Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos

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Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos
Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos Tauchplätze , Schluchten und Felsgräber,
Türkei
Reisetagebuch von Detlef Fritz
Griechische Amphoren vor der
Schwalbeninsel, Sarigerme
Ein Barrakuda-Scharm - gesehen
beim Tauchen vor Sarigerme
167 solcher Felsgräber wurden
beim antiken Kaunos gezählt
Der Hafen von Dalyan: Von hier
geht es zum Schildkrötenstrand
Im Schildkrötenkrankenhaus
Ein Labyrinth enger Gassen: die
werden verletzte Tiere behandelt
Altstadt von Marmaris
Der Basar von Marmaris gehört
zu den Größten in der Türkei
Saklikent: eine verborgene
Schlucht am "Schwarzen Fluss"
Ein Seidenteppich aus der
Manufaktur von Kadiköy
Im antiken Tlos hinterließen
Lykier und Römer ihre Spuren
Samstag, 24. August 2013: Sarigerme (Robinson Club Sarigerme Park)
Nach etwa drei Stunden Flug landen wir auf dem Flughafen von Dalaman, ein Airport, der für
einen Provinzflughafen doch eine beachtliche Größe hat.
Was wir von Dalaman dagegen zu sehen bekommen, macht einen eher unscheinbaren, fast
langweiligen Eindruck: Es gibt eine Reihe beinahe gleichförmiger Siedlungen, offenbar
Ferienhaussiedlungen, weite Felder mit Olivenbäumen, einen landwirtschaftlichen
Großbetrieb mit einigen hundert Kühen auf den Koppeln.
Und Sarigerme macht auf den ersten Blick einen noch bescheideneren Eindruck. Dabei war
die Landschaft beim Landeanflug geradezu imposant erschienen. Da war es über küstennahen
Ausläufer des Taurusgebirges gegangen, über zahllose größere wie kleinere Seen, die
versteckt hinter den Hügeln an der Küste lagen und schließlich, bei einer Biege über dem
Meer, vorbei an felsigen Buchten, in denen vielleicht einmal ein Segelboot vor Anker lag, in
der ansonsten aber kein Gebäude, kein Mensch zu sehen war.
Der Robinson Club Sarigerme Park ist eine weitläufige Anlage, in deren Mitte, auf einem
Hügel, das Haupthaus liegt, ein langgezogener orangefarbener Bau, in dessen Nachbarschaft
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die Tennisplätze, davor dann der Poolbereich und schließlich ein schöner, breiter Strand mit
weichem, dunklen Sand. Vom Hotel aus sieht man auf eine Reihe von Inseln, fast direkt vor
dem Hotelstrand dabei auf eine etwas größere, "Kathedrale" bzw. Baba genannte Insel mit
einem langgezogenen Berg, der an den beiden Enden fast gleich hohe Kuppen aufweist.
Sonntag, 25. August 2013: Tauchplätze Blue Cave und Schwalbeninsel
Die Orca-Tauchbasis befindet sich neben der Poolanlage, das geräumige Tauchboot liegt an
einem Steg am Hotelstrand. Bequemer geht es kaum noch.
Unser erster Tauchgang führt uns zur Blue Cave, in eine Tiefe von 18 Metern. Allerdings geht
es nicht sofort in die Höhle, sondern zunächst über auf dem Meeresboden liegende
Felsbrocken und weite Seegrasfelder, wo sich einige Grouper und einige kleine, bunte Fische
tummeln. Dann haben wir die Kante des Plateaus erreicht, geht es von der ab steil nach unten
wie bei einem großen Berg, von dessen Gipfel aus man das Tal nicht mehr erkennen kann.
Wir tauchen nun die Kante entlang, gehen schließlich in die Höhle, eine große UnterwasserHalle, in der sich knapp unterhalb der Decke ein kleinerer Fischschwarm aufhält. Wieder aus
der Höhle draußen entdecke ich noch eine bunte Meeresschnecke, die einen Stein entlang
krabbelt.
Den zweiten Tauchgang absolvieren wir vor der Schwalbeninsel, einem in Ufernähe
liegenden Fels, ein Fels, der für die frühere Schifffahrt nicht ungefährlich gewesen zu sein
schien. Zwar gibt es hier einige Fische mehr als an der Blue Cave, natürlich wieder Grouper,
aber zum Beispiel auch Trompetenfische und ein Seestern haben hier ihr Zuhause, doch die
eigentliche Attraktion dieser Unterwasser-Felslandschaft mit den Seegrasfeldern sind die
meist zerbrochenen Amphoren und tönernen Töpfe, auf die man hier in 18 Metern Tiefe
ständig stößt.
