Sprint am See | KLASSIKWELT BODENSEE 2014

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Sprint am See | KLASSIKWELT BODENSEE 2014
MAGAZIN
SPRINT AM SEE
Der Achtel-Meilen-Sprint wird zum Exportschlager. Von der ehrwürdigen
Solitude-Rennstrecke bei Leonberg zu den BMW Motorrad Days
in Garmisch. Jetzt begeisterte das lockere Sprintrennen
bei der „KLASSIKWELT BODENSEE“ in Friedrichshafen
die Messebesucher
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Perfekter Start:
Wenn die Flagge fällt, muss das
Vorderrad über die Linie
sein. Sprintprofis Ali Kaba auf CBX
und Daniel Wanner mit seiner
Laverda (vorne)
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MAGAZIN
Startnummern werden ganz klassisch und garantiert lackschonend
aufgebracht. In Wasser aufgelöste Kreide reicht
Bis Baujahr
1983 ist an
Motorrädern alles
erlaubt. Das
lockere Reglement
bringt ein
herrlich buntes
Feld an Fahrern
und Maschinen
zusammen
Vorziehen zum Start. Marco Blumer
kennt keine Gnade für seine EinzylinderMotosacoche Baujahr 1932
W
Aus einem alten Golf TDI kann noch
was werden. Organspender für die TurboBoxer-BMW von Eberhard Späth
as hat eine Motosacoche 500 Supersport, Baujahr 1932, mit der Honda CBX von 1978 zu
tun? Eigentlich gar nichts. So wenig wie eine
selbstgebaute Turbo-BMW R 100 S mit einer restaurierten MZ 250 ETZ. Doch das Wochenende am 24. und
25. Mai hat sie zusammengeführt. Sogar zu einer gemeinsamen Startklasse vereint, zum Glemseck 101-MOKlassik Sprint. Für die Klassikwelt war das passende
Reglement schnell gefunden. Rahmen und Motor nicht
jünger als Baujahr 1983 wurde als griffige Formel definiert. Wobei beides ja nicht zwangsläufig vom selben
Hersteller stammen muss. Tuning? Aber sicher. Erlaubt
war in bester Sprint-Tradition alles, was gefällt oder
geeignet ist, den Gegner einzuschüchtern. Turbolader,
Kompressor, Schaltautomat oder einfach ganz viele
Glemseck 101-Aufkleber am Motorrad, die sagen: „Du
hast keine Chance, denn ich weiß wie’s geht.“ Die
„Klassikwelt Bodensee“-Messe stellte die prächtige
Kulisse für den Sprint. Einzigartig ist das Konzept, das
die wunderbaren Messehallen und das Freigelände in
Friedrichshafen füllt. Klassiker zu Land, zu Wasser und
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Ehne, Mehne, Muh – und raus bist du. So
ist das eben beim Sprint. Der Schnellere
kommt weiter in die nächste Runde
in der Luft sind dort drei Tage lang nicht nur zu bewundern, sondern auch in Aktion zu sehen. Die Messehallen
liegen unmittelbar neben dem Flugplatz, und so rollen
die alten Flieger von der Messehalle direkt auf das Flugfeld, um in der Luft ihre Kunststücke zu präsentieren.
Das Bodenseeufer ist natürlich auch nicht weit, wo zur
Messezeit edle Boote oder dampfbetriebene Raritäten aus
Holz zur Freude der Zuschauer durchs schwäbische Meer
schaukeln. Platz um die Messehallen gibt es reichlich.
Sogar für einen kleinen Rundkurs, markiert mit rotweißen Curbs und Strohballen. Renn- und Sportwagen
aller Epochen geben sich bei der „Klassikwelt Bodensee“
mehrmals täglich harte Duelle beim Umrunden der fast
ein Kilometer langen Strecke direkt entlang der Messehallen. Auch an einer Tribüne für die Zuschauer spart die
Messe Friedrichshafen als Veranstalter nicht. Klar, dass die
immer prall gefüllt war und sich noch viel mehr Zuschauer
an den Stehplätzen entlang der Strecke drückten.
Da passte der Achtel-Meilen-Sprint, zu dem MotorradMagazin MO und die Schwesterzeitschrift Klassik
Motorrad im Auftrag der Messe aufgerufen hatte, per-
Nur einer kann gewinnen.
Der olympische Gedanke zählt. Mitmachen ist alles,
der Spaß ist auf jeden Fall dabei
fekt ins Progamm. Das Glemseck 101-Team brachte die
Organisation mit der Erfahrung aus acht Jahren SprintRennen auf der alten Leonberger Solitude-Zielgeraden
mit an den See. Doch entscheidend sind die Fahrer. Alles
wäre nichts ohne das bunte Teilnehmerfeld aus wilden
Maschinen mit ihren begeisterten Besitzern, die mit Spaß
und echt olympischem Gedanken dabei sind.
Schon im Vorfeld war der Platz für das Beschleunigungsrennen schnell gefunden. Die knapp zweihundert
Meter, die es für den Achtel-Meilen-Sprint plus Auslauf zone braucht, gibt das Gelände allemal her. Die Gerade
der Oldtimer-Rundstrecke entlang der Messehallen
wurde noch um die Auslaufstrecke verlängert, ein paar
Strohballen am Start postiert, fertig.
