden nachweisen, bei denen post mortem eindeutig die Bornasche Krankheit identifiziert werden konnte. Er stellte fest, dass einige der Tiere im Gehirn Immunglobuline (IgG, IgA, IgM) produzie- ren, andere nicht. Das war also kein Unterscheidungsmerkmal. Außerdem war nicht nachweisbar, dass erhöhte ImmunglobulinWerte Rückschlüsse auf eine frühe Infektion mit BDV zulassen. „Wir gehen aber davon aus, dass es im Gehirn der befallenen Tiere auch entsprechende Antikörper gibt. Höchstwahrscheinlich ist es auch so, dass es durch das Borna-Virus zu einer Autoimmunreaktion kommt und die Antikörper die Nervenzellen destruieren“, erklärt Schusser. Letztlich müsste es also darum gehen, eine Methode zu finden, mit der zuverlässig eine intravitale Diagnose möglich ist. Das gelang den Forschern um Professor Schusser über die Berechnung des Ig-Quotienten. Dazu gingen sie weg von der bisher üblichen linearen Darstellung mittels Ig-Index hin zum Quotientendiagramm mittels spezifischer hyperbolischer Diskri- minierungslinie für das Pferd. Grundlage dafür ist die Relation der Immunglobulinkonzentration im Liquor zur Immunglobulinkonzentration im Serum, einem flüssigen Anteil des Blutes. Das lässt sich mit Hilfe des so genannten Reiberdiagrammes darstellen. Bei den Pferden ließ sich durchweg eine Immunglobulin-Reaktion verschiedener Klassifizierung nachweisen. „Diese Methode erlaubt den Nachweis einer neurologischen Erkrankung mit Immunglobulinen, die innerhalb des Liquorraumes erzeugt werden, wie das bei der Bornaschen Krankheit der Fall ist, im Gegensatz zu Erkrankungen, bei denen die Ig-Werte durch eine Blut-Liquor-Schrankenstörung zustande kommen.“, resümiert Professor Schusser. Die Studie wurde kürzlich in der Wiener Tierärztlichen Monatsschrift veröffentlicht. Dr. Bärbel Adams Deutsch-Englischer Stadtführer behandelt Naturphänomen „Leipzig, Einstein, Diffusion“ Ein besonderer Stadtführer ist beim Leipziger Universitätsverlag erschienen: „Leipzig, Einstein, Diffusion“. Aquarelle des japanischen Physikers Taro Ito illustrieren den Band, der den Leser mit einem der grundlegenden Phänomene in Natur und Technik, der Diffusion, bekanntmachen will. Niemand kann Anliegen und Inhalt besser beschreiben als der Diffusionsexperte, Herausgeber des Bandes und Ausrichter der Internationale Konferenz Diffusion Fundamentals I, Prof. Jörg Kärger:m Heft 6/2007 „Seien Sie herzlich begrüßt, liebe Leser, zu einem Spaziergang durch eine wunderschöne Stadt und durch ein faszinierendes Gebiet der Wissenschaft und Technik. (…) Unter den vielen Anlässen, die 2005, im Jahr der Physik, zu begehen waren, besitzen zwei Jubiläen für die Diffusionsforschung eine ganz besondere Bedeutung. In diesem Jahr jährte sich nämlich zum 150. Mal die Veröffentlichung der grundlegenden Gesetze der Diffusion, des ersten und zweiten Fickschen Gesetzes, und es waren genau 100 Jahre vergangen, seit Albert Einstein diese Gesetze mit dem Phänomen der Brownschen Bewegung korrelieren konnte und damit den Weg zum ersten allgemein anerkannten Nachweis dafür ebnete, dass unsere Materie aus Atomen und Molekülen aufgebaut ist. Die Tatsache, dass diese beiden richtungsweisenden Arbeiten in Leipzig in den berühmten ,Annalen der Physik und Chemie‘ und ,Annalen der Physik‘ gedruckt worden sind, mag die internationale Forschergemeinschaft bewogen haben, diese Anlässe mit einer Diffusionskonferenz in Leipzig zu würdigen.“ „Leipzig, Einstein, Diffusion“ beinhaltet Beiträge der Konferenz, die weit über das eigentliche Fachgebiet hinausgehen, zur Geschichte der Diffusion, in der auch viele Nobelpreisträger zu Wort kommen, und über die erstaunlich vielen diffusions-ähnlichen Vorgänge in Natur und Gesellschaft, angefangen bei der Besiedlung des amerikanischen Kontinents durch die Paläo-Indianer bis hin zur Verbreitung der braunen Flecken auf den Blättern unserer Kastanienbäume. Der Band ist über die Buchhandlungen für 19 Euro erhältlich. Der relativ niedrige Ladenpreis ist der Förderung durch den Fonds der Chemischen Industrie zu danken. B. A. 21 Gremien Sitzung des Senats am 11. September 1. Der Senat verabschiedete den Ausschreibungstext und billigte die Zusammensetzung der Berufungskommission für die W3-Professur „Afrikanistik“ 2. Weiterhin nahm der Senat zustimmend die Änderung folgender Berufungskommissionen zur Kenntnis: W3-Professur „Kultur und Geschichte Chinas, W2-Professur „Allgemeine Pädriatrie/Neonatologie“. 3. In geheimer Abstimmung befürwortete der Senat die Berufungsvorschläge für die W2-Professur „Germanistische Linguistik“, für die W2-Professur „Institutionsökonomische Umweltforschung“ sowie für die W2-Professur „Innere Medizin/Nephrologie“. 4. Der Senat befürwortete die Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „außerplanmäßiger Professor“ für PD Dr. Andreas Hinz (Medizinische Fakultät). 5. Der Senat nahm zustimmend Stellung zu dem Antrag der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie, Herrn Dr. Dieter Kugele, Richter am Bundesverwaltungsgericht, zum Honorarprofessor zu bestellen. 6. Der Senat stimmte weiterhin der Verleihung der mitgliedschaftsrechtlichen Stellung eines Hochschullehrers für Prof. Dr. Peter Zimmerling (Theologische Fakultät) zu. 7. Weiterhin stimmte der Senat der Verleihung des Titels eines Ehrendoktors an Kai Friedrich Schade (Antrag der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosohie) zu sowie an Prof. em. Dr. med. Gottfried Geiler (Antrag der Medizinischen Fakultät). 8. Unter dem Tagesordnungspunkt „Besondere universitäre Angelegenheiten“ stellte Prof. Dr. Martin Schlegel, Prorektor für Forschung und Wissenschaftlichen Nachwuchs, den Stand des Antrages auf Einrichtung des SFB 762 „Funktionalität oxidischer Grenzflächen“ (gemeinsamer Antrag mit Uni Halle) vor. 9. Der Senat billigte den Antrag der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie, Masterstudiengänge um ein weiteres Jahr in das WS 09/10 zu verschieben. 10. Entsprechend der Vorlage des Kanzlers der Universität, Dr. Nolden, beschloss der Senat die Bezügeordnung W der Universität Leipzig. 11. Der Senat beschloss weiterhin eine Reihe von Prüfungs-, Studien und Eignungsfeststellungsordnungen sowie Änderungssatzungen verschiedener Studiengänge. Prof. Dr. F. Häuser Rektor Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin Sitzung des Senats am 9. Oktober 1. Zum Auftakt der ersten Senatssitzung im neuen Studienjahr präsentierte Prof. Dr. Elmar Schenkel das aktuelle Programm des Studium universale, das in diesem Semester unter dem Titel „Kosmos Sprache“ steht. 4. In geheimer Abstimmung empfahl der Senat die Berufungsvorschläge für die W3-Professur „Rechtsmedizin“, für die W2-Professur „Geologie“, für die W3-Professur „Physikalische Chemie/Reaktionsdynamik“. 2. Unter dem Tagesordnungspunkt „Ausschreibungen und Zusammensetzung von Berufungsvorschlägen“ stimmte der Senat den Vorlagen zu für die W2-Professur „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Unternehmensrechnung“, für die Juniorprofessur „Biomechanische Grundlagen der Netzhautchirurgie“, und die W3-Professur „Physik der Atmosphäre“. Weiterhin stimmte der Senat der Denominationsänderung für die W3-Professur „Spezielle Botanik und funktionelle Biodiversität“ zu. 5. In geheimer Abstimmung nahm der Senat zu dem Antrag auf Verleihung des Rechts zur Führung der Bezeichnung „außerplanmäßige Professorin“ an Rebecca Pates, PhD, ablehnend Stellung, gegen die Mehrheit der Professoren. 