DIE WAND - trailer
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Oktober 2012 MARTINA GEDECK DIE WAND EIN FILM VON JULIAN ROMAN PÖLSLER Nach dem Weltbestseller von Marlen Haushofer www.diewand.studiocanal.de www.trailer-ruhr.de KULTOUR IST … Holland im Herbst ! Rotterdam – Der Weg zum Maler Van Eyck | Den Haag – Meister aus dem Mauritshuis im Gemeentemuseum | Utrecht – Rietveld und Miffy erleben Anreise mit dem Europa-Spezial bereits ab 19 € J bahn.de/holland in Kooperation mit: Mehr Meinung. Service. Hintergrund. - In NRW. empfehlen | weitersagen | kommentieren Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM. 5 trailer-Thema. www.trailer-ruhr.de I Oktober 2012 5 BESCHNEIDUNG Wie weit dürfen Staat und Religion gehen? 6 Themeninterviews „Ein Fundament jüdischer Identität wird angegriffen“ „Einige tausend Jungen sterben jährlich an Beschneidung“ Bühne. 12 Theater an der Ruhr Lemi Ponifasios „Prometheus“ bei der RuhrTriennale 13 Aalto Theater Essen 14 Premiere Sibylle Broll-Pape im Interview 12 Theater Oberhausen/Landestheater Neuss 16 Consol Theater Gelsenkirchen Theater an der Ruhr „Der Prozess“ am Düsseldorfer Schauspielhaus Theater im Rathaus Essen/Theater Duisburg 18 Theater an der Ruhr u.a. „Philotas“ im Rottstr5 Theater 19 Ebertbad Oberhausen/Theater a. d. Ruhr Mülheim 20 Komikzentrum Ruhr RuhrTanz Der Tanz als Schrittmacher in darstellender Kunst 21 Grillo-Theater Essen 22 Opernzeit „Le Nozze di Figaro“ an der Oper Köln 23 Varieté et cetera 25 Theater demnächst Leiden an der Realität gleich im Oktober 26 Theater-Kalender Ruhr 27 Theater Fletch Bizzel 28 Musiktheater im Revier 35 culture club „Kein Pardon“ in Düsseldorf Musik. 48 Global Sounds Kompakt Disk Neue Alben im Oktober 49 Konzerthaus Dortmund BÜHNE Theater an der Ruhr © Sebastian Hoppe 16 KINO Kino. 30 Film-ABC Vorspann 32 Film des Monats „Die Wand“ Julian Roman Pölslers Ein-Personen-Endzeitstück 33 Kritikerspiegel Ruhr Kino-Kalender Ruhr 34 weitere Film-Kritiken 35 Roter Teppich Birgit Minichmayr im Interview 36 Gespräch zum Film Dietrich Brüggemann über „3 Zimmer/Küche/Bad“ 38 Festival Das 2. Homochrom Filmfest 40 Kino.Ruhr. Der geheimnisvolle Filmclub Buio Omega 41 Foyer „Was bleibt“ in der Lichtburg Essen/„Sehenden Auges – Hommage an Max Imdahl“ im Union Kino Bochum/„Dichter und Kämpfer“ im Endstation Kino Bochum 43 culture clubs Kino-Café: „Die Eiserne Lady“ „Pixar – 25 Years of Animation“ in Bonn Literatur. 35 culture club Jan Weiler im Bahnhof Langendreer 44 Literatur-Portrait Lioba Albus und Lutz Debus legen Briefroman vor 45 Comic-Spezial Mehrere NRW-Ausstellungen widmen sich Comics 46 Textwelten Manfred Spitzer kritisiert unsere Mediennutzung Poetry Die Kolumne von Sebastian23 47 Literatur-Kalender Kunst. 30 Ludwiggalerie Oberhausen 52 RuhrKunst u.a. Gustav Deppe und Hans-Jürgen Schlieker im Schlieker-Haus Bochum 54 Sammlung Dr. Christian Esch über „Transfer Korea“ 55 Museum für Angewandte Kunst Köln 56 Wallraf-Richartz-Museum Köln Kunst-Kalender NRW Kunstwandel „Marilyn Monroe” in der Ludwiggalerie Oberhausen spezial. Kultur in NRW. überregional trailer 4 Intro 22 Oper in NRW „Don Giovanni“ in Hagen 24 Musical in NRW „Cats“ – Eine Musical-Legende kehrt zurück 50 Popkultur in NRW Das Kanon-Problem kommt in der Popmusik an Improvisierte Musik in NRW Die Welt trifft sich an Rhein und Ruhr 51 Klassik in NRW Zwei Recitals mit Matthias Goerne 55 Kunst in NRW Sofia Hultén und Gustave Moreau in Neuss Theater in NRW Das Schauspiel Köln zieht gleich zweimal um Film des Monats 323 COMIC © Art Spiegelman 8 Über Tage Adolf Winkelmann über seinen Weg als Filmemacher 10 Innovation Das Revier als Standort für Groß-Windanlagen 58 Auswahl Veranstaltungstipps im Oktober 62 Impressum culture club Andreas Gursky im Museum Kunstpalast 63 Ausblick/Magenbitter Lesen Sie mehr auf www.trailer-ruhr.de! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. Comic-Spezial KUNST 45 RuhrKunst © Friedemann von Stockhausen 53 Intro -ruhr.de Oktober 2012 Alle Dortmunder sind Schweine? Alle Schalker auch! Foto: Francis Lauenau trailer + trailer-ruhr.de Abseits statt Jenseits Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund Thema 6 Eine fundamentale Debatte Der Dortmunder Rabbiner Avichai Apel ist vom Kölner Beschneidungs-Urteil enttäuscht: „Die Juden in Dortmund haben sich hier wohlgefühlt. Und nun wird ein Fundament jüdischer Identität angegriffen.“ Avichai Apel Foto: privat Über Tage 8 Kein Ort für Künstler? Mit „Jede Menge Kohle“ schuf Adolf Winkelmann 1981 ein Stück Ruhrgebietsidentität – was ihm jedoch erst im Nachhinein bewusst wurde. „Ich wollte kein Ruhrgebietsdenkmal schaffen, obwohl es wohl eines wurde.“ Adolf Winkelmann Foto: Winkelmann. Filmp. GmbH Kino 35 Drehen im hohen Norden Zurzeit ist Birgit Minichmayr in Matthias Glasners neuem Film „Gnade“ zu sehen, der in Norwegen spielt. An die Dunkelheit dort musste sie sich erst gewöhnen: „Natürlich schlug sich das auf mein Gemüt nieder.“ Birgit Minichmayr Kino 36 Eine verspielte Arbeitsatmosphäre „Das ist ja die Kunst, dass es eben nicht wirkt wie geschriebener Dialog.“ Regisseur Dietrich Brüggemann spricht über seinen aktuellen Film „3 Zimmer/Küche/Bad“. Was wie Improvisation aussieht, ist durchs Drehbuch vorgegeben. Um Religion geht es auch beim trailer-Thema. Ist BESCHNEIDUNG nun eine notwendige religiöse Praxis oder doch ein überkommenes Ritual, das die Rechte und die körperliche Unversehrtheit von Kindern verletzt? trailer stellt die sich widersprechenden Standpunkte dar und beschäftigt sich mit möglichen Lösungen. Weitestgehend zum Thema passt auch das Festival KLEZMERWELTEN in Gelsenkirchen. Noch mehr Religion gefällig? Vom Saulus zum Paulus sind manch alte Energieriesen geworden. Die INNOVATIONS-Seite berichtet von den Häutungen der Ruhrkohle AG. Im Über TageInterview erzählt ADOLF WINKELMANN von seinem Weg vom Schmalfilmer zum Glöckner von Notre Dortmund. Nicht regional, sondern international denkt das NRWKultursekretariat. trailer sprach mit dessen Direktor CHRISTIAN ESCH über das Kunstaustauschprogramm TRANSFER KOREA. Internationales Flair versprüht in diesem Jahr zudem wieder die RUHRTRIENNALE mit ihrem Mut zu Genreüberschreitungen. Auch literarisch tut sich einiges im Oktober. Eine gewisse Mia Mittelkötter alias LIOBA ALBUS findet in dem satirischen Roman IN DER RUHR LIEGT DIE KRAFT neben dem Mann fürs Leben auch noch den Mann fürs Erleben. Zwar Comic, aber nicht zwingend (nur) komisch ist das, was der Zeichner HENDRIK DORGATHEN produziert, zu sehen im KUNSTMUSEUM MÜLHEIM A.D.RUHR. Gern stellt trailer im positiven Sinne eigenartige Kinos und Filmclubs vor. Diesmal spricht trailer mit INGOJIRA und JO STEINBECK über ihren GEHEIMNISVOLLEN FILMCLUB BUIO OMEGA in Gelsenkirchen. Nach Dortmund kommt das schwul-lesbische Festival HOMOCHROM. Film des Monats im Oktober ist DIE WAND. Plötzlich ist sie da, die unsichtbare Wand, und umgibt eine österreichische Bergidylle. MARTINA GEDECK spielt vortrefflich die Gestrandete in dem psychologisch und philosophisch hintergründigen Film. Dietrich Brüggemann Kunst Es begann mit einem zwar geschmacklosen, aber doch harmlosen Filmchen auf der Internetplattform YouTube. Die Veltins-Arena in Gelsenkirchen wurde als Turnhalle verhöhnt. Der Aufsichtsratsvorsitzende von Schalke 04 wurde als skrupelloser Wurstfabrikant gebrandmarkt, der Hackfleisch umetikettiert. Es folgten spöttische Bemerkungen darüber, dass der Verein seit 1958 nicht mehr Deutscher Fußballmeister gewesen sei. Der Kurzfilm verbreitete sich in Windeseile und löste überall auf der Welt Empörung und Unruhen aus. Unbestätigte Quellen berichteten, dass der BVB hinter dem Hassvideo stecke. Wütende Schalke-Fans demolierten daraufhin Autos mit Dortmunder Kennzeichen von San Francisco bis Tokio, von Hammerfest bis Kapstadt. Erste Tote gab es zu beklagen. Auch das Bekenntnis eines BayernFans, den Film gedreht zu haben, konnte die aufgebrachten Schalker nicht beruhigen. BVB-Fans aus der Umgebung der Ultras wiederum kündigten eine öffentliche Vorführung in der Westfalenhalle an. Die Bundesregierung rief die Beteiligten zu gemäßigtem und besonnenem Vorgehen auf. Fußball, so die Erkenntnis dieser frei erfundenen Geschichte, kann die Menschen fast so wuschig im Kopf machen wie Religion. 54 LUTZ DEBUS Neugierige Blicke auf den Westen Christian Esch bringt als Direktor des NRWKultursekretariats KünstlerInnen zusammen, die sonst nicht zusammenfänden: So unter anderem im 3jährigen Kunstaustauschprojekt „Transfer Korea“. Dr. Christian Esch Neu unter allen Texten im Internet: Empfehlen, Weitersagen, Kommentieren, unter www.trailer-ruhr.de Foto: NRW KULTUR 4 Thema Ein generelles Beschneidungsverbot könnte viele Eltern in die Illegalität treiben, Foto: Mira Moroz Eine zweischneidige Debatte Zur Frage der Beschneidung gibt es keine einfachen Antworten Das Thema bietet Stoff für einen Thriller im Feuil- chen. Ob bei Kreuzzügen gegen die Muselmanen leton. Kinderrechtsverfechter, Gläubige, Freiden- oder bei Pogromen gegen Juden, der Zustand des männlichen Geker, Juristen, Medizischlechtsorganes wies ner, sie alle schlagen trailer-Thema im Oktober: eindeutig die Gruppenin Talkshows aufgezugehörigkeit aus. Auch regt aufeinander ein, Das Beschneidungs-Urteil des Kölner Landgerichts entdas macht die Vorhaut ohne sich gegenseitig fachte eine Kontroverse in nicht da gewesenem Ausmaß für viele Menschen zuhören zu können. und erregt nach wie vor viele Gemüter – Gläubige, Ärzte, heute noch so wichtig. Es scheint keinen Religionswissenschaftler und Politiker melden sich zu Kompromiss in der Wort, um nur einige zu nennen. Der Grad zwischen der Verteidigung von Kinderrechten und der Verfechtung Gerade jetzt wird den Frage zu geben, die freier Religionsausübung ist denkbar schmal. Wie weit islamischen und jüseit Verkündung des darf hier der Staat gehen, wie weit die Religion? dischen Theologen sogenannten Kölner vorgeworfen, sich ratiBeschneidungsurteils onalen Argumenten zu heftig diskutiert wird. Eine halbe Vorhaut zu beschneiden befriedigt verstellen. Das aber ist so, als werfe man einem weder Verfechter noch Gegner des religiösen Ri- Blinden vor, nicht sehen zu können. Alle Religitus‘. Eine respektvolle und ruhige Darstellung der onen, auch die christliche, zeichnen sich dadurch verschiedenen Standpunkte mag in diesem Fall aus, das Irrationale im Menschen anzusprechen. Wer als gläubiger Atheist auf die Fragen „Wo helfen. kommen wir her? Wo gehen wir hin?“ nur geoZunächst fehlen oft hinreichende Informationen graphische Antworten parat hat, kann natürlich über die beiden Weltreligionen, die Knaben be- nicht verstehen, warum kleine Kinder für einen schneiden wollen. Alles fing an mit Urvater Ab- Gott, dessen Existenz man in wissenschaftlichen raham, der als hochbetagter Mann von Gott die Untersuchungen noch immer nicht schlüssig Botschaft erhielt, dass er sowohl seinen leiblichen nachweisen kann, bluten sollen. Sohn Isaak wie auch den Sohn seiner Haushälterin Ismael beschneiden solle. Als der uneheliche Der Standpunkt der Schützer der Kinderrechte Spross Abrahams mit seiner Mutter in die Wüste ist zunächst einfach. Kindern soll kein Leid zugegeschickt wurde, spaltete sich der Nahe Osten fügt werden. Punkt. Deshalb ist die Beschneidung in zwei Lager, Araber und Juden. Wie das oft so Minderjähriger zu verbieten. Punkt. Von wegen ist mit Halbgeschwistern, gibt es viel Zwist und Punkt. Sofort ist man in einer Aufrechnung Neid untereinander, aber eben auch gemeinsame verschiedener kultureller Normen verfangen. Wurzeln. Im Falle von Juden und Arabern bedeu- Ist das Anlegen abstehender Ohren bei Kindern tet dies: Verzicht auf Schweinefleisch, Schächt- verfassungskonform? Dürfen Eltern darüber entgebot und eben Beschneidung. Erst die dritte sich scheiden, ob geimpft wird oder nicht? Radikale auf Abraham berufende Weltreligion machte mit Impfbefürworter und Impfgegner können sich in diesen Dogmen Schluss, setzte dafür neue in die hitzigen Debatten schnell gegenseitig vorwerWelt. Hätte es im Jahre 50 n. Chr. bereits Dis- fen, Kinder fahrlässig Todesgefahr auszusetzen. kussionsrunden im Fernsehen gegeben, sie hätten Dem Götzen Auto werden übrigens jährlich in den heutigen wahrscheinlich sehr geähnelt. Statt Deutschland über einhundert Kinder unter 16 mit Worten argumentierte man aber damals und Jahren geopfert. Fordern Kinderschützer ein Verin den folgenden mehr als tausend Jahren lieber bot des Autoverkehrs oder zumindest ein Verbot mit dem Schwert. Die Beschneidung war in jenen letaler Geländewagen mit Bullenfängern? Eher Kriegen ein wichtiges identitätsstiftendes Zei- wird, so ein jüngst bekannt gewordenes Gerichts- BESCHNEIDUNG 5 urteil, das Stechen von Ohrlöchern bei Dreijährigen untersagt. Das Kindeswohl kennt viele Facetten. Natürliche Verbündete der Kinderschützer sind diejenigen, die alles in gesetzliche Normen pressen möchten. Wenn Rauchen schädlich ist, wird es verboten. Schon ist das Problem gelöst. Aber löst ein gesetzliches Beschneidungsverbot das Dilemma? Rechtsnormen sind kein statisches Gut. Die Geschichte des Paragraphen 218 ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Wann beginnt Leben? Wo darf in das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen eingegriffen werden? Abtreibungsgegner und Abtreibungsverbotsgegner begründen mit drastischen Beispielen ihren Standpunkt, den sie für makellos erachten. Egal aber, wie man zur Abtreibung steht, die Liberalisierung des Gesetzes hat dazu geführt, dass weniger Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. Das Beispiel zeigt: Gerade dann, wenn in der Gesellschaft unversöhnlich erscheinende Meinungen aufeinanderstoßen, sind repressive Regelungen eher untauglich. Natürlich sollte, und das zeichnet sich in der aktuellen Beschneidungsdiskussion ja ab, der Eingriff durch medizinische Laien und ohne Narkose verboten werden. Ein generelles Beschneidungsverbot würde viele Eltern allerdings in die Arme religiöser Kurpfuscher treiben. Statt strenger Gesetze benötigen wir dringend die soeben begonnene Debatte. Wenn Eltern freundlich und zugewandt erklärt wird, welche negativen Folgen eine Beschneidung haben kann, wird der ein oder andere zögern, sein Kind diesem Eingriff auszusetzen. Der Geist der Aufklärung ist eben nicht durch Gesetze zu erzwingen. TEXT/INTERVIEWS: LUTZ DEBUS Lesen Sie auch die weiteren Themen-Beiträge über Ex-Muslim Ali Utlu, der sich gegen religiöse Beschneidung bei Kindern einsetzt, und den Dortmunder Verein TABU, der gegen Genitalverstümmelung kämpft, unter www.trailer-ruhr.de/thema Thema Die Beschneidung als umstrittener Initiationsritus, Foto: Mira Moroz „Ein Fundament jüdischer Identität wird angegriffen“ Avichai Apel über die Bedeutung der Beschneidung in der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund trailer: Herr Apel, wie haben Sie auf das Kölner Urteil reagiert, das die religiös motivierte Beschneidung von Jungen für nicht rechtmäßig erklärt? Avichai Apel: Das Urteil war für mich eine große Enttäuschung. Unsere Gemeinde lebt seit über 60 Jahren wieder hier in Dortmund. Nach dem Holocaust gab es 50 Menschen jüdischen Glaubens. Inzwischen haben wir 3.500 bis 4.000 Mitglieder. Die Juden in Dortmund haben sich hier wohlgefühlt. Und nun wird ein Fundament jüdischer Identität angegriffen, nämlich das Beschneidungsgebot von Jungen am achten Tag nach der Geburt. Werden seit dem Urteil weniger Knaben beschnitten? Ja, die Eltern haben Angst. Auch die Mo¬ha¬lim, die Beschneider, haben Angst. Vor kurzem wurde ein Rabbiner aus Hof angezeigt, der eine Beschneidung durchgeführt hat. Er wurde von einem Arzt aus Hessen angezeigt, also von einer Person, die er gar nicht kennt. Wir bekommen aber auch viel Unterstützung von der Bevölkerung, von den Kirchen, von Politikern. Noch einmal zum Kölner Urteil. Der Staat greift ein, um das Wohl der Kinder zu gewährleisten. Können Sie das nicht verstehen? In vielen Fällen ist dies sogar wichtig. Wenn Eltern ihre Kinder schlagen oder Gefahren aussetzen, ist das Eingreifen des Staates notwendig. Die Beschneidung ist ein anderer Fall. Eltern treffen für ihre Kinder sehr viel weitreichendere Entscheidungen. In welche Schule soll mein Kind gehen? Mit wem soll es spielen? Ich kenne keinen Fall auf der ganzen Welt, wo ein Sohn seine Eltern verklagt hat, weil sie ihn haben beschneiden lassen. immer diese Wichtigkeit behalten? Natürlich wird das, was in der Thora geschrieben steht, an die heutige Situation angepasst, wenn es denn einen Bedarf gibt. Wir nutzen mittlerweile das Licht am Sabbat, schalten es aber nicht selbst an und aus. Es gibt Zeitschaltuhren. Andere Regeln können wir wiederum nicht ändern. Ein Schwein bleibt ein Schwein. Wir dürfen es nicht essen. Auch die Beschneidung wird weiter durchgeführt werden. ZUR PERSON Avichai Apel ist Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund. Der jüdische Glauben unterliegt aber doch auch Wandlungen. Muss die Beschneidung Foto: privat „Einige tausend Jungen sterben jährlich an Beschneidung“ Michael Schmidt-Salomon über die Risiken und Folgen der Beschneidung trailer: Herr Schmidt-Salomon, was haben Sie gegen Knabenbeschneidungen aus religiösen Gründen? Michael Schmidt-Salomon: Unabhängig von der religiösen Bedeutung ist die Vorhautbeschneidung ein risikoreicher, schmerzvoller, mitunter traumatisierender Eingriff. Er ist mit der irreversiblen Amputation eines hochempfindlichen Körperteils verbunden. Ein solcher Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Unversehrtheit des Kindes lässt sich über das elterliche Erziehungsrecht nicht rechtfertigen. Dabei ist es völlig egal, ob der Beschneidungswunsch der Eltern auf religiöse, ästhetische oder vermeintlich hygienische Motive zurückgeht. Hat Sie ein Kölner Richter auf dieses Thema gebracht? Ich persönlich bin auch Betroffener. Ich wurde mit 17 Jahren aus medizinischen Gründen beschnitten. Insofern habe ich mich schon vorher mit dem Thema beschäftigt. Wissenschaftliche Studien habe ich aber erst in den letzten Wochen gelesen. Gab es für Sie neue Erkenntnisse? Viele. Früher habe ich zum Beispiel geglaubt, dass Säuglinge weniger Schmerz empfinden würden als Erwachsene. Tatsächlich verstummen manche Säuglinge während einer Beschneidung und scheinen einzuschlafen. Heute wissen wir allerdings, dass sich diese Babys in einem traumatischen Schockzustand befinden. Neugeborene haben weitaus stärkere Schmerzempfindungen als ältere Kinder, weil bei ihnen das schmerzunterdrückende System noch nicht ausgebildet ist. gibt es unter solchen Umständen nicht, geschweige denn eine wirksame Betäubung. Hilft ein gesetzliches Verbot? Wichtig ist meines Erachtens vor allem Aufklärung: Wüssten die Eltern über die tatsächlichen Folgen der Vorhautbeschneidung Bescheid, dann müssten wir über ein Verbot wohl gar nicht mehr diskutieren, da die meisten Eltern von sich aus den Gedanken verwerfen würden, ihre Kinder beschneiden zu lassen. ZUR PERSON Die Beschneidung an sich ist aber ein Routineeingriff. Warum sprechen Sie von hohem Risiko? Einige tausend Jungen sterben jährlich an der Beschneidung. In den USA sind es etwa 120 pro Jahr. Gefährlich ist vor allem die Infektion mit multiresistenten Bakterien oder, im Falle einer orthodoxen Beschneidung, mit Herpes, da die Rabbiner in traditionellen Zeremonien das Blut des Jungen mit dem Mund aufsaugen. Sterile Bedingungen 6 Michael Schmidt-Salomon (44) ist Schriftsteller, Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung. Foto: Jörg Salomon Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de/thema -ruhr.de Mehr Meinung. Service. Hintergrund. News. trailer-Thema. trailer spezial. Tagebuch. Über Tage. Grüne Seiten. Magenbitter. Ungeschminkt. Bühne. Premiere. Komikzentrum. Theaterzentrum. Kino. Kritikerspiegel Ruhr. Heute im Kino Morgen im Kino Neu im Kino Forum. Coming soon. Festival. Alle Kinos. Kino.Ruhr. Foyer. Filmwirtschaft Gespräch zum Film. Roter Teppich. Portrait. Literatur. Musik. Kunst. Ruhrkunst. Sammlung. Kultur in NRW. überregional Theater. Oper. Klassik. Tanz. Musical. Literatur. Musik. Kunst. Sport. Auswahl. Verlosungen. Kulturlinks. Filmclubs in NRW. Filmfestivals. Filmverleih. Kinos. Kunst. Literatur. Konzerte und Clubs. Theater. E-Paper. Jobs Schon gelesen? Nur auf trailer-ruhr.de Die Kino-Welt In Langfassung und vor Ort: „Wie ein Horrorfilm“ Ein Beschnittener erzählt Ali Utlu kämpft für eine selbstbestimmte Beschneidung ab 14 Jahren. Das brachte ihm bereits Morddrohungen ein. Lebenslang gezeichnet WAS BLEIBT in der Lichtburg Essen trailer-ruhr.de/foyer SEHENDEN AUGES im Union-Kino Bochum trailer-ruhr.de/foyer Rituale mit traumatischer Wirkung Der Dortmunder Verein TABU kämpft vor Ort und in Afrika gegen die Verstümmelungen weiblicher Geschlechtsorgane DICHTER UND KÄMPFER Streit über Beschneidung in der Endstation Bochum trailer-ruhr.de/foyer Ein deutsches Thema? Warum dominieren nur Schuldzuweisungen die Debatte um das Beschneidungsverbot? Raumwelten EUROPÄISCHER TRAUM im Filmstudio Essen trailer-ruhr.de/foyer KNISTERN DER ZEIT Festival „Kein Raum der Gewalt“ in den Kammerspielen Bochum trailer-ruhr.de/foyer Das neue Festival in der Bochumer Christuskirche denkt das Ge-Denken neu BETWEEN US Melodramatisch überladen im Dortmunder U Erster Rückblick auf die Ruhrtriennale Als ein Highlight der diesjährigen Ruhrtriennale galt „Marketplace 76“ von Jan Lauwers und der Needcompany. trailer-ruhr.de/foyer GENERATION KUNDUS im StudienkreisFilm Bochum trailer-ruhr.de/foyer Alternatives Kunstbiotop Art Walk des Unperfekthauses Aus dem Tag der offenen Ateliers macht das Essener Unperfekthaus einen „Art of Walk“. STANDORT SEHNSUCHT im Sweet Sixteen Dortmund trailer-ruhr.de/foyer Endlose Kanäle Ars Urbana in der Rotunde ROMY SCHNEIDER „Information und Kommunikation“ Künstler positionierten sich in der Bochumer Rotunde zur Informationsgesellschaft. trailer-ruhr.de/portrait HELMUT W.BANZ Nur Mittelmaß Ruhrgebietskultur geschlagen Einer Studie zufolge sind die Ruhrmetropolen nur mittelmäßige Kulturstädte. Stimmt das? Ein Fall für unseren Magenbitter! Mehr lesen, täglich neu. Nur auf trailer-ruhr.de/portrait ADRIANO CELENTANO trailer-ruhr.de/portrait -ruhr.de Über Tage „Das U verleiht der Stadt ein neues Bild“, Foto: Francis Lauenau „Ich musste Kino erst lernen“ Adolf Winkelmann über seinen Weg als Filmemacher und Turmbeleuchter trailer: Herr Winkelmann, muss man aus Dortmund kommen, um so ein verrückter Hund zu sein? Adolf Winkelmann: Das glaub’ ich nicht. Das Ruhrgebiet ist nicht der richtige Ort für Kreative, Künstler oder, wie Sie sagen, Verrückte. Geschichten wurden auf einmal aus einer proletarischen Perspektive erzählt? Genau das war das Thema, als ich nach Kassel gegangen bin. Die 68er-Studenten wollten auf einmal Proletarier werden, gingen an die Werkstore und verteilten Flugblätter. Ich kam aus Dortmund, mein Großvater hatte bei Hoesch Wie sind Sie dann zum Film gekommen? an der Walzstraße gestanden, mein Vater mit Mein Vater hat mir, als ich 13 Jahre alt war, eine dem Lastwagen die Brammen durch Dortmund Doppel-8-Kamera geschenkt. Am Gymnasium gefahren. Wissen diese Studenten eigentlich, wovon sie in ihren Flugblättern gab es eine Wandergruppe, mit „Ich bereue es nicht, mit der ich immer ins Zeltlager ins dieser Lichtorgel angefangen sprechen, habe ich mich gefragt und dann den Film „Heinrich Emsland gefahren bin. Ich habe zu haben“ Viel“ gedreht. Damit haben wir dann jedes Jahr den gleichen Film gedreht. Der hieß „Pfingstlager 1960“ und den Großen Preis von Oberhausen gewonnen. Der ein Jahr später „Pfingstlager 1961“ und war Film ist gut eine halbe Stunde lang. Zu Beginn der stets in drei Segmente aufgeteilt: Lageraufbau, Vorführung wurde das Saallicht auf Dämmerung Lagerleben und Lagerabbau. Dadurch, dass ich gefahren und dann gab es zunächst nur Schwarzim Prinzip immer den gleichen Film drehte, film mit Ton. Man hörte einen Mann reden, der lernte ich viel. Wenn das Pferdefuhrwerk mit erzählte, dass er bei VW arbeite, dass er einen den Zeltstangen den Weg herunterkam, pro- tollen Arbeitsplatz habe, mit seiner Familie in den bierte ich immer eine andere Perspektive als im Urlaub gefahren sei. Dann folgte eine 30-Minuten-Einstellung, in der dieser Mann am Fließband Jahr zuvor. in der Motorenfertigung steht und ZylinderkopfDer Feinschliff erfolgte dann aber doch eher muttern festschraubt. Ungeschnitten, begleitet von dem immensen Lärm, der in der Fabrikhalle an der Kunsthochschule? Noch während des Studiums in Kassel habe ich herrschte. Das hat dann richtig Ärger gegeben. meinen ersten Experimentalfilm gemacht. Der Die Zuschauer empfanden den Film als Körperhieß Adolf Winkelmann, Kassel, 9.12.67 11.54h. verletzung. Ich habe mir eine Kamera vor den Bauch geschnallt und bin durch Kassel gegangen. Haben Aber dann verließ Sie der Ernst. Die Abfahrer Sie von dem Film noch nie was gehört? Ist doch bargen ja bereits komische Elemente. mein bekanntestes Werk. Man ist ja nie mehr so Das ist eine traurige Geschichte. Ich hatte schließlich einen ernst gemeinten Film gemacht, gut wie bei seinem ersten Film. (lacht) der von arbeitslosen Jugendlichen handelte. Als ich das erste Mal den Film im Kino anschaute, Und was haben Sie dann gemacht? Ich habe harte zehn Jahre versucht, einen Spiel- lachte das Publikum an vielen Stellen heftig. Das film zu drehen. Das wollte ich schon immer. Ich fand ich sehr ärgerlich, denn bei jedem Lacher hatte bereits weitere Experimentalfilme und war der nächste Dialogsatz nicht zu verstehen. auch Dokumentarfilme gemacht. Für den WDR Mein Verleiher sah das anders. Er zählte 23 Volldrehte ich Magazinbeiträge unter anderem für lacher und 17 Halblacher und war glücklich. Ich die Jugendsendung „Stifte & Co.“. In diesem musste Kino erst lernen. Ich hatte selbst nicht Rahmen habe ich für zwei aufeinander folgende verstanden, was ich da gemacht hatte. Sonntage Kurzfilme gedreht. Die beiden Filme habe ich dann zusammengeklebt, bin damit zur Dann kam „Jede Menge Kohle“. Damit schufen Berlinale gegangen und habe sie gezeigt als den Sie ein Stück Ruhrgebietsidentität. Ist Ihnen das bewusst? Film „Die Abfahrer“. 8 Heute ist mir das bewusst. Der Film hat etwas über das Ruhrgebiet erzählt. Ich wollte aber kein Ruhrgebietsdenkmal schaffen, obwohl es wohl eines wurde. Der Spruch „Es kommt der Tag, da will die Säge sägen“ hat schon reingehauen. Die Region ist ja süchtig nach Identität. Über fünf Millionen Menschen leben hier und wissen nicht warum. So ist es. Es scheint ja keinen Sinn mehr zu machen, Kohle aus dem Berg zu holen, Eisen zu schmelzen, Stahl zu walzen oder Bier zu brauen. Aus den Brauereien werden Kunsttempel. Es ist sehr schwer für die Menschen, den Wandel nachzuvollziehen. Vieles, was ich während des Kulturhauptstadtjahres RUHR.2010 gehört habe, war ja rückwärtsgewandtes, larmoyantes, romantisches Zeug und handelte von einer Region, die es so überhaupt nicht mehr gibt. Aber es gibt doch auch die Erzählung von Dieter Gorny, dass wir alle Kreativarbeiter werden. Da kann man viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Ich wiederhole mich: Das Ruhrgebiet ist kein guter Ort für Künstler. Vor diesem Hintergrund macht das Leuchtturmprojekt U doch Sinn? Ja. Es funktioniert. Es funktioniert jeden Tag. Das U verleiht der Stadt ein neues Bild. Ich bereue es nicht, mit dieser Lichtorgel angefangen zu haben INTERVIEW: LUTZ DEBUS Interviewserie „Über Tage“ „Über Tage“ handeln, ohne „unter Tage“ zu vergessen. trailer-ruhr spricht mit streitbaren Menschen über das Ruhrgebiet. ZUR PERSON Adolf Winkelmann (66) ist Filmregisseur, Filmproduzent, Professor für Filmdesign an der Fachhochschule Dortmund und schuf die Videoinstallationen am Dortmunder U. Foto: Winkelmann Filmpr. GmbH Wenig gezahlt. Wenig geschlafen. Viel zu erzählen. Barcelona Hin + Zurück ab 99 €* Kopenhagen Hin + Zurück 129 ab €* Jetzt buchen lufthansa.com 9 e ün Gr Innovation en it Se 12 20 Von alten Bergbau-Standorten zu neuen Energieanlagen ist der Weg gar nicht mehr so weit, Foto: Tom Jost Der (Halden)-Berg ruft Windmüller RAG Montan und Regionalverband Ruhr haben hoch über dem Revier Standorte für 70 neue Groß-Windanlagen ausgemacht Jahrelang waren die Rotorenbremser am Werk – jetzt hat sich der Wind gedreht im Lande: In mittlerer Frist könnten im Ruhrgebiet gut 70 neue Groß-Windräder errichtet werden. Vor allem die Zechenflächen-Vermarkter der RAG Montan Immobilien GmbH haben eine Reihe von Standorten im Blick, die bis 2020 mit Partnern und Bürgern entwickelt werden sollen. Auch der Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) mischt mit und bringt neun geeignete Plätze ins Gespräch. Heiner Bünger und seine Landwirt-Kollegen aus dem niedersächsischen Burgdorf erlitten noch vor zwei Jahren einen ungewöhnlichen Sturmschaden: Als „Godewind GbR“ wollte das Quintett ein 2-Megawatt-Windrad im hohen Bochumer Norden aufstellen. Die Stadt hatte den Bauplatz genehmigt, das Projekt durchlief die Ratsgremien ohne großen Widerstand. Der Proteststurm kam aber, als der Bau schon längst begonnen hatte – von der anderen Seite der Stadtgrenze. Eine Anwohnerin klagte und siegte vor dem Oberverwaltungsgericht. Die Richter hatten nämlich schon Prof. Hans-Peter Noll (RAG): „Bürgerbeteiligung auch beim Geld“, Foto: Tom Jost zuvor festgelegt, dass der Abstand zur nächsten Wohnbebauung mindestens der doppelten Anlagenhöhe entsprechen müsse. Pech für die bäuerlichen Investoren, dass der Groß-Propeller 30 Meter zu nah am Haus der Castroperin stand. Ein fertiger 100-Meter-Turm musste wieder abgerissen werden. Doch die politische Großwetterlage hat sich geändert. Mit dem Winderlass lockerte Rot-Grün schon als Minderheits-Landesregierung etliche Bremsen. Durch die vorzeitige Neuwahl im Frühjahr verfügt man nun über satte Mehrheiten und definiert Windkraft als „tragende Säule der Energiewende“. In dieser eine tatkräftige Rolle zu spielen hat sich die Essener RAG Montan Immobilien GmbH als „Nachlassverwalter“ des auslaufenden Steinkohlebergbaus vorgenommen. In relativer Stille switchten die lange eher als „behäbig“ geltenden Kohle-Herren auf grüne Projekte um. „Wir fragten uns, welche Potenziale unsere Flächen haben“, sagt ihr Chef Prof. Hans-Peter Noll. Heraus kam: ein Biomasse-Park auf dem „Hugo“-Areal in Gelsenkirchen, Solaranlagen auf erhaltenen Bergbaugebäuden in Herten und Moers. Sogar über Untertage-Speicherkraftwerke in Bottrop und Marl wird nicht mehr nur nachgedacht. Der größte Wurf könnte mit der Flächenfreigabe für große Windkraftanlagen gelingen. „Wir haben neben anderen Standorten noch 31 Halden im Besitz“, zählt Nolls Prokurist Georg Bein auf, „insgesamt ergibt sich ein Potenzial von 62 Windrädern der 3-Megawatt-Klasse.“ Während andere mit Macht in die Offshore-Gebiete an Nordund Ostsee drängen, hat man in Essen realisiert, dass auch im Revier „Godewind“ (guter Wind) zu ernten ist. Sofern man hoch genug hinauf steigt. Auf Bergehalden sind problemlos 2000 VolllastStunden erzielbar, die nach Berechnung des Bundesverbandes Windenergie gut 6 Millionen Kilowattstunden pro Jahr abwerfen. Das entspricht dem Bedarf von 1700 Familienhaushalten – pro Anlage, wohlgemerkt. „Konkret“, sagt Noll, „sind wir derzeit mit acht Projekten beschäftigt.“ Eines davon ist die Halde Kohlenhuck in Moers mit bis zu fünf Groß-Rotoren, die anderen verortet man eher an der Nordkante des Ruhrgebietes. 10 Auch der Regionalverband Ruhr (RVR), der einst von der RAG neun Halden übernahm, hat diese Plätze genauer unter die Lupe genommen. Allerdings gelte es neben Abständen zur Wohnbebauung und den Bedürfnissen des Naturschutz noch weitere gewichtige Kriterien zu beachten, mahnt RVR-Planungsdezernent Martin Tönnes: „Wir können natürlich nichts neben das Bottroper Tetraeder stellen. Die durch die IBA EmscherPark mit Kunst gekrönten Halden sind unser touristisches Alleinstellungsmerkmal.“ Freilich gibt es Ausnahmen. Das Windrad auf dem Hertener Hoppenbruch ist gar nicht so weit entfernt vom Observatorium hoch über RecklinghausenHochlarmark. Aber das steht auf der separaten Hoheward-Halde. Zur Not verfügt der RVR auch noch über reichlich Waldflächen, über deren Wipfeln neuerdings auch vieles möglich ist. RAG Montan wie RVR wollen nicht selbst als Windmüller auftreten, sondern die Flächen verpachten und andere machen lassen. So betreiben Emscher-Lippe Energie (ELE) und Mingas Power seit 2010 zwei Windräder auf der Halde Oberscholven. In Moers sitzen letztere mit am Tisch des Lokalversorgers Enni. „Wir brauchen außer Baurecht vor allem die Akzeptanz der Bevölkerung“, ist Prof. Noll sicher, „ohne die geht gar nichts.