IM ZEICHEN des Roten Kristalls

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IM ZEICHEN des Roten Kristalls
INTERNATIONAL
Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung hat seit Dezember 2005 ein weiteres
Schutzzeichen: den Roten Kristall. Wird in Zukunft
aus dem Deutschen Roten Kreuz der Deutsche
Rote Kristall? Keine Sorge, dazu wird’s nicht kommen. Doch für die Einführung eines zusätzlichen
Schutzzeichens sprechen gute Gründe.
Foto: Till Mayer/DRK
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Warum ein zusätzliches
Schutzzeichen?
Wie bereits erwähnt, halten viele Menschen das
Kreuz oder den Halbmond für ein religiöses
Symbol. Dabei ist (religiöse) Neutralität einer der
Grundsätze der Rotkreuz-Bewegung. Dieses
Missverständnis führt zu Problemen, zum Beispiel in Eritrea. In dem afrikanischen Land leben
genauso viele Christen wie Muslime. Roter Halbmond oder Rotes Kreuz – welches Symbol soll
die nationale Bewegung wählen? Am liebsten
würde sie beide Symbole gleichzeitig benutzen,
aber das erlaubt die Internationale Föderation
nicht. Und in Israel, wo die meisten Menschen
jüdischen Glaubens sind, verwendet die nationale
Gesellschaft den Roten Davidstern. Der ist allerdings kein offiziell anerkanntes Schutzzeichen,
auch wenn der Israelische Magen David Adom
eine aktive nationale Gesellschaft ist.
Um diese Probleme in Zukunft zu verhindern,
haben Vertreter aller 192 Vertragsstaaten der
Genfer Konventionen bei einer Diplomatischen
Konferenz im Dezember 2005 ein neues Schutzzeichen verabschiedet: den Roten Kristall. Er soll
verhindern, dass neutrale Rotkreuzhelfer/-innen
in Kriegen und Konflikten irrtümlich als einer
Religion zugehörig betrachtet werden und sich
beispielsweise bei Konflikten zwischen christlichen und muslimischen Ländern in Gefahr begeben.
Bevor der Rote Kristall tatsächlich innerhalb der
Rotkreuz-Bewegung verwendet werden darf,
muss jedoch eine internationale Konferenz im
Juni die Statuten der Rotkreuz-Bewegung ändern
und die Verwendung des neuen Emblems genau
regeln. Bei dieser Konferenz kommen alle Vertragsstaaten der Genfer Abkommen, alle nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften
sowie die Förderation und das IKRK zusammen.
Deutscher Roter Kristall statt
Deutsches Rotes Kreuz?
DRK-Delegierte Kornelia Roll
(siehe Emblem am Ärmel)
freut sich mit der Mutter
Masomeh Amozegar über die
Geburt von Marziyeh, die
nach dem Erdbeben in Bam
im Iran 2004 im RotkreuzHospital geboren wurde.
Dass sie zugleich Delegierte
der Internationalen
Föderation ist, erkennt man
am Ausweis, der an ihrem
Pullover befestigt ist
Was ist eigentlich ein
Schutzzeichen?
Welche Schutzzeichen
gibt es?
In Kriegen und Konflikten tragen Helfer/-innen,
die Verwundete pflegen, international anerkannte
Schutzzeichen wie das Rote Kreuz oder den Roten
Halbmond auf weißem Grund. Auch Fahrzeuge,
Spürhunde oder Sanitätseinheiten oder Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Flüchtlingslager
werden damit gekennzeichnet. Dadurch werden
sie zum einen von Hilfsbedürftigen als Anlaufstellen identifiziert und sind andererseits vor Angriffen geschützt. Das ist in den so genannten
Genfer Abkommen festgelegt. Das Schutzzeichen
muss so groß wie möglich angebracht werden und
darf nicht weiter beschriftet sein.
Das Rote Kreuz auf weißem Grund wurde 1864
als Schutzzeichen von der Ersten Genfer Konvention anerkannt. Das Kreuz hat allerdings nichts
mit dem Christentum zu tun, sondern ist einfach
die Umkehrung der Schweizer Flagge (weißes
Kreuz auf rotem Grund). Allerdings wissen das
viele Leute nicht. Deshalb wird in muslimisch
geprägten Ländern der Rote Halbmond verwendet. Ein weiteres offiziell anerkanntes Schutzzeichen der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung ist der „Rote Löwe mit Sonne“, der im Iran
bis 1980 verwendet wurde. Heute gilt auch dort
der Rote Halbmond. Seit Dezember 2005 gibt es
JRK-Magazin 2/06
Die Einführung des Roten Kristalls heißt allerdings nicht, dass jetzt der Rote Halbmond oder
das Kreuz in der Versenkung verschwinden.
Jede nationale Gesellschaft entscheidet selbst,
welches der Symbole sie zukünftig nutzen will.
In Deutschland wird auch in Zukunft das Rote
Kreuz verwendet werden. Auch die Föderation
und das IKRK werden ihre Symbole beibehalten.
Aber sie können den Roten Kristall verwenden,
wenn es die Situation erfordert. Nationale Gesellschaften, die den Roten Kristall verwenden
möchten, können zusätzlich in den Kristall hinein ein weiteres anerkanntes Zeichen einfügen,
zum Beispiel ein Rotes Kreuz.
Corinna Göbel
Foto: IKRK
IM ZEICHEN
des Roten Kristalls
nun ein weiteres Schutzzeichen: den Roten
Kristall (siehe Seite 30).
Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz verteilen Getreide und
Hygieneartikel in Chaladidi in Georgien. Das Fahrzeug ist für Hilfsbedürftige durch
das Rotkreuz-Zeichen schon von weitem erkennbar
GLOSSAR
Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften
Die Förderation ist die weltgrößte humanitäre Organisation. Sie ist zuständig für die internationale Katastrophen- und Entwicklungshilfe. Die 180 Nationalen Gesellschaften der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung sind
Mitglieder der Föderation. Der Sitz ist in Genf.
Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist eine unabhängige, neutrale und unparteiliche Organisation, die sich um Opfer von bewaffneten Konflikten kümmert und die internationale Hilfe der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften für Konflikt- und Kriegsregionen koordiniert. Der Sitz
ist in Genf.
Nationale Gesellschaft
Damit ist die Rotkreuzorganisation eines Landes gemeint, zum Beispiel
das Deutsche Rote Kreuz.
Genfer Konventionen (= Genfer Abkommen)
Das sind Verträge, die 1949 von 192 Staaten in Genf unterzeichnet wurden
und die die Grundlage des modernen humanitären Völkerrechtes bilden.
Im Kriegsfall schützen sie:
• Verwundete und Kranke der Streitkräfte im Felde ,
• Verwundeten, Kranke und Schiffbrüchige der Streitkräfte zur See,
• Kriegsgefangene,
• Zivilpersonen.
Zusatzprotokolle
Am 8. Juni 1977 wurden in Genf zwei Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen von 1949 unterzeichnet. Das erste Zusatzprotokoll befasst sich
mit dem Schutz von Opfern internationaler bewaffneter Konflikte, das
zweite mit dem Schutz von Opfern nicht internationaler bewaffneter Konflikte. Die Zusatzprotokolle ergänzen die Genfer Abkommen von 1949 und
sind entstanden, weil es immer mehr bewaffnete Konflikte innerhalb von
Ländern gibt.
2005 wurde ein drittes Zusatzprotokoll unterzeichnet. Es beinhaltet die Einführung des Roten Kristalls.
WEITERE INFOS
Weitere Infos zur internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung findest du im Internet unter www.jrk.de (Internationales/Rotes
Kreuz weltweit).
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