Fiji - Wirodive

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Fiji - Wirodive
R E I S E
Fiji das– Inselreich der Haie
250 kg Fisch – dreimal die Woche –,
wer kann dazu schon „NEIN“ sagen?
Schon gar nicht die Haie Fijis, dieses
pazifischen Postkarten-Idylls. Doch
Achtung, bevor nun der stets besser
wissende Zeigefinger aller Gutmenschen
(und solcher, die es gut meinen)
erhoben wird angesichts dieses vermeintlichen ökologischen Fehlverhaltens,
sei auch gleich die Zusatzfrage angefügt: „Hätte es hier denn eine Überlebensalternative für die grossen Räuber
gegeben?“ Ganz sicher nicht! Zu jedem
Flossenschnitt bereite lokale Fischer
T
K
C
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ANG
hätten zusammen mit skrupellosen
Geschäftemachern mit besten Kontakten
nach Südostasien schnell für
vollendete Tatsachen gesorgt.
Nachdem es dazu nicht kam, treffen
sich heute die ganz dicken Brocken
der Szene zum ebenso ultimativen wie
artenübergreifenden Showdown mit den
Besserverdienern und Lottokönigen
dieser Welt. Denn eines ist klar: Ein
Sparschwein mit beachtlichen Ausmassen muss man für diesen once-in-alifetime Trip schon opfern. Dafür erhält
man allerdings auch das gute Gefühl,
dass die örtliche Bevölkerung bestens
eingebunden ist und alles für den
Schutz der Riffe vor Ort getan wird.
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Wie alles begann
Das Tauchen mit Haien wurde 1985 von Aquatrek
auf Fiji eingeführt und hat damit bereits 27 Jahre
Tradition. Dieser legendäre erste Tauchgang fand
damals zusammen mit Grauen Riffhaien und Weissspitzenriffhaien statt. Zuvor hatte sich der Eigner
mit einer lokalen Speerfischer-Legende Apisai Bati
getroffen und ihn überzeugt, das Riff ab sofort zu
schützen und die Bevölkerung wie auch die zu
erwartenden Touristen über das wirkliche Wesen der
Haie aufzuklären.
Weiters konnte Apisai Bati auch die naheliegenden
Dörfer überzeugen, das Speerfischen am Riff aufzugeben. Damit war das erste, lokal geschützte RiffSystem Fijis etabliert. Durch zahlreiche neu geschaffene Arbeitsplätze war auch der Bevölkerung schnell
klar, welchen positiven Nutzen sie für sich ziehen
kann. Zahlreiche Dorfbewohner fanden einen Job als
Guides und sonstiges Personal in dieser neuen Form
des Tourismus.
Im Mai 1999 startete Aquatrek dann unter meiner
Leitung einen weiteren, neuen Haitauchgang in
Pacific Harbour. Nun wurden auch die grösseren
Arten wie Tiger-, Bullen- oder Silberspitzenhai angelockt. Drei Monate lang hatten wir damals dreimal
die Woche je 250kg Fisch verfüttert, bis uns klar
wurde, dass wir etwas Aussergewöhnliches geschaffen hatten.
Abermals wurden die Dorfbewohner nach ihrem
Interesse befragt, das nun vermehrte Fischaufkommen zu schützen. Im Januar 2000 stimmten diese zu,
und ein unterzeichneter Brief wurde an die zuständigen Fischereibehörden gesendet. Die Erklärung zur
„Fiji Localy Managed Marine Protected Area“
(FLMMPA) war damit nur mehr reine Formsache.
Wichtig für die Dorfbewohner war vor allem die ausgehandelte Tauchgebühr, die ihnen seither zu 100%
zusteht.
