Aktueller Zwischenbericht über das Projekt

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Aktueller Zwischenbericht über das Projekt
2. Zwischenbericht 2015 für das Projekt
„Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus)
durch großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU
Naturerbeflächen“
Inhaltsverzeichnis
Seite
1 Allgemeine Angaben ............................................................................................................. 3
2 Bericht .................................................................................................................................... 4
2.1 Bearbeitete Themenschwerpunkte............................................................................... 4
2.1.1 GSM-GPS-Telemetrie Rotwild................................................................................ 4
2.1.1.1 Sendertechnik .................................................................................................. 4
2.1.1.2 Fang und Bearbeitung von Rotwild ................................................................ 5
2.1.1.3 Ergebnisse Rotwildtelemetrie ......................................................................... 9
2.1.2 Telemetrie Weidetiere............................................................................................ 14
2.1.2.1 Fang und Bearbeitung der Weidetiere........................................................... 14
2.1.2.2 Ergebnisse Weidetiertelemetrie..................................................................... 14
2.1.3 Losungskartierung zur räumlichen Verteilung des Rotwildes............................... 16
2.1.3.1 Ergebnisse der Losungskartierung ................................................................ 17
2.1.4 Ethökologische Feldstudie..................................................................................... 20
2.1.5 Fotofallenmonitoring ............................................................................................. 20
2.1.6 Vegetationskartierung............................................................................................ 24
2.1.7 Pilotstudie zur Wildbestandserfassung mittels Drohenbefliegung ........................ 26
2.1.8 Sonstiges ................................................................................................................ 28
2.1.8.1 Wolfsvorkommen in den Untersuchungsgebieten ........................................ 28
2.1.8.2 Exkursionen und Besichtigung anderer Beweidungsprojekte....................... 31
2.1.9 Literaturrecherche Barrierewirkung von Zaunanlagen.......................................... 33
2.1.10 Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit .............................................................. 33
2.1.10.1 Bisher erschienene Veröffentlichungen des Projektes ................................ 33
2.1.10.2 Öffentlichkeitsarbeit des Projektes.............................................................. 35
2
1. Allgemeine Angaben
Thema der Auftragsforschung:
Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus) durch großräumige
Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU Naturerbeflächen
Auftragnehmer:
1
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Fachbereich Wald und Umwelt
Fachgebiet Wildbiologie, Wildtiermanagement und Jagdbetriebskunde (FWWJ)
Alfred-Möller-Straße 1 (Haus 11)
16225 Eberswalde
2
Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
Pützchens Chaussee
228 53229 Bonn
Projektleitung:
Prof. Dr. Siegfried Rieger1 ([email protected]; Tel.: 03334-657 188)
Dr. Michael Petrak2 ([email protected]; Tel.: 0228-97755 120)
Projektbearbeitung:
Frank-Uwe F. Michler1 ([email protected]; Tel.: 03334-657 280)
Benjamin Gillich1 ([email protected]; Tel.: 03334-657 184)
Berichtszeitraum: November 2014 bis Oktober 2015
Förderzeitraum: Januar 2014 bis Dezember 2017
Abb. 1: Aufsuchen sendermarkierter Tiere mittels terrestrischer Telemetrie in der Oranienbaumer Heide (links),
immobilisiertes Schmaltier ID2 mit Ohrmarken und GSM-GPS-Halsbandsender in der Glücksburger Heide.
Fotos: B. Gillich (l), F. Michler (r)
3
2. Bericht
Die Freilandarbeiten fanden zu etwa gleichen Teilen auf den drei DBU Naturerbeflächen
Ueckermünder Heide (Mecklenburg-Vorpommern), Glücksburger Heide und Oranienbaumer
Heide (beide Sachsen-Anhalt) statt (Abb. 2).
Abb. 2: Lage aller DBU Naturerbeflächen (rote Punkte, Stand 2014). Die drei Untersuchungsflächen sind
namentlich gekennzeichnet und haben eine Größe von 2.100 bis 2.600 ha (links). Besonders die Glücksburger
Heide ist durch ehemaligen militärischen Übungsbetrieb stark kampfmittelbelastet (Mitte). Charakteristisch für
alle drei Naturerbeflächen sind strukturreiche Offenlandbiotope. Großflächige Calluna-Heiden prägen vor allem
das Landschaftsbild in der Glücksburger Heide und Oranienbaumer Heide (rechts). Karte: DBU, Fotos: F.
Michler
2.1 Bearbeitete Themenschwerpunkte
2.1.1 GSM-GPS-Telemetrie Rotwild
2.1.1.1 Sendertechnik
Bis dato wurden 29 GPS-Plus-Halsbandsender (8 Hirsch-, 15 Alttier-, 6 Kalbsender) der
Firma Vectronic Aerospace GmbH angeschafft (Abb. 3). Die Sender sind mit folgenden
Komponenten ausgestattet:
•
GSM-Modul (Datenübermittlung via SMS oder GPRS (8 Ortungen pro Übermittlung)
•
Aktivitätssensoren, Temperatursensoren, Proximity-Sensoren
•
Mortalitäts-Logger
•
VHF-Sender
•
UHF-Kommunikation
•
3 bis 4 D-Batterien (bei den Kalbsendern mit DropOff-System)
4
Abb. 3: Auswahl der GSM-GPS-Senderhalsbänder, die für die Besenderung des Rotwildes bisher angeschafft
wurden. Fotos: F. Michler
2.1.1.2 Fang und Bearbeitung von Rotwild
Der Fang des Rotwildes erfolgte mit Hilfe von zwei unterschiedlichen Methoden – der Distanzimmobilisation während der Brunft und dem Netzfang in den Wintermonaten.
Distanzimmobilisation
Für die Distanzimmobilisation stehen dem FWWJ drei Narkosewaffen der Firma DanInject zu
Verfügung. Während der Brunft wurde gezielt an Suhlen und auf einzelnen Kanzeln angesessen bzw. auf der Pirsch versucht, sich dem Rotwild auf max. 20 bis 25 m anzunähern. Um ein
schnelles Auffinden der beschossenen Stücke zu gewährleisten werden Senderpfeile der Firma Dist-Inject eingesetzt (Abb. 4). Alle Kaltgaswaffen sind mit einer Laufkamera (Contour
Roam2®) ausgestattet, so dass die Treffpunktlage der Senderspritzen und die Anflutung der
Narkotika im Nachhinein detailliert ausgewertet werden können.
Abb. 4: Ansitz für die Distanzimmobilisation in einem verblendeten Erdsitz an einer Suhle (links). Zum
schnellen Auffinden der beschossenen Stücke kommen UHF-Senderpfeile (DistInject®) und eine Empfangsanlage der Firma Wagener, Köln zur Anwendung (rechts). Fotos: F. Michler
5
Netzfang
Der Fang von Rotwild erfolgte in den Wintermonaten an geeigneten Fangplätzen mit speziellen Fallnetzen. Hierfür wurde das Rotwild mittels Lockfütterungen unter großflächige Netze
gelockt, um es tierschonend fangen und immobilisieren zu können. Bei den Fallnetzen handelt
es sich um speziell angefertigte Fischernetze mit einer Grundfläche von knapp 500 m² (23 x
23 m, Maschengröße 10 x 10 cm, Garnstärke 4 mm). Der Netzaufbau konnte aufgrund der
z.T. noch ausstehenden behördlichen Genehmigungen erst im späten Herbst oder frühen Winter erfolgen. Dabei war es wichtig, dass die Netzfangplätze eben und von Holz und anderen
Gegenständen an denen sich die Tiere verletzen könnten bereinigt wurden (Abb. 5). Die Netze
wurden jeweils an drei Ecken mit Halteseilen an Bäumen in ca. sechs Meter Höhe befestigt.
An der Stirnseite wurde das Spannseil befestigt, welches über eine Umlenkrolle an einem
Dreibein zum Spannbaum geführt wurde. Direkt neben dem Spannbaum stand eine geschlossene Kanzel, von der aus das Netz manuell ausgelöst werden konnte. Die Kanzeln befanden
sich in 80 bis 160 Meter Entfernung zum Netz. Über Umlenkrollen konnten die Netze auf eine Höhe von ca. drei Meter gebracht werden. Als Lockmittel wurden Zuckerrüben eingesetzt.