“ Was läge da näher, als jene nicht nur anzuhören, in deren Gesichtsfeld sich die Riesen-Rotoren zwanzig Jahre lang drehen sollen, sondern auch am Gewinn zu beteiligen? „Wir haben einige Modelle erarbeitet, die Bürger als Gesellschafter einbeziehen. Auch wenn das sehr anstrengend werden kann“, antwortet Noll. Am anderen Ende des Reviers hat Martin Tönnes im Umfeld der Bergkamener Halde „Großes Holz“ eine engagierte Bürgerinitiative ausgemacht, die solche Pläne im Sinne von reinen Bürgerwindanlagen vorantreibt. So neu ist dieser Gedanke übrigens nicht im Revier: Das Windrad auf der Halde Hoppenbruch haben nicht nur Ruhrwind GmbH und Hertener Stadtwerke, sondern auch 300 Bürgerinnen und Bürger mitfinanziert – und zwar schon 1997. TOM JOST 2 0m Auf 22 du findest htige ric hier die ung für t Ausrüs sport-/ rg jede Be raktivität Outdoo Dein Gipfelerlebnis startet hier. Potgasse 4, 44137 Dortmund [email protected] Mo - Sa 10.00 - 20.00 Uhr www.mammut.ch 11 Theater Ruhr Prometheus und Io auf der Rampe ins Nichts, Foto: Paul Leclaire Eine Performance über das Nichts Lemi Ponifasio macht in Duisburg bei der RuhrTriennale aus dem Prometheus-Mythos ein choreografisches Ritual Ein schwarzes Loch ist dieser Kaukasus, in dem Lemi Ponifasio einen antiken Mythos verhandelt. Aber dieses Loch ist alles, was die Menschen haben. Dort ist auch der Titan Prometheus angekettet und trägt seinen Kampf gegen die Götter als serielles Ritual aus. In altem Griechisch von Aischylos wird dort deklamiert in der Kraftzentrale des Duisburger Landschaftsparks. Im Innern des 170 Meter langen und 35 Meter breiten Raums wurde früher viel Wind gemacht und heiße Luft produziert, heute hallen die Orffschen Schlagwerke durchs Gemäuer und der samoanische Performer darf dort seine Installation über die immer wiederkehrende Auseinandersetzung zwischen Mensch und Göttern zelebrieren. Das Publikum hockt, „angekettet“ wie Prometheus, auf der Tribüne und wird allen gängigen Rezeptionsmöglichkeiten beraubt, der Text ist nicht verständlich, die Musik kaum verifizierbar, die Augen von gleißendem Licht gequält, und was die Schar dort hundert Meter weit entfernt an Tätigkeiten verrichtet, entzieht sich geschickt den Blicken der Massen. Ein langes, leicht schräges Podest, das durch grüne NeonStäbe optisch Stufen vortäuscht und in der Unendlichkeit endet, ist der Schauplatz des Nichts, in dem der Menscherretter gelandet ist und jammert und erklärt und wütet und prophezeit, alles, ohne einmal die Kurvenhülle der Töne zu überziehen. Babylonisches Sprachgewirr für den einen, reiner Sprachklang für den anderen. Die Geschichte des geketteten Helden sollte man kennen, notwendig ist das jedoch nicht, wenn man sich nur auf das bewegungsarme Ritual und die Musik konzentriert. Ponifasio zwingt zur Meditation, zwingt zur körperlichen Anteilnahme, zur Reduktion auf das Nichts, das alle umfängt. Eine Performance der Schattenwelt, die längst in den gleißenden Lichtern der Metropolen verloren ging – allen Orffschen Kaskaden zum Trotz. Ein trotziger Prometheus wirft sich der Verblendung entgegen, ohne sich von seinem felsigen Sarkophag wegzubegeben. Travelling without moving, doch die Reise führt in den zwangsläufigen Untergang. Die Verweigerung des Alltäglichen durch Ponifasio ist schwer zu ertragen. Sein Minimalismus könnte auch als Einfallslosigkeit gelten, doch welche künstlerische Brisanz steckt hinter diesem Nichtvorhandensein des Einfalls. Interpretation ist nicht gefordert, Dramaturgie nicht notwendig, der unerhörte Vorgang selbst bleibt die Säule des Abends, und natürlich die archaische Tonalität. Dirigent Peter Rundel leistet dafür Großes mit seinem Orchester aus zwölf Schlagzeugern und 12 mit einem kaum zu überblickendem exotischen Instrumentarium, mit vier Klavieren und Harfen sowie sechsfacher Bläserbesetzung – dazu kommen noch neun Kontrabässe. Eine Maschinerie, die das „Ensemble musikFabrik“, die NRW SPLASH-Perkussion und die Musiker des Orchesterzentrums Nordrhein-Westfalen vorzüglich und präzise über 140 Minuten bedient. Das gleiche gilt für das „ChorWerk Ruhr“, das wie die MAU Company in die Choreografie eingebunden wurde. Erwähnt werden muss neben Wolfgang Newerlas Prometheus auch Brigitte Pinters perfekte Io. Die Auseinandersetzung auf Titanenniveau lässt die Menschen abseits stehen, sie wandeln wie in Trance neben der Bühne. Auf der anderen Seite fließen die Okeaniden (Chor) im Strom im Kreis und entziehen sich so dem Einfluss der Übermächtigen. Io und Prometheus haben dafür Avatare auf der blanken Fläche, die leiden, während sie verrichten. Prometheus liegt auf einer Krankenbahre, wird mit Flüssigkeit übergossen. Am Schluss entfallen Blitz und Donnerschläge, kein Erdbeben führt den Helden mit Gefolge in den Hades. Weißer Rauch steigt auf, bleibt schwebend über der Szenerie ganz hinten an der Wand. Die Götter sind eben Götter und wir nur Menschen. PETER ORTMANN Mitreißend. Unsere Grugahalle PELLÉAS ET MÉLISANDE LYRISCHES DRAMA VO N CLAUDE DEBUSSY Musikalische Leitung Stefan Soltesz Inszenierung Nikolaus Lehnhoff Bühne Raimund Bauer Kostüme Andrea Schmidt-Futterer Licht Olaf Freese Choreinstudierung Alexander Eberle Premiere 6. Oktober 2012 13 | 10 | 2012 HEiNZ Kult Rocknacht mit Grobschnitt, Epitaph u.a. 14 | 10 | 2012 Second Hand Modemarkt Ladies- & Kidsfashion 20 | 10 | 2012 Koncert Gwiazd Kombii, Feel & Dzem 21 | 10 | 2012 CD- & Schallplattenbörse im Foyer 03 | 11 | 2012 Wise Guys Spezialnacht 04 | 11 | 2012 Ina Müller & Band Tournee 2012 10 | 11 | 2012 Presseball RheinRuhr das Ball-Ereignis 14 | 11 | 2012 Olaf Erste Solotour nach den Flippers 17 | 11 | 2012 Subergs Ü-30 Party Mehr als eine Party 01 | 12 | 2012 Stratmanns Revue Internationale Travestieshow 06 | 12 | 2012 Ehrlich Brothers MAGIE, Träume erleben 14 | 12 | 2012 Matthias Reim & Freunde Das Live-Konzert mit Band 15 | 12 | 2012 22. Oldie-Night mit Tony Christie & Band, Hermans Hermits u.v.a. 16 | 12 | 2012 Kaya Yanar „All inclusive!“ 29 | 12 | 2012 – 01 | 01 | 2013 Ice Age Live! Ein mammutiges Abenteuer 19 | 01 | 2013 Oslo Gospel Choir Jubiläumstour Weitere Vorstellungen 13., 16., 18., 21., 24., 26., 28. Oktober; 1. November 2012, Aalto-Theater Tickets T 02 01 81 22-200 www.theater-essen.de MESSE ESSEN GmbH Geschäftsbereich Grugahalle Norbertstraße . D-45131 Essen Telefon: +49.(0)201.7244.0 Telefax: +49.(0)201.7244.500 13 Ganz nah dran mit dem QR-Code. Terminstand: September 2012 . Änderungen vorbehalten Ticket-Hotline: 02 01.72 44 290 Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr [email protected] . www.grugahalle.de Premiere „Wir haben harte Zeiten hinter uns“ Läuft noch mit Erfolg: Roland Schimmelpfennigs Stück „Der goldene Drache“, Foto: Birgit Hupfeld Das kleine Prinz Regent Theater in Bochum ist eines der besten Beispiele dafür, wie eine freie Bühne heute überlebt „Nach mir die Sintflut“ (Regie: Sibylle Broll- Dieses heroische Ende – kann man das jungen Pape) heißt eine aktuelle Produktion des Prinz Menschen noch vermitteln? Regent Theaters in Bochum. Die freie Bühne, Das ist ja nicht heroisch. Das ist ja ganz furchtbar. Die Liebe zerstört sich selbst. die sich früher mit Uraufführungen junger Autoren einen „Weil der Publikumszuspruch Das ist ein tragisches Ende in jein den letzten Jahren höher der Hinsicht. Und diesen ganzen Namen machen konnte, musswar, haben wir überlebt“ Vergebungsschluss, den gibt es te dieses Privileg längst an die bei mir nicht. Vergeben wird da Stadttheater abgeben. Knappe Fördermittel und geringe Wertschätzung sei- am Ende gar nichts. Ich glaube auch nicht, dass tens der Politik nagten an der Substanz. Doch das wirklich Schiller war. auch nach einer Sintflut würde das kleine renommierte Theater so einfach nicht mehr Die Wahl des Stückes ist auch abhängig vom aus dem Schlamm wieder auftauchen, den die aktuellen Abiturstoff? göttliche Fügung veranlasst hat. trailer sprach Na klar. Auch. Aber es ist schon so, dass ich ein mit Sibylle Broll-Pape, der Theaterchefin, die großer Schillerfan bin. Ich wollte eigentlich „Die Räuber“ machen, die will ich schon immer mal meist auch Regie führt. machen. Dann habe ich mir angeschaut, was das trailer: Frau Broll-Pape, wie geht es dem Prinz Bochumer Schauspielhaus diese Spielzeit macht und festgestellt, dass sie das jetzt auch spielen. Regent Theater? Sibylle Broll-Pape: Dem Theater geht es gut. Toi, Da fand ich es schon sinnvoll, lieber mit „Kabale toi, toi. Es geht besser als noch vor einigen Jahren und Liebe“ in den aktuellen Lehrplan einzusteigedacht. Rein finanziell haben wir harte Zeiten gen. Denn wir haben auf der einen Seite Nachhinter uns, aber weil in den letzten Jahren der fragen von Schulen bekommen, weil wir diese Publikumszuspruch sehr viel höher war, haben Stücke passend zum Abiturstoff jetzt häufiger gebracht haben und das Bochumer Schauspielwir das überlebt. haus es nicht tut. Das ist mir recht, muss ich Die nächste Premiere ist Schillers Kabale und sagen. Auf der anderen Seite merken wir, dass Liebe. Kann man diese Geschichte im 21. Jahr- wir so auch sehr viele Schüler ins Theater ziehen, die Theater bei uns mal anders kennenlernen hundert noch mögen? Ja, unbedingt. Auch ich habe zuerst gedacht, das und das dann gut und interessant finden. Das sei eines der schwächsten Dramen von Schil- ist auch nicht unwichtig. Erstens kriegen sie die ler, doch nur solange, bis ich angefangen habe, Stücke so angeboten, dass die sie heute noch inmich damit für die Inszenierung zu beschäftigen. teressieren, und zweitens nimmt ihnen das eine Natürlich glaube ich auch, dass eine reine Ge- Schwellenangst vor dem Theater. Wir zeigen ja schichte der Standesunterschiede heute völlig keine hehren, alten Geschichten. Wir bekommen uninteressant ist. Als ich mich aber länger damit ein wahnsinnig gutes Feedback von den Schülern beschäftigte, fiel mir auf, dass es in dem Stück und schaffen es sogar, dass hier und da ein Schüüberhaupt nicht darum geht. Die zentrale Frage ler zu einem anderen Stück wiederkommt. Das ist des Stücks ist die nach dem Absolutheitsgedan- natürlich ideal. ken der Liebe – und das ist etwas, das geht durch alle Jahrhunderte. Der ist uns heute so nah, wie er Wie hoch ist denn der Anteil derer, die dann damals Schiller nah war. In dem Moment, wo ich tatsächlich wiederkommen? das erkannt habe, habe ich erst mal mein gan- Es sind zwar nur einige, aber das muss ja auch zes Konzept über den Haufen geworfen und das unorganisiert passieren. Manchmal denke ich, Stück fing an, mich richtig zu interessieren. Und da könnten Lehrer ein bisschen eingreifen – aber ich kenne kaum jemanden, der so unglaublich gut, das ist offensichtlich nicht deren Ding. Und gute Sätze dazu sagen kann wie Schiller. Schil- einige kommen tatsächlich alleine wieder. lers Sprache ist eben immer noch ein Hammer. Er sah damals so klar, was falsch laufen kann bei so Der Bochumer Kulturdezernent Townsend will verführerisch schönen Gedanken wie eben die an jetzt die freie Szene fördern. Hat er jedenfalls die absolute Liebe. Ich glaube, dass uns das heute auf der ersten Kulturkonferenz Ruhr in Essen sehr interessiert, und Schüler insbesondere auch. gesagt. 14 Ich weiß nicht, was er damit meint. Im Augenblick ist es so, dass Kürzungen erst einmal zurückgenommen worden sind. Wenn das schon fördern ist, dann tut er das. Aber ich denke, er meint eher, dass man vielleicht doch darüber nachdenkt, uns allen mehr Geld zu geben oder vielleicht bessere Räumlichkeiten zu beschaffen. Aber darüber wurde mit mir bisher noch nicht gesprochen. Aber der Umzug in die Bochumer Mitte hat sich zerschlagen? Ja. Es sieht nicht so aus, als gäbe es dort noch viel Platz. Und solange das Konzerthaus noch nicht steht, sehe ich nicht wirklich eine Chance für uns, was anderes zu bekommen. Was ich zwar schade finde, aber so ist es nun mal. Ist denn eine Zusammenarbeit mit anderen freien Bühnen vorstellbar? Nein, eigentlich nicht. „Die“ freie Szene gibt es ja sowieso nicht. Aber es gibt eine gewisse Tendenz innerhalb der frei arbeitenden Theater. Das ist das, was ich immer als „globalisierten Inszenierungszirkus“ bezeichne. Das klingt negativer, als ich es meine. Man hat eben große Produktionshäuser, die gut ausgestattete Produktionen machen, und die dann rumgeschickt werden nach Berlin, Hamburg, Zürich oder Düsseldorf. Das ist für sich sicher eine tolle Sache, aber das hat mit dem, was wir machen, nichts zu tun. Da würden wir gar nicht reinpassen. Die haben eine andere Ästhetik und andere Vorstellungen von Inhalten. Wir machen ja sehr literarisch ausgerichtetes Theater und das ist in diesem Zirkel nicht angesagt. INTERVIEW: PETER ORTMANN „Kabale und Liebe“ (Premiere) I Do 15.11. 20 Uhr Prinz Regent Theater Bochum I 0234 77 11 17 ZUR PERSON Sibylle Broll-Pape wurde im Sauerland geboren. Nach einem Studium der Mathematik, Informatik und Anglistik an den Universitäten Dortmund und Bonn arbeitete sie ab 1983 in verschiedenen freien Theatergruppen in NordrheinWestfalen als Regisseurin, Dramaturgin und Produzentin. Ihr Schwerpunkt ist dabei der multimediale Bereich. Seit 1995 leitet sie das Prinz Regent Theater in Bochum. Foto: Prinz Regent Theater Theater Aktuell Pilgern bis ans Ende der Welt Ein Liederabend mit Live-Musik Premiere am Fr, 28.09.12, 20.00 Uhr 4B 6IS .J 4P 6IS %J .P 6IS 'S 4P %P 6IS 4B 6IS 6IS 6IS 6IS 6IS www.rlt-neuss.de Telefon Theaterkasse 0 21 31 - 26 99 - 33 15 %BT3IFJOJTDIF-BOEFTUIFBUFSt0CFSTUSt/FVTT Theater Ruhr 13+ Mo, 01.10., Di, 02.10 um 10.30 Uhr, Do, 04.10. um 19.00 Uhr Let`s kiss „Der Prozess“, Foto: Sebastian Hoppe Ein Testgelände für 13 Liebesanfänger Return of the Living Dead Kafkas „Prozess“ als eklektisches Bildertheater in Düsseldorf Fr, 05.10. um 20.00 Uhr in der Kellerbar Seide Geschichten auf Consol mit André Wülfing 4+ So, 07.10. um 15.00 Uhr Vom Fisch(er) und seiner Frau Ein Gastspiel des Theater Töfte Do, 11.10. um 19.00 Uhr Pierrot lunaire Zum 100. Geburtstag der Komposition von A. Schönberg Mi, 17.10. um 19.00 Uhr Roter Salon: Schönheit Das Bürgerdinner im Consol Theater Di, 23.10. um 19.00 Uhr KOnzertMEDitation Klang und Stille mit Michael Gees und Andronik Yegiazaryan Mi, 24.10. um 20.00 Uhr Rosani Reis und Band GEjazzt auf Consol Alles gerät ins Rutschen. Kaum ist K. verhaftet worden, erwartet ihn ein expressionistisch verzerrtes Zuhause. Die Möbel schräg, das Bett zu kurz, die Tür perspektivisch verzerrt und der Boden eine schiefe Ebene. In diesem Leben gibt es kein Halten mehr. Wild rangeln K. und die beiden dubiosen Aufseher Franz I und Franz II um ein bisschen Standfestigkeit: Der Slapstick hat die drei fest im Griff. Der russische Regisseur Andrej Mogutschi, der in St. Petersburg das Formalny Theater leitet, dramatisiert den Roman „Der Prozess“, Frank Kafkas Chef d’Œuvre über einen kleinen Bankprokuristen, der plötzlich in das Räderwerk einer Gerichtsmaschinerie gerät, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Aus einem über fünfzigköpfigen Chor von Bürgern in dunklen Anzügen wird K. (Carl Alm) in Düsseldorf herausgepickt: Er hatte als Einziger ein Lied angestimmt. Einer ist aufgefallen in der Masse Mensch, ist rausgefallen aus dem Kollektiv, spricht auch noch Deutsch mit Akzent. Bei Mogutschi ist K. von Beginn an ein Außenseiter. Nach der Verhaftung lässt Mogutschi dann die Bühne rotieren und jagt den Roman durch symbolisch aufgeladene Bilderwelten. Die weiß gekleidete Familie von K. zelebriert ihre Bürgerlichkeit, mit dem Boot geht es zum Advokaten Huld (Sven Walser) und dessen Freundin Leni (Betty Freudenberg), die als nackte, ausgestopfte Popanzen durch ihre Birkenwaldwohnung hoppeln; die Liebesszene mit der Frau eines Gerichtsangestellten wird hinterlegt mit nackten Amazonen, einem Teufel auf Stelzen und einem Riesenbaby an einem Flügel. Schwarze Romantik, Surrealismus, Expressionismus, Psychoanalyse, Film, Theorien der Masse – Mogutschi greift beherzt in den Fundus aus Kunst und Theorie und schickt beide durch den Schleudergang seiner Bildphantasie. Dieser eklektische (oder doch eher die Kafkadeutungen selbst zitierende?) Ansatz gilt auch für die Spielweise, die mal psychologisch, mal stilisiert, dann wieder kommentierend oder völlig beiläufig ist, wie bei Patrizia Wapinskas Fräulein Bürstner, die mit Rucksack und Turnschuhen wie eine moderne Hilde Wangel daherkommt. Andererseits zitiert die Inszenierung immer wieder ein Kafkasches Textfragment, in dem der Totenfluss sich vor den Toten ekelt und sie ins Leben zurückschwemmt. Ist der Abend auch ein Return of the Living Dead? Ist K., der bereits zu Beginn nach einer Verfolgungsjagd im Auto mit Rosen beerdigt wird, ein zurückgekehrter Zombie? Nach der Pause treffen sich die Figuren in einem Zug mit vorbeifliehender Landschaft, zu der auch Teile des Bühnenbildes gehören, und K. sagt sich vom Advokaten los. Schließlich trifft er – wie am Anfang – auf leerer Bühne den Maler Titorelli, der alles – den Prozess, die Richter, die Anwälte – in Bilder bannt, auf denen allerdings nichts ist, wie es scheint. Kunst, die es zu interpretieren gilt. Wie Kafkas „Prozess“ eben, der in der Düsseldorfer Inszenierung allerdings eher im Deutungsnebel verschwindet. HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN PREMIERE am Sa, 27.10. um 19.00 Uhr, weitere Vorstellung am So, 28.10. um 18.00 Uhr | Volxbühne am Consol Theater Vollmond Eine Inszenierung der Seniorentheatergruppe synovia Bismarckstraße 240 45889 Gelsenkirchen Tel.: 0209 9 88 22 82 „Der Prozess“ nach dem Roman von Franz Kafka I R: Andrej Mogutschi Düsseldorfer Schauspielhaus I 3./23.-25./27.10. 19.30 Uhr www.duesseldorfer-schauspielhaus.de E-Mail: [email protected] www.consoltheater.de 16 17 Theater Ruhr „Philotas“, Foto: Matthäus Dolibog „Nach mir die Sintflut“, Foto: Hans Jürgen Landes „Sprung ins Leere“, Foto: MIR Held oder Fanatiker? Irgendwo in Afrika Lessings „Philotas“ im Rottstr5 Theater „Nach mir die Sintflut“ im Prinz Regent Th. Yves Klein-Gedenken in Gelsenkirchen Lange hat er darauf gebrannt, sich endlich beweisen zu dürfen, endlich als erwachsener Mann und Krieger anerkannt zu werden. Sieg oder Tod waren die einzigen Möglichkeiten, die der junge Königssohn Philotas einkalkuliert hatte. Dass er nun schon bei seinem ersten Kampfeinsatz in Gefangenschaft gerät, ist für ihn die größte anzunehmende Katastrophe. Durch seine Schwäche im Kampf ist er zur Geisel, zum Druckmittel gegen seinen Vater, den König, geworden. In seinem ungebrochenen Willen zum Heldentum sieht er nur einen Ausweg und opfert sich ohne Not. Das kleine freie Theater an der Bochumer Rottstraße liefert mit Lessings Einakter „Philotas“ seinen Beitrag zur landesweiten Reihe „Classics“ und hat sich damit kein einfaches Stück ausgesucht. Denn einer einfachen Botschaft verschließt sich die kurze Tragödie vehement. Blinder Fanatismus, so scheint es aus heutiger Sicht, treibt da einen verblendeten Jüngling, der das Leben und die Welt noch nicht kennt. Und auch Lessing, der deutsche Dramatiker der Aufklärung, scheint es wohl so gesehen zu haben, als er seinen „Philotas“ während des Siebenjährigen Kriegs, des eigentlichen ersten Weltkriegs, Mitte des 18. Jahrhunderts schrieb. Darin sind sich die Literaturwissenschaftler heute weitgehend einig. Lange Zeit allerdings wurde die Tragödie als lupenreines Heldenepos betrachtet. Wirklich verwundern kann das nicht, denn Lessing beleuchtet seinen Philotas sehr ambivalent. Er nimmt ihn ernst, kehrt das Edle und Unschuldige seiner Gesinnung hervor. Für die Regie bleiben da nur wenige Ansatzpunkte zur Zuspitzung und Eindeutigkeit. Auch Hans Dreher steht in Bochum vor diesem Dilemma und kann es auch nicht völlig lösen. Was diese Inszenierung aber wirklich sehenswert macht, ist die hervorragende Textarbeit, die er mit seinem kleinen Ensemble leistet. Neben einem starken Felix Lampert als Philotas und Maximilian Strestik als altem Kämpfer Strato treten Martin Bretschneider als (feindlicher) König Aridäus und Dagny Dewath in der Rolle des Mitstreiters Parmenio als exzellente Sprecher hervor, die den oft sperrigen Text gut zugänglich machen. Dass Drehers Philotas einen albernen Affentanz aufführt, weil er sein Schwert zum Selbstmord nicht finden kann, ist ein überflüssiger, aber verschmerzbarer Gag. Eine gute Inszenierung zum Selberdenken. Es war das erste und einzige Mal, dass sich der bildende Künstler Yves Klein an einem Musikstück versucht hatte. Und es verschwand direkt nach seiner Uraufführung wieder in der Versenkung. Vielleicht lag es daran, dass seinerzeit, im Jahre 1960, parallel zur Musik wesentlich Spannenderes passierte. Denn Kleins „Symphonie Monoton“, die lediglich aus einem einzelnen ausgehaltenen Dur-Akkord bestand, bildete die Begleitmusik zu einer damals absolut ungehörigen Performance: der „Anthropometrie“. Diese neue Art der Malerei hatte Klein wenige Jahre zuvor selber erfunden. Er ließ Aktmodelle mit eben jener ultramarinblauen Farbe einschmieren, die sein stärkstes Markenzeichen werden sollte, und ließ sie die Leinwand mit dem ganzen Körper bemalen. 1960 hatte der Künstler bereits ein größeres Konzept für seine minimalistische Klangstatue im Kopf: „Symphonie Monoton Silence“ - eine Gegenüberstellung von Klang und Stille. Die Idee kam ihm schon 1947, also fünf Jahre vor John Cages bahnbrechendem Tacetstück „4’33’’“, das die völlige Stille zur vollwertigen Musik erhob. Auf Papier brachte Klein sein Stück allerdings erst 1961 mit Hilfe eines befreundeten Komponisten. Ein Jahr darauf, vor genau 50 Jahren, starb Klein mit nur 34 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Eines seiner größten und bedeutendsten Werke hinterließ er mit den blauen Wandreliefs im Foyer des Gelsenkirchener Musiktheaters. Dieses ehrt den Künstler mit einer kleinen Veranstaltungsreihe, die mit der Uraufführung der Yves-Klein-Oper „Sprung in die Leere“ im Oktober ihren Höhepunkt erreichen soll. Komponist Felix Leuschner und sein Librettist Reto Finger nähern sich der Person Yves Klein dann auch konsequent über sein vielschichtiges Werk. Quasi als Vorgeschmack erklang bereits die „Symphonie Monoton Silence“ direkt vor den großen blauen Wandreliefs im Theaterfoyer. Rupert Huber und das „ChorWerk Ruhr“ nahmen sich des Werkes an. Vorgegeben hat Klein lediglich einen D-DurDreiklang, der „lang“ ausgehalten werden soll, gefolgt von einer ebenso langen Stille. Es ist eine relative Stille. Denn hinter der Glasfassade des MiR verläuft eine der Hauptverkehrsstraßen. Dafür ist das Ohr nun geschärft: für das gedämpfte Rauschen der Autos, das schrille Quietschen der Straßenbahn und ein Feuerwerk, das leise in der Ferne prasselt. KARSTEN MARK Ein weißer Geschäftsmann. Ein Hotelzimmer. Eine weiße, elegant gekleidete Frau. Geplänkel. Er zu ihr, sie solle es sich doch bequemer (sprich ausgezogener) machen. Sie zu ihm, vielleicht später (sprich niemals). Sie stellt sich als Übersetzerin heraus, er möchte weiterhin Berufliches und Privates vereinen. Das könnte so oder so ähnlich irgendwo auf der Welt passieren und es wäre bis auf die Frage – kriegt er sie rum, bzw. sie ihn los – nicht weiter interessant. Aber die Szene spielt sich in Kinshasa ab, der Hauptstadt der demokratischen Republik Kongo. Da, wo die Menschen sterben. Und so beginnt man sich zu fragen, womit dieser Geschäftsmann eigentlich sein Geld verdient. Kann das mit rechten Dingen zugehen? In dem Land? Auch die Übersetzerin wirkt nicht ganz koscher. Weiß sie mehr über die politischen Verhältnisse, als sie zugeben möchte? Was ist mit ihrem Ex-Mann? Der hat doch bestimmt Dreck am Stecken. Und überhaupt: Was machen die in Afrika? Wolfram Boelzle und Anuk Ens verstehen sich darauf, Katz und Maus zu spielen - stets mit erotischem Unterton, stets mit gefährlichem Beigeschmack. Als der „alte, todkranke Afrikaner“, der Grund für das Anheuern einer Übersetzerin, als unsichtbarer Dritter hinzustößt, kippt die Stimmung ins Beklemmende. Er bietet, durch die Stimme der Übersetzerin, seinen Sohn an: als Fußballprofi, als Kofferträger, als Kammerdiener, als Adoptivsohn, als Lehrling. Egal. Hauptsache raus aus Afrika. Hauptsache gen Westen. Das Stück der katalanische Autorin Lluisa Cunillé versteht es, unangenehme Fragen zu stellen, nicht (nur) über den Kongo sondern über „Afrika“, den riesigen Kontinenten, dessen Länder wir EuropäerInnen nicht kennen, aber dem wir viel Reichtum verdanken. Um so merkwürdiger erscheint da der kitschige Einstieg von Broll-Papes Inszenierung: Projektionen von „Afrika-Bildern“, irgendwo zwischen Multikulti und Spendenaufruf. Ein französisches Chanson trällert von den Geistern der Toten, die nicht tot ist. Dort unten ist man ja noch viel spiritueller, nicht so wie hier. Leider gelingt es der Inszenierung auch nicht, den Spannungsboden, der erst so gekonnt aufgebaut wird, zu halten oder sinnig aufzulösen. Eine „afrikanische“ Holzfigur steht am vorderen Bühnenrand. So stellt man sich das halt vor. Hier bei uns - in Europa. ANNA SCHIFF „Philotas“ I Mi, 17.10. 19.30 Uhr I Rottstr 5 Theater, Bochum I Infos: 0163 1 50 71 „Nach mir die Sintflut“ I Mi, 10.10., 20 Uhr Prinz Regent Theater Bochum I Infos: 0234 77 11 17 „Sprung ins Leere“, Premiere (UA) I 6.10. , 21 Uhr MIR I Gelsenkirchen I Infos: 0209 409 72 00 18 Klingende Stille KARSTEN MARK THEATERLANDSCHAFT NEUES ARABIEN 24. BIS 28. OKTOBER 2012 SYRIEN ÄGYPTEN TUNESIEN LIBANON PALÄSTINA GEFÖRDERT DURCH DIE UND DURCH DAS PARTNER INFOS UND KARTENRESERVIERUNG www.theater-an-der-ruhr.de, telefonisch unter 0208.599 01 88 und an allen bekannten CTS Vorverkaufsstellen | EUR 17,- | 7,- (erm.) 19 Komikzentrum Ruhr RuhrTanz „Cesena“, Choreografie: Anne Teresa De Keersmaeker, Foto: Michel Francois Georg Schramm als renitenter Rentner Dombrowski, Foto: Achim Käflein Der Abschied Lothar Dombrowskis Der lange Abschied Lothar Dombrowskis „Kunst mit allen Mitteln“ Georg Schramm „Meister Yodas Ende“ – Dota öffnet Herzen Georg Schrammbeschwört beschwört „Meister Yodas Ende“ Der Tanz als Schrittmacher in den darstellenden Künsten Als Dota, die „Kleingeldprinzessin“, 2011 mit dem Förderpreis der Stadt Mainz im Unterhaus ausgezeichnet wurde, hieß es in der Begründung, dass die Jury mit ihr eine „erfrischend ungekünstelte Künstlerin“ ausgewählt habe, „die es mit eindringlichen Liedern versteht, atmosphärisch zu verzaubern“. Sie nutze die Sprache nicht nur als scharfsinnig gewitztes Werkzeug für ihre bildstarke Poesie, sondern auch als treibende rhythmische Kraft. „Dota Kehr öffnet die Herzen und lässt die Texte tanzen“ – besser kann man die besondere Ausstrahlung der aus Berlin kommenden ehemaligen Straßenmusikantin kaum beschreiben. Am 11.10. tritt sie mit ihrer Band, den „Stadtpiraten“, im Bochumer Bahnhof Langendreer auf. In nächtlicher Düsternis endete der Tanzabend „En Atendant“ der Gruppe ROSAS bei der RuhrTriennale in der Jahrhunderthalle Bochum – und fast nahtlos knüpft das Tanzstück „Cesena“ in frühmorgendlicher Dämmerung wieder daran an. Diffuses Licht und Dunkelheit gehört zum choreografischen Konzept der Belgierin Anne Teresa De Keersmaeker (52), die von einer übereifrigen Kritik trotz ihrer kontinuierlichen Choreografiearbeit derzeit wie der aus Asche aufsteigende Phönix gehandelt wird. Doch seit dem sogenannten Tanztanz der 1980er Jahre (z.B. „Rosas tanzt Rosas“) ist auch De Keersmaeker immer inhaltlicher geworden. Mit „Cesena“, das sich auf „Nur die hohe Qualität der ein von Papst Clemens VII im Jahr 1377 Tanzstücke rettet die Triennale angeordnetes Massaker bezieht, setzt De vor der Beliebigkeit“ Keersmaeker allen politisch motivierten Massakern an der Zivilbevölkerung wie etwa im bosnischen Srebrenica (1995) ein feinfühlig einfühlendes Denkmal. Vielfüßig flüchtendes Getrampel in der Dunkelheit und ein vielstimmiger Vokalgesang wie ein Aufschrei kündet von tödlicher Gewalt, bei der die Choreografie jedoch nicht stehen bleibt, sondern ein tänzerisches Miteinander in der Trauer findet, die einen Neuanfang erst möglich macht. Die entrückte Atmosphäre des aufsteigenden Tages löste auch beim konzentrierten Publikum in der Jahrhunderthalle langsam wieder die Anspannung. Nur einen Tag später an selber Stelle: der Hamburger Heino Trusheim, dessen Programm schlicht „Stand Up Comedy“ heißt – ganz einfach, weil er genau das auf der Bühne macht, sich hinstellen und erzählen, von Nacktscannern und W-Lan-Verkabelungen, Essgeräuschen und Selbstmordattentätern, von Urlaubsfahrten und seinen ordentlichen deutschen Genen, die er beim besten Willen nicht ignorieren kann. Was man sich unter „Mitternacht-Spaghetti“ vorzustellen hat, erklären Wiebke Eymess und Friedolin Müller aus Hannover, ein herzallerliebstes Duo, das sich „Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“ nennt und genau an diesem Platz seine ersten Erfahrungen im wechselseitigen verbalen Schlagabtausch gemacht hat. Klar, dass sie immer das letzte Wort haben will. Auch klar, dass er alles besser weiß und keine Denkfehler durchgehen lässt. Bei den beiden sympathischen Großstadtneurotikern geht es um die Liebe – zu Tintenfischen zum Beispiel. Oder zu knackenden Heizungsrohren. Kurz: um alles, was im Leben wirklich wichtig ist (19.10., Bahnhof Langendreer, Bochum). Wer „Meister Yodas Ende – Über die Zweckentfremdung der Demenz“ von und mit Georg Schramm noch nicht gesehen hat, sollte sich entweder am 2. nach Gelsenkirchen in die Kaue oder am 1. nach Oberhausen ins Ebertbad oder aber am 3. nach Duisburg in die Rheinhausenhalle begeben. „Ende 2013 werde ich 25 Jahre lang als Kabarettist auf der Bühne und vor der Kamera gestanden haben. 25 Jahre, in denen ich (glücklicherweise) immer schon zwei Jahre im Voraus wusste, wann ich wo sein werde, was in diesem Fall bedeutet: zum 31.12.2013 werde ich aufhören, als SoloKabarettist auf Tour zu gehen“. Mit diesen Worten kündigte Georg Schramm im Juli seinen Abschied an – und so mancher fragt sich nach dem Warum. „Georg“, so formulierte es einst Kollege Dieter Hildebrandt, „sollte mir der Glaube an die wie immer geartete Wirksamkeit des Kabaretts abhanden gekommen sein, als du kamst, hatte ich ihn wieder!