Seminar Bindung im Jugend
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Seminar Bindung im Jugend
Universität Koblenz-Landau Abt. Koblenz Seminar Bindung im Jugend- und Erwachsenenalter Wintersemester 2004/2005 Referentin: Prof. Dr. Elisabeth Sander Vorgelegt von: • Daniel Akkaya, 9. Semester Computervisualistik. Mat. Nr: 200210923 • Jan Runge, 4. Semester Lehramt für Hauptschule. Mat. Nr: 201210533 • Mohammed Douiri, 3.Semester Informatik, Mat. Nr. 203210599 Inhalt 1. Einführung............................................................................................................... 3 2. John Bowlby .......................................................................................................... 5 3. Die Entstehung der Bindungstheorie ...................................................................... 7 4.Bowlby’sBindungstheorie......................................................................................... 9 5. Biographie von Mary Ainsworth ............................................................................ 12 6. Ontogenese der Bindung...................................................................................... 13 6.1. Prä-Attachment-Phase ...................................................................................... 14 6.2. Differenzierungsphase....................................................................................... 14 6.3. Kontaktaufnahme .............................................................................................. 15 6.4. Interaktionaphase.................................. ............................................................ 15 7. Feinfühligkeit ....................................................................................................... 16 8. Bindung als Sicherheit .......................................................................................... 17 8.1. Sicher gebundene Kinder .................................................................................. 17 8.2. Unsichergebundene Kinder ............................................................................... 18 8.3. Noch nicht gebundene Kinder ........................................................................... 18 9. Funktion der Bindung für die Entwicklung des Kindes .......................................... 18 10. Das Konzept des inneren Arbeitsmodells .......................................................... 20 11. Mary Ainsworth und die Bindungsqualität........................................................... 22 12. Die Fremde Situation.................................. ........................................................ 23 13. Ablauf der Laborbeobachtung ............................................................................ 24 13.1. Sicher gebundene Kinder ................................................................................ 26 13.2. Unsicher vermeidend gebundene Kinder......................................................... 27 13.3. Unsicher ambivalent gebundene Kinder .......................................................... 28 Literaturverzeichnis .................................................................................................. 30 2 1. Einführung Ich bin in meinem Leben unzähligen Menschen mit verschiedenem kulturellem, sozialem und intellektuellem Hintergrund begegnet und durfte dabei lernen, dass unabhängig von unserem Hintergrund, zwischenmenschliche Beziehungen in unserem Leben eine wichtige Rolle spielen. Einige von uns sind in der Lage die Verantwortung für die Beziehung zu anderen zu übernehmen, offen mit anderen über ihre Bedürfnisse zu kommunizieren und erfüllte Beziehungen zu führen. Einige von uns neigen dazu, sich zurückzuziehen und die Verantwortung für Unstimmigkeiten in Beziehungen auf andere zu schieben. Einige von uns leben für die Bedürfnisse der anderen und machen für ihre Unzufriedenheit in ihren Beziehungen grundsätzlich andere verantwortlich. Es hat mich schon immer interessiert, was dem unterschiedlichen Umgang der Menschen in Beziehungen zueinander zugrunde liegt. Die Bindungstheorie befasste sich zunächst mit der Bindung zwischen Kleinkindern und deren primärer Bezugsperson (in den meisten Fällen die Mutter). Die Entdeckung unterschiedlicher Bindungen der Kinder schaffte eine Grundlage für eine bedeutende Tradition in der Erforschung der Eltern-Kind-Beziehungen. Inzwischen wurde auch die Bindung im Jugend- und Erwachsenenalter, sowie die Partnerschaftsbindung untersucht. Da Bindung die Grundlage enger emotionaler Beziehungen ist und somit die Basis des gesellschaftlichen Zusammenlebens betrifft, findet die Bindungstheorie ihren Ansatz in der Entwicklungspsychologie, Sozialpädagogik, Familienforschung, Familienrechtsprechung und zunehmend Beachtung in klinischer Psychologie und Psychotherapie. Die bindungstheoretischen Konzepte und Forschungsergebnisse werden in die praktische Arbeit von therapeutisch, erzieherisch und beratend tätigen Personen einbezogen. Der Mensch ist ein soziales Wesen und kann ohne zwischenmenschliche Kontakte nicht leben. Solche Bindungen entstehen schon in der Schwangerschaft und werden hier 3 durch die Gefühle der Mutter entscheidend geprägt. Die Einstellung der Mutter gegenüber dem im Mutterleib heranwachsenden Kind ist ausschlaggebend für die späteren Verhaltensweisen. Die Art und Weise der frühkindlichen emotional- affektiven Erlebnisse entscheiden darüber, ob es bei einem Kind zur Ausprägung des Urvertrauens oder Urmisstrauens kommt.1 Das Neugeborene kann seine Bezugsperson nur über den Geruchs- und Tastsinn (Körperkontakt) wahrnehmen, also durch Riechen, Schmecken und Fühlen. Die emotionale Zuwendung erzeugt beim Kind eine Atmosphäre der Geborgenheit. Diese Atmosphäre beinhaltet das erzeugte Selbstvertrauen, das Vertrauen zu seinen Mitmenschen und zur Umwelt. Dieses ist auch nötig, um Mut dafür aufzubringen, sich auf neue unbekannte Dinge einzulassen. Das Urvertrauen ist also eine positive Einstellung zu sich selbst, basierend auf früheren Erfahrungen - auch im Mutterleib – und sie ermöglicht es den Menschen, sich mit ihrer Umwelt und sich selbst auseinander zu setzen. Nicht nur Umweltfaktoren sondern auch genetische Einflüsse spielen eine große Rolle bei der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen. Der psychische Zustand eines Menschen ist stark davon abhängig,, wie seine zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Verlaufen sie harmonisch, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Person ausgeglichen und glücklich ist und in der Lage, mit auftretenden Problemen fertig