Alle Netzfangplätze wurden permanent mittels automatischer Wildkameras (Schwarzblitzkameras: 940 nm) überwacht. Dabei wurden im Laufe der Fangsaison zwei Kameras gestohlen.
Abb. 5: Ein gewissenhafter Netzaufbau und die permanente Netzpflege nehmen viel Zeit in Anspruch - sind aber
das Fundament für den erfolgreichen Einsatz dieser Fanganlagen. Fotos: F. Michler
6
Für den Aufbau eines Netzes wurden in der Regel zwei Tage benötigt. Sehr aufwändig war
die vorherige Präparation der Netzfangplätze (Mähen, Mulchen, von Stümpfen und Ästen
beräumen, Kanzeln errichten etc.). Hier haben die Mitarbeiter des Bundesforst intensiv mitgearbeitet. Auch die permanente Pflege der Netzfangplätze (Netze nachspannen, Unterhalten der
Lockfütterungen) erfolgte hauptsächlich durch die Mitarbeiter des Bundesforst. Auch hier war
eine sehr gute und zuverlässige Zusammenarbeit zu verzeichnen. Insgesamt waren in der
letzten Fangsaison vier solcher Fanganlagen im Einsatz.
In einer Fangnacht wurde die Kanzel am Netz permanent besetzt, und die Fangfläche mittels
eines Nachtsichtgerätes (Swarovski NC 2) überwacht. Die manuelle Auslösung erfolgte, wenn
ein oder mehrere Tiere zentral unter dem Netz standen und sich entspannt verhielten. Wurde
das Netz ausgelöst, verwickelten sich die Tiere innerhalb weniger Augenblicke im Netz und
waren bewegungsunfähig. Anschließend wurden die Tiere für die weitere Bearbeitung und
das Anlegen der GPS-Senderhalsbänder mittels Handspritze oder eines zwei Meter langen
Impfstabes (DanInject®) immobilisiert.
Abb. 6: Netzfangplätze in den Untersuchungsgebieten Ueckermünder Heide und Glücksburger Heide. Die Fallnetze decken eine Fläche von knapp 500 m² ab. Links oben ist die Fanganlage am Kirchacker in der Ueckermünder Heide zu sehen. Rechts oben ein Drohnenbild (aufgenommen aus 100 m Höhe) der Netzfanganlage in
der Glücksburger Heide. Die Kanzeln, aus der die manuelle Auslösung der Netze erfolgte, befanden sich 80 m
(links unten) bzw. 150 m (rechts unten) vom Netz entfernt. Fotos: F. Michler & B. Gillich
7
Bearbeitung der gefangenen Tiere
Die Bearbeitung der immobilisierten Tiere erfolgte unmittelbar am Fangplatz und nahm pro
Individuum ca. 30 – 50 min in Anspruch. Über jeden Bearbeitungsvorgang wurde Protokoll
geführt. Als erstes wurde den Tieren ein Augengel (Vidisic®) gegen das Austrocknen der
Cornea verabreicht und das Haupt mit einer Sichtschutzmaske (Wildlife Capture Equipment,
Texas) geschützt. Nach dem Überprüfen des Geschlechts (bei Kälbern) und der Altersschätzung wurden die Tiere mit Ohrmarken und einem GPS-Senderhalsband markiert. Beim
Setzen der Ohrmarken (Dalton Typifix®) wurde für spätere genetische Analysen automatisch
eine Gewebeprobe entnommen. Zusätzlich wurden von jedem Tier Speichel- und Blutproben
genommen (Abb. 7). Abschließend wurden die Tiere fotografiert und ein α2-AdrenozeptorAntagonist als Antidot appliziert. Nach ca. fünf bis zehn Minuten standen die Tiere auf und
liefen davon. Alle besenderten Tiere wurden am nächsten Morgen mittels VHF-Telemetrie
aufgesucht, um den Zustand der Tiere zu überprüfen. Bei allen durchgeführten
Feldimmobilisationen ist kein narkosebedingter Verlust aufgetreten (Mortalität = 0 %).
Abb. 7: Angewandte Freilandmethoden: Markiertes Hirschkalb ID4 in der Oranienbaumer Heide (o.l.), Dalton
Typifix® Ohrmarke zur automatischen Entnahme und Konservierung einer Gewebeprobe (o.r.). Entnahme einer
Speichelprobe mit einem Abstrichbesteck von nerbe plus® bei Hirsch ID5 (u.l.) und einer EDTA-Blutprobe (u.r.)
bei Schmaltier ID2. Fotos: F. Michler
8
2.1.1.3 Ergebnisse Rotwildfang und -telemetrie
Im September/Oktober 2014 erfolgten auf den drei Untersuchungsflächen vier Brunfteinsätze
á sechs Tage mittels Narkosegewehr und von Januar bis März 2015 insgesamt zwölf Fangaktionen an vier Netzfangplätzen.
Ueckermünder Heide: Vom 8. bis 12. September war ein Team von zwei Mitarbeitern in der
Ueckermünder Heide aktiv. Hier wurde am 11. September ein Hirschkalb (ID1) auf dem
Kaulbarschberg erfolgreich besendert. Dieses nachweislich verwaiste Kalb war insgesamt
über sieben Monate am Sender und verendete am 25. März 2015 (vermutlich gerissen, Verursacher unklar). Während dieser Zeit lieferte das Kalb insgesamt 6.076 GPS-Ortungen (30-Minuten-Taktung). Die von ID1 genutzte Fläche war mit 23 ha (95 %–Fixed-Kernel-Polygon)
außerordentlich klein (Abb. 8). Lediglich ein dokumentierter Ausreißer am 14. Nov. 2014
(Fluchtverhalten?) verursachte letztendlich ein Gesamtstreifgebiet von 154 ha (MCP 100 %).
Abb. 8: Lage des Streifgebietes von Hirschkalb ID1 in der Zeit vom 11.09.2014 bis 25.03.2015. Abgebildet sind
die einzelnen Ortungspunkte (n = 6.076) sowie das 100 % MCP (154 ha).
Abb. 9: Fotofallenbild von ID1 am 11. Februar 2015 (links) und Todfund des verendeten Hirschkalbes am
25.03.2015. Fotos: F. Michler & B. Gillich
9
Ein zweiter Brunfteinsatz erfolgte vom 22. bis 28.09.2014. Während dieser Zeit wurden ein
Hirsch und ein Alttier auf dem Kaulbarschberg beschossen – beide Tiere konnten nach dem
erfolgreichen Beschuss nicht aufgefunden werden.
Die zwei Netzfanganlagen in der Ueckermünder Heide (Kirchacker, Bruchwiese) wurden im
Rahmen von acht Fangaktionen im Februar und März 2015 insgesamt fünf Mal ausgelöst.
Jedes Mal befand sich ausschließlich männliches Rotwild (und einmal zusätzlich ein einzelner
Überläufer) unter den Netzen, denen es in allen Fällen gelang, sich wieder aus den Netzen zu
befreien. Aus diesem Grund wurde mittlerweile ein neues Netz mit einer dickeren Garnstärke
(5 mm) für die Ueckermünder Heide angeschafft und auch bereits aufgebaut.
Glücksburger Heide: In der Glücksburger Heide fanden während der Brunft ein Feldeinsatz
vom 15. bis 20. September und ein weiterer vom 29.09. bis 3.10.2014 statt. Während dieser
Zeit wurden mittels Distanzimmobilisation an einer Suhle sowie von einer Kanzel aus ein
Hirsch (ID5) sowie ein Schmaltier (ID2) erfolgreich beschossen und besendert. Daneben
wurden noch zwei weitere Hirsche sowie ein Alttier beschossen, die im Anschluss nicht
aufgefunden wurden. Der Hirsch ID5 (5. bis 6. Kopf) wurde am 18.09.2014 markiert (Abb.
10; siehe 1. Zwischenbericht) und lieferte bis zu seinem Tod am 6.10.2014 insgesamt 56
Ortungen. Dabei belief er eine Fläche von 551 ha (MCP100). Der Hirsch wurde am 9.10.2014
von Pilzsuchern mit einer frischen Schussverletzung (Krellschuss) aufgefunden (Abb. 10).
