Chiang Mai University in Chiang Mai

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Chiang Mai University in Chiang Mai
Praktikum an der Chiang Mai University
Praktikumsdauer: 9 Wochen
1. August – 1. Oktober 2011
Praktikumsart: DAAD-Praktikum
Chiang Mai University
Faculty of Humanities
German Section
Huai Kaeo Rd., T. Suthep
Chiang Mai 50200
Thailand
1.
Gedanken an ein Praktikum
2.
Vorbereitung
3.
Inhalt
4.
Tipps
5.
Probleme im Praktikum und in der Freizeit
1.
Da ich in meinen letzten Semesterferien bereits ein Praktikum in Italien absolviert hatte, wusste ich,
dass ich mich zwecks finanzieller Unterstützung an Student und Arbeitsmarkt wenden konnte.
Dieses Mal sollte es jedoch nicht nach Italien oder in ein anderes europäisches Land gehen, sondern
nach Asien, nach Thailand. Ich hatte Thailand nicht aufgrund von Urlaubsgedanken gewählt,
sondern deswegen, weil ich zwei Semester Thailändisch als Sprachkurs an der LMU belegt hatte.
Da meine beste Freundin Thailänderin ist, hatte ich auch schon viel von der Kultur kennen gelernt,
wollte jetzt aber die Möglichkeit nutzen, um noch ein bisschen tiefer in eine asiatische Kultur
einzutauchen. Die beste Chance, dies zu erreichen, erschien mir über ein Praktikum, durch das ich
jeden Tag Kontakt mit Thailändern aufbauen konnte. Ich entschied mich dazu, mich beim DAADLektor der Chiang Mai University in Chiang Mai zu bewerben. Grund für genau diese
Praktikumsstelle war mein Hauptfach Deutsch als Fremdsprache (DaF). Ich wollte weiterhin
Erfahrungen im Bereich der Didaktik und Methodik erlangen. Da ich annahm, dass die
Inhaltsvermittlung im Unterricht zwischen westlichen und östlichen Kulturen differenziert, wollte
ich so die asiatische Methode des Unterrichtes kennen lernen. Ich bewarb mich also beim DAADLektor und bekam die Praktikumsstelle angeboten. Das Praktikum sollte neun Wochen dauern und
mich mit dem Unterricht und dem Leben an einer asiatischen Universität als Lehrer vertraut
machen.
2.
Zur Vorbereitung gehörte für mich der Gang ins Reisebüro und das Buchen eines Fluges. Da ich am
Ende vom Juli fliegen wollte, ergab sich für mich leider die Situation von recht hohen Flugkosten,
da ja in Deutschland zu dieser Zeit "High Season" war. Mit Servicegebühr zahlte ich ungefähr 830
Euro, hatte dafür jedoch einen Direktflug mit Thai Airways nach Bangkok und einen Anschlussflug
nach Chiang Mai. Die erforderlichen Versicherungen schloss ich einzeln, nicht durch das DAADPaket ab und als eine Woche vor Abflug mein neuer Reisepass zur Abholung bereit war, legte ich
noch schnell einen Sprint zum Konsulat ein. Mit einer Bestätigung durch die
Praktikumsorganisation kann man ein "Education Visa" mit einer Aufenthaltsdauer von 90 Tagen
beantragen und muss somit nicht während des Praktikums ein Wochenende mit "Grenzhüpfen"
verbringen, was durchaus sehr teuer ausfallen kann.
Die Suche nach einer passenden Unterkunft gestaltete sich für mich ein wenig schwieriger. Die
Möglichkeit eine passende Bleibe über das Internet zu finden, ist sehr schwierig und meist werden
nur die teureren Objekte angeboten. Des Weiteren würde ich es keinem raten, im Berufsverkehr
vom Stadtzentrum zur Universität hinauszufahren, denn das kann oft sehr lange dauern und kostet
auch jedes Mal. Nach verzweifelter Suche wendete ich mich schließlich an meinen
Praktikumsbetreuer, der eine ehemalige Lehrerin der Deutschabteilung kannte, dessen Familie
mehrere Studentenwohnheime besitzt, die alle in der Nähe der Universität zu finden sind. Ich hatte
also Glück und bekam ein Zimmer, das mit Bett, Schrank, Tisch, Stuhl und einem eigenen Bad
ausgestattet war. Eine Küche oder einen Kühlschrank gab es nicht. Ich wohnte somit in direkter
Uninähe, mit allen wichtigen Geschäften für den Alltag in Gehweite: Wäscherei, Supermarkt, Frisör
und Essensmöglichkeiten.
3.