zu werden. Die emotionale Fundierung entsteht durch ausreichende emotionale Zuwendung. Durch sie wird der soziale Lebensmut geprägt, der für die geistige, soziale und emotionale Entwicklung des Kindes von hoher Bedeutung ist. Wenn man sich nicht auf seine Bezugspersonen verlassen kann, wird der soziale Pessimismus erzeugt, der sich auf die emotionale Entwicklung des Kindes hemmend auswirken kann. Ein Gegenstand der Bindungsforschung ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Verlauf des Lebens. In meiner Hausarbeit möchte ich auf die starke Bindung zwischen Mutter und Kind eingehen und versuchen, das diese Bindung anhand der Bindungstheorie von John Bowlby näher zu erläutern. Des weiteren möchte ich auf die emotionale Kompetenz von Kindern eingehen, wo sie herkommt und was sie bewirkt. Es gibt natürlich Unterschiede in der Art und Weise, wie sich solche Bindungen zwischen Mutter und Kind entwickeln. Auf diese Unterschiede möchte ich im Folgenden eingehen und diese anhand der Bindungstheorie erklären. 4 2. John Bowlby John Bowlby, geboren am 26. Februar 1907 in London, schrieb sich 1925 für Medizin an der Universität vom Cambridge ein. Sein neu entdecktes Interesse an entwicklungspsychologischen Themen veranlasste ihn, zwei Jahre später, das Medizinstudium zu unterbrechen und eine ehrenamtliche Tätigkeit in zwei psychoanalytisch orientierten Heimen für schwererziehbare Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Die Erfahrungen, die er dabei sammelte, waren bedeutend für seinen 5 späteren Werdegang. Einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterliess bei ihm das Verhalten eines extrem distanzierten und eines extrem anhänglichen Kindes, in dem er die Auswirkungen früher Trennungen von den Eltern, sowie anderer Störungen in ihrem Familienleben erkannte. 1929 nahm er sein Medizinstudium in London wieder auf mit dem Ziel, Kinderpsychiater und Psychoanalytiker zu werden und seine Ideen über Familieneinflüsse auf die kindliche Entwicklung weiter zu verfolgen. Zwischen 1933 und 1937 absolvierte er die psychoanalytische Ausbildung an der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft. Seine Lehranalytikerin Joan Riviere war stark beeinflusst von den Ideen der Melanie Klein, bei der er 1937/38 die kinderanalytische Ausbildung absolvierte. Die beiden Ausbildungen sagten ihm nicht besonders zu, denn im Gegensatz zu der Auffassung von Melanie Klein, war für ihn die Rolle der Umwelt bei der Entstehung psychischer Störungen grundlegend. 1936 ging er an die Londoner Child Guidance Clinic, wo er mit zwei psychoanalytisch ausgebildeten Sozialarbeiterinnen eng zusammenarbeitete, die seine Ansichten über die Bedeutung der Familieneinflüsse für die Persönlichkeitsentwicklung teilten und von denen er, seiner Meinung nach, mehr gelernt hat, als von den Analytikern und Psychiatern, die ihn ausbildeten. Im Laufe seiner Arbeit wurde ihm immer klarer, dass sich die Psychoanalyse zu sehr mit dem kindlichen Phantasieleben beschäftigte, ohne die Wirkung von tatsächlichen Familienereignissen zu berücksichtigen. 1940 brachte er diese Sichtweise in einem Artikel zum Ausdruck, welcher bereits viele zentrale Ideen der Bindungstheorie beinhaltete. Er unterstrich dabei die nachteiligen Auswirkungen früher Eltern-Kind-Trennungen und empfahl, den Müttern zu erlauben, ihre kleinen Kinder im Krankenhaus zu besuchen. Zusätzlich zeigte er auf, dass sich für Mütter, die mit der Kindererziehung Schwierigkeiten hatten, wöchentliche Besprechungen, in denen ihre Probleme analytisch angegangen und bis zu ihrer eigenen Kindheit zurückverfolgt wurden, als sehr wirksam erwiesen: “Wenn man einer Mutter helfen kann, Zugang zu den Gefühlen zu bekommen, die sie als Kind hatte, und sie nun wieder zu erleben, und wenn sie dann entdeckt, dass diese Gefühle mit Toleranz und Verständnis akzeptiert werden, kann sie 6 zunehmend auch gegenüber ihrem Kind mitfühlend und tolerant reagieren, wenn es ähnliche Gefühle zum Ausdruck bringt.“ (Bowlby,1940) Dieses Zitat spricht auch dafür, dass sich John Bowlby schon am Anfang seiner beruflichen Laufbahn mir der generationenübergreifenden Weitergabe von Bindungsbeziehungen beschäftigten, die in der späteren Bindungsforschung bestätigt wurde. Der zweite Weltkrieg unterbrach zwar seine Laufbahn als Kinderpsychiater, förderte aber seine Entwicklung als Forscher durch seine Tätigkeit in der Armee, wo er sich mit umfassender Überprüfung von Auswahlverfahren für Offiziere mit Hilfe von Fragebögen befasste. Außerdem bearbeitete er seine erste empirische Studie „Fortyfour juvenile thieves, their characters and home lives“, die 1944 erschien. In dieser Studie, deren Schlussfolgerung nicht nur durch klinische Fallbeschreibungen, die aus seiner Arbeit an der Child Guidance Clinic stammten, sondern auch durch statistische Bewertungen begründet wurde, konnte er die gefühllosen Persönlichkeiten einiger jugendlicher Diebe mit ihren früheren Erfahrungen von mütterlicher Trennung und Ablehnung in Verbindung bringen. Seine angehende Laufbahn als Kinderpsychiater, setzte er nach dem Krieg als Leiter der Kinderabteilung an der Londoner Tavistock Clinic fort. Um die Bedeutung der Eltern-Kind-Beziehung zu betonen, hat er die Kinderabteilung in „Abteilung für Eltern und Kinder“ umbenannt. Im Gegensatz zu den meisten damaligen Psychoanalytikern sowie seinen Mitarbeitern, die den Ideen von Melanie Klein folgten und sich deshalb nicht für das aktuelle Familienleben interessierten, war John Bowlby sehr daran interessiert die verschiedenen Muster der Familieninteraktionen zu entdecken, die einer gesunden oder gestörten Entwicklung zugrunde liegen. Um seine Forschungspläne umzusetzen, gründete er eine eigene Forschungsgruppe, die sich mit der Trennung von Mutter und Kind befasste und in der Mary Ainsworth 1950 seine Mitarbeiterin wurde. 