EDV-Verträge 1
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EDV-Verträge 1
Innominatverträge, Herbstsemester 2010 VII. Der EDV-Vertrag 1 Dr. Lucius Huber Dr. Lucius Huber, HS 2010 1 1. Begriff (1) «Der Lieferant verpflichtet sich gegen Entgelt, der Kundin Hard- und/oder Software (EDV-System) zum Gebrauch zu überlassen, zu übereignen oder herzustellen und/oder weitere Dienstleistungen im Informatikbereich zu erbringen.» Dr. Lucius Huber, HS 2010 2 1. Begriff (2) Den EDV-(IT-, Computer-) Vertrag schlechthin gibt es nicht! Charakteristisch für den IT-Vertrag ist, dass Produkte bzw. Dienstleistungen selten isoliert geliefert oder erbracht werden, sondern meist in Kombination. Dr. Lucius Huber, HS 2010 3 2. Ausgestaltung von EDV-Verträgen 2.1 Beschaffung von Hardware Hardware umfasst vereinfacht gesagt alles, was angefasst werden kann (Rechner, Bildschirm, Maus etc.). Hardware wird zu Eigentum beschafft oder zu blossem Gebrauch. Neuer ist das Leasing von Hardware. Dr. Lucius Huber, HS 2010 4 2.2 Beschaffung von Software Software sind Computerprogramme, d.h. Anweisungen, welche die Hardware zur Ausführung von Aktionen veranlasst. Mit ihnen wird der Computer betrieben. Dr. Lucius Huber, HS 2010 5 Standardsoftware (werden ab Stange beschafft) wird im routinemässig gestalteten Massengeschäft erworben. Individualsoftware wird individuell nach den Bedürfnissen des Kunden erstellt oder angepasst. Sie wird meist im Rahmen eines kundenspezifischen Projekts erworben. Dr. Lucius Huber, HS 2010 6 Customising ist die Anpassung von Standardsoftware an kundenspezifische Bedürfnisse. Der Umfang kann stark variieren. Wenn nur geringfügige Anpassungen erfolgen, so kann von Beschaffung von Standardsoftware gesprochen werden. Bei grösseren Anpassungen handelt es sich eher um Individualsoftware. Dr. Lucius Huber, HS 2010 7 2.3 Wartung und Pflege Hardware wird gewartet. Darunter fallen Massnahmen der Instandsetzung, als auch der Instandhaltung. Es existiert eine Vielzahl weiterer Leistungen. Dr. Lucius Huber, HS 2010 8 Software wird gepflegt, damit soll ihre Funktionsfähigkeit sichergestellt werden. Standardsoftware: bei ihr erfolgt die Fehlerbehebung in Form von Updates. Individualsoftware: Programmerweiterungen bilden Gegenstand eines gesonderten Projektvertrages. Dr. Lucius Huber, HS 2010 9 2.4 IT-Consulting Der IT-Consultingvertrag ist ein Dienstleistungsvertrag, d.h. charakteristisches Merkmal ist eine Arbeitsleistung einer Partei zum Vorteil einer anderen Partei. Mitumfasst sind auch Beratungstätigkeiten und weitere Leistungen wie beispielsweise Schulungen. Dr. Lucius Huber, HS 2010 10 2.5 Beschaffung von Gesamtsystemen Ein Gesamtsystem besteht aus einer Vielzahl von Teilprodukten und Teilleistungen. Es umfasst sowohl die Lieferung von Hardware und Software sowie auch die Erbringung weiterer Leistungen (Wartung, Pflege, Beratung etc.). Dr. Lucius Huber, HS 2010 11 Lieferung eines integrierten Systems: Es werden überwiegend Standardprodukte eingesetzt. Der Lieferant tritt nicht als Generalunternehmer auf, Integrationsrisiko liegt beim Kunden. Dr. Lucius Huber, HS 2010 12 Systemintegration: Das Gesamtsystem wird auf die