Nach Auswertung der Daten wurde der Hirsch am 5.10.2014 nachts (bei Mond) an der Waldgrenze beschossen und flüchtete zurück in den Wald. Anschließend hielt sich ID5 noch zwei
Tage in einem ca. 5 ha großen Gebiet auf, bevor der Mortalitätssensor des Halsbandsenders
am 6.10.2014 um 16:35 Uhr das Verenden des Tieres indizierte.
Abb. 10: Der Hirsch ID5 am Tag seiner Besenderung am 18.09.2014 (links). Rechts ist der verendete Hirsch am
9.10.2014 in einem Waldstück nördlich von der DBU-Liegenschaft zu sehen (ca. 1,5 km vom Fangplatz entfernt). Fotos: F. Michler & U. Günther
10
Abb. 11: Lage der Streifgebiete (100 % MCP) von Hirsch ID5 (links) und Tier ID2 (rechts). Das Polygon von
ID5 (n = 56 Lokalisationen) entspricht dem Brunftstreifgebiet von Mitte September bis Anfang Oktober 2014
und das Polygon von ID2 (n = 4.342 Lokalisationen) dem Streifgebiet von September 2014 bis August 2015.
ID2 wurde als Schmaltier am 19. September 2014 erfolgreich besendert und liefert seitdem
zuverlässig Daten (2-Stunden-Taktung). Bis Mitte August 2015 wurden 4.342 Lokalisationen
erhoben. Diese Ortungen verteilten sich auf einer Fläche von insgesamt 2.760 ha (MCP100;
Abb. 11). In der südlichen Glücksburger Heide wurde am 11.12.2014 eine Netzfanganlage
aufgebaut. Nachdem die Lockfütterung Anfang Januar 2015 gut angenommen war, erfolgte in
der Nacht vom 14. auf den 15.01.2015 eine erste Fangaktion. Beim Auslösen des Fallnetzes
stand ein Kahlwildrudel von acht Stücken unter dem Netz, von denen sieben Tiere gefangen
und erfolgreich markiert werden konnten. Sechs Tiere (vier Alttiere: ID3, ID10, ID11, ID13;
ein Schmaltier: ID9; ein Wildkalb: ID16) wurden mit Sendern und ein Wildkalb nur mit Ohrmarken (ID6) ausgestattet. Alle Sendertiere liefern bis dato zuverlässig Daten (nges.=18.393
Lok.) und nutzen schwerpunktmäßig den zentralen Teil der Glücksburger Heide (Abb. 12).
Abb. 12: Lage der Gesamtaktionsräume (MCP-100 %) von sechs sendermarkierten Tieren in der Glücksburger
Heide, Januar bis Oktober 2015. Die Stücken wurden am 14.01.15 zusammen unter einem Netz gefangen.
11
Die Größe der bis dato belaufenen Flächen (MCP-100%; Januar bis Oktober 2015) beträgt
zwischen 1.820 ha (ID13) und 2.870 ha (ID10). Auch wenn die Lage der Streifgebiete eine
nahezu homogene und zeitgleiche Nutzung der Fläche indiziert, so zeigt das Raum-Zeit-Verhalten jedoch nur vereinzelt auch tatsächlich eine synchrone Bewegung der Tiere im Raum.
Durch das Fotofallenmonitoring (siehe Kap. 2.1.5) ist bekannt, dass die besenderten Tiere des
ersten Netzfanges im Januar und Februar 2015 in einem Kahlwildrudel vergesellschaftet
waren, dass aus mindestens 43 Individuen bestand. Seit dem Frühsommer ist eine Verschiebung der Raumnutzung in östliche Richtung zu beobachten. Jedoch blieben alle besenderten
Tiere bis zum Ende des Berichtszeitraumes (Oktober 2015) nahezu ausschließlich in der
Glücksburger Heide und nutzen nur nachts auch unmittelbar angrenzende Offenlandflächen
außerhalb der DBU-Liegenschaft (Abb. 13).
Durch die zentrale Lage der Streifgebiete aller besenderten Tiere in der Glücksburger Heide
liefern die Daten eine sehr gute Vorraussetzung für die Beantwortung der übergeordneten
Fragestellung, inwieweit das geplante Beweidungsprojekt einen Einfluss auf das Raum-ZeitVerhalten des Rotwildes haben wird.
Abb. 13: Entwicklung der saisonalen Raumnutzung von sechs weiblichen Sendertieren (siehe Abb. 12), die am
14.01.15 zusammen unter einem Netz in der Glücksburger Heide gefangen wurden. Dargestellt sind alle
Ortungen für die Monate Februar (l.o.), März (r.o.), April (l.u.) und Mai 2015 (r.u.).
12
Oranienbaumer Heide: Aufgrund der im Jahr 2014 nur recht vereinzelt stattfindenden
Brunft wurde in der Oranienbaumer Heide nur ein Brunfteinsatz durch zwei Mitarbeiter am
18.09.2014 durchgeführt. Hierbei kam kein Stück Rotwild in Anblick.
Am 22. Januar 2015 wurde am südlichen Rand der Weidefläche eine Netzfanganlage aufgebaut. Hier erfolgte die erste Fangaktion am 23.02.2015. Dabei wurden von einem sechsköpfigen Rudel ein Hirschkalb (ID4) sowie ein Wildkalb (ID17) erfolgreich gefangen und besendert. Bei einer zweiten Fangaktion am 8.03.2015 wurden beide Tiere wiedergefangen. Hierbei
wurde u.a. der korrekte Sitz des Halsbandsenders überprüft – beide Tiere waren in einem sehr
guten Zustand, es waren keine Beeinträchtigungen durch die vorherige Besenderung erkennbar. Die Tiere senden bis dato im 30-minuten-Takt zuverlässig Daten und halten sich bis auf
wenige Ausnahmen schwerpunktmäßig südlich der Weidefläche auf (Abb. 14).
Mit Beginn des neuen Jagdjahres sind seit dem 1. April 2015 in der Oranienbaumer Heide
nun ein Spießer und ein Schmaltier am Sender. Die Tiere beliefen bis Ende Juli 2015 Flächen
(MCP100) von 1.430 ha (ID17) bzw. 1.510 ha (ID4). Im August wurde das Schmaltier ID17
erstmalig auch im Nordosten der DBU-Liegenschaft geortet. Die Nutzung von Weideflächen
fand bis dato praktisch nicht statt.
Durch Sichtbeobachtungen, Fährten- und Losungsfunde sowie vor allem durch das Fotofallenmonitoring (siehe Kap. 2.1.5) ist bekannt, dass besonders im Norden Rotwild regelmäßig auf den Weideflächen unterwegs ist. Aus diesem Grund wurden für die neue Fangsaison 2015/16 mittlerweile zwei Netzfanganlagen im Norden der Liegenschaft aufgebaut.
Abb. 14: Lage der Streifgebiete (MCP100) beider Sendertiere (ID4 und ID17) in der Oranienbaumer Heide vom
23.02.2015 bis 31.07.2015 (links). Rechts ist der Aktionsraum (1.430 ha) von ID17 inklusive aller Ortungen dargestellt. Die schwarze Grenze entspricht der DBU-Naturerbefläche (2.102 ha). nID4 = 2.988 Lokal., nID17 = 4.022
Lokalisationen.
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2.1.2 Telemetrie Weidetiere
Inwieweit die Anwesenheit von Weidetieren einen Einfluss auf das Raum-Zeit-Verhalten des
Rotwildes hat, wird unter anderem im Zuge von umfangreichen Interaktionsanalysen mit
speziellen Proximity-Sensoren (Kontaktsender) untersucht. Dafür werden einzelne Weidetiere
(aus jeder Herde mindestens eins) mit ID-Tags markiert. Diese ID-Tags sind über eine UHFKommunikation in der Lage mit den Halsbandsendern der markierten Rothirsche zu interagieren. Ab einer Distanz < 120 m wird die Entfernung der besenderten Tiere zueinander
permanent registriert. Gleichzeitig passt sich die Ortungs-Taktung der Rotwildsender von
30 Minuten auf zwei Minuten an (Abb. 16). Auf Grundlage dieser Daten kann das Interaktionsverhalten (Meidung, neutrales Verhalten, Anziehung) valide eingeschätzt werden. Um
auch die Raumnutzungsdaten von Weidetieren und Rotwild im Rahmen einer klassischen
Interaktionsanalyse (dynamisches Interaktionsverhalten) miteinander verschneiden zu können,
werden einzelne Weidetiere zusätzlich mit GPS-Halsbandsendern ausgestattet.