“ Dass der Titel seines letzten Programms sich wie ein Hinweis auf seinen Rückzug liest, ist die eine Sache. Die andere, dass der renitente Rentner Lothar Dombrowski aus der Anstalt ausgebrochen ist und nach aufmüpfigen Gleichgesinnten und Zukurzgekommenen sucht, anstatt im Pflegeheim vor sich hin zu dämmern. Wir werden den wortgewaltigen Kabarettisten und Humanisten aus Badenweiler schwer vermissen – aber noch ist Zeit, ihn zu genießen, meint jedenfalls Ihre stets über Tage lebende Autorin. Nicht düster, sondern strahlend sieht man derzeit den Intendanten der RuhrTriennale 2012-2014, die gerade ihre erste Triennale-Saison beschließt. Das mag auch daran liegen, dass Heiner Goebbels gerade mit dem mit 330.000 Euro wohl höchstdotierten Theaterpreis der Welt, den norwegischen Ibsen-Preis, ausgezeichnet wurde. Mit einem völlig neuen, modernen Konzept sind Heiner Goebbels und sein Team bei dieser Triennale angetreten. trailer berichtete mehrfach darüber. Im Tanz spiegelte die RuhrTriennale das, was sich in den performativen Künsten allenthalben zeigt: Die Öffnung hin zu anderen Genres der Live Art (12 Rooms). Die spartenübergreifende Vermischung von Musik, Tanz, Theater, Video, Performance (Jan Lauwers & Needcompany). Die Schaffung neuer Formen durch die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern (Mathilde Monnier/Dominique Figarella). Die Eroberung neuer Räume und Zeiten (Anne Teresa De Keersmaeker). Die Arbeit mit Kids (Boris Charmatz), mit disabled persons (Jérome Bel), mit unserem alltäglichen Leben (Nature Theater of Oklahoma) und mit einem neuen Blick auf alte Tanzthemen (Laurent Chétouane). Doch welcher thematisch-inhaltlichen Linie folgten die Beiträge eigentlich? Benannt wurde sie nicht. „Zum Nachdenken“ über Bewegung, Musik und Tanz, über unsere Körper und die, deren Körper anders sind (disabled persons), sollten die Tanzstücke nach Heiner Goebbels anregen. Nur die hohe Qualität der eingeladenen Tanzstücke verhinderte, dass diese Vielfalt unterschiedlicher Ansätze als Beliebigkeit gesehen werden kann. Heiner Goebbels Maxime, die ohnehin immer weniger zu haltende Trennung zwischen der darstellenden und der zeitgenössischen bildenden Kunst in dieser ersten Triennale-Saison zu thematisieren, war Wagnis und Erfolgsgarantie zugleich. KLAUS KEIL ANNE NÜME 20 THEATER IM HIO B GESTALTUNG: DESIGNBÜRO SCHÖNFELDER · FOTO: HANS JÜRGEN LANDES prinz regent theater PROGR AMM 10–012 VO N J OS E P H R OT H FA SS U N G VO N KO E N TAC H E L E T Premiere 21. Oktober 2012, 19:00 Uhr, Grillo-Theater Weitere Vorstellung 26. Oktober; 1., 4. November 2012, Grillo-Theater Matinee 14. Oktober 2012, 11:15 Uhr, Café Central Tickets T 02 01 81 22-200 www.schauspiel-essen.de OKTOBER 2012 DER GOLDENE DRACHE von Roland Schimmelpfennig am 1., 2. und 27., jeweils 20.00 h, am 28. um 19.00 h PRINZ FRIEDRICH VON HOMBURG von Heinrich von Kleist am 5., 6., 30. und 31., jeweils 20.00 h NACH MIR DIE SINTFLUT von Lluïsa Cunillé · am 10. und 17., jeweils 20.00 h CELLULITA, DIE KÖNIGIN DER NACHTCREMES – 3. TEIL: JETZT MIT SCHOKO-DIÄT! von und mit Petra Afonin · am 19. und 20., jeweils 20.00 h OFFENE ZWEIERBEZIEHUNG von Dario Fo und Franca Rame am 12. und 13., jeweils 20.00 h LITERARISCHER SALON: AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT Stephan Ullrich liest Marcel Proust am 8., 15., 22. und 29., jeweils 20.00 h IPHIGENIE AUF TAURIS von Johann Wolfgang von Goethe am 24. und 25., jeweils 20.00 h www.prinzregenttheater.de Prinz-Regent-Straße 50-60, 44795 Bochum · Kartenreservierung unter: Fon: 0234 - 77 11 17 · E-Mail: [email protected] 21 Opernzeit Oper in NRW Richtet im Oktober die „Hochzeit des Figaro“ aus: das Palladium Köln, Foto: Matthias Baus Trophäenjäger: Rainer Zaun als Leporello und Raymond Ayers als Don Giovanni, Foto: Stefan Kühle Liebe in Zeiten des Zerfalls Dem Krimi geht die Puste aus Mozart und sein Librettist Da Ponte greifen bei der Vorlage für ihre Oper auf einen politisch hochbrisanten Stoff zurück: auf die am Vorabend der Französischen Revolution entstandene Komödie „Die Hochzeit des Figaro oder Der tolle Tag“ von Beaumarchais, ein Zerrspiegel der Korruption und Dekadenz des Ancien Régime. Von Karsten Mark Seine Sympathien hat sich dieser Giovanni wahrlich schnell verspielt. Mit brutaler Gewalt schleudert er den alten Komtur gegen eine scharfkantige Marmorsäule. Das Blut spritzt in so hohem Bogen, dass das Publikum selbst in der letzten Reihe noch zusammenzuckt. Mit blutüberströmtem eingeschlagenen Schädel stirbt der Alte, während sich der Mörder aus dem Staub macht. Es ist ein waschechter Krimi, den Regisseur und Intendant Norbert Hilchenbach seinem Publikum zeigen möchte. Nach knapp neun Jahren bringt er wieder einen „Don Giovanni“ auf die Hagener Opernbühne und macht darin früh klar, dass sein Protagonist nicht dem gängigen Bild des char- „Das Geheimnis seiner Verfühmanten Schlawiners entspricht, dem der rungskraft bleibt im Dunkeln“ „Le Nozze di Figaro“ an der Oper Köln Die Hierarchie auf dem Schloss des Grafen Almaviva spiegelt die gesellschaftlichen Zustände zu Zeiten Mozarts wider: Der absolutistische Machtanspruch des Grafen droht das Privatleben seines Dieners Figaro zu zerstören, auf dessen Braut Susanna er ein Auge geworfen hat. Obwohl er sich als aufgeklärter Herrscher gibt und auf das Recht der ersten Nacht offiziell verzichtet hat, versucht er durch ein Intrigenspiel, Susanna für sich zu gewinnen und droht damit nicht nur die Zukunft des Dienerpaars, sondern auch seine eigene Ehe zu zerstören. Sein Verhalten polarisiert alle auf dem Schloss Ansässigen: Die einen hängen sich an den Grafen, weil sie einen persönlichen Vorteil für sich erhoffen, die anderen solidarisieren sich mit der enttäuschten Gräfin und dem Dienerpaar: „Jeder drängt, man schubst sich, man benutzt seine Ellbogen, man rempelt den anderen um. Ans Ziel kommt, wer kann – der Rest wird zerquetscht“, heißt es im Streitgespräch zwischen Figaro und dem Grafen bei Beaumarchais. Komponist und Librettist müssen viele Änderungen vornehmen, um diesen politischen Zündstoff durch die österreichische Zensur zu bekommen. So verzichten sie gänzlich auf die tagespolitischen Bezüge in Frankreich, zumal Marie Antoinette, die Schwester des österreichischen Kaisers, mit Ludwig XVI verheiratet war und wenige Jahre später Opfer der Französischen Revolution wurde. Kritik am Adel und Amtsmissbrauch durfte in der Oper nur im Sinne der aufgeklärten Politik Joseph II geübt werden, mit der er seine Herrschaft sicherte und Aufstände in Österreich verhinderte. „Was in unseren Zeiten nicht erlaubt ist, gesagt zu werden, wird gesungen“, sagte Da Ponte. In der Tat legt die Musik Mozarts die Gewalt der Begierden, die Emotionen und die erotischen Spannungen bloß, die das menschliche Handeln und politische Denken der Figuren in dem undurchschaubaren Intrigenspiel bestimmen. Mozart schafft für jede Figur in Tonfall und Arienform ein komplexes musikalisches Charakterbild, das auch den sozialen Stand und das Alter mitberücksichtigt. Die ungeheure Mehrschichtigkeit des Singstimmen- und Orchestersatzes in den Ensembles leuchtet die szenischen Situationen und die Beziehungen der Figuren untereinander bis ins Detail aus, und das Finale des zweiten Aktes in seiner groß angelegten Steigerung ist im Werk Mozarts unübertroffen. Mozarts Musik macht mit der Komödie Ernst und führt die menschlichen Beziehungen an den Abgrund des Scheiterns. Doch am Ende scheint die Utopie der Versöhnung auf: Der Graf bittet um Verzeihung, die emotionale Gleichberechtigung gesellschaftlich Ungleicher scheint möglich geworden zu sein, und insofern ist diese Oper ein Aufklärungsexperiment einer geschlossenen, zunehmend öffentlichem Druck ausgesetzten Gesellschaft – Oper als Politikum. KERSTIN MARIA PÖHLER „Le Nozze di Figaro“ I Palladium 12.(P)/14./16./18./20./24./26./28./31.10, 4.11. Norbert Hilchenbach inszeniert „Don Giovanni“ in Hagen Todschlag am alten Edelmann selber als tragisches Unglück widerfährt. Hilchenbachs Giovanni ist ein Egoist, der keine Skrupel erkennen lässt und buchstäblich über Leichen geht. Schon bald hat er die Privatermittler Ottavio und Anna auf den Fersen, die auf Rache sinnen. Die Voraussetzungen stimmen zunächst für „die rasanteste Kriminalgeschichte der Opernliteratur“, die Hilchenbach seinem Publikum verspricht. Doch alsbald geht der Regie die Puste aus. Es fehlt an Ideen, den Ansatz konsequent weiterzuspinnen. Stattdessen steckt der Regisseur sein Ensemble in 50er-Jahre-Garderobe, stellt es in eine Kulisse, die allein aus zwei beweglichen Wänden in dunklem Marmor-Look (Bühne: Jan Bammes) besteht, und vertraut auf die Spielfreudigkeit seiner Darsteller. Für volle drei Stunden Aufführungsdauer ist das zu wenig, auch wenn das Vertrauen ins Ensemble durchaus berechtigt ist. Rainer Zaun ist als Leporello ein verlässlicher Garant für Komik, lässt dabei auch überzeugend fiese Charakterzüge durchblicken. Maria Klier gelingt als Zerlina stimmlich herausragend der Balanceakt zwischen Naivität und Berechnung. Orlando Mason setzt als überaus groß gewachsener Masetto manch komische Pointe, bringt aber auch die Wut des gehörnten Bräutigams eindrücklich über die Rampe. Jeffery Krueger und Jaclyn Bermudez sind als Ottavio und Anna vor allem stimmlich eine glückliche Paarung; als Darsteller wirken sie manches Mal wie aufgestellt. Raymond Ayers letztlich singt als Giovanni eine schöne Partie, bleibt als Darsteller aber eher oberflächlich. Sein Verführer ist vor allem cool und selbstgefällig, ein Trophäenjäger, der Listen führt und Fotos sammelt. Das Geheimnis seiner Verführungskraft bleibt ebenso im Dunkeln wie seine seelischen Abgründe. In die 50er Jahre passt er jedenfalls am allerwenigsten. Überhaupt stellt sich die Frage, wodurch der Zeitsprung motiviert ist. Regisseur Hilchenbach setzt wohl schlicht auf eine Mode, die beim Publikum immer gut ankommt. Generalmusikdirektor Florian Ludwig besinnt sich unterdessen auf die Aufführungspraxis der Mozartzeit – zwar nicht ganz konsequent im Instrumentarium, aber doch deutlich hörbar in Klangbild und Spielweise des Orchesters. Norbert Hilchenbach kann sich auf die Kraft der Musik bei diesem Karsten Mark Giovanni verlassen. Seine schwache Regie macht dies alJournalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater lerdings nicht wett. „Don Giovanni“ I R: Norbert Hilchenbach I Theater Hagen 7./14.10. 15 Uhr, 11./27.10. 19 Uhr I www.theater-hagen.de 22 23 Theater demnächst Musical in NRW „Cats“, Foto: Patric Fouad „Kannibale und Liebe“ im Theater Dortmund Erinnerungen werden wahr Mord Mord und und Totschlag Totschlag Von Rolf-Ruediger Hamacher „Memory“ („Erinnerung“) heißt bezeichnenderweise der bekannteste Song aus „Cats“, der bisher von über 150 Künstlern von José Carreras über André Rieu bis hin zu Barbra Streisand interpretiert wurde. „Erinnerungen“ an ihren vielleicht ersten Musical-Besuch dürfte bei vielen Fans auch die jetzt nach Köln kommende Produktion wecken, kehrt sie doch künstlerisch zu ihren Wurzeln, der Uraufführung auf der Rundbühne des New London Theatre am 11.Mai 1981, zurück. Denn auch im eigens für die Tournee entworfenen „Cats“-Zelt ist die schönste Müllhalde der Welt im Radius von 270 Grad von einer Zuschauertribüne umgeben, auf der die 1800 Plätze nie weiter als 20 Meter vom Geschehen weg sind. Nun „Die schönste Müllhalde kann man seine Kinder und Enkel mit den der Welt“ berühmtesten Katzen des Musiktheaters bekanntmachen, die Andrew Lloyd Webber nach den 1939 erschienenen Gedichten des Nobelpreisträgers T.S. Eliot vertont hat und die seitdem die Welt erobern.In über 30 Ländern und über 300 Städten sahen mittlerweile über 65 Millionen Besucher die Show und machten „Cats“ zum beliebtesten Musical mit den längsten Spielzeiten: 21 Jahre im Londoner Westend, 18 Jahre am Broadway, 15 Jahre in Hamburg. Die Enstehungsgeschichte des ersten durchkomponierten Musicals, in dem auf jeden gesprochenen Dialog verzichtet wird, verlief allerdings nicht ohne Turbulenzen: Sowohl Regisseur Trevor Nunn, damals künstlerischer Leiter der Royal Shakespeare Company, wie auch Andrew Lloyd Webber behaupteten „Vater“ der „Cats“-Idee gewesen zu sein. Und die für die „Grizabella“Rolle vorgesehene Judi Dench brach sich kurz vor der Premiere den Knöchel, so dass nun die für sie einspringende Elaine Page zur Patin eines der größten Pop-Hits des letzten Jahrhunderts wurde: „Memory“. Großen Anteil am Erfolg des Katzen-Musicals hatte und hat aber auch die Choreographin Gillian Lynn, die einst als Ballettänzerin am Londoner Covent Garden ihre Karriere begann. Noch heute, mit 86 Jahren, überwacht sie die Proben und tanzt sogar den jungen Tänzerinnen und Tänzern ab und an ein paar Schritte vor. Und während viele bei „Cats“ in Erinnerungen schwelgen, erfüllt sich für einige Mitwirkende hier ein Kindheitstraum. Wie für die aus der Eifel stammenden Eva Maria Bender, die mit 13 Jahren die „Cats“-CD geschenkt bekam: „Da öffnete sich für mich eine neue Welt, ich begann auf der Straße Katzen zu beobachten, wie sie sich bewegen und schauen.“ Das nun auf der Bühne umzusetzen, ist eine große Herausforderung für sie, die gleich in das Fell von drei Katzen schlüpft. Aber natürlich auch für die 33 Darsteller aus neun Nationen, die aus über 1000 Bewerbern für die Rollen ausgewählt wurden. „Und das Training ist hart“, erzählt Company-Manager Juan Escandell, „jeden Tag, wenn sie aufwachen, tut etwas weh. In den ersten Wochen verlieren sie 5-8 Kilo, obwohl alle durchtrainierte Tänzer sind.“ Die Belohnung folgt dann auf der von 80 beweglichen und 120 atmosphärischen Scheinwerfern beleuchteten Bühne: besonders wenn die „Jellicle Cats“ Rolf-Ruediger Hamaam Ende des ersten Akts ununterbrochen 14 Minuten cher Hochschuldozent lang tanzen, sind die Fans ausser Rand und Band – und Vorstand des Filmkritikerverbandes sicherlich auch in Köln. Es gibt ein Leben nach der RuhrTriennale. Und es findet mitten unter uns statt. An den Theatern der Städte, an den Museen im Land, in kleinen Häusern und auf großen Bildschirmen. Drei Beispiele für möglicherweise außergewöhnliches Theater. Bochum. Der tunesische Regisseur Fadhel Jaibi hat die Schizophrenie des Lebens in einem Polizeistaat, der von sich behauptet, ein Rechtsstaat zu sein, in Tunesien jahrzehntelang am eigenen Leib erfahren. Und er war ein wichtiger Vertreter der tunesischen Intellektuellen, als eben dieses System im Januar 2011 zusammenbrach. Gemeinsam mit der Autorin Jalila Baccar und den Schauspielern des Ensembles nimmt er nun Kafkas Roman „Der Prozess“ zum Anlass, eine Parabel auf die Absurdität staatlicher Willkür zu entwickeln, die sowohl von Kafkas Labyrinth als auch von den Ereignissen inspiriert ist, die in den letzten beiden Jahren die Welt verändert haben. Das immer Fragment gebliebene Stück Weltliteratur, das dadurch vielleicht eine Besonderheit in Kafkas Welten darstellt, die als Inbegriff des Mehrdeutigen gelten. Essen. Die alttestamentarische Figur Hiob inspirierte den Journalisten und Literaten Joseph Roth zu seinem Mendel Singer, der harte Schicksalsschläge erfährt, aber auch märchenhaftes Glück, der am Leben verzweifelt und doch schließlich wieder Hoffnung schöpft. Roth beschreibt einen verbohrt-strenggläubigen Mann, dessen Blick sich nach durchlebtem Leid weitet und der sich schließlich der Welt zuwendet. Schon ein Jahr nach seiner Veröffentlichung im Oktober 1930 wurde der Roman vielfach übersetzt. „Hiob“ ist neben dem zwei Jahre später entstandenen „Radetzkymarsch” das erfolgreichste Werk Roths. Es spielt in Südrussland, vor dem Ersten Weltkrieg. Alles beginnt mit der Prophezeiung eines Rabbis: „Der Schmerz wird ihn weise machen, die Hässlichkeit gütig, die Bitternis milde und die Krankheit stark”. Dortmund. Uraufführung einer True crime-Tragödie: In dem winzigen Ort Plainfield, Wisconsin, wird die 58-jährige Ladenbesitzerin Bernice Worden aus ihrem Geschäft entführt. Als Polizisten ein Farmhaus in der Nähe überprüfen, finden sie ihren ausgeweideten und geköpften Körper sowie Teile von mindestens 15 verschiedenen anderen Leichen – darunter eine Sammlung Nasen, Masken aus Gesichtshaut, Fressnäpfe aus Totenschädeln und in der Pfanne auf dem Herd ein menschliches Herz. Das Farmhaus gehört Edward T. Gein, zu diesem Zeitpunkt fünfzig Jahre alt. Unter dem Namen Der Schlächter von Plainfield wird er zum berüchtigsten Verbrecher seiner Zeit: Nach dem Tod der vergötterten Mutter hat er mindestens zwei Frauen ermordet und zahlreiche Leichen auf Friedhöfen ausgegraben und verstümmelt. Gein gesteht zwei Morde, die er allerdings nicht als Verbrechen anzusehen scheint: Als schuldunfähig eingestuft überweist man ihn in die Psychiatrie, wo er bis zu seinem Tod 1984 bleibt. Horrorfilmregisseur Jörg Buttgereit erzählt in Kannibale und Liebe die Geschichte des Anti-Helden Ed Gein und untersucht seinen bemerkenswerten „Nachruhm“ im Kino und in der Rockmusik – zwischen Grabhügel, Mutterzimmer und Nervenheilanstalt. Sie haben nun die Qual der Wahl. Nicht wohin, sondern wohin zuerst! „Cats“ – Eine Musical-Legende kehrt zurück „Cats“ I R: Trevor Nunn I Zelt auf dem Festplatz Köln-Deutz 22.9.-28.10. I www.cats.de Leiden an an der der Realität Realität gleich gleich im Oktober Oktober Leiden PETER ORTMANN „Der Prozess“ I Sa 13.10. 19.30 Uhr I Kammerspiele Bochum 0234 33 33 55 55 „Hiob“ I So 21.10. 19 Uhr I Theater Essen I 0201 8 12 22 00 „Kannibale und Liebe“ I So 28.10. 18 Uhr I Theater Dortmund Studio 0231 5 02 72 22 24 BB Promotion GmbH in cooperation with Sundance Productions, Inc. NY presents a production of Michael Brenner DER ORIGINAL BROADWAY-KLASSIKER 11. - 20.10.12 · COLOSSEUM THEATER ESSEN COLOSSEUM THEATER E S S E N www.westsidestory.de BB Promotion GmbH in Kooperation mit MB Event & Entertainment GmbH präsentiert eine Produktion von Dirk Michael Steffan Das Musical, das die Herzen öffnet he Himmlisc ng: zu Starbeset e cht L aFr Weeih na nach einer Erzählung von Charles Dickens de als Engel 20. Nov. - 30. Dez. 2012 · COLOSSEUM THEATER ESSEN www.vom-geist-der-weihnacht.de Veranstalter Partner Medienpartner COLOSSEUM THEATER E S S E N BB PROMOTION GMBH PRESENTS A PRODUCTION OF MICHAEL BRENNER Queen Esther Marrow’s 'DV.OHLQH 'DV.OHLQH 7KHDWHU(VVHQ 7KHDWHU(VVHQ hEH UVFK ULIW LPPHUPLWWHQGULQ LPPHUPLWWHQGULQ .ULPLYRQ (GJDU:DOODFH 7HUPLQH XQGDP MHZHLOV XP8KU 8QVHUZHLWHUHV3URJUDPP -2%68(<2'(5 .(,1',11(5)h56h1'(5 .RP|GLHYRQ(GZDUG7D\ORU 8KU produced by BB Promotion GmbH and Sundance / Kirk Productions, N. Y. 31.12. 12 · COLOSSEUM THEATER ESSEN 11. - 12.01.13 · KONZERTHAUS DORTMUND 6HQLRUHQ6RQGHUYRUVWHOOXQJ .(,1(/(,&+(2+1(/,/< .RP|GLHYRQ-DFN3RSSOHZHOO 8KU www.theharlemgospelsingers.de MICHAEL BRENNER FOR BB PROMOTION GMBH IN ASSOCIATION WITH STOMP PRODUCTIONS AND GLYNIS HENDERSON PRODUCTIONS PRESENTS (,16&+g1(56&+/$:,1(5 .RP|GLHYRQ3LHUUH&KHVQRW XQG8KU *(6&+/266(1(*(6(//6&+$)7 6FKDXVSLHOYRQ-HDQ3DXO6DUWUH 8KU 7ROOHXQGXQWHUKDOWVDPH*DVWVSLHOH LP.OHLQHQ7KHDWHU(VVHQ 02. - 06.01.13 · KONZERTHAUS DORTMUND 08. - 13.01.13 · COLOSSEUM THEATER ESSEN www.stomp.de 7LFNHWVYRQELV¼.LQGHUWKHDWHUDE¼ *lQVHPDUNW(VVHQ7HO ZZZNOHLQHVWKHDWHUHVVHQGHEHVWHOOXQJ#NOHLQHVWKHDWHUHVVHQGH 25 TICKETS: 0209 - 14 77 920 · 01805 - 2001* www.bb-promotion.com *0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min. Theater-Kalender Ruhr Die Theater-Übersicht der Region STADTTHEATER HEINZ-HILPERT-THEATER LÜNEN 02306 104 22 99 Gut gegen Nordwind Mo. 22.10. 20.00 Die Stühle Do. 18.10. 20.00, Sa. 20.10. 20.00, Sa.27.10. 20.00, Mi. 31.10. 20.00 Unser Lehrer ist ein Troll Mi. 3.10. 16.00, Do. 4.10. 11.00, Sa. 27.10. 15.00, Di. 30.10. 11.00, Well, you’re my friend Mi. 3.10. 19.00, So. 14.10. 17.00, Mi. 31.10. 19.30 ABBA jetzt! Do. 4.10. 19.30 THEATER ESSEN (Grillo) 0201 812 22 00 Kaspar Häuser Meer Rote Erde Sa. 6.10. 19.30, Sa. 13.10. 19.30, So. 28.10. 19.00 The Black Rider So. 7.10. 19.00 Die Grönholm-Methode Do. 11.10. 19.30, Mi. 24.10. 20.00 Hiob So. 21.10. 19.00, Fr. 26.10. 19.30 Ulrike Maria Stuart Sa. 27.10. 19.30 König Richard der Dritte Fr. 5.10. 19.00 Sa. 27.10. 20.00 Mémoire en retraite MiR goes Klezmer So. 28.10. 18.00 So. 28.10. 18.00 Es brennt Mi. 3.10. 19.00, So. 14.10. 19.00, Do. 25.10. 19.30 SCHAUSPIELHAUS BOCHUM 0234 33 33 55 55 Sa. 27.10. 21.00, So. 28.10. 20.30 Mi. 31.10. 18.30 LANDESTHEATER CASTROP-RAUXEL 02305 97 80 20 Kleiner Werwolf Mi.3.10. 11.00, So. 7.10. 11.00, Fr. 26.10. 11.00, So. 28.10. 15.00, Di. 30.10. 11.00, Mi. 31.10. 11.00 Die kleine Meerjungfrau Arielle Boris Godunow Di. 2.10. 16.00 Sa.6.10. 19.30, So. 14.10. 18.00, Sa. 20.10. 19.30, So. 28.10. 18.00 Vor Wien Sa. 6.10. 20.00 La Bohème Der Name der Rose So. 7.10. 18.00, Sa. 13.10. 19.30 Mi. 10.10. 20.00, Fr. 12.10. 20.00, Sa. 27.10. 19.30 Urmel aus dem Eis So. 14.10. 15.00, Mo. 22.10. 16.00, Di. 23.10. 9.00 und 11.30, Mo. 29.10. 16.30 THEATER HAGEN 02331 207 32 18 Alk. Außer Kontrolle Heimat ist auch keine Lösung Nur ein Tag Mi. 24.10. 11.00 Sa. 6.10. 19.30 Das Leben der Bohème Di. 2.10. 10.00, Do.4.10. 10.00, Fr. 5.10. 10.00, Do. 25.10. 10.00, Fr. 26.10. 10.00, Sa. 6.10., 20.00 Davon geht die Welt nicht unter Kindertheater des Monats: Der Seehase So. 7.10. 16.00 Vor Sonnenaufgang So.7.10. 19.00, So. 21.10. 19.00 Draußen vor der Tür Do. 11.10. 19.30, Fr. 12.10. 19.30, Sa. 13.10. 19.30 Zorro jagt den Carmen-Schatz Mi. 17.10. 10.00, Do. 18.10. 10.00 Richard O‘Brien‘s The Rocky Horror Show Do. 25.10. 19.30 So.7.10.19.00, Mi. 17.10. 19.30, So. 21.10. 17.00 Der Kontrabass Mi. 10.10. 20.00, Mo. 15.10. 20.00 Spätschicht: Eine 2. Nacht mit Winnetou Fr. 12.10. 20.00 König Richard der Dritte Der Goldene Drache Sa. 13.10. 19.00, Sa. 27.10. 19.00 + Der Prozess Sa. 13.10. 19.30, Do. 25.10. 19.30 Ein Hochstapler erzählt Die Ehe der Maria Braun So. 14.10. 17.00, Sa. 27.10. 19.30, Mi. 31.10. 19.30 Volpone Di. 2.10. 20.00, Sa, 6.10. 20.00, Sa. 13.10. 18.00, Fr. 19.10. 20.00 Fr. 26.10. 20.00 Bunbury 27.10. 20.00 Do. 18.10. 19.30 Spiel des Lebens Do.18.10. 19.30 Sweet Home Europa Do. 18.10. 20.00 Effie Briest Fr. 19.10. 19.30 Die Dreigroschenoper Sa. 20.10. 19.30, Fr. 26.10. 19.30 Nathan der Weise Sa. 20.10. 19.30 Fred und Anabel So. 21.10. 16.00 Die Räuber Di. 23.10. 19.30 Bunbury Di.23.10. 19.30 Carole King. Queen of the Beach Mi. 24.10. 19.30 Angekommen Mi. 24.10. 19.30, Do. 25.10. 19.30 Yerma So.28.10. 17.00 Das Leben ist kein Fahrrad Di. 30.10. 19.30 THEATER DORTMUND 0231 502 72 22 Kabale und Liebe Fr. 5.10. 19.30, So. 14.10. 18.00, Fr. 26.10. 19.30, Sa. 27.10. 19.30, Mi. 31.10. 19.30 Einige Nachrichten an das All Sa. 6.10. 19.30, Sa. 13.10. 19.30 Lessings Gespenster Do. 18.10. 10.00, Do. 25.10. 10.00 THEATER OBERHAUSEN 0208 857 81 84 Dumm gelaufen Mo. 1.10. 19.30, Do. 11.10. 19.30, Di. 30.10. 19.30 Iphigenie auf Tauris Do. 4.10. 19.30 Der Sparkommissar Fr. 5.10. 19.30, Sa. 6.10. 19.30 Wild Years So. 7.10. 18.00 Die kleine Hexe Mo. 8.10. 15.00, Di. 9.10., 11.00, 21.10. 15.00 Doppeltüren Mi. 10.10. 19.30 Life/ Keith Richard Mi. 10.10. 20.00 Nora oder Ein Puppenhaus Fr. 12.10. 19.30 Frühlingserwachen – Das Leben geht weiter? Woyzeck Mi. 24.10. 20.00 WLT-Generatiös: Komödie im Dunkeln Sa. 27.10. 20.00 The Boy next door Mo. 29.10. 11.00, Di. 30.10. 11.00 Party für eine Leiche Mo. 29.10. 20.00 Di. 30.10. 19.30 Die Dreigroschenoper Mi. 31.10. 20.00 MUSIKTHEATER AALTO MUSIKTHEATER ESSEN 0201 812 22 00 Die Entführung aus dem Serail Fr.5.10. 19.30 Pelléas et Mélisande Sa. 6.10. 19.00, Sa. 13.10. 19.00, Di. 16.10. 19.30, Do. 18.10. 19.30, So. 21.10. 16.30, Mi. 24.10. 19.30, Fr. 26.10. 19.30, So. 28.10. 19.00 So. 14.10. 18.00 Jackie B. - Ein Leben in Extremen Sa. 20.10. 19.30 Waisen 24.10. 19.30 Cabaret Fr. 26.10. 19.30, Sa. 27.10. 19.30 Amphitryon So. 28.10. 18.00 Woyzeck Di. 30.10. 19.30, Mi. 31.10. 11.00, 19.30 Sa.20.10. 19.30, So. 28.10. 15.00 Woyzeck Di. 23.10. 19.30 Antigone Di.23.10. 20.00 Die 39 Stufen Do. 25.10. 19.30 Die Leiden des jungen Werther Do. 25.10. 20.00 Kannibale und Liebe So. 21.10. 18.30, So. 28.10. 18.00 THEATER DUISBURG 0203 300 91 00 Fräulein Else Di. 2.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00 Der Ring an einem Abend Mi. 3.10. 19.30 Maikäfer flieg‘ Do. 4.10. 20.00, Fr. 5.10. 11.00 Biedermann und die Brandstifter So. 14.10. 20.00 THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM 0208 96 09 60 Woyzeck Fr. 5.10. 19.30, Fr. 12.10. 19.30, Fr. 26.10. 19.30 Kaspar So. 7.10. 19.30 Immer noch Sturm Sa. 13.10. 19.30, So. 14.10. 16.00 Verbrechen Do. 18.10. 19.30 Was Ihr wollt Fr. 19.10. 19.30 Kaos Di. 23.10. 19.30 L’Isoloir Mi. 24.10. 19.30 Maaarch Do. 25.10. 19.30 In Spitting Distance Sa. 27.10. 16.00 Banafsaj Sa. 27.10. 19.30 It happened tomorrow CABARET QUEUE DORTMUND 01803 77 68 42 Lioba Albus und Lutz Debus: In der Ruhr liegt die Kraft Mo. 1.10. 20.00 Lioba Albus Di. 2.10. 20.00 Peter Vollmer Fr. 5.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00 Simone Fleck Fr. 12.10. 20.00, Sa. 13.10. 20.00 Sabine Wiegand Sa. 20.10. 20.00 Sebastian Schnoy Fr. 26.10. 20.00 Ken Bardowicks Sa. 27.10. 20.00 GOP VARIETE ESSEN 0201 247 93 93 Dummy Mo.-Do. 20.00, jeden Fr. 21.30, jeden Sa. 17.30 & 21.00, jeden So. 14.30 & 19.00 So. 9.9. 14.30/16.30, Mo. 10.9. 9.30/ 11.15, Di. 10.9. 9.30/ 11.15, Mi .10.9. 9.30/ 11.15, Do. 10.9. 9.30/ 11.15, THEATER IM RATHAUS ESSEN 0201 245 55 55 Das blaue Sofa Arsen in Spitzenhäubchen Fr. 12.10. 16.30 Eugen Onegin Mo. 1.10. 19.30, Di. 2.10. 19.30, Mi.3.10. 19.30, Do. 4.10. 19.30, Fr. 5.10. 19.30, Sa. 6.10. 16.00 und 19.30, Mo. 8.10. 19.30, Di. 9.10. 19.30, Mi. 10.10. 19.30, Do. 11.10. 19.30, Fr. 12.10. 19.30, Sa. 13.10. 19.30, So. 14.10. 19.00, Mo. 15.10. 19.30, Di. 16.10. 19.30, Mi. 17.10. 16.00 und 19.30, Do. 18.10. 19.30 Mi. 17.10. 19.30 Der alte Mann und das Meer Die Macht des Schicksals So. 14.10. 16.30, Do. 27.9. 19.30 Drei auf einen Streich Di. 16.10. 9.00 Die Fledermaus Sa. 20.10. 19.00 La Traviata Sa. 27.10. 19.00 DEUTSCHE OPER AM RHEIN DUISBURG 01805 44 70 Wagner/Loriot: Der Ring an einem Abend Mo. 22.10. 19.30, Di. 23.10. 19.30, Mi. 24.10. 19.30, Do 25.10. 19.30, Fr. 26.10. 19.30, Sa. 27.10. 16.00 und 19.30, So. 28.10. 19.00, Mo. 29.10. 19.30, Di. 30.10. 19.30, Mi. 31.10. 19.30 VARIETÉ ET CETERA BOCHUM 0234 130 03 Das Beste zum Feste jeden Mi.-Sa. 20.00, So. 19.00 Mi.3.10. 18.30, b.09 Ein Deutsches Requiem Fr..5.10. 19.30, Di. 23.10. 19.30 FREIE SZENE Tosca Fr. 12.10. 19.30 Die Csárdásfürstin Sa. 13.10. 19.30, Fr.19.10 19.30, Mi. 24.10. 19.30, Di. 30.10. 19.30 So.7.10. 18.00, So.30.9. 18.00 La Cantina Adrenalina - Ein Lampenfieberabend mit Musik VARIETE + BOULEVARD Petrosinella, lass dein Haar herunter! Sa. 13.10. 20.00 Never Too Loud - The Velvet Underground Funny Girl So. 21.10. 18.00, Fr. 26.10. 19.30, Sa. 27.10. 19.30, Mi. 31.10. 19.30 Prinz Friedrich von Homburg Fegefeuer in Ingolstadt THEATER KREFELD 02151 80 51 25 Der kleine Barbier oder Eine haarige Angelegenheit Mo. 1.10. 16.00 Sa. 6.10. 19.30, So. 28.10. 19.00 Kleiner Mann – was nun? OPER DORTMUND 0231 502 72 22 MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN 0209 409 72 00 Street Scene Mi. 3.10. 18.00, Sa. 13.10. 19.30, Do. 18.10. 19.30 BAHNHOF LANGENDREER 0234 687 16 12 Christian v. Ditfurth: Tod in Kreuzberg Di. 2.10. 19.00 Theater Stückwerk: Abflug Fr.12.10. 20.00 Jan Weiler Mi. 24.10. 20.00 Die Comedian Harmonists Fr. 5.10. 20.00, Fr. 12.10. 20.00, Fr. 19.10. 20.00, So. 28.10. 18.30 + Sprung in die Leere Sa. 6.10. 21.00, Mi. 10.10. 21.00, Do. 25.10. 21.00, Mi. 31.10. 21.00 Die Hexen von Eastwick So. 7.10. 18.00, Do. 11.10. 19.30 Peter und der Wolf So. 7.10. 15.00 und 16.30 Hans Liberg Mo. 8.10. 20.00 CONSOL THEATER GELSENKIRCHEN 0209 988 22 82 Let´s kiss Mo. 1.10. 10.30, Di. 2.10. 10.30, Do. 4.10. 19.00 Seide Fr. 5.10.. 20.00 Vom Fisch(er) und seiner Frau So. 7.10. 15.00 Pierrot lunaire Do. 11.10. 19.00 Klezmer Welten Roter Salon Sa. 13.10. 18.00, So. 14.10. 18.00, Do.18.10. 19.00, So. 21.10. 18.00 KOzertMEDitation Der erste Gang Mi. 17.10. 19.00 Di. 23.10. 19.00 So. 14.10. 18.00, Sa. 20.10. 19.30, Fr. 26.10. 19.30 Rosani Reis und Band Jürgen von der Lippe Mi. 24.10. 20.00 So. 21.10. 20.00 Jam Session 26 Vollmond Sa. 27.10. 19.00, So. 28.10. 18.00 = Premiere = trailer Empfehlung auf den Auswahlseiten + = trailer Theaterkritik Di. 30.10. 9.30 und 11.00, Mi. 31.10. 10.00 und 15.00 EBERTBAD OBERHAUSEN 0208 205 40 24 THEATER FLETCH BIZZEL DORTMUND 0231 14 25 25 Georg Schramm Emscherblut: Mittwoch-Special-Improshow Mo 1.10. 20.00. Mi. 3.10. 20.00 Ganz oder Gar nicht - ladies night Mi. 3.10. 20.00 Die Bullemänner - Furztrocken Do. 4.10. 20.00, Fr. 5.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00, Do. 11.10. 20.00, Fr. 12.10. 20.00, Sa. 13.10. 20.00, So. 14.10. 20.00, Do. 18.10. 20.00, Fr. 19.10. 20.00, Do. 4.10. 20.00, Fr. 5.10. 20.00 Dieter Hildebrandt Sa. 6.10. 20.00 So. 7.10. 19.00 ISLAND - Im Rausch der Sinne Mo. 15.10. 20.00 La Signoras Comedy Club Di. 23.10. 20.00 ABBAHAUSEN Mi. 24.10. 20.00 Simone Solga Do. 25.10. 20.00 Henning Venske und Kai Magnus Sting Fr. 26.10. 20.00 Ass-Dur Sa. 27.10. 20.00 Ganz Schön Feist Mi. 31.10. 20.00 FLOTTMANN-HALLEN HERNE 02323 16 29 51 Cyborg Di. 2.10. 19.00, Mi. 3.10. 19.00, Do. 4.10. 19.00 Angriff auf Anne Fr. 12.10. 20.00, Sa. 13.10. 19.00 Ensemble Fletch Bizzel - Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran Kindertheater Geierabendensemble – Bring mich nicht auf Störung Björn Jung „War das jetzt schon Sex?“ Fr. 12.10. 20.00 Björn Jung Sa. 13.10. 20.00, So. 28.10. 20.00 Ensemble Fletch Bizzel – Nachttankstelle Fr. 19.10. 20.00, Sa. 20.10. 20.00 jeden 1. Mittwoch im Monat Bianka Lammert – Das kunstseidene Mädchen 02.+03. Nov. 08. Dez. Mit Petticoat und Pferdeschwanz Fr. 26.10. 19.00, Sa. 27.10. 19.00 13. Okt. 28. Okt. 11. Nov. Mi. 3.10. 20.00 Ein Kopleck geht fremd Fr. 5.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00 Unter Lappen So. 7.10.19.00, Fr. 12.10. 20.00, Sa. 13.10. 20.00, So. 14.10. 19.00 Fr. 19.10. 20.00, Sa. 20.10. 20.00, So. 21.10. 19.00, So. 16.9. 19.00, Fr. 21.9. 20.00 Rada Radojcic & Birgitt Götz „IDEM – sag mir wer du bist“ 25. Nov. „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ 06. Okt.+ 09. Nov. Fr. 26.10. 20.00 Premiere 04.+05. Okt. Freunde der italienischen Oper Sa. 27.10. 20.00, So. 28.10. 19.00 Halpern & Johnson Das Schicksal von Cysalion Die Bullemänner „Furztrocken“ THEATER FREUDENHAUS IM GREND ESSEN 0201 851 32 30 O sole mio Do. 26.10. 19.30 19.+ 20. Okt. „Der letzte der feurigen Liebhaber“ Eine bissige Komödie von Neil Simon Fr. 26.10. 20.00, Sa. 27.10. 20.00 Night of Glory Mi. 24.10. 16.00 „Nachttankstelle“ Musikrevue von Franz Wittenbrink So. 7.10. 11.00, So. 28.10. 11.00, Mi. 31.10. 10.00 Die Heimatsschwindler Simsala Grimm OKT. -DEZ. 2012 Improshow mit Emscherblut Turbo Prop Theater – Pommes die Supermaus KULTURZENTRUM HERNE 02323 16 27 79 Sa. 22.10. 19.30 THEATER FLETCH BIZZEL Humboldtstraße 45 · 44137 Dortmund · Tel. 02 31 - 14 25 25 · www.fletch-bizzel.de Bianka Lammert „Das kunstseidene Mädchen“ THEATER IM DEPOT DORTMUND 0231 982 23 36 Kampf des Negers und der Hunde PRINZ REGENT THEATER BOCHUM 0234 77 11 17 Der Goldene Drache Mo. 1.10. 20.00, Di. 2.10. 20.00, Sa. 27.10. 20.00, So. 28.10. 20.00 Prinz Friedrich von Homburg Do 4.10. 20.00, Fr. 5.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00, Mi. 17.10. 20.00 Girlsnightout Fr. 19.10. 20.00, Sa. 20.10. 20.00 Offene Zweierbeziehung THEATER ROTTSTR 5 BOCHUM 0163 761 50 71 Cellulita, die Königin der Nachtcremes – 3. Teil: Jetzt mit Schoko-Diät! Fr. 19.10. 20.00, Sa. 20.10. 20.00 Iphigenie auf Tauris Mi: 24.10. 20.00, Do. 25.10. 20.00 RINGLOKSCHUPPEN MÜLHEIM AN DER RUHR 0208 99 31 60 Fallout Girl – Radioactive Roadshow Fr. 5.10. 19.30, Sa. 6.10. 19.30 And on the seventh day Sa. 13.10. 19.30, So. 14.10. 19.30 Baader – Choreografie einer Radikalisierung Sa. 27.10. 19.30 Emilia Mo. 29.10. 19.30 26. + 27. + 30. Nov. 21. Dez. Fischbar Fr. 5.10. 20.00, Sa. 6.10. 20.00, Di. 30.10. 20.00, Mi. 31.10. 20.00 + Nach mir die Sintflut Mi. 10.10. 20.00, 17.10. 20.00 Fr. 12.10. 20.00, Sa. 13.10. 20.00, Fr. 28.9. 20.00 Kai Magnus Sting & Spardosen-Terzett Geierabendensemble „Bring mich nicht auf Störung“ 12. Okt. Moby Dick Do. 25.10. 20.00, Sa. 27.10. 20.00 Das Ende der Welt „Unter Weihnachtsmännern“ Sa. 1.9. 19.30 23.+24.Nov. + Mi. 5.9. 19.30, Fr. 28.9. 19.30 Philotas Nach Einlass kein Beginn Sa. 8.9. 19.30, Do. 20.9. 19.30 Ensemble Fletch Bizzel „Nerudas Postmann“ oder „Mit brennender Geduld“ 16. Nov. Geschlossene Gesellschaft So. 9.9. 19.30 Trainpotting Do. 13.9. 19.30, Do. 27.9. 19.30 28.+29. Nov. 09.+22. Dez. 23. Dez. Gesocks Fr. 14.9. 19.30 Werther Sa. 15.9. 19.30 Matti und Großvater Doppelzahn Gerd Dudenhöffer spielt Heinz Becker „Sackgasse“ 01. Dez. So. 16.9. 15.00 Ute, die Gute So. 16.9. 19.30 RÜ-BÜHNE ESSEN 0201 384 67 66 Unhappy Girl: Marilyn Mr. Pilks Irrenhaus Sa. 22.9. 19.30 Fr. 5.10. 20.00 Versionale Sa. 6.10. 20.00 Isch rebelliere - gleich Fr. 26.10. 20.00 Ein jeder Narr tut was er will Sa. 27.10. 20.00 The Morning after…Der Morgen danach Der eingebildete Kranke So. 23.9. 19.30 Fight Club Sa. 29.9. 19.30 Fräulein Else So. 30.9. 19.30 THEATER AN DER NIEBUHRG OBERHAUSEN 0208 86 00 72 Basta Vier im Revier So. 21.10. 19.00 Sa. 27.10. 20.00, So. 28.10. 16.00 Der kleine Kerl vom anderen Stern Kindertheater Der Bau WERK°STADT WITTEN 02302 171 31 65 Reflection - Ruf der Freiheit Emscherblut „Alle Jahre wieder“ 04.-07. Dez. Fr. 21.9. 19.30 So. 28.10. 17.00 Di. 2.10. 20.00, Mi. 3.10. 16.00 Guido Fischer „Neurotisch aber glücklich“ Premiere 08. Nov. Ich und Ich und verdammt viele Andere Fr. 12.10. 20.00, Sa. 8.9. 20.00, So. 9.9. 18.00, Fr. 21.9. 20.00, Do. 27.9. 20.00, Fr. 28.9. 20.00 „Drei Männer im Schnee“ 12.-14. Dez.+16. Dez. Do. 18.10. 20.00 Hans Werner Olm Dieter Hildebrandt Uta Rotermund „50plus! Seniorenteller!“ 15. Dez. Kartenvorverkauf: KulturInfoShop in der Sparkasse Dortmund Katharinenstr. 1 · Tel. 02 31-50 277-10 Do. 25.10. 20.00 Rick Kavanian Fr. 26.10. 20.00 www.fletch-bizzel.de 27 MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN STREET SCENE Amerikanische Oper von Kurt Weill DERDASERSTE GANG! NEUE BALLETT IM REVIER STELLT SICH VOR Premiere 22. September 2012 19.30 Uhr, Großes Haus Premiere 14. Oktober 2012, 18.00 Uhr, Großes Haus WEITERE TERMINE 28. und 30. September 2012 3., 13. und 18. Oktober 2012 | 10., 18. und 22. November 2012 15. Dezember 2012 WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE WEITERE TERMINE 20., 26. Oktober 2012 2. , 27. Dez. 2012 6. Jan. 2013 28 KARTENTELEFON 0209.4097-200 www.trailer-ruhr.de EIN FILM VON MATTHIAS GLASNER GNADE www MIT BIRGIT MINICHMAYR UND JÜRGEN VOGEL www.gnade-derfilm.de 29 ab 18.10. im Kino MARILYN MONROE © Bert Stern / Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann Mannheim In Fotografien von George Barris Allan Grant Milton H. Greene Tom Kelley Leif-Eric Nygård und Bert Stern – THE LAST SITTING 23. 9. 2012 – 13. 1. 2013 Programm Sonntag 21. 10. 2012, 15 Uhr Marilyn Monroe´s Lieder und Kostüme Ein Tribute Konzert mit MM Darstellerin Scarlett Andrews Donnerstag 22. 11. 2012, 19 Uhr „…ach Leben, man hat Dich betrogen!“ Vortrag: Dipl. Psychologin Caroline Scholz, Nürnberg Sonntag 6. 1. 2013, 16.45 Uhr Blondinen bevorzugt Filmvorführung im LICHTBURG FILMPALAST 1953, Regie Howard Hawks, Hauptdarstellerinnen Marilyn Monroe, Jane Russel, 88 Minuten Elsässer Str. 26 46045 Oberhausen Tel. 0208-824290 www.lichtburg-ob.de Sonntag, 14. 10. 2012, 25. 11. 2012, 16. 12. 2012, 13. 1. 2013, jeweils um 15 Uhr Führung durch die Kuratorin der Ausstellung Dr. Christine Vogt Öffentliche Führung Sonn- und Feiertags 11.30 Uhr .RQUDG$GHQDXHU$OOHH'2EHUKDXVHQ WlJOLFKELV8KUPRQWDJVJHVFKORVVHQ 30 ZZZOXGZLJJDOHULHGH Film-ABC Vorspann Eingefangen zwischen den Schneeschichten monatelanger Polarnächte: „Gnade“, S. 34 KULTUR.KINO.RUHR. FILMKRITIK-ÜBERSICHT Oktober 2012 FILMSTART-TERMINE 27.9. 