Das sind zwar keine Stücke aus antiker Zeit, aber doch zwischen hundert und 150 Jahre alt.
Ömer, der Tauchlehrer von der Basis, sagt, dass die Einwohner des griechischen Dorfes, das
sich damals hier befand, in solchen Behältern ihren Wein und ihr Olivenöl verschifften. Aber
da hat offensichtlich manches Boot keine weite Fahrt gemacht.
Montag, 26. August 2013: Tauchplätze Stingray und Schwalbeninsel
Auch der wegen der hier manchmal anzutreffenden Rochen Stingray genannte Tauchplatz
zeigt sich zunächst als ein Plateau mit Felsen und Seegrasfeldern, über das man an die Kante
dieses Bergkammes gelangt. Allerdings ist der Abgrund hier nicht so tief wie an der Blue
Cave, kann man sehr wohl das "Tal", den Grund erkennen, wo sich ein Seegrasfeld wie ein
weiter Wald ausgebreitet hat.
Dort, in einer Tiefe von knapp über 30 Metern, begegnen wir diesmal zwar keinen Rochen,
dafür aber einer schlanken, grünen Muräne, die ihren Hals weit aus der Mulde ihres Steines
herausgestreckt hat, entdecken kleine Oktopusse, die sich in ihren Erdlöchern vergraben
haben, so dass man kaum mehr als ein großes Auge sieht, begegnen zum Schluss einem
Schwarm von noch jungen, nicht ausgewachsenen Barrakudas und einer Meeresschnecke.
Unser zweiter Tauchgang führt uns wieder zur Schwalbeninsel, diesmal aber nicht zu den
Amphoren, sondern zur so genannten Garnelenhöhle.
Der Weg zu der in 18 Metern Tiefe liegenden Höhle führt durch eine Felslandschaft mit
Schluchten und steil emporragenden Monolithen, eine Landschaft, die etwas großes erwarten
lässt. Dann geht es durch einen schmalen und engen Tunnel, zu eng, als dass unsere
Dreiergruppe nebeneinander tauchen könnte, in die eher kleine Höhle.
Den Garnelen ist das vielleicht 25 Grad messende Wasser allerdings zu warm, weswegen sie
sich in tiefere Regionen zurückgezogen haben, und ansonsten gibt es in dieser Höhle auch
keine anderen Fische. Durch ein Loch in der Höhlendecke dringt etwas Licht in die Grotte 2
und durch dieses Loch, das sich in einer Tiefe von etwa zwölf Metern befindet, tauchen wir
dann wieder nach oben.
Kurz vor Ende des Tauchganges entdecken wir noch einen in einem Erdloch eingegrabenen
Oktopus, auf dem steinigen Meeresgrund kaum auszumachen, der hier auf ahnungslose Beute
lauert.
Dienstag, 27. August
Schwalbeninsel
2013:
Tauchplätze
Sweetwater
Cave
und
Die Süßwasserhöhle befindet sich in einer der einsamen Buchten rund um die Club-Anlage
von Robinson, keine 20 Minuten mit dem Boot entfernt.
Der Eingang zur Höhle liegt rund 20 Meter unter der Wasseroberfläche, und um dort hin zu
gelangen, tauchen wir die Felswand entlang, stöbern auf unserem Weg eine große Schnecke
auf, die nun angesichts der Taucher bewegungslos verharrt, so, als wolle sie sich tot stellen,
tauchen kurz darauf auch in den wie ein großes Portal erscheinenden Höhleneingang ein.
Fische zeigen sich nicht in der Höhle, während wir langsam nach oben steigen, plötzlich in
die Sprungschicht geraten, in der Vermengung von Salz- und Süßwasser die Umgebung nur
noch schemenhaft verschwommen wahrnehmen. Dann sind wir vom kalten Süßwasser
umgeben, steigen noch zwei, drei Meter auf, stoßen durch die Wasseroberfläche, sind nun in
der Luftkammer der Höhle.
Allerdings: Einen Platz, um für einen Moment aus dem Wasser zu steigen, gibt es hier nicht und der einzige Weg nach draußen führt wieder nach unten durch die Sprungschicht.
