Volles Programm - Bike City

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Volles Programm - Bike City
Händler-Portrait
Sonntag kommen, wir sind immer da“, schlug mir Fuchs vor. Weil
der Wetterbericht Sonne pur versprach, nahm ich das Angebot dankend an. Selbst als in der Nähe von Uslar die Zahl der Motorradund insbesondere der Gold Wing-Fahrer auffallend zunahm, ahnte
ich noch nicht, was mich bei Biker`s Point erwarten würde. Von der
nach Northeim führenden B 241 ins Gewerbegebiet abgebogen, tat
sich vor mir bald ein großes Firmengelände mit mehreren Gebäuden
auf, in deren Umkreis es von Bikes, darunter überproportional viele
Honda-Sechszylinder, nur so wimmelte.
„Wir veranstalten hier in der Saison jeden Sonntag von elf bis
sechzehn Uhr ein Treffen mit Biker-Frühstück. Die Leute kommen
auch von weit her. Bei gutem Wetter haben wir schon 1600 Motorradfahrer gezählt, nicht nur Winger“, verriet mir Fuchs, den ich
im hintersten Winkel des riesigen, von Gold Wings beherrschten
Verkaufsraumes ausfindig machte. Natürlich lag mir als Zeitungsmann gleich die nächste Frage auf der Zunge, nämlich warum er
mit seinen Aktivitäten bislang kaum an die Öffentlichkeit gegangen
sei. „Das war eigentlich nicht nötig. Sie sehen ja, was hier los ist.
Unsere beste Werbung sind eine gute Kundenbetreuung und faire
Preise, wir leben vom Folgegeschäft. Unsere Strategie gegen die
Dumpingpreise mancher Konkurrenten ist eine höhere Ausstattungsqualität der Motorräder und natürlich eine gute Kundenbetreuung“, verrät Fuchs.
Volles Programm
Portrait Biker`s Point in Uslar
Biker`s Point – mit nichts lässt dieser
Name vermuten, dass sich dahinter
Deutschlands größter Gold Wing-Spezialist
verbirgt. Dabei bietet das vor den Toren
der beschaulichen Kleinstadt Uslar
ansässige Unternehmen weitaus mehr
als Hondas Kult-Bikes.
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s ist ziemlich genau drei Jahre her, als ich zum ersten
Mal auf „Biker`s Point“ aufmerksam wurde. Und die
Art, wie dies geschah, scheint mir für dieses Unternehmen und seine Politik recht bezeichnend. Weil Gespanne und Moto-Trikes zu meinen Hauptthemen gehören, stolperte ich beim Durchblättern von Zeitschriften über eine
unscheinbare Notiz, die einen Seitenwagen betraf, der dem hierzulande verbreiteten EZS-Familienboot TPS-L verblüffend ähnlich
sah. „Wieder jemand, der etwas abkupfert“, dachte ich zunächst
abschätzig. Doch irgendwie schien mir dann doch mehr hinter der
Sache zu stecken. Also nahm ich mit der Anbieterfirma Kontakt auf
und erfuhr von deren Chef Detlef Fuchs, dass es sich bei diesem
Beiboot Friendship II um einen ganz offiziellen Lizenznachbau der
EZS-Karosserie handelt, der vom renommierten nordamerikanischen Gespann- und Moto-Trike-Produzenten California Sidecar
stammte. Weiter verriet mir Fuchs, dass er als Europa-Importeur für
diese Marke fungiere und den Friendship speziell für die GL 1500
anböte. Mehr gab er in diesem Telefonat nicht preis.
Doch weil sich schon diese Informationen recht verheißungsvoll anhörten, bat ich um einen Testtermin. „Sie können auch am
Der Erfolg scheint ihm recht zu geben, wenn man die 1987 beginnende Firmenhistorie verfolgt. Wie er sich den Gold Wing-Bazillus
einfing, schildert Fuchs bei einer erfrischenden Cola: „Zur GL bin
ich als eingefleischter Guzzi-Fahrer in den 70er Jahren gekommen.
