Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos
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Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos
Lykien: Sarigerme, Dalyan, Marmaris, Tlos Tauchplätze , Schluchten und Felsgräber, Türkei Reisetagebuch von Detlef Fritz Griechische Amphoren vor der Schwalbeninsel, Sarigerme Ein Barrakuda-Scharm - gesehen beim Tauchen vor Sarigerme 167 solcher Felsgräber wurden beim antiken Kaunos gezählt Der Hafen von Dalyan: Von hier geht es zum Schildkrötenstrand Im Schildkrötenkrankenhaus Ein Labyrinth enger Gassen: die werden verletzte Tiere behandelt Altstadt von Marmaris Der Basar von Marmaris gehört zu den Größten in der Türkei Saklikent: eine verborgene Schlucht am "Schwarzen Fluss" Ein Seidenteppich aus der Manufaktur von Kadiköy Im antiken Tlos hinterließen Lykier und Römer ihre Spuren Samstag, 24. August 2013: Sarigerme (Robinson Club Sarigerme Park) Nach etwa drei Stunden Flug landen wir auf dem Flughafen von Dalaman, ein Airport, der für einen Provinzflughafen doch eine beachtliche Größe hat. Was wir von Dalaman dagegen zu sehen bekommen, macht einen eher unscheinbaren, fast langweiligen Eindruck: Es gibt eine Reihe beinahe gleichförmiger Siedlungen, offenbar Ferienhaussiedlungen, weite Felder mit Olivenbäumen, einen landwirtschaftlichen Großbetrieb mit einigen hundert Kühen auf den Koppeln. Und Sarigerme macht auf den ersten Blick einen noch bescheideneren Eindruck. Dabei war die Landschaft beim Landeanflug geradezu imposant erschienen. Da war es über küstennahen Ausläufer des Taurusgebirges gegangen, über zahllose größere wie kleinere Seen, die versteckt hinter den Hügeln an der Küste lagen und schließlich, bei einer Biege über dem Meer, vorbei an felsigen Buchten, in denen vielleicht einmal ein Segelboot vor Anker lag, in der ansonsten aber kein Gebäude, kein Mensch zu sehen war. Der Robinson Club Sarigerme Park ist eine weitläufige Anlage, in deren Mitte, auf einem Hügel, das Haupthaus liegt, ein langgezogener orangefarbener Bau, in dessen Nachbarschaft 1 die Tennisplätze, davor dann der Poolbereich und schließlich ein schöner, breiter Strand mit weichem, dunklen Sand. Vom Hotel aus sieht man auf eine Reihe von Inseln, fast direkt vor dem Hotelstrand dabei auf eine etwas größere, "Kathedrale" bzw. Baba genannte Insel mit einem langgezogenen Berg, der an den beiden Enden fast gleich hohe Kuppen aufweist. Sonntag, 25. August 2013: Tauchplätze Blue Cave und Schwalbeninsel Die Orca-Tauchbasis befindet sich neben der Poolanlage, das geräumige Tauchboot liegt an einem Steg am Hotelstrand. Bequemer geht es kaum noch. Unser erster Tauchgang führt uns zur Blue Cave, in eine Tiefe von 18 Metern. Allerdings geht es nicht sofort in die Höhle, sondern zunächst über auf dem Meeresboden liegende Felsbrocken und weite Seegrasfelder, wo sich einige Grouper und einige kleine, bunte Fische tummeln. Dann haben wir die Kante des Plateaus erreicht, geht es von der ab steil nach unten wie bei einem großen Berg, von dessen Gipfel aus man das Tal nicht mehr erkennen kann. Wir tauchen nun die Kante entlang, gehen schließlich in die Höhle, eine große UnterwasserHalle, in der sich knapp unterhalb der Decke ein kleinerer Fischschwarm aufhält. Wieder aus der Höhle draußen entdecke ich noch eine bunte Meeresschnecke, die einen Stein entlang krabbelt. Den zweiten Tauchgang absolvieren wir vor der Schwalbeninsel, einem in Ufernähe liegenden Fels, ein Fels, der für die frühere Schifffahrt nicht ungefährlich gewesen zu sein schien. Zwar gibt es hier einige Fische mehr als an der Blue Cave, natürlich wieder Grouper, aber zum Beispiel auch Trompetenfische und ein Seestern