3. Die Entstehung der Bindungstheorie 1948, als John Bowlby die ersten Forschungsgelder bekam, stellte er den 7 psychiatrischen Sozialarbeiter und Psychoanalytiker James Robertson ein, der ursprünglich als Hausmeister in Anna Freuds Kinderheim in Hampstead arbeitete, wo auf Anweisung von Anna Freud alle Angestellten Kinderbeobachtungen machen und im Detail protokollieren mussten. James Robertsons Aufgabe war es, in Krankenhäusern und Heimen die Kleinkinder, welche selten oder überhaupt nicht von den Eltern besucht werden konnten, zu beobachten. Nachdem er zwei Jahre diese Tätigkeit ausübte, gab er die Rolle des unbeteiligten Wissenschaftlers auf. Aus seinem Bedürfnis heraus, etwas für diese Kinder zu tun, drehte er den Film „A two-year-old goes to hospital“, in dem die Folgen mehrtägiger Mutter-Kind-Trennungen bei gleichzeitig ungenügender Ersatzbetreuung dokumentiert wurden. Dies bewirkte, dass die Eltern in Grossbritannien und anderen westlichen Ländern ihre Kinder im Krankenhaus öfters besuchen oder sogar bei ihnen schlafen durften. Die gewonnenen Einsichten aus dem Film und Robertsons schriftlichen Feldbeobachtungen, spielten eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Bindungstheorie. Ein weiterer Impuls für die Entwicklung der Bindungstheorie kam durch den Auftrag der Weltgesundheitsorganisation, einen Bericht über das Schicksal heimatloser Kinder im Nachkriegs-Europa zu verfassen. In diesem Bericht, welcher unter dem Titel „Maternal Care and Mental Health“ 1951 veröffentlicht wurde, beschrieb John Bowlby die nachteiligen Folgen, die entstehen, wenn Kinder ohne ihre Mutter in Institutionen aufwachsen, in denen ihre emotionalen und kognitiven Bedürfnisse unzureichend befriedigt werden. Die grundlegende Einsicht dieses Berichtes ist, dass die langandauernde Trennung des Kindes von der Mutter bei ungenügendem Ersatz ein erstrangiger Risikofaktor für die weitere gesunde seelische Entwicklung ist. Daraus stellte sich für John Bowlby die Grundfrage: „Wenn die Unterbrechung des Bandes zwischen Mutter und Kind durch Trennung oder Verlust so gravierende Auswirkungen hat - was ist die Natur dieses Bandes?“ (Dornes,2000,S.21) Als ihn 1951 ein Freund auf einen Artikel über Prägung von Konrad Lorenz aufmerksam machte, und er vom Prozess der Prägung in einem Vorabdruck des Buches „Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen“ von Konrad Lorenz 8 noch mehr erfuhr, kam er einer Antwort auf seine Frage näher. Im Gegensatz zu Annahmen von Sekundärtriebtheorien konnte der Prozess der Prägung die Bildung enger sozialer Eltern-Kind-Beziehungen erklären, ohne dass das Füttern dabei eine Rolle spielen musste. Dies veranlasste ihn, sich mit den Grundsätzen der Ethologie vertraut zu machen, wodurch er ein tieferes Verständnis von der Natur der Mutter-Kind-Bindung erhielt. Ausserdem fand er in diesem Buch eine Übereinstimmung zwischen den ethologischen Feldbeobachtungen unter Alltagsbedingungen und den Methoden, welche er schon in Zusammenarbeit mit James Robertson entwickelt hatte. Obwohl John Bowlby bereits 1953 den ersten theoretischen Aufsatz über die Bindung veröffentlichte, der auf einige ethologische Begriffe aufbaute, wiesen die, mit seiner Forschungsgruppe zur selben Zeit veröffentlichten Artikel über Trennung keine Spuren seines neuen Denkens auf. Es gelang ihm nämlich nicht, seine Mitarbeiter von der Bedeutung der Ethologie für die Mutter-Kind-Beziehung zu überzeugen. Auch der Artikel über die Auswirkungen früher Sanatoriumserfahrungen, der von Bowlby, Ainsworth, Boston und Rosenbluth 1956 veröffentlicht wurde, beinhaltete keine ethologische Konzepte. Er enthielt aber bereits Klassifikationen verschiedener Interaktionsmuster nach frühen und langdauernden Mutter-KindTrennungen, auf die Mary Ainsworth ursprünglich von James Robertson aufmerksam gemacht wurde und die für ihre spätere Arbeit wichtig waren. Ein geplantes Buch über die Befunde weiterer, von James Robertson gesammelten und von Mary Ainsworth ausgewerteten, Beobachtungen über kindliche Trennungserfahrungen wurde nie veröffentlicht. In dem unvollendeten Schlusskapitel konnte John Bowlby jedoch seine Gedanken über die Bindungstheorie weiterentwickeln. 4. Bowlby’s Bindungstheorie Anfang der 70er Jahre entwickelte Bowlby die Bindungstheorie. Diese Theorie geht davon aus, dass jeder Mensch von Geburt bis zum Tod mit einem aus der Evolution hervorgegangenen, als Bindungsverhalten (Attachment) bezeichneten Verhaltenssystem ausgestattet ist. 9 Er ging davon aus, dass Kleinkinder ab circa einem Jahr in neuen oder bedrohlichen Situationen Verhaltensweisen wie z.B. weinen, rufen, anklammern oder nachfolgen zeigen und darüber versuchen Nähe zu einer wichtigen Bezugsperson herzustellen. In den meisten Fällen ist diese wichtige Bezugsperson die Mutter; aber auch Väter, Großeltern oder andere Personen, die eine enge Beziehung zum Kind aufbauen, kommen in Frage. Ist die Hauptbindungsperson nicht erreichbar, so können auch andere Bezugspersonen anstelle dieser ersatzweise aufgesucht werden. Neben der Mutter, die häufig die Hauptbezugsperson ist, entwickelt ein Säugling weitere Bindungen, z. B. an den Vater, Geschwister oder die Großeltern, die nach Bowlby unabhängig voneinander und hierarchisch organisiert sind. In der Regel steht die Mutter an der Spitze dieser Hierarchie. Darüber hinaus ist es auch natürlich möglich, dass die primäre Bindungsfigur kein leiblicher Elternteil, sondern z. B. eine Pflegemutter oder ein Erzieher ist. Ein Szenarium, das eine alltägliche Situation verdeutlicht: Paul ist zwei Jahre alt und soll heute Nacht bei Tante Birgit und Onkel Karsten übernachten, denn seine Eltern möchten einen schönen Abend mit Freunden im Kino verbringen. Der kleine Paul scheint mit der ungewohnten Situation gut zurechtzukommen: er spielt mit dem neuen Plüschbären, den er zum Geburtstag bekommen hat, und lässt sich von Tante Birgit eine Geschichte vorlesen. Dann soll er schlafen, und plötzlich überkommt ihn Heimweh; er fängt an zu weinen und ruft nach seiner Mutter. Die Mutter, die Paul vorher noch nie bei der Tante gelassen hat, kann sich auf den neuen Film mit Tom Cruise kaum konzentrieren; liebevoll und zugleich besorgt denkt sie ununterbrochen darüber nach wie es ihrem Sohn geht. Hauptfunktion der Bindungsperson ist es, den Säugling in Situationen von Bedrohungen zu schützen und ihm Sicherheit zu geben. Für das unselbständige menschliche Neugeborenen und Kleinkind ist die Schutzfunktion durch eine Bezugsperson von lebenserhaltender Bedeutung Entsprechend hat das Weinen eines kranken Kindes zum Ziel, dass die Mutter in seiner Nähe bleibt und das Anklammern ans Hosenbein des Vaters unter fremden Menschen gibt Sicherheit. Dieses Verhalten nannte Bowlby Bindungsverhalten. Er ging davon aus, 10 dass Bindungsverhalten angeboren ist, da es für das Kleinkind in gefährlichen Situationen Schutz durch vertraute Erwachsene bietet und damit wichtig für sein Überleben ist. Die Pflegeperson bietet als zuverlässige Bindungsperson in Gefahrensituation einen „sicheren Hafen“. Dort hin kann sich der menschliche Säugling im Falle einer Bedrohung retten und Schutz und Hilfe erwarten. Das Bindungssystem, das sich im ersten Lebensjahr entwickelt, bleibt während des gesamten Lebens aktiv. Auch Erwachsene suchen in ängstlichen Situationen die Nähe zu anderen Personen auf, von denen sie sich Hilfe und Unterstützung erwarten. Mit