Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht Name: Sophie Hövelmann Austauschjahr: 2012/2013 Gastuniversität: Université Saint Joseph Stadt: Beirut Land: Libanon Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Ankunft Ich bin mit der Middle East Airline von Düsseldorf nach Beirut geflogen. Hin- und Rückflug kosteten ca. 400 Euro. Die türkische Airline Pegasus ist ebenfalls sehr günstig. Es ist sinnvoll (wenn man möglicherweise schon Kontakte in Beirut hat) jemanden zu bitten ein Taxi zum Flughafen zu bestellen. Man muss ungefähr ca. 20 US$ zahlen. Dies ist wesentlich günstiger als eines der Taxis zu nehmen, die vor dem Flughafen warten. Es gibt auch einen Bus, der allerdings ein paar hundert Meter vom Flughafen entfernt abfährt und in Downtown hält. Ich selbst habe den Bus nie benutzt. Genaue Abfahrtszeiten von den Bussen gibt es nicht (dies gilt auch für alle anderen Busse in Beirut). Besonderer Vorteil ist jedoch, dass eine Busfahrt lediglich 50 Cent kostet und damit erheblich günstiger als ein Taxi ist. Unterbringung (Kosten, Standard, etc.) Meine ersten drei Tage habe im Hostel „Saifi Urban Garden Hostel“ in Gemmayze, Beirut verbracht, welches ich jedem weiter empfehlen kann. Saubere Zimmer, nettes Personal und schönes Café. Über die Facebookseite „Apartments in Beirut“ hatte ich mir einen Tag vor meiner Anreise bereits eine Zimmerbesichtigung organisiert. Das Zimmer und die Mitbewohner haben mir so gut gefallen, dass ich sofort eingezogen bin. Ich habe mit einem Libanesen und einer Libanesin zusammen gewohnt. Gemischte WGs kommen vor, sind jedoch seltener. Denn viele Libanesen leben während ihres Studiums noch bei ihren Eltern, daher gibt es mehr internationale WGs als rein Libanesische. Die Mietpreise in Beirut sind recht hoch und hängen stark von dem jeweiligen Stadtviertel ab. Ashrafieh und Gemmayzeh bieten eine angenehme Wohngegend und liegen nah an der Universität und dem Ausgehviertel in Gemmayzeh. Die Mieten liegen zwischen 350 und 650 US$. Furn el Cheback ist ebenfalls zu empfehlen. Hier sind die Mieten günstiger und man kann (je nach Wohnlage) zu Fuß zur Uni. Uni (Kursangebot, Kursniveau, Prüfungsarten, etc.) Im Master Politikwissenschaften gab es leider keine große Auswahl an Kursen. Ich habe mich dann für 4 Kurse entschieden. Die meisten Kurse finden zweimal wöchentlich statt. Es ist schwierig, wenn man seine Kurse aus unterschiedlichen Fachbereichen wählen möchte (z.B. Soziologie und Politikwissenschaft). Mein Eindruck war, dass die Kooperation und Kommunikation zwischen den einzelnen Fachbereichen nicht sehr ausgeprägt ist. Der bürokratische Aufwand ist zu Anfang des Semesters recht hoch und somit macht man es sich selbst bedeutend leichter, wenn man nur an einer Fakultät eingeschrieben ist. Das Kursniveau war sehr von den Professoren abhängig. Insgesamt haben mir meine Kurse jedoch gut gefallen. Nur einen Kurs habe ich schließlich abgebrochen, da der Dozent mehrheitlich von einem Zettel abgelesen hat. Darüber hinaus ist es möglich einen Arabischkurs zu belegen, wenn die Universität Augsburg bzw. der jeweilige Studiengangskoordinator ein formloses Schreiben (E-Mail ist ausreichend) an das International Office schickt, dass sie mit den gewählten Kursen, dem Arabischkurs und dem Sportkurs (falls man einen gewählt hat) einverstanden sind. Es muss im Schreiben nicht zwangsläufig erwähnt werden, dass man sich diese Kurse an der Heimatuniversität (sprich der Uni