haben hier ihr Zuhause, doch die eigentliche Attraktion dieser Unterwasser-Felslandschaft mit den Seegrasfeldern sind die meist zerbrochenen Amphoren und tönernen Töpfe, auf die man hier in 18 Metern Tiefe ständig stößt. Das sind zwar keine Stücke aus antiker Zeit, aber doch zwischen hundert und 150 Jahre alt. Ömer, der Tauchlehrer von der Basis, sagt, dass die Einwohner des griechischen Dorfes, das sich damals hier befand, in solchen Behältern ihren Wein und ihr Olivenöl verschifften. Aber da hat offensichtlich manches Boot keine weite Fahrt gemacht. Montag, 26. August 2013: Tauchplätze Stingray und Schwalbeninsel Auch der wegen der hier manchmal anzutreffenden Rochen Stingray genannte Tauchplatz zeigt sich zunächst als ein Plateau mit Felsen und Seegrasfeldern, über das man an die Kante dieses Bergkammes gelangt. Allerdings ist der Abgrund hier nicht so tief wie an der Blue Cave, kann man sehr wohl das "Tal", den Grund erkennen, wo sich ein Seegrasfeld wie ein weiter Wald ausgebreitet hat. Dort, in einer Tiefe von knapp über 30 Metern, begegnen wir diesmal zwar keinen Rochen, dafür aber einer schlanken, grünen Muräne, die ihren Hals weit aus der Mulde ihres Steines herausgestreckt hat, entdecken kleine Oktopusse, die sich in ihren Erdlöchern vergraben haben, so dass man kaum mehr als ein großes Auge sieht, begegnen zum Schluss einem Schwarm von noch jungen, nicht ausgewachsenen Barrakudas und einer Meeresschnecke. Unser zweiter Tauchgang führt uns wieder zur Schwalbeninsel, diesmal aber nicht zu den Amphoren, sondern zur so genannten Garnelenhöhle. Der Weg zu der in 18 Metern Tiefe liegenden Höhle führt durch eine Felslandschaft mit Schluchten und steil emporragenden Monolithen, eine Landschaft, die etwas großes erwarten lässt. Dann geht es durch einen schmalen und engen Tunnel, zu eng, als dass unsere Dreiergruppe nebeneinander tauchen könnte, in die eher kleine Höhle. Den Garnelen ist das vielleicht 25 Grad messende Wasser allerdings zu warm, weswegen sie sich in tiefere Regionen zurückgezogen haben, und ansonsten gibt es in dieser Höhle auch keine anderen Fische. Durch ein Loch in der Höhlendecke dringt etwas Licht in die Grotte 2 und durch dieses Loch, das sich in einer Tiefe von etwa zwölf Metern befindet, tauchen wir dann wieder nach oben. Kurz vor Ende des Tauchganges entdecken wir noch einen in einem Erdloch eingegrabenen Oktopus, auf dem steinigen Meeresgrund kaum auszumachen, der hier auf ahnungslose Beute lauert. Dienstag, 27. August Schwalbeninsel 2013: Tauchplätze Sweetwater Cave und Die Süßwasserhöhle befindet sich in einer der einsamen Buchten rund um die Club-Anlage von Robinson, keine 20 Minuten mit dem Boot entfernt. Der Eingang zur Höhle liegt rund 20 Meter unter der Wasseroberfläche, und um dort hin zu gelangen, tauchen wir die Felswand entlang, stöbern auf unserem Weg eine große Schnecke auf, die nun angesichts der Taucher bewegungslos verharrt, so, als wolle sie sich tot stellen, tauchen kurz darauf auch in den wie ein großes Portal erscheinenden Höhleneingang ein. Fische zeigen sich nicht in der Höhle, während wir langsam nach oben steigen, plötzlich in die Sprungschicht geraten, in der Vermengung von Salz- und Süßwasser die Umgebung nur noch schemenhaft verschwommen wahrnehmen. Dann sind wir vom kalten Süßwasser umgeben, steigen noch zwei, drei Meter auf, stoßen durch die Wasseroberfläche, sind nun in der Luftkammer der Höhle. Allerdings: Einen Platz, um für einen Moment aus dem Wasser zu steigen, gibt es hier nicht und der einzige Weg nach draußen führt wieder nach unten durch die Sprungschicht. Der zweite Tauchgang findet - wieder - an der Schwalbeninsel statt. Es ist