Ein entsprechendes Beweidungsprojekt ist bis dato ausschließlich in der Oranienbaumer
Heide etabliert, so dass sich diese Untersuchungen im letzten Jahr auf diese Fläche beschränkten. Der aktuelle Weidetierbestand (Stand: 31.10.2015) in der Oranienbaumer Heide beträgt
105 Konik-Pferde (inkl. 30 Pfohlen) und 48 Heckrinder (inkl. 5 Kälber). Die Pferde lebten
Anfang dieses Jahres auf der 800 ha großen Weidefläche in fünf Herden (momentan drei
Herden) und die Rinder in zwei Herden.
2.1.2.1 Fang und Bearbeitung der Weidetiere
Die Heckrinder wurden am 12.02.2015 besendert. Dies erfolgte im Rahmen der einmal im
Jahr stattfindenden veterinärmedizinischen Untersuchung („Blutung“) der Weidetiere. Dafür
wurden die Rinder in zwei Fangkralen gefangen. Die Besenderung mit den ID-Tags und GPSSendern erfolgte in einem Headgate, wobei die Auswahl der Tiere durch die Primigenius
gGmbH (PETER POPPE) erfolgte. Die Konik-Pferde konnten ohne Fang oder entsprechende
Immobilisierung markiert werden. Dafür wurden aus den einzelnen Herden besonders zahme
Tiere ausgesucht, die mit kleinen Futtergaben angelockt werden konnten. Die Auswahl der
Tiere erfolgte hier ebenfalls durch die Primigenius gGmbH (CLAUDIA WALTER).
2.1.2.2 Ergebnisse Weidetiertelemetrie
Bei der Fangaktion am 12.02.2015 wurden drei Heckrinder mit ID-Tags (ID-B, ID-C, ID-D),
ein Konik mit einem ID-Tag (ID-A) und drei weitere Rinder mit GPS-Halsbandsendern ausgestattet (Abb. 15 und Abb. 17).
14
Abb. 15: Markierung von Weidetieren mit ID-Tags und GPS-Halsbandsendern in der Oranienbaumer Heide am
12.02.2015. Fotos: F. Michler & B. Gillich
Fünf weitere Konik-Pferde wurden im Februar und März 2015 sukzessive mit drei ID-Tags
(ID-E, ID-F, ID-G) und zwei GPS-Halsbändern durch die Primigenius-Mitarbeiterin C.
WALTER markiert. Somit tragen in der Oranienbaumer Heide momentan sieben Weidetiere
einen ID-Tag und fünf weitere Weidetiere einen GPS-Halsbandsender1. Aufgrund des momentanen Raumverhaltens der zwei markierten Stück Rotwild (ID4, ID17) außerhalb der
Weidefläche (siehe Punkt 3.1.1.3) sind noch keine Proximity-Events (Interaktionen) zwischen
den ID-Tags und den Rotwildsendern registriert worden.
Abb. 16: Die Eichung der GPS-Plus-Halsbandsender auf
die ID-Tags der Weidetiere erfolgte im Feld unter Realbedingungen. Die Proximity-Sensoren wurden auf Grundlage
dieser Feldtests so eingestellt, dass der Halsbandsender vom
Rotwild einen ID-Tag via UHF ab einer Entfernung von ca.
120 m registriert. Ab dieser Distanz speichert der Rotwildsender alle acht Sekunden die Empfangsstärke (= Distanz
zwischen ID-Tag und dem Rotwildsender). Zusätzlich wird
die Taktung der GPS-Ortungen von 30 min auf 2 min angepasst. Diese Ortungsfrequenz hält bis eine Stunde nach dem
letzten Kontakt an. Foto: F. Michler
1
Von der Hochschule Anhalt (Bernburg) laufen im Jahr 2015 zusätzlich zwei GPS-markierte Konik-Pferde auf
der Fläche.
15
Abb. 17: Mit ID-Tags markierte Weidetiere in der Oranienbaumer Heide. Fotos: F. Michler & C. Walter
2.1.3 Losungskartierung zur räumlichen Verteilung des Rotwildes
Das Losungszählverfahren ist eine etablierte Methode, um unter anderem die Verteilung von
Schalenwild auf der Fläche einzuschätzen. Die Ausnutzung der Defäkation für Zwecke der
Wildbestandsverteilung kam etwa 1940 in Nordamerika auf (Pellet Group Counts). Dabei
wird zwischen zwei Ansätzen unterschieden, dem „faecal standing crop“ (FSC)- und dem
„faecal accumulation rate“ (FAR)- Verfahren. Bei der FSC-Methode wird ohne vorheriges
Freiräumen der Transekte in einem Durchgang die absolute Anzahl zu findender Losung
bestimmt. Im Gegensatz hierzu muss bei einem FAR-Verfahren vor der eigentlichen Losungszählung zunächst alle Losung von den Transekten entfernt werden, so dass nur die in einem
bestimmten Zeitraum akkumulierte Losung gezählt wird.
In der Glücksburger Heide und Ueckermünder Heide wurde die FSC- Methode zur Bestimmung der Verteilung des Rot-, Reh- und Schwarzwildes vor der Etablierung der Beweidungsprojekte angewendet. Dazu wurde ein Gitternetz über das Untersuchungsgebiet gelegt, dessen
Seitenlänge 500 m beträgt. Jeder Schnittpunkt steht für ein Transekt von 50 Meter Länge und
zwei Meter Breite, also einer Fläche von 100 Quadratmeter (Abb. 18). Daraus ergaben sich
für die Glücksburger Heide 90 und für die Ueckermünder Heide 65 Transekte. Die Startpunkte wurden auf einem GPS-Gerät gespeichert und im Gelände angelaufen. Zusätzlich wurde die
Peilung des Transektes notiert. Somit ist gewährleistet, dass bei einer erneuten Losungskartie16
rung nach Etablierung der Beweidungsprojekte dieselben Transekte abgelaufen und miteinander verglichen werden können. Die aufgenommene Losung wird in einer Karte grafisch dargestellt, so dass eine Schwerpunktverteilung der Tiere in den Gebieten erkennbar wird. Zusätzlich wurde dieses Verfahren für die geplanten Weideflächen in der Glücksburger Heide so
angepasst, dass eine höhere Datendichte auf diesen Flächen erreicht wurde. Diese Daten
stellen den momentanen Ist-Zustand da und können mit erneut aufgenommenen Daten nach
Etablierung des Beweidungsprojektes verglichen werden.
Abb. 18: Startpunkte und Laufwege der 90 Transekte (links) sowie Lage und Kartierung der vier geplanten Beweidungsflächen in der Glücksburger Heide (rechts).
2.1.3.1 Ergebnisse der Losungskartierung
Im Juni 2015 fand die Kartierung von Rotwildlosung in der Glücksburger Heide statt. Aus
Sicherheitsgründen konnte im mittig gelegenen Bombodrom nicht nach Losung gesucht
werden, da dort ein striktes Betretungsverbot gilt. Es gab lediglich elf Trakte in der Heide auf
denen keine Rotwildlosung gefunden wurde. Die Schwerpunkte der Funde lagen im Norden
und Südwesten (Abb. 19). Im Norden konzentrierten sich die Funde am Nord- und Südrand
über die gesamte Länge des Hubschrauberlandeplatzes. Auch die deitaillierte Untersuchung
des Hubschrauberlandeplatzes wies eine sehr hohe Defäkation in diesem Gebiet aus. Im
Südwesten der Glücksburger Heide ließ sich ebenfalls eine Konzentration von Losung fest17
stellen. Hier wurde zwar punktuell die höchste Anzahl gefunden, allerdings ist dieses Gebiet
von der Ausdehnung her kleiner als das im Norden. Auch sind die Grenzen der Losungskonzentration (vor allem nach Osten) deutlich schärfer nachvollziehbar. Außerhalb dieser beiden
Hauptfundgebiete wurde fast im gesamten Untersuchungsgebiet Losung gefunden. Die geringste Funddichte ließ sich im mittigen Osten und östlichen Süden der Glücksburger Heide
feststellen. Interessant ist ein erkennbarerer Konzentrationsanstieg der Losungsfunde am
Nordrand des Bombodroms. Ein besonderes Interesse der Losungskartierung lag auf den vier
zukünftigen Weideflächen (kleine Fläche West, Flugfeld, Panzertrasse und Hubschrauberlandeplatz; Stand Juni 2015). Diese Flächen wurden genauer untersucht, um die Intensität der
Nutzung durch das Wild festzustellen. Dabei wurde die Losung auf drei Trakten der gesamten
Flächenlänge in gleichmäßigen Abständen zueinander kartiert (Abb. 18). Mit über 900 Losungsfunden weist der Hubschrauberlandeplatz eine extrem hohe Losungsdichte auf.