Der zweite Tauchgang findet - wieder - an der Schwalbeninsel statt. Es ist ein leichter,
unkomplizierter Tauchgang über Seegrasfelder und kahle Geröllplätze, ein Tauchgang, bei
dem uns nur einige kleinere Fische und die üblichen Grouper begegnen.
Zum Schluss, bereits wieder unterhalb unseres Bootes, stöbern wir auf einer freien Fläche
noch einen eingegrabenen Oktopus auf, entdecken dazu auch noch die Reste einiger größerer
Amphoren und einen verrosteten Anker.
Am Abend fahren wir mit dem Taxi in den Ort hinein. die Fahrt dauert zwar keine fünf
Minuten, kostet jedoch den Einheitspreis von fünf Euro - aber es ist wohl auch eine der
wenigen Touren, mit der die Taxifahrer Sarigermes etwas Geld verdienen können.
Das touristische Sarigerme jedenfalls besteht aus nichts anderem als einer höchstens 500
Meter langen Geschäftsstraße, ausgewiesen als Fußgängerzone, mit Läden zu beiden Seiten
der Straße. Die Gebäude dazu, allesamt zweistöckig, machen einen noch verhältnismäßig
neuen Eindruck.
Angeboten werden vor allem Textilien, Lederwaren und Keramiken. Allerdings: Es wird zwar
gehandelt, aber um mehr als zehn bis 20 Prozent gehen die Händler nicht von ihren zuerst
genannten Preisen herunter. Und bei den Textilien verweisen sie darauf, dass alle Artikel in
der Türkei angefertigt worden wären, nichts aus China oder Bangladesch kommt.
Mittwoch, 28. August 2013: Ortaca - Dalyan - Sarigerme, Tauchplatz Insel
Baba
Die Region rund um die Kreisstadt Ortaca, die Hauptstadt des Kreises, zu dem auch
Sarigerme gehört, ist das Nistland der Störche. Im Sommer sollen hier etliche Tausend Tiere
leben, aber vor etwa zehn Tagen haben die letzten von ihnen das Land Richtung Ägypten
verlassen. Doch auf fast jedem Hochleitungsmast sieht man noch ein nun verwaistes Nest.
Ortaca selbst ist eine sich modern, aber gesichtslos gebende Landstadt. Zumindest kann man
bei der Durchfahrt weder ein historisch geprägtes Zentrum noch sonstige Auffälligkeiten
erkennen. Alles wirkt verhältnismäßig neu und gleichförmig.
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Eine Besonderheit gibt es dann aber doch am Stadtrand von Ortaca, ein
Rehabilitationszentrum für Störche, verbunden mit einem Restaurant für die Touristen und
einigen Andenkenläden. Die Störche, die hier leben, spazieren auf dem eingezäunten Rasen,
lassen sich durch die Besuchermassen auch nicht aus der Ruhe bringen, sind sie entweder
gewöhnt – oder tatsächlich zu schwach, um einfach davon zu fliegen.
Die Weiterfahrt nach Dalyan dauert nur wenige Minuten. Das Zentrum des recht hübschen
Ortes mit zahlreichen kleineren Hotels und Restaurants, einer kurzen, aber lebendigen
Einkaufsstraße, liegt direkt am Hafen. Von hier starten die Ausflugsboote durch das Flussund Kanalssystem entweder Richtung Köycegiz-See oder aber zum Schildkrötenstrand am
Meer. Die Carette-Schildkröte, die dort ihre Eier ablegt, ist sogar das Wahrzeichen der Stadt,
geehrt mit einem Denkmal im Stadtzentrum – und mitunter soll man ihn auch schon bei der
Bootsfahrt Richtung Meer begegnen können.
Was man in jedem Fall bei dieser Bootsfahrt wie eine imposante Kulisse sieht: Die aus der
lykischen Zeit stammenden Felsengräber des antiken Kaunos. Insgesamt 167 solcher
Felsgräber wurden hier gezählt, manche, etwas tiefer liegend, kaum mehr als eine Nische oder
Höhle, andere, höher liegend, wie mit Säulengängen versehene Tempel erscheinend. In der
Regel drei Familienangehörige wurden in solchen Felsgräbern bestattet – wobei für die
Wissenschaftler lange Zeit eher die Frage war, wie denn die Gräber überhaupt in den steilen
Fels geschlagen werden könnten. Um sie von Gerüsten aus zu bauen, lagen die meisten
Gräber nämlich eindeutig zu hoch. Die Antwort: Die Bauarbeiter, meist Sklaven, wurden mit
Seilen von den Berggipfeln bis zu den ausgesuchten Stellen heruntergelassen, hingen dann in
der Luft, um ihrer gefährlichen Arbeit nachzugehen – wobei bei manchem Grab mehr Sklaven
in den Tod gestürzt sein dürften, als dort Familienangehörige begraben wurden.