ein leichter, unkomplizierter Tauchgang über Seegrasfelder und kahle Geröllplätze, ein Tauchgang, bei dem uns nur einige kleinere Fische und die üblichen Grouper begegnen. Zum Schluss, bereits wieder unterhalb unseres Bootes, stöbern wir auf einer freien Fläche noch einen eingegrabenen Oktopus auf, entdecken dazu auch noch die Reste einiger größerer Amphoren und einen verrosteten Anker. Am Abend fahren wir mit dem Taxi in den Ort hinein. die Fahrt dauert zwar keine fünf Minuten, kostet jedoch den Einheitspreis von fünf Euro - aber es ist wohl auch eine der wenigen Touren, mit der die Taxifahrer Sarigermes etwas Geld verdienen können. Das touristische Sarigerme jedenfalls besteht aus nichts anderem als einer höchstens 500 Meter langen Geschäftsstraße, ausgewiesen als Fußgängerzone, mit Läden zu beiden Seiten der Straße. Die Gebäude dazu, allesamt zweistöckig, machen einen noch verhältnismäßig neuen Eindruck. Angeboten werden vor allem Textilien, Lederwaren und Keramiken. Allerdings: Es wird zwar gehandelt, aber um mehr als zehn bis 20 Prozent gehen die Händler nicht von ihren zuerst genannten Preisen herunter. Und bei den Textilien verweisen sie darauf, dass alle Artikel in der Türkei angefertigt worden wären, nichts aus China oder Bangladesch kommt. Mittwoch, 28. August 2013: Ortaca - Dalyan - Sarigerme, Tauchplatz Insel Baba Die Region rund um die Kreisstadt Ortaca, die Hauptstadt des Kreises, zu dem auch Sarigerme gehört, ist das Nistland der Störche. Im Sommer sollen hier etliche Tausend Tiere leben, aber vor etwa zehn Tagen haben die letzten von ihnen das Land Richtung Ägypten verlassen. Doch auf fast jedem Hochleitungsmast sieht man noch ein nun verwaistes Nest. Ortaca selbst ist eine sich modern, aber gesichtslos gebende Landstadt. Zumindest kann man bei der Durchfahrt weder ein historisch geprägtes Zentrum noch sonstige Auffälligkeiten erkennen. Alles wirkt verhältnismäßig neu und gleichförmig. 3 Eine Besonderheit gibt es dann aber doch am Stadtrand von Ortaca, ein Rehabilitationszentrum für Störche, verbunden mit einem Restaurant für die Touristen und einigen Andenkenläden. Die Störche, die hier leben, spazieren auf dem eingezäunten Rasen, lassen sich durch die Besuchermassen auch nicht aus der Ruhe bringen, sind sie entweder gewöhnt – oder tatsächlich zu schwach, um einfach davon zu fliegen. Die Weiterfahrt nach Dalyan dauert nur wenige Minuten. Das Zentrum des recht hübschen Ortes mit zahlreichen kleineren Hotels und Restaurants, einer kurzen, aber lebendigen Einkaufsstraße, liegt direkt am Hafen. Von hier starten die Ausflugsboote durch das Flussund Kanalssystem entweder Richtung Köycegiz-See oder aber zum Schildkrötenstrand am Meer. Die Carette-Schildkröte, die dort ihre Eier ablegt, ist sogar das Wahrzeichen der Stadt, geehrt mit einem Denkmal im Stadtzentrum – und mitunter soll man ihn auch schon bei der Bootsfahrt Richtung Meer begegnen können. Was man in jedem Fall bei dieser Bootsfahrt wie eine imposante Kulisse sieht: Die aus der lykischen Zeit stammenden Felsengräber des antiken Kaunos. Insgesamt 167 solcher Felsgräber wurden hier gezählt, manche, etwas tiefer liegend, kaum mehr als eine Nische oder Höhle, andere, höher liegend, wie mit Säulengängen versehene Tempel erscheinend. In der Regel drei Familienangehörige wurden in solchen Felsgräbern bestattet – wobei für die Wissenschaftler lange Zeit eher die Frage war, wie denn die Gräber überhaupt in den steilen Fels geschlagen werden könnten. Um sie von Gerüsten aus zu bauen, lagen die meisten Gräber nämlich eindeutig zu hoch. Die Antwort: Die Bauarbeiter, meist Sklaven, wurden mit Seilen von den Berggipfeln bis zu den ausgesuchten