In meiner ersten Woche des Praktikums waren gerade Zwischenprüfungen für die Studenten und so
hatte ich genügend Zeit, mich einzuleben und mich einmal genau umzusehen, da Unterricht nicht
stattfand. Einen Überblick über den Campus zu bekommen, war gar nicht so leicht, denn er gehört
zu den fünf größten der Welt. Am besten bewegt man sich mit den weißen Elektroautos über den
Campus, die seine ganze Fläche durch zwei Linien abdecken. Genau mit einem dieser Autos kam
ich auch jeden Tag von meiner Wohnung, die genau am Campus lag, zur Fakultät, die wohl zu den
schönsten auf dem ganzen Gelände gehört. Im Großen und Ganzen fährt die Universität eine
umweltfreundliche Linie und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der gesamte Campus relativ
grün gehalten ist, in der sprachwissenschaftlichen Fakultät jedoch gibt es einen See, einen Fluss,
viele Palmen und Bananenbäume und große Grünflächen. Leider werden diese jedoch nie von den
Studenten genutzt. Auf dem Campus sind weiterhin auch Banken, Supermärkte, eine Post, Mensen
und viele andere Geschäfte zu finden, darunter sehr viele kleine Cafés, die zu günstigen Preisen
kalte Shakes anbieten.
Der Bachelor in Deutsch an der CMU dauert vier Jahre und deckt Gebiete wie Sprachkurs, Kultur,
Literatur, Schreibfertigkeiten und viele andere ab. Da die Studenten jedoch vom Bildungssystem
dazu verpflichtete werden auch weiterhin Mathematik, Englisch und andere Fächer zu belegen,
kann leider nicht genügend Zeit für das eigentliche Studiengebiet aufgebracht werden. Es sollte mir
jedoch die Möglichkeit gegeben werden, in alle Bereiche reinzuschnuppern und so sprach ich gleich
in den ersten Tagen meine Aufgabengebiete mit meinem Praktikumsbetreuer ab. Ich hospitierte und
unterrichtete in den Sprachkursen des ersten und zweiten Studienjahres, leitete einen eigenen
Phonetikkurs für diese beiden Jahrgänge und organisierte am Projekttag, was immer der Mittwoch
war, einen Filmkurs.
Da Deutschkenntnisse Voraussetzung sind, um Deutsch zu studieren, sollte man meinen, dass viele
Studenten das gleiche Niveau besitzen, da alle von ihnen jahrelang Deutsch in der Schule gelernt
hatten. Jedoch wurde mir sehr schnell klar, dass die Einteilung des ersten Studienjahres in eine
starke Sprachkursgruppe und in eine schwächere sehr sinnvoll ist. Die Unterschiede variierten von
fast Muttersprachkenntnissen bis hin zu rudimentären Sprachmöglichkeiten. In beiden Gruppen, die
mit dem Lehrbuch Schritte 3 arbeiteten, hospitierte ich viermal in der Woche und leitete zweimal in
der Woche den Unterricht selbst. Beim zweiten Jahr hospitierte ich zweimal die Woche im
Konversationskurs und leitete ihn ein Mal oder zwei Mal in der Woche auch selbst. Grundlage
waren die mündlichen Prüfungen des Goethe Institutes auf Niveau B1. Im selben Jahrgang hielt ich
ein Referat über das Bildungssystem Deutschlands und beantwortete Fragen zum Studium in
Deutschland. Für meinen Phonetikkurs standen mir genügend Nachschlagewerke zur Verfügung,
doch ich arbeitete gerne mit "33 Aussprachespiele". Im Filmkurs achtete ich darauf, deutsche Filme
zu wählen, die mit Untertiteln gezeigt wurden und die einen gewissen historischen oder kulturellen
Hintergrund in Bezug auf Deutschland für die Studenten lieferten. Es wurde über die Inhalte
geredet, ich erstellte Fragebögen und Spiele zu den Filmen. Des Weiteren hospitierte ich auch im
Scheibenkurs des vierten Studienjahres. Thema waren verschieden Genre wie Filmkritik, Leserbrief
etc. Meine Aufgabe war es, die Texte zweimal in der Woche zu korrigieren und den Studenten einen
Eindruck in typische deutsche Textsorten zu geben und sie ihnen näher zu bringen. Des Weiteren
half ich diesen Studenten auch bei einer Übersetzung der Memoiren eines Deutschen ins
Thailändische. Der Schwerpunkt meines Praktikums lag jedoch wirklich darauf, meinen Unterricht
vor- und nachzubereiten und als Ansprechpartner für die Studenten zu fungieren. Hatten diese
Fragen oder Probleme, so konnten sie jeder Zeit zu mir kommen. Am Institut gibt es keine
Sprechstunden und alle Lehrer arbeiten in einem riesigen Raum. Jeder hat seinen Schreibtisch und
die Studenten haben dort auch noch einen eigenen Platz zum Arbeiten. Dementsprechend ist es ein
reges Kommen und Gehen. Wirkliches Arbeiten ist nur in den frühen Morgenstunden oder nach
fünf Uhr nachmittags möglich. Viele Studenten kamen auch einfach nur, um Deutsch mit mir zu
sprechen oder sich zu mir an den Schreibtisch zu setzen, um dort zu lernen.