4.10. 11.10. 18.10. 36 3 Zimmer/Küche/Bad X 39 96 Hours – Taken 2 39 Abraham Lincoln Vampirjäger 42 Agent Ranjid rettet die Welt X 40 Angels’ Share – Ein Schluck für die Engel X 42 Asterix & Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät 38 Bombay Beach 42 Das Kind 43 Der Chaos-Dad 39 Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa 39 Die Qual der Wahl 39 Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab X 32 Die Wand X 38 Ein griechischer Sommer X 43 Für Elise X 34 Gnade 43 Italy – Love it or Leave it 37 Looper 3.10. 39 Madagascar 3: Flucht durch Europa 2.10. 42 Mann tut was Mann kann 37 Messner 42 Miss Bala X 43 Off the Beaten Track X 37 On the Road – Unterwegs 42 Paranormal Activity 4 42 Premium Rush 34 Savages 39 Schutzengel 42 Sparkle 40 Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 43 Sushi in Suhl 39 The Deep Blue Sea X 36 Un amour de jeunesse X 38 Wie beim ersten Mal X 43 Zeit zu leben X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X Wertung unter den Filmkritiken: 1( ) bis 6 ( ) 6 Punkte = Höchstwertung … vor Idealisten im Revier! Morgan Freeman ist tot. Diese Nachricht geisterte vor wenigen Wochen durch das weltweite Netz. „R.I.P. Morgan Freeman“ heißt die Internetseite, aufgrund derer sich fast eine Million User zu Kondolenzbekundungen hinreißen ließen. Doch – nur ein Scherz. Glücklicherweise. Derartige Fake-Meldungen sind im WWW nichts Außergewöhnliches und werden begünstigt durch dessen Schnelllebigkeit und relativen „Freiheit“. Es wäre wirklich sehr schade gewesen, einen allseits so beliebten Schauspieler nicht mehr in kommenden Filmen sehen zu können. Ob als Chauffeur von Miss Daisy, als abgehalfterter Revolverheld neben Clint Eastwood, als Gott oder zuletzt in Nolans BatmanTrilogie als brillanter Ingenieur: Morgan Freeman war und bleibt immer ein Sympathieträger. Seine schauspielerische Leistung wird hoch geachtet und ausgezeichnet. Ebenso die seines Kollegen Christian Bale. Der geht für seine Rollen auch mal ins Extreme. Vom knackigen „American Psycho“ Patrick Bateman hungert er für den Machinist 26 Kilo runter, um im nächsten Jahr als Batman 31 Kilo wieder draufzupacken. Und so geht das noch ein paar Mal hoch und runter. Gute Leistung muss belohnt werden, sagt man. Wird sie in den beiden Fällen auch: mit Auszeichnungen und einer beachtlichen Gage, die ihnen die wenigsten übel nehmen werden. Dass gute Leistung aber nicht immer honoriert wird, haben viele schon einmal persönlich erlebt. Dass die Millionen nicht folgten, fast alle. Glücklicherweise gibt es noch Idealisten, die um der Sache willen ihre Zeit und Energie investieren, nicht für den schnöden Mammon. Kinokultur ist so eine Sache. In Dortmund beispielsweise wird nun bereits seit 100 Jahren unermüdlich Kinokultur am Leben erhalten. In guten und in schlechten Zeiten, wie man so schön sagt. Die Schauburg feiert in diesem Monat ihr 100jähriges Bestehen und startet am 8.10. in eine Jubiläumswoche, in der auch ein anderes 100jähriges Geburtstagskind gewürdigt werden soll, das Filmstudio Babelsberg. Der Kinokultur-Bogen wird von West nach Ost geschlagen und so können sich die Besucher in dieser Woche nicht nur auf Schätzchen wie „Golem“, „Nosferatu“ und „Der blaue Engel“, sondern auch auf zeitgenössische Produktionen wie „Inglourious Basterds“ aus dem Filmstudio freuen. Es ist schön, dass bei einem solchen Jubiläum die Kinokultur und -arbeit gewürdigt wird, doch sollte man darauf nicht 100 Jahre warten müssen. Kinoarbeit der besonderen Art leisten auch die Veranstalter vom Festival des deutschen psychotronischen Films. Junk, den keiner braucht, mögen einige lästern. Falsch – es ist Junk, der zur Diversität innerhalb des Kinos beiträgt. In den letzten Jahren gab es „especially forgotten Junk“ aus deutschen Landen, von „Es geschah am hellichten Tag“ bis „Premutos“, immer abgeschmeckt mit der Anwesenheit von „Typen“ wie Wolfgang „Wölfi“ Wendland oder Jörg Buttgereit. Die 14. Ausgabe dieses Festivals wird am 25.10. eingeleitet mit etwas Lokalpatriotismus, von „Feuer an der Ruhr“, und hält mit seiner Sneak Preview plus Regisseursbesuch auch eine Überraschung bereit. Ganz frisch hat das Filmfest Homochrom die Kinokultur im Ruhrgebiet bereichert. Jeden Monat läuft in ausgewählten Kinos ein schwul-lesbisch-queeres Filmhäppchen, und vom 26. bis 28. Oktober verdichtet sich das Programm in der Schauburg Dortmund mit einem gut gefüllten Film-Tablett, das mit Gästen und Gesprächen abgerundet wird. Niemand dieser und vieler anderer Kinoaktiven fordert die Würdigung ihrer Leistungen ein. Und dennoch wäre es sehr schade, erst den Hut zu ziehen, wenn es im schlimmsten Fall nach einer schweren Zeit hieße: „R.I.P. Stückchen Kinokultur des Ruhrgebiets“. LISA MERTENS Lesen Sie mehr: www.trailer-ruhr.de / news Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Hut ab… Schätzt die Arbeit der Kinoaktiven im Ruhrgebiet: Lisa Mertens 31 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film des Monats Zurück zur Natur: Die Frau (Martina Gedeck) mit ihrem besten Freund Luchs Auslöschung. Ein Zerfall „Die Wand“ von Julian Roman Pölsler Eine Frau auf einer Berghütte. Als sie zum tiefer gelegenen Dorf aufbricht, stößt sie gegen eine unsichtbare Wand. C Psychodrama vor Naturkulisse Noch ein Endzeitfilm im Apokalypsenjahr 2012. Doch „Die Wand“ ist kein Katastrophenspektakel, es ist ein ruhiges Ein-Personen-Stück: Ein MercedesCabriolet rast über die Kurvenstraßen der Alpen. Ein älteres Ehepaar sitzt vorne, hinten teilen sich eine Frau und der Hund des Paares die Sitzbank. Aus den Boxen schallt laut Musik. Der Wagen biegt in ein kleines Tal ein, ein Schotterweg bringt die vier zu einer kleinen Hütte. Nach dem Einzug in die Hütte macht sich das Paar auf den Weg ins Wirtshaus im Dorf, die Frau und der Hund bleiben zurück. Als sie am nächsten Morgen alleine in der Hütte aufwachen, machen sie sich auf den Weg ins Dorf. Doch eine glatte, kalte, unsichtbare Wand versperrt ihnen den Weg. Die Frau ist geschockt – zu verstehen ist die Situation nicht. In den nächsten Tagen umkreist sie das Terrain, aber überall stößt sie irgendwann auf diese Wand. Nach einiger Zeit fügt sie sich ihrem Schicksal und beginnt zu tun, was getan werden muss: Sie sät, sie erntet, sie jagt – und auch einige Haustiere laufen ihr zu. All das dokumentiert sie in ihrem Bericht, den vielleicht außer ihr niemals jemand lesen wird. Die Ursache. Eine Andeutung Julian Roman Pölsler hat sich schon lange Zeit mit der Verfilmung von Marlen Haushofers (1920 – 1970) Roman „Die Wand“ von 1963 beschäftigt. Den Roman zeichnet eine Schlichtheit und Klarheit aus, die man im Zusammenspiel mit einer gedanklichen Kälte und Härte durchaus von österreichischen Künstlern kennt, seien es SchriftstellerInnen wie Elfriede Jelinek oder Thomas Bernhard oder Regisseure wie Michael Haneke oder Ulrich Seidl. Im Gegensatz zu diesen erlebte Haushofer, die unter stetem Verzicht ein kleinbürgerliches Leben lebte, nur kleinere Erfolge. Die breite Würdigung ihres Werkes, ausgehend von dem gesteigerten Interesse durch die Frauenbewegung an ihren Texten, erlebte die, 1970 an Krebs gestorbene, Literatin nicht mehr. Um so erfreulicher ist die späte Würdigung ihres wohl bekanntesten Buchs „Die Wand“ mit einer Verfilmung, die wohl ganz im Sinne der Autorin sein dürfte. Julian Roman Pölsler ist vornehmlich Fernsehregisseur. So hat er bislang vier Polt- und zwei Daniel Käfer-Romane von Alfred Komarek verfilmt. Mit Literaturverfilmungen kennt er sich also aus. Doch „Die Wand“ ist ein ganz anderes Kaliber: Eine Darstellerin, fast nur innerer Monolog, kaum Ereignisse. Das kann leicht schief gehen. Pölsler geht behutsam mit dem Stoff um. Das fantastische Moment der Geschichte umreißt er ganz schlicht mit einer pantomimischen Darstellung. Nur eine kleine Nuance auf der Tonspur – ein Brummton hier, das Ausbleiben der Umgebungsgeräusche dort – deutet die unsichtbare Abgeschlossenheit der www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Protagonistin an. Die in den Film eingeflossenen Textpassagen des Buchs kommen gänzlich aus dem Off. Gerade dieses Stilmittel kann auf Dauer bemüht, gekünstelt klingen, und den Zuschauer von der Empathie zur Person wegtragen. Hier ist das Gegenteil der Fall. Martina Gedeck schafft es nicht nur, die Nüchternheit der Vorlage mit ihrem Spiel zu wahren – Pathos fühlt man in Angesicht ihres Robinson-Schicksals nicht. Gleiches gelingt ihr auch auf der Tonebene mit dem eingesprochenen Text, der wie im Buch als von der Figur verfasster Bericht von den Ereignissen erzählt. Es gibt noch weitere Tonebenen, die Pölsler ebenfalls als Off-Kommentar verstanden wissen möchte. Da wäre zum einen die sparsam, aber effektiv eingesetzte Filmmusik. Nicht nur der melancholische Tonfall von Bachs Partiten für Violine solo, auch die Verwendung eines Solostücks fügt sich in das Thema des Films, das auf einer dritten Tonebene mit der absoluten Stille reflektiert wird: Einsamkeit. Auf die Leinwand legt sich – frei nach Thomas Bernhard – Frost. Die Kälte. Eine Isolation Der Einsamkeit, der Unsicherheit, der Angst steht die Reichhaltigkeit der Natur gegenüber. Pölsler, der selber in der abgeschiedenen Bergwelt aufgewachsen ist, fängt im Wandel der Jahreszeiten die Schönheit und Zugewandtheit der Natur ebenso ein wie ihre Kargheit und ihr abweisendes Antlitz. Anders als die zweite beeindruckende Kino-Apokalypse der letzten Zeit – Bela Tarrs „Das Turiner Pferd“ – setzt Pölsler der inneren Verzweiflung mit berauschenden Bildern der Natur etwas sinnstiftendes entgegen. Wo sich in „Das Turiner Pferd“ mit monolitischen Schwarzweißbildern langsam aber sicher das Bild, und mit ihm die Welt, verdunkelt, gibt es in „Die Wand“ – im Buch wie im Film – Hoffnung. Die Natur ist ein Grund zu leben, die Tiere werden zu Freunden, und die eigenen Gedanken sind ja auch noch da. „Schließlich gab ich meine sinnlose Flucht auf und stellte mich meinen Gedanken“, rezitiert Gedeck einmal, und grenzt die freie Interpretation des Stoffs zwischen Psychologie und Philosophie, Naturromantik und Zivilisationskritik damit nicht ein. CHRISTIAN MEYER DIE WAND Berlinale 2012: Preis der ökumenischen Jury A/D 2011 - Drama - Regie: Julian Roman Pölsler - Kamera: Helmut Pirnat - mit: Martina Gedeck, Karlheinz Hackl, Ulrike Beimpold - Verleih: StudioCanal Start: 11.10. BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater trailer verlost 1x2 Karten. E-Mail bis 10.10. an [email protected], Kennwort: Wand 32 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Kritikerspiegel Ruhr Oktober 2012 Die häufigsten Nennungen Arnold Hohmann WAZ Sebastian Ko WDR Ingrid Bartsch ARD 1 LIVE Morgenmagazin R.-Ruediger Hamacher film-Dienst Marieke Steinhoff Schnitt Christian Meyer choices Kultur.Kino.Köln. The Deep Blue Sea von T. Davies Angels‘ Share (...) Herausragend von K. Loach Sascha Westphal EPD-Film Bemerkenswert 3 Zimmer/ Küche/Bad von D. Brüggemann Bombay Beach von A. Har‘el Miss Bala von G. Naranjo Die Wand von J. Pölsler Best of Comedy Madagascar 3 (...) von E. Darnell 3 Zimmer/ Küche/Bad von D. Brüggemann Madagascar 3 (...) von E. Darnell Angels‘ Share (...) von K. Loach Best of Drama Gnade von M. Glasner Die Wand von J. Pölsler Wie beim ersten Mal von D. Frankel Das Kind von Z. Bács Besondere Erwähnung Looper von R. Johnson The Deep Blue Sea von T. Davies Ein griechischer Sommer von O. Horlait FAZ Daniel Lars Olav Kothenschulte Beier Spiegel Frankfurter Katja Nicodemus Die Zeit Frank Brenner trailer Kultur.Kino.Ruhr Gnade von M. Glasner Angels‘ Share (...) von K. Loach The Deep Blue Sea von T. Davies Wie beim ersten Mal von D. Frankel Bombay Beach von A. Har‘el Un amour de jeunesse von M. Hansen-Løve Un amour de jeunesse von M. Hansen-Løve Savages 3 Zimmer/ von Küche/Bad O. Stone von D. Brüggemann 3 Zimmer/ Küche/Bad von D. Brüggemann 3 Zimmer/ Küche/Bad von D. Brüggemann Die Qual der Wahl von J. Roach Angels‘ Share (...) von K. Loach Bombay Beach von A. Har‘el Die Wand von Regisseur J. Pölsler Messner von A. Nickel The Deep Blue Sea von T. Davies Wie beim ersten Mal von D. Frankel Angels‘ Share (...) von K. Loach Die Wand von J. Pölsler Bombay Beach von A. Har‘el Cristina Nord taz Rundschau Die Wand von J. Pölsler The Deep Blue Sea von T. Davies Angels‘ Share (...) von K. Loach Verena Lueken Miss Bala von G. Naranjo Premium Rush von D. Koepp Kino-Kalender Ruhr PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN 13.10., 14.30 Uhr EINER WIE BRUNO, Lichtburg Essen Christian „Herr Lehmann“ Ulmen kämpft um seine Tochter. Reihe „ImLeben“. 30.9., 17.30 Uhr MADAGASCAR 3, Cinestar Dortmund Preview der nächsten Reise des Vierergespanns beim Kinderfest. 2.10., 20 Uhr ABRAHAM LINCOLN VAMPIRJÄGER, Cinemaxx Essen Der Sezessionskrieg in ganz neuem Gewand. Als Preview, s. S. 39 14.10., 15 Uhr ASTERIX & OBELIX: IM AUFTRAG IHRER MAJESTÄT, Cinemaxx Essen Die beiden unbesiegbaren Gallier retten die Insel. Preview, s. S. 42 3.10., 14.30 Uhr UNSER LEBEN, UCI Bo/Du Die Dokumentation über die Vielfalt unseres Planeten im Kino-Café. 14.10., 15.30 Uhr HUGO CABRET, Filmforum Duisburg Oscar-prämiertes Werk von Scorsese im Abenteuer Kinderkino. 3.10., 14.30 Uhr KOCHEN IST CHEFSACHE, Filmwelt Herne Französisches Gourmet-Kino mit Jean Reno im Kino-Café. 3.10., 18 Uhr DIE KUNST ZU LIEBEN, Astra Essen Episodenfilm in Kooperation mit dem Deutsch-Französischen Kulturzentrum. OmU. 15.10., 14.30 Uhr BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL, Casablanca Bochum Der chaotische Lebensabend von Judi Dench und Co. im Kino-Café. „Unser Leben” 3.10., 20.30 Uhr ON THE ROAD, Lichtburg Oberhausen Verfilmung des Romans aus der Beat Generation. Preview, s. S. 37 19.10., 21 Uhr ON A MOVIE TRIP, Roxy Dortmund A Piano Film Score Journey mit Sven Bergmann und Oliver Bartkowski. Live Konzert. 19.10., 22.30 Uhr CALL ME KUCHU, Metropolis Bochum Teddy-Award für die beste Doku 2012. Reihe Homochrom. 4.10., 14 Uhr LE HAVRE, Lichtburg Essen Kaurismäkis traurig-schöne Geschichte in Kooperation mit dem Seniorenbeirat Essen. 19.10., 23 Uhr RED TEARS, UCI Bo/Du Ein Serienkiller taucht eine japanische Großstadt in Blut. MidnightMovie. 4.10., 19.30 Uhr THE KING’S SPEECH, Babylon Hagen Die VHS lädt ein zum Oscar-Gewinner des letzten Jahres. OmU. 7.10., 15 Uhr GOLDRAUSCH, Filmstudio Essen Wahre Welten: über die Vergangenheit der Treuhandanstalt 21.10., 12.45 Uhr DAS SCHWEIN VON GAZA, Schauburg Gelsenkirchen Politisch unkorrekt und ziemlich böse: der Autorenfilm von Sylvain Estibal. 8.10., ab 10.15 Uhr TAG DER OFFENEN TÜR, Schauburg Dortmund 100-Jahrfeier mit Inglourious Basterds, Nosferatu u.v.m. Der Eintritt ist frei. 21.10., 13 Uhr CHICO & RITA, Casablanca Bochum Hochgelobter Film über Jazz, Liebe und Leben auf Kuba. Sektmatinee. 10.10., 19.45 Uhr MANN TUT WAS MANN KANN, Cinestar Dortmund … und ein Glas Prosecco zur CineLady-Preview, s. S. 42 „On the Road” 21.10., 18 Uhr HALT AUF FREIER STRECKE, Babylon Hagen Andreas Dresens Drama in der Reihe Kirchen & Kino. 10.10., 20 Uhr DER PATE 2, Casablanca Bochum Die Corleones in der Reihe „Filmklassiker am Mittwoch“. 24.10., 18 Uhr ELITE NOW, StudienKreis Film Bochum Satire über Uni und Exzellenz. Premiere mit anschließender Feier. 11.10., 14 Uhr BAVARIA – TRAUMREISE DURCH BAYERN, Cinemotion Mülheim Das ferne Bayern aus der Höhe im Seniorenkino. Doku. 25.10., 18 Uhr FEUER AN DER RUHR, Endstation Bochum Eingangsfilm des 14. Festivals des deutschen psychotronischen Films. „Chico & Rita“ 26.10., 17.30 Uhr DER BLAUE ENGEL, Endstation Bochum Der Klassiker mit Marlene Dietrich. 12.10., 22.30 Uhr MY SON, MY SON, WHAT HAVE YE DONE, Casablanca Bochum Von Werner Herzog, mit Willem Dafoe. Nightmovie. OmU. 29.10. USING PHOTOGRAPHY, SweetSixteen Dortmund In Kooperation mit der Ausstellung des Künstlerhauses (5.10.-11.11.). 12.10., 23 Uhr ZOMBIE – THE TERROR EXPERIMENT, Apollo Gelsenkirchen Nicht-Infizierte versuchen, ihre Haut zu retten. Genrefilm. Midnight-Movie. 31.10., 20.30 Uhr BIG WEDDING, Cineworld Lünen Komödie mit Robert De Niro und Diane Keaton. Preview. „Der Pate II” Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … „Das Schwein von Gaza” 33 „Der blaue Engel“ www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Neue Filme Sonne, Sex, Drogen … und schließlich auch Blut Jürgen Vogel inmitten von symbolträchtigem Eis Karikatur Pulp Fiction 2.0 Getan ist getan „Savages“ von Oliver Stone „Gnade“ von Matthias Glasner Zwei kalifornische Drogendealer geraten mit einem mexikanischen Drogenkartell aneinander. C Pulp-Thriller Vater, Mutter, Kind ziehen in eine Gemeinde nach Norwegen. Ein Schicksalsschlag zwingt die zerrüttete Familie zum Zusammenhalt. C Fahrerfluchtdrama Ein epischer Historien-Flop („Alexander“), ein mit christlicher Symbolik durchtränktes Katastrophenszenario („World Trade Center“), eine harmlose Politikeriografie („W.“) und ein „Wallstreet“-Aufguss mit versöhnlichem Ende – Oliver Stone ist seicht geworden in den letzten Jahren. Biss und Zynismus gingen ebenso verloren wie der Mut zu filmästhetischem Experiment oder nachhaltiger Gesellschaftskritik. Man erinnere sich bloß an seinen ambitionierten, spannenden Verschwörungsthriller „JFK“ (1991), an die leinwandsprengende Medienschelte seines „Natural Born Killers“ (1994) oder auch an gelungenes Mainstreamkino à la „U-Turn“ (1997). Ja, Stone war mal ein unbequemer Visionär in Hollywood. Doch er bleibt am Ball: Jetzt kommt er mit einem Thriller daher, einem Pulp-Streifen, dem der gleichnamige Roman von Don Winslow aus dem Jahr 2010 zugrunde liegt: „Savages“ spielt im bleihaltigen Drogensumpf der kalifornisch-mexikanischen Grenze. Dort, im Süden Kaliforniens, leben zwei Freunde, die durch ihre einzigartige Zucht von Marihuana reich geworden sind. Chon ist der Mann fürs Grobe, ein Ex-Soldat, der seine Seele im Krieg gelassen hat. Ben indes ist der Samariter, der Drogen auch an Kranke zur Schmerzlinderung verkauft. Darwin trifft auf Buddha – und zugleich teilen sich die beide Freunde dieselbe Frau: Ophelia: „Das Einzige, das die beiden gemeinsam haben, bin ich.“ Eigentlich läuft alles prima, bis Elena, Chefin eines mexikanischen Drogenkartells, dazwischen funkt und den Sunnyboys eine Kooperation aufzwingt. Ben und Chon wollen sich schon nach Indonesien absetzen, da steht Elenas Handlanger Lado in der Tür – und Ophelia wird entführt. Sonne, Sex, Drogen & Blut: Das mag im Hinblick auf Oliver Stone am ehesten an „U-Turn“ erinnern, in dem ein Pechvogel in der Wüstenstadt durchs zartbittere Martyrium schlittert und dabei allerlei skurrilen Typen begegnet. Die gibt es auch in „Savages“ zu hauf, allen voran Benicio Del Torro als kompromissloser Killer, eine derbe Karikatur eines geschmacklosen Ekels. Eigentlich ist der ganze Film eine Karikatur. Da mag Autor Don Winslow jahrelang im Milieu recherchiert haben, um seinen Roman so authentisch wie möglich zu gestalten – Oliver Stone verfilmt die Vorlage als ein blutiges Stück Pulp Fiction mit der profanen Erkenntnis, dass Krieg und Verbrechen den Charakter verderben und Liebe erpressbar macht. Insgesamt inszeniert er dabei schnittig und stilsicher. Abgesehen von den gelegentlichen Video-Einspielern, mit denen die Schurken die Hinrichtungen ihrer Opfer dokumentieren, kleidet der Regisseur die Geschichte in sonnigen Hochglanz, mit viel Pose und nackter Haut. Dabei erfindet er das Genre nicht neu, erreicht auch nicht alle Vorbilder, inszeniert aber cool. Die Story überfordert einen nicht und zieht gegen Ende angenehm an. Und mehr will er vielleicht auch gar nicht – und ist damit der stärkste Film von Oliver Stone seit 15 Jahren. HARTMUT ERNST Niels (Jürgen Vogel) aus Kiel ist Familienvater und Schwerenöter: Hinter dem Rücken seiner Frau Maria (Birgit Minichmayr, „Alle Anderen“) und Sohn Markus (Henry Stange) hat er eine Affäre. Das soll sich auch nicht ändern, als die Kleinfamilie aufgrund seines Jobs nach Norwegen zieht. Dort trifft sich Niels schon bald regelmäßig mit seiner Kollegin Linda (Ane Dahl Torp). Zu Hause, in einem Holzhaus am Rande der verschneiten Gemeinde, mimt er den launisch strengen Vater und abweisenden Ehegatten. Maria indes hat ein gutes Herz, ein zu gutes Herz: Sie opfert sich über die Maße auf im Job als Krankenschwester, legt Überstunden und Doppelschichten ein. Ihren Kolleginnen ist die unerschütterliche Optimistin Freundin und Trost. Dann trifft die Aussteigerfamilie ein Schicksalsschlag: Maria fährt nachts eine Jugendliche an und begeht Fahrerflucht. Sie weiht Niels ein, doch es ist zu spät: Das Mädchen stirbt. „Ich bin das nicht“, bereut Maria verzweifelt, aber getan ist getan. Das Drama begleitet das entfremdete Paar dabei, wie es versucht, mit der Schande umzugehen, mit der Schuld und mit dem Schweigen. Die drückende Last wird beide Partner verändern. Jürgen Vogel und Birgit Minichmayr spielen ihre Rollen mit Bravour. Zurückgenommen rücken sie das Drama ins Alltägliche, die zerrüttete Ehe, die stille Schuld ist greifbar nah, es menschelt, und das verführt unbequem zur Selbstreflexion. Bisweilen verzettelt sich der Film, wenn er versucht, mit dem Sohn einen parallelen Handlungsstrang zu entwickeln, der das Schicksal der Eltern abzugleichen versucht: Markus muss sich als Neuling an der Schule zurechtfinden und gerät an einen falschen Freund, der mit Vaters Pistole schießt und Mitschüler demütigt. So muss sich bald auch Markus einer Schuld stellen und hofft, wie seine Eltern, auf die Gnade der Betroffenen. Das wirkt konstruiert. Dann beobachtet die Kamera Markus dabei, wie er aus gefilmten Alltagsszenen Videoclips montiert. Doch führt dies am Ende zu nichts. Mitunter scheint dann der Fokus nicht ganz klar, den dieses Drama sucht. Der Junge bleibt zu blass für die Präsenz, die ihm das Drehbuch scheinbar auferlegen will. Da neigt der Film dazu, sich zu verlaufen. Wenn er jedoch bei dem Ehepaar ist, bei der gemeinsamen Schuld, der Hilflosigkeit und der Suche nach Erlö-sung, dann ist er stark. Mit ruhigem Tempo und bedächtiger Kamera folgt Regisseur Matthias Glasner („Der freie Wille“) einer Frau, die an das Gute glaubt und Böses tut, und einem Mann, der seine Illusionen verloren hat. Ein-gefangen zwischen den Schneeschichten monatelanger Polarnacht, die dem Geschehen nicht nur eine prächtige Kulisse, sondern auch symbolträchtiges Abbild einer erkalteten Beziehung sind, die schon lethargisch vor sich hin dämmert. So lang, bis die kleine Gemeinde von einem großen Unglück erschüttert wird, das alles verändert und viele Fragen aufwirft. HARTMUT ERNST SAVAGES GNADE USA 2012 - Kriminalfilm / Drama - Regie: Oliver Stone - Kamera: Daniel Mindel - mit: Aaron Johnson, Taylor Kitsch, Blake Lively - Verleih: Universal Start: 11.10. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion D/N 2012 - Drama / Thriller - Regie: Matthias Glasner - Kamera: Jakub Bejnarowicz mit: Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr, Henry Stange - Verleih: Alamode Start: 18.10. www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 34 BO: Metropolis/Casablanca, DO: Roxy, E: Filmkunsttheater Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet culture club Roter Teppich culture club Foto: Enno Kapitza präsentiert: Musical Ein seltener Lichtstrahl in der Dunkelheit: Birgit Minichmayr in „Gnade“, Foto: Jakub Bejnarowicz „Ich bleib’ bei meinen Leisten“ präsentiert: Literatur KEIN PARDON JAN WEILER Das Motto: Jeder Mensch hat einen Traum. Wehe nur, wenn der sich erfüllt. Denn dann kennt das Schicksal kein Pardon! Diese Erfahrung macht auch der liebenswertunbeholfene Peter Schlönzke – von Beruf Sohn, Enkel und Schnittchen-Auslieferer – der von heute auf morgen berühmt wird und dessen unterhaltsame Geschichte den Saal des Düsseldorfer Capitol Theaters zum Beben bringt. Jan Weiler arbeitete zunächst als Texter in der Werbung. Nach dem Besuch der Deutschen Journalistenschule begann er beim Süddeutsche Zeitung Magazin, wo er die letzten fünf Jahre als Chefredakteur arbeitete. Sein aktuelles Bühnenprogramm enthält die besten Kolumnen der Serie „Mein Leben als Mensch,“ die jede Woche in der „Welt am Sonntag“ sowie auf seiner eigenen Homepage erscheint. Birgit Minichmayr über „Gnade“ und einen Tote Hosen-Hit Geboren wurde Birgit Minichmayr 1977 im österreichischen Linz. Gleich nach einer Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar begann ihre erfolgreiche Theater- und Filmkarriere. Nach Rollen in „Das weiße Band“ und „Alle anderen“ ist sie nun an der Seite von Jürgen Vogel in Matthias Glasners neuem Film „Gnade“ zu sehen. trailer: Frau Minichmayr, der Film spielt in der Dunkelheit des hohen Nordens. Inwiefern hat sich das beim Dreh auf Sie ausgewirkt? Birgit Minichmayr: xIch war zum ersten Mal so hoch im Norden und überhaupt nicht an zwei Stunden Tageslicht gewöhnt. Natürlich schlug sich das auf mein Gemüt nieder; es wurde leichter, je mehr Licht ich bekam. Sie sprechen im Film große Teile Ihres Dialogs auf Norwegisch. Ist Ihnen das Erlernen der neuen Sprache schwer gefallen? Nein, gar nicht. Ich hatte zwei wunderbare norwegische Lehrer, die mir abwechselnd die Sprache beibrachten. Ich hatte große Freude daran, allerdings wurde – wie so oft bei mir – alles ins Kurzzeitgedächtnis geschoben. Viel kann ich nicht mehr. Leider! Sehen Sie Parallelen in der Herangehensweise bei deutschen und skandinavischen Arthouse-Produktionen? Es war, glaube ich, das allererste Mal für Matthias Glasner, dass er ein Buch eines anderen (Kim Fupz Aakeson; die Red.) verfilmte. Und diese Entscheidung hat, denke ich, nur mit dem Gefallen an dem Stoff zu tun, den er verfilmen wollte. Über die Herangehensweise kann ich nichts sagen, aber auffallend waren für mich diese tollen norwegischen Kollegen. Matthias Glasner hat Sie in einem Interview als Rampensau bezeichnet. Finden Sie selbst diese Charakterisierung zutreffend? Er bezieht sich auf eine Aufführung, die er von mir auf der Bühne gesehen hat und natürlich betreibe ich meinen Beruf nicht, um unauffällig zu bleiben. Insofern ist es für mich nicht schlimm, wenn er meint, ich sei eine Rampensau. Sie scheinen Ihre Filmrollen mit großer Sorgfalt auszuwählen. Lehnen Sie viele Angebote ab oder sind Sie ohnehin eher auf dem Besetzungsradar anspruchsvoller Autorenfilmer? Ja, ich wähle aus, was ich arbeiten möchte. Aber ich empfinde nicht, dass die Bücher, die mir zugeschickt werden, einem Genre angehören. Meine Auswahl ist sicher intuitiv motiviert. Anders ausgedrückt: Es interessieren mich die Fragen „Was ist das für eine Geschichte, wer erzählt sie und was hat das mit mir zu tun?“ Der Tote Hosen-Hit „Tage wie diese“ wurde von Ihnen mitgetextet. Der Beginn einer lukrativen Zweitkarriere als Songschreiberin? Nein, das war eher Zufall. Auch, dass dieses Lied so angenommen wurde. Ich bleib’ bei meinen Leisten. INTERVIEW: FRANK BRENNER Capitol Theater Düsseldorf Erkrather Straße 3, Düsseldorf Karten unter 01805 2001 Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, Bochum Tickets unter 01805 570070 trailer verlost 5x2 Karten E-Mail bis 31.10. an [email protected], Kennwort: Pardon trailer verlost 3x2 Karten E-Mail bis 17.10. an [email protected], Kennwort: Jan Weiler bis 31.12. Mi. 24.10. 20 Uhr MediaberaterIn für Kulturmagazine in NRW, Standort Bochum oder Köln, gesucht Zu den Aufgaben gehören: • Entwicklung von Verkaufsstrategien für Print und Online • Akquisition und Recherche von Neukunden • Aufbau und Weiterentwicklung von Kulturkooperationen Das bringen Sie mit: • Erfolgsorientierung/Kontaktstärke vor Ort und am Telefon • Ein gelebtes Kulturinteresse • Erfahrung im Anzeigenverkauf o. kaufm. Ausbildung von Vorteil Das bieten wir: • Ein dynamisches Team • Kulturvermittlung, -förderung und -gestaltung • Einen modernen Arbeitsplatz oder Homeoffice Die Tätigkeit kann wahlweise in Teil- oder Vollzeit oder auf selbständiger Basis (Fixum und Provision) erfolgen. PraktikantIn gesucht (6-12 Monate) Wir freuen uns auf Ihre ausführliche Bewerbung an Karin Okniewski: Berndt Media / trailer Verlag Dr.-C.