Abb. 19: Verteilung der Rotwildlosung nach der Losungskartierung in der Glücksburger Heide (links). Frischer
Losungshaufen von Rotwild in der Glücksburger Heide. Die aufgefundene Losung wurde in drei Altersstufen
eingeteilt (frisch, mittlel, alt). Foto: F. Michler
18
Abb. 20: Losungsfunde von Rot-, Reh- und Schwarzwild auf den geplanten Beweidungsflächen in der Glücksburger Heide (BERLING 2015).
In der Ueckermünder Heide wurden 65 Transekte im Revier Altwarp nach Losung abgesucht.
Auf 36 Transekten (55,4%) wurden insgesamt 91 Losungshaufen von Rotwild gefunden. Die
stärksten Häufungen entsprachen bis zu 5 Losungshaufen pro Transekt, was insgesamt 3 Mal
vorkam. Auffallend ist das nahezu vollständige Fehlen von Rotwildlosung im nördlichen
Bereich nahe Altwarp und Altwarp Siedlung. Südlich von Altwarp beim Glienkenberg, wo das
geplante Beweidungsprojekt initiiert werden soll, und auf dem Kaulbarschberg (einer
Wildruhezone) finden sich hingegen starke Akkumulationen von Rotwildlosung (Abb. 21).
Abb. 21: Verteilung von
Rotwild- und Rehwildlosung
in der Ueckermünder Heide.
Die Losungskartierung fand
Anfang Juli auf der Halbinsel Altwarp statt (1.900 ha).
19
2.1.4 Ethökologische Feldstudie
Mögliche Verhaltensveränderungen des Rotwildes in Folge der Etablierung großflächiger Beweidungsprojekte werden in den Untersuchungsgebieten durch ethökologische Studien nach
dem Verfahren von M. PETRAK analysiert. Dafür werden alle Rotwildsichtungen, die von
geschultem Personal in den Untersuchungsgebieten registriert werden, in Beobachtungskarten
eingetragen. Diese Studien erlauben differenzierte Verhaltensbeobachtungen und die Erarbeitung von Fragestellungen zur Aktivitätsperiodik, Störungen im Lebensraum, zu Auswirkungen von Besuchern und zur Interaktion zwischen den verschiedenen Tierarten. Für jede Liegenschaft wurden je nach Vorhandensein der wichtigsten Vegetationstypen individuelle Grundlagenprotokolle (Karteikarten) erstellt (Abb. 22).
Die für die drei Naturerbeflächen Ueckermünder Heide, Glücksburger Heide und Oranienbaumer Heide zuständigen Mitarbeiter des Bundesforstes wurden dafür am 1. Juli 2015 an der
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde geschult. Die Aufnahmen für die
ethökologische Feldstudie startete mit Beginn der Jagdzeit Anfang September 2015.
Abb. 22: Beispiel einer Beobachtungskarte für die Glücksburger Heide. Für jedes Untersuchungsgebiet wurden
je nach Vorkommen der wichtigsten Vegetationstypen angepasste Grundlagenprotokolle erstellt.
2.1.5 Fotofallenmonitoring
Für die Beantwortung verschiedener Fragestellungen wird auf den Untersuchungsflächen ein
umfangreiches Fotofallenmonitoring betrieben. Neben Fragen zur Entwicklung der sozialen
Organisation von Rudeln, in denen sich besenderte Stücke befinden, zählt hierzu vor allem die
Zaun- und Flächenüberwachung in der Oranienbaumer Heide sowie die permanente Überwachung aller Lockfutterstellen und Netzfanganlagen (Abb. 23). Je nach Fragestellung
ergeben sich hierbei unterschiedliche Anforderungen an die eingesetzten Wildkameras. Für
eine Zaunüberwachung ist beispielsweise eine sehr kurze Auslöseverzögerung notwendig
(≤ 0,25 s), um ein eventuell überspringendes Tier fotografieren zu können. Hierfür werden in
erster Linie Weißblitzkameras eingesetzt. Infrarotblitzkameras (840 nm) werden auf Grund
20
ihres nur schwach sichtbaren Blitzes vor allem zur Wechselüberwachung genutzt. Kameras
mit einem sog. Schwarzblitz (940 nm) verfügen über eine etwas geringere Ausleuchtung als
Infrarotblitzkameras, eignen sich aber auf Grund des für die Wildtiere nahezu unsichtbaren
Blitzes für sensible Bereiche wie z.B. Futter- und Fangplatzüberwachungen. Gerade hier müssen potentielle Störungen so gering wie möglich gehalten werden. Um große Flächen wie z.B.
die Weideflächen in der Oranienbaumer Heide überwachen zu können, werden Panoramakameras eingesetzt (Abb. 26). Diese Kameras decken einen Winkel von 150° ab. Die Flächenüberwachung dient in erster Linie zur Beantwortung der Frage ob und wann Rotwild die Weidefläche nutzt. Zusätzlich wird in der Glücksburger Heide der Einsatz von Mobotix-Kameras
erprobt (Abb. 25 rechts). Diese aus der Objektüberwachung stammenden Kameras haben den
Vorteil, dass sie permanent Bilder aufnehmen und bei Nichtereignis den Speicher wieder
überschreiben. Somit ist bei einem Ereignis eine Auslösung ohne jede Verzögerung möglich.
In allen drei Untersuchungsgebieten wurde seit Herbst 2014 ein permanentes Fotofallenmonitoring mit insgesamt 21 Fotofallen etabliert und seit dem laufend gepflegt (Abb. 25 links). In
Folge dessen sind mittlerweile über 100.000 Fotofallenbilder entstanden, welche gesichtet,
ausgewertet und einsortiert wurden.
Abb. 23: Beispiele für den Einsatz von automatischen Wildkameras. Oben links: Überwachung einer Netzfanganlage in der südlichen Glücksburger Heide. Oben rechts: Überwachung einer Lockfütterung in der nördlichen
Glücksburger Heide. Unten Links: Überwachung einer Suhle in der Ueckermünder Heide – durch die
Überwachung von Suhlen während der Brunft war ein guter Überblick über die anwesenden Brunfthirsche im
Gebiet möglich. Unten rechts: Den Weidezaun überfallender Rotspießer in der Oranienbaumer Heide. Fotos:
FWWJ
21
Abb. 24: Vier Fotofallentypen, die im Rahmen des Fotofallenmonitorings auf den Untersuchungsflächen im
Einsatz sind: Weißblitzkamera (Cuddeback Attack) zur Zaunüberwachung, Infrarotkamera (Moultrie M-880) zur
Überwachung von Rotwildwechseln, Schwarzblitzkamera (Reconyx HC600) für die Überwachung von
Lockfutterstellen und Panoramakamera (Moultrie Panoramic 150) für die Flächenüberwachung der Weideflächen in der Oranienbaumer Heide (v.l.n.r.). Fotos: F. Michler
Abb. 25: Die Betreuung des Fotofallenmonitorings erfolgt regelmäßig durch die Mitarbeiter des FWWJ. Links:
Auslesen einer Fotofalle durch B. Gillich in der Glücksburger Heide. Rechts: Mobotix-Kamera in der Glückburger Heide. Fotos: F. Michler
Abb. 26: Rotwild auf der Weidefläche in der Oranienbaumer Heide. Die Bilder entstanden am Nachmittag
(oben) bzw. um die Mittagszeit (unten) und wurden mit Panoramakameras aufgenommen. Fotos: FWWJ
22
Neben der Zielart Rotwild wurde von den Wildkameras ein großes Spektrum anderer
Wirbeltiere aufgenommen – darunter befinden sich für die einzelnen Untersuchungsgebiete
auch mehrere Erstnachweise. Im Folgenden findet sich eine Artenliste aller mittels Fotofallen
dokumentierten wildlebenden Vertebratenarten (mit * markiert sind Erstnachweise).
