Leben im Alter 1 Bayerisches Landespflegegesetz
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Leben im Alter 1 Bayerisches Landespflegegesetz
Die Grüne Landtagsfraktion hat in den Landtag ein Antragspaket „Leben im Alter“ eingebracht, das sich im Wesentlichen mit der jetzigen Situation in der Altenpflege beschäftigt. Es beruht in vielen Teilen auf den Erfahrungen und Erkenntnissen der durchgeführten Pflegewoche, in der Renate Ackermann, die altenpolitische Sprecherin der Fraktion direkt vor Ort im Gespräch mit PflegerInnen, Leitungen und insbesondere den BewohnerInnen der Heime und Einrichtungen gewonnen hat. Im Folgenden sind die Anträge, deren Spektrum die Situation in der Ausbildung bis zum existierenden Verordnungswust umfasst und auf eine Verbesserung der Qualität auf allen Ebenen abzielt aufgeführt. Falls Sie noch Fragen zu den einzelnen Anträgen haben, Renate Ackermann ([email protected]) und Eva-Marie Torhorst ([email protected]), die Fachmitarbeiterinnen in der Landtagsfraktion, werden Sie Ihnen gerne beantworten. Leben im Alter 1 Bayerisches Landespflegegesetz Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, ein Landespflegegesetz in den Landtag einzubringen, das die grundsätzlichen Qualitätserfordernisse in der Pflege festschreibt. Das Gesetz soll folgende Inhalte berücksichtigen: • Fortschreibung des Landespflegeplanes in jeder Legislaturperiode (alle 5 Jahre) • Festschreibung einer bayernweit einheitlichen Pflegedokumentation • Pflegestandards (z.B. die Durchsetzung der nationalen Qualitätsstandards für Dekubitus, zur Flüssigkeitsversorgung und zum Einsatz von Sturzprophylaxen) • Fortbildungsverpflichtung für Heimleitungen • Ärztliche Versorgung im Heim • Klare Richtlinien für die Heimaufsichten, hinsichtlich der Prüfkriterien, der zeitlichen Häufigkeit, der Unabhängigkeit der Aufsicht von den Trägern Begründung: Die Selbstbestimmung der Träger ist ein hohes Gut. In einer sich immer mehr ausdifferenzierenden Trägerlandschaft und einem liberalisierten Markt ist es notwendig, denen, die darauf angewiesen sind, Leistungen in Anspruch zu nehmen, Basisqualität zu garantieren. Der Markt wird unübersichtlicher, die Verbraucher brauchen Sicherheit. Die Güterabwägung zwischen Selbstbestimmung der Träger und Sicherheit der Leistungsnehmer muss klar zu Gunsten der Sicherheit der Leistungsnehmer entscheiden werden. Leben im Alter 2: Fünfter Bayerischer Landesplan für Altenhilfe Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, den Fünften Bayerischen Landesplan für Altenhilfe in Auftrag zu geben. Der Landesplan folgt den Grundsätzen „ambulant vor stationär“ und „Rehabilitation vor Pflege“ und soll unter anderem folgende Themen aufgreifen: • Bedarfsfeststellung und -planung im rehabilitativen, ambulanten und stationären Bereich • Bedarfsfeststellung und -planung für die Versorgung älter werdender MigrantInnen • Bedarfsfeststellung und -planung für die Versorgung älter werdender Behinderter • Bedarfsfeststellung und –planung für die Versorgung von dementiellen Erkrankungen • Vernetzung der vorhandenen Versorgungsstrukturen • Gemeindenahe Versorgung in kleinen Stationen und Einrichtungen Die notwendigen Gelder sind in den Doppelhaushalt 2005/06 einzustellen. Begründung: Die ersten vier Bayerischen Landespläne für Altenhilfe sind über einen Zeitraum von 26 Jahren erstellt worden (1962-1988). 16 Jahre nach der Erstellung des Vierten Bayerischen Landesplanes für Altenhilfe ist es höchste Zeit, eine aktuelle Grundlage für die Bedarfsplanung in Bayern zu erarbeiten. Für die Wahrung der Menschenwürde im Alter und die Vermeidung der sehr teuren vollstationären Pflege muss dem Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ wesentlich konsequenter als zum gegenwärtigen Zeitpunkt Rechnung getragen werden. Leben im Alter 3: Bedarfsplan zur gerontopsychiatrischen Versorgung Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, eine realistische Bedarfsplanung für die gerontopsychiatrische Versorgung in Bayern bis 2020 vorzulegen. Begründung: Aus Studien, die sich auf die bundesdeutsche Bevölkerung beziehen, geht hervor, dass heute bereits 1,2 Mio. Menschen bundesweit an Demenzerkrankungen leiden. Das sind ca. 25% der über 65-jährigen. Bei ca. 30% ist der Eintritt in die stationäre Pflege durch eine Demenzerkrankung bedingt. Die Zahl der mittelschweren und schweren Demenzen wird sich bis 2050 wahrscheinlich verdoppelt haben. (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2004). Für Bayern liegen keine entwicklungsperspektivischen Daten vor. Leben im Alter 4: Qualifikation der Heimleitungen Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, für die Heimleitungen von Pflegeeinrichtungen eine Fortbildungsverpflichtung verbindlich festzulegen. Begründung: Auch wenn momentan der Pflegenotstand etwas abgemildert scheint, gilt es klug zu planen. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden auch in Bayern in Zukunft deutlich mehr qualifizierte Pflegekräfte gebraucht. Zahlreiche Studien haben ergeben, dass die Qualifikation der Heimleitung in der Bereichen Personalführung und Pflegeplanung direkt mit der hohen Fluktuationsrate im Pflegebereich in Verbindung steht. Um gut ausgebildetes Personal im Beruf zu halten, muss bei der Qualifikation der Heimleitungen angesetzt werden. Leben im Alter 5: Richtlinien für die Heimaufsichten Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, eindeutige Richtlinien für die Qualitätsprüfung in Pflegeeinrichtungen festzuschreiben. • Nichterfüllung ist mit Sanktionen zu belegen. • Die Heimnachschauen sind immer unangekündigt durchzuführen. • Jede Einrichtung muss mindestens einmal im Jahr kontrolliert werden • Es sind klare Richtlinien für Ämtertrennung auf kommunaler Ebene zu bestimmen • Einheitliche Festlegung der Prüfkriterien und der zeitlichen Häufigkeit Begründung: Die Heimaufsichten bei den Landratsämtern und der MDK prüfen nach unterschiedlichen Kriterien. Qualität ist jedoch auf Vergleichbarkeit angewiesen, die nicht gegeben ist. Noch 2003 sind 16% der durchgeführten Heimnachschauen (ca. 300) angekündigt erfolgt. Leben im Alter 6: Beschwerdestellen für Probleme in der Altenpflege einrichten Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, pro Bezirk mindestens eine Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege nach dem Münchener Vorbild einzuführen. Die Finanzierung ist durch den Freistaat Bayern zu leisten. Der Personalschlüssel ist bezogen auf die Einwohnerzahl in Anlehnung an das Münchener Modell zu ermitteln. Die neu errichteten Beschwerdestellen werden verpflichtet, für Bayern gemeinsame verpflichtende Prüfkriterien und Sanktionen zu entwerfen und gemeinsam mit den Heimaufsichten deren Umsetzung zu organisieren. Begründung: Die Beschwerdestelle ist erste Anlaufstelle für die BürgerInnen und leistet wertvolle Arbeit in der Vermittlung zwischen ambulanter oder stationärer Einrichtung und den Menschen, die hier Leistungen in Anspruch nehmen. Die Beschwerdestelle übt eine effektive Brückenfunktion zwischen den pflegebedürftigen alten Menschen, Einrichtungen, Kassen und Kostenträgern aus. Dieses kostengünstige niederschwellige Angebot soll verstärkt Anwendung finden. Leben im Alter 7: Bürgerschaftliches Engagement stützen und fördern Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, die bestehenden Beratungsstellen für pflegende Angehörige und bürgerschaftliches Engagement zu erhalten und das Angebot weiter auszubauen. Begründung: Bürgerschaftliches Engagement und pflegende Angehörige tragen maßgeblich dazu bei, dass auch bei knappen Kassen die Pflegequalität hoch ist und die Pflegekassen bzw. Sozialhilfekassen weniger belastet werden. Für die Sicherung der Qualität dieser Pflegeleistungen und die Entscheidung für Engagement und häusliche Pflege ist es unerlässlich, die Menschen mit einem Beratungsangebot zu unterstützen. Durch die Kürzungen im Nachtragshaushalt 2004 haben bereits Beratungsstellen schließen müssen. Leben im Alter 8: Bericht zu Modellprojekten Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, über den Fortschritt der Modellprojekte zur ambulanten und aufsuchenden Rehabilitation in Augsburg, Amberg, Nürnberg und München vor der Sommerpause 2004 zu berichten. Der Bericht soll enthalten: • Zielrichtung und Aufbau der Modellprojekte • Geplante Laufzeit • Zwischenbericht über die gewonnenen Erkenntnisse • Prognose zur Verallgemeinerbarkeit der Projekte Leben im Alter 9: Erhebung von Ausgleichsbeträgen zur Ausbildungsfinanzierung Der bayerische Landtag möge beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Ausgleichsbeträge zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen nach §25 Altenpflegegesetz erhoben werden. Begründung: Die Appelle der Staatsregierung an die Verantwortung der Unternehmen und Verwaltungen für den qualifizierten Nachwuchs sind in der finanziell dünnhäutigen Sozialwirtschaft nicht angenommen worden. Zurzeit werden nicht genügend Ausbildungsplätze in den Einrichtungen angeboten. Es droht ein zukünftiger Mangel an Fachkräften. Pflegeschulen müssten trotz einer genügend hohen Anzahl an geeigneten BewerberInnen Klassen schließen.