-Otto-Str. 196 44879 Bochum [email protected] www.trailer-ruhr.de Lesen Sie die Langfassung unter: www.trailer-ruhr.de/roter-teppich Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 35 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Gespräch zum Film Neue Filme Regisseur Dietrich Brüggemann Herzensangelegenheiten Regisseur Dietrich Brüggemann über „3 Zimmer/Küche/Bad“ Neue Wohnung, neue Liebe? Philip (Jacob Matschenz) und Maria (Aylin Tezel) Munterer Liebesreigen „3 Zimmer/Küche/Bad“ von Dietrich Brüggemann Dietrich Brüggemann, Jahrgang 1976, studierte Regie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. „3 Zimmer/Küche/Bad“ ist nach „Renn, wenn du kannst“ sein zweiter Kinofilm. Ein knappes Dutzend Twens wechselt im Jahreslauf munter die Wohnungen und Partner. Verwicklungen sind vorprogrammiert. C Lebensnahe Tragikomödie trailer: Herr Brüggemann, Ihr zweiter Kinofilm wirkt wieder sehr locker, leicht und spontan. Wurde streng nach Drehbuch gearbeitet, oder gab es viel Improvisation? Dietrich Brüggemann: Wir haben uns ziemlich eng ans Drehbuch gehalten. Das ist ja die Kunst, dass es eben nicht wirkt wie geschriebener Dialog. Damit das klappt, muss das Buch stimmen, es muss aber auch am Set eine lockere, entspannte, verspielte Arbeitsatmosphäre herrschen, in der man dann wiederum auch gern mal improvisiert ... Eine WG löst sich auf: Das ist der Startschuss für ein munteres BäumchenWechsel-Dich in Sachen Wohnung und Lebenspartner. Der sympathische Berliner Haufen in den Zwanzigern eiert ziellos auf der Suche nach dem Lebensweg durch den Alltag. Regisseur Dietrich Brüggemann inszeniert den Reigen ähnlich leicht und vergnüglich wie seinen Erstlingserfolg „Renn, wenn Du kannst“ um einen misantropischen Rollstuhlfahrer. Auch auf die Darsteller greift er wieder zurück: Jacob Matschenz, Robert Gwisdek und Anna Brüggemann, Schwester und Co-Autorin des Regisseurs, spielen erfreulich lustvoll und locker neben ihren ebenfalls beeindruckenden KollegInnen Alice Dwyer, Aylin Tezel und all den anderen. CHRISTIAN MEYER Die saloppe Inszenierung macht den Film angenehm verspielt, Anschlussfehler inklusive. War das grobe Strickmuster, das ja gut zu den orientierungslosen Charakteren passt und mehr auf den einzelnen Moment setzt, von Anfang an einkalkuliert? Von Anfang an war klar, dass es kein majestätischer Film mit Kranfahrten und Brimborium wird. Anschlussfehler haben wir aber eigentlich nicht so viele. Einige Dinge, die man dafür halten könnte, lösen sich auf, wenn man genauer hinschaut. Ich finde, man sollte dem Zuschauer nicht jedes Detail vorkauen, sondern darauf vertrauen, dass er die inneren Zusammenhänge versteht. Und wenn die innere Wahrheit der Geschichte stimmt, dann ist es auch völlig egal, ob mal ein Glas von voll auf halbvoll wechselt. Krasse Kostüm- oder Wetteranschlussfehler, die einen wirklich rauswerfen, sollte man natürlich vermeiden. Aber wenn die einzelnen Momente stimmen, dann stimmt am Ende auch der Film. Zu den zahlreichen Protagonisten kommen auch noch viele Gastauftritte von Freunden und Kollegen wie Maryam Zaree, Nikolai Nikitin oder Andreas Dresen. Wie kam es dazu? Das sind Herzensangelegenheiten! Der Film handelt von einem großen Freundeskreis, also sollte er auch einen abbilden. Ich finde es schade, dass Filmemacher oft so vereinzelt vor sich hinwerkeln. In unserem Kreis formiert sich gerade eine Gruppe von Leuten, die kein todernstes Kunstkino machen will, aber auch keine formatierte Unterhaltung. Leute mit individueller Stimme, die ich allesamt sehr schätze. Und Nicht-Schauspieler vor der Kamera bringen außerdem immer eine besondere Farbe in den Film. Der Film will fast nicht enden – und könnte ja auch ewig so weitergehen. Das wäre doch ein tolles Konzept für eine lebensechte deutsche Fernsehserie. Wäre das was für Sie? Das wäre ganz großartig. Der Wunsch kam tatsächlich schon während der Dreharbeiten aus den Reihen der Schauspieler. Der Dreh passierte ja in vier Jahreszeiten, hatte also auch etwas Serielles, und es war ganz wundervoll, sich alle paar Monate wiederzutreffen. Wir denken tatsächlich darüber nach, in vier oder fünf Jahren eine Fortsetzung zu drehen, und die Redakteure haben bereits ihr Okay signalisiert. Aber wenn jemand ankommt und eine Serie daraus machen will: gern! INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 3 ZIMMER/KÜCHE/BAD D 2011 - Drama / Tragikomödie - Regie: Dietrich Brüggemann - Kamera: Alexander Sass - mit: J. Matschenz, A. Brüggemann, R. Gwisdek - Verleih: Zorro Start: 4.10. BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 3.10. an [email protected], Kennwort: 3 Zimmer Schöne, traurige Jugend: Lola Créton mit Sebastian Urzendowsky Sentimentale Jugend „Un Amour de Jeunesse“ von Mia Hansen-Løve Die 15-jährige Camille und der 19-jährige Sullivan sind ein Paar. Als Sullivan nach Südamerika reist, ist Camille tief verletzt. C Melancholisches Jugendporträt Nach ihrem großartigen Film über den Filmproduzenten Humbert Balsan hat Mia Hansen-Løve einen autobiografischen Stoff verwirklicht: Es geht um eine Jugendliebe, um den Trennungsschmerz, die Sublimierung in der Kreativität und eine zweite Liebe zu einem älteren Mann. In Hansen-Løves echtem Leben ist der ältere Mann der Regisseur Olivier Assayas, ihre Kreativität bricht sich im Film Bahn, wo sie eine ganz eigene Sprache gefunden hat. Das Teenagerdrama ist ruhig und auffallend schön in Szene gesetzt. Die 17-Jährige Hauptdarstellerin Lola Créton spielt die sentimentale Unschuld neben Sebastian Urzendowsky als der Junge, von dem sie nicht los kommt. Hansen-Løve gelingt es abermals, ihr Gefühlskino ohne Pathos und Überwältigung, dafür mit eindringlicher Beharrlichkeit und Detailgenauigkeit zu entfalten. CHRISTIAN MEYER UN AMOUR DE JEUNESSE F/D 2011 - Drama / Lovestory - Regie: Mia Hansen-Løve - Kamera: Stéphane Fontaine - mit: Lola Créton, S. Urzendowsky, M. Havard Brekke - Verleih: Peripher Start: 27.9. DO: sweetSixteen 36 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Der Joe, der aus der Zukunft kam (Bruce Willis) Oft im Alleingang: Reinhold Messner Tödliche Zeitreisen Hoch hinaus „Looper“ von Rian Johnson „Messner“ von Andreas Nickel Ein junger Auftragskiller gerät in Schwierigkeiten, als er sich mit seinem zukünftigen Ich konfrontiert sieht. C Gelungener Sci-Fi-Thriller Reinhold Messner gilt als einer der bedeutendsten Bergsteiger der Welt. Die Liste seiner Besteigungen und Rekorde ist lang, die Doku erzählt vom Menschen dahinter. C Bergsteiger-Biografie Bereits mit seinem hochgelobten Debütfilm „Brick“ überzeugte Regisseur Rian Johnson durch seine originelle Inszenierung eines Film noir an einer Highschool. In „Looper“ bringt er nun frischen Wind in das rar gewordene Science Fiction-Genre. Der Killer Joe (Joseph Gordon-Levitt) lebt in einer dystopischen Zukunft, in welcher kriminelle Kartelle ihre Opfer per Zeitmaschine in die Vergangenheit schicken, wo dann die so genannten „Looper“ auf sie warten, um jede Spur ihrer Existenz zu beseitigen. Doch eines Tages gibt sich ein Opfer (Bruce Willis) als sein zukünftiges Ich zu erkennen und ergreift die Flucht – fest entschlossen dessen grausames Los zu ändern. Stellenweise ein bisschen lang, ist Johnson dennoch ein ungewöhnlicher und intelligenter Thriller – abseits des Mainstreams – gelungen. SILVIA BAHL Regisseur Nickel möchte weniger einen Kletterfilm machen, als den Menschen hinter den Abenteuern zeigen. Das gelingt ihm mitunter gut, wenn er Messner oder Familie und Bekannte sprechen lässt. Die kritischen Töne halten sich dabei in Grenzen und werden eher kolportiert als von den entsprechenden Parteien vorgetragen. Imposante Kletterbilder aus der Bergwelt lässt sich Nickel aber doch nicht nehmen, und so sehen wir fantastische Aufnahmen aus den Alpen und dem Himalaya, zum Teil mit Darstellern – die Riegler-Brüder als Reinhold und Günther Messner – gedreht. Die Spielszenen mit den beiden und die unnötigen Splitscreen-Spielereien zu Beginn hätte sich der Regisseur sparen können, im Laufe des Films konzentriert er sich aber zunehmend auf die Interviews, historisches Material und die Bilder aus der Bergwelt. CHRISTIAN MEYER LOOPER USA 2012 - Thriller - Regie: Rian Johnson - Kamera: Steve Yedlin - mit: Bruce Willis, Joseph Gordon-Levitt, Emily Blunt - Verleih: Concorde Start: 3.10. BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg Dean (Garrett Hedlund), Marylou (Kristen Stewart) und Sal (Sam Riley) unterwegs Straße ohne Staub MESSNER D 2010 - Doku-Drama / Biographie - Regie: Andreas Nickel - Kamera: Denis Ducroz mit: Florian Riegler, Martin Riegler - Verleih: Movienet Start: 27.9. BO: Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater Anz. Homochrom „On the Road – Unterwegs“ von Walter Salles Der Schwerenöter Dean zieht mit den Literaten Sal und Carlo Ende der 40er Jahre durch die USA. Liebe, Drogen, Musik und Worte: Alles ausprobieren ist ihre Devise. C Kongeniale Literaturverfilmung Jack Kerouac hat seine Erlebnisse mit Allen Ginsberg, William Burroughs, Neal Cassady und den anderen Beatniks Anfang der 50er Jahre niedergeschrieben. Das Buch ist zwar autobiografisch, aber dennoch ein Roman. So sind Namen geändert, und Ereignisse wirkungsvoll ausgeschmückt. Mit hübschen Darstellern wie Kristen Stewart, Garrett Hedlund, Amy Adams, Kirsten Dunst oder Sam Riley besetzt, ist Walter Salles eine schwungvolle Verfilmung des Klassikers gelungen, der die Story nacherzählt und mitunter auch versucht, den vom Jazz inspirierten Lebens- und Schreibstil der Beatniks in eine Filmsprache zu übersetzten. Eine Übersetzung in die Gegenwart oder eine anders geartete Interpretation des Stoffes nimmt Salles jedoch nicht vor. Und so steht seine Verfilmung brav im Schatten der Vorlage, ist aber kurzweilig. CHRISTIAN MEYER ON THE ROAD – UNTERWEGS F/GB/USA 2011 - Drama - Regie: Walter Salles - Kamera: Eric Gautier - mit: Garrett Hedlund, Sam Riley, Kristen Stewart - Verleih: Concorde Start: 4.10. BO: Metropolis/Casablanca, Endstation, DO: Camera, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 37 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Festival Neue Filme Sinnlich: Béatrice Dalle und Emmanuel Béart Gefährliche Liebschaften Arnold (Tommy Lee Jones) und Kay (Meryl Streep) bei der Paartherapie Let’s Stay Together Das Filmfest Homochrom zeigt zahlreiche Premieren „Wie beim ersten Mal“ von David Frankel Das schwul-lesbische Filmfest „Homochrom“ findet kurz hintereinander in Köln (19.-21.10.) und Dortmund (26.-28.10.) statt. Ein gutes Dutzend Filme zeigt das Festival, das im letzten Jahr gegründet wurde und nun in die zweite Runde geht. Neben Independent-Filmen und Szenehits wie der Fortsetzung zu „Bear City“ sind hier auch Filmemacher aus dem Mainstream anzutreffen: In der Komödie „The perfect Family“ mit Emily Deschanel und Richard Chamberberlain spielt Kathleen Turner die streng katholische Mutter einer lesbischen Tochter. In „Bye Bye Blondie“ von „Baise-moi“-Regisseurin Virginie Despentes haben Béatrice Dalle und Emmanuel Béart eine gefährliche Liebschaft. Viele der Filme laufen als Europa-, Deutschlandoder NRW-Premiere. CHRISTIAN MEYER Homochrom-Filmfest I 19.-21.10., Filmforum Köln 26.-28.10., Schauburg Dortmund www.homochrom.de Nach 31 Jahren liegt in der Ehe von Kay und Arnold so manches im Argen. Gemeinsam suchen sie eine Intensiv-Paarberatung auf. C Einfühlsame Dramödie Das Drehbuch stammt aus der Feder von Vanessa Taylor („Game of Thrones“), und die weibliche Sicht auf die Dinge bleibt über längere Strecken des Films auch die dominierende. Kay (Meryl Streep) ist mit ihrer Ehe unzufrieden, Arnold (Tommy Lee Jones) mit dem Status Quo eigentlich ganz glücklich und sieht keine Notwendigkeit für Veränderungen. Entgegen den Erwartungen, die das neuerliche Teamwork von Streep mit Regisseur David Frankel beim Zuschauer vielleicht weckt, schlägt der Film schnell ernste Töne an und dringt bis auf den Kern zwischenmenschlicher Probleme vor. Humorvolle Momente nutzt er nur zur Auflockerung einer, an sich sehr dramatischen, Geschichte, die zudem von zwei formidablen Mimen in Bestform getragen wird. FRANK BRENNER WIE BEIM ERSTEN MAL USA 2012 - Komödie / Drama - Regie: David Frankel - Kamera: Florian Ballhaus - mit: Meryl Streep, Tommy Lee Jones, Steve Carell - Verleih: Wild Bunch Start: 27.9. DO: Cinestar, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, HE: Filmwelt Rentner Red mit seinem Quad Yannis (Thibault Le Guellec) mit seinem neuen Freund Am Rand der Gesellschaft Trügerische Idylle „Bombay Beach“ von Alma Har'el „Ein griechischer Sommer“ von Olivier Horlait In einem halb verfallenen Seeort in Kalifornien haben sich die Menschen ihr Leben eingerichtet. C Intime Außenseiter-Doku Die Beziehung zwischen dem einem Fischer und seinem Sohn wird durch einen Pelikan auf die Probe gestellt. C Humorvoll-berührende Initiationsgeschichte Die israelische Fotografin und Videoclip-Regisseurin findet in den heruntergekommenen Resten eines ehemaligen Touristenortes ungewöhnliche Schicksale: Ein Junge, ein Teenager, ein alter Mann – sie alle stehen am Rande der Gesellschaft. Mit ihrem intimen, mitunter traumhaft inszenierten Dokumentarfilm gibt sie diesem trostlosen Ort ein menschliches Antlitz. Sie zeigt schockierende Zustände, findet aber auch Menschlichkeit, wo man keine vermutet und feiert sie mit ihrem mitunter surreal anmutenden Porträt. Wie der Film, so osziliert auch die Filmmusik von Bob Dylan und Beirut zwischen Realismus im Schatten des amerikanischen Traums und melancholischer Traumlandschaft. CHRISTIAN MEYER Der Name Emir Kusturica, der hier einmal nicht hinter der Kamera steht, sondern den verbitterten Vater spielt, schürt die Erwartungen an ein Gesellschafts-Porträt voller skurriler Typen. Der Plot mit dem großgezogenen Pelikan lässt einen dagegen an all die rührenden Kinderfilme über tierische Freundschaften denken. Und da Yannis auch noch im Pubertätsalter ist und die frühreife Nichte des Dorfwirtes ihn als Objekt ihrer aufkeimenden Begierde auserkoren hat, schleicht sich auch noch eine jugendliche Initiationsgeschichte in die Handlung ein. Das will nicht immer ganz zusammenpassen. Aber die Regie inszeniert geschickt, und unter der gleißenden Sonne des griechischen Inselparadieses gelingen doch ein paar berührende und humorvolle Momente. ROLF-RUEDIGER HAMACHER BOMBAY BEACH Tribeca Filmfestival 2011: Bester Dokumentarfilm USA 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Alma Har'el - Kamera: Alma Har'el Verleih: Rapid Eye Movies Start: 27.9. DO: sweetSixteen www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino EIN GRIECHISCHER SOMMER F/GR 2011 - Komödie / Drama - Regie: Olivier Horlait - Kamera: Michel Amathieu mit: Emir Kusturica, Thibault Le Guellec - Verleih: Neue Visionen Start: 11.10. BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater 38 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Die Qual der Wahl Madagascar 3: Flucht durch Europa USA 2012 - Komödie - Regie: Jay Roach - Verleih: Warner - Start: 4.10. USA 2012 - Animationsfilm - Regie: Eric Darnell u.a. - Verleih: Paramount - Start: 2.10. In den USA stehen Präsidentschaftswahlen an – da kommt diese Komödie gerade recht: Cam Brady (Will Ferrell) ist Abgeordneter, der gerade zur Wahl antritt, als die Opposition einen völlig unerfahrenen Typen aus der Tourismusbranche (Zach Galifianakis) gegen ihn aufstellt. Schon bald liegen beide gleich auf, die Gegner verlieren sämtliche Skrupel. Klamaukige Wahlkampfsatire. HE Das Zebra, der Löwe, das Nilpferd und die Giraffe wissen mit ihrer Freiheit auch in diesem Abenteuer nichts anderes anzufangen, als mit allen Mitteln den Weg zurück in den Zoo nach New York zu finden. Diesmal stranden sie in Europa, wo sie in einem Wanderzirkus unterkommen. Animationsspaß in 3D. HE BO: UCI, GE: Apollo, MÜL: Cinemotion BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion The Deep Blue Sea Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa USA/GB 2011 - Drama - Regie: Terence Davies - Verleih: Kinostar - Start: 27.9. F/B 2011 - Zeichentrick - Regie: R. Bezançon, Jean-Chr. Lie - Verleih: Alamode - Start: 11.10. Nein, dies ist keine weitere BBC-Unterwasser-Doku, sondern ein Spielfilm, der sich mit den Tiefen auseinandersetzt, in die der Mensch geraten kann, wenn er sich abhängig macht von anderen Menschen. So geht es Hester (Rachel Weisz), die hin- und hergerissen ist zwischen zwei Männern (Tom Hiddleston, Simon Russell Beale). Beziehungsdrama, mal tragisch, mal hoffnungsvoll. HE Afrika, Anfang des 19. Jahrhunderts: Der kleine Junge Maki begegnet auf der Flucht vor Sklavenhändlern der jungen Giraffe Zarafa. Die beiden schließen Freundschaft, doch Zarafa gerät in Gefangenschaft und wird gen Paris verschifft, wo sie in den Zoo gesteckt werden soll. Hübsch gestaltete Kindergeschichte, in der wahre Ereignisse disneygerecht verarbeitet werden. HE E: Filmkunsttheater BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, HE: Filmwelt Schutzengel Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab D 2012 - Thriller - Regie: Til Schweiger - Verleih: Warner - Start: 27.9. USA 2012 - Komödie - Regie: Bobby und Peter Farrelly - Verleih: Fox - Start: 11.10. Den Macho mit Herz, Humor und weichem Kern vermag Til Schweiger nicht nur in romantischen Komödien zu mimen; die Figur funktioniert nämlich auch im Actionkino: Als Ex-Elite-Soldat Max, ein harter Kerl mit Emotionen, der eine Jugendliche (Luna Schweiger) vor bösen Menschen (Heiner Lauterbach) beschützen soll. An seiner Seite: Ein Ex-Kamerad im Rollstuhl (Moritz Bleibtreu). HE The Three Stooges beehrten das vornehmlich amerikanische Publikum seit den ausgehenden 1920er Jahren mit vergleichsweise grobschlächtigen SlapstickKurzfilmen. Ein Genre, das Hollywood bis hin zu den Brüdern Bobby und Peter Farrelly („Dumm und dümmer“, „Unzertrennlich“) beeinflusste. Da ist es nur konsequent, dass sich die beiden der drei auf Spielfilmlänge annehmen. HE BO: Bofimax, UCI, E: Filmkunstth., GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: UCI, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, MÜL: Cinemotion Abraham Lincoln Vampirjäger 96 Hours – Taken 2 USA 2012 - Action / Fantasy - Regie: Timur Bekmambetow - Verleih: Fox - Start: 3.10. F 2012 - Action / Drama - Regie: Olivier Megaton - Verleih: Universum - Start: 11.10. Abraham Lincoln war nicht nur US-Präsident, er war auch ein Macher, der sein Land von Sklaventreibern befreite - und von Vampiren. So sieht es zumindest aus, wenn Hollywood „Geschichte“ schreibt. Vermutlich demnächst: „George W. Bush vs. Islamisten-Zombies“. 3D-Hokuspokus HE „96 Hours“ kam etwas langsam in die Gänge, war insgesamt aber solides Actionkino: Töchterchen wird in Paris entführt, der Papi, ein Ex-CIA-Beamter, holt Töchterchen raus. Simple Story, raue Gefechte, wenig Spektakel, Happy End. Diesmal werden Papi und Mami gekidnapped. Also muss das Töchterchen ran. HE BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 39 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Kino.Ruhr. Neue Filme Entschleunigungsmöglichkeiten in der Natur Weile ohne Eile „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Florian Opitz Rastlosigkeit, Zeitwettbewerb, Teufelsmaschine Blackberry: Ein Mann sucht den Weg zurück ins gute Leben. C Doku über die Beschleunigung der Zeit „Ich habe keine Zeit!“ Regisseur Florian Opitz ist nicht glücklich über sein Leben in permanenter Rastlosigkeit. Neue Kommunikationsmedien, Globalisierung, technischer Fortschritt: Die Gegenwart drückt immer mehr aufs Gaspedal, der Erfolgsmensch zieht mit – und er zieht alles und jeden mit. Opitz befragt Zeitmanager, Soziologen und Unternehmensberater zur Beschleunigung. Und er besucht Aussteiger, die sich entschleunigt haben: Ehemalige Investmentbanker und Unternehmer, die ein Leben in der Balance gefunden haben. Flott montiert und sympathisch kommentiert liefert die Doku Denkanstöße wider Alternativund Phantasielosigkeit und findet Entschleunigungsmöglichkeiten – zumindest fern des zivilisierten Alltags. HARTMUT ERNST SPEED – AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT D 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Florian Opitz - Kamera: Andy Lehmann Verleih: Camino Start: 27.9. BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg Whisky als Chance: In Schottland ist's möglich Whisky Coup „Angels’ Share – Ein Schluck für die Engel“ von Ken Loach Ein Haufen sympathischer Kleinkrimineller wird vom Sozialarbeiter in die Kunst des Whisky-Brennens eingeweiht – und schmiedet einen waghalsigen Plan. C Sozialkritisches Feel-Good-Movie Warmherzig und humorvoll ist Ken Loach erneut eine große Geschichte kleiner Leute gelungen. Der Kriminelle Robbie muss nicht nur die Verantwortung der Vaterschaft lernen, sondern sich auch gegen Gangmitglieder behaupten, die ihn wieder in den Sumpf von Gewalt und Verbrechen ziehen wollen. Doch durch den bodenständigen Sozialarbeiter Harry eröffnet sich ihm die Chance auf ein besseres Leben: Durch Whisky! Das britische Kino schafft es immer wieder, ernste Themen mit schwarzem Humor und Leichtigkeit zu inszenieren. So gelingt es auch Loach aus einem Unterschichtsdrama eine unterhaltsame Komödie zu schaffen, besetzt mit beeindruckenden Laiendarstellern, die selbst eine kriminelle Vergangenheit haben. SILVIA BAHL ANGELS’ SHARE – EIN SCHLUCK FÜR DIE ENGEL Mehr als Trash Der geheimnisvolle Filmclub Buio Omega Seit 1999 präsentiert der „Geheimnisvolle Filmclub“ monatlich in der Schauburg in Gelsenkirchen Exploitation-Filme. Mit cineastischer Hingabe verteidigen Ingojira und Jo Steinbeck, zwei Mitglieder von „Buio Omega“, was andere als Film-Trash abtun. Wenn es sein muss, restaurieren sie die Filmkopien selbst, um ihre Schätze vorführen zu können. Auf dem Programm steht etwa „ein schikanöses Zelluloid-Doppelprogramm mit geilen Überraschungen“ ab 18 Jahren. trailer: Ingojira, Jo Steinbeck, wer verbirgt sich hinter dem „Geheimnisvollen Filmclub Buio Omega“? Ingojira/Jo Steinbeck: Filmfreunde, denen das große, moderne, digitale, laut knallende Mainstream-Kommerz-Kino nicht viel gibt und die im positiven Sinne den alten Zeiten nachhängen. Wie hat es Franco Nero 2006 so trefflich gesagt? „You arrre the lowwers offf the rrrreal zinemaa“. Was zeigen Sie für Filme? Uns geht es darum, Filme auf die Leinwand zu bringen, die ein kleines Budget hatten, sich vielleicht an große Erfolge drangehängt haben ohne deren Mittel, aber vielleicht mit mehr Fantasie. „Der weiße Hai“ von Spielberg kennt jeder. Dann gibt es aus Italien „Der weiße Killer“ von Enzo G. Castellari, mit einem minimalen Budget gedreht, eine Hai-Attrappe gebaut, sehr einfach. Laden Sie Gäste ein? Wenn die Clubkasse es erlaubt, liegt es uns am Herzen, von Zeit zu Zeit Gäste einzuladen. Quasi unsere Helden nach Gelsenkirchen zu holen und ihnen noch mal die Chance zu geben, mit ihrem Publikum in einen Dialog zu kommen, was für beide Seiten immer sehr schön ist. Das Ganze ist ein nicht-kommerzielles Fan-Projekt. Deswegen dauert es manchmal auch zwei bis drei Jahre, bis die Kasse wieder voll ist. Letztes Jahr kam Fred Williamson. Was macht einen Exploitation-Film aus? Exploitation bedeutet eigentlich Ausbeutung. Filmemacher, die wenig Geld haben, beuten Ideen von erfolgreichen Filmemachern aus. Diese Filme zeichnet aus, dass sie viel reißerischer sind als die Vorbilder. Der Hai-Film ist gewalttätiger oder es wird mehr nackte Haut gezeigt. Es ist alles ein bisschen rauer. Es wird mit der Schaulust gespielt. Was der Film nicht an Qualität oder Budget hat, kann er mit reißerischen Elementen wettmachen. Muss man den Referenzfilm kennen, um das genießen zu können? Es hilft natürlich, aber es ist auch sonst kein Problem für die Zuschauer, mitzukommen. Man muss auch den filmhistorischen Kontext sehen. Heute läuft es unter der Trash-Nummer, was uns gar nicht gefällt. Diese Filme waren ein normaler Bestandteil der Kino-Landschaft ihrer Zeit. Für uns ist ganz wichtig, dass wir uns nicht darüber lustig machen, weil es schlecht gemacht ist, sondern wir sehen das mit einem liebevollen Auge. Man kann sich sicher über das ein oder andere amüsieren, gemessen an den heutigen Standards, aber das heißt nicht, dass es unbedingt schlechter sein muss oder lächerlich ist. Diese Ungezügeltheit und Wildheit, die auf der Leinwand durchbricht, bereitet uns einen Heidenspaß. Cannes 2012: Jury-Preis GB/F 2012 - Komödie / Drama - Regie: Ken Loach - Kamera: Robbie Ryan - mit: Paul Brannigan, Siobhan Reilly, John Henshaw - Verleih: Prokino Start: 18.10. BO: Metropolis/Casablanca, Endstation, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 35mm ist Standard für Buio Omega, Foto: Betty Schiel INTERVIEW: BETTY SCHIEL Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de/kino-ruhr 40 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Foyer Die Darsteller Corinna Harfouch, Lars Eidinger und Picco von Groote, Foto: Armin Thiemer Augen- und Ohrenschmaus NRW-Premiere von „Was bleibt“ in der Lichtburg Essen Essen, 5.9. – Corinna Harfouch ist einfach toll. Das fanden auch die vielen Fans, die die Ausnahmeschauspielerin und ihre Filmkollegen am roten Teppich der Lichtburg begeistert in Empfang nahmen. Neben ihr, Lars Eidinger und vielen anderen war auch Regisseur Hans-ChriDer Regisseur moderiert das stian Schmid angereist, um „Was bleibt“ einen Filmgesprächs, Foto: A. Thiemer Tag vorm bundesweiten Kinostart in Essen vorzustellen. Hatte sich der Filmemacher zunächst noch schüchtern im Hintergrund gehalten, drehte er im anschließenden Publikumsgespräch ordentlich auf. Schmid gab den Moderator, holte seine mitgereiste Filmfamilie stolz auf die Bühne, und gemeinsam beantwortete man mit Geduld und Charme Fragen zu den Hintergründen des kammerspielartigen Familiendramas. „Sehenden Auges – Hommage an Max Imdahl“ im Union Kino Bochum Bochum, 9.9. – Über sechs Jahre hat Christoph Böll an seiner Hommage für den legendären Kunsthistoriker Max Imdahl gearbeitet. Zu der Filmpremiere im Union Kino in Bochum kamen auch zahlreiche Kollegen, Freunde und Schüler, die in dem Dokumentarfilm mitreiDer Filmemacher Christoph Böll, ßend, eloquent und wortgewandt Imdahls Foto: Betty Schiel bahnbrechenden Einfluss schildern. Christoph Böll verwies in dem einführenden Filmgespräch zu Recht darauf, dass es diese Menschen sind, die dem Film seine Stärke verleihen: unglaubliche Individualisten mit der Gabe, sich präzise und anschaulich zu erklären. Obwohl sich die Film-Finanzierung extrem schwierig gestaltete, so Böll, sei es für ihn völlig klar gewesen, weiterzumachen – ganz so, als folge er einem inneren Auftrag. „Dichter und Kämpfer“-Premiere im Endstation Kino Bochum Bochum, 9.9. – „Dichterin bin ich nicht so. Ich seh’ das eher als Amateurkunst, was ich mache. Keine Ahnung, was bin ich eigentlich ...?“ Theresa Hahl schlägt in Marion Hütters Dokumentation „Dichter und Kämpfer“ nachdenkliche Töne an. Ein Jahr lang hat die FilZungenfertig: Sebastian23, memacherin vier Poetry Slammer begleitet, Foto: A.-E. Schoen fing Proben und Alltag ein: Philipp „Scharri” Scharrenberg outet sich als „Hypochonder“, Sebastian23 singt über die norddeutsche Tiefebene, Julius Fischer rappt gemeinsam mit Christian Meyer auf einem Spielplatz über „Bahndammbrände“, Theresa Hahl läuft durch das nächtliche Berlin. „Man weiß nie, was einen erwartet; ob man gereimte Texte oder dadaistische Lautexperimente hört“, sagt der bei der Premiere im Bahnhof Langendreer anwesende Bochumer Sebastian23 über die Vielseitigkeit der Darbietungen. ANN KATRIN THÖLE/ BETTY SCHIEL/ANKE-ELISABETH SCHOEN Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de /foyer Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Nachrichten aus der Foyer Kino-Welt 41 Neue Filme Mann tut was Mann kann Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät D 2012 - Komödie / Lovestory - Regie: Marc Rothemund - Verleih: Warner - Start: 11.10. F 2012 - Komödie/Abenteuer - Regie: Laurent Tirard - Verleih: Concorde - Start: 18.10. Paul verknallt sich in eine Frau, die kurz vor der Hochzeit steht, sein Kumpel Schamski wird bitter für seine Untreue abgestraft; Günther ist verknallt, aber schüchtern und Bronko schmachtet im ewigen Liebeskummer. Die Männer formieren sich und geloben mehr Engagement in Sachen Liebe. Romantische Komödie mit Wotan Wilke Möhring, Jan Josef Liefers und Oliver Korittke. HE Es ist beachtlich, wie erfolgreich sich die Abenteuer um Asterix und Obelix auch auf der Leinwand halten. Diesmal ziehen die beiden mit einem Feigling und einem Fass Zaubertrank unterm Arm gen England, um ein Dorf zu retten. HE BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion trailer verlost 4x2 Karten. E-Mail bis 15.10. an [email protected], Kennwort: Asterix Sparkle Miss Bala USA 2012 - Drama / Musical - Regie: Salim Akil - Verleih: Sony - Start: 11.10. MEX 2012 - Drama - Regie: Gerardo Naranjo - Verleih: Fox - Start: 18.10. Drei junge Schwestern (Tika Sumpter, Carmen Ejogo, Jordin Sparks) sehen 1968 in Detroit ihre Chance, als Sängerinnen in Sachen Motown durchzustarten. Sie formieren sich als Girl Group und geraten ins knallharte Musikbusiness, das ihre Träume zu erfüllen verspricht, sie aber zugleich emotional ausbeutet. Dabei hatte Mami (Whitney Houston) sie doch gewarnt! Musikerdrama. HE Thrillerkost aus Mexiko: Die hübsche Laura (Stephanie Sigman) will unbedingt Schönheitskönigin werden. Gemeinsam mit einer Freundin geht sie die Sache an, gerät dabei aber in eine Schießerei und landet direkt in der mexikanischen Unterwelt, in der Polizei und Schurken kooperieren und der jungen Frau das Leben zur Hölle machen. Ja, wer schön sein will, muss eben leiden. HE E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, MÜL: Cinemotion BO: UCI, GE: Apollo Agent Ranjid rettet die Welt Paranormal Activity 4 D 2012 - Komödie - Regie: Michael Karen - Verleih: Constantin - Start: 18.10. USA - Horror - Regie: Henry Joost, Ariel Schulman - Verleih: Paramount - Start: 18.10. Mit Kaya Yanar versucht sich nun ein weiterer deutscher Comedian auf der Leinwand: Ganze sechs Rollen übernimmt der Multikulti-Clown in dieser Agentengeschichte, in der ein Schurke aus den Niederlanden (Rutger Hauer!) die Welt bedroht. Nach einem weltweiten Agentensterben liegt es schließlich an dem indischen Putzmann Ranjid, das zu vereiteln. Was guckst du groß?! HE Das Unangenehme an dieser Filmreihe ist, dass sie Spuk und atmosphärische Schreckmomente nicht, wie gewohnt, in vernebelten Grafschaften und fernen Zeitaltern ansiedelt, sondern im Wohnzimmer nebenan. So kommt der nach Hause, und das ist schrecklich schön. Dazu der authentische Rahmen, der auf Found Footage-Material basiert – bewährtes Konzept, bewährte Wirkung. HE BO: UCI, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: UCI, DO: Cinestar, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg Das Kind Premium Rush D 2012 - Thriller - Regie: Zsolt Bács - Verleih: Drei-Freunde - Start: 18.10. USA 2012 - Thriller - Regie: David Koepp - Verleih: Sony - Start: 18.10. Schön, wenn sich der deutsche Film ans Genre traut. So auch mit diesem Thriller, der mysteriös daher kommt: Der zehnjährige Simon (Christian Traeumer) arrangiert ein Treffen mit einen Anwalt (Eric Roberts), dem er eröffnet, in einem anderen Leben ein Mörder gewesen zu sein. Beweise liefert er gleich mit, indem er seinen Verteidiger zu einem Tatort lotst. Dem wird bald mulmig. HE Man hat es als Radfahrer in der Großstadt ja ohnehin nicht leicht, wo einen hinter jeder Ecke Polizisten wegen Lappalien verwarnen. Wilee (Joseph GordonLevitt) ist Fahrradkurier in New York, sein Bike ist ein Fixie und hat keine Bremse und nur einen Gang. Trotzdem kommt die Sache gehörig in die Gänge, als Wilee in kriminelle Machenschaften verstrickt wird. Fahrrad-Actioner. HE DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo BO: UCI, E: Cinemaxx, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 42 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet culture club culture club Zeit zu leben Ricky Nierva - Mike, Farbstudie Die Monster AG, 2001 Filzstift und Bleistift auf Fotokopie, © Disney/Pixar FIGUREN USA 2012 - Drama - Regie: Alex Kurtzman - Verleih: Disney - Start: 18.10. Chris Pine („Star Trek“, „Das gibt Ärger“) begibt sich mal in ruhige Gefilde und verkörpert in diesem Familiendrama den jungen Geschäftsmann Sam, der zum Tod seines Vaters nach langer Zeit seine Familie besucht. Über die erfährt Sam mehr, als er wissen wollte: Zum Beispiel über eine Schwester, von der er nichts wusste. Schicksalsschläge, Familientreffen und Läuterung aus Hollywood. HE präsentiert: Kino-Café DIE EISERNE LADY PIXAR – 25 YEARS OF ANIMATION Der Film schildert die faszinierende Geschichte von Margaret Thatcher, der ehemaligen britischen Premierministerin, die sich in einer männerdominierten Welt durchzusetzen wusste. Gleichzeitig ist der Film das überraschende und intime Porträt einer außergewöhnlichen und komplexen Frau. Die Ausstellung bietet die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der Filmemacher zu werfen. In den Pixar-Studios entsteht ein Film zunächst durch Zeichnung, Malerei und Bildhauerei. Später werden die Charaktere am Computer digital umgesetzt. Der Besucher kann die einzelnen Prozesse miterleben. BO: UCI UCI Kinowelt Ruhr Park Am Einkaufszentrum, Bochum Karten 0234 239 02 34 UCI Kinowelt Duisburg Neudorfer Straße 36-40 | Karten 0203 301 91 91 Der Chaos-Dad USA 2012 - Komödie - Regie: Sean Anders - Verleih: Sony - Start: 27.9. Adam Sandler ist fleißig und in Hollywood eine Konstante. Vor zwei Jahren noch als Kindskopf unterwegs, mimt er nun den Chaos-Dad: Der heißt Donny und verführt mit Vorliebe Frauen, was ihm schon in jungen Jahren einen Sohn beschert hat. Der will jetzt heiraten. Dabei kommt ihm der Papa in die Quere, der aus Eigennutz Verfehlungen zu kitten sucht. Sandler-Komödie. HE BO: UCI, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion präsentiert: Kunst trailer verlost 3x2 Karten E-Mail bis 1.10. an [email protected], Kennwort: „Eiserne Lady Bochum“ oder „Eiserne Lady Duisburg“ Mi 7.11. 14.30 Uhr Kunst- und Ausstellungshalle Bonn Friedrich-Ebert-Allee 4, Bonn Karten über BonnTicket trailer verlost 2x2 Karten E-Mail bis 31.10. an [email protected], Kennwort: Pixar bis 6.1. 10-21 Uhr Off the Beaten Track Für Elise IR/RUM 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Dieter Auner - Verleih: Barnsteiner - Start: 11.10. D 2011 - Drama - Regie: Wolfgang Dinslage - Verleih: Farbfilm - Start: 11.10. Albin Creta ist Schafhirte im Norden Transsilvaniens. Seine Hirtenfamilie lebt ihren Bräuchen verhaftet, während sich das Land dem Westen öffnet. Der Film begleitet über ein Jahr die rumänischen Schafbauern zwischen Tradition und Moderne, erzählt vom idyllischen Landleben ebenso wie von der Gefahr von außen durch Politik, Mafia und Wirtschaft. Lebensnahe Doku. HE Eine alleinerziehende Mutter (Christina Große) schlittert zwischen Alkoholsucht und Partnersuche in One-Night-Stands und vernachlässigt dabei ihre 15-jährige Tochter (Jasna Fritzi Bauer, „Ein Tick anders“). Die flüchtet sich ins Klavierspiel, bis sich ihre Mutter in einen Mann (Hendrik Duryn) verliebt, der wiederum ein Auge auf Elise geworfen hat. Dramatisches Kammerspiel. HE E: Cinemaxx DO: sweetSixteen Sushi in Suhl Italy – Love it or Leave it D 2012 - Komödie / Drama - Regie: Carsten Fiebeler - Verleih: Movienet - Start: 18.10. I/D 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Gustav Hofer, Luca Ragazzi - Verleih: Déjà vu - Start: 4.10. Rolf Schütz wagte Ungeheuerliches: Der Restaurantbesitzer aus der DDR erlaubte sich, Kost fern des Einheitsbreis anzubieten. Genauer: Er stellte seine Küche von Deutschdemokratisch auf Japanisch um. Das bescherte ihm Spot – und internationale Anerkennung. Regisseur Carsten Fiebeler strickt daraus ein aberwitziges Drama mit dem Kabarettisten Uwe Steimle in der Hauptrolle. HE Luca Ragazzi und Gustav Hofer sind ein Paar. Außerdem sind sie Journalisten. Und weil sie sich Sorgen machen um Italien, bereisen sie für sechs Monate in einem Fiat 500 das Land. Es ist die Zeit nach (und vor?) Berlusconi – viel wurde kritisiert, aber wo sind die Menschen, die etwas verändern wollen? Oder soll man vielleicht doch einfach abhauen? Die Regisseure wägen ab. HE BO: Metropolis/Casablanca, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater DO: sweetSixteen Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 43 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Literatur-Portrait Lutz Debus und Lioba Albus alias John und Mia, Foto: Sibylle Ostermann Mia Mittelkötter und die Erotik des Ruhrgebiets Lioba Albus und Lutz Debus legen gemeinsamen Briefroman vor Berlin hat als Hauptstadt der Bundesrepublik versagt, eine Peinlichkeit folgt der nächsten und neben arm ist man schon lange nicht mehr sexy. Eine Alternative muss her, und weil für derart weit reichende Entscheidungen wie die nochmalige Verlegung der Hauptstadt selbstverständlich Experten befragt werden müssen, wendet sich der Sozialwissenschaftler John Fettersen im Auftrag der Bundesregierung an niemand geringeren als Mia Mittelkötter, um sich über die Verhältnisse im Ruhrgebiet ein profundes Bild zu verschaffen. Die ausgewiesene Kennerin der Region und ihrer Bewohner nimmt die Anfrage von Fettersen gerne zum Anlass, das Revier auf ihre ganz eigene Art unter die Lupe zu nehmen. trailer als Geburtshelfer Zugegeben, der Prolog von „In der Ruhr liegt die Kraft“ klingt ein wenig unbeholfen, vielleicht hätte sich das Autorenteam da noch etwas Mühe geben können, doch ganz offensichtlich ging es ihm nur darum, einen möglichst schnellen Einstieg in einen Briefwechsel der besonderen Art zu finden. Da ist der ganz reale Einstieg in die Kooperation von Lutz Debus und Lioba Albus viel flüssiger gelaufen, wie trailer-Autor Lutz Debus schildert: „Vor einiger Zeit habe ich Lioba Albus als Autorin für den trailer gewinnen können, und ich war jedes Mal hin und weg von den Texten, die sie uns geschickt hat. Und irgendwann habe ich ihr einen Brief geschrieben: Liebe Frau Albus, Sie müssen unbedingt mal ein Buch schreiben. Die Antwort, die dann prompt kam, lautete: ‚Aber nur mit dir …‘“ Diese vehemente Forderung erklärt Lioba Albus so: „Als Solo-Kabarettistin stehe ich ja immer nur alleine auf der Bühne und ich schreibe auch meine Texte alleine. Deshalb wollte ich das Experiment eingehen. Schnell lag dann die Idee nahe, einen Roman in Form eines Briefwechsels zu schreiben.