Stellen heruntergelassen, hingen dann in der Luft, um ihrer gefährlichen Arbeit nachzugehen – wobei bei manchem Grab mehr Sklaven in den Tod gestürzt sein dürften, als dort Familienangehörige begraben wurden. Außer den Felsgräbern sieht man bei der Bootsfahrt kaum etwas von Kaunos. Nur die Überbleibsel des antiken Theaters und einige andere Ruinen sind undeutlich aus der Ferne auszumachen. Das Boot passiert eine kleine Reederei, eine Fisch-Aufzuchtstation, uns kommen einige Fischerboote entgegen, dann haben wir die Lagune mit dem Schildkrötenstrand erreicht. Der Schildkrötenstrand ist dabei nichts anderes als eine schmale Landzunge mit gelbem Sandstrand, am frühen Vormittag noch menschenleer, ansonsten aber ein durchaus beliebtes Ausflugsziel. In der Lagune liegen einige Boote von Krebsfischern. Die Fischer werden später, wenn noch weitere Ausflugsboote eingetroffen sind, mit gefangenen Krebsen die Schildkröten anlocken. Wenigstens eine Schildkröte zeigt sich für einen kurzen Moment aber auch, ohne dass sie extra angelockt werden müsste. Für wenige Sekunden taucht sie aus dem Wasser auf, paddelt neben unserem Boot an der Oberfläche, taucht schließlich wieder in die Tiefe. Nach einer kurzen Pause zurück in Dalyan – wir trinken in einem Gartenrestaurant mit Blick auf Hafen und Ata-Türk-Denkmal einen Apfeltee – geht es zu dem nahe gelegenen Schildkröten-Rehabilitationszentrum, das die Universität von Pamukkale in Nachbarschaft des – auch von Badegästen genutzten – Strandabschnitts betreibt. In etwa einem Dutzend großen Tanks lebt jeweils eine Schildkröte, bleibt meist einige Monate in dieser Krankenstation, bis sie wieder in das Meer entlassen werden kann. Bis auf eine Ausnahme sind alle Patienten Carette-Schildkröten – und diese Ausnahme ist hier auch die einzige Schildkröte, die an einer Erkrankung leidet, an einem Infekt, der unter ihrem Panzer eine Blase gebildet hat, so dass sie nun nicht mehr tauchen kann. Und weil die Spezialisten nichts finden, womit man sie heilen könnte, wird sie wohl den Rest ihres Lebens in ihrem runden Bassin verbringen müssen. Die anderen Patienten hier tragen heftige Verletzungen, entweder, weil sie einer Schiffsschraube zu nahe kamen, oder aber weil sie in ein Fischernetz gerieten. Wobei zumindest in einem Fall der Fischer dann versucht hat, das Tier, das vielen Fischern als Konkurrent und unnützer Fischfresser gilt, zu erschlagen. In der Schädeldecke des Tieres 4 klafft eine offene Wunde, und obwohl es wie tot, bedeckt mit einem weißen Tuch, auf dem Wasser schwimmt, glauben die Ärzte doch, dass es die Station in einigen Monaten als geheilt verlassen kann. Dabei ist es überhaupt erstaunlich, welche Verletzungen eine Schildkröte überstehen kann – und selbst der Verlust einer Flosse bedeutet zwar eine gravierende Behinderung, aber noch lange nicht das Aus. Wieder zurück im Hotel geht es am Nachmittag noch auf einen Tauchgang vor der BabaInsel. In einer Tiefe von bis zu 17 Metern überqueren wir ein Seegrasfeld, begegnen zwei grünen Muränen, entdecken einige bunte Meeresschnecken, Husarenfische, die sich in kleinen Höhlen tummeln, zum Schluss, versteckt in seinem selbst gegrabenen Loch, einen Oktopus. Donnerstag, 29. August: Marmaris Die Straße nach Marmaris führt durch den Marmaris National Park: Von einem Aussichtspunkt aus sieht man auf die Bucht und die sich ausbreitende Stadt, die sich inzwischen auch auf die Berge hochzieht. Rund um die Bucht liegen dabei die größeren Häuser, zum großen Teil Hotels, an den Berghängen dann die einfacheren Häuser, zwischen denen dann aber eine große Moschee. Das, so unser laizistischer Reiseleiter, sei ein Ergebnis der gegenwärtigen