3. Der Senat nahm die Änderung der Zusammensetzung der Berufungskommission für die W2- Professur „Technische Chemie mit dem Schwerpunkt Chemische Reaktionstechnik“ zustimmend zur Kenntnis. 22 6. Den Antrag auf Bestellung von Prof. Dr. Harald Möller zum Honorarprofessor befürwortete der Senat in geheimer Abstimmung. 7. Der Senat stimmte den Antragsskizzen zur Landesexzellenzinitiative, vorgelegt durch den Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Martin Schlegel, zu. 8. Weiter bestellte der Senat Daniel Fochtmann als studentisches Mitglied in die Kommission zur Verleihung der Leipziger Universitätsmedaille. 9. Der Senat beschloss die folgenden Studiendokumente: Änderungssatzungen zur Studien- und zur Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang Musikwissenschaft (Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften), die Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Deutsch als Fremdsprache, die Änderungssatzungen zur Prüfungs- und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Literarisches Schreiben, die Änderungssatzungen zur Prüfungs- und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Sorabistik sowie die Änderungssatzungen zu den Prüfungsund zur Studienordnungen für die polyvalenten Bachelorstudiengänge mit dem berufsfeldspezifischen Profil Lehramt an Grund-, Mittel und Förderschulen sowie Höheres Lehramt an Gymnasien, jeweils für das Kernfach Polnisch, Tschechisch und Russisch. Der Beschluss steht für alle Studiendokumente der Philologischen Fakultät mit Ausnahme der Studien- und Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Deutsch als Fremdsprache unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Fakultätsrates. journal Gremien | UniCentral grundlegenden Angelegenheiten der Studienreform zu befassen. Prof. Wolfgang Fach, Prorektor für Lehre und Studium, erklärte sich bereit, einen Vorschlag zur organisatorischen Umsetzung dieses Vorhabens zu unterbreiten. Auch Männer haben ein Geschlecht 11. Weiterhin beschloss der Senat die Änderungssatzungen zur Prüfungs- und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Sportwissenschaft. 13. Der Senat bat ferner den Prorektor für Lehre und Studium um organisatorische Umsetzung des von den studentischen Senatsmitgliedern eingebrachten Antrages auf Einrichtung einer Kommission Studienberatung. 12. Der Senat unterstützte das von den studentischen Senatsmitgliedern verfolgte Anliegen, eine Senatskommission mit Prof. Dr. F. Häuser Rektor Nach Jahren der Fokussierung auf Frauenthemen sowie der wahren Explosion von Frauenforschung stellt sich das 2001 gegründete Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Aufgabe, in Forschung und Lehre den Blick auf beide Geschlechter zu richten, Präsentationsformen des Weiblichen und Männlichen zu erkunden, um so auf der Basis der Interdisziplinarität den vielfältigen Fragestellungen, die sich aus unseren Disziplinen ergeben, nachzugehen. In Zeiten zunehmender Anforderungen an beide Geschlechter ist es erforderlich, darüber nachzudenken, was unter typisch weiblich und männlich zu verstehen ist und welche Ableitungen zu treffen sind. Woran liegt es, dass das männliche Prinzip noch immer als Bewertungsmaßstab gilt und die in die Gesellschaft eingeschriebene Geschlechterhierarchie gleichermaßen den realen Mann in der Ausprägung differenzierter Lebensmuster mehr und mehr hindert? Warum sind Jungen gewalttätiger und Mädchen haben die besseren Zensuren?m Wie reagiert die Gesellschaft darauf, dass immer mehr Mädchen den Osten verlassen und immer weniger Akademiker und Akademikerinnen einen Kinderwunsch äußern? Warum gehen Männer seltener zum Arzt und warum leben Frauen länger? Was versteht man unter dem „neuen Mann“?m Diese und andere Fragen beschäftigen uns seit Jahren. Über die Durchführung von Konferenzen, das Einwerben und die Durchführung von Drittmittelprojekten ist es uns wesentlich, das andere Bildungsund Politikkonzept von Gender-Mainstreaming zunehmend im Bewusstsein der Universität zu verankern. Im Schlüsselqualifikationsmodul „Genderkompetenz“ bekommen die Studierenden in den neuen Studiengängen über eine Ringvorlesungsreihe differenzierte Einblicke in aktuelle Forschungsansätze und -vorhaben und haben über ein Kommunikationstraining die Möglichkeit, sich in ihrem Verhalten zu beobachten und mit anderen Augen zu sehen. Ilse Nagelschmidt, Zentrum für Frauen und Geschlechterforschung 10. Ferner beschloss der Senat die Änderungssatzungen zur Prüfungs- und zur Studienordnung für den Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften, für den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik, für den Masterstudiengang Urban Management (einschließlich Eignungsfeststellungsordnung). Dr. M. Rutsatz Pressesprecherin Der bewegte Weihnachtsmann Wer passt in ein Dezemberheft zum Thema „Typisch Mann?!“ besser als der Weihnachtsmann? Zumal er sich in der Physik als ein ganz besonderer Weihnachtsmann zeigt, wie auf der Titelseite leicht erkennbar ist. Professor Jörg Kärger zeigt sich hier in anlassgemäßer Dienstkleidung, so wie ihn am 14. Dezember seine Fans zu sehen bekommen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Marius Grundmann und den „Wichteln“ Dr. Jens Gabke und Axel Märcker führt er vor, was die physikalische Trickkiste an Überraschungen zum Thema Bewegung zu bieten hat. Dabei wird mit physikalischen Experimenten viel von dem erhellt, womit jeder von uns im Alltag zu tun hat. Aha-Erlebnisse sind also programmiert. An weihnachtlichem Ambiente wird dabei nicht gespart. Orgelpfeifen und Lichterketten zum Beispiel. Beide zusammen zeigen, dass der Ton, der beim Anblasen in der Orgelpfeife Heft 6/2007 erzeugt wird, sich als Welle ausbreitet. Unser Titelbild gibt einen Vorgeschmack darauf. Alle anderen Überraschungen lassen wir noch im Sack, denn sonst wären es ja keine Überraschungen mehr. Für ihre IaQualität sorgt nicht nur die sorgfältige Vorbereitung, sondern auch die Erfahrung unserer Weihnachtsmänner. Seit zwölf Jahren steht Professor Kärger seinen (Weihnachts)-Mann und Professor Grundmann ist auch schon eine Weile dabei. Ein brechend voller Hörsaal wird wohl auch in diesem Jahr wieder die Belohnung für die kreative und intensive Arbeit der nebenberuflichen Weihnachtsmänner und Wichtel sein. Denn das Jahr über sind sie Wissenschaftler und Hochschullehrer – mit Forschungsergebnissen, die sich sehen lassen können. Dr. Bärbel Adams Die Weihnachtsvorlesung der Physiker ist am Freitag, den 14. Dezember, 9.15 Uhr, im Großen Hörsaal der Physik, Linnéstraße 5. 23 UniCentral Braucht die Uni einen Männertag? Die Feminisierung des Studiums und die Männerdomäne Professor Von Dr. Bärbel Adams Die Universität feierte den Weltmännertag am 3. November nicht zum ersten Mal auch in diesem Jahr mit einer wissenschaftlichen Veranstaltung, auf der Referentinnen und Referenten aus ganz Deutschland sich mit Fragen beschäftigten, bei denen der Mann im Mittelpunkt stand. „Wie man „ Wir sind nach wie vor eine Männeruniversität. “ heute zum Mann wird“ oder „Männer – doch das schwache Geschlecht?