Wie das so ist – als ich irgendwann Haus und Familie hatte, wollte ich mir ein Guzzi-Gespann zulegen. Dann stach mir aber eine
Aspencade von Hartmann/EML ins Auge. Doch weil dazu das Geld
nicht reichte, kaufte ich eine gebrauchte 1100 DX und einen Squire
ST 2, den ich selbst anbaute. Zwei Jahre später folgte eine GL 1200
mit dem EML GT 3. Mittlerweile faszinierte mich die Wing immer
mehr. Ich nahm Kontakt zu einem Deutschen in den USA auf, der in
Eigenregie Gold Wings zu uns exportieren wollte. Von ihm erwarb
ich dann Ende 1986 eine Interstate. Und weil das völlig problemlos funktioniert hatte, importierte ich über diese Schiene nach und
nach mehr Wings.“
Damit war der Grundstein gelegt. Von 1987 bis 1995 holte
„Goldwing-Imports Fuchs“ jährlich bis zu hundert Motorräder aus
den USA und Kanada. Im folgenden Jahr gründete Fuchs dann auf
dem heutigen Firmengelände das Motorradhaus „Biker`s Point“ zunächst mit einem Geschäftsgebäude – der Schwerpunkt lag allerdings da schon bei Hondas Boxern. Fast gleichzeitig übernahm er
die Markenvertretung für Honda, erkannte aber frühzeitig, dass die
Bindung an den deutschen Importeur mehr Frust als Perspektiven
mit sich brachte. Seit 2000 operiert der Selfmademan deshalb ausschließlich als freier Händler.
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Weil vor allem die GL-Kundschaft mittlerweile auch von weither
nach Uslar pilgerte, kam Fuchs 1997 die Idee, ein Bikerrestaurant
mit sechs Gästezimmern zu bauen. In den komfortabel mit Dusche/
WC und TV eingerichteten Räumlichkeiten können die Kunden kostenlos nächtigen, wenn sie ihre Wing oder Valkyrie zum Service
oder zum Veredeln bringen. Mittlerweile expandierte das Unternehmen immer weiter, und so stand bereits 2000 das nächste Projekt
an. Das bisherige, 1100 qm große Gebäude mit Schauraum, Büros
und Werkstatt, sollte nun ausschließlich dem GL-Segment vorbehalten bleiben. Alle anderen Motorräder fanden in einem separaten Domizil auf 1200 qm eine neue Bleibe. „Wenn wir Gold Wings
verkaufen wollen, müssen wir auch von unseren finanziellen und
räumlichen Kapazitäten her in der Lage sein, andere Motorräder in
Zahlung zu nehmen und diese entsprechend für den Wiederverkauf
anzubieten“, erläutert Fuchs diesen strategischen Schritt.
Mittlerweile prangt über dem Restaurant, vor dem Holzbänke
und Tische zum gemütlichen Beisammenhocken und Benzinquatschen einladen, in großen Lettern der Schriftzug „Eddy`s Biker
Grill“. Auf meine Frage, wer denn nun Eddy sei, verrät mir Fuchs
augenzwinkernd: „Ich. In Amerika können sie meinen Vornamen
Detlef nicht richtig aussprechen. Da hat mir mal ein Händler gesagt
´Du heißt für mich nicht Detlef, sondern Eddy...´“
Mit der Übernahme des finanziell ins Trudeln geratenen Mitbewerbers „Christoph“ im badischen Herbolzheim wollte sich Fuchs
dann 2002 im Süden ein zweites Standbein schaffen. Durch diesen
Schritt kam BP nicht nur in den Genuss der griffigen Internetadresse
www.goldwing.de, sondern vor allem auch in den Besitz des größten Chrom- und Zubehörlieferanten Europas, was besonders für das
Online-Geschäft von Bedeutung sein sollte. Doch auch wenn Sohn
Tobias mittlerweile als zweiter Inhaber eingestiegen war, stellte
sich bald heraus, dass die Führung zweier Betriebe einer solchen
Größenordnung kaum zu bewältigen war. Bevor dem Duo die Sache aus dem Ruder lief, entschloss es sich, den badischen Betrieb
komplett aufzulösen und sich ganz auf die Aktivitäten im Stammsitz
zu konzentrieren.
Und von denen gibt es beileibe genug, wie schon der Gang durch
den Schauraum offenbart. Hier findet man nicht nur rund 50 Wings
in allen Farben und Ausführungen, dazu kommen auch die Sechszylinder-Ableger Valkyrie, Valkyrie Interstate und Valkyrie Rune.
Der älteste
GL-Schrauber im Team
M. Martin.
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Die Chromecke im Biker‘s Point.
Ein Blick in die Werkstatt.
51-jährige Heino Marten, der für sich in Anspruch nehmen darf,
ältestgedienter Wing-Schrauber Deutschlands zu sein. Am 2. Mai
1975 besuchte er in Offenbach den ersten Lehrgang für die damals
brandneue GL 1000, seitdem hat er kein Seminar ausgelassen. Da
wundert es nicht, dass der besonnene Norddeutsche selbst knifflige, modellspezifische Probleme zu lösen weiß. Zusätzlich ist Marten mit dem Aufbau der CS-Trikes betraut.