Islamisierung: Es wird, sogar entfernt von anderen Siedlungen, eine Moschee gebaut – und wenn sich dann Menschen in der Nachbarschaft ansiedeln, steht die mächtige Moschee schon da, als Zeichen der islamischen Landnahme, wie unser Reiseleiter meint. Die Stadt, durch die wir dann kommen, zeigt sich als Touristenstadt mit zahllosen größeren und kleineren Hotels, Cafés und Einkaufszentren. Auf dem Weg zur Bucht mit dem Sandstrand geht es dann aber vorbei an einer Reihe inzwischen leer stehender Hotels. Die wurden in der Anfangsphase des Tourismus von Marmaris gebaut, und als dann unmittelbar daneben die Straße mit dem Durchgangsverkehr kam, waren sie nicht mehr vermietbar. Dafür bevölkern die Touristen nun die Hotels rund um den öffentlichen Badestrand, der allerdings auch die Züge eines Strandbades vorweist, gut durchorganisier, mit mietbaren Sonnenschirmen und allem, was dazu gehört. Das eigentliche Zentrum mit dem Basar ist von diesem Teil der Stadt aber um einiges entfernt. Eine Promenade führt am Wasser zu den Resten der aus osmanischer Zeit stammenden Stadtmauer, zu einem Hafen, zur historischen Altstadt und dem Basar, der angeblich der drittgrößte in der Türkei sein soll. Die Altstadt liegt auf einem Hügel, besteht aus einem Gewirr enger Gassen, an denen sich die weiß getünchten Häuser drängen. Dazu steht hier, mit der Stadtmauer verbunden, eine alte Festung, in der nun das Museum untergebracht ist, vor dessen Eingang rostige Kanonenrohre liegen. In den meisten Altstadthäusern sind Cafés und Andenkengeschäfte untergebracht, wobei außer unserer Gruppe am späten Vormittag noch keine Touristen zu sehen sind. Am Rand der Altstadt, unterhalb des Hügels, an der Grenze zum Basar, liegt die älteste Moschee der Stadt, erbaut 1788. Allerdings: der flache, von außen eher unscheinbare Gebetsraum dürfte wohl aus jüngerer Zeit stammen und auch das Minarett ist nicht besonders auffällig. Wenn die Größe der Moschee die Größe und Bedeutung des osmanischen Marmaris dieser Zeit wiederspiegelt, kann es sich nur um einen kleinen Flecken auf der Landkarte gehandelt haben. Die Marmaris-Tour wird den Gästen verkauft als Shopping-Tour – und so steht natürlich der Besuch des Basars im Mittelpunkt des Ausfluges. Von einem „orientalischen Basar“ kann hier allerdings nicht die Rede sein. Was Marmaris bietet, ist ein Viertel von überdachten Geschäftstraßen, wobei in den meisten Läden Textilien, Lederwaren oder Schmuck verkauft wird. Das ganze unterscheidet sich nicht wesentlich von einem mitteleuropäischen Einkaufszentrum, und, anders als auf manch anderen orientalischen Basaren, wird man hier auch nirgends in die Geschäfte gezerrt. 5 Allerdings darf man sich auch nicht all zu viel Hoffnung machen, von den genannten Preisen besonders viel herunter handeln zu können: Mehr als 20 Prozent Nachlass schlagen wir bei unseren Einkäufen jedenfalls nicht heraus. Freitag, 30. August: Karacay/Saklikent – Kadiköy – Tlos Das Bett des „Schwarzen Flusses“, des Karacay ist ausgetrocknet. Dieses Flussbett überqueren wir nun, um in die Saklikent, die „verborgene Schlucht“ zu gelangen. Diese „Verborgene Schlucht“ ist beliebtes Ausflugsziel wohl vor allem bei einheimischen Touristen, ein Ausflugsziel mit Restaurantbetrieb und der Möglichkeit zum Rafting. Zunächst geht es auf einem am Felsen montierten Eisengitter über einen tosenden Fluss, am Ende dieses Weges muss man dann an einer Furt selbst das Wasser durchqueren. Dabei hält man sich an einem an den Felsen entlang gespanntem Seil fest, muss im Wasser aber immer noch gegen die starke Strömung ankämpfen. Wer dabei nicht aufpasst, kann in dem eiskalten Wasser auch erst einmal sehr rasch stürzen. Mit