Glücksburger Heide:
•
Schalenwild: Schwarzwild, Rehwild, Damwild, Rotwild
•
Raubsäuger: Wildkatze* (C3-Nachweis), Waschbär* (C1-Nachweis), Marderhund,
Dachs, Baummarder, Wolf, Fuchs
•
Vögel: Kolkrabe, Eichelhäher, Seeadler, Bussard, Habicht, Kohlmeise
•
Sonstige: Eichhörnchen, Feldhase
Oranienbaumer Heide:
•
Schalenwild: Schwarzwild, Rehwild, Damwild, Rotwild
•
Raubsäuger: Waschbär* (C1-Nachweis), Wolf, Fuchs, Dachs, Baummarder, Iltis
•
Vögel: Eichelhäher, Kohlmeise, Waldkauz
•
Sonstige: Feldhase
Ueckermünder Heide:
•
Schalenwild: Schwarzwild, Rehwild, Rotwild
•
Raubsäuger: Fischotter, Marderhund, Dachs, Fuchs, Baummarder, Hauskatze
•
Vögel: Kranich, Amsel, Wintergoldhähnchen
•
Sonstige: Eichhörnchen, Feldhase
Abb. 27: Beispiele für dokumentierte „Nebenfänge“, die im Rahmen des Fotofallenmonitorings nachgewiesen
wurden. Fischotter (UH, o.l.), Wildkatze (GH, o.r.), Bussard und Hase (GH, u.l.), Seeadler (GH, u.r.).
23
2.1.6 Vegetationskartierung
Vegetationskartierungen zählen zu den indirekten Beobachtungsmöglichkeiten, welche Veränderungen der Vegetationszusammensetzung sowie den Verbiss durch Wild- u. Weidetiere
dokumentieren können. Die Technik der Vegetationsaufnahme folgt den wissenschaftlichen
Standards der Vegetationsökologie. Im Unterschied zur reinen Vegetationsaufnahme wird für
die Pflanzenarten noch die phänologische Entwicklung von Blüte, Blatt und Frucht dokumentiert, da die Annahme einzelner Pflanzen stets auch von ihrer Entwicklung abhängt. Zusätzlich wird die Verbissbelastung (Äsungszahl, 0 bis 6) aufgenommen. Die Äsungszahl ist ein
Maß für die Menge der aufgenommenen Teile einer Pflanzenart. Geschätzt wird dabei der
Prozentanteil der abgebissenen Sprosse, Wurzeln und Blätter unter Bezug auf die Gesamtpflanzen.
Um die Situation vor der Etablierung des Beweidungsprojektes in der Glücksburger Heide
dokumentieren zu können, wurde vom 17. bis 22. August 2015 in Kooperation mit dem Kartierbüro LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH (G. WARTHEMANN) eine Vegetationskartierung durchgeführt. Hierfür wurde auf 28 Probeflächen (á 100 m²) innerhalb von vier
gebietsbestimmenden Vegetationstypen (A: Heidekrautheide, Offenland und Pionierwald bis
75% Gehölzdeckung; B: Landreitgrasflur; C: Sukzessionswald, ohne LRT; D: Heide Trockenrasen; Abb. 29) die gesamte Vegetation der Kraut- und Baumschicht aufgenommen sowie die
Äsungszahl bestimmt. Im Vorhinein wurden die Mitarbeiter des FWWJ sowie Herr WARTHEMANN
am 05.08.2015 in der Glücksburger Heide von Dr. PETRAK in die Vegetationskartie-
rung eingearbeitet (Abb. 28). Die Feldarbeiten wurden erfolgreich abgeschlossen, momentan
werden die Daten ausgewertet (Stand November 2015).
Abb. 28: Vegetationskartierung und Aufnahme der Äsungszahl in der Glücksburger Heide durch G. Warthemann und Dr. M. Petrak. Fotos: F. Michler
24
Abb. 29: Verteilung von 28 Probeflächen (100 m²) auf vier charakteristischen Vegetationseinheiten für die Vegetationskartierung in der Glücksburger Heide auf der Grundlage der CIR-Luftbildauswertung von 2008.
25
2.1.7 Pilotstudie zur Wildbestandserfassung mittels Drohnenbefliegung
Für die weiterführende Interpretation der aufgenommenen Telemetriedaten ist die Abundanz
des Rotwildes auf den Naturerbeflächen eine bedeutender Parameter. Neben den indirekten
Methoden der Losungskartierung und der ethökologischen Studien sollen die Populationsdichte und -verteilung auf den einzelnen Flächen auch durch direkte Methoden ermittelt werden. In den letzten Jahren hat sich die Wildbestandserfassung aus der Luft auf der Grundlage
einer IR-/RGB-Taxation (Kamerakopplung) immer mehr etabliert. Hierbei kommt üblicherweise ein Leichtflugzeug zum Einsatz, an dem eine Echtbild- und eine Wärmebildkamera
montiert sind. Diese bemannten Flugzeuge müssen aus rechtlichen Gründen eine
Mindestflughöhe von 300 Meter einhalten und sind auf einsatznahe Flughäfen mit Start- und
Landemöglichkeiten angewiesen. Hinzu kommt ein erfahrender Pilot, welcher das Flugzeug
in richtiger Geschwindigkeit und Höhe auf vorher festgelegten Flugbahnen steuern muss.
Nach der Befliegung werden die Bilder der Wärmebildkamera nach Wärmesignaturen
durchsucht und anschließend auf dem Echtbild die Tierart bestimmt (Abb. 30). Des Weiteren
ist es möglich die Einzelfotografien mittels spezieller Computersoftware zu großflächigen
Bildern zusammen zu fügen. Diese Art der Wildbestandserfassung ist auf die vegetationsfreie
Zeit beschränkt, damit die Wärmebildkamera die Wärmesignaturen der Tiere erfassen kann.
Abb. 30: Beim Prinzip der Kamerakopplung (IR- und RGB-Detektion) wird von einer Fläche zeitgleich ein Bild
mit einer Wärmebild- und einer Echtbildkamera gemacht. Somit lassen sich vorhandene Tiere auf der Fläche
erkennen und identifizieren. Fotos: Hanseatic AVS
Der Fachbereich Wald & Umwelt der HNE Eberswalde verfügt über eine Drohne (S180Mk.2)
der Firma Hanseatic Aviation Solutions (Abb. 31). Die Methode der IR-/RGB-Detektion ist
grundsätzlich auch mit einem UAV (unmanned aerial vehicle) anwendbar. Dabei hat eine
Drohne gegenüber einem bemannten Kleinflugzeug einige elementare Vorteile: Ihr Einsatz ist
aufgrund ihrer geringen Größe (2 m Spannweite) und ihres leisen Elektromotors außerordentlich störungsarm. Die Drohne wird während des Einsatzes praktisch nicht von den Wildtieren
wahrgenommen. Drohnen dürfen im Zuge der allgemeinen Aufstiegsgenehmigung max.
26
100 m hoch fliegen. Die deutlich geringere Flughöhe ermöglicht eine sehr hohe Auflösung
der Bilder von 2,5 cm GSD (Ground Samling Distance; entspricht 2,5 cm pro Pixel bei 100 m
Flughöhe). Die relativ langsame Fluggeschwindigkeit der Drohne (60 bis 80 km/h) verringert
darüber hinaus maßgeblich das Bildrauschen. Weiterhin hat die Drohne den Vorteil, dass sie
keinen Flughafen für den Start und die Landung benötigt. Stattdessen sind Wiesen oder
Waldschneisen ausreichend (Abb. 32).
Um realistisch einschätzen zu können, ob ein Einsatz der Drohne im Zuge einer Wildbestandserfassung auf den einzelnen Untersuchungsflächen erfolgreich durchgeführt werden
kann, wurden in der Glücksburger Heide vom 16. bis 18.03.2015 in Kooperation mit Hanseatic Aviation Solutions insgesamt sieben Drohnenbefliegungen mit einer RGB-Kamera durchgeführt. Die Testflüge verliefen sehr erfolgreich und lieferten insgesamt 2.369 hoch aufgelöste Orthobilder aus der zentralen Glücksburger Heide. Neben sehr interessanten Habitatstrukturen (Abb. 33) konnte mehrmals Rotwild eindeutig determiniert werden (Abb. 34).