zunehmendem Alter nehmen jedoch die Häufigkeit und die Intensität der Bindungsverhaltensweisen stetig ab. Dennoch bestehen sie als wichtige Bestandteile des menschlichen Verhaltensrepetoires weiter, nehmen aber eher symbolische, kulturell akzeptierte Formen an (z.B. Seufzen statt Weinen, Telefonieren statt Rufen, die Erinnerung an gemeinsame Verabredungen statt Suchen, einem Kind das Weggehen verbieten statt anklammern oder aber statt gegen Trennung zu protestieren Schuldgefühle machen, wenn man allein gelassen wird. Zusätzlich zum Bindungsverhalten nahm Bowlby an, dass es noch eine weitere Gruppe von Verhaltensweisen gibt, die abwechselnd mit dem Bindungsverhalten auftreten und von den Kindern dann gezeigt werden, wenn sie sich sicher fühlen. Dieses Verhalten bezeichnete Bowlby als Explorationsverhalten und meinte damit das neugierige Auskundschaften und Erkunden der Umgebung, eine wichtige Voraussetzung für das Lernen und die Entwicklung des Kindes. Nach diesem Modell suchen Kinder immer dann die Nähe zur Mutter, zum Vater oder zu einer anderen wichtigen Bezugsperson, wenn sie unsicher sind oder sich unwohl fühlen. Wenn sie dagegen sicher sind und sich wohl fühlen, bewegen sie sich weg und erkunden ihre Umgebung. Beide Verhaltensweisen stehen im ständigen Wechsel, wobei die erwachsene Bezugsperson als "sichere Basis" genutzt wird. Man kann sich dies ähnlich einer Wippe vorstellen: fühlt sich das Kind sicher und vertraut, so steigt sein Explorationsverhalten an und das Bindungsverhalten sinkt. Fühlt es sich unsicher oder ängstlich, so steigt sein Bindungsverhalten, d.h. Nähe- und Kontaktsuchen an und das Explorationsverhalten lässt nach 11 Werden die Bindungsbedürfnisse nicht befriedigt oder missachtet oder nur in sehr unzuverlässiger Weise beantwortet, so führt dies zu Wut und Enttäuschung, wie auch zu zwiespältigen Gefühlen gegenüber der Bindungsperson. 5. Biographie von Mary Ainsworth Mary Ainsworth wurde im Dezember 1913 in Glendale, Ohio geboren. Sie entstammt aus einem bürgerlichen Elternhaus. Ihre Eltern legten den Erziehungsschwerpunkt auf die Bildung der Kinder, was in den stetigen Familienausflügen in die Bibliothek ihren Ausdruck fand. Somit war für Mary Ainsworth der Weg in die Universität schon vorgezeichnet. Im Alter von 15 Jahren wurde der Grundstein für eine Kariere in der Psychologie durch ein Buch von William Mc Dougall mit dem Titel „Character and the Conduct of Life“ gelegt. Im Herbst 1929 ging sie dann auf die Universität in Toronto. In der Universität machte sie dann ihren Master 1936 und promovierte 1939. Nach dem Abschluss ihrer langjährigen Ausbildung, lehrte sie noch ein paar Jahre an der Universität, bevor sie 1942 in die Kanadische Armee eintrat. In der Armee erreichte sie den Rang eines Majors. Nach der Armee ging Mary Ainsworth zurück an die 12 Universität von Toronto um dort zu unterrichten. 1950 heiratete Mary Ainsworth ihren Mann Leonard Ainsworth und gemeinsam gingen sie nach London. In London fand sie eine Anstellung in der Forschungsgruppe von John Bowlby. Die Forschungsgruppe um John Bowlby untersuchte die Auswirkungen von MutterKind-Trennungen auf die Entwicklung von Kindern. Diese Forschungen erhielten dann durch die Zusammenarbeit von John Bowlby und Mary Ainsworth eine Erweiterung, da die beiden der Überzeugung waren, dass man die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern bei Mutter- Kind-Trennungen nur dann untersuchen kann, wenn die „normalen“ Mutter- Kind- Beziehungen untersucht werden. 1954 bekam Leonard Ainsworth eine Anstellung im East African Institute of Social Research in Uganda. Seine Frau folgte ihm nach Uganda und begann dort ihre Untersuchungen der Mutter-Kind- Beziehungen im freien Feld. Nach zwei Jahren verließen das Ehepaar Ainsworth Uganda und zogen nach Baltimore, wo Mary Ainsworth in der John Hopkins Universität lehrte. 1960 ließen sich Mary und Leonard Ainsworth scheiden. Zwei Jahre nach der Scheidung, nahm sie erneut die Studien über die Mutter- Kind- Beziehung auf. Sie beobachtete Mütter und ihre Kinder in natürlicher Umgebung. Dazu machte sie regelmäßige Besuche bei den Familien zu Hause, um die Interaktion von Mutter und Kind genau beobachten zu können. Sie sammelte somit 72 Stunden Datenmaterial. Mary Ainsworth stirbt 1999 im Alter von 86 Jahren. 6. Ontogenese der Bindung Die Ontogenese der Bindung stellt die Bindungsentwicklung von Kleinkindern dar. Sie ergänzt somit die von Piaget aufgestellte kognitive Entwicklung von Kleinkindern. In dem folgenden Abschnitt soll die kognitive Entwicklung in die Ontogenese die Bindung mit einfließen, um eventuelle Parallelen zu zeigen. Beide Entwicklungstheorien haben die zeitliche Dimension als Basis ihrer Aussagen. 13 6.1.Prä- Attachment- Phase Die Prä- Attachment- Phase verläuft von der Geburt an bis zum 2. bzw. 3. Monat. Das Neugeborene kommt mit angeborenen Fähigkeiten auf die Welt, d.h. es besitzt ein geringes Verhaltensrepertoire, welches dazu ausgelegt ist, Beziehungen zu anderen Menschen in der unmittelbaren Umgebung herzustellen. Das Kleinkind gibt Signale an die Menschen in der Umgebung, welche darauf reagieren. Das Kind reagiert im Gegenzug auf die Menschen, ohne sie zu unterscheiden. Die angeborenen Fähigkeiten sind auch Bestandteil der Entwicklungs-theorie von Piaget, mit dem Unterschied, dass Piaget sein Hauptaugenmerk auf die motorischen Fähigkeiten legt. So hat ein neugeborenes Kind ein Repertoire von Greif- und Schluckreflexen. Die Parallelität der beiden Theorien ist im Ziel und Motivation der Reflexe zu erkennen, nämlich dass die angeborenen Fähigkeiten allein dem Überleben des Neugeborenen dienen. Da das Kind nicht in der Lage ist, ohne Betreuung und Fürsorge zu überleben, muss es eine Bindung zu anderen Personen herstellen. So wie das Kind eine fürsorgliche Betreuung benötigt, so muss es die Fähigkeit haben, sich an der Brust der Mutter zu nähren. Eine weitere Parallelität besteht in dem frühzeitigen lernen des Kindes. Positive Resonanz motiviert das Kind dazu, seine Handlungen zu wiederholen. 6.2. Differenzierungsphase Die Differenzierungsphase findet von 2./3. Monat bis zum 6. Monat statt. Das Kleinkind verhält sich wie in der ersten Phase seines Lebens, d.h. es reagiert auf die Menschen in seiner Umgebung und sendet Signale aus. Der Unterschied zur ersten Phase besteht in der Differenzierung von vertrauten und nicht vertrauten Personen in der Umgebung. Das Kind separiert sein Verhaltensrepertoire. Piaget sieht in dieser Phase eine stärkere Hinwendung des Kindes zur Außenwelt. Damit einhergehend ist ein anfänglich intentionales Verhalten zu sehen. Diese ersten Anzeichen des intentionalen Verhaltens werden in der Ontogenese der 14 Bindung deutlich, da eine Differenzierung von Personen eine intentionale Differenzierung von Merkmalen einer Person bedeutet. 