“ Für den Briefroman lässt das Autorenpaar niemand geringeren als Mia Mittelkötter von der Bühne ins reale Leben hinabsteigen. „Liobas Bühnen-AlterEgo Mia Mittelkötter wollten wir gerne aufgreifen“, erläutert Debus. „Viel Lokalkolorit haben wir dabei angestrebt, wir wollten das Revier auf unsere spezielle Weise portraitieren. Dass sich dann aus dem Briefwechsel eine Liebesgeschichte entwickeln sollte, war am Anfang kaum zu ahnen …“ „Aber weil Mia eh davon ausgeht, dass sich jeder Mann zwangsläufig in sie verliebt, war es vielleicht doch unausweichlich“, unterbricht Albus. Fleisch an den Leib Im Gegensatz zu vielen Briefromanen sind die einzelnen Briefe nicht datiert, die Leser müssen sich selbst in den zeitlichen Ablauf einfühlen. Viel mehr als eine zeitliche Konkretisierung stand dann auch das Spiel der beiden Briefeschreiber untereinander im Vordergrund. Und nicht nur die Interaktion zwischen den Schreibenden, auch die neue Dimension einer eigentlich bekannten Figur gestaltete sich für die Schreiber reizvoll, wie Lioba Albus erläutert: „Ich kenne die Figur Mia Mittelkötter mittlerweile so gut. Doch durch die Briefe gewinnt sie natürlich noch eine weitere Ebene hinzu. Ich wollte ihr sozusagen Fleisch an den Leib schreiben.“ Wie sich die Geschichte entwickeln würde, war keinesfalls von Beginn an festgelegt. „Es war eigentlich nur klar, dass wir mit dem Buch politische Satire machen wollten“, erläutert Lutz Debus. Dabei war er in der Rolle des John Fettersen stets der Impulsgeber, der mit seinen Fragen neue Themenkreise anschnitt. Über einen Zeitraum von nahezu zwei Monaten schrieben die beiden sich fast täglich. „Wenn ich von einem Auftritt nach Hause kam“, schildert Albus, „habe ich immer mit Spannung den neuen Brief erwartet. Und oft hat mich das dermaßen inspiriert, dass ich nicht umhin kam, sofort drauf zu antworten – sonst wäre das wieder kalt geworden. Lutz führte wie beim Paartanz, darauf habe ich mich eingelassen. Selbstverständlich habe ich Mias Antworten auch genutzt, Lutz zu überraschen, zu provozieren.“ Auf die Frage, ob die Person des John Fettersen von Beginn an so skurril angelegt war oder sich erst im Dialog entwickelte, gesteht Debus unumwunden: „Der hat sich nicht so entwickelt, ich bin wirklich so ein komischer Typ.“ Viel Autobiographisches – auf der einen Seite „In der Ruhr liegt die Kraft“ ist in keinem der bekannten Publikumsverlage erschienen, auch wenn man glauben könnte, dass es für eine aus dem TV bekannte Kabarettistin kein Problem sein dürfte, einen Verlag von dem Projekt zu überzeugen. Man 44 entschied sich jedoch für einen anderen Weg: „Wir haben für das Buch speziell einen Verlag gegründet. Denn wir stießen schnell auf das Problem, dass Verlage heutzutage stets eine Kategorisierung vornehmen wollen. Genreübergreifende Projekte haben es da nicht so leicht. Also haben wir den FönNixe-Buchverlag gegründet, um solchen genreübergreifenden Projekten ein Forum zu bieten.“ Ihren Verlag wollen die beiden auch anderen Autoren öffnen – und dabei keinesfalls nur auf Satire setzen. „Ein zweites gemeinsames Projekt ist allerdings bereits in Arbeit“, erläutert Albus die weiteren Pläne für den Verlag. Das Grundkonzept für das nächste Buchprojekt ist ein gänzlich anderes als in dem aktuellen Briefroman, obwohl wieder eine Bühnenfigur von Lioba Albus mitspielen wird. Man trifft sich nun regelmäßig und entwickelt Dialoge. Doch zunächst steht das aktuelle Buch im Fokus: „Zur Vorstellung des Buches wird es auf jeden Fall szenische Lesungen geben“, kündigt Debus an, „Ich spiele auch Kontrabass und Gitarre – und vermutlich werden wir auch singen müssen.“ Auf die Parallele zu John angesprochen erläutert Debus: „Ja, ich spiele tatsächlich Kontrabass. In meinem Part des Buches steckt insgesamt viel Autobiographisches.“ Dieses Geständnis entlockt seinem weiblichen Gegenpart ein sehr vehementes „Von meiner Seite nicht!“ Die Buchpräsentation findet in Dortmund statt, die Termine der anschließenden Lesereise standen zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Ob es die beiden auch nach Gelsenkirchen führen wird, ist fraglich, schließlich hacken die beiden BVB-Anhänger in ihrem Roman doch arg auf dieser Stadt herum. Falls es eine Lesung in Gelsenkirchen geben sollte, dann auf jeden Fall nicht im Stadion – „es sei denn, Steven Sloane spielt dazu auf“, schränkt Debus lachend ein. FRANK SCHORNECK Lioba Albus/Lutz Debus: „In der Ruhr liegt die Kraft“ FönNixe Buchverlag, 144 Seiten, 11 Euro Buchpräsentation: Mo 1.10. 20 Uhr, Cabaret Queue, Dortmund Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de/literatur Comic-Spezial Essen-Altenessen OKTOBER 2012 Zeichenkunst Mehrere Ausstellungen in NRW widmen sich den Comics Eine stetig steigende Zahl an guten Veröffentlichungen auf dem deutschen Comicmarkt, das Eindringen in die Lehrpläne der Hochschulen, die Präsenz im Buchhandel und im Feuilleton sind Zeichen einer klaren Tendenz: Der Comic ist auch hierzulande im klassischen Kulturbetrieb angekommen. Davon künden auch sporadische Comicausstellungen. In NRW gibt es davon zurzeit gleich vier. Art Spiegelman ist einer der bedeutendsten Comic-Künstler der Gegenwart. Das Museum Ludwig in Köln widmet sich vom 22. September bis zum 6. Januar 2013 ihm und seinem Werk mit der Ausstellung „Co-Mix: Art Spiegelman. Eine Retrospektive von Comics, Zeichnungen und übrigem Gekritzel“. Im Mittelpunkt steht neben seinem Klassiker „Maus“, der die Shoah behandelt, auch seine komplexe, selbstreflexive Arbeit „Im Schatten keiner Türme“ über den 11. September 2001. Zur Ausstellung wird nicht nur der Katalog „Co-Mix“ erscheinen, sondern auch der Sekundärband „Metamaus“ mit Reflexionen des Künstlers über „Maus“ (S. Fischer Verlag). Ein Heimspiel gibt es für die beiden elder statesmen der deutschen Comicszene Hendrik Dorgathen und Ralf König. Dorgathen („Space Dog“) zählt seit den 80er Jahren zur deutschen Comic-Avantgarde und lotet wie Spiegelman bei vergleichbar wenigen klassischen Comicveröffentlichungen immer wieder die Grenzen des Mediums aus. Der in Kassel lehrende Künstler speist seine Arbeiten zwischen Comic, bildender Kunst und Illustration immer aus der Popkultur. „Serious Pop: Comics, Zeichnungen, Animationen“ ist noch bis zum 21. Oktober im Kunstmuseum in Dorgathens Heimatort Mülheim an der Ruhr zu sehen. Zur Ausstellung ist die schöne und umfangreiche Sammlung „Holodeck – Skizzen 1968-2012“ im Verlag Edition Moderne erschienen. Ganz anders muss man Ralf König, das internationale Aushängeschild der deutschen Comicszene, einordnen. König hat nicht nur unzählige Comics gemacht, die zum Teil publikumswirksam verfilmt wurden („Der bewegte Mann“, „Das Kondom des Grauens“), sondern schon früh romanhafte Erzählungen gezeichnet. Dabei hat er sich um die Hochkultur nie geschert, sondern immer demonstrativ an seinen humorigen Knollennasen festgehalten. Allerdings war sein sozialer und politischer Anspruch ebenso unbeirrbar. Seit einigen Jahren steht neben sexueller Toleranz auch die Kirchenkritik auf der Agenda. Seine neueste Geschichte „Elftausend Jungfrauen“ ist eine tabufreie Bearbeitung der Legende der berühmten Stadtpatronin Kölns. Die begleitende Ausstellung „Ralf König: Das Ursula-Projekt“ ist vom 13. Oktober bis zum 9. Februar 2013 im Kölnischen Stadtmuseum zu sehen. Am 26. Oktober findet um 20 Uhr in der Kulturkirche in Nippes eine Comiclesung mit König statt, am 3. November liest er im Kölnischen Stadtmuseum. Der zugrunde liegende Comic ist im Rowohlt Verlag erschienen. Noch bis zum 6. Januar 2013 ist in der Bundeskunsthalle in Bonn die Ausstellung „Pixar – 25 Years of Animation“ zu sehen. Hier geht es nicht um klassische Comics und auch nicht ums klassische Zeichnen, sondern um digitale Animationsfilme. Doch auch deren Ursprung liegt in Skizzen und Zeichnungen. Die Ausstellung liefert seltene Einblicke in die Erfolgsschmiede aus San Francisco und zeigt die Produktionsprozesse in den Pixar Studios. CHRISTIAN MEYER 24.10. / MI / 20 UHR Jan Weiler Mein Leben als Mensch Literarischer Wortwitz live Stand: 11.09.2012 (Änderungen vorbehalten!) „Spiegelman-Towers“: lllustration für das Zentrum der Bildtafel Nr. 6 von „Im Schatten keiner Türme“. Tuschezeichnung. 2002 FR 05.10 | FRAU POTZ FR 12.10 | DER AUFSTAND IST VORBEREITET FR 12.10 | MAIKE ROSA VOGEL SA 13.10 | SLIME SO 14.10 | ORKESTRA CROSSCULTURA MI 17.10 | KILIANS DO 18.10 | DELAIN FR 19.10 | DAS GLASBLASSING QUINETT FR 19.10 | 2. KULTURMESSE bis ESSENER NORDEN SO 21.10 THEATER, MUSIK + MEHR SO 21.10 | COMEDYCARL MIT MOSES. W UND GÄSTEN MI 24.10 | KATIA SAALFRANK DO 25.10 | INGRID LUKAS SO 28.10 | MOSES W. DI 30.10 | SCIENCE SLAM Mi 31.10 | MARC-UWE KLING PARTYS FR 05.10 | 80s/90s PARTY SA 06.10 | GOTHIC INDUSTRIAL PARTY SA 27.10 | GLAMOURDOME MI 31.10 | HALLOWEEN SCARY NIGHT VORSCHAU DO 08.11 MARKUS KREBS / FR 09.11 BUTTERFAHRT 5 / DO 15.11 EIVIND AARSET / SA 17.11 ARENA / SO 18.11 PUPPENBÜHNE BARBERELLA / SO 18.11 COMEDY CARL MIT MOSES W. UND GÄSTEN / MI 21.11 OLLI SCHULZ / FR 23.11 DIE LOKALMATADORE / FR 30.11 CHAMELEONSVOX / SO 02.12 FIGURENTHEATER HILLE PUPILLE / DO 13.12 DAVID WERKER / FR 14.12 ENDZEIT FESTIVAL / SO 16.12 COMEDY CARL MIT MOSES W. UND GÄSTEN / MI 19.12 OHRENFEINDT / FR 21.12 257ers + GENETIKK + DCVDNS / FR 28.12 END OF GREEN / MI 31.12 SILVESTER PARTY www.zechecarl.de Das neue Bühnenprogramm des Autors und Journalisten Jan Weiler (u.a. "Maria, ihm schmeckt's nicht") enthält die besten Kolumnen der wöchentlichen Welt-amSonntag-Serie "Mein neues Leben als Mensch", die Ende 2011 als Buch und Hörbuch erschienen. "Ein großartiger Schreiber!" (Hamburger Abendblatt) é © Art Spiegelman ART SPIEGELMAN CO-MIX EI N E RETROSPEKTI V E VO N CO M I CS, ZEI CH N U N GEN U N D Ü BRI GE M GEKRIT ZEL 2 2 . 9 . 2 0 1 2 - 6.1.2013 Art Spiegelman: „Co-Mix: Eine Retrospektive von Comics, Zeichnungen und übrigem Gekritzel“ I 22.9.-6.1.2013 I Museum Ludwig, Köln Hendrik Dorgathen: „Serious Pop – Comics, Zeichnungen, Animationen“ bis 21.10. I Kunstmuseum Mülheim a. d. Ruhr Ralf König: „Das Ursula-Projekt“ I 13.10.-9. 2. 2013 I Kölnisches Stadtmuseum Pixar: „25 Years of Animation“ I bis 6.1.2013 I Bundeskunsthalle Bonn 45 Textwelten Poetry Trotz Photoshop mit Spaßbremsenblick: Manfred Spitzer, Foto: Droemer Knaur Ungefähr zwei sehr gut bewaffnete Regenschirme Spaßbremse Der Fall des Falles Wir wollen es nicht mehr hören! Wir wollen nicht mehr hören, was dieser Mann zu sagen hat. Diese Spaßbremse. Wir möchten glauben, dass unsere Kreativität durch Computerspiele gefördert wird, dass sie unseren Geist trainieren und uns fit für die Zukunft machen. Wir möchten, dass man sie für pädagogisch wertvoll hält und als Kunst betrachtet. Ihre Entwickler sollten mit Fördergeldern belohnt werden, immerhin leisten die Bundesund die Landesregierung da schon kräftige finanzielle Unterstützung. Denn in den Möglichkeiten der digitalen Welt liegt die Chance zu mehr Bildung, und wenn man diese Bildung noch mit viel Spaß erwirbt, dann sollten wir doch alle glücklich sein. Stattdessen kommt dieser Psychiater, dieser ewige Warner vor den Gefahren des Internets daher und will uns sagen, dass die digitalen Medien unglücklich machen, dass sie unsere geistige Leistungsfähigkeit senken und uns süchtig machen. Ist dieser Manfred Spitzer nicht einfach von Gestern? Wo lebt der denn? Will er uns etwa erzählen, wir sollten wieder zu Kreide und Schiefertafel zurückkehren? Der Medienpsychologe Peter Vorderer wollte diesem Griesgram aus Ulm – der sich so gut mit dem Gehirn auskennt (Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik) und in seinem neuen Buch mit dem Titel „Digitale Demenz“ beschreibt, wie die digitalen Medien unsere geistige Leistungsfähigkeit beschränken – in einem Streitgespräch, zu dem „Die Zeit“ eingeladen hatte, einmal so richtig die Meinung geigen. Allerdings – das muss man sagen – ging der Schuss nach hinten los. 10:0 für Spitzer, der hat auf jeden Versuch, den Computer zum bloßen Werkzeug oder Spielgerät zu erklären, ein Argument, das belegt, wie uns die digitale Technik in Abhängigkeit bringt. Trotzdem, wir lassen uns den Computer, das Handy und das Navi nicht wegnehmen, da kann Spitzer lange erklären, wie diese Geräte uns das Denken abnehmen und uns unselbständig machen, wie wir den Kontakt zu unserem Körper und unseren Mitmenschen verlieren. Eines muss man diesem Spielverderber ja lassen, jede seiner Thesen kann er mit einer Untersuchung belegen, deshalb bekam Vorderer auch keine Schnitte im Gespräch. Vor allem in den USA sind zahlreiche Untersuchungen zur Nutzung digitaler Medien auch über lange Zeiträume hinweg erschienen. Fakt ist, dass die Nutzung digitaler Medien unsere Konzentrationsfähigkeit verringert, und das systematisch, weil sich mit ihrem Gebrauch unser Gehirn verändert. Aber die digitale Welt ist etabliert, diese Uhr dreht keiner zurück, schon der Gedanke daran wäre Unsinn. Dass viele Kinder inzwischen mehr Zeit mit digitalen Medien als mit der Schule verbringen, belegt Spitzers These von der Gefahr, zum willenlosen Konsumenten zu werden. Dass die Nutzung von Lernprogrammen Sinn macht, wenn sie im kontrollierten Dialog mit einem Lehrer stattfindet, lässt sich auch beweisen. Wir lernen immer am Besten in der Begegnung mit einem anderen Menschen, das trifft auch für die Nutzung von Lernprogrammen zu. Aber dass es für diesen begleitenden Umgang mit den digitalen Medien keine konkreten Richtlinien gibt, bleibt ebenfalls eine Tatsache. Manfred Spitzers scharfe Abrechnung mit dem Medium, das unsere Welt heute wie kein anderes prägt, wird ein Diskussionsthema bleiben. Es ist gut, dass es vorliegt, so dass man sich in Zukunft tüchtig an ihm abarbeiten kann. Dies ist die Geschichte davon, wie der Fall eintrat, dass ein Fall eintrat, weil ich gerade auf meinen Schnürsenkel trat. In der Folge geriet mein Körpergewicht verstärkt in den Bannkreis der Schwerkraft, will sagen, ich fiel, durch einen Vorgang, der Jugendlichen gemeinhin als „Abmaulen“ bekannt ist, was sich vom lateinischen „Abmulus“ herleitet, was „Sackfalte“ bedeutet und ergo an dieser Stelle gar nichts verloren hat – ich hingegen verlor das Gleichgewicht. Nachdem ich also gestolpert war, beschäftigte ich mich erst mal eine Weile damit, den Wünschen der Gravitation nachzukommen. Man soll sich ja nicht gehen lassen, aber man muss sich auch mal fallen lassen können, in den Moment hinein, das hatte ich beim Yoghurt gelernt, vielleicht auch beim Yoga, das konnte ich jetzt nicht mehr so genau sagen, aber wer will da schon an Silben herumknausern, wenn er abstürzt wie Jimi Blue nach einer Flasche Jackie Black? Manfred Spitzer attackiert den Umgang mit digitalen Medien Sebastian23 zählt an: Fünfundzwanzig Runter kommen sie immer Ich verlor also den Boden unter den Füßen, hatte ihn aber dafür alsbald im Gesicht. So oft hatte ich den Teppich getreten, auf den Boden gestampft, hatte das heimische Geläuf versohlt, dem Untergrund per pedes meine altitudische Überlegenheit demonstriert, doch jetzt schlug er zurück, von unten, wie die Ninja Turtles. Meine Person war nun also zur Neige gegangen, jedoch dabei zu weit und hatte als Resultat endlich das, was meine Kritiker immer so schmerzlich vermissten: Tiefgang. Wegen des unerwartet flotten und reibungslosen Abstiegs beschloss ich, erst mal auf dem Teppich zu bleiben. Schließlich hatte ich in gleichem Maß an Höhe eingebüßt, wie ich an Länge gewonnen hatte. Kein Grund also, abzuheben. Obwohl das Telefon klingelte. Harr harr, bzw. ring ring! Hinter dem Horizont geht’s tighter Eine Frage drängte sich auf wie Teppichfasern: Gibt es eigentlich eine vertikale Entsprechung des Horizonts – einen Vertikont? Die Sonne versinkt am Abend hinter dem Horizont und wer um die Ecke geht, versinkt folglich hinter dem Vertikont. Kann man das sagen, oder muss man dafür erst mit der Schädelkuppel den eigenen Wohnraum ausloten? Ein Tor war gefallen und dieser Tor war ich, und war so klug als wie zuvor, wenn nicht gar noch dümmer, jedoch lag ich fürderhin am Boden wie ein Limbo-Weltmeister im Ruhestand oder die Hoffnungen auf eine rasche Lösung der drängendsten Probleme auf Klimakonferenzen. Was ich dann tat? Nun, ich probte den Aufstand, ich errichtete mich, vollzog den evolutionären Sprung vom Homo Flachliegus zum Homo Erectus, wobei mir eine gewisse Sapiensität nicht abhold war, ich erhob mich, setzte an und stellte fest: mich. FOTO/ TEXT: SEBASTIAN23 THOMAS LINDEN Sebastian23 – Die Video-Kolumne: Auf youtube und auf www.trailer-ruhr.de/literatur-nrw Manfred Spitzer „Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“ Droemer I 19,99 Euro 46 Literatur-Kalender Ruhr Jan Weiler ist mit „Mein Leben als Mensch“ in Bochum und Duisburg unterwegs, Foto: Enno Kapitza Die Literatur-Termine der Region BOCHUM – BAHNHOF LANGENDREER 0234 687 16 10 ESSEN – ZENTRALBIBLIOTHEK 0201 884 24 20 Sabina Berman: Die Frau, die ins Innerste der Welt tauchte Mo 8.10. 20 Uhr Die Reihe WortWelten präsentiert die aus Mexiko stammende LiBeraturpreisträgerin 2012. Ece Temelkuran: Am Rande des Mittelmeeres Do 18.10. 20 Uhr BOCHUM – BAHNHOF LANGENDREER 0234 687 16 10 Jan Weiler: Mein Leben als Mensch Mi 24.10. 20 Uhr Auch am 25.10. in Duisburg (Grammatikoff). BOCHUM – ROTUNDE 0234 961 66 20 Mirko Kussin & Tobias Wimbauer: Hundert Dinge Mi 17.10. 20 Uhr BOCHUM – GOLDKANTE 0234 43 86 88 11 Enno Stahl & Matthias Schamp: Aktionslesung Do 18.10. 20 Uhr Zwei Grenzgänger der Literatur und ungewöhnliche Performer bringt an diesem Abend die Literarische Gesellschaft Bochum auf eine Bühne. BOCHUM – PRINZ-REGENT-THEATER 0234 77 11 17 ESSEN – WESTSTADTHALLE 0201 24 48 88 90 Lese(r)Raum – Junge Autoren stellen sich vor Di 9.10. 18 Uhr Kurztexte und Auszüge aus ihrem Krimi „Die Muse des Mörders“ ESSEN – MUSEUM FOLKWANG 0201 884 54 44 Cees Nooteboom: Briefe an Poseidon Fr 19.10. 20 Uhr Nooteboom, der Reisende mit offenen Augen, schreibt jeden Herbst, wenn er seine Sommerinsel verlässt, an den Dreizack tragenden Meeresgott über Mythen und Strandbegegnungen. Manni Breuckmann: Fußballgipfel Mo 22.10. 19.30 Wer bei der samstäglichen Bundesligakonferenz im WDR die Stimme von Manni Breuckmann vermisst, ist hier richtig. GLADBECK – STADTBÜCHEREI 02043 99 26 56 Boualem Sansal & Martin Brambach: Der Frieden selbst ist ein Prinzip Mi 17.10. 20 Uhr In dieser Veranstaltung der Reihe „Kriegsbefangen“ liest der algerische Friedenspreisträger 2011, Boualem Sansal DORTMUND – CABARET QUEUE 0231 41 31 46 HAGEN – HASPER HAMMER 02331 46 36 81 Lioba Albus & Lutz Debus: In der Ruhr liegt die Kraft Mo 1.10. 20 Uhr Siehe Literatur-Portrait dieser Ausgabe auf S. 44. Frank Goosen: Heimat, Fußball, Rockmusik Mi 24.10. 20 Uhr Eine gemischte Tüte Goosen – was soll man mehr sagen? Nedim Gürsel: Allahs Töchter Mo 15.10. 20 Uhr Der von Barbara Yurtdas in ein schön fließendes Deutsch übersetzte Roman brachte dem Autor in der türkischen Heimat mehrere Klagen wegen Blasphemie ein und zugleich einen großen Verkaufserfolg. ESSEN – BUCHHANDLUNG PROUST 0201 839 68 40 MÜLHEIM – RINGLOKSCHUPPEN 0208 99 31 60 İnci Aral: Verseuchte Seelen Do 18.10. 19.30 Uhr Das Massaker an Aleviten in der Stadt Kahramanmaraş. RECKLINGHAUSEN – ALTSTADTSCHMIEDE 02361 212 12 Torsten Sträter: Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben Mi 24.10. 20 Uhr Wolfgang Schorlau: Das München-Komplott Do 4.10. 20 Uhr Der Krimi um den Ermittler Dengler führt auf ganz neue Spuren zum Oktoberfest-Attentat von 1980. Handelte es sich damals doch nicht um einen Einzeltäter? trailer-Empfehlung auf den Auswahl-Seiten 16.10.2012 ,,Allahs Töchter“ Lesung und Gespräch mit dem Autor Nedim Gürsel Phantastisch und erhellend ist Nedim Gürsels weit in die Vergangenheit - bis zu Allahs Töchtern ausgreifender Entwicklungsroman eines türkischen Jungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Ein Buch über Glauben und Glaubensverlust, das anregt eigene Tabus und Vorurteile bezüglich des Islams zu überprüfen. Moderation und Übersetzung: Barbara Yurtdas Eintritt: 5,00 € - 19.30 Uhr GELSENKIRCHEN – DIE FLORA 0209 169 91 05 Literarischer Salon: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Mo 8./15./22./29.10. 20 Uhr Die Suche nach der verlorenen Zeit geht weiter – mit Stephan Ullrich. DUISBURG – ZENTRALBIBLIOTHEK 0203 283 42 18 01.10.2012 „Lesen, um davon zu erzählen“ Bilder-, Kinder- und Jugendbücher im Religionsunterricht. In dieser Veranstaltung lernen Religionslehrerinnen und –lehrer, Katechetinnen und Katecheten sowie alle, die sich in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hauptoder ehrenamtlich engagieren, Bücher kennen, die ihre Leserinnen und Leser in ganz unterschiedlicher Weise und Intensität zu Fragen nach Gott und Welt herausfordern und darüber hinaus in Religionsunterricht, Katechese und sonstigen religionspädagogischen Feldern vielfältige Lernchancen bieten. Refrentin: Gabriele Cramer, Rektorin i.K. im Bistum Münster Eintritt: 3,00 € - 19.30 Uhr 23.10.2012 ,,Glänzende Aussichten“ Eine Gesprächsreihe zur Zukunft von Christentum und Kirche In der Reihe „Glänzende Aussichten“ wird der Systemtheoretiker Peter Fuchs mit seiner Publikation „Der Papst und der Fuchs“ zu Gast sein. In diesem Buch unterhält sich der Autor auf anspruchsvolle aber durchaus humorvolle Weise mit dem Papst über aktuelle Fragen nach Religion, Gott, Kirche und Christentum. Eintritt: 5,00 € - 19.30 Uhr 25.10.2012 Erfolg! humor, poesie, songs und chansons Sebastian Lohse & Die feine Gesellschaft Auf Tuchfühlung erkunden SEBASTIAN LOHSE & DIE FEINE GESELLSCHAFT mit ihrem Publikum ein Spiegelkabinett voller Sehnsüchte und Hoffnungen, Verfehlungen und Untaten. Er besingt die Welt der Großen und Kleinen und den richtigen Augenblick die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Seine Lieder formen Widerhaken – für Kopf und Seele, Auge und Ohr. Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr Kartenvorverkauf Empfehlungen von Frank Schorneck Der Kalender wird präsentiert von: Literaturmagazin, im Bahnhofsbuchhandel, www.Die-Lust-am-Lesen.de 47 Medienforum des Bistums Essen Zwölfling 14 / 45127 Essen Tel.: 0201 / 2204-274 Fax: 0201 / 2204-272 [email protected] Kompakt Disk Vernebelte Masse Françoiz Breut hält die Fahne des Nouvelle Chanson hoch. Ihr fünftes Album „La Chirurgie des Sentiments“ ist eine in den Melodien wunderbar melancholische, in den Arrangements leichte und von ungewöhnlichen Sounds durchzogene Angelegenheit geworden. Das Album erscheint in Deutschland bei dem Kölner Label Le Pop, das die Sängerin Ende des Jahres auch für eine Tour nach Deutschland und Köln holt (Le Pop). Der Opener von „Shield“ ist schlicht furios. Drei Jahre nach „Veckatimest“ schütteln Grizzly Bear das Folk-Etikett nicht ganz ab, entwickeln aber immer mehr ihre eigene Version von 70er-Jahre-Softrock. Oder anders: Sie klingen, als hätte man Crosby, Stills, Nash & Young oder America an die Kunsthochschule geschickt (Warp). Das entdeckungsfreudige JazzQuartett Schneeweiss & Rosenrot lässt auf „Pool“ alle Grenzen hinter sich, so dass man eigentlich nicht mehr Jazz-Quartett sagen kann. Art Rock-Tradition scheint auf, Elektronik mischt sich ein, vielfältigste Stile und Stimmungen treffen sich. Schwer zu beschreiben, aber beziehungsweise deshalb eine Entdeckung wert (enja). Ähnliches gilt für Hans Unstern. Nach seinem kleinen Hit „Paris“ blieb der große Erfolg aus. Mit „The great Hans Unstern Swindle“ wird sich das kaum ändern. Zu den sperrigen, surrealen Texten (sein erstes Buch „Hanky Panky Know How“ ist gerade im Merve Verlag erschienen), die an die Bands Cpt. Kirk &. oder Workshop erinnern, gesellen sich nicht minder sperrige Songs, die sich die Klänge suchen, die die Texte brauchen. Der ehemals bärtige Waldschrat hat jetzt übrigens kurze blaue Haare und trägt Weiß (Staatsakt). Michael Mayer, anteiliger Kompakt-Eigner und als DJ weltweit unterwegs, hat acht Jahre nach seinem Schnellschuss-Debüt mit „Mantasy“ ein zweites Album fertiggestellt. Die Hälfte der Tracks klingt auch diesmal nicht nach endloser Bastelei – hier ein EBM-Beat beim Titeltrack, dort frühe 90er Reminiszenzen wie bei „Neue Furche“. Dazwischen dann das wunderbare „Roses“ mit verzaubernden Vocals oder ein Techno-Boogie mit atmosphärischen Glöckchen. Jeppe Kjellberg von WhoMadeWho lässt den letzten Track – entspannter House – mit einem souligen „Let’s just have a good time“ ausklingen. Kein übergreifendes Künstleralbum, aber good time wird damit sicher möglich sein (Kompakt). Dub Step, Post-Dub Step … oder so. Der Brite Ital Tek macht entspannt unentspannte Musik. Um die wirr umherfliegenden Tippelbeats, die ein wenig an eine smoothe Version von Chicago Juke erinnern, gesellen sich entspannte Flächen und fiese 80s-Synthies. Durchaus reizvoll, diese Kontraste (Planet Mu). Der neueste Schrei im Reissue-Business lautet Materialschlacht: Irgendwo finden sich immer noch alte Bänder von unveröffentlichten Stücken, frühen Versionen, alternativen Takes oder Livemitschnitten. So werden zum 35. Jahrestag Klassiker wie „Never mind the Bollocks“ von den Sex Pistols als 3er-CD-Box mit 53 Stücken plus DVD etc. veröffentlicht, Velvet Undergrounds Debüt schafft es gar auf 65 Stücke, darin ist allerdings zusätzlich Nicos Debüt „Chelsea Girls“ enthalten. Nicos drittes Album „The End“ kommt hingegen nur auf schlappe 17 Stücke. Als Bonus wurden lediglich 5 Stücke einer John Peel-Session und vier Live-Aufnahmen hinzugefügt. All das sind tolle Alben, aber das Mehr ist wohl eher etwas für akribische Forscher und Historiker, die die Nuancen der unterschiedlichen Aufnahmen hören und deuten können. Für den Otto-Normal-Hörer könnte die Masse die Qualität der Originalalben, die auf ihre Art alle Meilensteine sind, etwas vernebeln (Universal). CHRISTIAN MEYER 48 ICH SPEKULIERE. AUF FREUDENTRÄNEN. MIT MEINEM ABO: WORLD MUSIC Madredeus, Tomatito, Amadou & Mariam und andere kommen als musikalische Botschafter ihrer Heimat nach Dortmund. MUSIK BEREICHERT. 49 Popkultur in NRW Versöhnt die Jazzimprovisation mit Dubtechno: Das Moritz von Oswald Trio Improvisierte Musik in NRW Klassische Portugiesen, Foto: Pedro Cláudio Vielstimmige Verschiedenheit Melting Pot im Pütt Von Christian Werthschulte Die Schriftstellerin Toni Morrison hat das Zusammenstellen eines Kanons einmal mit dem Bauen von Kanonen verglichen. Und auch wenn dieser Vergleich ein wenig dramatisch ist, steckt in ihm ein Funke Wahrheit. Wann immer Kuratoren in öffentlich finanzierten Kultur-Institutionen sich für oder gegen Künstler entscheiden, stecken dahinter nicht lediglich Geschmacksurteile, sondern auch das Ringen um eine bestimmte Form der Außendarstellung. Das gilt selbst für die demokratischste aller Kunstformen – die Popmusik. Nicht umsonst unterhält die Bundesregierung mit der „Initiative Musik” „Pop als U-Musik, diese Sichtein Förderprogramm für Künstler, die zwar weise hat sich überlebt“ bereits ein wenig etabliert sind, aber für die Produktion eines neuen Albums noch ein wenig Anschubfinanzierung brauchen. Schaut man auf die Liste der geförderten Künstler, wird man jedoch eine relativ homogene Gruppe an Indiebands, Elektro-Pop und Songwritern finden. Kurzum: Musik, die dem Geschmack des Bürgernachwuchses entspricht. Auch bei den Pop-Angeboten, mit denen Konzerthäuser seit Längerem um ein junges Publikum werben, herrscht das gleiche Bild. Egal, ob es sich um das PopAbo im Dortmunder Konzerthaus oder das New Fall-Festival in der Düsseldorfer Tonhalle handelt – man setzt auf Ästhetiken, die vertraut sind oder die sich schnell erschließen lassen. Das hat nichts mit der Qualität der Künstler zu tun, die von den Weilheimer Indie-Urgesteinen The Notwist bis zum Glasgower Elektronikeklektiker Rudi Zygadlo reichen. Sondern damit, dass man fast ein wenig konservativ wirkt. Die gleichen Institutionen, die sich ansonsten trauen, ihr Publikum auch mal herauszufordern, setzen bei Pop auf den tendenziell kleinsten gemeinsamen Nenner. Popmusik ist hier gleich U-Musik, eine Sichtweise, die sich durch die Diversität des Materials Pop eigentlich schon längst überlebt haben sollte. Besser funktioniert der Umgang mit dem Kanonischen beim Essener Swingfest, das dieses Jahr zum fünften Mal stattfindet. Das Swingfest begann gitarrenlastig, wie es seinen Wurzeln in der Drone-Rock und Doomszene entspricht. Mittlerweile ist es zur Spielstätte fast aller etwas sperrigen Spielarten experimentellen Instrumental-Pops geworden, gerade weil es seine Fühler nach den stilprägenden Musikern anderer Richtungen ausgestreckt hat. Philip Jeck z.B. ist einer der Pioniere des Turntablism. Seit Jahren collagiert er Platten, die er auf Flohmärkten oder in Charity-Shops findet, mit Hilfe zweier Plattenspieler zu Arrangements, die in ihrer Sogwirkung ihrem kulturindustriellen Ausgangsmaterial nicht nahestehen. Und mit Moritz von Oswald haben sie sich einen der deutschen Musikpioniere ausgesucht, der mit Palais Schaumburg nicht nur die NDW mitbegründet hat, sondern ihr mit seinen Tracks als Basic Channel oder Maurizio Berlin eine eigene TechnoKlangsignatur gegeben hat. Seit einigen Jahren arbeitet er mit dem Moritz von Oswald Trio daran, die Abstraktion von elektro-akustischer Musik mit kollektiver Jazzimprovisation zu versöhnen, ohne dabei die eigene Geschichte als Dubtechno-Producer zu verleugnen. So kann man seinen Christian Werthschulte Kanon auch bilden – aus Respekt vor den Leistungen derjeJournalist und nigen, die sich etwas getraut haben. Musikkritiker Von Olaf Weiden Der Terminus „Weltmusik“, ein attraktiver und marktfähiger Sortierbegriff lebendiger Musik, hat Konjunktur. Kein Musikfestival will auf die bunten Accessoires exotischer Bands verzichten, auf die legendären Mamas und Papas an Mikrofon und Instrumenten, für die immer schon Musik und Rhythmus das Leben abbildeten, sei es in Trauer oder im Freudentanz. Und auch ein Feuerwerk an Perkussion, oft am menschlichen Herzschlag orientiert, darf nicht mehr im jährlichen Kulturangebot „Internationaler als fehlen: Sowohl in der breitenwirksamen beim Klezmer-Fest kann Kulturarbeit als auch auf philharmoes nicht zugehen“ nischem Parkett lassen Musiken der Völker die Herzen des volksmusikentfremdeten Normaldeutschen höher schlagen. Vielleicht liegt auch darin der Reiz dieses internationalen Besuchs: dass dieser so gar keine Probleme zu haben scheint, sein erdiges und ursprüngliches Volksgut mit geöffnetem Herzen und aus vollem Halse zu singen, zu posaunen oder trommeln. „Weltmusik“ im umfassendsten Sinne bilden jetzt die Stadt Gelsenkirchen und ihre jüdische Gemeinde ab in ihrem mehrwöchigen Festival „Klezmerwelten“ ab. Musik begleitete traditionell alle herausragenden Ereignisse eines jiddischen Lebens, und dem wird dieses Festival gerecht: Es gibt Filme, Vorträge, eine Schabbat-Feier und eine typische Hochzeit, dazu natürlich viele Konzerte aus der ganzen Welt. Internationaler als beim Klezmer-Fest kann es nicht zugehen, die Bands und Gruppen reisen aus New York, aus dem Baltikum, aus Odessa, aus London und sogar aus Bayern nach Gelsenkirchen, um diese einzigartige Weltmischung traditioneller jüdischer Musik in einem „Melting Pott“ zu verrühren. Mehrfach wird auch der Gelsenkirchener Klarinettist Norbert Labatzki aktiv, der seine musikalischen Aktivitäten schon früh und sehr erfolgreich der Klezmer-Musik gewidmet hat. An vielen verschiedenen Orten treten die Künstler auf, deshalb muss sich der Musikfreund selbst eine Übersicht verschaffen. Einfacher haben es da die Liebhaber der legendären Band „Madredeus“, die nur den Weg ins Dortmunder Konzerthaus oder in die Kölner Philharmonie finden müssen. Im Dortmunder Konzerthaus setzt die portugiesische Kultband den Startschuss für ein ganzes Abo zur Weltmusik, das Konzerthaus ist ja seit Langem aufgeschlossen für alle möglichen Events. Die Melange der Südeuropäer aus Fado, Pop und Klassik entstand bereits vor 25 Jahren, damals probten die meist klassisch geschulten Musiker in einem Kloster in Lissabon, dem „Madredeus“ im Stadtviertel Xabregas. Unsterblich wurde ihre Musik durch die Wim-WendersStadthommage an Lissabon, damals Kulturhauptstadt, wozu sie den Soundtrack lieferten und in der sie auch selbst auftraten. Dass es sich hier um ein folkloristisch inspiriertes Kunstprodukt handelt, stellte der Gründer Pedro Ayres Magalhães, der auch heute noch als Gitarrist mitOlaf Weiden reist, selbst fest. Magalhães: „Es ist klassische portugieMusiker und Musikkritiker sische Musik, wie sie nur noch nie zuvor gespielt wurde.