4.
Wer gerne mit den Eltern und Freunden zu Hause telefoniert, der kann eine Sim-Karte in jedem
7/11 erwerben und sie dort auch immer wieder aufladen lassen. Mit einer Karte von Truemove
kostet die Minute ins deutsche Festnetz 1,5 Bath, also wohl so 0,04 Euro. Als öffentliche
Verkehrsmittel werden รถแตง (Rotdängs) angesehen. So genannte Sammeltaxis, die rot sind und
einen jederzeit überall auflesen, und einen für normalerweise 20 Bath, also ca. 47 Cent auch überall
wieder absetzen. Essen bekommt man an jeder Ecke und man sollte meinen, dass man in diesem
Land dick wird, so viel wie man hier essen kann und es auch tut. Das Essen ist jedoch viel leichter
als europäisches, liegt kaum im Magen und macht, oh Wunder, nicht dick. Nach fast drei Monaten
in diesem Land kann ich sogar sagen, dass ich Reis immer noch sehen kann. Erstaunlich. Wer
jedoch einen empfindlichen Magen hat, so wie ich, sollte zuvor in Deutschland zum Arzt gehen und
sich auf Unverträglichkeiten durchchecken lassen. Nach zwei leichten Lebensmittelvergiftungen
und zwei großen, während denen ich tagelang im Bett lag und nichts aß, stellte sich heraus, dass ich
auf Glutamat, was in asiatischem Essen immer stark verwendet wird, negativ reagiere. Nach einer
Verbrennung am Bein durch einen heißen Rollerauspuff, vier Lebensmittelvergiftungen und einer
Allergie auf den Sand auf Samui, kannte man mich dann auch im Krankenhaus und nicht nur in
meiner Wohngegend. Ein letzter Tipp noch: Wer nach Thailand geht und denkt, dass alles sehr
günstig ist, der wird dies auch so erleben, denn es ist wirklich um einiges günstiger. Besonders
Chiang Mai. Wer gerne über die unzähligen Märkte, Walking Streets und durch Kaufhäuser
bummelt, sich Streicheleinheiten bei der Massage holt und gerne und gut isst, der sollte trotzdem
einen gut genährten Geldbeutel mitnehmen.
5.
Ein Wort zu Problemen und Hindernissen, die mir in meiner Zeit in Chiang Mai begegneten. Zu
nennen ist hier auf jeden Fall das thailändische Schulsystem, welches auf Frontalunterricht
ausgerichtet ist. Gruppen- oder Projektarbeit gibt es nicht, selbstständiges und
verantwortungsbewusstes Lernen sind Studenten nicht gewöhnt und so muss man ihnen zum
Beispiel immer wieder erklären, was eine Abgabefrist ist. Viele Studenten aus Thailand würden sich
in Deutschland wohl vor den Kopf gestoßen und alleingelassen fühlen. Es gibt, wie gesagt, in
Thailand keine Sprechstunden, die Studenten können immer kommen, wenn sie eine Frage haben,
die Beziehung zwischen Dozent und Student ist fast freundschaftlich. Des Weiteren gibt es keine
Hausarbeiten, keine Referate und der Unterricht wird, sogar der Sprachunterricht, oft komplett auf
Thailändisch gehalten. Studenten sind es nicht gewöhnt, im Unterricht Fragen zu stellen, wenn sie
etwas nicht verstehen und Diskussionen haben sie noch nie in ihrem Schulleben geführt.
Dementsprechend sind leider auch analytische und kritikfähige Fähigkeiten sehr gering vorhanden.
Der Konversationskurs des zweiten Jahres hatte größte Schwierigkeiten, Statistiken zu analysieren,
da sie dies in ihre Schullaufbahn noch nie gemacht hatten. Auch der Ausgangspunkt von zwei
verschiedenen Standpunkten und der Weg zu einem Kompromiss in diesen Übungsgesprächen
wurden nur sehr schlecht und langsam begriffen. Der Unterricht ist also sehr basic und kindlich
gehalten und jeder Sprachkurs an einer deutschen Universität würde im Gegensatz dazu hoch gelobt
werden.
Ich hatte größte Schwierigkeiten, mich in den thailändischen Charakter einzufühlen, denn Ironie
wurde oft nicht verstanden und eine extrovertierte Art wurde als aufdringlich empfunden. Kritik
wurde nie geäußert und eine andere Meinung verschwiegen. Selbst mit Studenten, die schlechte
Noten hatten, wurde kein Gespräch gesucht, sondern diese Studenten werden dann nach dem
zweiten Jahr durch Noten "gegangen". Bis jetzt kann ich mich mit dieser Art nicht anfreunden und
dementsprechend schlich ich in den ersten Wochen auf Zehenspitzen durch die Abteilung und um
die Studenten herum, weil ich Angst hatte, dass meine Art zu aufdringlich war und ich jemandem
auf die Füße steigen könnte.