6.3. Kontaktaufnahme Die Phase der Kontaktaufnahme findet vom 6. Monat bis zum 3.Lebensjahr statt. In dieser Phase ist das Kind um die Aufrechterhaltung von Beziehungen zu einem kleinen Kreis von Personen bemüht. Das Kind sucht den Kontakt und die Nähe zu den Bezugspersonen. Fremde Personen werden dagegen abgelehnt, die Phase des „Fremdeln“ setzt ein. Die kognitive Entwicklung ist soweit fortgeschritten, dass das Kind um die Existenz der Personen und Gegenstände weiß, obwohl sie nicht von ihm gesehen werden. Diese kognitive Entwicklung findet sich auch bei Piaget wieder. Das intentionale Handeln wird weiter ausgebaut. Das Kind unterscheidet in dieser Phase nicht nur Personen, sondern hat ein inneres Bild von Gegenständen in seinem Kopf. Diese Tatsache macht es dem Kind möglich nach Gegenständen zu suchen. Des Weiteren kann es Handlungen nachahmen, d.h. wenn das Kind das Schlafen nachahmt, muss es eine innere Vorstellung vom Schlafen haben. 6.4. Interaktionsphase Die Interaktionsphase beginnt mit dem 3. Lebensjahr. Die Zielkorrigierte Partnerschaft löst die Zielorientierte Bindung ab. In den vorherigen Phasen der Bindung war es das Ziel des Kindes, eine Bindung aufzubauen und sie zu erhalten, um seine „angeborenen Ziele“ zu folgen. Diese „angeborenen Ziele“ waren die des Schutzsuchens um zu überleben. Die Zielkorrigierte Partnerschaft beinhaltet hingegen, dass das Kind die Wünsche der Bindungsperson versteht und auch akzeptieren kann. Damit beginnt eine Phase, die für die Sozialisation des Kindes einen Grundstein darstellt. Durch die Sprechentwicklung des Kindes lernt es, seine Wünsche verbal vorzubringen und durch Argumente seine Bezugsperson von seinen Zielen zu überzeugen. Die Realisierung der Wünsche und 15 Motive der Bezugspersonen beinhalten einen emotionalen Ausgleich zwischen den Wünschen und Interessen des Kindes und den Wünschen der Bezugsperson. Das Kind relativiert sich dadurch und versucht eine Balance zwischen sich und seiner Außenwelt herzustellen. Dieser Prozess ist insoweit wichtig, dass ein Misslingen dieser Ausgleichsversuche zu schwachen Bindungen führen kann. 7. Feinfühligkeit Der Begriff der Feinfühligkeit bezeichnet eine Verhaltensweise einer Bindungsperson die in unmittelbarer Nähe zu einem Kind steht. Diese Bindungsperson ist vornehmlich die Mutter, der Vater oder anderen Personen die dauerhaft und in unmittelbarer Nähe mit dem Kind interagiert. Der Begriff Feinfühligkeit beschreibt die Art und Weise, wie zwischen Kind und der Bindungsperson interagiert wird. Als Hilfestellung bei der Beschreibung der Feinfühligkeit könnte eine Skala dienen, die als jeweilige Endpunkte die Feinfühligkeit und die Nicht-Feinfühligkeit besitzt. In unmittelbaren Zusammenhang mit der Feinfühligkeit steht der im vorherigen Abschnitt behandelte Punkt der PräAttachment- Phase und der Differenzierungsphase. Das Neugeborene sendet Signale an die Bezugspersonen durch Schreien und Gestik und reagiert auf die Personen selbst. Die Feinfühligkeit beschreibt die Stärke, wie auch die Art und Weise, wie die Bindungsperson auf die Signale des Kindes reagiert. Wenn das Kind schreit, gibt es dafür verschiedene Gründe. Eine Mutter z.B. ist Feinfühlig, wenn sie den Grund des Schreien erkennt und so handelt, dass die Bedürfnisse des Kindes befriedigt werden. Sie reagiert auf das Kind und das Kind realisiert die gewonnene Aufmerksamkeit von der Mutter. Würde die Mutter gar nicht auf das Kind reagieren, so könnte man von einer NichtFeinfühligkeit sprechen. Handelt die Mutter aber in der Weise, dass sie die Signale ihres Kindes nicht richtig deutet, d.h. das Kind schreit weil es Hunger hat und die Mutter denkt ihm ist kalt, so reagiert die Mutter zwar auf das Kind, aber in einer falschen Weise. Aus diesem Handeln folgt natürlich dann auch eine Konsequenz für die Bindung zwischen Mutter und Kind. Werden die Signale von dem Kind stetig falsch wahrgenommen, so 16 folgt den Signalen des Kindes keine positive Resonanz und das Kind wird seine Handlungen nicht verstärken können. Dieses Phänomen ist z.B. in Waisenhäusern zu beobachten, wo die Kinder schreien, aber keine Bezugsperson darauf reagieren kann, da es zu viele Kinder gibt die schreien. Somit wird das Kind das schreien einstellen und somit kaum noch Signale an die Außenwelt geben. 8. Bindung als Sicherheit Wie im vorherigen Abschnitt behandelt wurde, ist die Feinfühligkeit der Mutter, bzw. anderer Bindungspersonen ausschlaggebend für die Entwicklung des Kindes. Diese Aussage muss in diesem Abschnitt bekräftigt werden, da eine wesentliche Konsequenz aus der Feinfühligkeit die stärke der Bindung an sich ist. Die Intensität der Bindung ist das Resultat der Feinfühligkeit. Die Uganda Studien haben die erste Klassifikation der Bindung hervorgebracht. 8.1. sicher gebundene Kinder Je nach dem wie stark die Feinfühligkeit der Mutter, bzw. einer anderen Bindungsperson war, ist auch die Bindung unterschiedlich stark ausgeprägt. Sicher gebundene Kinder sind sich der starken Bindung zu der Bindungsperson bewusst und müssen auch keine zusätzlichen Anstrengungen auf sich nehmen, um sich der Bindung rückfragend sicher zu sein. Die Bindung dient als Rückhalt, als „sicherer Hafen“. Diese Kinder sind dann auch mehr und besser in der Lage Explorationsversuche zu unternehmen. Sie erkunden ihr Umfeld mit der Gewissheit dass die Bindungsperson ihnen Schutz und Sicherheit gewährt. Die Feinfühligkeit der Mutter ist in diesem Fall hoch gewesen. 17 8.2. unsicher gebundene Kinder Bei den unsicher gebundenen Kindern ist diese gefühlte Sicherheit nicht gegeben. Sie orientieren sich stets nach ihren Bindungspersonen, um sich ihrer Sicherheit bewusst zu sein. Dadurch unternehmen diese Kinder auch weniger Explorationsversuche als sicher gebundene Kinder, da sie sich nicht weit von ihren Eltern entfernen. Die Feinfühligkeit ist in diesen Fall niedrig einzustufen. 8.3. noch nicht gebundene Kinder In der Prä- Attachment- Phase reagieren die Kinder auf jede Person in der gleichen Weise. Sie haben noch keine Differenzierung der Personen vorgenommen und somit sind sie noch nicht gebunden. 