“ New Fall Festival I 3.-7.10. I Tonhalle Düsseldorf www.new-fall-festival.de „Klezmerwelten“ in Gelsenkirchen I 13.-31.10. I 0209 169 91 06 www.klezmerwelten.de Denovali Swingfest I 5.-7.10. I Weststadthalle Essen www.denovali.com/swingfest „Madredeus“ I Sa 20.10. in Köln/27.10. in Dortmund www.madredeus.com Wie das Kanon-Problem in der Popmusik ankommt Die Welt trifft sich an Rhein und Ruhr 50 Klassik in NRW Highlights in Dortmund 221. – 29. September 2012 01. Oktober 2012 06. Oktober 2012 20. Oktober 2012 20. + 21. Oktober 2012 Im Seelentieftauchgang Matthias Goerne mit Recitals in Essen und Köln Von Olaf Weiden Mit dem Tode von Dietrich Fischer-Dieskau im Mai dieses Jahres ist der „Anführer“ im steten Kampf für die Kultur des Kunstgesanges und insbesondere des deutschen Liedes abgetreten. In seinen legendären Liedinterpretationen spuckte er wie einst die großen Heroen des Sprechtheaters die Konsonanten über das schaudernde Volk und erzeugte auf diese Weise ganz eigene Feuchtgebiete in den ersten Reihen des andächtigen Auditoriums. Erben als Verfechter höchster Klangkul„Hier wird aus dem tur hat Fischer-Dieskau wie zuvor auch Nähkästchen der Gestaltungsseine Kollegin Dame Elisabeth Schwarzkunst geplaudert“ kopf über Jahrzehnte nachgezüchtet, wobei einige aber den freiheitlichen Geist bewahrten, Nutzen aus der Lehre mit eigenen Vorstellungen zu kombinieren. Extrem erfolgreich gelang dies dem Bariton Matthias Goerne, der jetzt in Köln und in Essen Recitals abhält – so heißt ein intimer Soloabend, in unserem Falle ein Liederabend, für einen Sänger mit Pianist. In Essens Philharmonie betreut er sogar eine Masterclass. Und das kann spannender sein als jeder Liederabend. Matthias Goerne traut sich was. Er unterstreicht seine Interpretationen mit einer sehr exaltierten Gestik, einem intimen Körpertanz, der nicht nur Freunde findet. Das Wort „Manieriertheit“ taucht in diesem Zusammenhang gern auf, und mancher Künstler hat es bereits geschafft, nur durch unnatürliche und unangemessene körperliche Ausdrucksfreude Aufmerksamkeit bis Ekel zu erregen. Es gibt aber auch eine befruchtende Koexistenz von mimischem Spiel und Musik, und diese Gratwanderung gelingt Goerne sehr überzeugend. Dann liefert ein solcher Seelentieftauchgang außergewöhnliche Konzerterlebnisse. Mit den Wiener Philharmonikern besuchte er unlängst Australien, Hong Kong und Japan, er gastierte an der Wiener Staatsoper, beste Konzertsäle der Welt wechseln mit den bedeutenden Opernbühnen, vom „Papapapapa“-geno bis zur Titelpartie in Alban Bergs „Wozzeck“ hat Goerne einiges im Repertoire. Aber die Liederabende sind sein Steckenpferd, selbst mit dem Musikweisen Alfred Brendel hat sich der gebürtige Weimarer nochmals nach seinen Studien bei Fischer-Dieskau und Elisabeth Schwarzkopf in die Klangwelten Schuberts versenkt. In Köln umstellt er Schubert mit Beethoven und Brahms. In Essen rückt er für die Masterclass ein Masterpiece Schuberts in den Fokus: „Die schöne Müllerin“ serviert er am Vorabend seines Unterrichts. Wer schon einmal einer Meisterklasse lauschen durfte, der weiß, dass hier einiges aus dem Nähkästchen der großen Gestaltungskunst geplaudert wird. Der Dirigent und Pianist Christoph Eschenbach, Essener „Artist in Residence“ der aktuellen Spielzeit, und Matthias Goerne beraten Sänger und ihre Begleiter, auch das ist ein seltener Fall und lockt dadurch bereits entsprechend neugierige Kulturfreunde an. Wer einmal wirklich etwas über das Singen im Kunstbereich, also meilenweit abseits aller CastingShows mit idiotischen Laien-„Fachkräften“ mit großen Nasen oder großen Mäulern, wissen will, der kann hier schlauer werden – und das kann nie schaden. Recital mit Christoph Eschenbach: Sa 20.10. 20 Uhr Masterclass mit ausgewählten Studenten: So 21.10. ab 12 Uhr, Konzert mit den Studenten: 20 Uhr I Philharmonie Essen I www.philharmonie-essen.de Recital mit Pierre-Laurent Aimard I Do 25.10. 20 Uhr Philharmonie Köln I www.koelner-philharmonie.de 51 27. Oktober 2012 27. Oktober 2012 01. November 2012 02. November 2012 07. November 2012 09. November 2012 0 – 11. November 2012 09. und die Zeichen der Zeit 14. November 2012 14. November 2012 18. November 2012 24. November 2012 07. Dezember 2012 08. + 09. Dezember 2012 CARMEN SUITE/WALPURGIS NACHT NUSSKNACKER OLAF MALOLEPSKI 8. KINDERLACHEN-GALA IN EXTREMO APASSIONATA Änderungen vorbehalten Instanz des Liedgesangs: Matthias Goerne, Foto: Marco Borggreve OKTOBERFEST HELENE FISCHER SYNDICATE SUBERG`S Ü30 PARTY DORTMUNDER ANTIK- UND SAMMLERMARKT SÖHNE MANNHEIMS GLAMOTION FREI.WILD KRAFTKLUB CHIPPENDALES HERBERT GRÖNEMEYER TABALUGA Der schnellste Weg zu Ihren Tickets: TICKET-HOTLINE für Westfalenhallen und bundesweite Veranstaltungen: Telefon 0231/1204-666 Kostenloser e-mail-Newsletter: www.newsletter.westfalenhallen.de Besuchen Sie uns auch auf facebook. RuhrKunst Ausstellungsansicht Gustav Deppe, Schlieker-Haus, © Nachlass Deppe, Foto: Claudia Schlieker-Buckup Gleiche Zeit, gleicher Ort Gemälde von Gustav Deppe und Hans-Jürgen Schlieker in Bochum-Querenburg Ein konzeptuelles Understatement führt bisweilen zu einem gelungenen Ergebnis: So wenig geglückt in der Ausstellung die angekündigte Gegenüberstellung der Gemälde von Hans-Jürgen Schlieker und Gustav Deppe ist, so beglückend ist doch das, was es in Schliekers einstigem Atelier in Querenburg zu sehen gibt. Vorgestellt werden zwei der wichtigsten Bochumer Maler der Nachkriegszeit, die weit über das Ruhrgebiet hinaus Renommee besitzen. Vor allem in den 1950er und 1960er Jahren waren beide der Avantgarde zuzurechnen und haben doch jeweils einen eigenen künstlerischen Weg eingeschlagen. Die beiden Maler kannten sich seit Anfang der 1950er Jahre. HansJürgen Schlieker (1924-2004) war von Hamburg nach Bochum gezogen, wo er auf Gustav Deppe (1913-1999) traf und sich mit ihm anfreundete. Deppe war bereits als Mitglied der Gruppe „junger westen“ etabliert, zu der etwa auch Emil Schumacher und Ernst Hermanns gehörten. Deppe lehrte von 1953 bis 1977 an der Werkkunstschule/Fachhochschule in Dortmund. Der ein Jahrzehnt jüngere Schlieker wiederum gründete 1968 gemeinsam mit Max Imdahl das Musische Zentrum der Ruhr-Universität Bochum, wo er bis 1989 unterrichtete. Schlieker, der im Stadtteil Querenburg lebte, erhielt den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Gustav Deppe, der 1962 von Witten nach Bochum gezogen war, wurde mit dem Wilhelm-Morgner-Preis der Stadt Soest und dem Ehrenpreis des Wittener Kunst- und Kulturfonds ausgezeichnet. Und die Malerei? Für beide Künstler spielt das Ruhrgebiet mit seiner industriellen Landschaft eine wichtige Rolle. Schlieker hat einige Zeit unter Tage gearbeitet; vor allem in den 1950er Jahren entstehen Darstellungen der Zechen-Anlagen – vielleicht schwingt das raue Klima, das Fahle und Erdige noch als Ton in seiner späteren Malerei mit, ohne selbst anwesend zu sein. Gustav Deppe seinerseits war als gebürtiger Essener und in Dortmund Studierender ein echtes Kind des Ruhrgebiets. In seiner Malerei konzentrierte er sich ganz auf die Physiognomie der Ruhrlandschaft mit den Förderanlagen und Hochspannungsmasten, mit dem Bergbau und dem Eindrucksvollen der Industriesilhouette. Recht hat trotzdem Hans-Jürgen Schwalm: „Die äußere Wirklichkeit ist lediglich Anlass für seine malerische Fabulierlust, nicht mehr“. Deppe ist ganz und gar kein sozialkritischer Künstler, und wenn die Rede davon ist, Schlieker sei mit seinen Naturstücken romantisch – nun, auch auf Deppe trifft dies zu. Seine Sache ist ein filigran tastender Realismus, der die Sujets zusammenschiebt, in Verbindung mit einer sinnlich vorgetragenen Oberfläche. Claudia Schlieker-Buckup hat in einem Text zur Ausstellung geschrieben: „Industrie wirkt nicht bedrohlich … wunderbar farbig, häufig glühend wird sie dargestellt.“ Deppe hat seine Malereien später zum Materialbild erweitert. Ab den 1980er Jahren wird er alles Realistische auf Grundformen verknappen und in schablonenhafter Schichtung wiedergeben, teils unter Einbezug von Collagen. Hans-Jürgen Schlieker, der in Ostpommern aufgewachsen ist und in späteren Jahren eine Faszination für Moorlandschaften entwickelt hat, findet seine wesentlichen Anregungen in der Natur. Nach gegenständlichen Anfängen wendet er sich im Laufe der 1950er Jahre zunehmend der Abstraktion zu. Mit seinen malerischen Mauerstrukturen und aufgerissenen Flächen schließt er an die damals gängige Stilrichtung des Informel an. Bemerkenswert ist, dass er Zeit seines Lebens und in allen Werkphasen auch realistische Porträts gemalt hat. Schon deshalb ist es keine Überraschung, dass er sich um 1970, beeindruckt von Reisen und Naturerfahrungen, einer konkreteren Darstellung der Landschaft zuwendet. Dies führt um 1980 zu den großformatigen Gemälden, für die er berühmt ist: Einzelne breite Pinselstriche fahren durch den braunen oder grünen Farbgrund und verhalten sich hier zwischen rein gestischer Zeichnung und der malerischen Schilderung von Ästen. Industrie-Landschaft ohne Naturstücke Schade, dass in der Ausstellung nichts von diesen großartigen Malereien zu sehen ist und dass das Vertrauen in die Stärke der unterschiedlichen, zeitgleich entstandenen Bilder, die sich im Nebeneinander um so mehr artikulieren könnten, gefehlt hat. Die Beiträge von Deppe und Schlieker bleiben unkritisch zueinander auf Abstand. Spannend wäre gewesen, zu beobachten, wie sich die Werke der beiden Künstler in verschiedene Richtungen entwickeln. Immerhin, neben dem Eingang hängen frühe „Turmköpfe“ von Schlieker und Deppe nebeneinander, die schon erkennen lassen, dass Schlieker freier mit dem Motiv umgeht und Deppe die Konturen als Linien verwendet, an denen er sich orientiert. Während Schlieker mit Papierarbeiten im Erdgeschoss gut vertreten ist, ist sein einstiges Atelier im Obergeschoss weitgehend Gustav Deppe vorbehalten. Hier hat Deppe schon einmal ausgestellt, zu Zeiten, als Schlieker selbst die Werke von Künstlerfreunden der Öffentlichkeit präsentiert hat. Es ist also eine Rückkehr nach Jahrzehnten, nun als Rückblick und Erinnerung. Deutlich wird jetzt erst recht, wie hingebungsvoll Deppe die Industrieanlagen gezeichnet und gemalt hat, wie die Hochspannungsleitungen in den Himmel schneiden und dabei äußerste Fragilität vermitteln und wie selbstverständlich später die Türme im Bildformat Raum einfordern und das Bildgeschehen zur Ruhe bringen. Wie, mit den Erfahrungen von Pop Art und Hard Edge, die Buntfarben zur komplementären Form führen. Ein wichtiger Maler wird hier wiederentdeckt – eingeladen von Hans-Jürgen Schlieker als Gastgeber und malerischer Souverän. THOMAS HIRSCH „Industrie – Landschaft. Gustav Deppe und Hans-Jürgen Schlieker“ Schlieker-Haus, Bochum | bis 28.10. | www.schlieker-haus.de 52 RuhrKunst F. von Stockhausen, Dimorph, 2004, Gouache, Kohle, Collage, 15-teilig, 252 x 297 cm (Ausschnitt), © F. von Stockhausen Franz Marc, Mädchen mit Katze II, 1912, Öl/Lw, 71 x 66 cm (Ausschnitt), Leihgabe aus Privatbesitz, © Walter Bayer, München Foto: © galerie m Teile des Lebens Bezüge zum Museum Differenzen des Gleichen Friedemann von Stockhausen in Essen Marc und Dorgathen in Mülheim Die Galerie m zeigt „Play it again, Sam“ Die wahren Geheimtipps unter den Künstlern befinden sich häufig im Bereich der Zeichnung. Das Museum Folkwang stellt derzeit mit Friedemann von Stockhausen einen solchen Künstler vor, der in Fachkreisen Bewunderung und Staunen auslöst, von dem man aber im Ruhrgebiet und Rheinland bislang wenig gesehen hat. Vielleicht liegt dies daran, dass er die Zeichnung gegen ihre ursächliche Bestimmung betreibt. Zwar tragen seine oft großformatigen mehrteiligen Arbeiten auf Papier immer den Gestus des Spontanen, der unmittelbaren emotionalen Äußerung, aber doch weisen sie im Bildgeschehen Partien auf, die genau und präzise ausformuliert sind. Diese Blätter wirken dadurch nicht nur malerisch, sondern besitzen auch Aspekte des Plastischen. Friedemann von Stockhausen, der 1945 geboren wurde und 1994-2012 eine Professur an der Kunsthochschule Braunschweig inne hatte, selbst aber zunächst Ethnologie und Soziologie studiert hat, erfindet biomorphe Formulierungen, die den Bildraum durchqueren und sich bei den mehrteiligen Arbeiten über die Blattgrenzen hinweg fortsetzen. Stockhausen lotet die Möglichkeiten der Zeichnung mit Kohle und Gouache aus; Farbe setzt er sparsam, aber pronounciert. In der sehr konzentrierten Ausstellung im Museum Folkwang betrifft dies vor allem die 15-teilige Arbeit „Dimorph“, die jüngst vom Museum erworben wurde. Das andere Highlight der Schau ist „63 Ganze Teile“, die bislang größte Arbeit von Friedemann von Stockhausen. In drei parallelen Reihen und über Eck präsentiert, bezieht sie den Betrachter sogartig ein. Fluchtlinien führen vom unteren Rand direkt in das Bild, aber wie verhält es sich mit den Dimensionen? Die Arbeit unterstellt nichts, sie gibt nicht einmal die Leserichtung vor, offen bleibt, ob sie fortsetzbar ist. Breitet sich hier eine Landschaft aus? Dagegen sprechen die sukzessiven kantigen Formen in einem Teil des Bildes. Und was ist mit den monumentalen schotenartigen Körpern? Das alles ist alles andere als spröde, vielmehr lebhaft und sinnlich: Man muss es gesehen haben. Vor allem in jüngster Zeit arbeitet das Kunstmuseum Mülheim die Qualitäten seiner Sammlung heraus – als geistige Substanz, die kulturelles Bewusstsein vermittelt und zum Image der Stadt beiträgt. Ein Teil der eigenen Erwerbungen und der Sammlung, die der Naturwissenschaftler Karl Ziegler im Rahmen einer Stiftung seiner Stadt überlassen hat, ist im ersten Obergeschoss permanent ausgestellt, dazu vertiefen Wechselausstellungen einzelne Aspekte weiter. Vorzüglich gelingt dies nun mit der Kabinett-Ausstellung um Franz Marc, die von seinem Aquarell-Entwurf zum Gemälde „Mädchen mit Katze“ ausgeht, welcher der Stiftung Ziegler gehört. Dazu wurden das Gemälde selbst, weitere begleitende Zeichnungen und Bilder, welche dem Motiv der Katze folgen, entliehen. „Modelle“ waren für Franz Marc die beiden eigenen Katzen. Franz Marc (1880-1916) gehört zu den Malern der Münchner Gruppe „Blauer Reiter“. In seiner Malerei vollzieht sich 1912 eine Verknappung, ja, Abstraktion hin zum Erleben von Farbe und Licht. Verbindend zwischen den Perioden ist das Tier, das Marc symbolisch versteht. Spannend ist nun, dass das Aquarell und das Gemälde unterschiedlichen Phasen angehören. Auch die zweite Wechselausstellung besitzt einen Bezug zu Mülheim: Im Erdgeschoss und in den Räumen des Obergeschosses ist bis 21. Oktober eine Werkschau des Comic-Zeichners Hendrik Dorgathen zu sehen, der hier 1957 geboren wurde und im Künstlerkreis um Schlingensief und Dore O. groß geworden ist. Heute zählt er zu den wichtigsten Vertretern seines Fachs; etliche seiner Bücher sind Klassiker der Comic-Kultur. Dorgathen wird hier auch als freier Künstler vorgestellt, der Malereien und filmische Animationen erstellt hat. Durchgehend kennzeichnet seine Arbeiten das Skurrile in der Figurenzeichnung, die Verbindung von Mensch und Maschine und die Thematisierung urbaner Phänomene. Bei Marc also eine vermeintliche Weltferne und Zeitlosigkeit, bei Dorgathen die pulsierende Aktualität: Hundert Jahre sind in der Kunst eine lange Zeit, und das eine versteht man mit dem Wissen vom anderen besser. THOMAS HIRSCH THOMAS HIRSCH Die Wiederholung in künstlerischen Werk ist uralt, das Serielle kam erst mit den Druckverfahren und dann mit neuen technischen Möglichkeiten in die Kunstwelt. Die Reproduktion als Stilmittel oder als Zeichensystem kann aber auch ein hierarchieloses Nebeneinander gleicher Dinge bedeuten. In der Bochumer Galerie M findet sich das in der gezeigten Druckgraphik von Bruce Nauman. Das Motiv der ineinander greifenden Hände, das auf der zugrunde liegenden Druckplatte eingearbeitet ist, setzt der Künstler drucktechnisch zu einem Kreis zusammen. Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Zu sehen sind rund 20 Arbeiten aus Malerei, Fotografie, Objektund Videokunst, die sich mit Wiederholung beschäftigen. In 32 Digitalprints zeigt Peter Wegners Buildings Made of Sky in erster Linie Architektur und Himmel. Die Bilder stehen auf dem Kopf, erzeugen so ein fast abstraktes Muster auf der weißen Galeriewand wollen eine neue Wirklichkeit fern des Faktischen sein. Aus der Anschauung der Natur heraus zeigen das auch die seriellen Arbeiten von Caroline von Grone und Lucinda Devlin. Eine Serienproduktion im Sinne identischer Kopien ist der Malerei aber eigentlich zuwider. Mit eben diesem Aspekt spielen Alfredo Álvarez Plágaros „Identical Paintings“, lange sehr schmale Tafelbilder die zwar auf den ersten Blick identisch scheinen, sich im Detail doch als sehr unterschiedlich erweisen und in der Summe, wie bei Wegner ein buntes Muster auf der Wand entstehen lassen. Auch Fotografen haben seit jeher in Serien gearbeitet. Thomas Florschuetz variiert in seinem Diptychon die Perspektive auf ein Bauwerk und betont damit dessen architektonische Aspekte. Die verschiedenen Blickwinkel zeigen Durchblicke und Räume als monumentale Fragmente des Baukörpers. Aber die Wiederholungen können auch im Inhaltlichen der Bilder entstehen und benötigen deshalb nur eine einzelne Arbeit. In Simone Niewegs Fotografie der Kulturlandschaft ist die ständige Erneuerung des immer Gleichen implementiert, die man beim Menschen auch in Ritualen und Bräuchen findet. Jahrhunderte lange Traditionen werden so zum kulturellen Gedächtnis. Arnulf Rainer findet mit seinem künstlerischen Ritual der Kreuzübermalung seinen Weg zum Umgang mit christlicher Symbolik. PETER ORTMANN „Friedemann von Stockhausen – Ganze Teile“ bis 21. Oktober im Museum Folkwang www.museum-folkwang.de „Franz Marc – Mädchen mit Katze“ bis 25. November im Kunstmuseum Mülheim a.d. Ruhr I www.kunstmuseum-mh.de 53 „Play it again, Sam“ I bis 5. Januar 2013 Galerie m, Bochum 0234 4 39 97 Sammlung Yeondoo Jung-Documentary Nostalgia, 2007, Still (HDCam, color, sound, 85 min), Foto: by the artist „Wir fördern das, was andere nicht unbedingt fördern“ Dr. Christian Esch, Direktor des NRWKultursekretariats, über das 3jährige Kunstaustauschprogramm „Transfer Korea“ Südkorea ist drei Jahre lang Partnerland des Es fällt auf, dass fast alle Koreaner in Europa 9. Kunst- und Künstleraustauschs „Transfer studiert haben. Korea“ unter der Leitung des NRWKultur- Das ist gar kein Zufall. Wenn Sie nach Korea fasekretariats in Wuppertal. Für Direktor Dr. hren und dort mit Künstlerinnen und Künstlern Christian Esch ist das eine wirklich neue Stufe sprechen, stellen Sie fest, dass fast alle diese der Verbindungen zwischen beiden Ländern. Beziehung zum Westen und häufig zu Europa Neben der Förderung ambihaben, dann wieder sehr häufig tionierter bildender Künstler „Die Künstler sollen ihren ei- zu Deutschland und dort wiedurch Gastaufenthalte und genen Weg gehen können, wir der zu Nordrhein-Westfalen. Die Ausstellungen zielt das Trans- wollen nichts vorzeichnen“ Orientierung in Korea ist stark fer-Projekt vor allem auf die westlich, aber sie steht auch in Annäherung und wechselseitige Bekanntma- einem besonderen Verhältnis zum Westen. Das chung unterschiedlicher Kunstszenen. Wäh- zu zeigen und darauf im Dialog auch einzugehen rend Südkorea schon lange mit der westlichen ist ein ganz wichtiges Thema: East meets West, Kunst vertraut ist, gilt es die dynamische Kunstmarkt traditionell trifft Kunstorientierung koreanische Kunstszene mit ihren eigen- mit einem leicht anderen Verständnis. ständigen Positionen hierzulande erst noch zu entdecken. Bis Mitte Oktober residieren Also der Blick eines Koreaners, der in Eurodie sieben koreanischen KünstlerInnen noch pa künstlerisch groß geworden ist, zurück auf in Bonn, Düsseldorf und Hagen. Ab Oktober Europa? 2013 wird es dann eigenständige, aber auf- Ein Beispiel: Die Künstlerin Seoung Won Won hat einander abgestimmte Ausstellungen in Korea in Düsseldorf studiert, spricht flüssig Deutsch und und NRW geben, mit Werken der insgesamt lebt jetzt schon lange in Korea. Als sie damals zu14 „Transfer“-Künstler. rückkam nach Korea, stellte sie fest, dass es dort sehr schwer ist, als Künstler zu leben – weswetrailer: Herr Esch, das Kultursekretariat stand gen sie auch immer wieder einen neuen und auch einmal dafür, das zu fördern, was es schwer neugierigen Blick auf den Westen wirft und den hat. Haben es diese 14 Künstler aus Deutsch- Versuch unternimmt, quasi über den Westen in land und Südkorea besonders schwer? Korea Fuß zu fassen. Der Blick nach Westen von Christian Esch: Das Kultursekretariat hat mit Korea aus ist also auch der Blick ins eigene Land. diesem Slogan gearbeitet, arbeitet aber nicht mehr damit. Nicht, weil wir in dieser Hinsicht Drei Jahre sind eine lange Zeit. Verläuft sich die Arbeit geändert hätten, sondern weil er so da so ein Projekt nicht? schlecht gelaunt klingt. Wir arbeiten weiterhin Sie ist notwendig, weil sich der Transfer als ein mehr an den Stellen, an denen andere weniger Prozess versteht, dessen Verlauf nicht zum „Verarbeiten. Und fördern so etwas, was an einer an- laufen“ tendiert, sondern der die Kunstszenen deren Stelle nicht gefördert würde. Das gilt auch über einen längeren Zeitraum intensiver miteihier. Mit Korea hat bisher auf der Kunstebene nander und untereinander in den Dialog bringt – – in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus und damit eine Grundlage schafft, dass sich diese – so noch keiner einen Austausch gemacht. Wir Entwicklungen eigenständig fortsetzen, wenn bringen Künstlerinnen und Künstler zusammen, der Transfer mit den Ausstellungen endet. Desdie sonst nicht zusammenfänden, und wir brin- wegen brauchen wir einen so langen Zeitraum gen Kunstszenen miteinander in Berührung, die mit den vielen Elementen, die dazugehören. Das traditionell eigentlich schon miteinander in Be- entspricht auch ganz meiner Philosophie, mit den rührung sein müssten – denken wir an die Düs- kompetenten und interessierten Menschen – also seldorfer Kunstakademie und Nam June Paik. mit den Menschen, um die es eigentlich geht – 54 so zu arbeiten, dass sie ihre eigenen Wege gehen können und nicht diese Wege vorzuzeichnen. Der internationale Aspekt steht bei den Bildende Kunst-Förderungen des Kultursekretariats im Vordergrund – warum ist das so? Das ist insgesamt nicht so. Natürlich in Bezug auf Transfer, aber nicht, wenn ich zum Beispiel an die Museumsplattform denke, wo es um die Museen in Nordrhein-Westfalen geht. Wir zielen darauf, dass nordrhein-westfälische Menschen die Museen auch besuchen und sich mit Kunst dort auseinandersetzen. Wir sind da auf verschiedenen Ebenen unterwegs. Unterhalb der Museumsebene gibt es im Moment aber nichts? Nein. Wie schon gesagt fördern wir das, was andere nicht unbedingt fördern. Künstler-Residenzen werden von anderen gefördert, Künstleraustauschprogramme werden, jenseits dieses Prozessualen wie beim Transfer, gefördert, es gibt Ausstellungsaustausch und Kuratorenaustausch. Wir versuchen, nicht noch mal das zu machen, was andere machen, sondern wir arbeiten bewusst für die Lücken. Welcher Transfer wird nach dem mit Korea stattfinden? Das ist noch nicht klar. Es gibt ein paar Überlegungen, die wir mit den Museen vor Ort gerade ventilieren. INTERVIEW: PETER ORTMANN ZUR PERSON Dr. Christian Esch wurde 1961 in Bonn geboren. Nach dem Studium der Musikwissenschaft in Frankfurt a.M. und Göttingen (Dissertation zur Oper im 18. Jahrhundert) ein sechsmonatiger Studienaufenthalt am Deutschen Studienzentrum in Venedig. Musiktheater- und Schauspieldramaturg in Frankfurt, Innsbruck und München. Dr. Christian Esch war langjähriger Musikbeirat des Goethe-Instituts. Seit 2004 ist er Direktor des NRWKultursekretariats in Wuppertal. Foto: NRW KULTUR Kunst in NRW Charles Camoin, Portrait de ma mère dans son salon, 1897, Öl/Lw, Musée d‘art moderne de la Ville de Paris, courtesy Clemens-Sels-Museum, (Ausschnitt) Neuss MUSEUM FÜR ANGEWANDTE KUNST KÖLN und 21. INTERNATIONALE PHOTOSZENE KÖLN Pathetisch und nüchtern Von Thomas Hirsch Vis-à-vis von Düsseldorf, unfern von Köln und schon am Niederrhein liegt Neuss. Zu den beeindruckenden Zeugnissen der Stadt gehören das St. Quirinus-Münster aus dem 13. Jahrhundert und das Obertor, das südliche Stadttor, das um 1200 errichtet wurde und heute „Allein mit seinen Gedanken Teil des Clemens-Sels-Museum ist. Ein bewegt man einen Container“ weiteres herausragendes kulturelles Ziel ist die Museumsinsel Hombroich mit ihren Nachbarn, dem „Feld-Haus – Museum für populäre Druckgraphik“ und der Raketenstation, auf der sich die Langen Foundation befindet, als Museum besonders für europäische Kunst des 20. Jahrhunderts und ostasiatische Kunst. Während die Langen Foundation derzeit an den 100. Geburtstag seiner Stifterin Marianne Langen erinnert, feiert das Clemens-Sels-Museum das 100jährige Jubiläum seines Neubaus. Seine Geburtstagsausstellung widmet sich dem französischen Symbolisten Gustave Moreau und stellt diesen als herausragenden Maler des 19. Jahrhunderts sowie als einflussreichen Lehrer an der Paris Akademie der Schönen Künste vor: Zu sehen sind in Neuss auch Werke von fünf seiner Kollegen und seinen beiden bedeutendsten Schülern Henri Matisse und Georges Rouault, die erst bei ihm zu Koloristen wurden. „Moreau wies uns keinen Weg, sondern brachte uns vom Weg ab, weckte die Unrast in uns“, hat Matisse später gesagt. Dass Moreau gerade die Unterschiede förderte, verdeutlicht die Ausstellung. Der Ansatz ist interessant. Denn er befreit Gustave Moreau (1826-1898), der als wichtigster französischer Symbolist gilt und zum Vorbild für die Surrealisten wurde, weiter von der Zuweisung als illustrierender Maler. Zwar konzentriert er sich auf mythologische und biblische Themen, die er in die Natur einbettet, aber wie er malt, ist modern und mitunter sensationell. Er handelt impressionistisch, er arbeitet mit leuchtenden Farben und dringt dabei bis in die Abstraktion vor. Schade nur, dass es sich bei den gezeigten Werken von Moreau weitgehend um Papierarbeiten handelt. Vielleicht ergänzt es sich deshalb so gut: Während im Clemens-Sels-Museum also Malerei des 19. Jahrhunderts zu sehen ist, die insgesamt weltabgewandt und sinnlich wirkt, zeigt die Langen Foundation parallel zur eigenen Sammlung mit der Schwedin Sofia Hultén (geb. 1972) eine Künstlerin, die mit den Baumaterialien unserer Tage arbeitet und diese nüchtern und pragmatisch einsetzt. Da sind die drei übereinander getürmten Wagenheber, die als Stelen vom Boden zur Decke reichen. Da wird auf einem Monitor sukzessive der Inhalt einer alten Werkstoffkiste wie ein Alphabet vorgeführt. Da ist die Projektion eines Filmes, der eine Baustellensituation mit einem Müllcontainer zeigt, vor dem unbewegt eine junge Frau steht, und nur am Straßenlärm merkt man, es hier nicht mit einem Standbild zu tun zu haben. Aber Hultén schafft Fallstricke, die Brocken auf dem Boden sind Abgüsse von Steinen und zum Film liegt eine Anweisung aus, wie man allein mit seinen Gedanken den Container bewegt. Humorvoll und im Ernst, Hultén setzt Energien frei und verleiht den Dingen unserer Thomas Hirsch technischen Umgebung eine geradezu magische Präsenz. Kunsthistoriker, Kurator und Journalist Auch die nüchternste Realität besitzt viele Dimensionen. „Sofia Hultén – Statik Elastik“ I Langen Foundation, Raketenstation Neuss bis 7.11. I www.langenfoundation.de „Sehnsucht nach Farbe – Moreau, Matisse & Co.“ Clemens-Sels-Museum, Neuss I bis 13.1. I www.clemens-sels-museum.de 55 ARCHITEKTURFOTOGRAFIE Made in China 1. September — 25. November 2012 Foto: Peter Bialobrzeski, Neontigers, 2001 Sofia Hultén und Gustave Moreau in Neuss Museum für Angewandte Kunst Köln An der Rechtschule, 50667 Köln T +49 (0)221 221 238 60 www.makk.de Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 11-17 Uhr Montag geschlossen 1. Sonntag im Monat 10-17 Uhr 1. Donnerstag im Monat (außer Feiertag) 11-22 Uhr Kooperationspartner Förderer Architekturjahr Medienpartner Kunst-Kalender C ÉZAN N E GAUGUIN VAN GOGH MACKE M UNC H NOLDE P I CAS S O SCHIELE Peter Paul Rubens, Wildschweinjagd, 1615/16, © Musée des Beaux-Arts Marseille; Giraudon, The Bridgeman Art Library Nationality, courtesy Von der Heydt-Museum, Wuppertal Die Kunst-Termine NRW BEDBURG-HAU – Museum Schloss Moyland HAGEN – Osthaus Museum www.moyland.de Joseph Beuys und der Schwan bis März Ein Motiv bei Beuys, innerhalb der Sammlung www.osthausmuseum.de Der Folkwang Impuls 21.10.-13.1. Rekonstruktion der 110jährigen Museumsgeschichte anhand von Kunst und Archivalien BOCHUM – Kunstmuseum www.bochum.de/kunstmuseum Fluxus Ruhrgebiet bis 21.10. Die Fluxus-Aktivitäten im Umfeld der Galerie Inge Baecker in Bochum von 1970 bis 1982 BONN – Kunst- und Ausstellungshalle www.kah-bonn.de Lob der Torheit bis 2.12. Grenzgänger in der Kulturgeschichte und Kunst BOTTROP – Museum Quadrat KÖLN – Museum für Angewandte Kunst www.makk.de Made in China bis 25.11. Architekturfotografie aus China in Gegenüberstellung zu westlicher Fotografie KÖLN – Museum Ludwig www.museum-ludwig.de Art Spiegelman bis 6.1. Werke des amerikanischen ComicZeichners www.quadrat-bottrop.de Kazuo Katase bis 9.12. Malerei des bedeutenden, in Deutschland lebenden japanischen Künstlers KÖLN – Photographische Sammlung BRÜHL – Max Ernst Museum des LVR KÖLN – Wallraf-Richartz-Museum www.maxernstmuseum.de William N. Copley bis 4.11. Werkschau des legendären amerikanischen Malers zwischen Surrealismus und Pop Art www.wallraf.museum 1912 – Mission Moderne bis 30.12. Rekonstruktion der SonderbundAusstellung u.a. mit Cézanne, Gauguin, Van Gogh, Munch DORTMUND – Museum Ostwall KREFELD – Museum Haus Lange www.dortmunder-u.de Fluxus bis 6.1. Objekte der internationalen Kunstbewegung www.kunstmuseenkrefeld.de Anne Chu bis 1.4. Die New Yorker Künstlerin (geb. 1959) im Dialog der Historien von West und Ost www.sk-kultur.de Walker Evans bis 20.1.13 Werkschau des amerikanischen Fotografen DÜSSELDORF – Kunstsammlung K20 www.kunstsammlung.de Gillian Wearing bis 6.1. Fotografien und Filme, die von Identität und Rollenverhalten in unserer Gesellschaft handeln LEVERKUSEN – Museum Morsbroich www.museum-morsbroich.de Thomas & Renée Rapedius bis 6.1. Papierobjekte als gegenständliche Zeichnungen im Raum, die Phänomene der Natur aufrufen DÜSSELDORF – Museum Kunstpalast www.smkp.de Andreas Gursky bis 13.1. Neue großformatige, digital bearbeitete Werke des berühmten Düsseldorfer Fotografen NEUSS – Clemens-Sels-Museum www.clemens-sels-museum-neuss.de Sehnsucht nach Farbe bis 13.1. Der französische Symbolist Gustave Moreau im Kontext seiner Kollegen und Schüler DUISBURG – Museum Küppersmühle D I E J A H R H U N D E RTS C H A U D E S S O N D E R B U N D E S www.museum-kueppersmuehle.de Bernard Schultze 19.10.-20.1. Werkschau mit Bildern und Objekten des Künstlers zwischen Surrealismus und Informel ESSEN – Museum Folkwang www.museum-folkwang.de Im Farbenrausch 29.9.-13.1. Die Hauptvertreter der expressionistischen Malerei des frühen 20. Jahrhunderts ESSEN – Ruhr Museum www.ruhrmuseum.de Mythos Krupp bis 4.11. Eine imposante kulturgeschichtliche Schau zur 200jährigen Firmen- und Familiengeschichte OBERHAUSEN – Ludwiggalerie www.ludwiggalerie.de Marilyn Monroe bis 13.1. 100 Aufnahmen von sechs Fotografen REMAGEN – Arp Museum Rolandseck www.arpmuseum.de Richard Meier – Building as Art bis 3.3. Der amerikanische Stararchitekt mit den Modellen zu seinen Museumsbauten WUPPERTAL – Von der Heydt-Museum www.von-der-heydt-museum.de Peter Paul Rubens 16.10.-28.2.13 Peter Paul Rubens als Maler von Weltrang und politisch argumentierender Künstler Empfehlungen von Thomas Hirsch 56 EVERYDAY LIFESTYLE TESTPILOT Jetzt regist r www.lueg.d ieren e/a-team KOMM INS A-TEAM ERLEBE SPANNENDE CHALLENGES GEWINNE FÜR EIN JAHR DIE A-KLASSE 57 Auswahl Auswahl BOCHUM RUHRGEBIET Das Besondere im Oktober BAHNHOF LANGENDREER MATRIX Di 23.10. 