Ich hatte jedoch nicht nur Probleme an der Universität, sondern leider auch in meiner Freizeit. Da
ich hinter dem Campus wohnte, hatte ich meine Wohnung in einer Studentengegend, was in
Deutschland wohl als sehr positiv aufgefasst wird. Hier jedoch war ich die einzige Ausländerin und
konnte mich nicht damit abfinden, dass ich überall angestarrt wurde. Man kann das Verhalten von
Thailändern fast schon als Angst definieren und in einem Gespräch mit anderen Lehrern an der
Universität wurde mir klar, dass viele Thailändern im Norden nicht an Ausländern in ihrem engeren
Lebens- und Arbeitsumfeld gewöhnt sind. Im Campus-Bus saß fast nie jemand neben mir, denn alle
hatten Angst mich aus Versehen zu berühren oder Englisch mit mir sprechen zu müssen. Eine rege
Angst vor dieser Sprache herrscht selbst bei Studenten vor. Ich ließ mir erzählen, dass sich dieses
Verhalten in den letzten Jahren schon sehr gebessert hat und man hofft, dass es das auch weiterhin
tun wird, jedoch schleicht dieser Prozess wohl dahin. Thais werden ein wenig offener, wenn man
mit ihnen auf Thailändisch sprechen und ihnen somit die Angst vor einer fremden Sprache nehmen
kann, jedoch ist es wirklich schwer wirkliche Freundschaften zu schließen und akzeptiert zu
werden. Man wird auch nach drei Monaten in diesem Land immer noch als ฝรั่ง (Farang)
(Ausländer/Europäer) bezeichnet. Viele kannten nicht meinen Namen, sondern ich war die Farang.
Dieses Verhalten, was äußerlich sehr ablehnend wirkt, war schwer für mich einzuschätzen und
damit umzugehen. Die einzige Möglichkeit, sich ein bisschen besser damit abzufinden, ist, so
schnell wie möglich Freundschaften aufzubauen und sich vor Augen zu halten, dass viele
Thailänder dies nicht absichtlich tun. Es ist einfach ein Charakterzug von vielen. Ich empfehle
jedoch jedem ein längeres Praktikum anzustreben, da Thais zu anfangs sehr verschlossen und
schüchtern sind und eine längere Zeit brauchen, um warm mit jemandem zu werden. Erst am Ende
meines Praktikums konnte ich von Freundschaften und von mehreren Kontakten außerhalb der Uni
sprechen. Erst als ich für einzige Zeit nach Bangkok und Koh Samui fuhr, änderte sich die
Einstellung der Menschen und man konnte in der Menge "untertauchen", was ich als Erleichterung
empfand, denn jetzt war ich nur noch Tourist.
(Landschaft um Chiang Mai)
Chiang Mai kann als eine sehr traditionelle Stadt angesehen werden, in der sich der Tourismus auf
gewisse Stadtgebiete beschränkt und sich auch auf Aktivitäten in den Bergen fokussiert. Trotzdem
ist es diese Stadt wert erforscht zu werden, denn es ist eine wunderschöne Stadt mit einem netten
Flair, vielen Aktivitäten im Freien und einer sich entwickelnden Kaffee- und Teekultur. Ich lernte
Chiang Mai zu lieben, das überschaubarer als Bangkok ist und in dem sich die Frau am
Gemüsestand auf dem Markt immer daran erinnert welches Obst ich gerne esse. Es ist eine Stadt, in
der sich der Mann am Essensstand merkt, zu welcher Zeit ich immer zum Essen komme und mein
Essen schon vorbereitet hat, wenn ich aus der Haustüre gehe. Eine Stadt, in der sich selbst die
Krankenschwestern im Krankenhaus an einen erinnern und eine Stadt, in der Menschen leben, die
einen mit Namen grüßen, obwohl man sie nicht kennt. Man ist eben der bunte Hund, wenn man sich
jedoch mit dieser ungewohnten Aufmerksamkeit abgefunden hat, dann kann dies auch sehr schön
sein. Man wird definitiv nicht nur mit einem vollen Koffer an Kleidung zurückkommen, sondern
auch mit einem Erfahrungsschatz, der genauso groß und schwer geworden ist, wie der Koffer, der
gefühlt nicht nur 20 Kilo wiegt, sondern wohl eher 50. Nur trägt sich dieser Erfahrungsschatz um
einiges leichter und man ist froh ihn bei sich zu haben und diese Erfahrungen gesammelt zu haben.