9. Funktion der Bindung für die Entwicklung des Kindes Die Untersuchungen von Mary Ainsworth hatten zum Ziel, die Auswirkungen von der Mutter- Kind- Bindung auf die Entwicklung des Kindes zu beschreiben. Als wichtigstes Ergebnis kann man zu erst einmal festhalten, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Mutter- Kind- Bindung und der Entwicklung des Kindes gibt. Die Entwicklung des Kindes teilt man in drei Bereiche, nämlich in die soziale Verhaltensweise, die psychische Stabilität und dem explorativen Verhalten. Die soziale Verhaltensweise ist eine schwer zu untersuchende Größe, da es eine langfristige Beobachtung eines Kindes erfordert, um verwendbare Daten zu erhalten. Der Ausweg kam mit einer Untersuchung mit dem Namen „Fremden-Situations-Test“, mit dem man die sozialen Verhaltens-weisen des Kindes im kontrollierten Raum beobachten konnte. Diese Testreihe wird in den späteren Abschnitten noch behandelt. Als Ergebnis der Unter-suchungen kann man aber festhalten, dass Kinder mit einer sicheren Bindung ein besseres soziales Verhalten zeigen, wie unsicher gebundene Kinder. Das liegt vor allem daran, dass die unsicher gebundenen Kinder sich an ihrer Mutter orientieren und ihre 18 Aufmerksamkeit auf sie richten. Fremde Personen werden als Bedrohung angesehen und so zeigen die Kinder ein ablehnendes Verhalten diesen Personen gegenüber. Der Grund für dieses Verhalten lässt sich in der Bindung zur Mutter finden. Die Bindung zwischen Kind und Mutter ist dadurch geprägt, dass das Kind sich der Bindung zur Mutter nicht sicher ist und es sich ständig rückversichern muss, ob die Bindung noch besteht, d.h. kontrollieren, ob die Mutter noch da ist und sie noch Sicherheit gewährt. Aufgrund der Tatsache, dass das Kind sich der Sicherheit durch seine Mutter nicht bewusst ist, reagiert das Kind verängstigt und verstört auf fremde Personen. Kinder mit einer sicheren Bindung zu ihrer Mutter reagieren im Gegensatz zu den unsicher gebundenen Kindern, ruhig auf fremde Personen. Die psychische Stabilität der Kinder wird durch das Selbstbewusstsein bestimmt. Hat das Kind eine sichere Bindung zu seiner Mutter, so bedeutet dies, dass die Mutter Feinfühlig ist und dem Kind Aufmerksamkeit schenkt und seine Bedürfnisse befriedigt. Diese Verhaltenweise der Mutter führt zu einem sicheren Selbstbewusstsein des Kindes. Das Selbstbewusstsein kann man unmittelbar auf die Pflege des Kindes zurückführen, da das Kind dadurch seinen Wert sieht, welchen es für die Mutter hat. Unsicher gebundene Kinder sehen diese Wertschätzung nicht und können dadurch ihren eigenen Wert nicht deutlich erfassen. Das explorative Verhalten der Kinder hängt, wie schon in den vorherigen Abschnitten schon behandelt, von der Bindung zu der Mutter ab. Das erkundende Verhalten stellt einen wichtigen Schritt zum sozialen Verhalten und der psychischen Stabilität dar. Ist nämlich ein Kind bereit und in der Lage seine Umwelt auf eigenen Füßen zu erkunden, dann ist dies ein wichtiger Lernschritt hin zur Sozialisation des Kindes. Es lernt alleine neue Personen und Gegenstände kennen. Dieser Lernerfolg stärkt die psychische Stabilität und hilft dem Kind mit anderen Personen zu interagieren. Mary Ainsworth schuf als Basis für eine gute und gesunde Entwicklung des Kindes den Begriff der „sicheren Basis“. Die „secure Base“ fasst die Feinfühligkeit der Mutter aus dem Blickwinkel des Kindes zusammen. Das die Entwicklung des Kindes, d.h. die Entwicklung des explorativen – und sozialen Verhaltens wie die Entwicklung der psychischen Stabilität dann sicher ist, wenn die Mutter eine sichere Basis für ihr Kind schaffen kann. Dadurch wird das Kind seiner Mutter vertrauen und sich seiner 19 Sicherheit bewusst sein. Der Begriff der „sicheren Basis“ ist aber nicht nur in der Bindungsforschung zu verwenden, sondern auch in der allgemeinen Psychologie. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Traumatisierung der Kinder in Südasien. Das Hauptproblem bei diesen Kindern ist, dass sie feststellen mussten, dass sie ihre Eltern nicht vor der Flut beschützen konnten, dass die Eltern nicht genügend Kraft besaßen um sie gegen die Wellen zu verteidigen. Dadurch fühlen die Kinder eine allgemeine Unsicherheit. 10. Das Konzept des inneren Arbeitsmodells Die Annahme der Bindungstheorie lautet, dass ein Kind gegen Ende des ersten Lebensjahres ein beachtliches Wissen über sich und seine direkte Umgebung gewonnen hat, und dass diese im Folgenden in Form innerer Arbeitsmodelle organisiert wird. Also was ist eigentlich das innere Arbeitsmodell? Bowlby (1976) beschreibt innere Arbeitsmodelle als individuelle, bewusste und Unbewusste mentale Repräsentation des Selbst und der Welt, mit deren Hilfe Geschehnisse wahrgenommen, die Zukunft antizipiert und Pläne konstruiert werden. Das Kind entwickelt aufgrund bindungsrelevanter Erlebnisse mit seinen Bezugspersonen, mentale Repräsentationen von Bindung, eine Art innere Landkarte über sich. Das Arbeitsmodell einer konkreten Eltern-Kind Beziehung entwickelt sich aus den Handlungen des Kindes, den Konsequenzen dieser Handlungen, sowie der Eltern-Kind Interaktion. Also ein Kind, das über beide Eltern verfügt und auch die Unterstützung von ihnen bekommt, ist von seinen Eltern zugänglich und hilfsbereit und voll wert von den unterstützt zu werden. Demnach entwickeln Kinder, deren Versuche, die Nähe der Bindungsperson zu erreichen, beständig Erfolg haben, andere Arbeitsmodelle als Kinder, deren Versuche zurückgewiesen werden oder unvorhersehbar akzeptiert werden. Wo die Annährung beständig abgeblockt oder unvorhersehbar erlaubt wird, wird eine aktive 20 Reorganisation, Restriktion und/oder Neuorientierung der Aufmerksamkeit, des Verhaltens und des emotionalen Ausdrucks erwartet. (vgl. Main in: Fremmer-Bombik, 1999) Die inneren Arbeitsmodelle enthalten sowohl kognitive als auch emotionale Komponenten und je nach dem, wie erfolgreich die kindlichen Versuche Nähe herzustellen verlaufen, entwickeln sich qualitativ unterschiedliche Modelle. Die grundlegende Funktion der internal working models ist Ereignisse in der Realität zu simulieren, um dadurch Verhalten vorausschauend und einsichtig zu planen und eine Orientierung in der Welt zu ermöglichen. (Bowlby, 2002) Also je adäquater die Antizipation, desto besser angepasst wird das Verhalten sein. Und Arbeitsmodelle hängen nicht nur von Ereignissen ab, die in Anwesenheit des Partners erlebt werden. Weil die Definition von Erlebnisrepräsentationen, Versuche und Konsequenzen Konsequenzen auf einschließt, Bemühungen umfasst des sie Kindes, notwendigerweise die Nähe zur auch die abwesenden Bindungsfigur herzustellen. Also kann sich das Arbeitsmodell einer Bindung auch in der Zeit verändern, in der ein Partner abwesend ist. (Main, 1985). Einmal ausgebildet, existieren Arbeitsmodelle außerhalb des Bewusstseins und neigen zu Stabilität (Bowlby, 1969). In der Kindheit können Bindungsmodelle wahrscheinlich nur durch andre konkrete Erfahrungen verändert werden. Ist die kognitive Stufe der formalen Operation erreicht, dann können früher entstandene Modelle über bestimmte Bindungen bewusst verändert werden, weil das Individuum dann in der Lage ist, über Gedanken nachzudenken, also aus dem Bindungssystem gedanklich herauszutreten und seine Funktionsweise quasi von außen zu betrachten (Piaget, 1972). Arbeitsmodelle werden immer noch nicht als festgelegte Eigenschaft betrachtet, sondern besser als strukturierte Prozesse, die dazu beitragen, Informationen zu begrenzen oder zu erhalten. Und das obwohl sie eine starke Neigung zur Stabilität haben. 