Aquatrek aktiv
Seit dieser Zeit umfasst das Aufgabengebiet von
Aquatrek auch die Unterstützung internationaler
Haiexperten wie auch das Anbringen von satellitenüberwachten Sendern an einigen der Bullenhaien,
um fortan ihre Routen und ihr Fressverhalten besser
verfolgen zu können, bevor sie sich zur Paarung aus
den küstennahen Gewässern entfernen. Des Weiteren war Aquatrek hauptverantwortlich für die Versenkung von zahlreichen künstlichen Riffen vor
Beqa. Für weitere ähnliche Aktionen wurden bereits
die Materialien erworben. Finanziell unterstützt von
Project Aware übernahmen wir auch die Verantwortung für die Installation und Verankerung von Bojen
an den 25 Tauchspots von Beqa.
Aufbauend auf unseren früheren Erfahrungen etablierten wir Ende des Jahres 2004 einen neuen Haitauchplatz, während ein anderer Tauchveranstalter
unseren ersten Spot übernahm. Leider lief hier an
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lige Male vermeiden konnte, der jetzt aber
mehr denn je unseren Schutz vor seiner
grössten Bedrohung, der Flossenmafia,
benötigt. Wir, die wir uns als die intelligentesten Lebewesen auf der Erde empfinden, löschen tagtäglich andere Kreaturen auf diesem Planeten unwiederbringlich aus. Entweder wir ergreifen heute die
nötigen Massnahmen diese Tiere zu
schützen, oder die Haie werden bereits in
wenigen Jahrzehnten ausgestorben sein.
Der Tourismus hat gezeigt, dass Tauchgänge mit Haisichtung jährlich einen Wert
von etwa 42 Millionen US $ darstellen,
also weitaus mehr, als die Jagd nach den
Flossen Fiji einbringen würde.
Anmut statt Kick
Zusätzliche Unterstützung bringt uns
auch die Überlegung, dass Menschen sich
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dieser Stelle nicht alles rund. Das neue
Eignerdorf forderte sein Riff zurück, was
uns in 2005 wieder zu unserem ersten
Dorf zurückbrachte. Nun wurden wir von
der Bevölkerung mit einem neuen Tauchplatz namens „Lake Riff“ versorgt – ein
Glücksgriff, wie sich herausstellen sollte.
Sofort verwandelten wir ihn in eine
FLMMPA, nachdem die Bevölkerung ja
bereits darauf vertrauen konnte, dass wir
unsere Tauchgänge niemals ohne Schutz
der dort lebenden Fischfauna durchführen
würden. Die Tauchgebühren wurden unverändert beibehalten. Somit beherbergt
das Dorf jetzt zwei Tauchschulen in ihrem
Riff und erhält damit Tourismusgelder aus
zwei verschiedenen Quellen zuzüglich
weiterer Einnahmen z.B. aus Dorfbesichtigungstouren. Und zusätzlich dürfen sie
sich stolz Eigner eines überaus vitalen
Riffes nennen mit mehr als 250 verschiedenen Fischarten.
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leichter tun, das zu schützen, was sie nicht
fürchten. Dementsprechend sind unsere
Haifütterungen auch keine hochadrenalinen Nervenkitzel, sondern vielmehr eine
unaufgeregte Futterdarreichung sowohl
an Haie als auch an die anderen Fische im
Riff. Aquatrek-Mitarbeiter haben Tiger-,
Bullen- und Silberspitzenhaie schon von
Hand gefüttert. Zumeist handelt es sich
aber um natürliche Fütterungen, bei denen
die Tiere die Nahrung vom Boden aufnehmen. Nach solch einem Tauchgang ändert
sich auch die Sichtweise der Teilnehmer
von Grund auf. Vorher sind sie noch
furchterfüllt und skeptisch. Anschliessend
sind sie fasziniert über soviel Schönheit
und Eleganz. Vor allem sind sie überrascht
von deren Intelligenz zu unterscheiden,
was als Futter anzusehen ist und was eben
nicht.
Es liegt auf der Hand, dass sich ein Tauchgebiet wie das von Aquatrek perfekt für
die Beobachtung von Bullenhaien eignet.