Augsburg) anrechnen lassen kann. In meinen Seminaren musste ich eine (oder mehrere Präsentationen) halten und ein oder mehrere kleine Paper(s) schreiben. Darüber hinaus gab es in zwei meiner Kurse eine schriftliche Prüfung am Ende des Semesters. Die Prüfungen selbst waren nicht zu schwer. Ich habe diese letztlich auch auf Englisch statt auf Französisch schreiben dürfen. Alle Papers und Präsentationen waren jedoch in Französisch. Etwas enttäuschend fand ich die Tatsache, dass ca. 90 Prozent meiner Mitstudierenden aus Frankreich stammten und somit die Zahl an Libanesischen Studierenden sehr gering war. Vorlesungszeiten, Aufbau des Studienjahres Da es sich um ein Masterstudium handelte fingen alle Kurse erst ab 15Uhr an. Viele Libanesen arbeiten parallel zu ihrem Masterstudium und somit liegen die Vorlesungs- und Seminarzeiten dementsprechend am Nachmittag. Leben auf dem Campus (Kosten, Mensa, Arbeitsmöglichkeiten, etc.) Es gibt mehrere Campi, die in Teilen auch einige Gehminuten auseinander liegen. Jeder Campus hat eine kleine oder auch größere Cafete, wo es Sandwichs aber auch warmes Essen gibt. Die Preise sind etwas höher als an der Universität Augsburg. Es ist recht schwierig sich einen Nebenjob zu suchen, da die Visabestimmungen etwas kompliziert sind. Viele der französischen Austauschstudierenden haben jedoch illegal gearbeitet. Generell kann man vergleichsweise leicht einen Nebenjob in einer Bar oder einem Restaurant finden. Sport In Beirut selbst ist es nicht ganz leicht schöne Parks zum Joggen zu finden. Der Horsh Beirut Park ist im Frühling sehr schön. Ansonsten bietet sich die Corniche (Küstenpromenade) zum Joggen an. Es kann jedoch je nach Tageszeit und Wetter sehr überlaufen sein, sodass man mehr oder weniger Slalom um die Menschen, Fahrradfahrer und Flanierer laufen muss. Seit Oktober 2012 gibt es ein sehr neues und schönes Sportzentrum an der Université Saint Joseph. Die Kosten sind allerdings sehr hoch (222 US$ für ein Jahr). Sprachniveau bzw. Sprachkurse vor Ort An der Universität wird ausschließlich Französisch gesprochen. Da mein Französisch etwas eingerostet war, fiel es mir anfangs recht schwer dem Unterrichtsstoff zu folgen. Mit der Zeit wurde mein Hörverstehen jedoch besser. In Beirut selbst hatte ich den Eindruck, dass man in Teilen besser mit Englisch weiterkommt als mit Französisch. In Ashrafieh sprechen die meisten Menschen - auch den kleinen Läden - entweder Englisch oder Französisch. Die Taxifahrer sprechen entweder nur Libanesisch oder ein paar Brocken Englisch/Französisch oder andere Sprachen. Den Arabischkurs an der Université Saint Joseph habe ich nach ein paar Wochen abgebrochen, da mir die Lehrmethode nicht gefiel. Gute Sprachkurse in Libanesisch oder Hocharabisch kann man im Saifi oder bei ALPS belegen. Lebenshaltungskosten Insgesamt ist das Leben in Beirut recht kostspielig und man sollte mit monatlichen Ausgaben von 600-700 Euro rechnen. Natürlich hängt dies stark davon ab, wie viel man an Miete zahlt und wie viel man abends ausgeht. Die meisten Lebensmittel sind ungefähr auf deutschem Preisniveau oder liegen in Teilen auch darüber. Besonders teuer sind Müsli und Honig. Obst und Gemüse können jedoch je nach Obst/Gemüsehändler günstiger als in Deutschland sein. Entscheidet man sich auswärts essen zu gehen, zahlt man in Teilen mehr als in Deutschland. Gut und günstig ist das Em Nazeh in Gemmayze. Hier gibt es libanesische Vorspeisen zu moderaten Preisen in einem