21 Ist in den ersten beiden Lebensjahren das Wissen über Bindungsbeziehungen noch sensumotorisch/inaktiv kodiert, existieren ab dem 2. Lebensjahr bereits symbolisch begriffliche Kodierungen für Handlungen und Ereignisse. In der Bindungstheorie geht man davon aus, das Kinder bereits ab dem Alter von zwei bis drei Jahren mentale Repräsentationen ihrer Interaktionserfahrungen mit den wichtigen Bezugspersonen (in der Regel sind das die Eltern), als mehr oder weniger integrierte Modelle aufbauen, um auf dieser Grundlage Vorhersagen über das Verhalten an derer treffen zu können. (Gloger Tippelt, 1999) Im Erwachsenalt er lässt sich in der Art und Weise, wie sich Individuen an Ihre Bindungserfahrungen erinnern und über bindungsrelevante Themen sprechen, ihr Arbeitsmodell erkennen. Es lassen sich also Analogien des kindlichen Verhaltensmusters auf sprachlicher Ebene feststellen. Bowlby sprach in diesem Zusammenhang von ,,alten“ und ,,neuen“ Internahlen Arbeitsmodellen. 11. Mary Ainsworth und die Bindungsqualität: Mary Ainsworth, geb Salter, ist 1913 in Kanada geboren, sie wurde während ihres Psychologiestudiums stark von William Blatz und der von ihm vertretenen Sicherheitstheorie beeinflusst. Sie machte grundsätzlich die Thesen empirischen Untersuchung zugänglich und einer richtete ihre Aufmerksamkeit auf die individuellen Unterschiede in der Bindungs-organisation. 1939 wies sie in ihrer Dissertation hin, dass Kleinkinder erst Sicherheit und Vertrauen in ihre Eltern entwickeln müssen, bevor sie sich in unbekannte Situationen begeben, in denen sie gezwungen sind alleine zurechtzukommen. 1950 heiratete sie und zog mit Ihrem Mann nach England wo sie eine Anstellung in Bowlbys Forschungsgruppe fand, dieser Kontakt zu Bowlby wird unterbrochen wegen Ihrer Teilnahme an einem Forschungsprojekt in Uganda. Über neun Monate besuchte sie Mutter-Kind-Paare alle zwei Wochen und beobachtete die Interaktion unter 22 natürlichen Bedingungen, um etwas über die Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung im ersten Lebensjahr zu erfahren. In den 60 Jahren hat sie wieder Kontakt mit Bowlby aufgenommen und haben sich in ihrer arbeit gegenseitig bereichert. Von den Ergebnissen der Uganda-Studie waren insbesondere die entwickelten Skalen zur Messung mütterlicher Feinfühligkeit und die erste Klassifizierung in sicher, unsicher und noch nicht gebundene Kinder für die weitere Entwicklung der Bindungstheorie bedeutsam. Direkt nach der erneuten Zusammenarbeit mit Bowlby begann Ainsworth die Baltimore-Studie. 27 Eltern-Kind-Paare wurden über ein Jahr regelmäßig zuhause in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet, für diversen Verhaltensweisen. Gleichzeitig konnte Ainsworth die formen der Klassifizierung kindlichen und mütterlichen Verhaltens verbessern und komplexe Verhaltensmuster differenzieren. Eine wesentliche Ergänzung erfuhren die Beobachtungen durch eine von Ainsworth und Wittig 1969 entwickelte halbstandardisierte Laborbeobachtungsmethode: 12. Die Fremde Situation (Strange-Situation-Test): Diese Methode wurde ursprünglich entwickelt, um das Erkundungsverhalten von Kindern im Alter von 12-24 Monaten unter verschiedenen (Belastungs-) Bedingungen (An- und Abwesenheit der Mutter, Anwesenheit einer Fremden) zu analysieren. Man ging davon aus dass sich das Zusammenspiel von Bindungs- und Erkundungsverhalten in einer nicht-vertrauten Umgebung erfolgreicher untersuchen lässt. Das Kind kommt hier i ein standardisiertes räumliches Arrangement und wird in einzelnen Versuchsabschnitten mit zunehmendem Stress konfrontiert. Dazu führen die fremde Umgebung, die Interaktion mit einer fremden Erwachsenen, die Trennung von der Mutter und das Alleingelassenwerden. 23 13. Ablauf der Laborbeobachtung Beobachtung sozialer Gehemmtheit (nach Asendorpf, 1989) Mutter und Kind sind zusammen im Labor. Fremde Versuchsleiterin betritt den Raum. Wie reagiert das Kund auf fremde Person? Modifizierter Fremde-Situations-Test (Version von Cassidy & Marvin, 1988) Mutter verlässt für 20 Minuten den Raum. Während dieser Zeit bleibt das Kind mit einer fremden Versuchsleiterin allein. Wiedervereinigung: Wenn die Mutter zurückkommt, wird das Verhalten des Kindes für 3 Minuten beobachtet. Diese Abbildung zeigt die räumliche Anordnung der Fremde Situation: 24 Tab.1: Ablauf des Strange-Situation-Tests (nach Schmidt-Denter, 1996) Mary Ainsworth war besonders fasziniert von der unerwarteten Verhaltensvielfalt der Kinder in den Wiedervereinigungssituationen. Das unterschiedliche Verhalten der Kinder konnte nach Auswertung der Hausbeobachtungen mit deren Ergebnissen in Übereinstimmung gebracht werden. Seither gilt die Fremde Situation als bevorzugte Methode zur Erfassung der Bindungsqualität bei Kindern Zwischen 12 und 24 Monaten. Das Kindliche Ausdrucks- und Verhaltensmuster in dieser Situation reflektiert, wie seine Gefühle und sein Verhalten organisiert sind. Man kann Die Erwartungen des Kindes an die Bindungsperson als Sicherheitsbasis gut beobachten. Darauf baut das berühmte Klassifikationssystem auf, welches die Unterscheidung eines sicheren und zweier unsicherer Bindungsmuster ermöglicht: • Sicher gebundene Kinder (B-Gruppe) • Unsicher-vermeidend gebundene Kinder (A-Gruppe) • Unsicher-ambivalent gebundene Kinder (C-Gruppe) 25 13.1. Sicher gebundene Kinder: Die Kinder zeigen während des ganzen Ablaufs ein positives Verhalten gegenüber der Mutter. Während ihrer Anwesenheit fühlen sie sich sicher und explorieren mutig die Umgebung. In Abwesenheit der Mutter sind sie in der Lage ihre emotionale Betroffenheit offen auszudrücken. Bei ihrer Rückkehr zeigen sie großes Interesse, begrüßen sie freudig und entspannen sich in ihren Armen schnell, wenn sie zuvor geweint haben. Sie können daraufhin ihre Erkundungen fortsetzen. Das sicher gebundene Kind hat in diesem Fall die so genannte sichere Basis ( Secure Base), und die ihr ermöglicht, mutig sein Umfeld zu explorieren, und bei ihrer Abwesenheit kann es auf die Rückkehr vertrauen. Diese Kinder entwickeln