Abb. 31: Die Drohne S180 der Hochschule Eberswalde auf der Startrampe in der Glücksburger Heide (links).
Während des Fluges ist ein permanenter Sichtkontakt zur Drohne zu gewährleisten. In der Glücksburger Heide
wurde die Bodenstation daher stets auf erhöhten Plätzen wie hier einem alten Kommandohügel eingerichtet
(rechts). Fotos: F. Michler
Abb. 32: Der Start der Drohne erfolgt mit einem Bungee-System auf einer Freifläche (hier eine alte Panzertrasse
in der Glücksburger Heide, links). Nach dem manuellen Start geht die Drohne in einen Standby-Modus und
fliegt nach der Aktivierung via Autopilot den vorher programmierten Flugplan ab (rechts). Die Drohne kann mit
einer Akkuladung bis zu 300 ha Fläche befliegen. Foto: F. Michler
27
Abb. 33: Beispiele von zwei Luftbildern, die bei einer Drohnenbefliegung in der Glücksburger Heide entstanden
sind. Links: Die Bodenstation – über Telemetrie (2,4 GHz) ist die Bodenstation permanent in Kontakt mit der
Drohne. Somit werden ständig Flugdaten wie Windgeschwindigkeit, Fluggeschwindigkeit, Akkuspannung etc.
übertragen. Rechts: Ein Wasserloch im Bombodrom. Gut zu sehen sind die zahlreichen Wildwechsel, die zu
dieser Wasserressource führen. Fotos: FWWJ
Abb. 34: Mit der Drohne aufgenommenes Rotwild in der Glücksburger. Bei einer Drohnenbefliegung in der
zentralen Glücksburger Heide konnte ein Rotwildrudel von insgesamt 19 Stück determiniert werden. Foto:
FWWJ
2.1.8 Sonstiges
2.1.8.1 Wolfsvorkommen in den Untersuchungsgebieten
Das Raumverhalten des Rotwildes wird durch verschiedene Parameter maßgeblich beeinflusst. Dazu gehören neben z.B. den annuellen Wetterbedingungen oder der Fruchtfolge auf
den umliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen auch Informationen zur Präsenz von TopPrädatoren wie dem Wolf. Für die Interpretation des analysierten Raum-Zeit-Verhaltens sind
z.B. Daten zur Anzahl der Wölfe bzw. zur zeitlichen Anwesenheit der Tiere im Gebiet sehr
28
wesentliche Parameter. Daten die im Rahmen des Fotofallenmonitorings (Wolfsnachweise)
bzw. während der Feldarbeit (Losung, Spuren, Risse) als „Nebenfänge“ registriert werden,
dienen hierbei als Grundlage für die spätere Interpretation der Raumnutzungsdaten des
Rotwildes.
Glücksburger Heide:
In der Glücksburger Heide entstanden im Rahmen des Fotofallenmonitorings bis zum
30.09.2015 insgesamt 383 Bilder vom Wolf. Zweimal wurden Wölfe von Projektmitarbeitern
bei der Feldarbeit direkt beobachtet. Auf Grundlage der Fotofallenbilder sind detaillierte Aussagen zur Reproduktion sowie zur Anzahl der vorkommenden Wölfe möglich. Nachdem im
Jahr 2014 erstmals Reproduktion in der Glücksburger Heide dokumentiert wurde (siehe
Bericht Wolfsmonitoring Sachsen-Anhalt 2013/2014), wobei der Verbleib der Welpen unklar
blieb, konnte die Reproduktion für das Jahr 2015 detailliert belegt werden. Die Wölfin und
der Rüde des bekannten Elternpaares sind aufgrund individueller Merkmale eindeutig identifizierbar. Das Weibchen wurde im April mehrmals hochträchtig nachgewiesen, ab Anfang
Mai waren die Flanken der Wölfin offensichtlich eingefallen, so dass die Geburt der Welpen
auf die erste Maiwoche datiert. Am 27. Mai 2015 ist die Mutterwölfin mit einem drei- bis
vierwöchigem Welpen durch eine Fotofalle gelaufen (Abb. 35), so dass wahrscheinlich zu
diesem Zeitpunkt die Wurfhöhle gewechselt wurde.
Abb. 35: Fotofallenbilder von Wölfen in der Glücksburger Heide. Oben links: Der Rüde des Elternpaares, oben
rechts: Das Muttertier mit einem drei- bis vierwöchigem Welpen aus dem diesjährigen Wurf, unten links: Die
Wölfin des Elternpaares in einer Suhle, unten rechts: zwei diesjährige Welpen an einem Wasserloch.
Fotos: FWWJ
29
Ab August 2015 wurden regelmäßig Welpen auf den Fotofallenbildern nachgewiesen.
Maximal sind dabei drei Welpen gemeinsam auf den Bildern zu erkennen. Insgesamt leben
somit derzeit mindestens sechs Wölfe in der Glücksburger Heide (das Elternpaar, drei
diesjährige Jungtiere, ein Jährling).
Am 13.04.2015 wurden in der nordwestlichen Glücksburger Heide Skelettreste eines juvenilen Caniden gefunden (Abb. 36). Nach Begutachtung des Skeletts durch das Naturkundemuseum in Görlitz (Prof. Dr. H. Ansorge) handelte es sich hierbei mit hoher Wahrscheinlichkeit
um einen sechs bis acht Wochen alten Wolfswelpen. Die Skelettreste wurden dem Zoologischen Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (zentrale Sammelstelle für
Sachsen-Anhalt) übergeben. Im Winter 2014/2015 konnten bei günstigen Schneebedingungen
regelmäßig Wolfsspuren in der Glücksburger Heide dokumentiert werden – hierbei waren
stets zwei Tiere gemeinsam unterwegs.
Abb. 36: Skelettreste eines Wolfswelpen in der Glücksburger Heide, Funddatum: 13. April 2015 (links). Charakteristische Wolfslosung in der Glücksburger Heide (rechts). Fotos: F. Michler
Oranienbaumer Heide:
In der Oranienbaumer Heide entstanden im Rahmen des Fotofallenmonitorings insgesamt 28
Wolfsbilder. Hierbei handelte es sich offensichtlich um zwei einzelne Individuen unbekannten
Geschlechts. Im Mai 2015 waren erstmalig zwei Wölfe zusammen auf einem Fotofallenbild
sichtbar. Seitdem waren mehrmals ein offensichtlich älterer Wolf und ein Jährling zusammen
auf den Fotos erkennbar. Möglicherweise hat hier mittlerweile eine Paarbildung stattgefunden. Aufgefundene Wolfslosung aus der Oranienbaumer Heide wird dem Landesamt für Umwelt in Halle an der Saale für nahrungsökologische Analysen zur Verfügung gestellt.
30
Abb. 37: Fotofallenbilder von Wölfen in der Oranienbaumer Heide, links beim durchqueren des Weidezauns,
rechts mitten auf der Weidefläche. Fotos: FWWJ
Ueckermünder Heide:
In der Ueckermünder Heide wurde bisher kein Wolf durch die aufgestellten Wildkameras
erfasst. Zwei Rissfunde (Spießer und besendertes Hirschkalb ID1; wobei in beiden Fällen der
genaue Verursacher unklar blieb) sowie vereinzelte Sichtungen durch Anwohner in Altwarp
(mündl. Mittl. CHRISTINA MÖLLER) könnten auf die sporadische Anwesenheit einzelner Individuen im Untersuchungsgebiet hindeuten.
Abb. 38: Aufgefundene Rotwildkadaver im Revier Altwarp. Links ein Spießer (10.09.014) und rechts das
verendete Hirschkalb ID1 am 28.03.2015. Bei dem besenderten Tier waren im Halsberreich deutliche Bissspuren
eines großen Caniden sichtbar. Fotos: F. Michler & B. Gillich.
2.1.8.2 Exkursionen und Besichtigung anderer Beweidungsprojekte
Am 5. November 2014 besichtigten wir im Rahmen einer geführten Exkursion durch ANJA
STACHE (Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde) das Beweidungsprojekt Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde an der Schönower Heide (Berlin). Auf 824 ha leben hier ca.