Außer den Felsgräbern sieht man bei der Bootsfahrt kaum etwas von Kaunos. Nur die
Überbleibsel des antiken Theaters und einige andere Ruinen sind undeutlich aus der Ferne
auszumachen.
Das Boot passiert eine kleine Reederei, eine Fisch-Aufzuchtstation, uns kommen einige
Fischerboote entgegen, dann haben wir die Lagune mit dem Schildkrötenstrand erreicht. Der
Schildkrötenstrand ist dabei nichts anderes als eine schmale Landzunge mit gelbem
Sandstrand, am frühen Vormittag noch menschenleer, ansonsten aber ein durchaus beliebtes
Ausflugsziel.
In der Lagune liegen einige Boote von Krebsfischern. Die Fischer werden später, wenn noch
weitere Ausflugsboote eingetroffen sind, mit gefangenen Krebsen die Schildkröten anlocken.
Wenigstens eine Schildkröte zeigt sich für einen kurzen Moment aber auch, ohne dass sie
extra angelockt werden müsste. Für wenige Sekunden taucht sie aus dem Wasser auf, paddelt
neben unserem Boot an der Oberfläche, taucht schließlich wieder in die Tiefe.
Nach einer kurzen Pause zurück in Dalyan – wir trinken in einem Gartenrestaurant mit Blick
auf Hafen und Ata-Türk-Denkmal einen Apfeltee – geht es zu dem nahe gelegenen
Schildkröten-Rehabilitationszentrum, das die Universität von Pamukkale in Nachbarschaft
des – auch von Badegästen genutzten – Strandabschnitts betreibt.
In etwa einem Dutzend großen Tanks lebt jeweils eine Schildkröte, bleibt meist einige
Monate in dieser Krankenstation, bis sie wieder in das Meer entlassen werden kann. Bis auf
eine Ausnahme sind alle Patienten Carette-Schildkröten – und diese Ausnahme ist hier auch
die einzige Schildkröte, die an einer Erkrankung leidet, an einem Infekt, der unter ihrem
Panzer eine Blase gebildet hat, so dass sie nun nicht mehr tauchen kann. Und weil die
Spezialisten nichts finden, womit man sie heilen könnte, wird sie wohl den Rest ihres Lebens
in ihrem runden Bassin verbringen müssen.
Die anderen Patienten hier tragen heftige Verletzungen, entweder, weil sie einer
Schiffsschraube zu nahe kamen, oder aber weil sie in ein Fischernetz gerieten. Wobei
zumindest in einem Fall der Fischer dann versucht hat, das Tier, das vielen Fischern als
Konkurrent und unnützer Fischfresser gilt, zu erschlagen. In der Schädeldecke des Tieres
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klafft eine offene Wunde, und obwohl es wie tot, bedeckt mit einem weißen Tuch, auf dem
Wasser schwimmt, glauben die Ärzte doch, dass es die Station in einigen Monaten als geheilt
verlassen kann. Dabei ist es überhaupt erstaunlich, welche Verletzungen eine Schildkröte
überstehen kann – und selbst der Verlust einer Flosse bedeutet zwar eine gravierende
Behinderung, aber noch lange nicht das Aus.
Wieder zurück im Hotel geht es am Nachmittag noch auf einen Tauchgang vor der BabaInsel. In einer Tiefe von bis zu 17 Metern überqueren wir ein Seegrasfeld, begegnen zwei
grünen Muränen, entdecken einige bunte Meeresschnecken, Husarenfische, die sich in kleinen
Höhlen tummeln, zum Schluss, versteckt in seinem selbst gegrabenen Loch, einen Oktopus.
Donnerstag, 29. August: Marmaris
Die Straße nach Marmaris führt durch den Marmaris National Park: Von einem
Aussichtspunkt aus sieht man auf die Bucht und die sich ausbreitende Stadt, die sich
inzwischen auch auf die Berge hochzieht. Rund um die Bucht liegen dabei die größeren
Häuser, zum großen Teil Hotels, an den Berghängen dann die einfacheren Häuser, zwischen
denen dann aber eine große Moschee.