ein Gefühl der Selbstbestimmung, weil sowohl ihre Bindungswünsche verstanden als auch Erkundungen unterstützt werden. Und in diesem Fall arbeitet das innere Arbeitsmodell eine große Rolle, denn Im Ganzen gelingt es sicher Gebundenen negative Gefühle, wie z.B. bei einer kurzfristigen Trennung, mit Hilfe ihres inneren Arbeitsmodells in eine insgesamt positive gefühlsmäßige Erwartung über einen guten Ausgang der Situation zu integrieren, sprich es wird ein Bindungsverhalten ausgelöst, das die Beendigung des Leids verspricht (Fremmer-Bombik,2002). Die Untersuchungen von Ainsworth wiesen außerdem nach, dass sicher gebundene Kinder ausgeglichener sind, seltener weinen, ein gutes Verhältnis zwischen selbständigem Spiel und Kontakt mit der Mutter zeigen, weniger aggressiv und ängstlich sind und bereitwilliger auf Ge- und Verbote reagieren. Sie konnte auch durch Auswertung der Daten aus den Hausbesuchen nachweisen, dass eine sichere Bindung der Kinder einhergeht mit einem Elternverhalten, dass geprägt ist von Feinfühligkeit bei der Reaktion auf die Signale des Kindes, Verfügbarkeit und bereitwilligem Eingehen auf das Kind, wenn es Schutz, Trotz oder Hilfe sucht. 26 Zusammenfassung: Eigenschaften der sicher gebundenen Kinder: 1. Offener Ausdruck emotionaler Betroffenheit 2. Nähe oder Kommunikation mit Bezugsperson suchen 3. Rasche Beruhigung. 13.2. Unsicher-vermeidend gebundene Kinder: Diese Kinder zeigen insgesamt ein Kontaktvermeidendes Verhalten gegenüber der Mutter. Besonders deutlich wird dies bei der Wiedervereinigung, wo sie sich häufig von ihr wegdrehen oder wegschauen. Doch auch in den Spielphasen beobachtet man kaum Mutter-Kind-Interaktion oder eine vom Kind ausgehende Kontaktaufnahme. Während der Trennungsphase zeigen die A-Kinder nach außen hin den geringsten Kummer. Diese Kinder konnten kein Vertrauen in die Unterstützung durch ihre Mutter entwickeln und scheinen von ihr eher Zurückweisung zu erwarten. Sie erleben, dass sie mit ihren Gefühlen von Kummer oder Ärger keinen Platz in der Beziehung haben. So versuchen sie Situationen oder Aufgaben, mit denen sie konfrontiert werden, ohne Unterstützung anderer zu bewältigen und zeigen ihre Verunsicherung möglicht nicht. Also der Ärger, der sich in diesen Kindern anstaut, aber in Trennungssituationen nicht gezeigt wird, bricht jedoch zuweilen unvermittelt in der sicheren häuslichen Umgebung aus. Da keine positive Erwartungshaltung aufgebaut wurde, können negative Gefühle nicht auf ein positives Ziel hin integriert werden. Die A-Kinder haben eine vermeidende Verhaltensstrategie entwickelt, die das Risiko erneuter Zurückweisung und damit erneuter Verletzung der kindlichen Gefühle minimiert, und das ist Folge dazu, dass ihre Eltern beim Versorgen der Kinder häufig ungeduldig, ärgerlich oder grob sind. 27 Zusammenfassung: Eigenschaften der Unsicher-Vermeidend gebundenen Kinder: 1. Eingeschränkter Emotionsausdruck 2. Nähe vermeiden 3. Höchste Explorationsneigung 13.3. Unsicher-ambivalent gebundene Kinder: Diese Art von Kindern kleben von Anfang an an ihrer Mutter und sind kaum zur Exploration der Umgebung und des vorhandenen Spielzeugs in der Lage. Während der Trennung geben sie ihrem Kummer lautstark Ausdruck. Bei der Rückkehr der Mutter zeigen sie allerdings Ein äußert ambivalentes Verhalten, d.h. sie suchen zwar die Nähe und den Kontakt zur Mutter, jedoch begleitet von wütendem oder widerstrebendem Verhalten. Diese Art von Kinder sind ganz schwer zu beruhigen und die Stimmung die herrscht ist insgesamt unzufrieden und quengelig. Laut Bowlby, Diese Kinder sind gezeichnet von der Unsicherheit über die Verfügbarkeit ihrer Mutter, daher neigen sie zu Trennungsangst, Anklammern und Ängstlichkeit bei der Erkundung der Umwelt. Also Kinder, die ihre Bindungsperson als gelegentlich zugewandt, gelegentlich zurückweisend, ignorierend oder feindselig erleben und daher die Erfahrung unvorhersehbarer elterlicher Verhaltensweisen machen, deren Bindungs-personen sich also in Belastungssituationen in einer für das Kind wechsel-haften und wenig nachvollziehbaren Weise verhalten, entwickeln für gewöhnlich eine unsicherambivalente oder kontrollierende Bindung. In diesem Fall ist die Bindungsfigur für das Kind und seine Bedürfnisse in manchen Situationen zugänglich, in anderen jedoch nicht. Hier werden die eigenen Launen und 28 Stimmungen über die Bedürfnisse des Babys gestellt. Oft sind diese Mütter mit anderen aufgaben beschäftigt und widmen sich dem Kind nur gelegentlich. Anderseits kommt es vor, dass sie die Neugierimpulse ihres Kinde nicht tolerieren, es bei Autonomiestrebungen entmutigen und immer wieder in sein freies Spiel eingreifen. Ein häufig festgestelltes Muster ist auch die Drohung das Kind zu verlassen, wenn es Beispielweise nicht gehorsam ist. Zusammenfassung: Eigenschaften der unsicher-ambivalent gebundenen Kinder: 1. Starke emotionale Betroffenheit 2. Mischung aus Nähe suchen und ärgerlichem Kontaktvermeiden 3. Passiv bei Suche nach Mutter 4. Keine oder wenig Exploration 5. Keine oder kaum Beruhigung bei Wiedervereinigung Die Untersuchung der Kinder hat ergeben dass ca. 50-50% sicher gebunden sind, 3040% unsicher-vermeidend und 10-20% unsicher-ambivalent. Dabei kann ein Kind an unterschiedliche Bindungspersonen auch unterschiedlich gebunden sein, d.h. zum Beispiel eine sichere Bindung an den Vater und eine unsicher-ambivalente Bindung zur Mutter haben. Für jede der Bindungssrategien A, B, C existieren noch Untergruppen, um auch noch feinere Differenzen erfassen zu können. A1, A2, B1, B2, B3, B4, C1, C2. Dies entspricht in einer Idealtypychen Modellvorstellung einer Rangreihe, in der von A1 nach C2 das Bindungsverhalten zu und das Explorationsverhalten abnimmt. 29 Literaturverzeichnis Asendorpf Jens und Banse Rainer, Psychologie der Beziehung, Verlag Hans Huber Bern, 2000 Bierhoff Hans W. und Grau Ina, Romantische Beziehungen, Bindung, Liebe, Partnerschaft, Verlag Hans Huber Bern, 1999 Endres Manfred und Hauser Susanne (Hrsg.) Bindungstheorie in der Psychotherapie, Ernst Reinhard Verlag München, 2000 Gloger-Tippelt Gabriele (Hrsg.) Bindung im Erwachsenenalter, Ein Handbuch für Forschung und Praxis, Verlag Hans Huber Bern, 2001 Spangler Gottfried und Zimmermann Peter(Hrsg.) Die Bindungstheorie, Grundlagen, Forschung und Anwendung, Klett-Cotta Stuttgart 1999 Ainsworth Mary, Patterns of Attachment Hrsg. Lawrence Erlbaum, 1978 Bowlby John, Frühe Bindung und kindliche Entwicklung, Hrsg. Ernst Heinrich Verlag München Basel, 2001 Diplomarbeit: Bindungssicherheit und Elterlicher Erziehungsstil bei Scheidungskindern und Kindern aus Vollfamilien, Simone Kirst. 2004 30