Weltweit gibt es nur sehr wenige Stellen,
wo man Bullenhaie derart aus der Nähe
beobachten kann. Haischützer kommen
somit aus aller Welt, um diese Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu studieren
und zu filmen. Das Futter wird nur zur
Anlockung genutzt, dann muss sich jeder
Hai selbst um seine Beute bemühen.
Als wir die Riffe von den Dörfern übernommen hatten, waren sie vollkommen
überfischt. Dank unserer Fütterungsinitiative mit dreimal 250kg Fischfutter pro
Woche konnten sich 250 verschiedene
Fischarten wieder ansiedeln. Damit war
auch ein relativ ausgeglichenes Verhältnis
zwischen Klein- und Grossfischen wieder
hergestellt mit dem willkommenen Nebeneffekt, dass sich das Riff jetzt in einem
deutlich intakteren Zustand befindet. Das
führt sogar soweit, dass die erhöhten Reproduktionsraten dieser gestärkten Populationen jetzt auch positive Aussenwirkungen auf die Riffe ausserhalb des Meeresschutzgebietes haben.
Gute Referenzen
Heute findet auch eine verstärkte Ausbildung von der Pieke auf statt über die Notwendigkeit zum Erhalt des Riffs und seiner Bewohner. Die Bedeutung unserer Arbeit wird mittlerweise auch von Biologen
z.B. des San Diego Aquariums bestätigt –
insbesondere in diesen Zeiten der Überfischung. Unser Gebiet sei ohne Zweifel eines der gedeihlichsten Riffe ganz Fijis.
Auch Howard Hall sowie Ron und Valerie
Taylor haben sich davon überzeugt und
verleihen unseren Tauchgebieten seither
ein Weltklasseprädikat – als eines von nur
sehr wenigen Gebieten überhaupt, an de-
Zeit zu handeln
Wir von Aquatrek setzen auf Überzeugungsarbeit. Wir klären unsere Gäste aus
aller Welt über Haie in der Form auf, dass
wir sie nicht als gedankenlose Killer porträtieren. Wir versuchen Touristen zu ermutigen, Haie auch dadurch zu schützen,
indem sie beispielsweise Petitionen unterzeichen. Nach Filmen wie beispielsweise
„Der weisse Hai“ ist es dringend notwendig, den Hai als das darzustellen, was er
ist: Ein Jäger an der Spitze der Nahrungskette, der seine Ausrottung bereits unzäh62
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nen man bis zu acht verschiedene Haiarten an einem Spot beobachten kann.
Nachhaltigkeit:
Mehr als nur eine Worthülse
Unser Haitauchkonzept ist ein gutes Anschauungsbeispiel für nachhaltigen und
umweltverträglichen Tauchtourismus, wobei die Zahlung an das Dorf als Kompensation für den Verlust ihrer Fischgründe
gesehen werden kann. Je mehr Taucher
das Dorf besuchen, umso mehr profitiert
die Bevölkerung. Das motiviert wiederum
das Dorf, alles in seiner Macht zu tun,
dass dort niemand fischt. Es soll sichergestellt sein, dass die Gäste zufrieden und
mit guten Erinnerungen nach Hause zurückkehren. Die Nachhaltigkeit ist auch
dadurch gewährleistet, dass im Dorf nirgends das Gefühl aufkommt, dass der
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Tauchveranstalter sich an ihrer Ressource
eine goldene Nase verdient, ohne selbst
einen angemessenen Rückfluss zu erhalten.
Zugleich ist es uns ein grosses Anliegen,
den Tauchgästen auch die einheimischen
Sitten und Bräuche näherzubringen. So
arrangieren wir beispielsweise am letzten
Abend einen Besuch im Dorf mit traditioneller „Kava“ – Zeremonie gefolgt von einem „Lovo“ – Dinner, bei dem die Speisen in Bananenblätter gewickelt und zu64
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sammen mit heissen Steinen zum Garen
im Boden vergraben werden. Weiters sind
aufgrund unserer Initiative auch Ausflüge
im Dorf hin zu einem sehenswerten Wasserfall buchbar, was für zusätzliche Einnahmen sorgt.