gemütlichen Ambiente. Kulturschock/ kulturelle Eigenheiten Ich selbst habe im Libanon keinen Kulturschock erlitten. Gerade Ashrafieh erinnerte mich fast an ein westliches Stadtviertel. Insgesamt fiel es mir sehr leicht mich an das Land, die Stadt und die Menschen zu gewöhnen. Die Menschen sind sehr offen und hilfsbereit und man lernt schnell neue Leute kennen. In muslimisch geprägten Städten sollte man längere Kleidung tragen und nicht zwangsläufig in Hotpants durch die Straßen spazieren (was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist). Ansonsten gibt es eigentlich keinen Dresscode. Gerade in Downtown und Gemmayze laufen viele junge Frauen auch sehr freizügig herum. „Nein“ heißt entweder „La“ oder wird durch ein Schnalzen und einer Kopfbewegung nach oben zum Ausdruck gebracht. Dies kommt z.B. vor, wenn ein Service/Taxifahrer einen nicht mitnehmen kann oder will. Klima/Wetter Im Sommer kann es sehr heiß werden in Beirut. Viele flüchten daher auch in die Berge, wo es immer ein paar Grad kälter ist. Die schönste Reisezeit liegt im Herbst (SeptemberOktober) und im Frühling (März-Mai). Im Winter kann es durchaus recht frisch werden und viel regnen. Dann verwandeln sich manche Straßen in richtige Flüsse, daher ist es gut ein Paar Gummistiefel zu besitzen. Es sei auch erwähnt, dass die Häuser keine Zentralheizung haben. Entweder verfügt die Wohnung über eine Klimaanlage, die sowohl heizt als auch kühlt oder man hat im Sommer Ventilatoren und im Winter kleine Elektroheizkörper. Soziale Kontakte Ich denke es ist recht leicht neue Menschen kennenzulernen. Die meisten meiner sozialen Kontakte habe ich über Freunde und Bekannte dazugewonnen und weniger durch die Universität. Stadt, Umgebung, Freizeitmöglichkeiten Beirut ist eine großartige Stadt und bietet unendliche viele kulturelle Veranstaltungen. Tolle Konzerte gibt es z.B. im Radio Beirut. Arabische Livemusik kann man freitags und samstags im Em Nazeh genießen und die Universitäten bietet regelmäßig klassische Konzerte für umsonst an. Museen gibt es leider nicht so viele. Dafür aber eine Vielzahl an Galerien mit moderner Kunst und tollen Ausstellungen. Die Internetseiten www.timeoutbeirut.com oder www.beirut.com bieten die Möglichkeit die aktuellen Veranstaltungen nach Interessantem zu durchforsten. Darüber hinaus kann man recht unkompliziert mit dem Bus in andere größere Städte (Saida, Baalbek, Sour, Zahlé, Tripoli etc) reisen. Das Schöne am Libanon ist seine Vielschichtigkeit. Jede Stadt ist anderes (mal mehr christlich, mal mehr muslimisch geprägt). Auch landschaftlich hat der Libanon etwas zu bieten. Tolle Wandertouren kann man zum Beispiel im Qadisha Valley unternehmen. Sicherheit Ich habe mich eigentlich nie unsicher im Libanon gefühlt. Es ist jedoch ratsam, die Nachrichten zu lesen bevor man sich entschließt eine Stadt zu besichtigen. Hin und wieder kommt es in bestimmten Gebieten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Insgesamt kann ich jedoch sagen, dass man sich recht frei bewegen kann und man irgendwann ein Gespür dafür entwickelt eine Situation richtig einzuschätzen. Ich habe meistens meine Mitbewohner/in gefragt, wenn ich unsicher war, ob ein Ausflug in die Gegend sicher sei. Die Warnungen des Auswärtigen Amtes sollte man ernst aber auch nicht zu ernst nehmen, sondern sich besser selbst vor Ort ein Bild von der aktuellen Sicherheitslage machen und sich bei libanesischen/syrischen Freunden und Bekannten umhören.