Nicht alle der vielen Bewerber schafften es, ins Starter feld zu kommen. Im dicht gepackten Programmplan der
Messeaktivitäten musste das Teilnehmerfeld auf sechzehn
schillernd bunte Motorräder pro Tag begrenzt werden.
Angesichts des lockeren Reglements, zwangsläufig mit
extremer Leistungsspreizung. Doch bei diesem Rennspektakel zählt vor allem der Start. Man kennt das ja noch
vom 100-Meter-Lauf in der Schule. Wer als Erster wegkommt und sauber durchzieht, hat im Ziel meist die Nase
vorn. Kraft ist nicht alles. Was die Startprozedur betrifft,
ging es dagegen deutlich lässiger zu als seinerzeit im
Schulsport (hatten Sie auch einen
Sportlehrer, der den 100-Meter-Lauf
mit der Pistole gestartet hat?).
Da war Rock’n’Roll-Flagg-Girl
Laura im Sechziger-Jahre-Look
doch viel motivierender. Blickkontakt, bevor’s losgeht. Flagge langsam hoch, ein Sprung, und sie reißt
die Flagge nach unten. Wer jetzt noch
an der Linie steht, hat so gut wie verloren. Eine schleifende Kupplung,
ein steigendes Vorderrad, ein missglückter Schaltvorgang, verdammt, was auf zweihundert
Metern so alles schief gehen kann, wenn’s drauf ankommt.
Mann gegen Mann, der Schnellere kommt weiter, bis der
Sieger feststeht. So geht das. Klasse Typen, irrer Sound
und wilde Motorräder, kostenlos und unmittelbar. Dem
Nicht unbedingt
hat der Stärkere die
Nase vorn. Ein
guter Start ist meist
der halbe Sieg
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Und los…
Noch ein wilder
Schweizer
mit wunderbarem
Cafe RacerUmbau am Start.
Kurt Wanner
mit seiner Yamaha
XS 650
Stilvoll, schnell und mit sechs Zylindern:
Alfred Schneider startklar auf der Benelli 750 Sei
mit Guzzi Le Mans-Cockpit
Honda CB 750, mal von Egli, mal selbst
getunt. Vierzylinder-Gegner Jörg Lorz und Frank
Spang (vorne) am Start
Publikum gefällt’s, den Fahrern auch. Die fahren nicht
hinter Betonwänden und Fangzäunen, sondern vor der
Nase der jubelnden Zuschauer. Hautnah. Die Klamotten
passen zum Thema. Offener Helm, Jacke, Turnschuhe.
Wer will, fährt mit Lederkombi und
Vollvisierhelm. Der Spaß am Motorrad zählt und ein bisschen Ehrgeiz
ist ohnehin im Spiel.
Unterm Strich zählt aber der
olympische Gedanke. Und der war
besonders bemerkenswert. Bei Tim
Dürr beispielsweise. Dem erst 20
Jahre alten Oldtimerfan, der eine
herrlich restaurierte MZ 250 ETZ an
den Start brachte. Den Gegner beim
ersten Lauf entscheidet das Los. Die
Vierzylinder-1000er-Kawasaki hatte da ein leichtes Spiel
gegen die 21 PS der MZ. Trotzdem, moralisch hatte Tim
den Youngster-Cup schon durchs Mitmachen gewonnen.
Gratulation. Im krassen Gegensatz zur originalen MZ
war da die Einspritzer-Turbo-Boxer-BMW, die Eberhard
Späth in nächtelanger Arbeit rechtzeitig zum Sprint fertig
gemacht hatte.
Letztendlich war am Ende des ersten Sprint-Tages
gegen die CBX von Ali Kaba doch kein Kraut gewachsen. Als ehemaliger Rundstreckenrennfahrer in den achtziger Jahren hat Ali nicht vergessen, wie man startet.
Zusammen mit den 105 PS seiner leicht gemachten Sechszylinder-CBX reichte es für die Gegner. Tags darauf
musste er sich Jochen Stemmler geschlagen geben. Der
brannte mit seiner Suzuki GS 1000 im französischen
Martin-Fahrwerk derart brutal die Geraden hinab, dass
selbst Ali und seine vertraute CBX das Nachsehen hatten. Der verdiente Sieg ging damit in die nahe Schweiz.
Wenn auch oft die Kupplung glühte (und bei manchen
verglühte) haben auch die ungenannten Ein-zwei-dreivier-sechs-Zylinder-, Zwei- oder Viertakt-, Sauger- oder
Turbo-Fahrer höchsten Respekt verdient. Sie alle waren
mit Lässigkeit und Begeisterung dabei, das Publikum
dankte es mit viel Zuspruch und Applaus. Auch wir bei
MO ziehen den Helm und sagen allen Teilnehmern ein
herzliches Dankeschön bis zur nächsten Runde.
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Turnschuhe oder
Protektoren-Kombi,
Turbo oder Hubraum – erlaubt ist,
was schnell macht
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DIE NEUE
VON DUCATI
Daumen hoch
für die drei
schnellsten des
ersten Tages.
Frank Spang, Ali
Kaba und
Daniel Wanner
(von links)
Aerodynamik
der siebziger Jahre,
„Bubble-Face“Helm passend zur
Kawasaki Z 1000 von
Peter Hermann
Am zweiten
Sprint-Tag alle
abgeledert: Jochen
Stemmler aus
Muri bei Bern mit
der Martin-Suzuki
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