“ waren zwei der Themen, die zeigen, wie ernst es den Vortragenden mit dem Thema „Mann“ war. Angesprochen jedenfalls fühlten sich die Männer, denn „sie waren überraschend erstmals in der Überzahl“, sagt Gleichstellungsbeauftragte Dr. Monika Benedix. Fühlt „Mann“ sich inzwischen angesichts der Förderprogramme für die Frauen benachteiligt? Sind die Frauen ihm davon gelaufen? Hat die Universität jetzt Nachholbedarf bezüglich der Männerförderung? Der Rektor, Professor Dr. Franz Häuser, hat dazu eine zwiespältige Meinung: „Die Universität sieht den Blick auf den Mann mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend deshalb, weil auch wir der Meinung sind, ‚Mann‘ muss mehr für seine Gesundheit tun. Weinend deshalb, weil wir nach wie vor eine ‚Männeruniversität‘ sind, wenn wir uns die 24 Karriereleitern anschauen: Unter den Professoren finden wir nur wenige Frauen. Der besondere Blickwinkel unserer ‚Männerveranstaltungen‘ kann bei der Lösung dieses Dilemmas nur hilfreich sein.“ Wir befinden uns also in einem Dilemma, das deutlich wird, wenn wir uns die vom Rektor genannten Karriereleitern einmal genauer anschauen: Ganz unten, sozusagen auf der ersten Sprosse, drängeln sich die Frauen: zirka 60 Prozent der Studierenden sind weiblich. „Teilweise sprechen Die Professur ist eine Männerdomäne, die Kinderbetreuung nicht. Doch es gibt auch Ausnahmen. Foto: Pixelio.de wir schon von einer Feminisierung des Studiums“, sagt Monika Bendix. „Die Veterinärmedizin beispielsweise: über 80 Prozent Studentinnen belegen hier die Vorlesungen, Kurse und Seminare. Ähnlich sind die Verhältnisse in den Erziehungswissenschaften, bei den Medizinern und den Juristen sind es 60 Prozent beziehungsweise 55 Prozent. Die Frauen haben eben die besseren Abiturnoten und können sich damit in einem größeren Ausmaß für das Fach ihrer Wahl entscheiden.“ Sind die Männer also dümmer? Oder ist die Schule zu sehr auf Mädchen zugeschnitten, also jungenfeindlich? Unter diesem Aspekt scheint Männerförderung also durchaus angebracht zu sein. Aber gleich nach dem Studium kippt das Verhältnis. Auf unserer Karriereleiter finden wir von Sprosse zu Sprosse nach oben immer mehr Männer. Bei Promotionen liegt der Männeranteil immerhin schon bei 48 Prozent, bei den Habilitationen haben die Männer mit 78 Prozent das Zepter wieder endgültig in die Hand genommen. Die Professur ist dann schon wieder eine typische Männerdomäne: Mit weit über 80 Prozent Männeranteil sind hier die Frauen hoffnungslos abgeschlagen. Die vielfältigen Maßnahmen für Frauenförderungen erklären sich also schon rein quantitativ.m Gleichstellungsbeauftragte Benedix allerdings ist überzeugt, dass viele so genannte journal Frauenfördermaßnahmen letztlich Maßnahmen für die Gleichstellung von Mann und Frau sind. Sie nennt sich ja auch Gleichstellungsbeauftragte und nicht Frauenbeauftragte. Folgerichtig stellt sie die Familie in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen, wenn sie um mehr – dem Wissenschaftsbetrieb angepasste – Kinderbetreuungsmöglichkeiten kämpft. „Jeder „ Man muss immer auch die andere Seite im Blick haben. “ Kindergartenplatz mit flexiblen Öffnungszeiten ist Unterstützung nicht nur für unsere Frauen, sondern auch für unsere Männer, die so in stärkerem Maße ihrer Rolle als Familienvater nachkommen können. Das ist die Chancengleichheit, die wir anstreben“, sagt sie. Der Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Martin Schlegel ist stolz auf das Angebot der Research Academy Leipzig (RAL), in der die Kinderbetreuung über das „Modell Tagespflege mit Tagesmüttern“ geregelt wird. „Seit Mai 2007 können Doktorandinnen und Doktoranden – wohlgemerkt auch Doktoranden! – für ihren Nachwuchs diese Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen“, freut er sich. „Man muss immer auch die andere Seite im Blick haben, wenn wir von Chancengleichheit reden. Ein Männertag ist also auch an unserer Universität sehr sinnvoll, wenn man ihn als Plattform versteht, um die Bedürfnisse von Männern und Frauen ins ihnen gebührende Blickfeld zu rücken“, bilanziert die Gleichstellungsbeauftragte. Heft 6/2007 Neandertaler hatten wahrscheinlich rote Haare Einem internationalen Forscherteam um Holger Römpler von der Universität Leipzig, Carles Lalueza-Fox von der Universität Barcelona, und Michael Hofreiter vom Max-Planck-Institut (MPI) für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ist es gelungen, einen Genabschnitt des Neandertalers zu sequenzieren, der den Namen Melanocortin-Typ 1-Rezeptor-Gen trägt. Analog zu entsprechenden Mutationen beim Menschen zogen die Wissenschaftler die Schlussfolgerung, dass auch ein Teil der Neandertaler möglicherweise rote oder hellere Haare und auch hellere Haut hatten. Das wurde jetzt in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Zusammen mit anderen Genen bestimmt dieses bei Menschen und anderen Säugetieren die Haut- und Haarfarbe. Eine Funktionsveränderung dieses Gens kann beim Menschen zu roten Haaren und zu einer sehr hellen Haut führen. Dabei fanden die Wissenschaftler eine Variante, die beim modernen Menschen bisher nicht beobachtet wurde. Aufgrund ausführlicher Replikationen sowie der genetischen Typisierung von an- nähernd tausend menschlichen DNA Proben konnten sie ausschließen, dass diese Variante eine Kontamination der Experimente mit moderner menschlicher DNA oder ein zufälliges Ergebnis aufgrund von DNA-Schäden oder PCR-Fehlern darstellt. Funktionelle Tests dieser Variante zeigten, das die Aktivität im Vergleich mit der normalen menschlichen Variante deutlich reduziert ist. Varianten, die eine ähnliche Reduktion in der Aktivität zeigen, sind auch beim modernen Menschen bekannt, allerdings aufgrund anderer Mutationen. Interessanterweise führen solche Varianten beim Menschen zu roter Haarfarbe, woraus die Autoren die Schlussfolgerung zogen, dass auch ein Teil der Neandertaler möglicherweise rote oder hellere Haare und auch hellere Haut hatten. Die in der Studie benutze Methode der Leipziger Wissenschaftler könnte künftig neue Einblicke geben, wie ausgestorbene Hominiden, Tiere und Pflanzen lebten. Aber auch die forensische Genetik, eine Disziplin der Gerichtsmedizin, wird von dem Verfahren dieser Studien profitieren. B. A./Foto: MPI 25 UniCentral „Entsetzliche Schlägereien und Eine Männerdomäne: Studentische Verbindungen im W Von Harald Lönnecker, Bundesarchiv Koblenz In einem Roman jüngeren Datums um Kants in den 1780er Jahren erschienene „Kritik der reinen Vernunft“ lässt der Autor Wolfram Fleischhauer einen fränkischen Grafensohn in Leipzig studieren und sterben: „Er ist erschlagen worden. Von einem Studenten. Er ist in eine Fehde zwischen Burschenschaften geraten. … Aber sie wissen ja sicher aus eigener Erfahrung, wie es in Universitätsstädten zugeht.“ Der angesprochene Arzt weiß es, denn er „hatte einmal eine Woche in Gießen verbracht und die entsetzlichen Schlägereien und Saufereien aus nächster Nähe mit angesehen. Und in Würzburg war es auch nicht viel besser gewesen. Aber Maximilian von Postkarte der Leipziger Verbindungen zur Feier der Universität anno 1909. 26 Alldorf war doch wohl kaum Mitglied in einer Burschenschaft gewesen. Die Adeligen saßen hier und da vielleicht mit Bürgerlichen zusammen in den Kollegien, aber außerhalb der Universität lebten sie in völlig getrennten Welten.