einiger Kraftanstrengung gelangt man so in den nun trockenen Teil der Schlucht. Aber: Bis in den Juli hinein rast das Schmelzwasser auch hierdurch, nur im Hochsommer kann dieser mehrere Kilometer lang Wander- und Kletterweg betreten werden. Manche Besucher der Vergangenheit haben diese kurze Zeit genutzt, um sich mit ihrer Graffiti an den Felswänden zu verewigen; an anderen Stellen hat das Wasser Höhlen und Nischen in den Fels gespült, mitunter regelrechte Figuren wie zum Beispiel einen Ochsenkopf geformt. Ein bequemer Wanderweg ist der nun trockene Flusslauf jedoch nicht: An manchen Stellen muss man über hohe Felsbrocken klettern, um weiter zu gelangen – und immer wieder stellt man fest, dass die Schlucht doch nicht so trocken ist, man darauf achten muss, nicht auf den glitschigen Steinen auszurutschen. Aber absolut faszinierend: Es gibt auch so enge Passagen, dass man meint, die beiden Seiten der Schlucht gleichzeitig berühren zu können, während sich die Felswände über einem zu schließen scheinen. Nach dem Mittagessen fahren wir zunächst nach Kadiköy, ein kleines, nicht wirklich bemerkenswertes Dorf, in dem sich allerdings eine der wohl bedeutendsten Teppichmanufakturen befindet. In der großen Halle arbeiten zu der Zeit, als wir eintreffen, nicht einmal ein halbes Dutzend Frauen an den Webstühlen, eine weitere ältere Frau sitzt mit einer Kreuzspindel auf einem Sofa und spinnt einen Wollfaden. Organisiert ist die Manufaktur als eine Genossenschaft mit insgesamt rund 200 Familienbetrieben aus der ganzen Türkei, erzählt der Verkaufschef bei der Führung. Der Betrieb in Kadiköy ist so gesehen nicht viel mehr als zentrales Warenlager und Verkaufsstelle, wo aber auch nur ein Bruchteil der Teppiche geknüpft wird – wobei vor allem Schafswolle, aber auch Seide verarbeitet wird. Nun werden wir natürlich in einen der Verkaufsräume geführt. Interessant: Hier werden nicht nur Teppiche mit den klassischen Motiven angeboten, sondern, sozusagen als „Massenware“, auch Motive der modernen Kunst, zum Beispiel Gemälde von Kadinsky und Co. Den Höhepunkt stellen aber die kleinen Wandteppiche aus Seide dar, auch die mit klassischen Motiven, zum Beispiel dem Bildnis eines Pfaus. 17000 Euro ist die Verhandlungsbasis für diese „Kleinigkeit“. Allerdings ist, so unser Reiseleiter, auch das noch ein bescheidener Preis: Im Frühjahr habe einer seiner Gäste einen Teppich für 120000 Euro gekauft. Die letzte Station des Tages ist das antike Tlos, eine Stadtgründung aus der lykischen Zeit, wobei diese lykischen Felsgräber nun wie eine Festung auf einem Hügel über das Ruinenfeld wachen. Unser Weg führt zu dem „neueren“ Tlos, zunächst zu dem Theater aus der römischen Periode, gebaut um das Jahr 200. Rund 6000 Sitzplätze mit Blick auf die Felsgräber zählt der Bau, 6 woraus man für diese Zeit eine Gesamtbevölkerung zwischen 24000 und 30000 Menschen vermuten kann. Nicht weit davon entfernt: das Fundament einer kleineren jüdischen Synagoge, ihr gegenüber die Mauern einer frühchristlichen Kirche. Betreten darf man diese Ruinen allerdings nicht. Überall markieren die Absperrungen: Hier laufen noch die archäologischen Ausgrabungen. Das gilt auch für das antike römische Bad: Und auch vor dem Gemäuer stehend erkennt der Laie hier die Reste der Mosaiken und den Verlauf der Thermalanlagen. Dabei muss das Bad zu seiner Zeit fast am Rand der Stadt gestanden haben. Fast unmittelbar daneben fällt der Hügel nämlich steil ab, so dass man vom Bad aus über das weite Tal schaut. Samstag, 31. August: Sarigerme Wir können bis 17 Uhr unser Hotelzimmer behalten, verbringen so noch einen Tag am Swimmingpool, bevor wir für den Heimflug abgeholt werden. 7