spezifischen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten. Entwicklung von Individualsoftware. Teilprodukte und Teilleistungen dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern stellen eine einheitliche Gesamtleistung dar. Dr. Lucius Huber, HS 2010 13 2.6 IT-Outsourcing IT-bezogene Aufgaben und/oder die zugehörige Infrastruktur werden ganz oder partiell an externe Leistungserbringer übertragen und nicht oder bloss teilweise vom Unternehmen selbst erbracht. Dr. Lucius Huber, HS 2010 14 Merkmale Outsourcing Merkmale: Outsourcing ist auf längere Dauer ausgelegt. Abhängigkeit zwischen Kunde und Lieferant. Vertrauenskomponente. Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien. Dr. Lucius Huber, HS 2010 15 2.7 Application Service Providing (ASP) Anbieten von Online Anwendungen oder Online Diensten. Die Anwendungen werden dem Kunden durch den Lieferanten über das Internet oder über ein anderes Netzwerk zur Verfügung gestellt. Der Kunde entrichtet dafür eine gebrauchsabhängige Gebühr. Dr. Lucius Huber, HS 2010 16 Beschaffungsverträge Erstellungsphase Dienstleistungsverträge Beschaffung von Hardware Beschaffung von Standardsoftware Beschaffung von Individualsoftware IT-Consulting Betriebsphase Beschaffung von Gesamtsystemen IT-Outsourcing ASP Hardwarewartung Dr. Lucius Huber, HS 2010 17 Softwarepflege 3. Anwendbare Vertragstypen 3.1 Nominatkontrakte Kaufvertrag Mietvertrag Werkvertrag Auftrag Arbeitsvertrag Gesellschaftsvertrag Dr. Lucius Huber, HS 2010 18 3.2 Innominatkontrakte Leasingvertrag Lizenzvertrag (EDV-Vertrag) Dr. Lucius Huber, HS 2010 19 4. Einordnung der IT-Verträge 4.1 Kriterien Stehen die Leistungen im Austauschverhältnis oder zielen sie auf gemeinsame Zweckerreichung ab? Sach- oder Dienstleistung? Eigentum an der Sache oder blosser Gebrauch? Lieferung ab Stange oder individuell? Dienstleistung selbständig oder in Subordination? Erfolg oder sorgfältiges Tätigwerden geschuldet? Dr. Lucius Huber, HS 2010 20 4.2 Zuordnung im Einzelnen Beschaffung von Hardware: Elemente des Kaufs, der Miete und des Leasing. Beschaffung von Standardsoftware: Elemente des Kaufs, (Miete) und des Lizenzvertrages. Dr. Lucius Huber, HS 2010 21 Beschaffung von Individualsoftware: Elemente des Werkvertrages, (Gesellschaftsvertrages) und des Lizenzvertrages. Wartung/Pflege: Elemente des Werkvertrages, des Auftrages, des (Lizenzvertrages). Dr. Lucius Huber, HS 2010 22 IT-Consulting: Elemente des Werkvertrages, des Auftrages und des Arbeitsvertrages. Beschaffung von Gesamtsystemen: Elemente des Kaufes, des Werkvertrages, des Auftrages und des Lizenzvertrages. Dr. Lucius Huber, HS 2010 23 IT-Outsourcing: Elemente des Kaufes, der Miete, des Werkvertrages, (Auftrag, Arbeitsvertrag, Gesellschaft) und des Lizenzvertrages. ASP: Elemente der Miete, des Werkvertrages, des Auftrages und des Lizenzvertrags. Dr. Lucius Huber, HS 2010 24 5. Vertragsabschluss 5.1 Vertragsparteien I.d.R. Zweiparteienverhältnisse. Bei den Beschaffungsverträgen sind aber oft mehr als zwei Parteien involviert. 