Mühsame Schutzbestrebungen
Wie bereits erwähnt, ist ein FFMMPA gemäss Definition ein lokal von den Dorfbewohnern gemanagtes Gebiet, das sich den
Schutz der marinen Flora und Fauna zur
Hauptaufgabe gemacht hat. Das Riff
bleibt dabei Eigentum des Dorfes, dem
auch die Kontrolle über die Fischerei am
Riff obliegt – ein System, das auch
„Goligoli“ genannt wird, und das es dem
Dorf mit Rückendeckung der Fischereibehörden erlaubt, sowohl Fische, als auch
Köder und nach Vorwarnung sogar Boote
zu konfiszieren. Ein vom Staat kontrollierter Marinepark erlaubt darüber hinaus
die Festnahme und die strafrechtliche Verfolgung vor Gericht. Die Schwierigkeit
besteht nur darin, dass es auf Fiji keine
Patroullienboote oder -beamte gibt. Aus
diesem Grund gibt es auch nur ein Marineschutzgebiet bei 110 FLMMPAs.
Einst waren Haie auf Fiji aus religiösen
Gründen geschützt. Die Menschen glaubten an einen Gott in Haigestalt. Leider
brachten schwere Zeiten und die fortschreitende Kommerzialisierung lokale
Fischer dazu, Haie aufgrund ihrer Flossen
zu jagen, um sie dann unter Marktwert an
taiwanesische Schleppnetzfischer zu verkaufen. Unsere Aufgabe sehen wir nun
darin, die Einheimischen immer weiter
dahingehend fortzubilden, dass ein lebender Hai ihnen ein fortwährendes Einkommen im Tauchtourismus einbringt, während ein toter Hai nur einmal Geld einbringt. Auch riskiert man das völlige Aussterben, da Haie ein Jahr lang ihre Jungen
austragen und nur alle zwei Jahre für
Nachwuchs sorgen können. Dazu ist der
Paarungsakt nur selten erfolgreich, und
die vergleichsweise kleinen Jungen sind
eine leichte Beute für andere Haie.
In mühevoller Kleinarbeit und nach 7-monatigen Diskussionen und Verhandlungen
konnten wir letztlich die einheimische
Bevölkerung davon überzeugen, die Riffe
im Allgemeinen und die Haie im Speziellen zu schützen. Wir von Aquatrek sind
sehr stolz auf das Erreichte. Wir haben
Pionierarbeit geleistet, ohne uns an einem
bereits existierenden Projekt auf Fiji
orientieren zu können. Vertrauen wurde
aufgebaut und niemals missbraucht. Wir
werden unsere Freundschaft mit den Dorfbewohnern weiterhin pflegen und sind
deshalb auf der Suche nach einem Sponsor für ein Marineparkboot, damit die Bevölkerung ihre Tourismusprojekte und damit vor allem ihr Riff auch weiterhin
schützen kann.
Von Brandon Paige
VERANSTALTER VOR ORT:
¬ Aqua-Trek LLC, Ultimate Fiji Vacations,
FIJI ISLANDS, Tel. 650/728-7076 (direkt) und
679 3450 324 (Tel./Fax Aquatrek Beqa),
www.ultimatefijivacations.com,
www.aquatrek.com
Veranstalter für Deutschland, Österreich
und Schweiz:
¬ WIRODIVE Tauch- und Erlebnisreisen,
Tel. +49 (0)8764 - 947 8000,
[email protected],
www.wirodive.de
Weitere Informationen zu Fiji:
¬ Fiji Visitors Bureau Europe,
Karl-Marx-Allee 91a, 10243 Berlin,
Tel. +49 (0)30 - 4225 6285,
Fax +49 (0)30 4225 6286,
www.fijime.de