“ Die Sätze enthalten kaum historische Wahrheit, sagen aber viel über das Bild des Autors vom Studentenleben des späten 18. Jahrhunderts aus. Zunächst gab es in dieser Zeit keinen Korporationstypus, der sich „Burschenschaft“ nannte, sondern Landsmannschaften, Orden, Kränzchen und Logen. Die Burschenschaft ist eine Erscheinung des frühen 19. Jahrhunderts, auf Grund ihrer politisch-gesellschaftlichen Breitenwirkung von der deutschen „Urverfassung“ – den „Beschlüssen des 18. Oktober“ 1817, die teilweise wortwörtlich in die Reichsverfassungen von 1848/49 und 1919 und selbst noch ins Grundgesetz einflossen – bis hin zur schwarz-rot-goldenen Bundesflagge immerhin aber so prägend, dass jeder Student mit Band und Mütze bis in die Gegenwart dem Unkundigen ein „Burschenschaftler“ ist. Sodann verbringen die Verbindungen ihre Zeit mit „Schlägereien und Saufereien“. Die etwa 1750 beginnende studentische Reformbewegung mit ihrer freudigen Begrüßung der französischen Revolution wird nicht zur Kenntnis genommen, vielmehr das Zeitalter des Pennalismus, das 17. und frühe 18. Jahrhundert fortgeschrieben. Schließlich finde sich der Adel nicht in den Verbindungen. Das ist schlicht falsch. Neben 500-Jahrzahlreichem niederen Adel findet sich auch der hohe, bei den Leipziger Corps Saxonia, Misnia, Thuringia und Lusatia seit der Zeit um 1800 etwa Grafen Schulenburg aller Linien oder der bessarabische Anastasius Fürst von Baschotta. Mitglieder der 1818 gegründeten Leipziger Burschenschaft waren die Fürsten Karl und Edmund Schwarzenberg, Franz Graf Colloredo-Mansfeld oder Albert Graf Carlowitz, der spätere sächsische Justizminister und Präsident der ersten Kammer. Auf den nicht-katholischen Hochschulen entwickelte sich im 18. Jahrhundert, gebrochen durch die studentische, selbstdisziplinierend und verantwortungsethisch wirkende Reformbewegung ab etwa 1770, der Typus der Korporation, der für das 19. und 20. Jahrhundert bestimmend wurde. Sie war Integrations-, Symbol-, Ritual-, Hierarchisierungs-, Werte- und Weltanschauungs- sowie Lebensbundgemeinschaft. Da die neuhumanistische Universität Humboldts die selbstständige geistige und sittliche Entwicklung des Studenten propagierte, bildete, aber nicht erzog, bot sich diesem Typus ein weites Feld von Ansprüchen, die er sich zu eigen machte und auszufüllen suchte. Verbindung war daher auch ein Bildungsinstrument und -element, das nach eigenem Verständnis eine Lücke als Korrektiv der akademischen Freiheit ausfüllte und im Rahmen einer innerkorporativen „Charakterbildung“ die wissenschaftlich-berufliche Ausbildung der Universität abzurunden versuchte, zugleich aber auch eine Erziehung für die Zugehörigkeit zur Oberschicht der deutschen Gesellschaft bezweckte. Kurz: Die Universitäten unterrichteten, die Verbindungen erzogen. Dabei muss allerdings klar sein, dass sich hinter ähnlichen Lebensformen gänzlich verschiedene Zielsetzungen verbergen, die von der betont „deutschen“ Burschenschaft als der Speerspitze der deutschen Nationalbewegung – der ersten politischen Jugendbewegung in Deutschland und Europa, zudem die erste nationale Organisation des deutschen Bürgertums überhaupt – bis zu den katholijournal UniCentral Saufereien aus nächster Nähe“ Wandel der Jahrhunderte schen Korporationen der Zeit nach dem Kulturkampf reichen. Von rund 8 000 Studenten im Deutschen Bund 1815 gehörten zwei Drittel der Burschenschaft an. 1914 gab es rund 100 000 Studenten im Deutschen Reich. Es gilt die Faustregel: Je kleiner die Universität, desto größer der Anteil der Korporierten an der Studentenschaft. Während in Jena, Marburg, Tübingen oder Heidelberg leicht drei Viertel aller Hochschüler korporiert waren, lag der Anteil an einer Großstadtuniversität wie Leipzig bei rund einem Drittel bis einem Fünftel. Eine Besonderheit unter den um 1900 etwa 100 Leipziger Verbindungen und Vereinen waren dabei die bei- den Sängerschaften St. Pauli (gegr. 1822) und Arion (gegr. 1849). Sie vereinten um 1860 rund 150 Studenten auf sich, etwa 17 Prozent der gesamten Studentenschaft. Selbst als die Gesamtzahl der Leipziger Studenten bis 1914 auf rund 5400 stieg, waren davon noch etwa sieben Prozent Arionen und Pauliner. Jeder, der sich in Leipzig mit Musik befasste, gehörte entweder einer der beiden Sängerschaften an oder war ihnen auf andere Art und Weise verbunden. Bis 1935 stellten die Pauliner den Chor des Gewandhauses, alle Kapellmeister waren Pauliner, die Gründung des Collegium musicum und des Musikwissenschaftlichen Seminars geht auf die Sängerschaften zurück. Die Studenten waren um 1900 in ihrer Mehrzahl national. National zu sein galt nicht als politisch, sondern als selbstverständlich, ein Erbe der Burschenschaft aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Burschenschaft wurde 1820, 1837 und 1852 in Leipzig unterdrückt, lebte aber stets wieder auf. Sie erstand nach 1859 in Germania, Arminia, Dresdensia und Normannia neu, später auch in weiteren Burschenschaften: Suevia gehörte etwa der Friedensnobelpreisträger Gustav Stresemann an. Es bildete sich daneben ein überaus buntes Spektrum von Vereinen und Thüringer Hof, Frühschoppenlokal der Leipziger Verbindungen, um 1890. Abbildungen: Bundesarchiv, Koblenz, Bestd. DB 9: Deutsche Burschenschaft Heft 6/2007 27 UniCentral Der Komponist Robert Schumann (1810 – 1856), Mitglied der Leipziger Burschenschaft Markomannia. Verbindungen, das vom Akademischen Schachverein Joannea über Turnvereine, jüngere Landsmannschaften bis hin zur Agronomia reichte, die nur Studenten der Agrar- bzw. Forstwissenschaft aufnahm. Besonders exotisch war der Rote Löwe, die einzige heraldisch-genealogische Korporation in Deutschland, getragen vor allem von Geschichtsstudenten. Und als um 1900 erstmals Studentinnen in den Auditorien erschienen, schlossen auch sie sich zu Verbindungen und Vereinen verschiedener Richtungen zusammen. Besonders bekannt wurde in Leipzig die Verbindung Katholischer Hochschülerinnen St. Hildegard. Zugleich wandelte sich der Charakter der Studentenschaft und damit auch der Korporationen, verdrängte auf Grund außenund innenpolitischer Umbrüche das nationale Element, zunächst nur in der Burschenschaft als eine Tradition des studentischen Radikalismus vorhanden, liberale und konstitutionelle Tendenzen, so dass sich die Studentenschaft nach 1880 selbstbewusst antiliberal gab. Der Nationalismus wurde als kreativ und innovativ in einer dissonanten Fin-de-siècle-Stimmung begriffen. Dabei wurde er selten konkret und wirkte entsprechend integrativ bei Ausschluss jüdischer Hochschüler und zunehmendem Antisemitismus. Politische Gestalt gab dieser studentischen Generation vor allem der Verein Deutscher Studenten, der die anderen Korporationen zeitweilig personell und politisch überspielte. 