5.2 Form Grundsätzlich formfrei. Ausnahme: Leasing von Konsumgütern, Personalverleih = Schriftlichkeit. Empfehlung der Schriftform. Dr. Lucius Huber, HS 2010 25 5.3 Normative Wirkung der Dokumente Vertragsbestandteile = normative Wirkung Vertragsgrundlagen = informative Wirkung 5.4 Vertragsmodelle Individualvertrag mit Beilagen Individualvertrag mit AGB Rahmenvertrag mit Anhängen AGB mit Bestellschein Dr. Lucius Huber, HS 2010 26 Individualvertrag mit Beilagen: Alle Rechte und Pflichten im Individualvertrag geregelt. Dazu treten Beilagen mit technischen Angaben. Individualvertrag mit AGB: Individualvertrag wird unter Einschluss allgemeiner Geschäftsbedingungen abgeschlossen. Dr. Lucius Huber, HS 2010 27 Rahmenvertrag mit Anhängen: Zunächst wird Rahmenvereinbarung ausgehandelt, die Leistungen der Parteien werden in gesonderten Anhängen vereinbart. Bei Gesamtsystemverträgen haben die Anhänge oft den Charakter von Einzelverträgen. AGB mit Bestellschein: AGB des Lieferanten, im Bestellschein wird der Leistungsgegenstand individualisiert. Dr. Lucius Huber, HS 2010 28 5.5 Rangfolge der Dokumente Vorrang der individuellen Regelung Vorrang der spezielleren bzw. detailliert-eren Regelung Vorrang der späteren Regelung Dr. Lucius Huber, HS 2010 29 6. Pflichten des Lieferanten 6.1 Allgemeines Wichtig ist genaue Leistungsumschreibung. Je nach Projektphase ändert sich die Form der Leistungsumschreibung. Pflichtenheft = Verantwortung des Kunden Fachliche Anwendungsspezifikation = Lieferant und Kunde Rein technische Dokumente = Lieferant Dr. Lucius Huber, HS 2010 30 6.2 Hauptleistung Individualsoftware: Erstellung und Ablieferung einer auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenen Software. Wartung und Pflege: Instandsetzung, Instandhaltung, neue Programmstände liefern, Supportleistungen. Dr. Lucius Huber, HS 2010 31 Gesamtsystem: Beschaffung von Hardware, Beschaffung von Software, Beratungsleistungen und Hardwarewartung und Softwarepflege. IT-Outsourcing: 3 Formen. Übernahme der IT-Infrastruktur, Übertragung von Sachmitteln, Übertragung von Arbeitsverhältnissen. Dr. Lucius Huber, HS 2010 32 ASP: Zentrales Element ist die Überlassung von Software über ein Netzwerk. Dr. Lucius Huber, HS 2010 33 6.3 Nebenleistungen Hauptleistung oft mit Zusatzleistungen verbunden, welche die Nutzung der Sache erst ermöglichen. Wichtig: Im Vertrag regeln, ob Nebenleistung im Vertrag eingeschlossen oder gesonderte Vergütung dafür zu entrichten. Dr. Lucius Huber, HS 2010 34 6.4 Nebenpflichten Selbständige Nebenpflichten verschaffen Erfüllungsanspruch, unselbständige Neben-pflichten verschaffen Anspruch auf Schadenersatz. Dr. Lucius Huber, HS 2010 35 6.5 Erfüllungsperson Allgemeine Regel: Schuldner ist nur zur persönlichen Erfüllung verpflichtet, wenn es auf seine Persönlichkeit ankommt. Ausnahmen: Arbeitnehmer (persönlich), Werkvertrag (persönlich oder unter persönlicher Leitung), Auftrag Dr. Lucius Huber, HS 2010 36 6.6 Erfüllungsort Warum wichtig? Weil vertragsgemässe Erfüllung nur am Leistungsort möglich. Übergang von Nutzen und Gefahr. Transportkosten. Gerichtsstand. Allgemeine Grundsätze (Bring- oder Holschuld) und vertragliche Regelung. Dr. Lucius Huber, HS 2010 37 6.7 Erfüllungszeit Termine und Erfüllungszeitpunkte haben zentrale Bedeutung. Gesetzliche oder vertragliche Regelung. 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