Das, so unser laizistischer Reiseleiter, sei ein Ergebnis der gegenwärtigen Islamisierung: Es
wird, sogar entfernt von anderen Siedlungen, eine Moschee gebaut – und wenn sich dann
Menschen in der Nachbarschaft ansiedeln, steht die mächtige Moschee schon da, als Zeichen
der islamischen Landnahme, wie unser Reiseleiter meint.
Die Stadt, durch die wir dann kommen, zeigt sich als Touristenstadt mit zahllosen größeren
und kleineren Hotels, Cafés und Einkaufszentren. Auf dem Weg zur Bucht mit dem
Sandstrand geht es dann aber vorbei an einer Reihe inzwischen leer stehender Hotels. Die
wurden in der Anfangsphase des Tourismus von Marmaris gebaut, und als dann unmittelbar
daneben die Straße mit dem Durchgangsverkehr kam, waren sie nicht mehr vermietbar.
Dafür bevölkern die Touristen nun die Hotels rund um den öffentlichen Badestrand, der
allerdings auch die Züge eines Strandbades vorweist, gut durchorganisier, mit mietbaren
Sonnenschirmen und allem, was dazu gehört.
Das eigentliche Zentrum mit dem Basar ist von diesem Teil der Stadt aber um einiges
entfernt. Eine Promenade führt am Wasser zu den Resten der aus osmanischer Zeit
stammenden Stadtmauer, zu einem Hafen, zur historischen Altstadt und dem Basar, der
angeblich der drittgrößte in der Türkei sein soll.
Die Altstadt liegt auf einem Hügel, besteht aus einem Gewirr enger Gassen, an denen sich die
weiß getünchten Häuser drängen. Dazu steht hier, mit der Stadtmauer verbunden, eine alte
Festung, in der nun das Museum untergebracht ist, vor dessen Eingang rostige Kanonenrohre
liegen. In den meisten Altstadthäusern sind Cafés und Andenkengeschäfte untergebracht,
wobei außer unserer Gruppe am späten Vormittag noch keine Touristen zu sehen sind.
Am Rand der Altstadt, unterhalb des Hügels, an der Grenze zum Basar, liegt die älteste
Moschee der Stadt, erbaut 1788. Allerdings: der flache, von außen eher unscheinbare
Gebetsraum dürfte wohl aus jüngerer Zeit stammen und auch das Minarett ist nicht besonders
auffällig. Wenn die Größe der Moschee die Größe und Bedeutung des osmanischen Marmaris
dieser Zeit wiederspiegelt, kann es sich nur um einen kleinen Flecken auf der Landkarte
gehandelt haben.
Die Marmaris-Tour wird den Gästen verkauft als Shopping-Tour – und so steht natürlich der
Besuch des Basars im Mittelpunkt des Ausfluges. Von einem „orientalischen Basar“ kann hier
allerdings nicht die Rede sein. Was Marmaris bietet, ist ein Viertel von überdachten
Geschäftstraßen, wobei in den meisten Läden Textilien, Lederwaren oder Schmuck verkauft
wird. Das ganze unterscheidet sich nicht wesentlich von einem mitteleuropäischen
Einkaufszentrum, und, anders als auf manch anderen orientalischen Basaren, wird man hier
auch nirgends in die Geschäfte gezerrt.
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Allerdings darf man sich auch nicht all zu viel Hoffnung machen, von den genannten Preisen
besonders viel herunter handeln zu können: Mehr als 20 Prozent Nachlass schlagen wir bei
unseren Einkäufen jedenfalls nicht heraus.
Freitag, 30. August: Karacay/Saklikent – Kadiköy – Tlos
Das Bett des „Schwarzen Flusses“, des Karacay ist ausgetrocknet. Dieses Flussbett
überqueren wir nun, um in die Saklikent, die „verborgene Schlucht“ zu gelangen.
Diese „Verborgene Schlucht“ ist beliebtes Ausflugsziel wohl vor allem bei einheimischen
Touristen, ein Ausflugsziel mit Restaurantbetrieb und der Möglichkeit zum Rafting.
Zunächst geht es auf einem am Felsen montierten Eisengitter über einen tosenden Fluss, am
Ende dieses Weges muss man dann an einer Furt selbst das Wasser durchqueren. Dabei hält
man sich an einem an den Felsen entlang gespanntem Seil fest, muss im Wasser aber immer
noch gegen die starke Strömung ankämpfen. Wer dabei nicht aufpasst, kann in dem eiskalten
Wasser auch erst einmal sehr rasch stürzen.