28 Im Ersten Weltkrieg fiel ein Fünftel der Studentenschaft, ein weit größerer Anteil als bei allen anderen Bevölkerungsschichten. Die aus dem Weltkrieg zurückkehrenden Studenten waren andere geworden. Der vergangene Massen- und Materialkrieg verlangte nach einer Sinngebung. Vor 1914 waren die Studenten national. Nun wandte sich der studentische Nationalismus erstmals gegen den Staat. Wie das Bürgertum, dem die Mehrzahl der Studenten nach wie vor entstammte, fühlten sie sich deklassiert, gedemütigt und orientierungslos, konnten den Umwälzungen innerlich nicht zustimmen. Im Ergebnis mündete das in die mehr oder minder starke Ablehnung der Weimarer Republik. Die radikalste Gruppe war in dieser Hinsicht der 1926 in Leipzig gegründete NS-Studentenbund, die erste politisch-nichtkorporative Studentengruppe von einigem Einfluss in der Universitätsgeschichte. Standen dem Zusammengehen von Korporationen und Studentenbund zunächst vor allem totalitäre, egalitäre und antibürgerliche Zielsetzungen des letzteren entgegen, so zog die zunehmende wirtschaftliche Krise – die Akademikerarbeitslosigkeit betrug rund 35 Prozent – 1931 die gegenseitige Anerkennung nach sich. Doch schon im Folgejahr verboten die meisten Leipziger Verbindungen ihren Mitgliedern die Mitgliedschaft im Studentenbund, der über Doppelmitglieder die Beeinflussung der Korporationen versucht hatte. Das Leben der Verbindungen in Deutschland veränderte sich nach 1933 nachhaltig. Sie wurden in Kameradschaften zusammengefasst und der Kontrolle von staatlicher Deutscher Studentenschaft (DSt) und parteiamtlichem Studentenbund unterstellt. Dabei ging es vor allem um die Macht in der Studentenschaft, teilweise auch um weltanschauliche Differenzen, die aus unterschiedlicher sozialer Herkunft resultierten und die Korporationen auf den wesentlich weniger elitären Studentenbund herabblicken ließ. Die NS-Führer lehnten die Verbände ab, weil sie in ihnen eine konkurrierende, manchmal sogar gegnerische politische Macht sahen, die sich ihrer Kontrolle weitgehend entzog. Im Herbst 1935 wurden die Verbände und nachfolgend etliche Korporationen aufgelöst. In den Deutschland-Berichten der Exil-SPD in Prag heißt es im Oktober 1936 zu den Auflösungen: „Die entschiedensten Gegner der Nazis sind die Korps und Burschenschaften. Denn gerade ihre alte Tradition will man treffen und beseitigen. Und in dem Kampf um die Erhaltung dieser Tradition sind sie derart fanatisch, daß sie … es ablehnen, mit den Nazis irgend etwas zu tun zu haben.“ Der Studentenbund vermochte nicht in die von den Korporationen in der Studentenschaft hinterlassene Lücke einzurücken. Die neue Reichsstudentenführung erkannte dies klar, steuerte ab 1936 einen Kurs der Annäherung an die Altherrenverbände und ließ die Betreuung von NS-Kameradschaften durch sie zu. Unter dem Einfluss der ehemaligen Korporationsangehörigen näherten sich die Kameradschaften bis 1945 nach innen vielfach immer mehr den alten Verbindungen an und wurden teilweise zu „verkappten Korporationen“, die sich selbst natürlich als „richtige“ Verbindungen begriffen. Diese Renaissance wurde nach dem Krieg oft als Widerstand oder Ausdrucksform der inneren Emigration gesehen. Nach 1935/36 gab es kein offenes Korporationsleben mehr in Leipzig. Im Unter- Leipziger Studenten und Burschenschafter in altdeutscher Tracht (um 1820). journal UniCentral grund bestanden allerdings bis in die 1980er Jahre Stammtische Ehemaliger weiter. Ebenso gründeten sich in der Endphase der DDR ab 1987/88 neue Verbindungen im Verborgenen, alte, die nach 1945 an westdeutschen Hochschulen fortexistierten, kehrten nach 1989 nach Leipzig zurück. Aus den Leipziger Korporationen sind Ärzte, Lehrer und Juristen ebenso hervorgegangen wie Militärs und Historiker, Industrielle und Wirtschaftsführer, Philosophen und Bürgermeister, Minister und Abgeordnete in der Paulskirche, in Land-, Reichs- und Bundestagen. Der Pädagoge und Philosoph Theodor Litt, 1931/32 Leipziger Rektor und seit seiner Studentenzeit Mitglied einer Bonner Verbindung, bekannte, „den Kern dieses ganzen Wesens hochzuhalten und … zu lieben“. Ähnliche Äußerungen gibt es von Arionen, etwa dem Reichsinnenminister und Dresdner Oberbürgermeister Wilhelm Külz, nach 1945 LDPD-Gründer, oder Paulinern, etwa den Historikern Karl Lamprecht und Rudolf Kötzschke, anderen Korporierten oder auch dem Juristen Adolf Wach und Karl von Binding, Jubeldekan bzw. -rektor von 1909. Eine Verbindung war vom Ende des 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts für zahlreiche Akademiker konstitutiver Bestandteil ihres Lebens und ihrer Persönlichkeit, das nicht zu überschätzen, keinesfalls aber auch zu unterschätzen sein sollte. Die Mitgliedschaft war einmal ein politisch-weltanschauliches Bekenntnis zu einer nationalen, fachlichen, geselligen oder wie auch immer gearteten Gemeinschaft. Ebenso wichtig war zum anderen der Anteil des ursprünglichen, meist durch emphatische Freundschaft bestimmten Beziehungsgefüges einer Studentenverbindung, der allerdings kaum messbar ist. Prägend ist auf jeden Fall diese Doppelung, bezogen auf die Verbindung als einer Gemeinschaft mit verbindlichen Idealen und Werten und auf deren Mitglieder, die meist untereinander als enge Freunde verbunden waren. Sie geben den Korporationen eine Dauerhaftigkeit und Festigkeit, die sie die letzten beiden Jahrhunderte meistern ließ. Was nächst ihnen übrigens nur den Kirchen gelang. Dr. Harald Lönnecker ist im Bundesarchiv in Koblenz zuständig für die Archivalien der Deutschen Burschenschaft und arbeitet an der Leipziger Matrikel 1809–1909 mit. Heft 6/2007 Männer und Familiengründung Sächsische Längsschnittstudie Prof. Dr. Yve Stöbel-Richter, Dr. Hendrik Berth und Prof. Dr. Elmar Brähler, Selbständige Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig Dieser Beitrag ist Prof. Peter Förster, dem Begründer der Sächsischen Längsschnittstudie, zum 75. Geburtstag gewidmet. Familiengründung ist – nicht zuletzt durch den gesellschaftlichen Wandel in den letzten Jahrzehnten – immer mehr zu einem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Risiko geworden und darüber hinaus auch nur noch eine Wahloption unter vielen Lebensalternativen. Somit ist auch die Option gar keine Familie zu gründen, inzwischen gesellschaftlich immer stärker akzeptiert. Was bewegt Männer, eine Familie zu gründen bzw. dies zu unterlassen? Mögliche Antworten hierauf bieten die Ergebnisse der Sächsischen Längsschnittstudie (SLS), aus welchen im Folgenden einige dargestellt werden. Bei der Sächsischen Längsschnittstudie handelt es sich um eine Längsschnittuntersuchung, welche im Jahr 1987 begonnen und seitdem jährlich bis zum Jahr 2007 durchgeführt wurde. Bei dem 1987 gebildeten Panel handelte es sich um eine Zufallsauswahl der seinerzeit 14-jährigen Schüler des Jahrganges 1973 aus Schulen der Bezirke Leipzig und Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), welche repräsentativ für die damalige Grundgesamtheit der 14-Jährigen in der DDR war. Inzwischen liegen die Daten von zirka 400 Probanden zu 21 Erhebungszeitpunkten vor und damit „eine umfangreiche, zusammenhängende Dokumentation über wichtige Etappen des Lebensweges einer identischen Gruppe von jungen Menschen“, welche auch Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Familiengründung gestatten. Die Ergebnisse zeigen, dass Familie einen hohen Stellenwert bei den Befragten hat. 80 Prozent leben in einer Beziehung, wobei Frauen sich zeitiger binden, als Männer. Dies kann auch daran liegen, dass die jungen Männer viel länger im „Hotel Mama“ verbleiben: Während bei den Frauen schon 50,4 Prozent mit 20 Jahren ihre eigenen Wege gingen, waren dies bei den Männern lediglich 22,4 Prozent. Erst im Alter von 27 Jahren haben sich die beiden Geschlechtergruppen fast angenähert, aber auch mit 30 Jahren gibt es bei den Männern noch 8,3 Prozent und bei den Frauen 4,0 Prozent, die noch im Elternhaus wohnen. Männer und Frauen unterscheiden sich ebenfalls in der Partnerschaftsdauer: Frauen geben im Jahr 2006 eine durchschnittliche Dauer von 10,6 Jahren; Männer von 8,18 Jahren an. Zwei Drittel der Befragten haben im Alter von 33 Jahren Kinder, dabei überwiegt allerdings die Ein-Kind-Familie. Frauen haben signifikant zeitiger und mehr Kinder als Männer; im Alter von 25 Jahren haben bereits 16,1 Prozent der Frauen, aber nur 5,4 Prozent der Männer ein oder zwei Kinder. Im Alter von 33 Jahren sind immerhin noch 45,3 Prozent der Männer und 27,4 Prozent der Frauen kinderlos. Somit entscheiden sich Männer nicht nur später für die Elternschaft als Frauen (im Mittel mit 27 Jahren); sondern sind auch häufiger (noch) kinderlos. Ein möglicher Grund hierfür kann darin bestehen, dass Männer in der Regel mit durchschnittlich 3 Jahre jüngeren Frauen zusammenleben und damit das Thema Elternschaft für sie bis dato eine andere Priorität besessen hat. Inzwischen ist der aktuelle Kinderwunsch aber höher als bei den Frauen: im Jahr 2006 gaben 24 Prozent der Männer und 19,8 Prozent der Frauen einen starken Kinderwunsch an. Dementsprechend ist auch einem größeren Teil der Männer die Vermeidung einer Schwangerschaft nicht wichtig und 20,4 Prozent der Männer, im Gegensatz zu 17,7 Prozent der Frauen halten eine Schwangerschaft in den nächsten zwei Jahren für wahrscheinlich. 