Einheit 01 SV 01, 2. PK

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Einheit 01 SV 01, 2. PK
PROPÄ DEU TI S CHE Ü BU N GEN Z U M GRUN DK U RS ZI VI L RECHT I I
S OMMERS EMES TER 2015
J U RIS TIS CHE F AKU L TÄ T
L EHRS TU HL F Ü R BÜ RGERL I CHES RECHT, I N TERN A TI ONA LES
PRI VA TRECHT UN D RECH TS VERGL EI CHU NG
PROF . DR. STEPHAN L O RENZ
E INHEIT 1 – S ACHVERHALTE
F ALL 1: D ER GEBRAUCHTE P ORSCHE
Anfang 2015 kam der Student Fjodor Fleißig (F) mit der Jurastudentin
Victoria Vergesslich (V) überein, deren von ihm zuvor besichtigten,
gebrauchten PKW Marke Porsche 911 zum Preis von € 10.000,– zu
erwerben. Der Vertrag sollte spätestens am 28.2.2015 erfüllt werden, weil
F mit dem Porsche am 3.3.2015 einen einwöchigen Urlaub an der Nordsee
antreten wollte und das Hotelzimmer bereits gebucht hatte. Der Kaufpreis
sollte erst am 1.4.2015 fällig sein. Leider vergaß V die Angelegenheit
zunächst, weil sie sich von Mitte Februar bis Anfang März in England
aufhielt, wo sie ein Praktikum absolvierte. Nachdem es F infolge dessen
nicht gelang, den Porsche abzuholen, mietete er für den einwöchigen
Urlaub einen PKW Golf.
Nach seiner Rückkehr war F so begeistert von dem Golf, dass er den Kauf
des Porsches bereute. Am 13.3.2015 schrieb er V, er setze ihr eine Frist
bis zum 7.4.2015 zur Erfüllung des Vertrages. V antwortet F schon am
14.3.2015 schriftlich: F könne den Wagen a bholen, sie sei jeden Tag um
18 Uhr daheim. Diesen Brief wirft der Postbote am 16.3.2015 bei F ein. F,
der sich ein paar Wochen in Moskau aufgehalten hatte, kehrte am 9.4.2015
zurück und fand das Schreiben der V im Briefkasten. Er rief V an, erklärte
den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Mietwagenkosten, die – um
ersparte Aufwendungen bereinigt – € 1000,– betragen. V entschuldigt sich
für ihre Vergesslichkeit, besteht aber auf Erfüllung des Vertrages. Den
Kaufpreis habe sie schon für ihren Sommerurlaub auf den Azoren
eingeplant und der Wagen müsse in Bälde von seinem Stellplatz abgeholt
werden, weil dort ab Mai ihr neues Fortbewegungsmittel, ein blauer
Maserati, parken werde.
Wie ist die Rechtslage?
A G Z U M GRUN DKU RS ZI VI L RECHT II ( PROF. DR. STEPHAN L OREN Z) · S OMMERS EMES TER 2015
S A CHVERHA L T E EI N HEI T 1
B ESPRECHUNG 2. P ROBEKLAUSUR – S KANDAL UM R OSIE –
Der leidenschaftliche Landschaftsgärtner Franz (F) hat eine Vorliebe für
die bayerische Rock ‘n‘ Roll-Band „Spider Murphy Gang“. Schon im zarten
Jugendalter hat er mit seinen Schulfreunden die Hits der Band, z.B.
„Skandal im Sperrbezirk“, „Sommer in der Stadt“ oder „Pfüati Gott
Elisabeth“, auf der Gitarre nachgespielt. Zu seinem 30. Geburtstag am
kommenden Samstag möchte er daher eine große Feier mit dem Motto
„Spider Murphy Gang“ ausrichten.
Auf der Suche nach den passenden Getränken für die Party entdeckt er ein
Angebot des erlesenen Getränkehandels Bachmüller (B), das ihm sehr
geeignet erscheint. Im Schaufenster des B ist ein Cider mit dem Namen
„Old Rosie“ zu dem Spitzenpreis von € 20,– pro 10-Liter-Faß angeboten. F
hatte das Getränk auf einer Studienreise zu den bekannten College -Gärten
in Oxford (England) in einem dortigen Pub bereits gekostet und ist
überzeugt, dass es seine Party nicht nur wegen des Namen s bereichern
wird. Er geht deshalb in das Geschäft und erklärt dem Ladeninhaber, dass
er gerne 10 Fässer abnehmen und am kommenden Samstagmorgen zu sich
geliefert bekommen möchte. B erklärt, dass dies problemlos ginge, da er
noch 15 Fässer auf Lager habe. Die Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 200,–
solle dann vor Ort, d.h. bei Lieferung erfolgen.
Als am vereinbarten Tag der Getränkelaster des B zu F kommt, hat der
Fahrer allerdings nur fünf Fässer geladen. F ist wütend und ruft sogleich
erbost B an. B erklärt, dass es auf dem Weg zu F zu einem von dem Fahrer
unverschuldeten Unfall gekommen sei, bei dem fünf der zehn für F
bestimmten Fässer leider zerstört worden seien. Die übrigen fünf Fässer
im Lager seien bereits anderweitig veräußert worden, so dass ledigl ich
fünf Fässer geliefert werden könnten. F erklärt, dass er die Fässer dann
nicht mehr wolle, da 50 Liter nie ausreichen würden, um den Durst aller
Partygäste zu stillen. Er werde sich daher bei dem Getränkemarkt um die
Ecke anderweitig eindecken. Der Fah rer nimmt die fünf Fässer wieder mit.
B möchte die Sache nicht auf sich sitzen lassen und ruft F am
darauffolgenden
Montag
an.
Er
verlangt
von
F
die
Zahlung
des
Kaufpreises. Der Fahrer habe den Unfall ja schließlich nicht verschuldet,
weshalb F den Kaufpreis voll zu zahlen habe. Auch müsse er die fünf
Fässer abnehmen, da auch fünf Fässer „Old Rosie“ die Party bereichert
hätten und es ja nicht so schlimm gewesen wäre, wenn auch andere
Getränke – neben „Old Rosie“ – angeboten worden wären. Jedenfalls
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A G Z U M GRUN DKU RS ZI VI L RECHT II ( PROF. DR. STEPHAN L OREN Z) · S OMMERS EMES TER 2015
S A CHVERHA L T E EI N HEI T 1
möchte B aber den Kaufpreis für die fünf Fässer, d.h. € 100,–, bezahlt
bekommen. F verweigert allerdings weiterhin jegliche Zahlung und die
Abnahme der fünf Fässer.
Kann B von F Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der fünf Fässer „Old
Rosie“ verlangen?
HI N WEI S:
Es ist davon auszugehen, dass die geforderte Summe zutreffend berechnet ist.
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