Mit einiger Kraftanstrengung gelangt man so in den nun trockenen Teil der Schlucht. Aber:
Bis in den Juli hinein rast das Schmelzwasser auch hierdurch, nur im Hochsommer kann
dieser mehrere Kilometer lang Wander- und Kletterweg betreten werden. Manche Besucher
der Vergangenheit haben diese kurze Zeit genutzt, um sich mit ihrer Graffiti an den
Felswänden zu verewigen; an anderen Stellen hat das Wasser Höhlen und Nischen in den Fels
gespült, mitunter regelrechte Figuren wie zum Beispiel einen Ochsenkopf geformt.
Ein bequemer Wanderweg ist der nun trockene Flusslauf jedoch nicht: An manchen Stellen
muss man über hohe Felsbrocken klettern, um weiter zu gelangen – und immer wieder stellt
man fest, dass die Schlucht doch nicht so trocken ist, man darauf achten muss, nicht auf den
glitschigen Steinen auszurutschen. Aber absolut faszinierend: Es gibt auch so enge Passagen,
dass man meint, die beiden Seiten der Schlucht gleichzeitig berühren zu können, während sich
die Felswände über einem zu schließen scheinen.
Nach dem Mittagessen fahren wir zunächst nach Kadiköy, ein kleines, nicht wirklich
bemerkenswertes Dorf, in dem sich allerdings eine der wohl bedeutendsten
Teppichmanufakturen befindet.
In der großen Halle arbeiten zu der Zeit, als wir eintreffen, nicht einmal ein halbes Dutzend
Frauen an den Webstühlen, eine weitere ältere Frau sitzt mit einer Kreuzspindel auf einem
Sofa und spinnt einen Wollfaden.
Organisiert ist die Manufaktur als eine Genossenschaft mit insgesamt rund 200
Familienbetrieben aus der ganzen Türkei, erzählt der Verkaufschef bei der Führung. Der
Betrieb in Kadiköy ist so gesehen nicht viel mehr als zentrales Warenlager und
Verkaufsstelle, wo aber auch nur ein Bruchteil der Teppiche geknüpft wird – wobei vor allem
Schafswolle, aber auch Seide verarbeitet wird.
Nun werden wir natürlich in einen der Verkaufsräume geführt. Interessant: Hier werden nicht
nur Teppiche mit den klassischen Motiven angeboten, sondern, sozusagen als „Massenware“,
auch Motive der modernen Kunst, zum Beispiel Gemälde von Kadinsky und Co.
Den Höhepunkt stellen aber die kleinen Wandteppiche aus Seide dar, auch die mit klassischen
Motiven, zum Beispiel dem Bildnis eines Pfaus. 17000 Euro ist die Verhandlungsbasis für
diese „Kleinigkeit“. Allerdings ist, so unser Reiseleiter, auch das noch ein bescheidener Preis:
Im Frühjahr habe einer seiner Gäste einen Teppich für 120000 Euro gekauft.
Die letzte Station des Tages ist das antike Tlos, eine Stadtgründung aus der lykischen Zeit,
wobei diese lykischen Felsgräber nun wie eine Festung auf einem Hügel über das Ruinenfeld
wachen.
Unser Weg führt zu dem „neueren“ Tlos, zunächst zu dem Theater aus der römischen Periode,
gebaut um das Jahr 200. Rund 6000 Sitzplätze mit Blick auf die Felsgräber zählt der Bau,
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woraus man für diese Zeit eine Gesamtbevölkerung zwischen 24000 und 30000 Menschen
vermuten kann.
Nicht weit davon entfernt: das Fundament einer kleineren jüdischen Synagoge, ihr gegenüber
die Mauern einer frühchristlichen Kirche. Betreten darf man diese Ruinen allerdings nicht.
Überall markieren die Absperrungen: Hier laufen noch die archäologischen Ausgrabungen.
Das gilt auch für das antike römische Bad: Und auch vor dem Gemäuer stehend erkennt der
Laie hier die Reste der Mosaiken und den Verlauf der Thermalanlagen.
Dabei muss das Bad zu seiner Zeit fast am Rand der Stadt gestanden haben. Fast unmittelbar
daneben fällt der Hügel nämlich steil ab, so dass man vom Bad aus über das weite Tal schaut.
Samstag, 31. August: Sarigerme
Wir können bis 17 Uhr unser Hotelzimmer behalten, verbringen so noch einen Tag am
Swimmingpool, bevor wir für den Heimflug abgeholt werden.
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