29 UniCentral Betrachtet man die Motive, die für oder gegen die Realisierung des Kinderwunsches sprechen, so befürchten Männer häufiger als Frauen, dass sie von Kindern persönlich eingeschränkt wären und geben häufiger an, dass ein Kind für ihren sozialen Status als Erwachsener wichtig sei: Männer sind stärker der Meinung, dass zu einem erfolgreichen Mann/ einer erfolgreichen Frau auch ein Kind gehört und dass sie mit einem Kind ihre Freundschaften nicht mehr so pflegen könnten, wie bisher. Darüber hinaus sehen sich Männer vom Alter, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und von den beruflichen Konsequenzen nach der Babypause weniger in der Entscheidung für oder gegen ein Kind beeinflusst als Frauen. Der Wunsch nach einem Kind – gemessen an der idealen Kinderzahl – erweist sich bei denjenigen, die sich ein oder zwei Kinder wünschen als erstaunlich stabile Größe. Mit zunehmendem Alter wird die Zahl derjenigen, die ein Leben ohne Kinder als ideal angeben, geringer. Prinzipiell zeigen sich in der idealen Kinderzahl der Männer zwischen dem 22. und 33. Lebensjahr weniger Schwankungen als bei den Frauen. Nach wichtigen Lebenszielen befragt, nimmt bei den Männern mit zunehmendem Alter die Wichtigkeit der Ziele „eigene Kinder groß ziehen“ und „eine glückliche Partnerschaft führen“ zu, was auf eine wachsende Familienorientierung schließen lässt. Die Männer der Studie sind überwiegend vereinbarkeitsorientiert, d. h. sie finden sowohl Arbeit als auch Familie wichtig. Ein starker Hinderungsgrund, die familienorientierten Lebensziele zu realisieren, ist allerdings die Erfahrung von Arbeitslosigkeit. Die Studienergebnisse zeigen, dass mit zunehmender Dauer von Arbeitslosigkeit die Zahl der gewünschten Kinder sinkt und eine dauerhafte Partnerschaftsbindung seltener eingegangen wird. War Elternschaft also früher selbstverständlich, so wird inzwischen mehr und mehr ein Problem daraus. Dabei sind Zögern, Abwägen und Aufschub kein privater Konflikt, sondern vielmehr Ausdruck des derzeitigen epochalen gesellschaftlichen Wandels. Weitere Studienergebnisse finden sich in: Berth, H., Förster, P., Brähler, E. & StöbelRichter, Y. (2007). Einheitslust und Einheitsfrust. Junge Ostdeutsche auf dem Weg vom DDR- zum Bundesbürger. Gießen: Psychosozialverlag. 30 Zwischen Rubenstyp und Kate Moss Physiologisch-philosophische Betrachtung eines Tiermediziners Von Prof. Dr. Manfred Coenen, Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik Na, was wird da wohl herauskommen, wenn man „typisch Mann“ schreibt; ich gehe optimistisch mal davon aus, wenn Mann „typisch Mann“ schreibt, ist es anders, aber vermutlich ist auch das schon typisch Mann. Das Ganze klingt doch nach Sozialwissenschaften und die sind schließlich weiblich, wie die Göttin der Wissenschaft eben auch. Was hat da ein Veterinär zu suchen? Bei mehr als 90 Prozent Damen – herrlicher Begriff, Dame, eine Schande, dass dieser nur noch zur Geschlechterkennung der Toiletten genutzt wird, aber das ist ein an- deres Thema. Also noch mal: bei mehr als 90 Prozent Damen in der studentischen Klientel ist doch Mann, nun sagen wir mal vorsichtig, er kommt abhanden. Warum sollte Mann da was sagen zu dem, was typisch Mann ist, wenn das Typische eine Rarität ist? Und nicht alles spricht für die Qualität des Raren. Haben doch beispielsweise epidemiologische Untersuchungen in Rinderbeständen gezeigt, das der Gesundheitszustand der Kälber in den ersten Lebenstagen am besten war – oder sollte ich schreiben ist, was mir wahrscheinlich eine „Chauvi“-Schelte einbringt –, wenn die Frau des Landwirts für die Versorgung der Tiere verantwortlich zeichnet/e. Dies lag eindeutig nicht am Ausbildungsstand der beteiligten Personen, Fachwissen erklärte die Differenz nicht. Aber das ist ja schon mehr als 30 Jahre her, heute ist ja alles besser, Mann bringt sogar den Müll raus – typisch Mann. Andererseits halten die Kerle manches aus, was die Mädels nicht abkönnen, ich meine nicht Gewichtheben und anderen gravitationsphysikalischen Kram. Bei der Umsiedlung von Nashörnern in ein Schutzgebiet geriet das ganze Programm in die Krise, Grund: Die Nashorndamen schenkten nur Jungs das Savannenleben, die Kälber waren überwiegend männlich, exakt 2,7 Mal mehr Rhinojungs als Rhinomädels, fatal, wie soll man/Mann da eine Art erhalten. Die Erklärung sieht einfach aus: Stress. Stress kurz nach der Konzeption erhöht verschiedene Metaboliten in der Zirkulation unter anderem auch Glukose; deren Konzentration steigt vermutlich auch im Uterus, das wiederum halten die männlijournal UniCentral es aber auch daran, dass Jungs grundsätzlich schwerer erziehbar sind. Warum männliche Individuen mehr brauchen als weibliche. „ Liegt es am speziesübergreifenden Übermut? chen Blastocysten besser aus als weibliche, für die zudem Produkte des embryonalen Glukosestoffwechsels toxisch sind. Der Glukosemetabolismus ist von Genen auf dem x-Chromosom kontrolliert, davon haben Mädels bekanntlich zwei, womit zugleich die Frage geklärt ist warum Mädels zweimal soviel Schokolade futtern wie Jungs. Allerdings ist die Rhinostory nicht ganz zu Ende. Werden die besseren Umstände – bemerkenswerte Umschreibung übrigens für einen Zustand mit ungleichen Lastenverteilungen, typisch Mann – der Rhinomütter im fortgeschrittenen Stadium mit Stress belastet, geht die Sache anders aus: mehr weibliche Rhinokälber. Dass Stressfaktoren während der Gravidität das Geschlechterverhältnis der Nachkommenschaft verändert ist allerdings kein singuläres Phänomen der Rhinicerotidae wie sie sich lateinisch zu nennen pflegen. Vergleichbares ist bei heimischen Species einschließlich des Menschen gleichfalls beobachtet worden Der Anteil männlicher Nachkommen sinkt. Bemerkenswerterweise haben die Söhne bei ihren Müttern einen dicken Stein im Brett; typisch Mann? nee, gilt nur für Pferde. Stuten investieren in Verhalten und bezüglich des Abbaus maternaler Körperreserven mehr in die männlichen Nachkommen als in die weiblichen. Was nicht ganz unlogisch ist bei Spezies bei denen sich ein männliches Tier um einen Harem mit anderen messen muss. Vielleicht liegt Heft 6/2007 “ bereits zu weit ist. Zumindest ist das bei Schweinen, Rindern und Pferden so. Also kurzum, Muskelmasse plus Androgenmotor machen einen höheren Bedarf bei den männlichen Tieren aus. Nutritive Restriktion in der praepubertären Entwicklung sind tatsächlich unangenehm, Spermaqualität und -quantität sind reduziert. Aber übertriebenes Päppeln ist ebenso wortwörtlich kontraproduktiv und dieser Effekt setzt offenbar schon früh ein, zumindest sind Jungs von Müttern mit betontem Fleischkonsum während der Schwangerschaft nicht die Erfolgreichsten. Bleibt da Es könnte am offensichtlich speziesübergreifenden Übermut liegen, „nix tun, alles kriegen, Spaß haben, und an nix schuld sein“. Tatsächlich aber verfügen männliche Tiere über einen höheren Muskelbestand (= Eiweiß) als weibliche und die Muskulatur verursacht eben höhere Betriebskosten als die „Rettungsringe“ (= Fett), was nicht heißen soll, dass weibliche grundsätzlich solche haben, aber ein bisschen weniger Körperfett und ein bisschen mehr Muckis, naja eben typisch Mann, jedenfalls bei den Pferdemännern. Rein reproduktionsphysiologisch betrachtet sind „Rettungsringe“ bei den Weibchen ein Hammer, da die Trächtigkeitsaussichten bei „Rubenstypen“ eindeutig besser sind als bei Kate Moss, wenn ihr Größe 36 Fotos: Pixelio.de noch die Tatsache, dass körperliche Anstrengung die Spermaqualität – sagen wir es einmal vorsichtig – verändert; diese kann als Hinweis aufgenommen werden, – typisch Mann – mit entsprechenden körperlich anspruchvollen Aufträgen an die Produzenten äußerst vorsichtig zu sein. Da ich verbal „Hinweis“ nicht mit dem Verbum „verstanden“ kombiniert habe, ist wohl klar, was davon zu halten ist. Wie halten wir’s denn jetzt? Zumindest seitens der Tierernährung werden die männlichen, reproduktiv erfolgversprechenden Individuen so ernährt, wie es einem mittleren Aktivitätsniveau entspricht. Energetisch betrachtet ist das etwa 25 Prozent oberhalb des Erhaltungsbedarfs. 31 UniCentral Hoffnungsträger in schwerer Zeit Vor 60 Jahren trat Erwin Jacobi das Rektoramt an Von Dr. Jens Blecher, Universitätsarchiv Vor rund 60 Jahren, am 31. Oktober 1947, übernahm der Jurist Erwin Jacobi das Rektorat. Traditionsbewusst und realiter wurde es ihm von seinem Vorgänger HansGeorg Gadamer in Form von „Hut und Mantel als Abzeichen Ihrer freien Würde“ und der Amtskette, „mit der einst königliche Huld den Rektor schmückte“, überreicht. Schon in den wenigen semantischen Wendungen bei der Amtsübergabe wird der Traditionsbruch und das ungewisse Schicksal der Universität deutlich: die Universitätsstatuten, einst das Zeichen der selbstverwalteten akademischen Gemeinschaft beim Rektoratswechsel, waren – ebenso wie die alten schmuckvollen Talare – nur noch ein Häufchen Asche. Auch die Universitätssiegel, das Original der Rektoratskette und die Szepter als Teil der Investiturfeiern galten als Kriegsverlust, sie wurden erst 1958 in den Trümmern am Augustusplatz wiedergefunden. Seine Arbeiten zum Recht der Diktatur des Reichspräsidenten und der Verfassungsänderung brachten ihn in ein enges persönliches Verhältnis zu dem Bonner Carl Schmitt (1888 –1985) und trugen ihm eine Reputation als moderner, demokratisch gesinnter Staatsrechtslehrer ein. 1933 endete diese Ära und Jacobi wurde wegen seiner jüdischen Herkunft zur persona non grata an der Universität Leipzig. Sein hohes Ansehen und ein weit gespanntes Freundesnetzwerk retteten ihn vor weiteren Repressalien und ermöglichten immerhin ein, wenn auch sehr bescheidenes, Arbeiten auf juristischem Gebiet als Gutachter. Wer war der Nachfolger von Gadamer und wie begann sein Rektoratsjahr? Die Zwangspause endete im Oktober 1945, als Jacobi auf seinen Lehrstuhl zurückkehrte. Neben seinen Lehrverpflichtungen, die durch den Totalverlust des Petrinums und die allgemeine Knappheit an Lehrmaterial, an warmen Unterrichtsräumen und drückenden Nachkriegssorgen geprägt waren, engagierte sich Jacobi für die Neugestaltung der Leipziger Verhältnisse. In den Nachkriegswirren an ihn ergangene Rufe auf andere Universitäten lehnte er ab, auch wenn sie eine deutliche materielle Besserung bedeutet hätten. So ist es kein Wunder, wenn der Nachkriegsrektor Gadamer sich keinen besseren Nachfolger vorstellen kann als Jacobi, um den Neuaufbau der Erwin Jacobi wurde 1884 in Zittau in einer jüdischstämmigen Kaufmannsfamilie geboren. Seine früh geweckte Liebe zur Musik (er war ein begnadeter Geiger) wurde jedoch von der elterlichen Bestimmung auf einen „ordentlichen“ Beruf überwogen. In Leipzig fand der angehende Jurist beim Studium ihn persönlich beeindruckende Lehrautoritäten vor. Im Umfeld von Otto Mayer (1846–1924) und Rudolf Sohm (1841–1917) begann sich Jacobi seit 1907 auf eine wissenschaftliche Karriere zu orientieren, die schließlich 1921 mit seiner Berufung zum ordentlichen Professor in Leipzig (als Nachfolger von Otto Mayer auf dem Lehrstuhl für öffentliches Recht, Staats-, Verwaltungs- und Kirchenrecht) eine wissenschaftliche Anerkennung fand. 32 Universität zu forcieren. Denn am Ende des Rektoratsjahres von Gadamer ist die Lage keineswegs rosig. Noch im August 1947 teilt er dem Dresdner Ministerium mit: „Ich habe von früh bis spät arbeiten müssen … habe jeden Brief selber diktieren müssen, jede Akte selber prüfen, jedes Telefongespräch selber führen, jede Verhandlung selber leiten müssen. Ich halte es daher für vollkommen ausgeschlossen, dass ein Nachfolger in meinem Amte gefunden werden kann …“ Unter diesen Voraussetzungen avancierte Erwin Jacobi Suche nach Unterrichtsräumen und Personalsorgen Erwin Jacobi trat vor 60 Jahren das Rektoramt an und forcierte den Neuaufbau der Universität Leipzig nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Universitätsarchiv journal UniCentral | Studiosi zum Hoffnungsträger der am 1. Oktober 1947 mit 55 Stimmen zum neuen Rektor gewählt wurde. Ganz und gar Arbeitsrechtler, erklärte Jacobi, dass er die Wahl annehme und den Dienst antreten werde, „nach Erfüllung gewisser arbeitstechnischer Voraussetzungen.“ Am 31. Oktober1947 fand die Investitur im Weißen Saal am Zoo statt. In seiner Antrittsrede dankte Jacobi zunächst seinem Vorgänger für seinen unermüdlichen Einsatz, um sich dann einem einstündigen Vortrag aus seinem Fachgebiet, dem Arbeitsrecht, zuzuwenden. In einem breit gefächerten Vortrag spannte er einen Bogen von den bereits 1848 geforderten Arbeiterausschüssen in den Betrieben, über das Reichsgesetz zum Vaterländischen Hilfsdienst von 1916, die Betriebsrätegesetze von 1920 und von 1946 bis hin zu Auslegungsfragen der alliierten Rechtssetzungen in den einzelnen deutschen Länderfassungen. Dringend und ganz am Ende seiner Antrittsrede weist er die Zuhörer, zu denen auch der sächsische Ministerpräsident Max Seydewitz (1892 –1987) gehört, auf die Probleme der zersplitterten Rechtsordnung in den Besatzungszonen hin. Dazu bedarf es einer rechtlichen Ordnung, die „wenn es überhaupt eine deutsche Wirtschaft geben soll, einheitlich für ganz Deutschland erfolgen muss.