200 Rinder (u.a. Parkrinder, Heckrinder, Westhighlands, Hinterwälder, Wasserbüffel) und 50
31
Pferde (Koniks & Fjordpferde). Im Januar 2015 besuchten Mitarbeiter des FWWJ das
holländische Beweidungsprojekt Oostvaardersplassen in Flevoland. Hier leben auf 5.600 ha
über 2.200 Weidetiere (850 Rothirsche, 400 Heckrinder & 1000 Konik-Pferde). Im Rahmen
einer wildbiologischen Jahrestagung der Gesellschaft für Wildökologie und Naturschutz e.V.
(siehe www.gwn.de) wurden am 9. und 10. Mai 2015 auf den Untersuchungsflächen Glücksburger Heide und Oranienbaumer Heide zwei geführte Exkursionen über das Forschungsprojekt sowie über das etablierte (Oranienbaumer Heide) bzw. das geplante Beweidungsprojekt (Glücksburger Heide) durchgeführt. Am 2. Juli 2015 besichtigten wir unter der
Leitung von THOMAS MICHAEL (Nationalparkstiftung Unteres Odertal) verschiedene Beweidungsprojekte mit Heckrindern, Konik-Pferden und Wisenten im Nationalpark Unteres Odertal (Brandenburg). Neben vegetationskundlichen Themen ging es hierbei vor allem um
wildtierdurchlässige Zäunungen.
Abb. 39: Exkursionen zu verschiedenen Beweidungsprojekten. Oben links: Beweidungsprojekt Hobrechtsfelde,
oben rechts: Wildbiologische Exkursion in der Oranienbaumer Heide, unten links: Besichtigung verschiedener
Beweidungsprojekte im Nationalpark Unteres Odertal, unten rechts: Wildtierdurchlässiger Zaun um eine
Wisentherde im NP Unteres Odertal. Fotos: B. & F. Michler
32
2.1.9 Literaturrecherche Barrierewirkung von Zaunanlagen
Im Rahmen der internationalen Literaturrecherche zur Barrierewirkung von Zaunsystemen
wurden bis dato zwei Bachelorarbeiten am Fachgebiet für Wildbiologie, Wildtiermanagement
und Jagdbetriebskunde angefertigt: EDINGER (2012): Auswirkungen von Landschaftszerschneidungen auf Wildtierpopulationen, LEYENDECKER (2014): Internationale Literaturschau
zur Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild durch Zäune und zu Konstruktionsmöglichkeiten für Zaunsysteme, die für Rotwild durchlässig sind.
Durch die großflächige Errichtung von Zäunen für u.a. Weideflächen oder zum Agrarflächenschutz können die natürlichen räumlichen Ausbreitungsmöglichkeiten des Rotwildes beschränkt werden. Als Folge können Streifgebiete und Wanderrouten blockiert und der Zugang
zu Wasser- und Futterquellen, sowie zu Setz- und Brunftplätzen verwehrt werden. Konsequenzen daraus sind die Eingrenzung und Zerschneidung des Lebensraumes und von lebenswichtigen Ressourcen, sowie die Einschränkung des genetischen Austausches. Durch die teilweise oder vollständige Barrierewirkung von Zäunen kann es zu Verletzungen und oder
Todesfällen kommen. Dabei spielen sowohl die Konstruktionsart als auch die verwendeten
Materialien eine wichtige Rolle. Werden die Wanderrouten und Landschaftsgegebenheiten
etc. beachtet, können Zäune wildtierfreundlicher gestaltet werden. Bei Berücksichtigung von
wildtierfreundlichen Maßen, dem Einbau von Querungshilfen und der verbesserten Sichtbarkeit der Zäune, kann das Leben für Wildtier und Menschen vereinfacht werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, vorhandene Zäune wildtierfreundlich zu gestalten, doch existiert keine
einheitliche Lösung für alle Zauntypen. Die Zäune müssen individuell angepasst werden. Ist
die Errichtung von Zäunen nicht zwangsläufig notwendig, können Alternativen, wie Hecken,
Pfeiler und Seile eingesetzt werden, die für Wildtiere durchlässig sind.
2.1.10 Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit
2.1.10.1 Bisher erschienene Veröffentlichungen des Projektes
Veröffentlichungen in Tagungsbänden
•
RIEGER, S.; MICHLER, F.-U.; GILLICH, B.; GLEICH, E.; PETRAK, M.; & TILLMANN, J.
(2015): Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus) durch
großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU-Naturerbeflächen – eine
Projektvorstellung. – In: KINSER, A. & MÜNCHHAUSEN, H. FRHR. V. (Hrsg.) (2015):
Gestresst, Verwaist und Eingesperrt – der ethische Umgang mit unseren großen Wildtieren in Politik und Jagd. Tagungsband zum 7. Rotwildsymposium der Deutschen
Wildtierstiftung vom 25. bis 28. September 2014 in Warnemünde, ISBN 978-3936802-18-4, 200 S.
33
Posterpräsentationen
•
GILLICH, B.; MICHLER, F.-U.; GLEICH, E.; PETRAK, M.; TILLMANN, J. & RIEGER, S.
(2014): Eine Projektvorstellung: Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus) durch großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU
Naturerbeflächen. – Posterpräsentation auf dem 7. Rotwildsymposium der Deutschen
Wildtierstiftung in Warnemünde, 25.-28. September 2014.
•
GILLICH, B.; MICHLER, F.-U.; GLEICH, E.; PETRAK, M.; TILLMANN, J. & RIEGER, S.
(2015): Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus) durch
großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU Naturerbeflächen. –
Posterpräsentation auf der Jahrestagung der Vereinigung der Wildbiologen und
Jagdwissenschaftler Deutschlands (VWJD) in Freising, 21.-23. November 2014.
•
GILLICH, B.; MICHLER, F.-U.; MARTINI, A.; BLASKO, L. & RIEGER, S. (2015): Fallnetze
– Eine effektive Methode zum Fang von Rotwild. – Posterpräsentation auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung (GWJF) in Bad Blankenburg,
23.-26. April 2015.
•
GILLICH, B.; MICHLER, F.-U.; MARTINI, A.; BLASKO, L. & RIEGER, S. (2015): Netzfanganlagen – Eine effektive Methode zum Fang von Rotwild. – Posterpräsentation
auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Wildökologie und Naturschutz (GWN) in
Jessen (Elster), 8.-10. Mai 2015.
Vorträge
•
MICHLER, F.-U.; GILLICH, B. & RIEGER, S. (2015): Aktuelle Rotwildforschung an der
Hochschule Eberswalde – ein methodischer Überblick. – Vortrag auf der Jahrestagung
der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung (GWJF) in Bad Blankenburg,
25.04.2015
•
MICHLER, F.-U.; GILLICH, B. & RIEGER, S. (2015): Aktuelle Rotwildforschung an der
Hochschule Eberswalde – ein methodischer Überblick. – Vortrag auf der Jahrestagung
der Gesellschaft für Wildökologie und Naturschutz (GWN) in Jessen (Elster), 9. Mai
2015
•
MICHLER, F.-U. (2015): Arbeitsstand des Projektes „Beeinflussung des Raum-ZeitVerhaltens von Rotwild durch großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten
DBU-Naturerbeflächen“ – Vortrag auf dem Workshop Rotwildforschung an der HNE
Eberswalde, 1. Juli 2015
•
GILLICH, B. (2015): Datengrundlage des Projektes: „Beeinflussung des Raum-ZeitVerhaltens von Rotwild durch großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten
DBU-Naturerbeflächen“ – Vortrag auf dem Workshop Rotwildforschung an der HNE
Eberswalde, 1. Juli 2015
Veröffentlichungen in Monographien
•
BERLING, B. (2015): Losungskartierung in der Glücksburger Heide. – Bachelorarbeit
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, 54 S.
34
2.1.10.2 Öffentlichkeitsarbeit des Projektes
Neben den Projektvorstellungen auf Tagungen o.ä. hat sich das Rotwildprojekt beim Tag der
Offenen Tür der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde am 6. Juni 2015 mit
einem eigenen Stand allen Interessierten präsentiert. Dabei wurde neben ersten Ergebnissen
u.a. auch die eingesetzte Technik (Halsbandsender, Fotofallen etc.) vorgestellt und anhand
von Anschauungsmaterial erklärt.
Des Weiteren wurde in der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) bereits mehrfach über das
Rotwildprojekt berichtet (Abb. 40).
Abb. 40: Artikel über das Forschungsprojekt in Printmedien.
35

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