Zum Schluss unseres Gesprächs legt Fuchs senior seine bisherige Zurückhaltung in Sachen Eigenwerbung ab: „Sie dürfen ruhig
erwähnen, dass wir über sechs Millionen Euro Jahresumsatz machen. Wir verkaufen jährlich zirka 250 bis 300 neue und gebrauchte
Wings, dazu rund 30 Valkyrie sowie über 25 Trike- und GespannUmbauten. Wir können uns wohl als Europas Nummer eins in Sachen Gebraucht-GL-Kauf bezeichnen. Auch bei Neuverkäufen an
Endverbraucher in Deutschland liegen wir seit 1998 vorne.“ Dem
bleibt von unserer Seite nichts hinzuzufügen...
Axel Koenigsbeck
Selbst von den raren Rune Chrome Edition, die in den USA 3.000
Dollar mehr kosten als das Basismodell, hat BP schon Exemplare
importiert. Natürlich fehlen auch die Produkte von California Sidecar nicht. Hier beschränkt sich BP allerdings auf das GL 1500-Gespann sowie die Trike-Umbauten für die GL 1500 und 1800. Letzteres kommt mit völlig neu konstruierter Einzelradaufhängung und
ABS. Über unsere Fahreindrücke mit diesem Cobra-Dreirad berichten wir in einer der nächsten Ausgaben.
Ein Bereich des Verkaufsraumes – oder sprechen wir besser von
Halle – ist selbstredend dem Zubehör vorbehalten. In diesem Segment spielt sich allerdings das meiste Geschäft über den Versandhandel ab. Die Verpackung der Parts erfolgt ausschließlich im Hause. Für die GL-Sechszylinder und die Valkyrie hält BP mittlerweile
einen eigenen kostenlosen Katalog parat. Seit 2003 gibt BP für sein
Zubehör – eine Novität im Handel mit GL-Parts – eine Billigpreisgarantie, wie sie in anderen Geschäftsbereichen schon lange als
werbewirksames Instrument üblich ist. Im Klartext: Differenzbetrag
zurück, wenn es das gleiche Teil woanders nachweislich billiger
gibt.
Großen Wert legen Vater und Sohn Fuchs auch auf den Service.
Sechs der insgesamt 21 Mitarbeiter widmen sich in den beiden
Werkstatträumen ausschließlich den Honda-Boxern. Darunter der
Spezieller Auftrag Illumination.
Warum Direktimport?
Was für Obst, Gemüse und Eier gilt, scheint in übertragener
Form auch auf die Gold Wing zuzutreffen: Direkt aus dem „Anbaugebiet“ sind sie am besten. Jedenfalls führt Biker`s Point
für seine Entscheidung, die GL-Modelle und ihre Ableger ohne
den Umweg über Honda Deutschland aus den USA zu importieren, gewichtige Gründe ins Feld. So sind die Wings von BP
serienmäßig mit Alarmanlage und Wegfahrsperre ausgerüstet,
während die „offizielle“ GL 1800 nur über letztere verfügt. Des
weiteren besitzen sie die umfangreichere US-Beleuchtung, die
bei den deutschen Modellen allenfalls für teures Geld nachgerüstet werden kann. Inspektionsintervalle von 10.000 km sowie drei Jahre Garantie sind auch kein Pappenstiel gegenüber
6.000 km und zwei Jahren. Zudem darf der Käufer selbst wählen, ob er ABS wünscht oder nicht. Mit 20.900 Euro bleibt der
Preis unabhängig von dieser Entscheidung gleich, Abstimmung
des Radios auf die hiesigen Frequenzbänder inklusive. Die
deutsche, standardmäßig mit Blockierverhinderern angebotene Ausführung ist bei einem Listenpreis von derzeit 24.790
Euro für dieses Geld kaum zu haben. Ganz nebenbei steht nur
eine begrenzte Auswahl an Farben zur Wahl.
Gab es von der GL 1500 ab Werk eine SE-Version, bietet Honda eine entsprechende Luxusausgabe der 1800er nicht mehr
an. In diese Bresche sprang BP bereits 2001 mit einer entsprechend veredelten „Sonder Edition“ für 22.500 Euro. Zum
„Tuning“-Paket gehören: Beleuchtete und regulierbare Schalter, Nebelscheinwerfer,
Topcasespoiler mit integriertem Bremslicht,
lackierte
Unterzüge,
Bugspoiler, Bremsscheibenabdeckung, Fahrerlehne sowie Lautsprecher für Beifahrer.
Biker‘s Point GL-Team.
Firmengründer Detlef Fuchs
Kontakt:
Biker`s Point GmbH · Ernst-Reuter-Str. 6 · 37170 Uslar
Tel. Verkauf 0 55 71/91 20-92 · Tel. Zubehör 0 55 71/91 20-94
Teile Hotline 0700-GOLDWING · Fax 0 55 71/91 20-02
www.goldwing.de · [email protected]
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