“ Zu Jacobis dringendsten Obliegenheiten gehören aber zunächst die Suche nach geeigneten Unterrichtsräumen und die Personalsorgen. Lediglich 800 Studenten konnten neu immatrikuliert werden – bei 3500 Bewerbern und einer hohen Personalfluktuation. Statt vier hatte die Universität nun acht Fakultäten, in denen rund die Hälfte der Studenten kein Regelabitur besaß. Erstmals bekam die Universität auch einen direkten Landesbeamten (Kurator) zugeordnet, der die Universitätsgeschäfte im Sinne der Landesregierung politisch steuern sollte. Im Oktober 1948 endete das Rektoratsjahr Jacobis und er konnte seinem Nachfolger eine Universität überlassen, in die zumindest die Hoffnung wieder eingezogen war. Jacobi selbst übernahm schon im Wintersemester 1948/49 das nächste Amt als gewählter Dekan der Juristenfakultät, das er bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1958, neben seiner eigentlichen Lehrtätigkeit, ausübte. Im Alter von 81 Jahren ist Erwin Jacobi am 5. April 1965 in seiner Wahlheimat Leipzig verstorben. Heft 6/2007 Studenten machen Programm Filmmagazin Unicato ist ein Jahr auf Sendung Normalerweise findet man Studenten im Fernsehen eher als Praktikanten, Statisten oder Kabelträger. Das hat sich geändert. Seit einem Jahr machen Studenten beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) Programm. Im Oktober 2006 startete dort das Filmmagazin Unicato. Das Besondere: Das Programm ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem MDR und den Hochschulen im Sendegebiet. Eine Kommission aus je zwei Hochschullehreren wählt die Filme aus, gesendet wird eine Vielfalt an filmischer Kreativität. Das bundesweit einmalige Magazin startete als Experiment und war eigentlich nur auf neun Folgen angelegt. Doch Unicato überzeugte und hatte teilweise einen Marktanteil von 7,3 Prozent. Die Montage, also der letzte Schnitt, wird im Landesfunkhaus Thüringen in Erfurt gemacht, genau wie die technische Endabnahme. Dort wird auch geprüft, ob die Qualität stimmt, die Beiträge juristisch einwandfrei sind und mehr. „Der MDR gibt damit bewusst jungen Leuten eine Chance, ihre kreativen, manchmal auch verblüffenden Filme einem breiten Publikum zu präsentieren“, erklärt Werner Dieste, Direktor des MDRLandesfunkhauses Thüringen. Unter Quotendruck steht Unicato aber nicht, denn es läuft nur einmal im Monat auf einem Sendeplatz nach Mitternacht. Doch diese große Resonanz war wohl auch ein Grund dafür, dass das Studentenprogramm nun seinen ersten Geburtstag feiern konnte und eben nicht nach neuen Folgen wieder abgesetzt wurde. Prof. Rüdiger Steinmetz vom Lehrstuhl für Medienwissenschaft und Medienkultur am Institut für Kommunikationsund Medienwissenschaft ist überzeugt von Unicato, bringt es doch neuen Schwung in das Angebot der Dreiländeranstalt. „Der MDR ist hin- sichtlich seiner Zielgruppe überaltert. Er hat endlich erkannt, dass Unicato gut dafür ist, junges Publikum an sich ran zu ziehen. Außerdem hat das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen die besondere Aufgabe, die kreativen Möglichkeiten junger Filmemacher zu fördern.“ Einer dieser jungen Filmemacher ist Mitja Frank. Der Student der Universität Leipzig kam eher zufällig zu dem Projekt: „Im Januar erreichte mich eine E-Mail vom Unicato-Team, in der stand, dass sie gern meinen Film ‚Boskopismus‘ dort zeigen würden.“ Mitja Frank sagte gerne zu, denn nicht oft bekomme man als Student die Chance, seine Filme einem so breiten Publikum vorzustellen. „Da fühlt man sich gut! Es ist wunderbar, wenn viele Menschen im Fernsehen die Geschichte miterleben können, die man als Filmteam gemeinsam mit seinen Protagonisten erlebt hat.“ Doch damit noch viel mehr Menschen die Geschichten der jungen Filmemacher miterleben können, fordert Frank für die Zukunft: „Unicato muss einen ernstzunehmenden Sendplatz bekommen beim MDR, wöchentlich.“ Das ist vielleicht gar kein unrealistischer Wunsch. Laut Professor Steinmetz hat auch der Hessische Rundfunk Interesse an einem solchen Format angemeldet. Sophia Sieber www.mdr.de/unicato 33 Studiosi European Master Global Studies 55 Studenten aus 28 Ländern Das Europäische Konsortium des ErasmusMundus-Masterstudienganges Global Studies – A European Perspective freut sich, zum Wintersemester 2007/2008 an den vier Partneruniversitäten (Universität Leipzig, London School of Economics and Political Sciences, Universität Wien und Universität Wroclaw) 55 neue Masterstudenten aus 28 Ländern begrüßen zu können. An der Universität Leipzig werden sich im akademischen Jahr 2007/2008 32 dieser Studenten mit Fragen zur Globalisierung beschäftigen. Ende September trafen die Masterstudenten in Leipzig ein und hatten während eines 14-tägigen Einführungskurses die Möglichkeit, ihren neuen Studienort und ihre internationalen Kommilitonen in entspannter Atmosphäre kennen zu lernen. Außerdem erhielten sie kompetente Unterstützung in allen administrativen Angelegenheiten, kurze Einführungsveranstaltungen in die Kurse des Studienganges sowie einen 20-stündigen Deutschkurs, um die erste Kommunikation mit den Leipzigern zu erleichtern. „Der Einführungskurs hat mir das Gefühl gegeben, in Leipzig sehr willkommen zu sein. Er war eine gute Gelegenheit die anderen Studenten und die Stadt kennen zu lernen. Die administrative Unterstützung war eine große Hilfe“, bilanzierte ein Teilnehmer. Besonders erfreulich für 27 Studenten ist, dass sie ein Erasmus-Mundus-Stipendium der Europäischen Union erhalten und ihr Studium in Europa somit finanziell abgesichert ist. Das Erasmus-Mundus-Proramm verfolgt Willkommenswoche mephisto 97.6 Die Willkommenswoche für ausländische Studierende endete mit einer internationalen Semesterauftaktsparty. Erstmals wurden in diesem Jahr auch ehemalige deutsche Austauschstudierende der Universität Leipzig zur Willkommensparty eingeladen, um den „Neuankömmlingen“ den Kontakt zu ihren Kommilitonen von Anfang an zu erleichtern. Bauchtänzerin Lina, der chinesische Chansonnier Ming Cheng und nicht zuletzt drei Crewmitglieder von L.E. mit ihrer Breakdance-Einlage bildeten den künstlerischen Auftakt für einen lebendigen Abend, der bis in die frühen Morgenstunden reichte. Die Party bildete den Abschluss der Willkommenswoche für neue ausländische Studierende. Das Akademische Auslandsamt hat wie im vergangenen Jahr etwa 800 Studierende aus aller Welt eingeschrieben. Dajana Burgdorf Universität Leipzig und Lokalsender mit eigener Lizenz, hat sein Angebot auf mehreren Ebenen erweitert. Mitte November nahm die neue Online-Redaktion ihre Arbeit auf und will dem Publikum künftig neben dem OnAir-Programm Informationen, Kontraste und Hintergründe im Internet bieten. Die Online-Redaktion will nach eigenem Bekunden versuchen, ein ausgefallenes Eigenleben zu entwickeln. „Sie versteht sich nicht als Aufbereiter des RundfunkProgramms für das Internet. Vielmehr begleitet sie Themenschwerpunkte, die im laufenden Programm gesetztwerden“, hieß es aus der Chefredaktion. Parallel verabschiedete sich mephisto 97.6 vom bisherigen Corporate Design. Dezentes Weiß und Grau ersetzt das bisherige dominierende Grün. Der rote Akzent, der vor allem mit dem markanten me- das Ziel, die Attraktivität europäischer Hochschulen für exzellente Wissenschaftler und Studenten aus aller Welt zu erhöhen und gleichzeitig die Zusammenarbeit europäischer Hochschulen zu stärken. Im Falle des Masterstudienganges Global Studies ist es gelungen, die Zahl der Studenten kontinuierlich zu steigern. Während zum Wintersemester 2005/06 35 Studenten immatrikuliert wurden, erhöhte sich die Zahl ein Jahr später auf 47 und nun um weitere acht Personen. r. Breakdance und Der Teufel geht online mephisto 97.6, Ausbildungssender der phisto-97.6-Punkt ins Auge sticht, ist geBauchtanz 34 blieben.m Und auch in Sachen Journalisten-Ausbildung gibt es Erfreuliches zu berichten: In diesem Wintersemester startete an der Universität Leipzig mit dem Hörfunk-Master ein einzigartiger Studiengang. Insgesamt sieben Studenten wurden aufgenommen und sollen in den kommenden vier Semestern den Abschluss Master of Arts Hörfunk