20 Uhr Di 16.10. Kiloweise Tanzbares Kiloweise Rauschhaftes Alice Francis Soulfly RuhrTriennale-Intendant Heiner Goebbels hat es ausgerufen: Der Tanz sei eine unterschätzte und vernachlässigte Kunstform. Ihrer Innovationen bediene man sich aber schon seit Langem. Sei es die Zunahme an Performance Arts auf den Festivals und an leinwandgestützten Inszenierungen in Stadttheatern, oder das Musikvideo von Beyoncé Knowles, die ihre Choreographie Pina Bausch entlehnt haben soll – alles bewegt sich um der Bewegung des Körpers willen. Aber langsam. Beim Festival „638 Kilo Tanz und weitere Delikatessen“ handelt es sich nicht um ein neues Trendfest für zeitgenössischen Tanz. Die Veranstalterinnen und Tanzregisseurinnen Jelena Ivanovic und Sabina Stücker stellen das Gourmet-Fest für Tanzfreunde seit 2007 auf die Beine und fokussieren dabei sowohl die Nachwuchs- wie Netzwerkförderung. Mit der Stadt Essen hat man zugleich einen Rahmen aus bestehenden Infrastrukturen, in dem sich die KünstlerInnen untereinander kennenlernen können. Die Folkwang-Akademie, das PACT Zollverein und international renommierte Choreographen wie Samir Akika werden nicht umsonst in dem ein oder anderen Bewerbungsschreiben für Fördersummen erwähnt werden. Vor allem in der zumeist freien Tanzszene ist die unendlich diskutierte Netzwerkarbeit wichtig, fällt es vielen NachwuchskünstlerInnen doch oftmals nicht leicht, ihren Lebensunterhalt allein mit der Tanzkunst bestreiten zu können. Zuletzt hängt aber das meiste vom Publikum ab. Dieses darf beim 638 Kilo-Festival neben der Jury ebenfalls einen Sieger küren. Neben Choreografen aus Essen wie Sarah Waelchli oder Tim Gerhard darf man sich auf internationale Produktionen freuen. Hierunter unter anderem Elias Aguirre und Alvaro Esteban aus Barcelona oder das Pariser Duo Myriam Lefkowitz und François Sardi. Die Dortmunder Jazztage haben einen eigenartigen Hang zur Wandlung. Anders als die großen Nachbarsfestivals in Leverkusen oder Moers begann man hier seine Feiertage zunächst als Jazzfrühling, um dann 1995 auf ein europäisches Konzept umzusteigen. Die Biennale europhonics wich nach Kurzem einer Open-Air-Idee mit Citycharakter, bevor man – mit leichter Unterbrechung – ins Brückviertel zum neuen Sitz des Domicils zog, Dortmunds erster Instanz in puncto improvisierter Musik. Bei den 19. Jazztagen lässt man die große Geschichte nicht ohne ein beeindruckendes Line-up wieder aufleben. Neben alten Bekannten, die an die Hansastraße wiederkehren, wie Manu Katché (1.11.), dürfen auch die lokalen Helden nicht fehlen. Hier macht momentan der Saxophonist Stephan Mattner von sich reden. Seit dem Album „Syntax“ hat er sich mit seinem einfühlsamen und ausgeklügelten Spiel einen Namen unter der deutschen Jazzkritik gemacht (23.11.). Beliebt und regelmäßig vertreten bei den Dortmunder Jazzfesten ist auch das East West European Jazz Orchestra mit seinem Dirigenten Uwe Plath. Neue Vertonungen großer Big Band-Stücke wie filmischer Balladen kann man von ihnen und ihrem Sänger Dennis Rowland erwarten. Der gebürtige Detroiter legt seine butterweiche Stimme auf die Bläserwand seiner Band – bei diesem Konzert kann man noch einen wahren Hauch von SwingGeschichte mitbekommen (6.11.). Den Anfang macht aber das Projekt Bundesjazzwerkstatt am 26.10., bei dem sechs deutsche Jazzmusiker aus sechs Regionen nach kurzer Probephase zusammen jammen werden. dk Alice Francis ist nicht irgendein neues deutsches Popsternchen, auch wenn sie sich anschickt, schon mit ihrem Debütalbum ansehnliche Erfolge einzuheimsen. Ihr Thema sind die 20er Jahre. Sowohl die Mode als auch die Musik, also Swing und Jazz. Diese Stile ehrt Alice Francis auf ihrem Debüt „St. James Ballroom“, ohne sie ausschließlich zu reproduzieren. Stattdessen reichert sie sie mit Elementen aus Pop und Elektro an und verfeinert ihre nostalgischen Reize mit einer eleganten Liveshow. Nicht nur für Fans der „Roaring cs Twenties“ lohnenswert. Infos: 0234 687 16 10 Wer an diesem Abend den Weg in die Bochumer Matrix findet, muss mit harten Salven rechnen. Soulfly stehen seit ihrer Gründung für kompromisslosen Metal, der auch den Kontakt zu anderen Genres wie NuMetal oder Hardcore nicht scheut. Anfang dieses Jahres erschien ihr neues Album „Enslave“ via Roadrunner Records, welches das Thema Sklaverei aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und durchweg gute Kritiken erntete. Mit dabei sind außerdem die amerikanischen Incite, sowie Lady Kong. bk Infos: 0234 61 06 800 19. Jazztage Dortmund Domicil Dortmund 26.10.-24.11. dk Infos: 0231 862 90 30 PRINZ-REGENT-THEATER BAHNHOF LANGENDREER Fr 19./Sa 20.10. 20 Uhr Mi 24.10. 20 Uhr Jan Weiler: Mein Leben als Mensch Foto: Daniel Josefsohn Spätestens mit der Verfilmung von „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ mit Christian Ulmen hat der italienische Gastarbeiter Antonio Marcipane zahlreiche Fans in Deutschland – und der Buchmarkt viele Nachahmer, die deutsch-polnische, deutsch-finnische oder sonstige interkulturelle Familienzusammenführungen zum Thema haben. Wenn Jan Weiler aus seinen WAMS-Kolumnen liest, die seit 2011 auch als Buch und Hörbuch vorliegen, gibt es selbstverständlich auch ein Wiederhören mit Antonio. Jan Weiler ist einer der Glücksfälle, bei denen ein Autor auch der vermutlich beste Vorleser seiner eigenen Texte ist. fs Infos: 0234 687 16 10 638 Kilo Tanz und weitere Delikatessen Theater Essen (Casa) 18.-19.10. je 19.30 Uhr Katakombentheater Essen 20.10. 19.30 Uhr Rüttenscheider Bad Essen 21.10. 19.30 Uhr Infos: 0201 812 22 02 58 Cellulita, die Königin der Nachtcremes Teil 3: Jetzt mit Schokodiät! Hier erwartet uns eine Frau in den besten Jahren, die einfach weiß, wie es geht. Trotz Nougat und Marzipan steht sie selbstbewusst auf der Waage und gibt ihre Tipps im Bereich vorteilhafter Kleidung weiter: Sogar Handtaschen können schlank machen, wussten Sie das? Sie müssen nur das richtige Modell wählen. Schönheits¬coach „Cellulita“ kann auch beim Thema „artgerechte Männerhaltung“ mit gutem Rat zur Seite stehen. Eine Therapie, die garantiert frei von Gymnastik und Fitnessübungen ist! ls Infos: 0234 77 11 17 Auswahl DORTMUND ROTUNDE CABARET QUEUE Mi 17.10. 20 Uhr Mo 1.10. 20 Uhr Mirko Kussin & Tobias Wimbauer: Hundert Dinge Foto: Mirko Kussin „Wir kamen zu der Überzeugung, dass ein Portrait, wenn nicht gar eine Soziologie unserer Generation, der im 1970er-Jahrzehnt Geborenen und in den 70ern und 80ern Sozialisierten, über ein Bündel von Bildern, von Details, von Umständen, von Dingen möglich ist. Oder frecher formuliert: dass es anders gar nicht geht.“ – So beschrieb der Dortmunder Mirko Kussin das Projekt „Hundert Dinge“ gegenüber trailer (Juni 2012). Herausgekommen ist eine subjektiv und liebevoll geschriebene Textsammlung, die von Salzteignamensschildern über Nasenhaarschneider in den Schrebergarten führt. Die „Liste“ wird als Liste abgehakt, die IKEA-Tüte „Frakta“ erhält endlich die ihr gebührende Würdigung, und der Text zum Ehering gerät zu einer Liebeserklärung. fs Infos: 0234 9 61 66 20 SCHAUSPIELHAUS Sa 13.10. 19.30 Uhr Der Prozess „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Tages verhaftet.“ Mit diesem berühmten Satz beginnt Franz Kafkas Roman „Der Prozess“. Was folgt, ist die Geschichte des Bankangestellten Josef K., der vergeblich herauszufinden versucht, weshalb er eigentlich angeklagt ist und wie er sich verteidigen kann. Eine Parabel auf die Absurdität staatlicher Willkür von dem tunesischen Regisseur Fadhel Jaïbi mit Bezug auf die Ereignisse des Arabischen Frühlings. ls Infos: 0234 33 33 55 55 tober : Highlights im Ok Lexikon GW ng 11.10. Lesu la ril ue 13.10. Tang iz 18.10. Kneipenqu rtparty ta rs te es 20.10. Sem e 26.10. ExtraLarg -Party en we llo 31.10. Ha ve“ „li rt to Ta sonntags DUISBURG In der Ruhr liegt die Kraft Lioba Albus präsentiert gemeinsam mit ihrem Co-Autor Lutz Debus in einer szenischen Lesung ihr neues Buch. Eine vielschichtige Liebesgeschichte um Mia, die endlich ihren Traummann gefunden hat. Vordergründig geht es um die geheime Frage nach der erneuten Verlegung der Bundeshauptstadt. Der Sozialwissenschaftler John Fettersen kontaktiert die kompetente Mia Mittelkötter. Der Briefwechsel entwickelt sich schnell zu einer rasanten Tour durch die Abgründe politischer und menschlicher Wirrnis. Während Mia und John sich schriftlich ineinander verlieben, nimmt das Drama seinen Lauf. ls Infos: 0231 41 31 46 DOMICIL Fr 10.12. 21 Uhr Al Foster Quartet feat. Wallace Roney Eine Beziehung aus Plus- und Minuspol war jene von Miles Davis und Al Foster. Einst wollte Foster aus der Band von Miles Davis aussteigen, weil ihm die Fusion-Phase zu monoton wurde, zugleich war Davis sein Förderer und hatte ihn mit 19 Jahren in einem Jazz-Club entdeckt. Eine Hommage und Neuauflage der großen Miles Davis-Kompositionen und -Interpretationen ist jetzt mit Al Foster und seiner Band auf Tour. Wayne Escoffery am Saxophon, Adam Birnbaum am Piano, Douglas Weiss am Bass und der einstige Jazz-Messenger Wallace Roney an der Trompete bringen die nötige Erfahrung für die Huldigung mit. dk Infos: 0231 862 90 30 FZW Fr 5.10. 20 Uhr La Dispute La Dispute sind die Einlösung eines Versprechens an alle treuen Hardcore-Fans. Nämlich des Versprechens, dass der Stil trotz vieler Jahre des Stillstands nicht tot ist. h G facebook.com/hardysdiekneipe , Laerheidestr. 26 | 44899 Bochum { di bis so 18 bis 1 Uhr = www.hardysdiekneipe.de die studikneipe an der ruhr-uni 59 Ihr Album „Wildlife“ lag dem Fach- CAFÉ STEINBRUCH magazin Visions bei und schlug bei Mi 3.10. den Fans harter Gitarren mit einem solchen Nachdruck ein wie zuletzt I Am Oak höchstens At The Drive-In vor vielen Jahren. Mittlerweile ist es auch kein Geheimnis mehr, was für eine formidable Liveband das Quintett aus Michigan ist. An diesem Abend werden sie zudem von drei weiteren hoffnungsvollen Acts unterstützt. cs Infos: 0231 17 78 20 KONZERTHAUS Sa 27.10. 20 Uhr Madredeus Dass man Madredeus noch mal auf der Bühne sieht, war 2009 nicht denkbar. Damals bestand noch von Seiten der Mitbegründer Pedro Ayres Magalhães und Carlos Maria Trindade die Absicht, 22 Jahre portugiesischer Musikgeschichte ad acta zu legen. Nun haben sie aber in Beatriz Nuñez wieder eine Sängerin gefunden, nachdem Teresa Salgueiro die Band 2006 verlassen hatte. Jetzt blitzt neben den klassisch angehauchten Gitarrenklängen auch wieder die Schwere des Fados in ihren Liedern auf. Der Soundtrack für eine Reise nach Lissabon und einen Abend im Konzerthaus. dk Infos: 0231 22 69 62 00 SCHAUSPIEL Do 20.10. 19.30 Uhr La Cantina Adrenalina Eine Kantine im Theater einer großen Stadt: Die letzten Proben vor der Premiere des neuen Stücks stehen an – rege Betriebsamkeit und nervöse Unruhe, denn alles fiebert dem Abend entgegen, an dem sich der Vorhang das erste Mal für das neugierige Publikum hebt. Das Schauspiel Dortmund entführt mit „La Cantina Adrenalina“ in einen musikalischen Abend über das Theater und das Leben selbst, Abgrund und Adrenalin, Bühnen-Euphorie und GarderobenEinsamkeit. ls Infos: 0231 502 72 22 Die Reihe Originalton präsentiert diesen Monat eine Spezialausgabe: Thijs Kuijken, Mastermind und Kopf der niederländischen I Am Oak, sorgt mit seinen vier Mitmusikern für einen verträumten Start in den Herbst. Die kleinen Songperlen der Band pendeln stets zwischen Ambient, Pop und Folk und schreien förmlich danach, in einem kuscheligen Club in warmem Scheinwerferlicht vorgetragen zu werden. bk Infos: 0203 363 28 82 DJÄZZ Sa 13.10. 20 Uhr Peter Pan/The Noids Nach der Schließung des sozio-kulturellen Zentrums „Fabrik“ in Duisburg 2003 rauften sich Betreiber und Supporter zusammen und gründeten den Verein Mustermensch e.V., der heute als Jugendhilfe von der Stadt anerkannt ist und seit jeher sich das Motto unkommerzieller Kultur auf die Fahnen schreibt. Für das PunkKonzert in Duisburgs Jazz-Keller hat man mit der „Notgemeinschaft Peter Pan“ eine rockige Punkband geholt, deren Texte ungeschminkt derb und asphaltnah sind. dk Auswahl Auswahl ESSEN falschen Entscheidungen getroffen und alles verloren hat im Leben. Aber dann geschieht ein Wunder: Obama am Ende? Die USA vor den Die Prophezeiung scheint sich in der fernen Heimat zu erfüllen. Eine Präsidentschaftswahlen Die Reihe Donnerstagsgespräche Inszenierung von Wolfgang Engel. ls widmet sich aus aktuellem Anlass Infos: 0201 81 22 200 den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten. Stephan Bierling, Jour- MUSEUM FOLKWANG nalist, Professor für Internationale 29.9.-13.1., Di-So 10-20, Fr 10-22.30 Uhr Politik an der Universität Regensburg und führender USA-Experte in Im Farbenrausch Deutschland, blickt auf die vergangenen vier Jahre der Obama-Präsidentschaft und gibt einen Ausblick auf die kommende Wahl. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den jeweils möglichen Wahlergebnissen? ALTE SYNAGOGE Do 4.10. bk Infos: 0201 88 45 218 GRILLO-THEATER Fr 21.10. 19 Uhr (Premiere) „Hiob“ Südrussland: Der fromme Jude Mendel Singer (Tom Gerber) lebt mit seiner Familie auf dem Dorf. Sein jüngster Sohn ist mehrfach behindert. „Der Schmerz wird ihn weise machen, die Hässlich¬keit gütig, die Bitternis milde und die Krankheit stark”, prophezeit ein Rabbi. Die Flucht ins weltoffene Amerika lässt Mendel erkennen, dass er die Max Pechstein, Flußlandschaft, um 1907, © Nachlass Pechstein, Hamburg/ Tökendorf; Foto: Museum Folkwang Das Museum Folkwang schließt mit dieser Ausstellung an die Tradition seiner eigenen Sammlung an, die von Karl Ernst Osthaus begründet wurde. In der Ausstellung werden die „Fauves“ der französischen Kunst den deutschen und russischen Expressionisten wie auch dem Norweger Edvard Munch gegenübergestellt. Werke von Henri Matisse sind ebenso zu sehen wie von Kirchner, Jawlensky und Franz Marc – deutlich werden Stile und Haltungen, und auch, wie frisch doch diese Malerei, die hundert Jahre auf dem Buckel hat, noch heute wirkt. th Infos: 0201 884 54 44 STUDIO BÜHNE ESSEN Di 2.10. 20 Uhr Von Menschen und Mäusen Die wohl berühmteste Novelle John Steinbecks erzählt zeitlos aktuell die bewegende Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft in einer krisenhaften Zeit. George und Lennie ziehen als Hilfsarbeiter von Farm zu Farm. Die beiden verbindet eine enge Freundschaft, die sie behüten wie das letzte Stück Menschlichkeit in einer entmenschlichten Welt. Sie träumen von einem Stück Land, das nur ihnen gehört. So ziehen die heimatlosen Tagelöhner durchs Land – mit ihnen ziehen die Jahre und über ls ihnen die Wolken vorüber. Infos: 0201 55 46 01 THEATER IM RATHAUS 1.-18.10. 19.30 Uhr Arsen und Spitzenhäubchen Eine wahrlich schräge Familie: Die beiden liebenswerten Schwestern Abby und Martha Brewster vermieten ein Zimmer an alleinstehende, ältere Herren, denen sie mit ihrer ganz eigenen, abgründigen Fürsorge begegnen. Das bleibt aber nicht die einzige Kuriosität, und am Ende stellt sich die Frage, wer die meisten Leichen im Keller hat ... ls Infos: 0201 24 555 55 ZECHE CARL Mi 17.10. 20 Uhr Kilians Den Kilians ist die Region in und um Essen wohlbekannt. Alle Bandmitglieder stammen aus Dinslaken, und ein Bochumer Blogger übergab seinerzeit eines ihrer Demotapes an den Tomte-Sänger Thees Uhlmann. Dieser zeigte sich von dem an die Strokes erinnernden Rocksound begeistert, so sehr, dass er das aktuelle, dritte Album „Lines You Should Not Cross“ auf seinem eigenen Label veröffentlichte. So schloss sich ein Kreis – vielleicht schließt sich ein weiterer an diesem Abend in Essen? Infos: 0201 834 44 10 Von Sehnsucht, Traum und Abenteuer 55. Schwerter Kleinkunstwochen 19. Oktober - 8. November 2012 Rohrmeisterei Schwerte n: Info und Karte erte hw Sc o Kulturbür -810 er od 2 80 402304/10 de e. eb w ku kulturbuero@ Beginn w je eils 20 Uhr Fr. Sa. Sa. Fr. Sa. 19.10.2012 20.10.2012 27.10.2012 02.11.2012 03.11.2012 Georgette Dee & Terry Truck Schöne Lieder Nessi Tausendschön Die wunderbare Welt der Amnesie Sissi Perlinger Gönn dir ne`Auszeit Anne Haigis Wanderlust Malediva PyjamaParty! 60 Sonderveranstaltung: Do. 08.11.2012 Fritz Eckenga Alle Zeitfenster auf Kippe Veranstalter: „Cabaret Queue Entertainment Dortmund“ in Kooperation mit dem Kulturbüro Schwerte (Karten nur im Cabaret Queue, an allen bekannten VVK-Stellen, im KulturInfoShop Dortmund und in der Rohrmeisterei Schwerte) Auswahl GELSENKIRCHEN HAMM HERNE MÜLHEIM CAFÉ 42 KURHAUS BAD HAMM KLEINES THEATER HERNE KUNSTMUSEUM Fr 5.10. Fr 26.10. 20 Uhr So 21.10. 19.30 Uhr bis 21.10., Di/Mi, Fr 11-17, Do 11-21, Sa/ So 10-17 Uhr CaféSATZ – Poetry Slam Der Poetry Slam im Gelsenkirchener Café 42 ist schon lange eine feste Größe für etablierte Slammer und Debütanten. Sogar ein eigenes Buch zum Slam erschien vor einiger Zeit beim Cenarius Verlag. Das Besondere am CaféSATZ: Jeder Slam wird von einem Singer/Songwriter begleitet. An jenem Abend übernimmt LinasLeber den musikalischen Part. Der Sieger ergattert wie gewohnt die möglichst kreativen Spenden des Publikums. Bestätigte Slammer: Jürgen Ludwig, Zerrin Blumenkind, Jan Schmidt, Einfach Jens. bk Infos: 0209 58 36 88 Nils Petter Molvaer Erasmus Stein MUSIKTHEATER IM REVIER Fr 5./12.10. 20 Uhr Die Comedian Harmonists Hendrik Dorgathen Der Norweger Nils Petter Molvaer wandelt mit seiner Mischung aus Soundkonstellationen und Lichteffekten den Konzert- in einen Installationsraum. Digitale Klangfetzen landen auf Beat-Gerüsten und werden von Molvaers Trompetenspiel eher atmosphärisch denn melodisch umsponnen. Viel intensiver kann ein Jazz-Konzert nicht sein. Und wer glaubt, natürliche Atmosphäre ginge nicht mit elektronischen Verstärkern einher, kann sich hier eines Besseren ls belehren lassen. Infos: 02381 17 55 01 Wenn der Wirklichkeitsverdreher Erasmus Stein Schere und Papier zur Hand nimmt, dann passiert auf der Bühne allerlei kurioser Schnickschnack. Die explosive Mischung aus Witz und Wunder garantiert einen verblüffenden Abend. Ganz egal ob magische Bastelstunde, spektakuläre Entfesselung, mystisches Gedankenlesen, urkomische Improvisationen oder verblüffende Zauberkunst: Nichts scheint hier ls unmöglich. Infos: 02323 91 11 91 Hendrik Dorgathen, der 1957 in Mülheim geboren wurde und seit 2003 eine Professur an der Kunsthochschule Kassel innehat, gehört zu den bekannten deutschen ComicZeichnern. Er hat dazu beigetragen, dass diese Kunst als Kunst anerkannt und in Museen ausgestellt wird. Im Zentrum seiner Arbeit steht das Verhältnis von Mensch und Maschine, daraus entstehen erzählerische Rückblicke und Science FictionStories auf der Grundlage realer Probleme. Das Museum in der Alten Post nobilitiert ihn nun zu Recht als th freien Künstler. Infos: 0208 455 41 38 THEATER AN DER RUHR Berlin in Zeiten der Weltwirtschaftskrise. Die vergnügungssüchtige Bevölkerung trifft sich auf dem Kurfürstendamm am „Berliner Broadway“. In dieser Halbwelt mondäner Kleinkunstschickeria entstanden die frivolen A-cappella-Arrangements wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ und „Veronika, der Lenz ist da“ der „Comedian Harmonists“. Nah an der Historie erzählt das musikalische Schauspiel von Franz Wittenbrink und Gottfried Greiffenhagen die Erfolgsgeschichte der Gesangsformation bis zu ihrer Auflösung im aufkeimenden Terrorregime. ls Infos: 0209 4 09 72 00 Mi-So 24.-28.10. {n~wmn vju rnmn{ urn }{noonwÕ n{ Uȗ r}rpxÕ j| wn~n xvv~wrtj}rxw|ßxxuÕ Theaterlandschaft Neues Arabien Das Projekt „Theaterlandschaft Seidenstraße“ lädt regelmäßig zu Streifzügen durch den arabischen Sprachraum ein. So entstand der Wunsch, sich in Anbetracht der politischen Umwälzung in der Region mit den daraus folgenden gesellschaftlichen Veränderungen intensiv auch in Mülheim auseinandersetzen zu wollen. Sechs signifikante Theaterproduktionen aus vier Ländern sind in diesem Jahr eingeladen. Sie sind hochbrisant, aktuell und von faszinierender künstlerischer Kraft. Infos: 0208 599 01 88 MUSIKTHEATER IM REVIER So 28.10. 18 Uhr Kolsimcha und die Neue Philharmonie Westfalen Sicherlich eines der Highlights beim diesjährigen Klezmerfestival ist das Konzert der schweizerischen Band Kolsimcha mit der Neuen Philharmonie Westfalen. Diese Verbindung ist kein Zufall, zumal die koscheren Alpengenossen nicht nur souveräne Tempomelodien mit der typischen Klarinetten-Kopfstimme runterreißen können, sondern auch introvertierte Tonfolgen zelebrieren. Mit orchestralem Anschub könnte das für jeden Hörer eine besondere Erfahrung werden, wenn einstige Hochzeitsmusik sich zu symphonischen Höhen aufmacht.. ls Infos: 0209 4 09 72 00 RINGLOKSCHUPPEN Di 2.10. 20.30 Uhr n}} y{xknojq{nwÕ n{ Uȗ r}rpxÕ rn kn|}n ȗ{} vr} nw|lqnw ~ txvv~wrß rn{nwÖ r|} rvvn{ wxlq nrw {noonw vr} nw|lqnw rv nlq}nw nknwÕ n{ txvyjt}n Uȗ r}rpxÖ o~wt}rxwju rn nrw vxmn{wn| vj{}yqxwnÖ k{rwp} rn mr{nt} ~v pnÆw|lq}nw n|y{lq|yj{}wn{Õ ]kn{n~pnw rn |rlq |nuk|} knr nrwn{ {xknojq{}Õ {jo}|}xoon{k{j~lq oÆ{ mnw Uȗ r}rpx ĖÖĕ uÖ ęę t ìěĕ íÖ rw uă Ėĕĕ tvÖ rwwn{x{}|Ø ĚÖě× j~¿n{x{}|Ø ĘÖĞ× txvkrwrn{}Ø ęÖĚ× ėßvr||rxwÖ txvkrwrn{}Ø ĖĕĚ pătv ìpnv¿ ìí {Õ ĜĖĚăėĕĕĜíÕ oorrnwtuj||n ȗ~}xvxkrun {rnmnw|nrlqn vk j|}{xyn{ nuunp ĖĕĞÖ ęęĝĕĚ Ȗxlq~v nuØ ĕėĘę ĘĚėĞĖęÖ jØ ĕėĘę ĞĘěėĖĝě o{rnmnw|nrlqnÕpoûyj{}wn{Õ|txmjßj~}xÕmn Õj~}xvxkrunßo{rnmnw|nrlqnÕmn 61 Christiane Rösinger & Band Seit vielen Jahren ist die Berlinerin Christiane Rösinger bereits als Musikerin aktiv, u.a. in den Bands Lassie Singers und Britta. Noch erfolgreicher ist sie aber als Buchautorin: Das lakonisch als Sachbuch beschriebene „Liebe wird oft überbewertet“ sorgte in diesem Jahr in der Presse und auf diversen Messen für Aufsehen. Bei der „musikalischen Lesung“ an diesem Abend gibt es beides, Rösinger als Musikerin und als Autorin. Zwei lohnende Abendveranstaltungen in einer – mehr cs geht nun wirklich nicht. Infos: 0208 99 31 60 culture club RECKLINGHAUSEN ALTSTADTSCHMIEDE THEATER OBERHAUSEN Mi 24.10. Fr 5./Sa 6.10. 19.30 Uhr Torsten Sträter Der Sparkommissar Foto: Sybille Ostermann „Der David ist dem Goliath sein Tod“, das aktuelle Buch vom zweifachen NRW-Poetry-Slam-Meister Torsten Sträter, wurde von WDR 2 zum „lustigsten Buch des Jahres“ gekührt. Sträters liebevoll-detaillierte Texte atmen die Luft des Ruhrgebiets und sind nicht selten mit bitterbösem Humor gespickt. Symbolträchtig und stets überzeichnet kommen seine Kurzgeschichten daher. Die Live-Präsenz des überzeugten Mützenträgers tut ihr Übriges. Gute Argumente für einen Abend in der bk Altstadtschmiede. Infos: 02361 21 21 2 Foto: Axel J. Scherer Eine Provinz, in der die Beamten alles tun, um ihr schlechtes Gewissen in sanften Träumen einzuschläfern. Jetzt schreckt ein furchtbares Gerücht sie auf. Ein Sparkommissar sei unterwegs zu ihnen, inkognito, und: „mit geheimen Instruktionen!“ Das lässt alle nervös werden. Nikolai Gogols Satire von 1835 ist auch heute noch ein verblüffend aktueller Kommentar zur Schuldenkrise. Deutsche Erstaufführung. ls Infos: 0208 857 81 84 Andreas Gursky, Bangkok V, 2011, C-Print, 307 x 227 x 6,2 cm (gerahmt), © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2012, Courtesy: Sprüth Magers Berlin London präsentiert: Kunst AUSSTELLUNG ANDREAS GURSKY Andreas Gursky gehört international zu den wichtigsten zeitgenössischen Fotografen. Zu den Charakteristika seiner Arbeiten gehört neben der digitalen Bearbeitung der Farbfotografien auch diepräsentiert: perspektivische Kunst Ambivalenz seiner Motive. Die Ausstellung zeigt erstmals und exklusiv die neuesten Arbeiten des Künstlers aus seiner aktuellen Schaffensperiode. Museum Kunstpalast Ehrenhof 4-5, Düsseldorf Karten vor Ort trailer verlost 5x2 Karten plus jeweils den dazu erscheinenden Katalog E-Mail bis 31.10. an [email protected], Kennwort: Gursky TURBINENHALLE So 21.10. Serj Tankian bis 13.1.2013 OBERHAUSEN LUDWIGGALERIE bis 13.1., Di-So 11-18 Uhr Marilyn Monroe – in Fotografien IMPRESSUM Herausgeber: choices Verlag Joachim Berndt, Büro Köln Maastrichter Str. 6-8, 50672 Köln E-Mail: [email protected] Tel. 0221-27252-60, Fax: -88 Redaktion: Maren Lupberger (v.i.S.d.P.), Christian Meyer Mitarbeit an dieser Ausgabe: Silvia Bahl, Frank Brenner, Lutz Debus, Hartmut Ernst, Rolf-Ruediger Hamacher, Thomas Hirsch, Tom Jost, Dawid Kasprowicz, Klaus Keil, Benjamin Knoll, Thomas Linden, Sergej Maier, Karsten Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Anne Nüme, Peter Ortmann, Kerstin Maria Pöhler, Betty Schiel, Anna Schiff, Lena Schimmelpfennig, Anke-Elisabeth Schoen, Frank Schorneck, Sebastian23, Christian Steinbrink, Ann Katrin Thöle, Olaf Weiden, Christian Werthschulte, Hans-Christoph Zimmermann Projektleitung: Rüdiger Schmidt-Sodingen Grafik: Dominik Empl, Michael Hennemann, Martin Johna, Mira Moroz, Wilhelm Schmidt Anzeigenverwaltung: Berndt Media Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum E-Mail:[email protected] Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91 Buchhaltung: Karin Okniewski Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder sind Pressefotos. Allan Grant, Marilyn Monroe, 6. Juli 1962, Foto, © Allan Grant, courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann, Mannheim Zu sehen sind rund 100 Aufnahmen von sechs Fotografen, die den Zeitraum von 1949 bis 1962 umspannen und dabei ebenso etwas über die unterschiedlichen Stile der Fotografen mitteilen, wie sie viel über Marilyn Monroe und den Prozess ihrer zunehmenden Berühmtheit berichten. Den Abschluss der Ausstellung bildet Monroes berühmte letzte Fotosession vor ihrem Tod, aufgenommen von Bert Stern. Parallel dazu zeigt Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen bis Dezember Collagen von Olaf Stöhr mit und zu Marilyn Monroe. th Infos: 0208 455 41 38 Foto: Robert Sebree Der Ex-System Of A Down-Frontmann ist umtriebig wie eh und je. Erst im Juli erschien sein neues Album „Harakiri“, welches der gebürtige Armenier als „das schnellste Punkrockalbum seit System Of A Down“ bezeichnet. Wie gewohnt finden auch auf dem neuen Output aktuelle weltpolitische Themen ihren Platz. Im Zuge seiner ausgedehnten Welttournee kommt Tankian auch für ein Konzert in die Ruhrstadt. Passend eröffnet wird der Abend von den stilverwandten Viza. bk Infos: 0208 25050 ZENTRUM ALTENBERG Sa 6.10. 20.30 Uhr 5 Bugs Time to say goodbye. 11 lange Jahre galoppierten Drums zu sommerlichen Powerchords. Nun legen sich 5 Bugs am Ende dieses Jahres selbst zu den Akten. Die Berliner Jungs hatten es nie ganz leicht. Für die einen waren sie die bessere Antwort auf amerikanische Pop-Punk-Größen wie blink-182, für die anderen nur 62 irgendeine weitere Band im Windschatten des Punk-Revivals. Wie das Urteil auch ausfällt, eins ist klar: 5 Bugs werden sich auf ihrer „Mit Pauken und Trompeten“-Abschiedstour gewohnt lautstark verabschieden. Vorband sind No One’s Choice aus Bottrop. bk Infos: 0208 85 97 80 WITTEN MÄRKISCHES MUSEUM bis 4.11., Di-So 12-18 Uhr Charles Wilp – The Power of Images Charles Wilp, Collage, © Nachlass Wilp, courtesy Märkisches Museum Witten Der 1932 in Witten geborene, 2005 in Düsseldorf gestorbene Charles Wilp gehört zu den schillernden Künstlerpersönlichkeiten der 1960er und 1970er Jahre. Er wurde im Umfeld der Düsseldorfer Werbebranche berühmt, war auch im Umfeld der Künstlergruppe ZERO aktiv und widmete sich in seiner künstlerischen Arbeit der Weltraumfahrt. Das Märkische Museum stellt die Facetten dieses Werkes vor; parallel dazu ist eine Schau im ehemaligen Wasserwerk in der Ruhrstraße 110 zu sehen, dem Charles Wilp Space, ebenfalls in Witten. th Infos: 02302 581 25 50 Mag genbi itter Ausblick ENDSTATION KINO BOCHUM 22.-25.11., Blicke aus dem Ruhrgebiet Gerd Poehlmann/pixelio.de Ruhe vor dem Sturm RainerSturm/pixelio.de Die kulturpolitische Hängepartie 20 Sekunden Ruhm So schnell kann es gehen. Schon sind 20 Jahre Festivalkultur im Ruhrgebietsfilm vorübergegangen. Gabi Hinderberger und ihr Team könnten sich beim 20. Blicke-Festival reichlich feiern lassen mit Staraufgeboten und Roter-Teppich-Brimborium, aber da Ende November im Bahnhof Langendreer der Film im Vordergrund stehen soll, werden sie das wohl sein lassen. Die Jubelreden werden also kurz gehalten und stattdessen auf eine Premiere beim Blicke-Festival verwiesen. Denn – so viel Selbstreferenz darf dann doch sein – beim 20. Mal wird es das Festival „20 Sek. meine Stadt“ geben. Unter diesem Motto waren alle aufgerufen, 20 Sekunden bewegter Bilder aus ihrer Wohn- oder Heimatstadt aufzunehmen und sie der Kommission zu schicken. Der Kompromiss an die neuen Medien und die Omnipräsenz des Films geschieht also nicht ohne Vorauswahl. Bis zum 9. September konnten die kurzen Filme eingereicht werden, ab dem 15.10. werden sie dann auf der Seite des Festivals hochgeladen, wo das Publikum letztendlich per Mausklick darüber entscheidet, welche 20-Sekunden-Impressionen beim Festival gezeigt werden sollen. Darüber hinaus werden auch in diesem Jahr wieder sechs Preise vergeben, darunter der Publikumspreis und der trailer-Querdenker-Preis. dk DIVERSE ORTE IN DORTMUND UND UMGEBUNG 24.11.-1.12., Favoriten 2012 Zweites Mal Stadteroberung Selten hat ein Wechsel in der künstlerischen Leitung solch einen Effekt gehabt wie vor zwei Jahren beim Dortmunder Favoriten-Festival. Mit der Dramaturgin der Volksbühne Berlin Aenne12 über die Stadtgrenzen Dortmunds hinaus renommierte Off-Stätten wie den Mülheimer Ringlokschuppen oder das Essener PACT anziehen. Es bleibt zu hoffen, dass man auch weiterhin nicht nur Off-Präsentationsbühne ist, sondern dieses Interaktionspotential ausbauen kann. dk Infos: 0231 47 42 90 42 63 Von Peter Ortmann Ganz langsam schiebt sich das kleine Wölkchen ganz hinten am Horizont aufs azurblaue Tableau. Möwen setzen sich kreischend auf die Kante zwischen Meer und Land. Träge rolle ich noch einmal um die eigene Achse, beobachte die eigentlich riesigen Vögel, ein Schluck aus der Buddel Süßwasser, ein fauler Sonntag am Stand neigt zäh sich dem Ende entgegen. „Haben wir eigentlich einen Schirm dabei?“ Die nebenan gestellte Frage erzeugt erst einmal Heiterkeit bei strahlendem Sonnenschein und dem klitzekleinen Wölken dahinten an der Grenze zwischen Himmel und ... Hölle? Aus dem schnuckeligen weißen Schäfchen war kurzerhand eine dunkelgraue Wand geworden, die atemberaubend schnell ... und da fliegt das zweite feuchte Handtuch auch schon in die entgegengesetzte Richtung. Das unangekündigte Tief drängt mit Macht und schlagartig drängen alle Strandbenutzer heimwärts, raffen Kind und Kegel, Sonnenschirm und Badehandtücher, die Jüngsten krähen, die Eltern keifen. Wetter hat eine unheimliche Macht, wenn es will und wohl alle Sonnenanbeter den rituellen Schnaps für Petrus vergessen haben. Nun droht der Urlaubsinfarkt. An der Ruhr droht derweil der Kulturinfarkt. Ganz langsam schiebt sich ein Gerücht auf das strahlende Glanzbild einer Metropolregion, die Metropole sein will, aber wohl auch den Regenschirm vergessen hat und nun aufgeregt in der veregneten Mittelmäßigkeit baden gehen will. Zumindest, wenn man dem Tenor bei der 1. Kulturkonferenz Ruhr in Essen glauben sollte. Dort zogen Wolken auf gegen die Selbstbeweihräucherung einer Region, die es einfach nicht schafft, mit dem klarzukommen, was sie an Kultur hat, und die sich beständig weigert, die seit Jahren bekannten Tatbestände fröhlich und ohne Groll zu akzeptieren. Dafür braucht es auch kein Unheil verkündendes Orakel aus der Schweiz. Das wissen wir selbst. Populist Pius Knüsel will die Region kulturell in den Gewitterschauer stellen. So what. Wir haben chinesische Regenschirme! Wo er Recht hat ist Ödland, da brauchen wir vielleicht den Frisch’schen Grafen Öderland. Dass das Ruhrgebiet nicht bedeutend werden konnte durch die Kulturhauptstadt, das haben Wissende (auch ich natürlich) lange vorher gewusst. Leider. Kommen wir noch einmal zum unberechenbaren Wetter. So ein Gewitter soll ja eigentlich reinigend sein – für die Luft. Blöd nur, wenn man keinen Sauerstoff mehr zum Atmen hat. Die etablierten Kunst- und Theaterhäuser saugen den nämlich geschickt ab, die heilige RuhrTriennale nimmt es nicht nur direkt vom Steuerzahler, sondern auch noch keck über Umwege von der Kunststiftung NRW. Die will ja das Besondere fördern und da scheint alles recht, wofür man bei Premieren kostenlos in der ersten Reihe sitzen darf. Eigentlich will sie ja laut Satzung auch zu mehr Wagnis und Qualität in Kunst und Kultur herausfordern. Davon merken viele der Kulturschaffenden in NRW nix, der Vertreter der Freien Szene im Ruhrgebiet blieb der Kulturkonferenz in Essen gleich fern. Dort hätte er vom Bochumer Kulturdezernent Michael Townsend immerhin erfahren können, dass die Freie Szene „jetzt dran ist.“ Das ist ziemlich doppeldeutig, finde ich. Ein Schnaps für Pallas Athene. BERNARD SCHULTZE '%'%.7%,4%. 19. Okt. 2012 – 20. Jan. 2013 MKM Museum Küppersmühle, Duisburg WWWMUSEUMKUEPPERSMUEHLEDE Bernard Schultze, Rot poltert herab, 1989 (Ausschnitt), MKM Museum Küppersmühle, Sammlung Ströher, © VG Bild-Kunst Bonn, 2012 / Foto: Olaf Bergmann, Witten Das Museum Küppersmühle freut sich über die Unterstützung von